Die Marionette - Teil II von Sennyo (Das Tor von Ischra) ================================================================================ Kapitel 14: Übermächtige Gegner ------------------------------- "Nein!", schrie Maria panisch und starrte das Tor mit weit aufgerissen Augen an, "Nein, das darf nicht wahr sein!" "Endlich!", rief Ilias erleichtert aus. Oliver führte seinen Satz zu Ende: "Nachdem wir so lange warten mussten, ist die Zeit endlich gekommen!" Die Beiden schenkten Maria gar keine weitere Beachtung mehr. Sie hatten nur noch Augen für das Tor - ein schwerer Fehler. "Glaubt ihr wirklich, ich würde das einfach so geschehen lassen? Dann habt ihr euch aber gewaltig geschnitten!" Mit diesen Worten riss Rick, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten und auf seine Chance gewartet hatte, nun seinerseits Ilias und Oliver von den Füßen. Zwar musste er Zauberpulver benutzen, aber sein Fluch glich sich mit dem, den Ilias bereits an Maria ausprobiert hatte. "Ich muss sagen, der Fluch funktioniert gut", meinte er, "Recht wirkungsvoll, wirklich!" Jetzt hatten Ilias und Oliver aber wirklich genug von den Störenfrieden. Ohne sie ein weiteres Mal aus den Augen zu lassen, wandten sie sich an die anderen Meister. "Ihr haltet das Tor offen, während wir uns um diese Beiden kümmern!", rief Ilias gebieterisch, bevor er sich zu Oliver umdrehte. "Schnappen wir sie uns. Den Jungen zuerst, von Maria geht sowieso keine Gefahr mehr aus." Aber damit war Rick ganz und gar nicht einverstanden. "Wenn ihr Maria auch nur ein Haar krümmt, dann ..." "Was dann?", unterbrach Oliver ihn mit einem teuflischen Grinsen, "Sie scheint dir ja sehr am Herzen zu liegen, oder? Dann wird es dir doch bestimmt eine besondere Freude sein, ihren Tod mit anzusehen. Natürlich ohne ihr helfen zu können!" Oliver fuchtelte kurz mit den Armen und schickte so einen Fluch auf Rick, der ihn völlig lähmte. So konnte er Maria auf keinen Fall beistehen. Sie war auf sich allein gestellt, als sich Oliver und Ilias zu ihr umdrehten. "Vielen Dank, Maria." Völlig verdutzt sah Maria Ilias an. Warum bedankte er sich bei ihr? Wofür? Dieser fuhr fort, als hätte er ihren Blick nicht gesehen. "Du hast uns wirklich sehr gute Dienste geleistet. Aber nun ist die Zeit gekommen, da du dich von deinem Leben verabschieden kannst. Wir brauchen dich nicht mehr." Ilias wollte Maria auf der Stelle töten, wurde jedoch von Oliver daran gehindert. "Warte noch. Wir wollen unseren Zuschauern doch eine gute Show liefern", sein Blick ruhte auf Rick, der sich immer noch nicht rühren konnte. "Ich halte es für viel amüsanter, wenn wir sie noch ein bisschen quälen, bevor sie uns für immer verlässt!" Mit dieser Idee hatte, Oliver seinen Partner sofort überzeugt. Statt nun also seinen Todesfluch auf Maria zu legen, sprach er einen Zauber, der ihr langsam die Kraft entziehen sollte. In ihrem ohnehin schon angeschlagenen Zustand, war es Maria unmöglich, auszuweichen, oder etwas dagegen zu unternehmen. "Wir sollten die Zeit angemessen nutzen und ihr die Wahrheit sagen", meinte Ilias zu Oliver, während er mit Genuss dabei zusah, wie Maria zusammen sackte. Sie spürte, wie sie immer schwächer wurde. All ihre magischen Kräfte wurden ihr genommen, sie war völlig hilflos. Maria hatte solange gehofft, die Wahrheit zu erfahren, doch nun, da es soweit war, wollte sie sie nicht hören. Sie fürchtete sich sogar davor. Ilias begann sogleich zu erzählen. Maria wollte sich die Ohren zuhalten, doch ihre Arme gehorchten ihr nicht mehr. Sie schloss die Augen, drehte den Kopf weg, aber was sie auch tat, sie konnte Ilias Worte nicht überhören. "Dein Vater war einer von uns. Er hat uns gute Dienste geleistet. Als er deine Mutter kennen lernte, stieg er sehr schnell auf. Er hatte etwas geschafft, was uns sehr hilfreich werden sollte. Er hatte uns die Kraft eines Dämons auf dem Silbertablett angeboten. Deine Eltern waren sehr gehorsam. Sie haben die ganze Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. So konnten wir weiter im Verborgenen auf diesen Tag