Mitternacht von Chi_desu (Sasu/Naru) ================================================================================ Kapitel 15: Glöckchen --------------------- Sehr nachdenklich saß Sasuke über seinem Teller und stocherte lustlos in seinem Essen herum. Er hatte keinen Hunger, aus vielerlei Gründen. Zum einen fühlte er sich unwohl, weil sein Vater am Tisch saß. Er hatte Fugaku nichts mehr zu sagen. Zum anderen geisterten ihm Itachis Worte immer noch im Kopf herum. Er hatte sich nicht getraut zu fragen, was es denn gewesen war, das Itachi davon abgehalten hatte, das Dorf mit Shisui zu verlassen. Er hatte es längst aufgegeben, seinen Bruder durchschauen zu wollen. Die Art, wie Itachi ihn angelächelt hatte, hatte ihm Mut gemacht und die Hoffnung geweckt, dass er selbst diese wichtige Sache war, die Itachi nicht hatte zurücklassen können. Aber wirklich sicher sein konnte er sich nicht. Und dann war da noch die Sache mit den Mangekyou Sharingan. Amaterasu, Tsukiyomi und Susanoo, diese Begriffe waren ihm vertraut. Was er nicht gewusst hatte war, dass diese drei sich auch zu einem großen, an Zerstörungskraft kaum zu übertreffenden Jutsu zusammenfügen ließen. Die Vorstellung, so eine mächtige Waffe könnte Shisui in die Hände fallen, machte ihm Sorgen. Wer konnte denn schon sagen, ob Shisui die letzten Jahre nicht genutzt hatte, um sich zwei neue Verbündete zu suchen? Vielleicht gab es hier im Dorf längst drei Familienmitglieder die die drei Jutsu beherrschten. Was Shisui alles anrichten könnte… Langsam wurde ihm klar, dass Itachi versucht hatte, ihm Tsukiyomi beizubringen. Von den dreien war es wohl das Jutsu, das man am einfachsten erlernen konnte. Sehr oft hatte er es am eigenen Leib zu spüren bekommen, Itachi hatte wohl gehofft, Sasuke würde so lernen, es selbst zu nutzen. Aber es war ihm nicht gelungen. Er hatte erst mit zehn die dreifachen Sharingan erlernt und mit zwölf – endlich – die Mangekyou Sharingan, die aber ohne eine der drei Künste mehr oder minder nur eine Verbesserung der Wahrnehmung mit sich brachten. Es lag Sasuke schwer im Magen, dass er Itachi vielleicht enttäuscht haben könnte. Tsukiyomi hatte er nie geschafft. Nur… "Du isst ja gar nichts, Sasuke", bemerkte seine Mutter. "Ist alles in Ordnung?" "Ich habe nur keinen großen Hunger." Er schob den Teller weg. "Ich muss sowieso gleich los zum Training." "Es gefällt mir nicht, dass du ständig mit diesem Team trainierst", mischte Fugaku sich ein. "Ich hatte gehofft, Tsunade würde euch mehr Missionen zuteilen. Wie sollst mit den beiden die dir zugeteilt wurden stärker werden? Ich kann Kakashi einfach nicht verstehen." Sasuke hätte gerne widersprochen, einfach weil es ihm nicht gefiel, wie sein Vater über die anderen sprach. Aber im Grunde hatte er irgendwo ja Recht. Bis auf diese dämliche Lieferung nach Sunagakure hatte er noch keine Außenmissionen mitgemacht. Die meisten von Kakashis Jutsu waren nur Kopien, die die Originale nicht erreichen konnten. Seine einzige eigene Technik schien er Sasuke bereits beigebracht zu haben. Wie sollte Sasuke das Training stärker machen? Er war Sakura und Naruto überlegen. Von ihnen konnte er nichts lernen. Wortlos legte Sasuke seine Stäbchen weg und erhob sich. Trotz seiner Maske war es relativ einfach, in Kakashis Gesicht zu lesen. Und als er eine gute Stunde zu spät auftauchte, verhieß sein schelmischer Gesichtsausdruck nichts Gutes. Tatsächlich führte er sie auch sowohl an der Akademie als auch am Trainingsareal vorbei bis zum Dorfeingang und so langsam wurde