Die Marionette - Teil II von Sennyo (Das Tor von Ischra) ================================================================================ Kapitel 13: Das Dämonische Leuchten ----------------------------------- Bereits eine dreiviertel Stunde später war Maria bereit zum Aufbruch. Sie wollte nicht noch mehr Zeit verstreichen lassen. Und deshalb schleppte sie sich mit Ricks Hilfe und gegen seine erneute Warnung auf den Marktplatz von Misty-Eye. Um den Hals trug sie nun eine Kette, an der die Splitter des Kristalls befestigt waren. Sie wollte sie auf keinen Fall ein weiteres Mal unbeaufsichtigt lassen. Wie sie es befürchtet hatte, waren die Meister der Magie, die wieder ihre gewohnten schwarzen Umhänge und weite rote Hosen trugen, bereits in vollem Gange. Sie schienen etwas vorzubereiten. Von ihnen einmal abgesehen, war der Marktplatz wie ausgestorben, Rick hatte also Recht gehabt. Aus sicherer Entfernung, aber trotzdem nahe genug dran, um alles mitzukriegen, beobachteten die Beiden das Geschehen. Hochkonzentriert liefen die Meister der Magie auf dem Marktplatz auf und ab und sahen dabei immer wieder zur Uhr. "Das tun die schon die ganze Zeit", erklärte Rick, "Ich frage mich nur, worauf die warten?" Maria war sehr erleichtert, dass er seinen Groll ihr gegenüber anscheinend überwunden hatte. Sie zuckte mit den Schultern. "Würde ich auch gerne ..." "Sieh mal!" Rick deutete auf die Meister. "Ich glaube, es geht los", flüsterte er, während sie den Meistern angespannt dabei zusahen, wie sie sich im Kreis aufstellten. Maria konnte Celina deutlich erkennen. Sie konnte ihr goldblondes Haar nicht unter der Kapuze verbergen. Die Meister hoben gleichzeitig beide Hände und begannen einen durchdringenden Singsang. Sofort kam ein starker Wind auf und umfing die Magier. Doch dieser Wind war keinesfalls unerwünscht. Er sollte ihre Worte tragen und verstärken. In den Ohren von Maria und Rick klang der Singsang grauenvoll und furchteinflößend. Die Meister wiederholten immer wieder die selben Worte: "Omn nara gasta lawa-da, Ischra meno gawa doca-na." Rick hatte keine Ahnung, was sie bedeuten sollten, Maria jedoch erschrak so heftig, dass sie beinahe das Atmen vergessen hätte. In dieser Beschwörung gab es ein Wort, dass sie kannte. Celina hatte ihr vor langer Zeit davon erzählt. "Ischra", das alte Wort für Dämon. Maria fielen Celinas Worte wieder ein: "Die Ischra verschwanden auf unerklärliche Weise. Keiner weiß, was aus ihnen geworden ist." "Das war eine Lüge!", schrie Maria und stürzte nach vorne. Rick war davon völlig überrascht. "Du blöde Kuh! Was fällt dir ein? Du machst nichts als Ärger!" Maria beachtete ihn gar nicht. Sie wusste nun, was die Meister der Magie vorhatten. In der Luft über ihnen bildete sich bereits ein dunkles Loch - ein Tor. Das konnte nur eines bedeuten. Celina hatte sie angelogen. Es gab doch jemanden, der wusste, wo die Dämonen abgeblieben waren. Die Meister der Magie wussten es ganz genau. Und nun waren sie dabei, sie in diese Welt zurückzuholen. Maria musste das unbedingt verhindern. Sie musste handeln, und zwar sofort. "Schließe dich, Tor von Ischra!", rief sie mit einer lauten und klaren Stimme, die sie selbst nicht von sich kannte und schickte mit all der Kraft, die sie aufbringen konnte, einen Fluch auf das sich öffnende Tor. Die Meister waren dermaßen überrascht, dass jemand es wagte, sie zu unterbrechen, dass Marias Fluch auch beinahe ausgereicht hätte, ihren Zauber zu durchbrechen. Aber eben nur fast. Zu schnell erlangten die Magier ihre Konzentration wieder. Ilias Menta trat aus dem Kreis der Magier aus und kam auf Maria zu. Die Anderen führten den Zauber