Episoden von tough (Aus dem Leben einer Mörderin) ================================================================================ Kapitel 34: Interlude - Umbruch ------------------------------- Disclaimer : Projekt Weiß Kreuz macht die Kohle Erklärung : der Inner Circle hat das Challenge-Thema 'Umbruch' Warnung : Irritationen zu beenden, ist meistens brutal Widmung : allen Sai-Fans (besonders kissos, jenki, Lunar...) Interlude – Umbruch Wir waren noch einmal gemeinsam essen gegangen. Vor den Toren der Stadt. Ein Restaurant mitten in einer Parklandschaft, Teich und Ziervögel inklusive. Romantik pur. Jedenfalls für Kimiko. Sie konnte sich kaum halten vor Begeisterung. Und ich saß ihr gegenüber und genoss ihren Anblick. Die wuscheligen Haare, das hübsche Gesicht, die wohlklingende Stimme… und wie sie mit dem Essen spielt, vor Aufregung. Wenn sie wüsste, dass ich sie heute endgültig abservieren will…. Aber noch schiebe ich das grausame Ende des Abends hinaus. Hier im Laden will ich keine Szene. Das unvermeidliche Geheule kann sie im BMW vor ihrer Haustür anfangen. Wenn ich sie bei ihrer Mum abliefere. Während des Essens hat sie meine wenigen Fragen ausführlich beantwortet. Ihr Vater ist bei einem dummen Unfall ums Leben gekommen. Sie kann sich kaum an ihn erinnern. Muss schwer gewesen sein für ihre Mum, allein mit einem Kleinkind. Hat ihre Schneiderlehre zuerst genutzt, um für die Nachbarn Änderungsarbeiten zu machen. Hat sich dann bis zu einem eigenen kleinen Laden hochgearbeitet. Macht Maßanfertigung für Problemfiguren. Und kopiert für ihre Mode verrückte Tochter die angesagten internationalen Trends. An der Stelle habe ich Kimiko gefragt, warum sie nicht Design studiert. Ihre Antwort war ganz einfach. Sie hatte keinen Bock mehr auf Schule, wollte lieber früher als später eigenes Geld verdienen. „Dann wirst Du noch auf den Knien rumrutschen, um Tussen beim Anprobieren der Schuhe zu bedienen, wenn Du alt und grau bist. Willst Du noch ein Dessert?“ „Nein, Sai. Hier nicht. Lass uns fahren, ja?“ Sie wird frech, die Kleine. Gefällt mir eigentlich ganz gut. Aber es ist wirklich an der Zeit, sie los zu werden. Wir gehen ein Stück. Der Parkplatz ist dezent ins Gelände integriert. Am Teich bleibe ich abrupt stehen. Ein seltsames Gefühl… von Bedrohung. Nicht direkte Gefahr, eher liegt eine Art... Ärger in der Luft. „Was ist los, Sai?“ „Nichts. Los, zum Wagen.“ Ich umfasse ihre schmale Taille und zwinge sie, den netten Spaziergang zu beschleunigen. Dabei versuche ich, die schon ziemlich dunkle Umgebung zu checken. Ich sehe absolut nichts Alarmierendes, aber das unbehagliche Gefühl bleibt. Etliche Wagen stehen auf dem Parkplatz, das Restaurant war noch gut gefüllt. Am besten, ich wechsele auf vertrautes Terrain… und das möglichst schnell. Im BMW atme ich unmerklich durch. „Setz Dich und schnall Dich an, heute noch.“ Mein Ton war wohl eindeutig. Sie handelt und schaut erst dann fragend rüber. „Sai, sag doch….“ „Jetzt nicht.