Sasuke doch neugierig. Sie waren etwa eine halbe Stunde unterwegs, ganz gemächlich, bis sie sich einem weitläufig umzäunten Wald näherten. Naruto und Sakura fingen an zu tuscheln, er selbst konnte mit dem Gebiet rein gar nichts anfangen. Vor dem Eingang blieb Kakashi stehen, drehte sich zu ihnen um und fragte die anderen beiden: "Na? Werden da Erinnerungen wach?" Sakura starrte ihn finster an. "Ja, aber nicht unbedingt die Besten." "Was ist das hier?", erkundigte Sasuke sich ungeduldig. Er hasste es, wenn jeder eingeweiht zu sein schien außer ihm. "Der sogenannte Todeswald", erklärte Kakashi unpassend heiter. "Das Gebiet ist mehrere Hektar groß und genau im Zentrum steht ein Turm. Naruto und Sakura kennen sich hier schon aus, weil die Chuunin Prüfung hier drin abgehalten wurde. Aber jetzt dürftet ihr wesentlich weniger lange bis zur Mitte brauchen, nicht wahr?" "Was soll das?", motzte Naruto. "Das war eine Herausforderung als ich zwölf war, jetzt kann ich darüber höchstens noch lachen." "Immer mit der Ruhe." Kakashi wurde endlich ernst. "Es geht natürlich nicht um den Todeswald. Mir fiel nur kein besserer Schauplatz ein. Das hier ist Teil eures Trainings, eine Vorbereitung auf die Jounin Prüfung. Daran wollt ihr doch teilnehmen, oder?" Mit Feuereifer rief Naruto: "Aber klar!", während Sakura und Sasuke nickten. Ein Klimpern zog die Aufmerksamkeit der drei auf sich. Kakashi hielt ein silbernes Glöckchen an einer dünnen Kette hoch und grinste unter seiner Maske. "Ah. Glöckchen!", stöhnte Sakura. Naruto schüttelte bloß den Kopf. Kakashi erzeugte einen Doppelgänger von sich selbst und drückte dem das Glöckchen in die Hand. Der Doppelgänger sprang leichtfüßig über den Zaun und verschwand im Wald. Der echte Kakashi sah ihm kurz hinterher und erklärte dann: "Eure Teamfähigkeit wurde bei den letzten Prüfungen oft genug auf die Probe gestellt. Bei der Jounin Prüfung seid ihr alle Einzelkämpfer. Und deshalb habe ich mir das hier überlegt. "Die Prüfung findet bald statt und es werden nur wenige Kandidaten zugelassen. Wer von euch teilnehmen darf, hängt von mir ab. Ich werde euch nicht alle drei empfehlen sondern nur den Besten. Deshalb gibt es dieses Mal nur ein Glöckchen. Derjenige, der mit dem Glöckchen in den Turm in der Mitte kommt, darf an der Prüfung teilnehmen. Die anderen beiden nicht." Sakura und Naruto wurden blass. Sasuke überlegte noch, was er davon halten sollte. Er würde schon gerne an der Prüfung teilnehmen, und sei es nur, um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Aber es würde ihn nicht umbringen, sollte er die Prüfung nicht machen dürfen. Ewig würde er ja sowieso nicht im Dorf bleiben. Und außerdem wurde ihm langsam klar, was Kakashis Aufgabe tatsächlich bedeutete. "Sie lassen uns gegeneinander antreten", sagte er zu seinem Lehrer. Der nickte. "Ja. Ihr sollt einander nicht umbringen, aber ich denke, das habt ihr auch nicht vor. Aber dieses Mal geht es darum, wer von euch dreien der Stärkste oder Geschickteste ist. Ich rate euch, bis zum Ende dieser Übung das Team, Freundschaft und Verbundenheit außer Acht zu lassen und ernsthaft gegeneinander zu kämpfen. Schließlich will ja auch jeder von euch an der Prüfung teilnehmen." Er warf nochmal einen Blick in die Richtung, in die sein Doppelgänger mit dem Glöckchen verschwunden war. "Ich denke, er hat genug Vorsprung. Die Übung beginnt… jetzt." Der Satz war kaum zu Ende gesprochen, da flitzten sie drei los, dem Doppelgänger hinterher. Sasuke war wild entschlossen, diesen Wettstreit zu gewinnen. Und