Die 4. Dimension ~ Das Ranmauniversum von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 7: Amazonengeschichte ----------------------------- Die 4. Dimension ~ Das Ranmauniversum Eine Ranma-Fanfiction von iLLuSia Disclaimer, Newbiewarnung sowie der Selfinsertalarm sind im 6. Kapitel nochmals nachzulesen. Tralalala... Chapter 7 Amazonengeschichte Es war dunkel, fast schon stockdüster, nur eine kleine Fackel hing am Ende eines langen dunklen Ganges, rechts und links von diesem Gang waren Kerkerzimmer, mit Gittern abgetrennt. Die Luft war mulmig und etwas stickig, denn es gab nur zwei versperrte Ausgänge, die beide durch weitere, ebenso stickige Tunnel führten. Vor dem einen war eine Treppe, die zu einer an der Decke befestigten Luke und zu einem Raum über dem Kerker führte. Hinter der großen hölzernen Tür des anderen Ausgangs war noch ein langer Tunnel und schließlich eine Leiter, die in einer Hütte ihr Ende fand. Vor dieser Tür stand eine Gruppe von jungen schwarz bekleideten Leuten. "Haben wir dich gekriegt, du Schweinehaut!", sagte einer von ihnen. Eine Totenstille überschattete nach seinem Satz alles und ließ ein Gefühl der Taubheit entstehen. Ihr Opfer, welches sie mit Schweinehaut beschimpften, stand umringt von ihnen in der Mitte und versuchte ihre Gesichter zu lesen, welche allerdings nicht im Bereich der Fackel und somit schwarz wie die Lederjacken waren, die sie anhatten. "Ihr seid doch die Whites, oder?", fragte der Junge in der Mitte. Der größte von ihnen, der in seiner schwarzen Pracht hin und her wankend dastand, lachte. "Du bist ja schlau wie ein Fuchs", zischte es aus seinem Mund. Seine Zähne glänzten im Licht der Fackel, und obwohl sie einen grünen Bezug hatten, waren sie die saubersten dieser Gang. Der Junge in der Mitte blinzelte. Das Gesicht dieses Typen war immer noch nicht zu erkennen, nur leichte Umrisse, wie die seines langen Bartes. Er war einer der größten und breitesten, hatte ebenso wie alle anderen eine Lederjacke an und als einziger einen auffälligen, in der Dunkelheit leicht blitzenden Armreif. Er war bestimmt der Anführer. "Aber du bist uns trotzdem wie eine Fliege in die Falle eines Spinnenetzes getappt", sagte er. "Du magst wohl Tiere, oder?" Der Junge war über seine äußerliche Ruhe selbst fasziniert. Seine Hände versteckten sich zwar in seiner Cordhose, waren schweißnass und zitterten so stark, dass wohl jeder Hentai gleich an perverse Dinge denken würde, äußerlich wirkte er aber relativ cool. Sein viel zu großes blaues Hemd hing ihm lässig von den Schultern, seine etwas langen Haare schleuderte er mit einer geschickten Kopfbewegung aus den Augen, und seine Haltung war wie die eines Zuschauers, der irgendwo angelehnt dastand und seine Attraktion begutachtete. "Jimmy, Jimmy, wir werden dich wohl beseitigen müssen..." Der große lachte laut auf, dann zog er ein Messer. Zeitversetzt fing auch seine Gang um ihn herum an zu lachen, schließlich zogen auch sie die verschiedensten Spontanwaffen aus ihren Taschen, hauptsächlich Messer, aber auch Fahrradketten, Bretter und Holzstäbe, die vielleicht einmal Tischbeine waren, Hämmer, Schlagringe und ähnliches. Der Junge in der Mitte, der sich mit Jimmy angesprochen fühlte, trat einen Schritt zurück. "Wir könnten dich natürlich auch einsperren", überlegte der große. "Und dich hier verhungern lassen. Hier würde wohl kaum einer deine Schreie hören." Er lachte laut, als ob er zeigen wollte, dass es hier wirklich niemanden störte, was für Geräusche diesem Kerker entkamen. Dann hörte er abrupt auf, gab seiner Gang ein Zeichen, die daraufhin genauso wieder ernst wurde, und drehte sein fieses Grinsen wieder zu Jimmy. "Aber es ist viel sicherer dich sofort umzubringen..." Ein lautes Gelächter kreiste erneut um Jimmy herum, der sich ängstlich nach allen Seiten umblickte. Die schwarzen Leute passten schön auf, dass er nicht entkommen konnte, versperrten beide Türen und zogen den Kreis um ihn immer enger. "Es gibt kein Entkommen" und "du bist in der Falle", sagten einige, die anderen lachten nur und spielten mit ihren Waffen. Jimmy fluchte in sich hinein. Es gab tatsächlich keinen Ausweg, und ihm würde wohl auch niemand zu Hilfe kommen. Schließlich wusste außer Nabiki keiner, dass er hier war. Und Nabiki würde sich bestimmt keine Sorgen um ihn machen, obwohl sie sogar, zu Jimmys Erstaunen, ganz nett gesagt hatte, er solle auf sich aufpassen. Aber solange hier nichts von Bedeutung oder Wert war, würde sie sich wohl kaum weiter den Kopf über Jimmy zerbrechen, da war er sich sicher. Sonst hatte er niemandem gesagt, dass er hier war, weder Ranma, noch Jessy, die auf einem Date war, oder sonst irgendwem. Auf Hilfe sollte er also gar nicht erst hoffen. Mit dem Amaguriken, überlegte Jimmy, könnte er sich wohl eine Weile über Wasser halten, aber er hatte kaum die Ausdauer, um sich durch alle durchzuschlagen und zu entkommen. Und sie kamen immer näher und näher. Es gab nur noch eins: Lebensenergie in Astralenergie umwandeln und dann Zaubern. Aber das war gar nicht so einfach, eher riskant und nur für Lebensmüde. Die Umwandlung von Lebensenergie konnte nur in Kopplung mit Hass verrichtet werden, man musste also in Rage geraten, erinnerte er sich. Das hatte er mal in der zweiten Dimension gelernt. Dadurch würde seine Körpertemperatur sinken und er würde seine Energie zum Leben für die Zauber verbrauchen. Der erste Nebeneffekt wäre Unterkühlung. Danach fallen irgendwann die Körperfunktionen aus und schließlich stirbt man einen Erfrierungstod. Und das konnte ziemlich schnell gehen, aber dafür durfte man halt noch ein paar Mal zaubern. Jimmy seufzte. Was sollte er denn machen? Wenn er nichts tun würde, würden sie ihn auch so umbringen, auf diese Weise würde er einige von ihnen mit in den Tod reißen. Jimmy sah sich um. Eigentlich würde vielleicht ein einfacher Illusionszauber reichen. Eine Illusionswand um ihn herum, aber was dann? Er könnte immer noch nicht entkommen, und irgendwann würden sie merken, dass es nur eine Täuschung ist. Aber es würde ihn eine Weile schützen, bis er sich etwas neues überlegt hatte, und wenn er es aktivieren wollte, sollte er es schleunigst tun. Dann könnte er weiter mit Täuschungen um sich werfen, vielleicht würden die Leute zwischen ihm und der Tür aus dem Weg gehen. Ein Versuch war es wert. Die Gang lachte fröhlich weiter und näherte sich ihm immer weiter. Das Aufflackern seiner Aura nahmen sie nicht wahr, auch nicht, dass sein Körperumriss zu schimmern begann. Sie wären wohl sehr überrascht, wenn aus Jimmy plötzlich massenhaft Feuerbälle herausgeschossen kämen, aber sie waren nicht überrascht. Es passierte nämlich rein gar nichts. Der Junge erzitterte, seine Finger froren, er verlor mit einem Mal seinen mutigen Blick und schritt irritiert noch einen Meter zurück. Es hatte nicht geklappt. "Keinen Schritt weiter", sagte er unsicher. Die Umwandlung hatte nicht funktioniert, sprich er hatte keine neue Energie bekommen. Vielleicht könnte er jetzt noch ein, zwei Illusionen zaubern, doch was half es gegen so eine große Ansammlung von Gegnern? Damit würde er sich nur verraten, und wenn sie auch noch bemerkten, dass es nur eine Täuschungen war, wäre es endgültig vorbei. Für die Umwandlung fehlte ihm die Wut. Woher sollte er jetzt auch so eine starke Emotion hernehmen? Er stand nur da und blickte sich unsicher in alle Richtungen um, sein bluffen war auch nicht besonders eindrucksvoll. "Bleibt stehen", rief er weiter. "Oder ihr erlebt... was ihr noch nie erlebt habt!" "Klingt sehr überzeugend", sagte einer von den umstehenden. Die anderen lachten nur. Der Anführer nahm ein langes Messer und führte es langsam an Jimmys Hals. "Na, unser superstarker Tiger? Wann bekommen wir denn deine Krallen zu spüren?" Jimmy knurrte. Seine Beleidigungen waren genau das richtige, um Wut zu erzeugen, aber... es klappte immer noch nicht. Es war nicht genug, er wurde davon auch nicht wirklich wütender, er war einfach nur aufgeregt. Es schien, als spürte er allmählich die Kälte der Klinge, die seinem Kehlkopf immer näher kam, und zitterte verstört vor sich hin. Seine Panik zerstreute jede Möglichkeit von Konzentration um irgendeine Art von Zauber auszuführen. Er ging noch einen Schritt zurück, stolperte und landete unsanft auf dem Boden. "Har, har, hyo, hyo", lachte der große laut. "Du bist ja doch gar nicht so stark, wie wir erwartet hatten. Ein Schaf im Wolfspelz! Har, har, har. Tut mir leid, aber wenn du nichts drauf hast, müssen wir dich abmurksen." Er hob