“ Geschmeidig gleitet der Schlitten durch die ersten Kurven. Hier kann ich noch nicht schnell fahren. Immer wieder gibt es Einmündungen von rechts und links. In diesem riesigen Parkgelände liegen etliche Ausflugsziele. Ich will keine Familienkutsche rammen, oder irgendein Liebespärchen. Ich will schnell in die City, aber sicher. Und dann will ich rauskriegen, was hier in der Luft liegt. Mit Ärger verbinde ich einige Gesichter. Vielleicht liege ich aber auch völlig daneben. Vielleicht sitzt der Grund auf dem Beifahrersitz. Das niedliche Ding, das mich entspannen lässt, aber auch so seltsam weich macht. Vielleicht war es ja mein eigenes Bauchgefühl, mein Instinkt… da auf dem Parkplatz. Wird wohl so sein, denn ich peile immer noch keine reale Gefahr, aber mir ist seltsam. Das kenne ich nicht an mir. Und das will ich nicht. Ich will nicht weich werden. Ich will nicht grübeln. Ich werde sie abservieren. Heute noch. Wieder öffnet sie ihren Mund, will Antworten. Ich sehe es aus dem Augenwinkel. Ich komme nicht mal dazu, verneinend den Kopf zu schütteln… denn plötzlich sind Scheinwerfer im Rückspiegel, werden explosionsartig größer. Ich ramme das Gaspedal kurz bis zum Bodenblech. Mir ist nach Abstand. Und ich will sehen, wer da so überraschend auftaucht. Der andere Fahrer muss in einer der Einbuchtungen gewartet haben. Jetzt habe ich die reale Gefahr, nach der ich eben noch vergebens geschaut habe. In der nächsten lang gezogenen Kurve sehe ich die Breitseite des anderen Wagens. Der Antritt des BMW ist eben unnachahmlich…. Bullshit. Die Karre hinter mir ist ein Lexus. Jetzt kann ich auch den Ärger mit einem Gesicht verbinden. Kyoko. Okay, die Kleine muss in die City. Wenn ich sie sicher abgesetzt habe, werde ich mich der Halbchinesin und ihrem Überfallkommando widmen. Noch ein paar Kurven und wir sind aus dem Grüngebiet raus. Auf der breiten Ausfallstraße kann ich dann alle Pferdchen rennen lassen. Da werde ich mir den nötigen Vorsprung verschaffen. Fuck. Knapp vor uns kurvt ein Amischlitten scheinbar aus dem Gebüsch auf die schmale Straße. Zufall? Wohl nicht, denn der Fahrer zwingt mich runter vom Gas. Und er blockiert gekonnt die gesamte Strecke. Da komme ich nicht dran vorbei. Wieder sehe ich seine Bremslichter. Die wollen mich hier komplett ausbremsen…. Wie auf Bestellung sehe ich die Ankündigung für einen Parkplatz. Dann wollen wir mal hoffen, dass der uns einen Ausweg bietet. Muss nur rasant schnell gehen, das Ganze. Nehme nur kurz den Fuß vom Gas beim Abbiegen. Gebe sofort wieder Gummi. Müsste an dem Ami vorbei sein, ehe der merkt, dass ich einen kleinen Abstecher in die Botanik mache. Fuck. Fuck. Fuck. Der hat gespannt, was ich wollte. Steht mit blubberndem Motor vor mir und verstopft die Ausfahrt. Ich hämmere den Rückwärtsgang rein und jage den BMW rückwärts. Powerslice. Vielleicht komme ich wieder auf die Straße…. Negativ. Der Lexus versperrt die Einfahrt. Ich habe mich perfekt in die Falle manövriert. So viel kann selbst ich nicht fluchen. „Egal was passiert, Du bleibst im Wagen. Und wenn Du merkst, dass irgendwo Platz ist, hau ab mit dem BMW. Ich komm schon irgendwie in die City.