Mitternacht von Chi_desu (Sasu/Naru) ================================================================================ Kapitel 13: Blau ---------------- Die nächsten Tage verstrichen beinahe ereignislos. Sasuke verbrachte seine Zeit wieder damit, mit Kakashi zu trainieren und lernte dabei Chidori, ein nettes Jutsu, das sehr gut mit seinen schon vorhandenen Fähigkeiten harmonierte. Sakura wurde währenddessen von Tsunade unterrichtet und Naruto verbrachte Zeit mit Jiraiya. Wenn er zu Hause war, langweilte Sasuke sich. Irgendwie vermisste er das Training zu dritt. Seiner Familie hatte er so gut wie nichts zu sagen. Seine Mutter war immer nett zu ihm, aber sie wuselte die ganze Zeit durchs Haus um irgendwas zu putzen oder aufzuräumen oder das Essen vorzubereiten. Mit ihr hätte er nicht genug Gesprächsstoff für fünf Minuten gehabt. Sein Vater war fast nie da. Der Einzige, der übrigblieb, war Kiyoshi, der Sasuke gegenüber nun langsam aber sicher auftaute. Immer öfter kam es vor, dass er nachmittags vor Sasukes Tür stand und ihn darum bat, ihm etwas beizubringen. Weil Sasuke sich gut an seine erfolglosen Versuche erinnern konnte, Zeit mit Itachi zu verbringen, gab er meistens nach und zeigte seinem kleinen Bruder im Garten, wie man Shuriken warf oder lehrte ihn die Grundzüge des Schwertkampfes. Es war kurzweilig, vor allem weil Sasuke seinen kleinen Bruder dadurch kennenlernen konnte, aber es konnte einen erwachsenen Gesprächspartner nicht ersetzen. Es war ein Zufall, dass Naruto ihm am Wochenende über den Weg lief. Sasuke stand am späten Nachmittag vor einem Schaufenster irgendwo im Dorf und langweilte sich ganz entsetzlich, da kam etwas Orangefarbenes um die Ecke geflitzt. Sasuke drehte sich um, einfach aus Instinkt, und Naruto flog ihm quasi entgegen. Er war wohl auf irgendwas ausgerutscht, jedenfalls anstatt beiseite zu treten fing Sasuke ihn auf und wäre beinahe selbst hingefallen. "Gott bist du schwer!", motzte er, nachdem er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. "Versteck mich!", keuchte Naruto panisch und starrte Sasuke aus großen Augen an. "W-was?!" "Sie ist hinter mir her! VERSTECK MICH!!" "Ich…" Noch jemand kam um die Ecke gerannt und Sasuke sah im Augenwinkel, wie Naruto blitzartig verschwand. "Naruto!", brüllte Sakura giftig. Sasuke war erschrocken, weil er sie mit wutverzerrtem Gesicht fast nicht wiedererkannte. "Ich weiß, dass du hier irgendwo bist! Komm raus, es gibt kein…" Das war der Moment, wo Sakura Sasuke entdeckte. Auf einmal hatte sie ein süßliches Lächeln auf den Lippen. "Sasuke-kun!", rief sie und kam auf ihn zu. "Sasuke-kun, hast du zufällig Naruto hier vorbeikommen sehn?" Eigentlich war es Sasuke ja aus Prinzip egal, was Naruto oder Sakura machten. Aber dieses Mal entschied er sich, eine Ausnahme zu machen. Er streckte den Arm aus, deutete in eine Richtung und sagte: "Da lang." "Danke!", sagte sie und strahlte ihn an. Sie rannte weiter und er sah, wie sie in einiger Entfernung stehenblieb und ihre Faust zornig gegen eine Hauswand rammte. "NARUTOOOO!!! Wenn ich dich in die Finger kriege…!" Dann wurde ihr wohl klar, dass Sasuke sie beobachtete, weil sie zu ihm rüber starrte, rot anlief und dann eilig hinter der nächsten Ecke verschwand. Sasuke schaute nach oben