fort, ohne Maria zu beachten. "Was für eine freudige Überraschung, dich zu sehen", sagte Ilias in einem Ton, der sowohl giftig, als auch einschleimend klang. "Wer hätte gedacht, dass du zu diesem Zeitpunkt noch am Leben bist? Du hast anscheinend mehr von deinem Vater, als du weißt. Eine Tatsache, an die wir hätten denken müssen. Aber keine Sorge. Das ist nur ein kleiner Fehler in unseren Berechnungen. Ein Fehler, den ich sogleich zu beheben gedenke." Maria hörte ihm nicht zu. Ihre volle Aufmerksamkeit wurde von dem immer deutlicher werdenden Tor angezogen. Sie musste das verhindern, ganz egal wie. Wenn die Dämonen tatsächlich zurückkehrten, wäre das eine Katastrophe! Maria konzentrierte sich auf all ihre Kräfte. Ihr Vorhaben war gewagt, aber vielleicht würde es klappen. Sie wollte zwei Flüche in ganz kurzen Abständen hintereinander losschicken, aber um das zu schaffen, musste sie sich schon jetzt für beide bereitmachen. Sie packte das ganze Zauberpulver, das sie in ihren Taschen finden konnte, mit beiden Händen. Ehe sie jemand daran hindern konnte, warf sie das Pulver mit der einen Hand über die Köpfe der Magier, die noch immer die Beschwörung des Tores sangen. "Tretet sofort zurück!" Dieser Fluch war ihr gelungen. Die Magier wichen zurück und verloren erneut die Konzentration. Das Tor von Ischra wurde wieder undeutlicher. Ganz genau darauf hatte Maria gehofft. Wenn sie sich jetzt beeilte, konnte sie es für immer verschließen. Gerade als sie das Pulver aus ihrer anderen Hand auf das Tor werfen wollte, spürte sie einen kräftigen Ruck in den Beinen und ging zu Boden. Dabei fiel ihr das letzte Zauberpulver aus der Hand und wurde vom Wind weggeweht. Eine fremde Macht drückte Maria nach unten. Sie konnte sich nicht dagegen wehren. Sie war bereits zu erschöpft, und nun hatte sie nicht einmal mehr Zauberpulver, das ihr bei den schwierigen Zaubern helfen konnte. Das war's dann wohl. Ohne die Kraft der Zantana, konnte sie sich nicht mit den Meistern der Magie messen. Ilias hatte Marias Absicht rechtzeitig erkannt und sie blitzschnell zu Fall gebracht. "Jetzt hast du dich aber wirklich genug in unsere Angelegenheiten eingemischt!", sagte er ungehalten, "Ich wusste, dass du uns gefährlich werden würdest. Deshalb sollte Celina dich ja auch töten. Aber durch eine Fehlkalkulation meinerseits - eine Tatsache, die ich nicht bedacht hatte - und durch ihre Dummheit, hast du überlebt. Du kamst hierher und hast gleich angefangen Schwierigkeiten zu machen. Woher wusstest du vom Tor? Woher wusstest du, was es damit auf sich hat? Nicht einmal deine Eltern haben wir eingeweiht, dabei waren sie welche von uns. Woher kanntest du das alte Wort "Ischra"?" Maria sah Ilias nicht an, sondern blickte kurz an ihm vorbei, hinüber zu Celina. Das geschah jedoch so schnell, dass Ilias ihren Blick nicht durchschaute. Er wartete auf Marias Antwort. Sie sah ihn angriffslustig an. "Meine Freundin hat mir mal davon erzählt", sagte sie schlicht. Celina, die jedes Wort der Unterhaltung verstand, zuckte heftig zusammen. "Deine Freundin?", schaltete sich nun Oliver Targe ein, der ebenfalls den Kreis der Magier verlassen hatte. "Du hast überhaupt keine Freunde! Dafür haben wir gesorgt!" Mit einem Mal wurde das Gespräch durch ein helles, kaltes Leuchten unterbrochen. Maria kannte dieses Licht. Es war dasselbe Licht, wie jenes, das sie umgeben hatte, als die Zantana starb. Es bestand kein Zweifel. Bei diesem Licht handelte es sich um dieselbe dämonische Kraft, wie an jenem Tag. Die Meister der Magie hatten es vollbracht; das Tor von Ischra - das Dämonentor - war geöffnet! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)