“ Hoffentlich ist sie klug und macht, was ich sage. Hoffentlich kann ich Kyoko aufhalten. Kommt drauf an, welche Überraschung der andere Wagen für mich bereithält. Während ich auf ihn zugehe, sinkt meine Hoffnung für Kimiko. Denn es ist eine Viper. Es ist Schuldig. Lehnt lässig am Kotflügel, kichert wie blöde und winkt mir divenhaft zu. „Überraschung, Sai. Schau mal, was Onkel Schuldig für Dich vorbereitet hat. Eine Party. Mit all Deinen derzeitigen Gespielinnen… oder habe ich eine vergessen? Lass mal sehen… die Halbchinesin, die da gerade auf Dich zustürmt… hat ihre besten Jahre schon fast hinter sich, die gute Kyoko, oder? Im BMW, noch völlig unversehrt übrigens, als Kontrastprogramm eine blutjunge Volljapanerin. Kimiko war der Name, nicht wahr? Na ja, muss man sich nicht merken. Wenn unsere Abgedrehte erst mal mit ihr durch ist, passen die Reste in eine Zigarrenkiste. Das wird ein Spaß.“ Für eine kleine, verträumte Sekunde lang stelle ich mir vor, ihn zu töten. Aber ich habe jetzt keine Zeit für Spaß. Kyoko ist schon fast am BMW. Ich renne ihr entgegen, denn da hat Mastermind wirklich Recht… sie sollte Kimiko nicht in die Hände kriegen. „Geh aus dem Weg, Sai. Ich mache die Kleine platt und dann fahren wir nach Hause. Also weg da.“ „Nein, Kyoko. Du wirst ihr kein Haar krümmen, das machen wir ….“ Rumms. Ihre Faust kracht gegen meinen Wangenknochen. Ansatzlos. Anscheinend hat sie keinen Bock auf ein klärendes Gespräch. Auch gut. Ich nutze mein Wegtaumeln für Distanzgewinn und zahle es ihr zurück. Lowkick knapp über ihr Knie. Sie verzieht kurz ihr schönes Gesicht, aber blockt meine folgenden Highkicks. Sie kennt mich einfach zu gut. Taucht unter dem Letzten weg und gibt mir einen Handballenstoß vor die Brust. Ich sehe ihren Sprungkick kommen, aber kann nur meinen Kopf schützen. Es drängt mir den kompletten Sauerstoff aus den Lungen und ich falle rücklings über die Motorhaube des BMW. Sie setzt einen Moment zu spät nach. Anscheinend humpelt sie. Ich ziehe einen Fuß an und vergrabe ihn unter ihren Rippen. Hustend weicht sie nach hinten aus. Ich würde jetzt auch gern in Ruhe ein bisschen husten, aber… keine Zeit. Ich schnappe nach ihrem Handgelenk, drehe mich hinter sie und lege ihr den freien Unterarm unter den Kehlkopf. Sie erkennt die Gefahr, aber je mehr sie kämpft, desto härter nehme ich ihren Hals in Arbeit. Und dann, während wir fast synchron um Atem ringen… ein Moment der seltsamsten Klarheit. Alles scheint heller und deutlicher. Besser ausgeleuchtet, scharf konturiert. Schuldig hat irgendwie Kimiko aus dem Wagen dirigiert, hält sie um die Taille, halb auf seinem Oberschenkel, lacht wie betrunken. Kimiko stößt kleine, wehklagende Laute aus, versucht, Schuldigs Umklammerung zu lösen, zappelt mit ihren Beinen, die den Boden nicht annähernd erreichen. Kyoko gräbt die Nägel ihrer freien Hand in meinen Unterarm, aber es wird immer kraftloser. Allmählich wird ihr Körper schwerer in meiner Umklammerung. Und mit einem weiteren Herzschlag, einem weiterem Rauschen in meinen Ohren… ohne unterscheiden zu können, ob es Kyokos oder mein Blut ist… mit einem letzten Blick auf Schuldig mit Kimiko auf dem Schoß… lockere ich den Griff. Vorsichtig, denn ich bin mit einem Mal völlig ruhig. Leicht halte ich Kyoko, fühle ihren Atem auf meinem Arm, fühle, wie das Leben wieder spürbar durch ihre Adern pulst. Und leise spreche ich beruhigend in ihr Ohr. „Hör auf, Kyoko. Lass es gut sein. Er ist es nicht wert.“ Und während ich die Halbchinesin vorsichtig umdrehe, aber ständig fest in meinen Armen halte, schaue ich rüber zur Viper. „Kimiko, warte im BMW auf mich.