sein Messer und holte zum Schlag aus, als es plötzlich laut knallte. "Halt!" Die große Tür vom Ausgang schlug mit einem entsetzlichen Lärm gegen die Wand und prallte wieder von ihr ab. Im Türrahmen stand Akane, lautstark brüllend: "Ihr PERVESEN, ihr FEIGLINGE! Mit zwanzig auf einen! Alleine traut ihr euch nicht raus!" Jimmy zuckte zusammen, die ganze Gang schreckte sogar zurück. Akane zog die ganze Aufmerksamkeit auf sich und sah gefährlicher aus, als jede Mutter, die ihr Kind nach einem Ungehorsam anbrüllte. Hinter ihr tauchte plötzlich auch noch Ranma auf. Doch das Machoweib schrie unbekümmert weiter. "Was fällt euch eigentlich ein? Ihr widerlichen Whites! Ihr habt schon zwei getötet, nicht wahr? Und dann wollt ihr Jimmy auch noch umbringen? Mit zwanzig Leuten?" Sie spuckte aus. "So sind die Whites also, feige, selbstsüchtig und auch noch strohdoof! Warten darauf, dass sich jemand in ihr Nest begibt und dann alle Mann drauf!" Sie krempelte ihr Hemd an den Armen hoch. "Jetzt bekommt ihr es mit mir zu tun!" Sie schnappte nach Luft und wollte gerade auf den großen Anführer zustapfen und ihn verprügeln, als der zu lachen anfing. "Akane Tendo, hässlich wie eine Schnecke, dumm wie eine Fliege und eingebildet wie ein Huhn!" Überrascht auf Wiederstand zu stoßen blieb das Mädchen stehen. "Bringen wir dich doch auch um", sagte ein anderer. "Umso besser für uns, wir haben, was wir wollten." Jimmy erstarrte plötzlich. Diese Stimme, die eben von einem der Whitemitglieder ertönte, die kannte er, aber woher? Er hatte sie vor nicht allzu langer Zeit gehört, wenn er nur wüsste wo und wann... "Was heißt das, ihr habt, was ihr wollt?", brüllte Akane fragend und blickte drohend von einem zum anderen. "Ha, ha, ha. Darf ich mich vorstellen?" Der dunkle Typ lachte, zog eine Taschenlampe heraus und hielt sie sich angeschaltet unter die Nase, sodass der Schatten der Nasenflügel seine Augen gerade mal halb verdeckte. "Ich bin Gozo Gosunkugi, und ich hab jetzt alle Informationen, die wir brauchen. Der Idiot Kenias, hahaha." "Wahaha, der Idiot", kreischte seine Gang mit. Jimmy erinnerte sich ganz schnell an die vergangen Unternehmungen von ihm und Jessy, wie zum Beispiel der Einbruch in Tasumos Haus. Tasumo hatte da, während sie auf dem Dachboden lauschten, mit jemandem geredet, den er Gozo nannte. Also kannte er seine Stimme von damals! Aber das hieße ja... "Ihr seid Blacks!" "Hm, gut bemerkt, Kenias, tut uns nur leid, dass dein Hirn zum letzten Mal gedacht hat", sagte Gosunkugi fast schon traurig. Der neben ihm, der große Anführer, nahm sein Messer und holte damit erneut weit aus, der Rest lachte einfach nur weiter. Ranma stellte sich schützend vor Jimmy, verschränkte seine Arme vor der Brust und blickte genervt in die Runde. Er sagte nicht ein Wort, die Blacks schreckten jedoch sofort zurück. "Oh, der große Ranma, der so stark ist wie ein Löwe", grinste der Anführer hämisch, erstarrte allerdings in seiner Bewegung. "Denkst du, du hättest eine Chance gegen uns?" "Du hast es aber mit deinen Tieren", sagte der Martial Artist ruhig. Er ließ seine Finger knacken und ging in Kampfposition. "Mal schauen, um wie viel eure Klappe eure Muskeln überragt!" "Wer redet von kämpfen", lachte Gozo Gosunkugi. Jimmy drehte sich verdutzt zu Gosunkugi und hoffte sich verhört zu haben, seine Worte machten ihm Angst. Sie wollten nicht kämpfen, trotzdem wollten sie Jimmy, Ranma und Akane umbringen, sagten sie zumindest. Was also hatten sie vor? Doch nicht etwa... zaubern? Magie rotteten sie aus, aber nicht auch unter sich, oder? Wenn sie zaubern wollten, dann hätte auch Ranma große Probleme. Jimmy musste ihn so schnell wie möglich warnen. Er wollte gerade aufstehen und ihn zurückhalten, als er ein flüstern vernahm: "Laufen weg!" Er drehte sich erschrocken um und stieß mit voller Wucht mit etwas unsichtbarem zusammen, dass sein Kopf pochend schmerzte. Einen Augenblick später wurde er, sowie auch Ranma, am Kragen gepackt und zur Tür hin, auf Akane geschleudert. Sie flogen zu dritt in den Gang, und hinter ihnen schlug die Tür zu, die sie nun von den Blacks trennte. Ranma stand wütend auf. "Was war das denn für ein blöder Trick? Ich hab niemanden gesehen, der mich hätte nach draußen werfen können." Er ballte die Hände zu Fäusten und ging auf die Tür zu. "Jimmy, was haben die gemacht?" "Halt! Warte!", rief der plötzlich. "Lass uns abhauen! Wir sollten da nicht rein, also los, wir hauen ab." Ranma und Akane sahen ihn verwundert an. "Warum nicht?", fragte der Martial Artist. "Ich hab doch bei der Party die Whites auseinander gescheucht, warum sollte ich das nicht auch mit den Blacks tun? Und ihre viel zu große Klappe stopfen! Ich werde doch nicht weglaufen!" Jimmy seufzte. Das war doch Ranmas nie-eine-Herausforderung-ablehnen-Stolz, oder so was ähnliches. Vielleicht war er aber auch durch ihr dummes Gerede genervt und wollte sie zur Ruhe bringen? Das war gar nicht gut. Kämpfen sollte er jetzt auf keinem Fall, ohne zu wissen, was er für Gegner hatte. Jetzt musste Jimmy Jessys Taktik anwenden, ihn nämlich einfach überreden: "Quatsch, natürlich machst du sie fertig, aber das solltest du wann anders machen, damit sie uns nichts tun können!" Jetzt sahen ihn die beiden Verlobten erst recht merkwürdig an, tauschten untereinander Blicke und zuckten mit den Schultern. Drinnen hörten sie plötzlich Kampfgeräusche. Zu Boden fallende Waffen klirrten, Geräusche von auf Stein aufschlagenden Körpern ertönte. Wurden da drinnen gerade die Blacks an die Wand genagelt? Von wem? Jimmy ließ sich noch einmal die Worte durch den Kopf gehen: "Laufen weg! Laufen weg. Laufen weg..." Ein Grammatikfehler war da drin, und wer außer den Amazonen machte Grammatikfehler? Shampoo war weg, also... war das Xiaous Stimme! Aber... das ergab keinen Sinn... Er stand auf und zerrte Ranma und Akane zum Ausgang. "Wir müssen hier weg, sonst kriegen wir Schwierigkeiten! Los, schnell!" ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Tür des Hauses Tendo wurde aufgeschlagen und ein wütender Ranma stolzierte hindurch. Er ging geradewegs durch das Wohnzimmer an den Shogi spielenden Vätern und an der lesenden Kasumi ohne zu grüßen vorbei zur Terrasse und setzte sich empört auf einen der Gartenstühle. Hinter ihm kamen Jimmy und Akane rein. Jimmy gesellte sich zu Ranma und legte sich auf den Terrassenboden, erleichtert seufzend. Der Boden war schön kühl, und das war für seinen heißen, verschwitzten Rücken genau das richtige. Er musste sich gleich erst mal duschen. Akane stellte sich hinter die beiden und schaute sie nur kopfschüttelnd an. "Warum hast du mich nicht kämpfen lassen?", fragte Ranma und starrte ins Leere, weg von Jimmy. Der Dimensionsreisende seufzte noch einmal auf. "Na ja, weil..." Xiaou hatte es ihm geflüstert. Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war es sich dessen. Das war eindeutig ihre Stimme, mit ihrem starken chinesischem Akzent. Warum sie da war, wusste er nicht genau, auf jedem fall hatte sie sich wohl auch um die Blacks gekümmert. "Weil es uns nichts anging", wich er aus. "Hast du nicht selber gesagt, du willst mit solchen kleinen Fischen nichts zu tun haben?" "Hat dich der Tiere-Freak angesteckt?", fragte Ranma empört schnaubend. Jimmy seufzte. Warum wollte er ihnen nicht die Wahrheit sagen? Es wäre doch viel einfacher, falls sie es verstehen würden... Er setzte sich auf. "Also gut. Ich hab Xiaous Stimme gehört, und sie hat uns auch aus dem Kerker geworfen." Verblüfft schauten ihn Ranma und Akane an. "Du hast was?" "Dir ist doch hoffentlich klar, dass sie nicht auf unserer Seite ist, oder?", fragte der Martial Artist. "Oder hast du den Zwischenfall im Krakenhaus vergessen?" Genau diese Reaktion hatte er erwartet. "Ich hab ihn nicht vergessen, aber dort war die Situation ganz anders! Sie hat uns diesmal in Sicherheit geworfen!", rief er aufgebracht. "Diese Blacks wollten anfangen zu zaubern!" "Na und? Wer sagt denn, dass sie uns nicht von irgendwas wichtigem fernhalten wollte", fragte Ranma weiter. "Na weil..." Jimmy wusste es eigentlich nicht. Darüber hatte er bisher auch nicht nachgedacht. Was hatte er sich überhaupt erhofft dort zu finden, als er sich auf dem Weg zum Lager der Blacks gemacht hatte? Etwas, was Xiaou beschützte, von dessen Existenz er selbst nicht einmal wusste? In diesem Kerker war bestimmt nichts, er war da aus reiner Langeweile hingegangen. "Weibliche Intuition", sagte Jimmy nur. Noch verblüffter als zuvor sahen ihn die beiden an. "Was?", fragten