und sagte laut: "Du kannst runterkommen, Dobe." Vom Dach kam ein bedauernswerter Shinobi gekrabbelt und landete neben Sasuke auf dem Boden. "Du hast mir das Leben gerettet!" "Sie hätte dich wohl kaum umgebracht", bemerkte Sasuke trocken. In Wahrheit war er sich da nicht ganz so sicher. Er hatte Sakura noch nie so wütend erlebt. Die Frauen in diesem Dorf sind echt gruselig, dachte er bei sich und ihm fielen dabei auf Anhieb Sakura, Tsunade und Shizune ein. "Ach meinst du?", fragte Naruto und sah dabei sehr bedauernswert aus. "Ich hatte doch keine Ahnung, dass sie auch in dem Bad war! Mit ihren Shinobi Instinkten hat sie natürlich gemerkt, dass da jemand hinter dem Zaun saß und Jiraiya der Feigling hat sich aus dem Staub gemacht…" Sasuke verstand kein Wort aber er hatte so die leise Ahnung, dass er die Details lieber gar nicht wissen wollte. Naruto kratzte sich verlegen am Kopf. "Ist ja auch egal. Du hast mich vor ihrem Zorn gerettet, dafür spendiere ich dir eine Portion Ramen." Sasuke legte den Kopf schief. "Du willst nicht zufällig ausnutzen, dass Sakura dich vor meinen Augen nicht umbringen würde?" "Mmmh… doch, schon." Bei dem Eingeständnis musste Sasuke lachen. "Ich schlage vor, dieses Mal lade ich dich zu mir zum Abendessen ein. Meine Mutter kocht sehr gut und im Uchiha Viertel sucht sie dich bestimmt nicht." Sasuke wusste, dass kein noch so gutes Restaurant und kein noch so guter Imbissstand echte Hausmannskost ersetzen konnten. Naruto würde es sicher ganz gut tun, mal was Richtiges zu essen. Narutos Augen leuchteten. "Meinst du… meinst du, das wäre okay?" "Wieso nicht?" "Naja…" Er zögerte und dann: "Eigentlich hast du Recht. Los, gehen wir!" Als Sasuke mit seinem Gast das Haus betrat, rannte ihm als erstes ein dunkelhaariger Wirbelwind entgegen. Kiyoshi nahm den Arm hoch und rief: "Nii-san!" Er wollte schon an Sasuke vorbei rennen, da entdeckte er Naruto und blieb abrupt stehen. Die schwarzen Augen des Kindes musterten Naruto von oben bis unten. Sein Blick wurde misstrauisch. Kiyoshi starrte den Blonden intensiv, nein, fast feindselig an. Irgendwann wurde es Sasuke zu bunt. "Was starrst du denn so?" Trotzig reckte Kiyoshi das Kinn hoch. "Nur so." Er drehte sich um und verzog sich zu seiner Mutter in die Küche. Kopfschüttelnd zog Sasuke sich die Schuhe aus. Naruto, der sonst nie seinen vorlauten Mund halten konnte, war eigenartig still. "Kaa-san!", rief Sasuke, weil er seine Mutter schon in der Küche mit Geschirr hantieren hörte. "Ich habe Besuch mitgebracht." "Wirklich?" Ganz begeistert schoss seine Mutter aus der Küche, einen Teller in der Hand. "Ich habe sowieso zu viel ge…" Als sie Naruto sah, stutzte sie einen Moment lang. Es dauerte nur einen Augenblick, dann hatte sie sich wieder gefangen. "Ich habe zu viel gekocht, dein Gast ist herzlich willkommen." Sie zuckte die Schultern und verschwand wieder in der Küche. Sasuke wollte ihr folgen, blieb aber stehen, als Naruto an seinem Hemd zupfte. "Du, Sasuke", sagte er, "vielleicht ist das doch keine so gute Idee." "Wieso denn nicht? Du hast es doch gehört, du bist herzlich willkommen." Sasuke hatte ihr Zögern natürlich auch bemerkt, aber er ging davon aus, dass sie einfach erstaunt gewesen war, weil sie Naruto nicht