Bad Moon von RedSky ================================================================================ Kapitel 14: Helpless -------------------- "Mit diesem Taiji scheint ja in letzter Zeit 'ne ganze Menge los zu sein", stellte die Frau fest, die gerade dabei war, das saubere Geschirr in den Schrank zu stellen. "Es ist wirklich lobenswert, wie gut du dich um ihn kümmerst." Yoshiki lächelte, ein wenig Schüchternheit schwang mit. "Es geht ihm jetzt auch schon wieder besser. Ich hab ihn am nächsten Tag in's Krankenhaus gebracht, dort wurde die Wunde am Arm genäht. Bald ist er wieder voll Einsatzfähig." Er half seiner Mutter die restlichen Gläser einzuräumen. "Das ist wirklich schön zu hören." Man hörte aus der Stimme von Yoshikis Mutter deutlich einen gewissen Stolz und Freude herraus. Ihr Sohn schien das insgeheim zu genießen. "Und wie läuft es sonst mit X? Habt ihr viele Auftritte im Moment?" Kaum hatte sie die Frage gestellt, senkte sich der Blick ihres Sohnes und er schaute betrübt zu Boden. Yoshiki antwortete nicht sofort auf die ihm gestellte Frage. Frau Hayashi fiel die plötzliche Wandlung ihres Sohnes natürlich auf. Sie hielt ihn sanft an den Schultern fest-und stellte abermals fest, wie knochig sein Körper doch war... Nach ein paar weiteren Momenten des Schweigens hob Yoshiki wieder seinen Kopf, schaute der Frau in's Gesicht. Seine Augen sprachen die Sprache der Traurigkeit. Unübersehbar. "Mama......wir haben ein paar Probleme....", begann er rumzudrucksen. Nun schien sich seine Mutter doch Sorgen um ihren Jungen zu machen. "Was denn für Probleme? Gibt es Streitigkeiten zwischen dir und Toshi? Oder machen die anderen zu große Schwierigkeiten?" Sie strich ihm mit mütterlicher Fürsorge über das Gesicht. Yoshikis Blick stahl sich wieder scheu in Richtung Fußboden. "Nein...mit Toshi ist alles Bestens....mit den anderen auch, nur......" Ein Seufzen entwich ihm. Und wieder zögerte er, bis er seiner Mutter eine Antwort gab. "Wir.......ich......" Sein Blick traf nun wieder Ihren. "Uns will Keiner haben." Frau Hayashi schien diese Aussage nicht sofort zu verstehen. "Inwiefern? Bekommt ihr keine Auftritte?" "Doch! Doch.....die kriegen wir.....aber das ist auch schon alles....." Niedergeschlagenheit legte sich auf sein Gesicht, sein Blick irrte ziellos im Raum umher. Yoshikis Mutter ließ ihm Zeit, wartete, bis er von alleine weiter sprach. Erneutes, schweres Seufzen. "Kein Plattenlabel will uns unter Vertrag nehmen. Wir sind denen zu.......'ausgefallen'", rückte er endlich mit herraus. Mitleidig schaute sie ihren Sohn für einige Momente an. Schloss ihn dann fest in ihre Arme. "Das tut mir Leid......", sprach sie leise und beruhigend. Yoshiki schmiegte sich eng an den ihm schon lang vertrauten Körper, schloss für einen Moment die Augen. Genoss die Geborgenheit, die ihm seine Mutter vermittelte. "Ich brauch' Geld, Mama.......", sprach er leise. Die Frau lockerte die Umarmung etwas, um ihm in's Gesicht blicken zu können. "Wieviel und wofür brauchst du es?", erkundigte sie sich. "Ich will mein eigenes Label gründen.... Wenn uns niemand haben will, nehm ich das selbst in die Hand......" Er schaute sie an wie ein kleiner Junge. Liebevoll strich sie ihm über die geblichenen, leicht strohigen Haare, lächelte. "Du nimmst dir eine Menge vor..." "Ja", nickte er, "und dafür brauche ich deine Hilfe. Könntest.....", sein Blick wanderte abermals scheu nach unten, "...könntest du die Schneiderei verkaufen und mir das Geld von dem Verkauf zur Verfügung stellen...?" Nun hatte es Frau Hayashi doch wie einen Blitz getroffen. Im erste Moment glaubte sie noch, sich verhört zu haben. Was forderte ihr Sohn da soeben von ihr? Sie sollte den Familienbetrieb, die kleine Schneiderei, verkaufen? "Yoshiki, das ist nicht dein Ernst!" Ihre Stimme wurde automathisch lauter als zuvor im Gespräch. "Ich kann die Schneiderei nicht aufgeben!" Die verletzten Augen des Jungen schauten sie an. "Alle behaupten immer, sie könnten etwas nicht tun." Mit einer urplötzlich aufgetauchten, gefühlskalten Körperhaltung wand er sich aus den Armen seiner Mutter. "Ist es wirklich zuviel verlangt, wenn ich meine eigene Mutter um Unterstützung für meinen Lebenstraum bitte? Ist es das?" Er trat einen Schritt zurück, machte deutlich sichtbar, wie distanziert er sich in diesem Augenblick fühlte. "Yoshi, bei aller Liebe, aber was du da gerade von mir verlangst-" "Was verlang ich denn?", schrie ihr Sohn dazwischen, warf ihr nun kalte, nicht verstehende Blicke zu. "Dass man mir ein bißchen entgegenkommt? Ein bißchen Hilfe? Ein bißchen Liebe ??" Mit dem letzten Satz holte er weit aus und beförderte mit einer energischen Handbewegung die Blumenvase, gefüllt mit einem satten Strauß, vom Tisch zum Fußboden, auf Welchem sie laut klirrend zersprang, das