sie im Chor. "Ich bin, bevor wir uns getroffen haben, in die Quelle des ertrunkenen Jungen gefallen. Tja, als Frau darf ich das ohne Begründung behaupten." "Hör auf uns hier zu verarschen!", brüllte ihn Akane an. Ranma drehte sich wieder weg. "Du weißt es also nicht, okay. Das war dann deine Intuition. Wozu bist du dann eigentlich dahin gegangen?" "Ohne uns bescheid zu sagen", gab Akane hinzu. "Ganz umsonst war es doch auch nicht", überlegte Jimmy. "Wir wissen jetzt, wie viel sie wissen. Was meinten sie damit, sie haben mich stärker erwartet?" Akane und Ranma überlegten stumm und zuckten der Reihe nach mit den Schultern, Jimmy drehte sich allerdings fragend zu Akane. "Und woher wusstest du eigentlich, dass ich da war?" "Nabiki hat es mir erzählt", sagte Akane. "Ich hab gefragt, wo du wärst, und da meinte sie, du wärst zum Versteck der Whites gegangen." "Sie ist vollkommen abgedreht", erinnerte sich Ranma. "Sie hat so furchtbar laut geschrieen wie sonst immer, dann hat sie mich am Kragen gepackt und zu diesem Haus gezerrt. Dabei sagte sie andauernd, dass es klar wäre, dass du so einen Unsinn anstellst." Akane warf Ranma einen gereizten Blick zu, den kümmerte es aber wenig, denn er guckte desinteressiert zurück, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder dem Himmel zuwandte. Jimmy war aber froh, dass sie so reagiert hat. Es hatte ihm das Leben gerettet. "Danke", sagte er nur und guckte verlegen zu Boden. "Natürlich blöd, dass ich niemandem bescheid gesagt hab. Tut mir leid." "Pah, ganz umsonst war es ja nicht", sagte Ranma mürrisch und verdrehte die Augen. "Hast ja einen Einblick ins Leben der Blacks bekommen..." "Na ja." In das Leben der Blacks, überlegte Jimmy. So groß war der Einblick nun auch wieder nicht. Was wollten die Blacks eigentlich im Versteck der Whites? Wollten sie ihnen den Mord in die Schuhe schieben? Warum? Und... haben sie den anderen Toten auch auf dem Gewissen? Was meinten sie, als sie sagten, sie hätten Jimmy stärker erwartet? Wussten sie etwa über seine magischen Künste bescheid? Von Tasumo? Jimmy schauderte. Das war ganz und gar nicht gut, er gehörte jetzt praktisch zu denen, die ausgerottet werden mussten. Was allerdings ein Beweis dafür wäre, dass Tasumo wirklich zu den Blacks gehört. Schließlich hatte er bisher nur ihm Zauber an den Kopf geworfen, einmal den Schlafzauber auf seinem Dachboden, wo er und Jessy zusammen in sein Haus eingebrochen waren, und das erste Mal als er Jessy begrabschen wollte. Das war irgendwann kurz nachdem sie hier auf die Schule gekommen waren. Da hatte er sich an sie rangemacht und Jimmy auch noch gefragt, ob er mit ihr ausgehen durfte. Nach seinen Perversitäten hatte Jimmy beschlossen ihm einen nichtsbringenden Feuerball entgegen zu werfen. Hätte er das bloß nicht gemacht... Die zweite Möglichkeit war der Nachbarshund, der ja sonst Opfer von Jimmys Magietraining gewesen war. Der Junge schüttelte sich den Gedanken aus dem Kopf, die Sache war viel zu ernst, als das man Scherze machen sollte. Schließlich wusste der Hund sich nicht zu verständigen. Ein weiterer Punkt, der Jimmy sehr störte, war, dass er sich fragte, woher die Blacks von seiner Ankunft wussten. Wie hatten sie das herausbekommen? Schließlich waren sie auch nicht alle Tage im Geheimversteck von ihren Gegnern. War das geplant? Seit wann? Wieso? Und schließlich war da noch Xiaou, unsichtbar, versteht sich. Genau wie Shampoo, die sich vor einer Ewigkeit plötzlich im Bad aufgelöst hatte, nachdem sie ihn angegriffen hat. Was hatte Xiaou dort zu suchen? Was hatte sie mit den Blacks am Hut? Warum hat sie ihn plötzlich gerettet? Warum ist sie daraufhin drinnen geblieben und hat die Gang zusammengeschlagen? Vielleicht arbeiteten sie auch zusammen und die Blacks haben ihn nur mit Geräuschillusionen verarscht, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken, wie Ranma sagte, um etwas zu beschützen. Aber das wäre Unsinn, dann hätte sie es den Blacks überlassen die drei zu töten. Jimmy erläuterte den anderen beiden seine Gedanken über Xiaou knapp. "Vielleicht gehört sie zu uns und bekämpft die Blacks." "Nachdem sie dich angegriffen hat?", fragte Ranma. "Das sagt dir also deine weibliche Intuition?" Jimmy schaute verzweifelt zu Akane, die zuckte allerdings nur mit den Schultern. Auch sie war ratlos. Er überlegte, wie es wohl gewesen wäre, wenn er Ranma und Akane von Anfang an dabei gehabt hätte. Hätten sie sich dann im Kerker gezeigt? Hätten sie davor schon gezaubert, solange sie ihren Überraschungseffekt nutzen könnten? Wäre Xiaou aufgekreuzt? Jimmy hatte keine Zeit sich weiter darüber den Kopf zu zerbrechen, denn die Eingangstür fiel ins Schloss und Jessys wohlbekannte, fröhliche Stimme ertönte: "Haaallooo? Bin wieder daaa!" Akane machte sich daran ins Haus und ihr entgegen zu gehen. Jimmy schaute ihr neugierig hinterher, Ranma guckte sich immer noch abwesend den Himmel an. Drinnen hörten sie die beiden Mädchen reden. "Wie war das Date", fragte Akane. "Cool, Tasumo ist voll verrückt." Beide lachten. "Musst du mir nachher alles erzählen." "Und hattet ihr hier auch viel Spaß?", fragte Jessy. "Ungemein, ich musste Jimmy aus den Klauen der Blacks heraushelfen." "Wieso das denn?" "Weil er zum Versteck der Whites gegangen ist und niemandem was gesagt hat." Jimmy wandte den Blick von der Tür ab und starrte jetzt ebenfalls zum Himmel. Er hatte ein unangenehmes Gefühl sich schuldig fühlen zu müssen. Kurz darauf ging die Tür erneut auf und die beiden Mädchen betraten die Terrasse. "Hab ich dir nicht gesagt, du sollst keinen Unsinn machen?", fragte Jessy. "Du Trottel, du!" Das Mädchen stellte sich vor ihn und kniete sich nieder, ihn lieb anlächelnd. Wie sie so dasaß, total fröhlich, in ihren schwarzen Klamotten, mit solch einem Leuchten in den Augen und diesem wunderschönen Lächeln... Jimmy wusste nicht, was er tun sollte, und starrte sie nur gebannt an. "Wir wollten zusammen hingehen, weißt du noch?", fragte sie. Jimmy blickte verlegen zu Boden. "Tut mir leid, ich..." "Hm?" Jimmy schaute ihr wieder in die Augen. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Den genauen Grund dafür wusste er doch auch nicht. Er wusste nur, dass er etwas verbrochen hatte, und sich jetzt vor einem Engel rechtfertigen musste. Sie war ja nicht einmal böse auf ihn, sie lächelte ihn nur lieb an. Sie wollte lediglich den Grund wissen, warum er ohne etwas zu sagen gegangen war, mehr nicht, sie war keinesfalls wütend oder wollte ihn mit Ignoranz strafen. Das war... das beeindruckte ihn zu sehr. Er wusste nicht, was er sagen sollte, und begann leicht zu stottern. "Ich... ich... mir war langweilig!" "Na klar!", lachte sie und legte ihm die Hände auf die Knie. "Du wusstest, dass es gefährlich sein könnte und wolltest mich schützen, indem du mich einfach nicht mitnimmst." Völlig baff blickte Jimmy sie an. Auf die Ausrede wäre er selber nicht gekommen. "Quatsch", verbesserte Akane. "Er hat es nur vergessen." "Wäre auch wahrscheinlicher", grinste Jessy. "Würde aber beides zu ihm passen. Und? Was war es?" "Ich... es war das zweite." "Hach!" Jessy stand auf und reckte sich. "Und ich hab gesagt, mach keinen Blödsinn! Nein... diesmal hab ich es vergessen..." Kopfschüttelnd und immer noch von Ohr zu Ohr grinsend ging sie mit den Worten "Wann gibt's Essen" wieder rein. Übrig blieb nur eine lachende Akane, die sich einen Stuhl suchte, Ranma, der immer noch mit geneigtem Kopf in den Himmel guckte, und Jimmy, der immer noch dasaß und vollkommen verdattert wer weiß wo hin starrte. "Du magst sie, oder?", fragte Akane. Jimmy verstand allmählich gar nichts mehr. Er fühlte, wie er rot anlief und kopfschüttelnd "wie kommst du denn auf so was?" zurückfragte. Irgendwas war hier faul, als ob er eine gewaltige Veränderung nicht mitgekriegt hätte. Warum wusste sie das? Hatte er sich verraten? "Als du sie eben angeblickt hast, da hat dein Gesicht Bände gesprochen." Jimmy schaute verständnislos zu Boden. Er hatte sich verraten... "Also stimmt's", stellte Akane fest. "Äh, Moment!" "Fuchtel nicht so mit deinen Händen herum", lächelte ihn Akane an und zwinkerte. Sie hatte dasselbe Lächeln, wie Kasumi, nur bei ihr sah er es zum ersten Mal. "Du solltest es dir endlich eingestehen. Du magst Jessy, stimmt doch, oder?" "Äh", machte Jimmy und seufzte, dann atmete er tief ein, hielt kurz inne und atmete seufzend wieder aus. Seine Hände, mit denen er sich vor ihren Argumenten wehren wollte, schlang er um seinen Körper, als ob ihm kalt wäre. Akane schüttelte