kannte. Er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Komm mit." Sie setzten sich an den Tisch und Sasukes Mutter holte für Naruto Geschirr. Das Timing war wirklich hervorragend, das Essen war fast fertig. Naruto saß neben Kiyoshi, der ihm immer wieder misstrauische Blicke zuwarf. Sasukes Mutter war seltsam still und Naruto sagte auch kein Wort. Irgendwie war die Stimmung gedrückt, aber Sasuke hatte keine Ahnung, wieso. Erst als das Essen fertig war, taute Naruto etwas auf. Mit leuchtenden Augen starrte er seinen Teller an, so als wollte er fragen "ist das wirklich für mich?". Er langte gierig zu und sagte mit vollem Mund: "Das ist wirklich unglaublich lecker!" Nach etwa zehn Minuten schlang Naruto gerade seinen Nachschlag runter, da war deutlich zu hören, wie die Haustür geöffnet wurde. Und dann kam Sasukes Vater in die Küche. In dem Moment, als er Naruto entdeckte, wurde sein Gesicht starr wie Stein. Um das ganze noch schlimmer zu machen, kam hinter ihm jemand in die Küche, dessen bloßer Anblick Sasuke augenblicklich den Appetit verdarb. Shisui musterte Naruto und fragte eisig: "Was tut der denn hier?" Naruto ließ die Stäbchen sinken. Sasuke verstand im ersten Augenblick gar nicht, was los war. Bis er den kalten, harten Blick seines Vaters auffing. Fugaku brauchte nichts zu sagen. In seinen Augen stand klar und deutlich geschrieben, dass Naruto hier nicht willkommen war. Und der legte die Stäbchen hin und schob seinen Teller weg. "Das Essen war wirklich sehr lecker", sagte er mit belegter Stimme. "Aber ich muss jetzt gehen. Vielen Dank." "Naruto!", sagte Sasuke, der immer noch erschrocken über den Blick seines Vaters war. "Du musst nicht gehen." "Doch… doch, ich denke schon." "Warte! Das ist doch absurd!", protestierte Sasuke. Es wurde ziemlich deutlich, dass Shisui diese Situation sehr genoss. Sein Tonfall triefte vor Schadenfreude, als er sagte: "Es ist wirklich besser, wenn er geht." Fassungslos sah Sasuke zu, wie Naruto sich an Shisui vorbei schob und ging. Einfach so. Und als er den zufriedenen Gesichtsausdruck seines Vaters sah, platzte ihm der Kragen. "Was soll das?", schrie er und sprang auf. "Ihr alle, habt ihr den Verstand verloren?" "Sei vorsichtig, wie du mit mir redest", sagte sein Vater kühl. "Du bist selbst nur ein Gast in diesem Haus. Mäßige deinen Ton." Brennender Hass auf diesen Mann wallte in ihm auf. "Ich denke nicht daran! Was hat er denn getan? Darf ich keine Freunde haben, die nicht zum Clan gehören oder was genau ist das Problem?" "Das hat überhaupt nichts mit dem Clan zu tun", antwortete sein Vater. "Dieser Junge ist nicht gut für dich. Such dir Gesellschaft, die deinem Trainingsstand entspricht, damit du vorankommst. Er bringt dich nicht weiter." "Du lügst!" Sasuke war selbst erstaunt, als er merkte, dass er die Sharingan aktiviert hatte. Und er sah es ganz deutlich, die Lüge schrie ihm quasi ins Gesicht. Mit den Sharingan sah er jede Regung im Gesicht seines Vaters, jedes Zucken seiner Augen, und was er sah ließ nur einen Schluss zu. "Du lügst mich an. Es geht nicht darum, wie stark er ist. Was ist hier los?" Auf einmal lag eine finstere Stimmung in der Luft und es war unklar, ob sie beide aufeinander losgehen würden oder nicht. Absurderweise stellte Shisui sich vor Sasukes Vater, so