hinarbeiten. Für uns hat deine Mutter die Zeremonie der Finsternis gestartet. Es war von vorneherein geplant, dass sie diese auch wieder abbrechen würde. Wir hatten keinen Grund Misty-Eye zu vernichten. Wir wollten nur Angst und Schrecken verbreiten. Hätten wir Sarah vor den Augen der Magier gezwungen, die Zeremonie abzubrechen, hätten die Magier uns vertraut und wir hätten freie Hand gehabt. Aber dann haben die Magier deine Eltern getötet. Unsere ganze Planung brach in sich zusammen. Aber du hast überlebt. Wir mussten warten. Wir mussten dafür sorgen, dass du am Leben bliebest. Und dafür, dass die Magier dich hassten. Wir mussten warten, bis es soweit war, dass du dich in die Zantana verwandeln könntest. Wir wussten, Sarahs Geist würde noch einmal mit dir in Kontakt treten. Sie hatte alles vorbereitet, für den Fall, dass sie nicht dazu kommen sollte, dir das Geheimnis der Zantana preiszugeben. Sie hatte gleich nach deiner Geburt einen Zauber ausgesprochen, der dir die Wahrheit nahe bringen sollte. Wir mussten darauf vertrauen, dass du verstehst, was sie dir sagen wollte. Du solltest die Zeremonie an ihrer Stelle beenden. Sie hatte Erfolg, du hast es getan. Dann mussten wir unbedingt dein Vertrauen gewinnen. Celina war dafür genau die Richtige. Monatelang hat sie für uns Informationen gesammelt. Es war schnell klar, dass du nicht auf unsere Seite wechseln würdest. Ganz egal, was wir den Magiern von Misty-Eye über dich erzählten, dir war es egal. Es hat dich nicht interessiert. Also stelltest du eine Gefahr für uns dar. Du musstest verschwinden. Celina stahl den Kristall, den du ihr so bereitwillig gezeigt hattest. Damit sollte sie dich vernichten. Aber wieder hast du überlebt." "Warum?", Maria kostete es sehr viel Kraft zu sprechen. Aber sie musste es jetzt wissen. "Warum habe ich überlebt? Ich dachte, das wäre unmöglich?" "Das ist es nicht. Für jeden anderen schon, aber nicht für dich", erklärte Oliver, "Dein Vater hat dich gerettet." "Mein Vater?" Jetzt verstand Maria überhaupt nichts mehr. "Ja, dein Vater. Oder besser gesagt, sein Blut. Ian war einer von uns. Und du hast sein Blut geerbt. Hast du es noch nicht gemerkt? Auch du bist nicht auf Zauberpulver angewiesen. Du konntest dich auch ohne verwandeln." "Aber in der Schriftrolle der Zantana steht, dass die Verwandlung Zauberpulver erfordert. Kann es denn sein, dass sie nicht stimmt?" "Für all deine Vorfahren ist der Text, der auf dieser Schriftrolle steht, korrekt. Sie hatten nicht die Möglichkeit, ohne Zauberpulver zu zaubern. Für sie war die Verwandlung ohne den Einsatz von Zauberpulver undenkbar. Aber du bist anders als sie. Du bist die Erste, die keine dämonischen Hilfsmittel brauchte." Die Betonung, mit der er die letzten Worte aussprach, zeigten ganz eindeutig seine Verachtung für all jene, die sich auf Zauberpulver verlassen mussten. Er fuhr fort: "Du konntest nicht wissen, dass die Verwandlung für dich auch durch deine eigene Magie möglich war. Aber das ist inzwischen auch egal. Für unsere Zwecke stellst du nun keine Gefahr mehr dar. Deine Kraft hatte zwar dein Leben retten können, aber für die Zantana gab es keinen Ausweg. Die Zantana ist tot - das ist alles, was zählt. Wir wussten, du würdest die Splitter des Kristalls behalten. Und solange noch etwas von einem Dämon in dieser Welt ist, können wir das Tor von Ischra öffnen. Alle vier Jahre. Am 29. Februar. Heute. Wir müssen uns wirklich bei dir bedanken. Aber nun brauchen wir dich nicht mehr. Du bist für uns nutzlos geworden. Und wieder bist du allein. Es gibt niemanden, der dir noch helfen kann." "Doch, die Magier von Misty-Eye werden bestimmt ...", Marias Stimme verstummte. Sie hatte keine Kraft mehr um weiter zu sprechen. "Glaubst du wirklich, sie würden kommen? Lächerlich! Du bist noch naiver, als ich gedacht hätte. Ohne Zauberpulver sind diese Trottel doch völlig aufgeschmissen. Und dass sie keines haben, dafür haben wir schon gesorgt. Nein, Maria, keiner kann dir jetzt noch helfen, du bist allein." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)