ihren Kopf und fuhr fort: "Du warst eifersüchtig, als du zu diesem Versteck gegangen bist, stimmt's? Du kannst es doch jetzt zugeben, Jessy ist gerade nicht hier." Jimmy nickte ironisch. Klar, sie war nicht hier, aber Akane redete gerne, besonders mit ihr... Eigentlich war er ja gegangen, weil er es nicht aushielt. Er hatte zuviel im Kopf und wollte sich damit die Gedanken verdrängen. Oder im allein sein ordnen. Beides hatte nicht geklappt. "Warum sagst du es ihr nicht", fragte Akane weiter. "Weil... na ja..." "Du denkst immer noch, sie ist dein Pokémon, stimmt's? Du kannst dir Flamara nicht aus dem Kopf schlagen!" Jimmy schaute an sich herunter. Hatte er das auf sein T-Shirt geschrieben? Nicht? Dann hatte Akane hellseherische Fähigkeiten! Seufzend schlug er sich mit der Hand gegen die Stirn. Das stimmte alles, sie hatte mit ihren Fragen so ungemein recht! Und er? Er selbst saß nur still und eifersüchtig rum. Aber was sollte er sagen? Sollte er ihr jetzt zustimmen, obwohl er sich selbst noch nicht ganz sicher war? Mochte er sie, wie Akane sagte? Meinte Akane nicht die Frage, ob er sie liebte? Wäre es nicht besser alles abzustreiten, bis er selbst einen klaren Kopf bekommt? "Ha, jetzt wirst du verkuppelt", freute sich Ranma. "Wie du uns, so wir dir!" Akane drehte sich langsam zu ihm um. "Jimmy will im Gegensatz zu dir verkuppelt werden! Er ist nämlich nicht so ein unsensibler Macho." "Pah, er hat auch nicht so ein brutales Machoweib als Verlobte." Ranma hielt seine Nase noch höher in Richtung Himmel. Akane fing an zu knurren. Jimmy wollte gerade "Beherrsch dich, Ranma" rufen, aber der machte schon weiter. "Du hast Jessys Blick doch gesehen. Sie wollte ihn nicht verprügeln, sie war nicht total wütend auf ihn. Wenn du auch so wärst..." "Ranma, du IDIOT!!" Im nu hatte Akane ihn mit der Faust mitsamt Stuhl in die Höhe geschossen. Ein kurzer leiser werdender Schrei war noch zu hören, als Akane schnaubend die Hand senkte und sich wieder hinsetzen wollte, und Jimmy aufstand. "Wenn du auch so wärst", wiederholte er und lachte. Damit ließ er eine verwirrte, ihm nachblickende Akane stehen und ging ins Haus. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Jimmys Gedanken ordneten sich bis zum Abendessen kein bisschen. Er war froh vor Akanes Fragenangriff fliehen zu können, um seine Dusche zu nehmen, und besetzte für fast eine Stunde das Bad, um total abwesend im Furo zu treiben und über das Geschehene zu grübeln. Akane hatte irgendwie alles gewusst, was ihm schon länger auf dem Herzen lag, und er war total verwirrt von ihren viel zu direkten Fragen. Auch Jessys sanfte Reaktion auf seine Dummheit dort allein hinzugehen machten es kein bisschen erträglicher. Benommen taumelte er aus dem Wasser und torkelte zum Umkleideraum. In Japan hatte er festgestellt, dass sie vor dem Badezimmer noch ein kleines Zimmerchen hatten, wo man sich umziehen und auf das Bad vorbereiten konnte, darin saß er wieder fünf Minuten herum. Schließlich ging er ins Wohnzimmer, blickte kurz zu den Shogispielern, die um die Wette schummelten, und setzte sich schließlich vor den Fernseher, ohne ihn anzuschalten. Dann stand er aber wieder auf und suchte sich etwas zum ablenken, denn er hatte das dumme Gefühl, der Fernseher spielt immer dasselbe. Was war bloß los mit ihm? War er tatsächlich so schwer verliebt, hatte Akane alles richtig erraten? War er wirklich so unheilbar verknallt in Jessy? Und er liebte sie nicht nur, weil sie sein Pokémon war, das musste er sich nun wirklich eingestehen. Das ging so nicht, stellte er fest. Sein Kopf war heute überansprucht worden, er konnte nichts klares mehr denken. Das waren einfach zu viele Fragen auf einmal. Er liebte sie wohl, da war kein Zweifel. Was hätte ihn sonst so aus der Rolle geworfen? Worüber er sich jetzt den Kopf zerbrach, war wohl, wie es weitergehen sollte. Jetzt wo er es sich selbst eingestanden hat, würde er es ihr auch sagen, oder? Das hielt Akane zumindest für das beste. Und was war mit ihr? Liebte sie ihn? Wusste sie denn überhaupt, was eine Beziehung war? Jimmy fand sich auf der Terrasse wieder. Wie war er denn hier hin gekommen? Perplex drehte er sich im Kreis. Hier hatten sie sich eben unterhalten, über die Blacks und Whites und Jimmys Sturheit. Die Geschichte mit den Blacks verschob er schon mal in ferne Zukunft, das hatte heute keinen Sinn. Er musste sich ablenken. Wie? Vielleicht Kasumi etwas zur Hand gehen? Er ging wieder rein und stellte fest, dass Jessy mit einem Kochtopf zum Esstisch spazierte, und dass der ganze Raum voll von leckeren Soßengerüchen war. Das Essen war also fast fertig, umso besser, dachte er, nach dem Essen würde er direkt schlafen gehen. "Kann ich helfen", fragte er das Mädchen. "Langweilst du dich?", grinste ihn Jessy an. "Das hab ich schon in der Hand, aber du könntest Kasumi fragen, vielleicht hat sie noch was für dich." Kasumi kam geradewegs strahlend mit einem zweiten Kochtopf aus der Küche. "Oh, das ist lieb. Wenn du willst, kannst du Teller und Gläser holen, acht Stück jeweils, weißt du ja." Jimmy nickte, ging in die Küche und kam mit sieben Tellern und neun Gläsern aufeinandergestapelt wieder. Kopfschüttelnd musste er noch einmal in die Küche und seinen Fehler berichtigen. Einige Zeit später saßen sie schließlich alle zusammen am Tisch und futterten. Das Essen war saulecker, wie es auch roch, und Jimmy stopfte alles in sich hinein, dass sich sogar der Rest wunderte. "Gute Güte, Jimmy, hast du aber einen großen Hunger", stellte Kasumi fest. "Die Geschwindigkeit ist rekordverdächtig", sagte Nabiki. "Fast so schnell wie Ranma, wow!" "Wirst ihm immer ähnlicher", grinste Akane, drehte sich zu Ranma, stutzte und drehte sich zurück. "Nein, tut mir leid. Du bist natürlich nicht so unsensibel." "Mmmpf, mhmpf!", machte Jimmy mit vollem Mund. "Mhm, es mpf... schmeckt aber auch... mpf, zu köstlich." Jimmy war sich nicht sicher, was er fraß, dafür waren seine Sinne zu vernebelt, falls er sie noch hatte, und in seinem Hirn drehte sich kein einziges Rädchen mehr. Die Erinnerungen an das Gespräch vorhin sausten ihm alle immer wieder vor die Augen, die bohrenden Fragen von Akane, die lieben Blicke von Jessy, Ranmas Worte, "Du wist auch verkuppelt", alles verstopfte seinen Kopf und bremste seine Denkfähigkeit. Er war in einer Art betrunkenem Zustand, er beruhigte sich lediglich mit dem Gedanken, dass das Essen im Bauch sowieso zu Matsche verarbeitet wurde, und in einem Chaos schwamm, genauso wie die Gedanken in seinem Kopf. Es schmeckte aber wirklich außerordentlich lecker, das war eben Kasumis Kunst. Während des Essens guckten sich Ranma und Akane nicht ein einziges Mal an, und obwohl sie nebeneinander saßen, drehten sie sich voneinander weg und laberten auf andere ein. Ranma erzählte Jimmy von irgendwelchen Übungen und Kampftechniken, und Akane wechselte öfter mal mit Jessy mehrere Wörter. Kasumi unterhielt sich währenddessen mit Nabiki, und die beiden ließen sich durch nichts stören. Nur die Väter saßen da und schauten sich die Szene an, der eine darauf wartend, dass etwas außerordentliches passierte, was mit Tränen gefeiert werden musste, der andere wie ein Geier auf der Suche nach Essen, im wahrsten Sinne des Wortes. Hin und wieder blickte Jessy, die von der Seite von Akane zugelabert wurde, zu Jimmy, deutete mit ihren Augen auf die beiden Verlobten und zuckte mit den Schultern, als ob sie den Grund für ihr Verhalten wissen wollte. Jimmy antwortete ihr mit einem Kopfschütteln und einer vorm Gesicht wedelnden Hand. "Hey, Akane", sagte Jessy plötzlich. Das Machoweib, in ihrem Redefluss unterbrochen, schaute sie verwundert an. "Was ist?" "Was hat Ranma angestellt?" Jimmys Hirn arbeitete nicht, aber er verstand trotzdem, was Jessy vorhatte. Sie wollte mal wieder etwas an der Beziehung der beiden Verlobten basteln. "Es geht um dich", flüsterte er zur Seite und deutete mit der Nase auf die beiden, während er Ranma mit dem Ellenbogen anstupste. Ranma schaute interessiert auf und folgte seinem Blick. "Warum fragst du, was er angestellt hat?" "Weil du ziemlich danach aussiehst, als ob du sauer auf ihn wärest." Akane seufzte. "Er meinte, es wäre schön, wenn ich so wäre wie du." Überrascht schaute sie Jessy an. "Wieso das denn?" "Weil du wohl so friedlich reagiert hast, und ich es nie tue." Akane drehte sich wütend zu Ranma. "Echt schade, dass ich nicht so bin wie Jessy! Dann wäre ich nämlich nicht so dumm und würde mich in Jimmy verknallen, statt mich mit so einem Idioten