als müsste er diesen beschützen. Es war nicht Sasuke, der am Ende nachgab, sondern sein Vater. Er legte Shisui eine Hand auf die Schulter und schob ihn beiseite. Dann wandte den Blick ab und sagte zu seinem Sohn: "Ich schulde dir keine Erklärung. Ich bin das Oberhaupt dieses Clans und ich bin dein Vater." Sasuke wollte ihn angreifen, am liebsten hätte er diesem Mann die Selbstgerechtigkeit aus dem Gesicht geprügelt. Aber er tat nichts und er sagte nichts. Stattdessen ging er wortlos an seinem Vater vorbei und zog sich in sein Zimmer zurück. Der Ausdruck in Narutos Augen war das Schlimmste an dieser Sache. Er wollte Sasuke einfach nicht loslassen. Langsam wurde ihm klar, dass Naruto Recht gehabt hatte. Es gab sie wirklich, diese Dorfbewohner, die ihn hassten. Und keiner wollte ihm sagen, warum. Da war ein Geheimnis. Kannte Naruto es wenigstens, oder wusste er selbst nicht, warum es so war? Es musste mit seinen Eltern zu tun haben, bestimmt. Ein Kind konnte man schließlich nicht hassen, ganz egal, was es für Unsinn anstellte… oder? Nein, das war so nicht richtig. Itachi war auch ein Kind gewesen. Und ihn hatten viele gehasst. Was war passiert, dass Naruto von so vielen Menschen im Dorf verachtet wurde? Verbittert starrte Sasuke aus dem Fenster. Schon wieder ein Geheimnis. Er hatte die Heimlichkeiten so satt. Fast noch schlimmer war die Frage, warum er sich überhaupt so für Naruto eingesetzt hatte. Warum riskiere ich für ihn meine Position in dieser Familie? Warum interessiert es mich überhaupt, was mit ihm ist? Warum… Es ließ ihm keine Ruhe. Narutos Gesichtsausdruck ließ ihm keine Ruhe. Er öffnete das Fenster, kletterte nach draußen und rannte los. Naruto musste sich sehr beeilt haben, denn Sasuke holte ihn nicht mehr ein. Also versuchte er es bei dessen Wohnung und als er anklopfte, öffnete Naruto ihm tatsächlich die Tür. "Du?", kam es erstaunt von ihm. Ohne reingebeten worden zu sein, drängelte Sasuke sich an ihm vorbei in die Wohnung. "Naruto, ich wollte mich entschuldigen." "Wofür denn? Ist schon okay." Naruto machte eine wegwerfende Handbewegung, aber man sah ihm immer noch an, wie sehr ihn das, was passiert war, getroffen hatte. "Ist es nicht. Ich weiß nicht, was mit ihnen los war. Aber das war nicht in Ordnung." "Hey, schon gut." Er zuckte die Schultern. "Außerdem fand ich es wirklich nett, was du gesagt hast. Ich meine… ich hab gehört, was du deinem Vater gesagt hast. Von wegen keine Freunde außerhalb des Clans haben und so… das heißt doch, dass wir Freunde sind." "Äh… ja… schon", murmelte Sasuke erstaunt. "Eben." Naruto grinste. "Ist mir egal, wenn deine Familie mich nicht leiden kann. Aber wir sind Freunde und darüber freue ich mich." Erleichtert nickte Sasuke. "Ja." Er sah sich um. Die Wohnung sah immer noch aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. "Es tut mir ja leid, dass ich mich nicht ordentlich revanchieren konnte aber… äh… stört es dich, wenn ich noch eine Weile bleibe? Nach Hause möchte ich noch nicht." "Gar nicht. Willst du was trinken?" Sasuke grinste Naruto an. "Hast du noch etwas Sake für mich?" Ein paar Minuten später saßen sie wieder auf der Couch, diesmal allerdings ohne Fernseher, und tranken Sake aus Pappbechern (vermutlich weil Naruto kein sauberes