“ Der zweite Blick geht etwas höher. Und wird nicht kommentiert. Schuldig braucht keine verbale Unterstreichung meiner Forderung, Kimiko sofort los zu lassen. Die Kleine gehorcht umgehend. Sie scheint zu spüren, dass sie jetzt nicht dran ist, dass Größeres im Gang ist. Meine ungewohnte Ruhe, meine Entschlossenheit hat auch Schuldig erreicht. Sein dämliches Lachen ist verstummt. Gut für ihn. Scheinbar habe ich mich in letzter Zeit zu sehr treiben lassen. Trotz meiner Stärke, scheinen alle möglichen Leute mit mir spielen zu wollen. Schluss damit. Es gibt Einiges zu klären. Und ich fange sofort damit an. Ich löse meinen festen Griff und umfasse die schöne Wange vor mir. „Es wird immer irgendeine Kleine geben, Kyoko. Finde Dich damit ab, denn schließlich komme ich immer zu Dir zurück. Fahr nach Hause und warte. Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen.“ Sie liest in meinen Augen, dann nickt sie. Ich streichele mit den Fingerspitzen kurz über ihre Lippen. Sie hat etwas Blut im Mundwinkel. Habe ich sie dort getroffen? Ich kann mich nicht erinnern. Zu schnell ging das eben… und eine von uns könnte tot sein. Kyoko nickt noch einmal, dreht sich um und geht zum Lexus. Sie humpelt nur die ersten paar Schritte. Selbstbeherrschung par exellence. Ich steige zu Kimiko in den BMW, ohne Schuldig noch weiter zu beachten. Hinter dem Lexus verlassen wir die kleine Lichtung, die mir gezeigt hat, was zu tun ist. Ich streiche Kimiko über den Unterarm. Sie zittert. „Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Jetzt ist alles in Ordnung, aber es gibt da ein paar neue Regeln.“ Und während ich sie zurück zu ihrer Mum fahre, mache ich ihr meine Bedingungen klar. Ich werde ihr ein Stipendium besorgen, dann kann sie sorgenfrei Textildesign studieren. Sie bekommt eine Telefonnummer, deren Anrufbeantworter ich regelmäßig abhöre. So können wir uns gelegentlich treffen, wenn mir nach etwas mädchenhafter Normalität ist. Sollte sie unangemeldet auftauchen, oder wieder nach mir suchen… werde ich sie eigenhändig zerlegen. Das sind meine Bedingungen. Sie akzeptiert sie, langsam nickend. Sie ist nicht dumm. Vor ihrer Haustür gebe ich ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut, Kleines.“ Bevor ich in den Hafen fahre, bevor ich Kyoko ein paar Dinge sage… nehme ich den Weg in ein ganz anderes Viertel. Trotz des wenigen Verkehrs ist es eine gute halbe Stunde, die mir zum Nachdenken bleibt. Ich werde Kyoko nicht sagen, dass sie mir den Thrill bietet, den ich manchmal einfach nur will. Sie braucht nicht zu wissen, wie sehr mir ihre verdrehte, aber unabdingbare Liebe schmeichelt. Sie ist eine Regentin… und legt mir jeden Tag aufs Neue ihr Königreich zu Füßen. Ich bediene mich mit vollen Händen. Bin mir immer gewiss, dass es nie eine andere Frau für sie geben wird. Sie würde mich lieber töten, als mich mit einer Anderen zu sehen… und tut es doch nicht. Heute hat sie Kimiko angegriffen, nicht mich. Also werde ich ihr sagen, dass ich zu ihr zurück komme… immer wieder. Aber immer nur freiwillig. Meine Bedingung ist, dass sie nie wieder zu viel Druck macht. Und schon gar nicht, damit ein Schuldig seine grenzenlose Langeweile vertreibt. Und jetzt bin ich am Ziel meiner vorläufig letzten Erledigung. Er ist wach, was sonst. „Crawford, Du schuldest mir noch ein paar Erklärungen. Ich höre.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)