er begann sich auf ein Kräftemessen mit den beiden zu freuen. Zweifel daran, dass er am Ende gewinnen würde, hatte Sasuke keine. Wie ein Pfeil schoss jemand durch das Geäst und stürzte sich auf Kakashis Doppelgänger. Ein Fußtritt reichte aus, damit der Klon sich in Rauch auflöste. Das silberne Glöckchen klimperte, bevor es von einer behandschuhten Hand umschlossen wurde. Grüne Augen blitzten siegessicher. Im Sprung legte Sakura sich die Kette um den Hals, kam elegant auf dem Boden auf, stieß sich ab und schoss dann nach oben, weil sie sich eine Etage höher auf den Ästen sehr viel schneller fortbewegen konnte. Blitzschnell preschte sie in die Richtung, in der sich der Turm befand. Das Glöckchen klimperte an der Kette um ihren Hals. Etwas Schweres raste durch die Luft. Sakura hatte gewusst, dass sie nicht unbehelligt bis zum Turm kommen würde. Das Geschoss kam von unten und säbelte genau den Ast ab, auf den sie hatte springen wollen. Dann war es jetzt soweit. Es musste Sasuke sein, der sie da angegriffen hatte, denn Naruto verließ sich nur selten auf Wurfwaffen. Weil der Ast, den sie anvisiert hatte, jetzt nicht mehr da war, stürzte sie erstmal an dem Stumpf vorbei nach unten und suchte dabei hektisch nach einer Möglichkeit, den Fall zu bremsen. Sie wusste, dass sie jetzt ein leichtes Ziel für einen Angriff war und musste so schnell wie möglich wieder Halt bekommen, sonst würde sie die Kette gleich wieder verlieren. Ein Kampfschrei ertönte und dann raste Naruto auf sie zu. Sie verdrehte die Augen. Es wäre wirkungsvoller gewesen, hätte er sie durch den Schrei nicht schon vorgewarnt. Sie schnappte nach einem vorbeisausenden Ast, der zu dünn war, um ihr Gewicht zu tragen, aber es bremste den Fall, bevor der Ast abbrach, und sie nutzte den Schwung, um Narutos Schattendoppelgänger mit einem Fußtritt zu vernichten. Durch den Rauch hindurch kam gleich noch einer angesprungen und den konnte sie nicht mehr schnell genug erledigen. Er packte sie, umklammerte ihre Taille und riss sie nach hinten. Jetzt hatte sie weder die Kontrolle noch den Überblick über ihren Fall und das gefiel ihr nicht. Sie drehte den Kopf, um nicht abrupt mit dem Rücken gegen einen Baum zu knallen und im letzten Moment spürte sie die Hand, die nach der Kette greifen wollte und dabei an ihrem Ausschnitt herumfummelte. Sie rammte Narutos Doppelgänger das Knie in den Magen und er verpuffte. Als sie runter sah, kam der Boden plötzlich rasend schnell näher und im letzten Moment drehte sie sich und kam dann mit einer Rolle auf dem Laubboden auf. "Katon! Gokakyuu no Jutsu!" Ein riesiger Feuerball raste auf sie zu und im ersten Moment sah er so groß aus, dass sie glaubte, ihm gar nicht ausweichen zu können. Sie hechtete zur Seite und verfluchte die Tatsache, dass die beiden sie gemeinsam angriffen – wenn auch offenbar nicht als Team sondern nur, weil sie sie etwa zeitgleich aufgespürt hatten. Der Feuerball traf das trockene Laub und setzte es in Brand. Sakura sah sich hektisch um, um auf jeden möglichen Angriff gefasst zu sein. "Katon!" Wieder ein Feuerball, diesmal nicht mehr von oben. Sasuke war jetzt auch auf dem Boden. Gut zu wissen. Sie stieß sich ab, sprang über den Feuerball hinweg in seine Richtung. Angriff war manchmal die beste Verteidigung und sich gegen einen unsichtbaren Gegner zu wehren war nicht so einfach wie gegen einen sichtbaren. Sie entdeckte ihn, einen Moment lang unaufmerksam, weil er nach Luft ringen musste, nachdem er so einen großen Feuerball ausgespieen hatte, holte aus und