Wasser und die Blumen frei gab. "Darf ich dich dran erinnern, dass ich schon seit mehreren Jahren ohne Vater aufwachse? Was das für ein enormer Verlust ist?" Seine Stimme war laut, schreiend, energisch. In seinen Augen konnte man pure Verletztheit ablesen, Enttäuschung, Verzweiflung. "Fang nicht damit an, Yoshiki!" Nun wurde auch seine Mutter laut. "Für den Tod deines Vaters kannst du mich nicht verantwortlich machen! Mir tut es genauso weh wie dir, dass er Selbstmord begangen hat, aber seinen Tod als Argument zu benutzen, damit ich den Laden aufgebe, ist wirklich alles andere als fair von dir!" "Wie könnt ihr mir das nur alle antun?" Yoshikis Stimme wurde schrill und etwas brüchig. Innerhalb kürzester Zeit hatten sich Tränen in seinen Augen angesammelt; nun flossen sie in unaufhaltsamen Ströhmen über seine Wangen. "Ich stecke so viel Energie in meinen Lebenstraum - in euch alle! Und was erhalte ich zum Dank dafür?? Verachtung !!" Das letzte Wort schrie er mit tiefster Wut herraus, stürmte sofort aus der Küche und hinaus aus der Wohnung. Frau Hayashi stand im ersten Moment wie versteinert da, als sie diese Worte von ihrem Sohn an den Kopf geworfen bekam. Doch nach einem kurzen Schockmoment lief auch sie aus der Küche hinaus, versuchte Yoshiki einzuholen. Sie brauchte jedoch nicht weit zu laufen, denn Dieser hockte draussen an der Hauswand neben der Tür, zusammengekauert, sein Gesicht in seinen verschrenkten Armen versteckend. Schluchzend. Sein Körper bebte. Seine Mutter kniete sich sogleich neben ihn, legte ihre Arme beschützend um ihn. Drückte ihn zärtlich an sich. "Alles wird gut....." Im gleichmäßigem Rythmus strich sie ihm wieder über den Kopf, wie sie es früher, als er noch ein kleines Kind war, oft gemacht hatte. "Alles wird gut, Yoshi......" Yoshiki's Hände griffen nach den Armen seiner Mutter, hielten sich an ihr fest. Presste sein tränenüberlaufenes Gesicht an ihre Schulter. "Es ist alles so schwer, Mama.......!", schluchzte er leise aber völlig aufgelöst. "Ich weiß nicht mehr weiter.....bitte...hilf mir........." Seine Worte klangen immer schwächer. Er schien vollkommen erschöpft zu sein. Erschöpft von allem: Der Arbeit mit den Jungs, die Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete und sämptlichen Problemen, die immer und immer wieder auf ihn einschlugen. Und den Selbstmord seines Vaters vor einigen Jahren....das schien auch noch zusätzlich an ihm zu nagen. Noch immer. "Mama........" Seine Finger kralten sich fester in die Arme der Frau. "Es ist alles in Ordnung......ich lass dich nicht im Stich. Ich verachte dich nicht, keineswegs." Und nach einer kurzenm Pause fügte sie noch hinzu:"Ich verkaufe die Schneiderei. Du kannst das Geld haben." Als Yoshiki diese Worte von ihr vernahm, hielt er in seinem Weinen plötzlich inne. Im nächsten Augenblick hob er seinen Kopf, schaute durch einen Tränenschleier in das wohlvertraute Gesicht seiner Mutter. "Ist das dein Ernst?", fragte er völlig überrascht. Er hatte nicht mit so einer plötzlichen Zusage gerechnet. Auch sie schaute ihm in die verheulten Augen. "Ja. Ich verkaufe den Laden. Dir zu Liebe." Mit den Fingerspitzen wischte sie ihrem Sohn ein paar der Tränen vom Gesicht. Ein schwaches aber erleichtertes Lächeln glitt auf Yoshikis Lippen, er fuhr sich mit seinem Ärmel mehrfach über das Gesicht, um auch die anderen Tränenspuhren zu vernichten. Vieleicht war doch noch nicht alles so hoffnungslos, wie es oftmals schien..... Mehrere Wochen nach diesem Vorfall hatte Frau Hayashi die kleine Schneiderei, den nun ehemaligen Familienbetrieb, bereits verkauft. Es hatte sie selbst stark gewundert, wie schnell sie den Laden los wurde. Doch es ging ihr in allererster Linie um ihren Sohn, dem sie helfen wollte wo sie nur konnte. So überreichte sie nun das gesammte Geld vom Verkauf an ihren Sohn. Yoshiki nahm den Betrag mit leuchtenden Augen entgegen, konnte zuerst noch gar nicht fassen, wieviel er da in seinen Händen hielt. Er zählte den Betrag mindestens drei Mal nach, das Leuchten und die Freude in seinen Augen wurde immer größer. Frau Hayashi freute sich mit ihrem Sohn zusammen, war glücklich, dass Dieser nun sicherlich wieder ein festes Standbein gefunden hatte. Ihre Hand strich über seine Schulter. "Danke....danke Mama", sprach er überwältigt und umarmte seine Mutter stürmisch aber liebevoll. Die Arme fest um ihren Hals geschlungen, warf er hinter ihrem Rücken einen erneuten Blick auf das gesammte Geld in seiner Hand. Sein eigenes Plattenlabel.... Sein eigenes Label für seine eigene Band.... Sein Eigentum....und niemand würde es ihm je wieder entreissen können....niemand..... Das teuflische Flackern in seinen Augen tauchte wieder auf, doch niemand bekam etwas davon mit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)