Geschirr mehr hatte). Sasuke war so wütend, auf seinen Vater, auf Shisui, einfach auf alle, die ihm gerade einfielen. Deswegen schüttete er einen Becher nach dem anderen in sich hinein, um es ihnen heimzuzahlen. Er wusste, weder seinem Vater noch Itachi hätte es gefallen, ihn so trinken zu sehen. Er benahm sich wie ein trotziges Kind, aber es war ihm egal. Es behandelte ihn doch sowieso jeder wie ein Kind, wie Itachis willenloses Anhängsel. Einen Abend lang wollte er einfach er selbst sein und tun und lassen, was ihm gefiel. Naruto beobachtete ihn grinsend und es schien ihm zu gefallen, wie Sasuke mit jedem Becher Alkohol gelöster wurde. Nach und nach verrauchte seine Wut und zurück blieb nur das angenehme Gefühl, Narutos Gesellschaft aus vollem Herzen zu genießen. Sie unterhielten sich über dermaßen belanglose Dinge, dass es Sasuke im nüchternen Zustand wahrscheinlich übel geworden wäre. Aber wann immer Naruto anfing zu lachen – und das tat er eigentlich bei jeder Kleinigkeit – musste Sasuke einfach mitlachen und das wirkte sich noch viel besser auf seine Stimmung aus als der Alkohol. Es war schön. Viel zu schön, um wahr zu sein. Als Sasuke so halb zu sich kam, hatte er im ersten Moment keine Ahnung, wo er sich befand. Er öffnete die Augen ganz kurz, konnte aber noch nichts erkennen, weil er noch im Halbschlaf war und zwar etwas sehen, es aber nicht wirklich begreifen konnte. Alles, was er fühlte, war das angenehme Gefühl, vollkommen entspannt zu sein. Es war so ein schöner Abend gewesen, und das ganz unerwartet. Eigentlich hatte er sich bloß entschuldigen wollen. Dann hatten sie gemeinsam getrunken und er hatte so viel Sake in sich reingeschüttet, wie es nur möglich gewesen war. Jetzt wusste er, wie das war, selber betrunken zu sein. Es war eine Erfahrung, die er nicht unbedingt wiederholen wollte. In dem Zustand hätte er jede von Narutos Fragen wahrheitsgemäß beantwortet. Es war zu gefährlich. Aber Naruto war nicht auf die Idee gekommen, ihn auszufragen. Er hatte lieber über sich geredet. Gegen Ende hin hatten sie ganz nah beieinander auf der Couch gesessen und Sasuke hatte bloß noch zugehört, während Naruto irgendwas Unverständliches vor sich hin gemurmelt hatte. Es war so schön gewesen… so schön… weil… Ach ja. Naruto hatte seinen Kopf auf Sasukes Schulter gelegt. Und weil das so unbequem gewesen war, hatte Sasuke dann irgendwann den Arm um den anderen gelegt. Das war es, das war die schöne Erinnerung, die er beinahe vergessen hätte. Warum sich das so gut angefühlt hatte, konnte er nicht sagen. Eigentlich war es ja auch egal. Irgendwann hatten sie sich um den letzten Rest Sake gestritten und Naruto war dabei wie ein nasser Sack von der Couch gerutscht. Sasuke hatte noch versucht, ihn festzuhalten, und war dann gleich mit von der Couch und auf ihn drauf gefallen. Jetzt, wo er sich daran erinnerte, merkte er auch, dass er garantiert einen blauen Fleck am Rücken hatte, wo er gegen die Tischkante gefallen war. Und jetzt… Sasuke wagte es nun doch, die Augen zu öffnen. Weil er sich nämlich beim besten Willen nicht daran erinnern konnte, wie er danach wieder aufgestanden, geschweige denn nach Hause gekommen war. War er auch gar nicht. Er lag immer noch auf dem Boden vor Narutos Couch. Sie waren so