schoss mit geballter Faust vor. Im letzten Augenblick riss er den Kopf hoch, sah sie erschrocken an und sprang auf die Seite. Ihre Faust rammte sich in den Boden. Rasch zog sie den Arm aus dem Boden und riss hektisch den Kopf herum. Aber Sasuke stand einfach da, ganz ruhig, siegesgewiss und furchtlos. Seine Augen… sie hatte nur sehr selten Gelegenheit gehabt, die Sharingan zu bewundern. Sie waren faszinierend und furchteinflößend zugleich. Einem Sharingan Meister sieht man nicht in die Augen! Es war ein Satz, den Tsunade ihr vor langer Zeit einmal gesagt hatte. Es waren andere Umstände gewesen und Sasuke war sicherlich noch kein Sharingan Meister, aber sie hielt es für klüger, nicht mehr in diese Augen zu sehen. Also richtete sie den Blick starr auf seine Hände, um etwaige Fingerzeichen früh genug sehen zu können, und bereitete eine Ablenkung vor. Sie lauschte dabei stets, denn irgendwo war ja auch noch Naruto, der die Gelegenheit nützen könnte, um sie zu attackieren. Dass Sasuke bewegungslos dastand, machte es fast zu einfach. Der Boden unter ihm bewegte sich, als das Genjutsu seine Wirkung tat. Dann brachen die Wurzeln der Bäume durch die Oberfläche und schlangen sich um seine Knöchel. Es war ein kleiner Trick, den sie sich von Kurenai abgeschaut hatte. Lange würde er nicht darauf reinfallen, aber wenn sie genug Zeit hatte, um… "Genjutsu dieser Art funktionieren bei mir nicht." Er stand plötzlich direkt neben ihr. Sie vergaß die guten Vorsätze und blickte erschrocken direkt in seine furchterregenden Augen, die plötzlich so nah bei ihr waren. Er machte irgendetwas. Sie sah Funken um seinen Körper tanzen und wusste, dass sie flüchten sollte, aber sie konnte nicht, weil sie einen Moment lang wie hypnotisiert war von diesen Augen. Dann übertrugen die Funken sich auf sie und sie schrie auf. Es fühlte sich an wie tausende kleiner Stromschläge überall auf ihrem Körper und sie krümmte sich instinktiv. Es klimperte und trotz des unangenehmen Gefühls riss sie die Augen auf. Seine Finger wollten sich gerade um das Glöckchen schließen und augenblicklich war sie erfasst von wilder Entschlossenheit. So leicht würde sie es ihm nicht machen! Chakra an einem Punkt sammeln und zuschlagen! Ganz egal ob es Sasuke ist oder nicht, er kriegt dieses Glöckchen nicht! Ihre Faust raste auf sein Gesicht zu und dann ließ er von dem Glöckchen ab, um ihr auszuweichen. Sie versuchte es gleich nochmal und wieder wich er ihr aus. Aber jetzt hatte sie die Oberhand. Die Funken und damit auch der Schmerz waren verschwunden in dem Moment, als sie nach ihm geschlagen hatte und jetzt musste er zurückweichen, um nicht von ihrer Faust getroffen zu werden. Nicht nachlassen! Wenn ich nur einen Treffer lande, ist es vorbei! Er stieß mit dem Rücken gegen einen Baum und sie sah ihre Chance. Sakura schlug kräftig zu, aber im letzten Moment duckte er sich unter dem Faustschlag hinweg. Der Baum splitterte unter ihren Fingerknöcheln als wäre er morsch gewesen. Sie warf einen Blick nach oben um zu sehen, wohin er fallen würde, dann schaute sie sich um, um Sasuke wieder ins Visier zu nehmen – aber er war nirgends mehr zu sehen. Vielleicht hatte er begriffen, dass er im Nahkampf nicht gegen sie gewinnen konnte. Sie nahm sich vor, ihm beim nächsten Mal genau dazu zu zwingen, von Anfang an. Mehr konnte sie sich dann nicht mehr überlegen, weil von hinten gleich drei von Narutos Doppelgängern angelaufen kamen. Nein, zwei Doppelgänger. Zwei Doppelgänger und Naruto selbst. Er hatte bloß einen Kunai in der Hand und