abzugeben. Du-" Abrupt brach sie ab und schlug sich die Hand vor dem Mund, aber es war zu spät, die Worte waren ihr schon entflohen. Und damit riss sie alle aus ihren Gesprächen. Für einige Sekunden wurde sie von allen mit einem sehr überrascht interessiertem Blick angeglotzt. "Aha", sagte Nabiki, mit glitzern in den Augen. Kasumi grinste zu ihnen rüber und lächelte, wie immer. "Sag mal, hast du vielleicht Fieber?", fragte Jessy, fasste ihr an die Stirn und wich geschickt Nachfragen aus. Jimmy freute sich, das brachte doch etwas Licht in seinen sonst so dunklen Kopf. Da war Akane doch wirklich etwas schönes rausgerutscht. Gleich so detailliert ihre und Jessys Gefühle preiszugeben. Aber erst mal sollte er sich auf Ranma fixieren, bevor er sich mit seinem Teil im Kopf Lichtdicht abschloss. "Hast du es mitbekommen?", fragte er den Martial Artist. "Sie hat eben zugegeben, dass sie dich doch irgendwie mag." "Was heißt irgendwie? Und was hat das mit mir zu tun?" "Siehst du, Ranma", grinste Jessy. "Akane ist es überhaupt nicht egal, was du über sie denkst. Ich hab dir das schon einmal gesagt, weißt du noch? Da wolltest du es mir nicht glauben." "Vor der Party", erinnerte ihn Jimmy. "Und ich hab auch mal gesagt, du sollst auf Jessy hören, sie hat nämlich immer recht." "Jetzt gib doch zu, dass sie eigentlich ganz lieb ist!", forderte ihn Jessy auf. "Schau doch, sie hat gerade zugegeben, dass sie gar nicht so brutal im Herzen ist, wie du immer glaubst." Beide, Ranma sowie Akane, blickten sich kurz an und schauten dann zu Boden, rot wie Tomaten. Kasumi und Nabiki betrachteten, wie Jimmy und Jessy, interessiert lächelnd das Spektakel und waren beeindruckt, wie viel die beiden Dimensionsreisenden aus Akanes Satz herausinterpretiert hatten. Soun und Genma allerdings schauten erst ziemlich starr auf sie alle, drehten sich zueinander und fingen an zu brüllen. "Hast du das gehört?", rief Soun in Tränen. "Ich hab es gehört, mein Freund. Sie haben sich endlich die Liebe gestanden", rief Genma erfreut zurück. "Das heißt, sie sind bereit für die Hochzeit!" "Hochzeit, Hochzeit!", brüllte Soun und heulte fröhlich weiter. Jimmy schlug sich gegen die Stirn, Jessy sowie Nabiki und Kasumi schüttelten nur lachend den Kopf. Es war mal wieder das reinste Chaos, gestiftet natürlich von den beiden Dimensionswechslern. Ranma und Akane saßen für den Rest des Abends nur noch still glühend nebeneinander, immer noch ohne sich anzugucken. Die anderen hatten einen ganzen Abend noch etwas zu lachen, machten Witze, laberten, heulten, oder suchten nur, wie Genma, nach Essen. So verlief er sich, der Abend, und Jimmy war froh, dass er wenigstens etwas abgelenkt war und die Gedanken auf den nächsten Tag verschieben konnte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Uaaaah, hiilfe!" Jimmy drehte sich um. Was war denn jetzt los? Er war gerade bei Vollmond auf einem Boot, ganz alleine mit Jessy, nur Ranma fuhr mit Akane nebenher. Es war gerade so schön romantisch, der Mond war übergroß und spiegelte sich in Jessys Augen, das Wasser war schwarz und ruhig, fast schon mystisch. Und plötzlich schrie jemand und beleuchtete ihn mit einem Scheinwerferlicht. So was blödes... "Na warte Pop, das kriegst du wieder!" Diese Stimmen, die kannte er, überlegte Jimmy. Das war Ranmas Stimme, und sie kam nicht aus dem Boot, das hieße, er war nicht da, wo Jimmy ihn sitzen sah. Aber... war das ganze hier etwa nicht real? Ein Traum? Er wollte noch nicht aufwachen. Das Illusionstraining konnte warten, die Schulzeiten sollten verschoben werden, die Ferien sollten alle jeweils um einen Monat verlängert werden, eigentlich könnte er sogar ganz darauf pfeifen und die Dämonen auch mit dem Amaguriken fertig machen... Jimmy reckte sich. Schlagartig begriff er, was vor sich ging und riss die Augen auf. Er war gar nicht in der zweiten Dimension! Dort konnte er den Amaguriken doch noch gar nicht. Und er war auch nicht auf irgendeinem Kahn! Es war nicht Nacht und es war kein Mond in Sichtweite! Alles Unsinn. Die Sonne schien ihm strahlend in sein müdes Gesicht, dass es ihn blendete. Sie war es, die auf dem Boot den Scheinwerfer simuliert hatte. Er war jetzt wieder in der Ranmadimension zurück, und nicht mehr in seinen schönen Traumwelten, und er wusste genau, was jetzt passieren würde. Entsetzt drehte er sich um, aber es war zu spät, jemand packte ihn am Kragen und warf ihn aus dem Fenster in den Teich. "Urgh", machte Jimmy, als er aufplatschte und wiederholte es beim auftauchen. Neben ihm schwammen Jessy, die grinsend im Wasser Blässchen machte, und Ranko, die vollkommen sauer weiterbrüllte. "Pop, warte mal, wenn ich dich kriege! Dann gibt's Hasenschnitzel!" "Brrr, ist das kalt!", meinte Jessy. "Mensch, wie könnt ihr das nur aushalten? Aber ihr seid es ja auch gewohnt..." Ranko drehte sich empört zu Jimmy. "Pop ist dieses Mal auf die Idee gekommen, Jessy als erstes in den Teich zu werfen, da sie immer diejenige ist, die davonkommt und ihn reinschubst. Warum bist du nicht aufgewacht und hast es ihm heimgezahlt?" "Du hast doch genauso weitergepennt, als ich schreiend durch die Luft flog", lachte Jessy. Ranko atmete Geräuschvoll aus und gab es auf mit Jessy zu diskutieren. Stattdessen drehte sie sich zu ihrem im Fenster stehenden lachenden Vater um und schrie ihr "Pops, das zahle ich dir heim!" weiter. Innerhalb weniger Augenblicke waren sie alle umgezogen und saßen am Esstisch, sogar Ranma war zurückverwandelt und stocherte auf dem Teller seines Vaters herum, da sein eigener leer war. Der Hase konnte sich nicht wehren und musste zugucken, wie ihm seine Fressalien vom Teller gestohlen wurden, aber er war auch selber schuld. Schließlich war er zu faul gewesen sich zurückzuverwandeln, nachdem ihm Ranma wutentbrannt ein Glas Wasser ins Gesicht geschleudert hatte. Schließlich reichte Kasumi Ranma eine Schüssel mit Nachschub und entlastete Genma damit. Nach dem Essen machte sich der Vierertrupp auch schon direkt auf den Weg zur Schule, Akane mit Jessy an der Spitze lauthals am plaudern, gefolgt von den Schweigenden, nämlich Ranma und Jimmy. Der Dimensionsreisende war froh endlich an der frischen Luft zu sein, ohne gleich durch sie zu fliegen, und betrachtete entspannt die Wirkung des sonnigen Wetters auf die Bürger Nerimas. Eine ältere Frau, die Jimmy unter dem Namen Oma Watanabe bekannt war, verschüttete aus irgendeinem Grund Wasser auf den Bürgersteig, einige Leute schrieen auf, als sie von ihrem Wasser erwischt wurden, die übrigen Leute gingen vergnügt zur Arbeit und zur Schule, nur ein Mädchen spazierte in ihrem viel Haut zeigendem Outfit und ihrem strubbeligen Hund durch die Gegend. Als Misses Watanabe plötzlich ausschwenkte und instinktiv einen Eimer Richtung Ranma goss, und Jimmy nach seinem Ausweichen die volle Ladung abbekam, glaubte er langsam an den übersinnlichen Irrsinn dieser Welt. "Gestern Abend", fing Ranma an, während er auf dem Zaun balancierte. Dann guckte er verlegen zu seinen Füßen, als ob er nachgrübelte, wie er es sagen sollte. Jimmy schaute nach vorne zu Jessy und Akane, während er in Gedanken einen Zipfel seines Hawaiihemdes auswrang. Die Mädchen waren außer Hörweite und machten auch keine Anstalten auf sie zu warten oder sich um irgendwelche vor Nässe triefenden Kameraden zu kümmern. "Hm?", machte Jimmy dann und schaute Ranma interessiert an. "Na ja, was Akane gesagt hat..." "Dass sie sich mit dir abgibt, statt sich wie Jessy in mich zu verlieben?" Ranma nickte. "Das geht mir gerade auch nicht aus dem Kopf", gab Jimmy zu. "Ich verstehe die beiden sowieso nicht. Akane geht ja noch, sie ist ein bisschen Stur und will sich Jungs ganz aus dem Kopf schlagen. Aber Jessy versteh ich gar nicht, was hat sie vor?" "Jessy ist doch total unkompliziert", meinte Ranma. "Sie meckert nicht rum, sie benimmt sich feminin und zeigt auch, dass sie dich mag. Aber Akane ist da anders. Sie schreit nur herum, ist total stur und eingebildet, man kann mit ihr nicht reden! Voll das Machoweib!" Jimmy nickte. "Als ob du mit ihr reden würdest..." Grinsend schaute er zu ihm hoch, als Ranma sich beleidigt wegdrehte. Aber das sogar er, der unsensible Kämpfer, der eigentlich null Peilung von Frauen hat, sogar bemerkt hat, dass Jessy Jimmy mag... "Wenn du das gestern nicht gesagt hättest", fuhr der Martial Artist fort, "dass Akane gesagt hat, sie würde mich mögen, ich wäre selbst nicht darauf gekommen." Er seufzte laut und schüttelte den Kopf. "Das muss man doch erst einmal herausfiltern, dass zwischen