eingeschlafen. Zwischen der Couch und dem Tisch war nicht besonders viel Platz. Vielleicht erklärte das, wie genau sie eingeschlafen waren. Er spürte eine Hand auf seinem Rücken. Aber nicht auf seinem Hemd, sondern Naruto hatte seinen Arm wohl irgendwann im Laufe der Nacht unter sein Hemd geschoben. Sein Fuß lag irgendwo über Sasukes Taille und Sasuke merkte erst jetzt, dass Naruto mit dem Kopf auf seinem linken Arm lag. Seine Finger hatten sich in dessen blondes Haar gewühlt und streichelten es selbst jetzt noch geistesabwesend. So nah war er noch nie einem anderen Menschen gewesen, von seinem Bruder mal abgesehen. Er lachte ganz leise und aus einem Impuls heraus drückte er seine Stirn gegen die von Naruto. Er war wohl immer noch betrunken. Ihm war total leicht ums Herz, so als gäbe es nichts, was ihm Sorgen machen müsste. So was Verrücktes. "Mmm…" Naruto seufzte erst, dann stockte sein gleichmäßiger Atem. Er räkelte sich in Sasukes Armen und gab so etwas Ähnliches wie ein Schnurren von sich. Dann öffneten sich seine Augen und er starrte Sasuke müde an. Narutos Augen waren blau. Sasuke hatte das gewusst und trotzdem war es, als würde er es jetzt erst wirklich begreifen. Blau… so eine schöne Farbe. Wie das Meer. Naruto lächelte verschlafen und das löste irgendetwas in Sasuke aus. Er brauchte nur den Kopf ein wenig nach oben zu recken und dann berührten sich ihre Lippen. Es fühlte sich an… wie… etwas Verbotenes. Sasuke küsste Naruto, rückte den Kopf ein Stückchen zurück und Naruto küsste ihn dann gleich nochmal. Irgendwo, behäbig und unwillig, suchte Sasukes Verstand nach dem Grund, warum sich das hier so verboten anfühlte. Als es ihm einfiel, zuckte er regelrecht zusammen. Was tu ich denn da? Bin ich verrückt geworden? Er schubste den anderen regelrecht weg. Die warme Hand rutschte seinen Rücken entlang und war dann fort. Ruckartig setzte Sasuke sich auf und ihm wurde augenblicklich schwindlig. Egal. Er stand auf, taumelte, und machte einen Satz in Richtung Tür. Naruto sagte seinen Namen, überrascht und verwirrt. Aber er konnte nicht antworten, er konnte sich nicht einmal umdrehen, er wollte nur noch weg von hier. Panisch riss Sasuke die Tür auf und stürmte nach draußen, drei Stockwerke nach unten und als die frische Morgenluft ihm entgegenströmte, wäre er wirklich beinahe umgekippt. Es war gerade mal vier Uhr in der Früh, glücklicherweise war noch kaum jemand auf den Straßen unterwegs, als ein taumelndes Mitglied des Uchiha Clans den Weg zurück nach Hause suchte. Nach Hause zu finden ohne dabei mit diversen beweglichen und unbeweglichen Objekten zu kollidieren war schwierig genug gewesen. Aber dort angekommen erwartete Sasuke eine böse Überraschung. Sein Vater war noch wach und als er sich in sein Zimmer schleichen wollte, erschien sein Vater wie aus dem Nichts auf dem Flur, stellte sich ihm in den Weg und sagte: "Sasuke, da bist du ja." "Vater", sagte er höflich und hoffte, dass seine Stimme nicht so verzerrt klang, wie er das selbst empfand. "Ich habe mir Sorgen gemacht. Wo warst du?" "Weg." "Sasuke… komm mit." Sein Vater bugsierte ihn ins Arbeitszimmer und Sasuke überlegte fieberhaft, wie er seinen Zustand vor dem Älteren verbergen konnte. Er wollte wirklich nicht noch mehr Ärger heraufbeschwören. Mühsam