sie fragte sich ernsthaft, was das werden sollte. Wenn er auf Nahkampf aus wollte, konnte ihr das nur recht sein. Also wartete sie. Schwer nach Luft ringend stand Sasuke auf einem Ast und beobachtete das Spektakel, das sich auf dem Boden darbot. Naruto versuchte jetzt, Sakura das Glöckchen abzujagen und weil der Blonde von so schlichtem Gemüt war, ließ er sich von ihren Faustschlägen nicht so leicht davonjagen. Sasuke dagegen war froh, dass er eine Gelegenheit gehabt hatte, zu flüchten. Er hatte ja selbst gesehen, wieviel Kraft Sakura hatte und nur ein Faustschlag hätte ausgereicht, um ihm die Nase zu brechen oder ihn gar für den Rest des Wettstreits außer Gefecht zu setzen. Er hatte sie auf jeden Fall gründlich unterschätzt. Er verfluchte die Tatsache, dass er Tsukiyomi nicht beherrschte, denn sonst wäre er längst mit dem Glöckchen unterwegs Richtung Zentrum. Er hasste es, dass er sich wie ein Feigling hatte zurückziehen müssen. Aber jetzt hatte er wenigstens Gelegenheit, sich etwas zu überlegen, bevor er wieder etwas unternahm. Außerdem war Sakura gerade mit Naruto beschäftigt und wer auch immer am Ende das Glöckchen haben würde, er würde schon erschöpft und damit ein leichtes Ziel sein. Sasuke nahm sich die Zeit, die beiden zu studieren. Sakura war kräftig und ihre Fäuste waren wohl ihre gefährlichsten Waffen. Darüber hinaus schien sie ziemlich gut in Genjutsu zu sein, was ihm allerdings keine größeren Sorgen bereitete. Die Sharingan durchschauten diese Tricks sofort. Er musste sie also bloß davon abhalten, nach ihm zu schlagen (oder zu treten); mit anderen Worten: er musste sie auf Distanz halten. Nun, da würde sich schon was finden lassen. Leider war Naruto nicht ganz so einfach zu analysieren. Er kämpfte total… unvorhersehbar. Sehr oft setzte er seine Doppelgänger ein, was wohl ein Markenzeichen von ihm zu sein schien, aber Sasuke konnte beim besten Willen nicht voraussagen, was Naruto wohl als nächstes tun würde. Deshalb entschied er, sollte es zu einem Kampf kommen, Naruto so schnell wie möglich auszuschalten. Für Sasuke war das, was sich da unten abspielte, völlig unverständlich. Naruto kämpfte nicht nur nicht mit voller Kraft, er schien auch darauf bedacht zu sein, Sakura nicht wehzutun. So was Erbärmliches. Sasukes Augen verengten sich zu Schlitzen. Ihm gegenüber würde Naruto sich sicher nicht so zurückhalten. Irgendwie konnte er Sakura in diesem Augenblick nicht leiden. Die hatte wohl begriffen, dass sich diese halbherzige Keilerei nicht lohnte und sprang auf einen Ast, um vor Naruto davonzulaufen. Naruto hechtete ihr hinterher und in gebührendem Sicherheitsabstand folgte Sasuke den beiden. Vielleicht würde sich eine gute Gelegenheit ergeben, sich das Glöckchen zu schnappen. Eigentlich hätte es Sakura klar sein müssen, dass Naruto sich nicht so leicht abhängen ließ. Er war dicht hinter ihr und sie kannte ja seine übermenschliche Ausdauer. Er würde sie nicht mehr in Ruhe lassen und bis zum Turm würde sie das Tempo nicht durchhalten. Also blieb sie, als sie auf dem nächsten Ast aufkam, einfach stehen und drehte sich um. Naruto wirkte überrascht, er schoss geradezu auf sie zu und hatte so schnell keine Möglichkeit, die Richtung noch zu ändern. Grinsend stieß Sakura sich im rechten Moment ab, drehte sich vorwärts in der Luft und ließ die ineinander verschränkten Fäuste auf ihn runter krachen. Wie ein Pfeil schoss Naruto in Richtung Boden und Sakura war davon überzeugt, ihn nun für eine Weile los zu sein. Sie richtete sich auf und sah sich um, um