ihrem Gerede etwas nettes drinsteckt! Andererseits hat sie auch nur gesagt, sie gibt sich mit mir ab." "Frag Jessy, sie wird dir erklären, was sich hinter Akanes Aussage verbirgt. Auf jedem Fall hat sie recht. Akane gibt sich mit dir ab, Nabiki tut das zum Beispiel nicht." Ranma schnaubte in die Luft. Nach einer kurzen Pause drehte er sich allerdings wieder zu Jimmy zurück. "Gut, es ist ihr rausgerutscht, und? Warum sagt sie das nicht mal so, also... freiwillig?" "Warum machst du ihr freiwillig keine Komplimente?" "Hör auf alles mit Gegenfragen zu erwidern!" Seufzend drehte sich Jimmy wieder nach vorne. Die beiden Mädels tuschelten und lachten immer noch fröhlich vor sich hin, ohne auf die Jungs hinter ihnen acht zu geben. Jessy war völlig ausgelassen, sie schien sich keine Sorgen darüber zu machen, dass Akane der Satz herausgerutscht ist. Stimmte es nun, was sie gesagt hatte? Aber warum veranstaltete Jessy diese Dates mit Tasumo? Wollte sie ihn eifersüchtig machen? Und wie stand es um ihre Gefühle? "Was würdest du denn sagen?", fragte Ranma. "Sie will mich eifersüchtig machen", antwortete Jimmy, total abwesend. Dann schüttelte er perplex den Kopf. "Äh, ich meine... was hast du gesagt?" "Was du Akane für Komplimente machen würdest!" Überrascht schaute Jimmy Ranma an. "Na, vielleicht... dass sie süß ist, wenn sie sich aufregt. Wenn dich das nervt, dann hört sie sofort mit dem Gemecker auf, wenn du ihr so etwas entgegnest." "Und falls ich ihr ein ernsthaftes Kompliment machen will", fragte Ranma bestürzt. "Das ist ein ernsthaftes Kompliment! Eigentlich ist alles, was nett ist und was du nicht im nächsten Moment abstreitest, ein nettes Kompliment." "Jessy sagte, ich soll zugeben, dass sie gar nicht so ein brutales Machoweib ist..." "Könntest du auch. Wäre ein Anfang..." Jimmy schaute wieder nach vorne. Die Schule war schon zu sehen, sie waren praktisch schon da. Die Schülerhorden liefen quer über den Hof und spielten wie immer mit ihren Fuss-, Basket-, Volley- und sonstigen Bällen. Aber es würde eh gleich klingeln. Jimmy drehte sich verlegen um, schaute auf die Uhr und dann aufgeregt zu Jessy. Akane hatte recht, er sollte mal mit ihr darüber reden. Ihr seinen Standpunkt erklären, und seine Gefühle. Auch wenn er sie liebte, er wollte eigentlich nur mit ihr weiter zusammenleben. Er wollte nur, dass sie froh ist, das sie ihren Spaß hat, dass sie glücklich wird. Er wollte nicht nur seinen eigenen Spaß mit ihr haben, bevor Tasumo auf die Idee kam, er dachte nicht nur an sich selbst. Und wer wüsste es, vielleicht empfand sie ja dasselbe? "Ranma? Ich muss mal mit Jessy reden, lenk mal Akane ab. Jessy, warte mal!" Der Martial Artist grinste breit in eine andere Richtung und zeigte zwei Finger hoch, als es plötzlich vom Schulhof blitzte. Danach sprang er vom Zaun und nickte, während er mit dem Finger rechts neben Jessy zeigte. Jimmy unterbrach sein Schreien und wandte den Kopf. Er hatte nicht einmal genügend Zeit sich über den Lichtblitz Gedanken zu machen, als er auf einer der Seitenstraßen Tasumo anrennend, winkend und genauso wie Jimmy lauthals "Jessy, warte" rufend erblickte. Das Mädchen drehte sich erstaunt zu ihm um, und grüßte ebenso erfreut zurück. Jimmy erstarrte mit aufgerissenem Mund. "Wie geht es dir?", brüllte Tasumo lautstark. "Gut," grinste Jessy und hob die Hände, um ihn etwas zur Ruhe zu bringen. "Weißt du", fing Tasumo leiser an und kratzte sich am Kopf. Jimmy ging etwas näher heran, um besser lauschen zu können. "Der gestrige Abend hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich wollte dich fragen, ob wir nicht noch mal etwas unternehmen wollen. Wie wäre es mit Mittwoch? Wir könnten ja ins Kino gehen, wenn du magst." Jessy grübelte eine Weile, schaute dann zu Jimmy und nickte. "Du hast da Zeitungsaustragen, oder? Dann wirst du mich schon nicht vermissen." "Nicht vermissen?" fragte Tasumo verwundert und drehte sich ebenfalls zu Jimmy. "Ah, ihr Bruder! Passt du immer noch so gut auf dein Schwesterchen auf? Mach dir keine Sorgen, sie ist in den besten Händen." "Hm, klar." Jimmy blickte zu Jessy, die scheinbar keine Anstalten machte Tasumo abblitzen zu lassen. Aber was ihn sichtlich beruhigte, war, dass Jessy ein ganz normales o.k. gab, keine übertriebene Freude, als ob sie sich einfach mit einer Freundin ohne Hintergedanken verabreden würde. Dann fiel ihm Akanes Blick auf. Sie beobachtete Jimmy genaustens, jede seiner Reaktionen, jede Bewegung. Jimmy fühlte sich ein bisschen unwohl. Irgendwas war doch faul an der Sache, Akanes Benehmen machte ihm allmählich Angst. "O.k., dann hole ich dich um sechs ab", sagte Tasumo. Er griff in die Hosentasche und holte ein schön in Geschenkpapier gewickeltes Päckchen heraus. "Das ist für dich", sagte er freundlich und überreichte es ihr. "Ich hab es in einem kleinen Laden in der Nähe der Sporthalle gefunden." "Oh! Vielen dank, das ist lieb!" "Also dann, bis Mittwoch!" Tasumo winkte, dann verschwand er. Jessy riss sofort das Papier vom Päckchen und holte einen Stoffteddy heraus. Es war ein kleiner weißer mit einer grünen Weste und extragroßem Kopf. Seine kleinen schwarze Punkte als Augen waren putzig über seinen Barthärchen angebracht und guckten Jessy interessiert an, seine Ohren standen ihm rechts und links weit, wie seine Nase, ab. "Oh, der sieht ja niedlich aus", meinte Akane beeindruckt. "Tasumo ist ja gar nicht wie die anderen Perversen, der hat wenigstens ein wenig Geschmack!" "Mhm, das hat er", lachte Jessy. "Er ist aber auch ein Spinner! Jimmy? Hast du mich nicht eben auch gerufen? Warum bist du eigentlich so durchnässt?" Jimmy drehte sich abrupt um und machte sich auf den Weg aufs Schulgelände, ohne sie anzublicken. "Es hat auf mich geregnet. Vergiss den Rest." Damit ließ er sie ratlos stehen und stapfte ins Gebäude. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ In der folgenden Stunde wurde er, neben Akanes blöden forschenden Blicken, auch noch von Jessy die ganze Stunde über beobachtet. Was mit ihm los war, wusste er selbst nicht genau. Schließlich hatte er sich vorhin selbst zugegeben, dass er Jessy nicht für sich haben wollte, sondern nur, dass sie es gut hat und sich wohl fühlt. Was wollte er dann noch? Er könnte sie doch auch ganz einfach in Ruhe lassen, sie würde auch allein für ihr Glück sorgen können. Um sich abzulenken half er in den beiden Stunden bis zur Pause seinen Mitschülern bei den Aufgaben und erklärte ihnen die Regeln für einige Probleme, die er selbst in fünf Minuten gelöst hatte. Dabei tat er so, als ob sie ihn so sehr in Anspruch nahmen, dass er zu anderweitigem Blickkontakt nicht genug Zeit hatte. Jessy war über sein Verhalten mehr als nur verwundert, aber nach einiger Zeit gab sie es auf und machte sich auch daran ihren Freundinnen irgendwelche Aufgaben zu erklären. Mr. Otero war an diesem Tag sehr überrascht, wie fleißig seine beiden besten Schüler am helfen waren, und dass sie nicht die ganze Stunde mit quatschen verbrachten grenzte schon an ein Wunder. In der Pause ging Jimmy sofort raus und schaute aus dem Fenster. Jessy kam ihm verwundert hinterher. "Dort ist Ranma", sagte er und zeigte mit dem Finger auf ihn. Der Martial Artist schwebte knapp drei Meter über dem Schulhof in der Luft, wobei er sich mit seinen Füßen an einem Fensterbrett festhakte und sich auf diese Weise mit dem ganzen Körper aus dem Fenster lehnen konnte, ohne runter zu fallen, und zerschlug eine Papiertüte über dem Kopf eines anderen Schülers. Dieser Schüler hatte ein Fotoapparat und kniete vor einem Fenster an der Übungshalle. Erschrocken zuckte er zusammen und sagte etwas, während er Ranma verstohlen angrinste. Eine Sekunde später kam eine Schülerschar auf ihn zugestürmt und umringte ihn, wild auf ihn einlabernd. Ranma seufzte kurz und ließ sich fallen, als ihm der Junge mit dem Fotoapparat im Flug ein Haar ausriss und damit wegrannte. "Komm, Akane ist bestimmt auch irgendwo", sagte Jimmy und ging in Richtung Treppe. Jessy, immer noch völlig ratlos, folgte ihm seufzend. Draußen angekommen liefen sie auf Ranma zu, der ihnen winkend entgegen kam. "Wo ist Akane", fragte Jimmy und schaute sich um. "Sie war vorhin noch in der Sporthalle, glaube ich. Ich weiß nicht, wo sie jetzt gerade ist." "Wer war das eigentlich vorhin?", fragte Jessy. "Dieser Typ, den du mit Papiertüte erschreckt hast." "Ah der? Das war..." "Ranma, mach dich bereit!" Die drei sahen sich um. Der jüngere Kuno kam mit seinem Holzschwert schreiend auf Ranma zugerannt und versuchte