kniete er sich hin, während sein Vater die Tür schloss. Er wollte bloß schlafen. "Was heute Mittag passiert ist, tut mir leid." Es war sicher das erste Mal, dass Sasuke eine Entschuldigung von seinem Vater hörte. Erstaunlich. "Ich hätte…" Sein Vater stutzte. "Was ist denn los? Du siehst aus, als ob… Sasuke, sieh mich an!" Sasuke hatte redlich Mühe, dem Befehl seines Vaters Folge zu leisten. Trotzdem zwang er sich, den Kopf zu heben und seinen unsteten Blick einen Moment lang auf einen Punkt zu fixieren. "Hast du getrunken?" "Ja." Fugaku schüttelte missbilligend den Kopf. "Du verhältst dich wie ein trotziger Teenager. Hat Itachi das aus dir gemacht?" "Ich bin ein Teenager", grollte Sasuke. "Und nur zu deiner Information: das ist nicht Itachis Schuld. Es war meine Entscheidung, zu trinken." "Wo warst du?" "Bei Naruto. Ich habe mich für euer unhöfliches Verhalten entschuldigt." "Sasuke, du verstehst das nicht." Sein Vater war wirklich außergewöhnlich nachsichtig. Eigentlich kannte Sasuke ihn nur streng und geheimnisvoll. "Es ist mir verboten, es dir zu erklären. Aber Naruto ist… nicht gut für dich." Geheimnisse und Lügen schienen die einzigen Konstanten in Sasukes Leben zu sein. Er hatte sie so satt. Matt schüttelte er den Kopf und sparte sich die Antwort einfach. Er hatte sowieso nicht vor, in nächster Zeit wieder zu Naruto zu gehen. Schon jetzt wusste er, dass er diesen Kuss morgen sehr, sehr bedauern würde. "Ich möchte, dass du dich außerhalb deines Trainings nicht mehr mit ihm abgibst." Grenzenlose Wut wallte in Sasuke auf. Dieser Mann hatte ihm nichts zu sagen. Der Einzige, der Einzige von dem Sasuke Befehle entgegennahm, war sein Bruder. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und es kostete ihn einiges an Überwindung, seinem Vater nicht hasserfüllt ins Gesicht zu schreien, wie wenig er von seinen Befehlen hielt. Aber er durfte jetzt nicht die Beherrschung verlieren. Und er hatte ja ohnehin vor, Naruto in Zukunft zu meiden. Demütig senkte er den Kopf und sagte: "Ja, Vater." Nii-san… hast du Vater so gehasst wie ich in diesem Augenblick? "Und noch etwas. Es wird langsam Zeit, dass du dich entscheidest. Was willst du, Sasuke? Willst du hierbleiben oder gehst du zu Itachi zurück?" "Muss ich diese Entscheidung jetzt treffen?" "Nein. Aber du solltest dir nicht mehr viel Zeit lassen. Je länger du bleibst, desto schwieriger wird es für alle, falls du wieder fortgehst." Ungelenk stand Sasuke auf. "Ich verstehe." Er deutete eine Verbeugung an. "War das alles? Kann ich gehen?" "Ja. Gute Nacht, mein Sohn." "Gute Nacht, Vater." Grimmig zog Sasuke sich auf sein Zimmer zurück, schälte sich aus seinen Sachen und legte sich ins Bett. Auf einmal war er hellwach. Er starrte frustriert an die Decke und fragte sich, was er sich von seinem Vater und dem Clan noch alles bieten lassen musste. Er gehörte nicht hierher. Er war hier fremd und alles was er wollte war, schnell wieder von hier wegzukommen. Einen Moment lang tauchte Narutos Gesicht vor seinem inneren Auge auf… Bist du bescheuert? Du bleibst nicht für immer hier! Naruto ist ja ganz nett, aber du gehst wieder mit Itachi mit, sobald der Auftrag erledigt ist. …und verschwand. …tbc… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)