sich zu orientieren, damit sie auch ganz sicher in die richtige Richtung rannte. Sie kam allerdings nicht einmal dazu, ihren Ast zu verlassen. Jemand tauchte direkt neben ihr auf. Ihre Faust schoss Sasuke entgegen, traf ihn mitten ins Gesicht und sie spürte noch bevor er sich auflöste, dass es ein Doppelgänger war. Allerdings kein Schattendoppelgänger, sondern ein Wasserdoppelgänger. Sie wurde durchnässt als er geradezu explodierte. Über Sasukes Kampftechnik wusste sie noch nicht viel, aber sie wusste, dass er nichts ohne Grund tat. Sogar dass sie jetzt nass war hatte seinen Grund. Die Kleidung wurde schwerer und sie schwerfälliger. Ihre Schnelligkeit war eine ihrer Stärken. Seine Fähigkeit, andere zu analysieren, reichte fast an ihre heran. Sie fuhr herum und Wurfsterne zischten an ihr vorbei. Sie konnte nicht nachvollziehen, dass er sie verfehlt haben sollte. Noch dazu hatte er damit seine Position verraten, auch wenn sie ihn dort noch nicht sehen konnte. Verfehlt hatte er absichtlich. Sakura merkte zu spät, was es damit auf sich hatte. An den Shuriken hingen hauchdünne, reißfeste Fäden. Die Wurfsterne sausten um den Baum herum, dann um sie und dann sprang ihr auch schon Sasuke ins Sichtfeld, die Fäden buchstäblich in der Hand, und zurrte sie fest. Sakura wurde gegen den Stamm gezogen, am ganzen Körper gefesselt. Sie starrte ihn wütend an. Wenn er wirklich dachte, sie wäre so einfach einzufangen, dann… Da waren wieder diese Funken und Blitze um seinen Körper. Sakura wurde klar, was er vorhatte, und trotzdem konnte sie nichts dagegen tun. Die Blitze rasten die Fäden entlang auf sie zu und damit setzte Sasuke sie fast wie unter Strom. Sie schrie, weil es wehtat aber mehr noch, weil es grauenhafte Muskelkrämpfe verursachte. Auf einmal hatte sie über gar nichts mehr die Kontrolle. Jetzt stand Sasuke direkt vor ihr. Sie war so wütend auf ihn, wollte sich irgendwie befreien, aber ihre Arme und Beine gehorchten ihr nicht mehr. "Was hast du mit mir gemacht?", fauchte sie. "Chidori Nagashi", antwortete er und seine Finger schlossen sich um das Glöckchen um ihren Hals. Mit einer unfassbaren Arroganz in den Augen riss er ihr die Kette einfach vom Hals und stopfte sie sich in die Hosentasche. Aus purer Boshaftigkeit neigte er den Kopf vor ihr, so als wäre er ihr dankbar für die unfreiwillige Spende, dann machte er zwei Schritte nach hinten. Sasuke löste die Fäden und Sakura konnte sich nicht einmal mehr auf den Beinen halten und kippte nach vorne. Er sah gelassen zu, wie sie vornüber auf den Ast fiel, ohne sich abstützen zu können und dann zur Seite rollte und runter stürzte. Langsam geriet sie in Panik. Der Boden kam rasend schnell näher und sie konnte rein gar nichts tun. Ihre Arme und Beine wollten sich einfach nicht bewegen lassen, es war als hätte er sie mit seinem Jutsu schlichtweg gelähmt. Wenn sie sich weder schützen noch abrollen konnte, würde der Aufprall sie töten. Aber bevor es soweit kam, packte jemand sie in der Luft, fing sie auf und landete mit ihr fast sanft auf dem Boden. Eigentlich dachte sie, Naruto hätte sie gerettet, aber es war Sasuke, der ziemlich genervt aussah. Wahrscheinlich passte es ihm nicht, dass er sie gerettet hatte. Er legte sie unzeremoniell auf den Boden, warf ihr noch einen düsteren Blick zu und sagte: "Keine Sorge, in ein paar Stunden kannst du dich wieder bewegen." Sasuke verschwand aus ihrem Sichtfeld und Sakura wünschte ihm die Pest an den Hals. …tbc… Hosted by Animexx e.V. 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