nach ihm zu schlagen. Ranma wich aus und trat ihm gleichzeitig geschickt ins Gesicht. "Oh, Oberschüler Kuno, lange nicht gesehen, kann ich etwas für dich tun?" Kuno brach zusammen und gab ein gequältes Geräusch von sich. Es dauerte einen Moment, ehe er einen Papierfetzen hochhob und ihn Ranma zitternd vor die Nase hielt. "Für mich nicht, aber..." Ranma riss ihm den Zettel aus der Hand, und ehe Kuno zusammengebrochen war und das Bewusstsein verlor, hatte er ihn aufgeklappt. Auf der Rückseite stand ganz groß "Herausforderung". Jimmy und Jessy guckten ihm interessiert von beiden Seiten über die Schulter. "Saotome, triff mich auf Oberschüler Kunos Kopf in der Übungshalle. Gosunkugi", las Jimmy vor. "Und wann?" "Ist Gosunkugi der von eben? Der, der dir ein Haar ausgerissen hat? Was will er von dir?", wunderte sich Jessy. "Hikaru Gosunkugi, ein Akaneverehrer. Er läuft die ganze Zeit mit seinem Fotoapparat durch die Gegend und macht Bilder von ihr, die er weiterverkauft. Aber seit kurzem macht er auch welche von mir." "Von dir?", fragte Jimmy. "Vor der Schule hat er auch ein Bild von mir geschossen, auf dem Zaun. Da wo du total Gedankenverloren in der Gegend herumgestarrt hast." "Und wirst du da hin gehen?" "Warum nicht? Ich frag mich nur, was er will. Aber erst in der zweiten Pause." "Warum erst in der zweiten?", fragte Jessy. "Weil Hiroshi und Daisuke was von mir wollen!" Die beiden Freunde standen neben einem der Bäume auf dem Schulhof und winkten Ranma zu sich her, der zurückwinkte. "Wenn ihr wollt, könnt ihr nachher mitkommen. Ich frage mich, was dieser Gosunkugi von mir will... Ich gehe mal zu den beiden rüber, bis nachher." Damit haute er ab. Jimmy schaute sich um und wollte gerade in irgendeine Richtung losgehen, in der Hoffnung, dass er jemanden finden würde, den er grundlos zulabern konnte, als ihn Jessy zurückrief. "Warte doch mal, Jimmy!" "Was ist denn?", fragte er aufgebracht. Genervt sah er in den Himmel und würdigte Jessy keines Blickes. "Lauf doch nicht immer weg", sagte das Mädchen leise. "Was ist denn heute los mit dir? Du benimmst dich ganz seltsam." Jimmy stöhnte auf. "Wie kommst du denn auf so was?" "Du ignorierst mich schon seit zwei Stunden! Als ob ich gar nicht da wäre. Was ist los? Hab ich was falsch gemacht?" Eine Pause trat ein. Jimmy sah immer noch in den Himmel, sagte aber nichts. Er spürte Jessys traurigen Blick in seinem Rücken, hatte aber Angst ihr in die Augen zu gucken. "Tut mir leid", sagte er. "Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Ich bin etwas durcheinander." Jessy legte ihm die Hand auf die Schulter, riss ihn herum und schaute ihm tief in die Augen. Dann seufzte sie. "Es ist meine Schuld, oder?" Jimmy stockte der Atem. Ein Gefühl schlechten Gewissens überkam ihn, als er in ihre traurigen und sorgenvollen Augen sah. Sie gab sich selbst die Schuld, sie dachte, es wäre ihr Fehler! Es war aber nicht ihre Schuld, es war ganz allein seine. Nur weil er zu blöd war seine Eifersucht unter Kontrolle zu halten, machte sie sich jetzt Sorgen. Jimmy fühlte sich miserabel, er wollte sich innerlich zusammenschlagen, seine Sturheit ein für alle mal aus sich herausprügeln. Aber erst einmal musste er das hier wieder geradebiegen und sich entschuldigen, doch ehe er wusste, was er sagen sollte, sprach Jessy schon weiter: "Ich lasse dich einfach mal in Ruhe, o.k.? Ich hab das Gefühl, ich nerve dich zu sehr", sagte sie lächelnd. "Was ich auch immer getan hab, tut mir leid! Sag mir einfach bescheid, wenn ich etwas für dich tun kann." "Jessy..." "Jessy!!!" Das Pokémonmädchen drehte sich um. "Oh, Akane, da bist du ja endlich. Wo warst du die Pause über?" "In der Sporthalle, warum fragst du?" "Kennst du einen Hikaru Gosunkugi?" "Gosunkugi??? Ist das nicht einer der Blacks?" Vollkommen in ihr Gespräch vertieft machten sich die beiden Mädchen auf den Weg zu den Mädchencliquen. Jimmy blickte ihnen immer noch fassungslos hinterher, er hatte sie einfach gehen lassen... Genau das war es, was er an Jessy nicht verstand. Es war doch wohl eindeutig, dass er die Schuld an seinem Verhalten trug, oder nicht? Das war einfach zu eindeutig, dass er seine Gefühle und die Eifersucht nicht so gut unter Kontrolle hatte! Das stand beinahe schon mit roten Buchstaben auf den Wolken! Und Jessy hatte es auf sich bezogen! Dafür würde Jimmys Gewissen ihn heute noch erdrücken. Und anstatt mit ihr zu reden und sich zu entschuldigen hat er sie einfach gehen lassen! Und ihren Sorgen überlassen. Er fühlte sich miserabel. Schließlich war er jetzt verantwortlich für dieses Missverständnis, dass er wieder angerichtet hatte. Das war zum sich-die-Haare-ausreißen! Er fasste sich an den Kopf und setzte sich auf eine Mauer um einen der Bäume, und hätte es nicht geklingelt, hätte ihm wohl kein Friseur mehr helfen können... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die folgenden Stunden bis zur Pause waren auch nicht besser, dieses Mal war es Jessy, die Jimmy in Ruhe ließ und sich weigerte ein Wort mit ihm zu wechseln. Er sprach sie von sich aus auch nicht an, warum wusste er nicht. Er war sich nicht sicher, was er sagen sollte, und vor den ganzen interessierten, gesprächigen und weiterplappernden Schülern war es sowieso blöde. Jessy ließ sich gar nichts anmerken, sie laberte fröhlich mit ihren Freundinnen, lachte und ließ sich von Jimmy nicht erwischen, dass sie ihn beobachtete, trotzdem hatte er das Gefühl, dass sie sich schon um sein Wohlbefinden vergewisserte, wenn er selbst unaufmerksam war oder ihr den Rücken zukehrte. Nach diesen endlos langen zwei Stunden voller Schweigen gingen sie zusammen auf den Schulhof zu Ranma und schließlich in die Übungshalle, wo sie in der Mitte der Halle Tatewaki Kuno mit seinem Holzschwert in der Hand erblickten, der interessiert zu dem am Boden sitzenden Gosunkugi blickte. Hikaru Gosunkugi saß da im Schneidersitz über einem Umschlag voller Fotos gebückt und spielte nervös an einem Zipfel des Umschlags. "Letzte Woche", sagte er langsam und mysteriös, "habe ich heimlich Saotomes Schritte fotografiert." "Lass sehen", meinte Kuno und nahm die Bilder aus dem Umschlag, den Gosunkugi ihm reichte. Er betrachtete sie kurz und legte das Gesicht in Falten. "Heimlich, hm?" Gosunkugi nickte, und Kuno bückte sich zu ihm hin und schlug ihm gegen den Kopf. "Du Vollidiot! Er posiert auf jedem Bild!" Jimmy und Jessy schauten sich die Szene verblüfft an, Ranma entschied sich jedoch zu einem Sprung anzusetzen und landete aufrecht auf Kunos Kopf. "Was ist los, Gosunkugi", fragte er seelenruhig. "Warum hast du mich herbestellt?" "Was glaubst du eigentlich, wo du stehst?", fragte Kuno knurrend. Ranma hielt ihm nur den Brief vor die Nase. Jetzt trat Gosunkugi in Aktion: er holte hinter seinem Rücken eine Kiste hervor und aus der eine Menge schleimiger Tiere, Frösche, Käfer, Spinnen, Seesterne, Schnecken und sogar Schlangen in den verschiedensten Formaten. Ranma machte nur große Augen und guckte verwundert den Spinner an, während das ganze Vieh an ihm rumkrabbelte. Jessy machte ein "iih!". Gosunkugi grinste nur verstohlen. "Ich habe keine Schwäche gefunden, da wollte ich gucken, ob Saotome Angst vor ekligen Krabbeltierchen hat." Doch Gosunkugi hatte nicht bei der richtigen Person den gewünschten Erfolg. Statt Ranma brach Kuno auf einmal starr zusammen und regte sich nicht. Ranma ging von ihm runter und schaute zu Gosunkugi. "Ihr sucht meine Schwachstelle, hm?", fragte er mit leicht genervtem Lächeln. "Verschwendet keine Zeit, ich hab keine. Mir macht nichts Angst." "Lügner!", schrie Kuno plötzlich auf. Hüpfend und mit schlangenumwickelten Unterarmen sprang er um Ranma herum und schrie: "Lügner, Lügner! Sogar Tatewaki Kuno hat vor diesen Dingern Angst!" Ranma wich zurück. "Du hast wirklich Angst?" Jimmy erinnerte sich. Bei der Party hatte Ranma gestanden entsetzliche Angst vor Katzen zu haben. Jimmy hatte da einen Telepatiezauber an Ranma versucht, aus welchem seltsamerweise Katzenlaute hervorkamen. Ranma hatte daraufhin das ganze Zimmer fast verwüstet. "Ranma hat nur vor einer Sache Angst", sagte er deutlich. Sofort wurde Kuno und Gosunkugi seine Anwesenheit bewusst. Alle starrten ihn an, einige weniger oder mehr interessiert, vor allen Dingen Kuno. Jessy schaute ihn entgeistert von der Seite an, als ob sie ihn für einen nicht ganz dicht halten würde, doch Ranma wechselte seinen Gesichtsausdruck von genervt zu entsetzt. Jimmy lachte in sich hinein, da hatte er ihm doch einen Schrecken eingejagt... "Und