Eden von winterspross ================================================================================ Kapitel 2: Deux --------------- Deux ~Deux~ für Jan _______ Ich habe ein Floß gebaut, weißt du? Ich ertrage diese Einsamkeit nicht mehr. Allein auf der Welt bin ich nicht, ich habe doch meine Familie, die irgendwo auf mich wartet, oder? Es war gar nicht so einfach, ein Floß zu bauen, hier gibt es ja keine Hilfsmittel wie Sägen und Äxte. Ich habe die schwächeren Palmen umgehauen, mit meinen Händen und mit Steinen. Frag mich nicht, wie ich das geschafft habe. Es war eine Heidenarbeit und ich bin wirklich froh, dass ich noch lebe. Eine der Palmen hätte mich fast erschlagen. Das lange, biegsame Gras, mit dem ich die Stämme zusammengebunden habe, hat mir die Handinnenflächen aufgeschlitzt und die Wunden haben sich entzündet. Ich habe einige Tage pausiert, in denen ich die Schnittstellen mit kaltem Quellwasser ausgewaschen und sie in der Sonne getrocknet habe. Jetzt habe ich rote Striemen auf der Handinnenfläche. Sie schmerzen bei jeder unbedachten Handbewegung, die ich mache. Aber mittlerweile habe ich gelernt, nicht wegen jedem Problem, das ich habe, in Tränen auszubrechen. Meine Fingerspitzen sind rau, als ob ich täglich stundenlang Gitarre spielen würde. Ich erinnere mich an jemanden in meiner schwarz verhangenen Vergangenheit, der immer Gitarre spielte und davon Hornhaut auf den Fingern bekam. Aber was eine Gitarre ist, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wenn ich versuche, mir dieses Ding vorzustellen, bekomme ich Kopfschmerzen. Ich habe sowieso pausenlos Kopfschmerzen, was vielleicht auch daher kommt, dass ich viel zu oft in der Sonne sitze und ziellos vor mich hinstarre... Meine Haut ist sonnenverbrannt. Aber heute werde ich von dieser Insel verschwinden, darauf kannst du dich verlassen. ~~ Ich habe es wirklich versucht. Ich habe mein Floß ins Wasser geschoben und habe gerudert wie ein Verrückter. Hinter mir wurde die Insel immer kleiner, doch irgendwann veränderte sich nichts mehr, obwohl ich mich wirklich ins Zeug gelegt habe... Es passierte nichts. Der Horizont kam nicht näher, fast so, als wäre das Meer eine eingefrorene Fläche. Irgendwann gab ich auf. Jemand oder etwas will nicht, dass ich von dieser Insel verschwinde. Man will, dass ich hier bleibe und elendig verrotte. Aber ich will weg. Ich gehöre nicht hierher. Alles tut mir weh nach diesem verzweifelten Fluchtversuch, der irgendwie von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Resigniert sitze ich hier im Sand und starre auf das Meer hinaus, auf dem mein Floß auf den Wellen tanzt. Das Wasser sieht künstlich aus. 'Normales' Meer ist sicher nicht so blau, und halte mich nicht für verrückt, irgendwie scheint mir der Sand viel zu weich zu sein. Er müsste mich kratzen, aufscheuern, aber er tut es nicht. Er ist weich, so weich, dass ich ihn in meine Höhle geschaufelt habe, um auf ihm zu schlafen. Was tue ich eigentlich hier? Wütend springe ich auf, trete gegen einen Sandhaufen und schreie wie ein Verrückter. Die Tiere in den Bäumen hinter mir kreischen und schreien, ich kreische und schreie mit. Irgendwann beginne ich hysterisch zu lachen. Die Situation ist ja wirklich zu abgedreht. Ich sitze hier auf einer verdammten tropischen Insel, habe keinen Schimmer, wer ich bin und spreche mit mir selbst. Aber was soll man hier sonst tun? Es gibt hier nichts. Ich fühle mich wie ein Vogel im Käfig, mein Gefängnis ist viel zu klein. Schreien hilft nicht, weinen ist ebenfalls sinnlos. Es ändert sich nichts. Kurz kommt mir in den Sinn, dass ich mich umbringen könnte, aber irgendwie habe ich das dumme Gefühl, dass das auch nicht funktionieren würde... Resigniert lasse ich mich wieder in den Sand zurücksinken. Die Sonne geht unter, langsam und rot. ______ Anscheinend liest ja doch jemand diese Geschichte... +freu+ ... Danke fürs Beta, zoeS. +abwuschl+ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)