das ist", fuhr er seelenruhig fort, "einzig und allein Akanes furchtbares Geschrei." Ranma, Gosunkugi sowie auch Kuno schauten Jimmy vollkommen verblüfft an. Ihre Gesichter, überlegte Jimmy fröhlich, waren ein wunderbarer Anblick, einfach zum Fotografieren. Ranma fing an zu lachen. "Stimmt, vor Akanes Doofheit hab ich echt manchmal Angst. Aber damit wirst du mich nicht schlagen können, Kuno." Damit zeigte er grinsend mit dem Finger auf ihn und lachte ihn aus. "Denn ich hab keine Schwachstellen. Tut mir leid." Jimmy staunte. Eben erst war Ranma die Sache relativ wütend angegangen und hatte auf ihre Fragen fast schon zurückgefaucht, als ob er befürchtete, sie würden es vielleicht doch rauskriegen. Aber jetzt hatte er gemerkt, dass er einen Freund hatte, der ihm half es geheim zu halten, und sah sichtlich beruhigter aus. Gosunkugi war dafür sehr enttäuscht, Kuno aber eher verärgert. "Du unverschämter, frecher, unsensibler! Wie kannst du es wagen Akanes heilige Worte als furchtbares Geschrei zu beschimpfen? Und wie kannst du nur ihre edlen Taten und ihren edlen Charakter als Doofheit empfinden? Das kann ich dir nicht verzeihen!" Damit richtete er sein Schwert auf Ranma, erblickte aber die immer noch um ihn gewickelten Schlangen und sackte versteinert wieder zu Boden. "Ts!", machte Ranma und lachte. "Akane ist und bleibt blöd wie Brot! Du willst meinen Schwachpunk wissen? Ich habe keinen Schwachpunkt, kapiert? Und wenn ich keinen sage, dann mein ich wirklich keinen! Lasst uns gehen, Jimmy." "Dann", stöhnte Kuno vom Boden. Langsam versuchte er sich aufzurappeln und die Schlangen abzuschütteln, sofern er sich bewegen konnte, als Ranma nochmals zurückschaute. "Dann... fürchtest du bestimmt keine Wette einzugehen?" "Eine Wette?", fragte der Martial Artist. "Genau. Wenn ich deinen Schwachpunkt finde, dann... findest du das Mädchen mit dem Zopf für mich." "Ts. Von mir aus, Kuno. Viel Spaß beim suchen." Damit ging er nach draußen, gefolgt von den beiden Dimensionsreisenden. Draußen war es immer noch schön, die Sonne schien vor sich hin, wie immer, und die Leute auf dem Schulhof spielten fröhlich oder standen in Grüppchen im Schatten des Schulgebäudes herum. "Was für Spinner." Jimmy und Ranma sahen sich an, sie waren beide einer Meinung. "Absolute Vollidioten..." "Und Kuno ist immer noch an deiner weiblichen Hälfte interessiert", schüttelte Jimmy den Kopf. "Sagt mal", überlegte Jessy. "Ist dieser Hikaru Gosunkugi irgendwie mit Gozo Gosunkugi verwandt?" Überrascht sahen sie die beiden Jungs an. "Darüber hab ich noch nie nachgedacht", meinte Jimmy. "Die könnten tatsächlich verwandt sein, die sehen sich sogar ähnlich. Und sie laufen beide mit einer Kamera herum." "Heißt das, Hikaru Gosunkugi könnte auch zu den Blacks gehören?", fragte Ranma. "Möglich wäre es. Und für wen will er deinen Schwachpunkt? Doch nicht nur für Kuno, oder? Jessy? Was hat Tasumo eigentlich gesagt? Hast du ihn verhört?" "Hab ich. Er sagte nur, dass er von dem Clan nichts weiß, außer, dass er angeblich existieren soll. Und Gozo wäre nur ein Freund. Was sie mit der Kamera vorhatten weiß ich nicht." Jimmy überlegte. Das war so ein Chaos von Unsicherheiten. Bisher wussten sie nur von Gozo sicher, dass er dazugehörte. Aber Hikaru? Bei seiner Dummheit war es viel zu wahrscheinlich, dass sie ihn gar nicht haben wollen. Gozo war auch nicht viel klüger, aber immerhin etwas. Schließlich hatte er auch seinen Namen im Versteck verraten, in der Hoffnung, ihr Plan würde aufgehen. Aber Akane und Xiaou hatten ihn pechlicherweise vereitelt und somit haben sie jetzt einen Hinweis, wo sie suchen können. "Das mit der Kamera ist bestimmt längst vorbei. Es war auch nicht die, die Hikaru dabeihatte. Wir müssten uns mal wieder bei Nabiki nach Gozo erkundigen." "Können wir mal wieder machen. Ich glaube ja fast, wir bekommen bald Rabatt", grinste Jessy. "Hey, da ist Akane!" "Jessy, halt!", schrie Ranma. Entsetzt drehte sich das Mädchen um, als er sie an den Hüften packte und mit ihr über ein Brett sprang. Als sie sicher auf der anderen Seite standen, stupsten sie das Holzstück an, welches sofort in sich zusammenbrach und eine ausgegrabene Fallgrube preisgab. "Iih, was ist das?", kreischte Jessy. "Mitten auf dem Schulhof? Wer macht denn so etwas?", wunderte sich Jimmy. "Sicherlich Gosunkugi", sagte Ranma bestimmt. "Das passt zu seiner Doofheit! Davor hat doch keiner Angst!" ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Zuhause war das Essen beinahe fertig, als die vier dort aufkreuzten. Akane und Jessy machten sich sofort daran Kasumi in der Küche etwas zur Hand zu gehen, während Ranma beschloss erst mal eine Dusche zu nehmen und den ganzen Schleim der Kleintiere von sich abzuwaschen, der langsam fürchterlich zu stinken anfing. Kurz nach seinem Verschwinden stürmte Nabiki durch die Tür, grüßte Jimmy freundlich und rief ein "Hallo" in die Küche, danach war es still. Jimmy beschloss ein bisschen im Dojo zu trainieren und, was er schon den ganzen Tag machen wollte, seine Dummheit und Eifersucht endlich zu verkloppen. So ging er über die Terrasse an den wie immer Shogi spielenden Vätern vorbei zum Tendo-Dojo und suchte sich Akanes Dummys. Er stellte sich zwei Stück nebeneinander, schrie einmal auf und schlug zu. Die beiden Holzfiguren schwankten unter den Handkantenschlägen und Fußtritten hin und her und drohten umzufallen, während Jimmy sein Tempo immer weiter erhöhte und fast schon in Ranmas Amagurikengeschwindigkeit auf die beiden einschlug, dass es nur so krachte. Mit verkrampften Gesicht nahm er sich plötzlich nur noch einen vor und umkreiste ihn, schlug und trat brutal zu, immer wieder, dass er ihm einen Arm zerschlug, ein Bein verkrüppelte und den Kopf mit einem Roundkick vom Hals feuerte. Kaum das der erste Dummy den Halt verlor und zu Boden stürzend aufgab, machte sich Jimmy schon daran den zweiten zuzurichten. Er schlug mit der bloßen Hand Kerben in den Holzkörper, brach ihm wieder sämtliche Beine und trat ihn mit einem finalen Tritt aus der Fassung, dass der Dummy auf dem Boden aufschlug und zerbrach. Jimmy schnappte keuchend nach Luft, wischte sich über die Stirn und sah sich seine beiden Opfer an. Sie waren fast so zerstört wie nach einem Angriff von Akane, dachte er grinsend. Jetzt fühlte er sich um einiges besser, auch wenn der Schweiß wie ein Wasserfall an ihm herunterrann, er fühlt e sich tatsächlich, als hätte er den unbrauchbaren Teil seines Gehirns rausgeschlagen. Schwer atmend blickte er auf seine Hände und schluckte. Sie waren teils blutunterlaufen, teils blaugeschlagen, und zudem konnte er nicht sagen, wie sie sich anfühlten. Alles, was er spürte, war ein großer Schmerz, der jetzt in der Pause immer intensiver wurde. Es war, als ob seine Hände das innere einer laufenden Zerkleinerungsmaschine besichtigt hätten. Sie waren es ja auch nicht gewohnt. "Autsch", ächzte er und schnappte nach Luft. Das tat höllisch weh. Stöhnend setzte er sich auf den Boden, klemmte sie sich unter seinen Hintern, um den Schmerz zu erdrücken, und streckte seine Beine aus, damit das Blut besser in sie nachfließen konnte. Zumindest sah er sie ausgestreckt, auch von seinen Füßen spürte er nichts außer Schmerzen. Eine Weile saß er da, bis er wieder zu Atem kam und seine Hände zu Pochen begannen. Sie waren ihm eingeschlafen, und er hatte es überhaupt nicht bemerkt. Stöhnend stand er wieder auf. "Oha, ich hab die Dinger so zerschmettert?" Über seine Kraft verwundert und immer noch kaum glaubend bestaunte Jimmy nochmals die beiden Dummys und schob sie mit dem Fuß zur Seite. Das hatte ihm gefehlt, dass er sich mal so richtig auspowern konnte. Kurz überlegte er, ob er die Holzklötze wieder zusammenbauen sollte, falls das ging, oder sie im übermaß vorhanden waren und deswegen die benutzten nur entsorgt wurden, und ob er das nach der Dusche oder dem Essen wegräumen sollte, als er eine wohlbekannte Stimme hörte: "Der Idiot Saotome!" Jimmy drehte sich zum Ausgang. Das war eindeutig Hikaru Gosunkugis Stimme! Was zum Teufel machte er hier? Suchte er etwa immer noch nach Ranmas Schwachstelle? "Der Idiot Saotome! Der Idiot Saotome!" Jimmy riss die Tür vom Dojo auf, lief nach draußen und erstarrte. Gosunkugi stand mit einem Hammer in der Hand neben dem Haus und hämmerte eine Voodoopuppe an einen Baum. Zum Schluss schlug er sich auf seinen Daumen und ächzte. "Verzeihung", meinte Mr. Tendo, der mit Genma auf der Terrasse saß. "Was machst du in meinem Garten?" "Oh", machte Gosunkugi, als ob er sich dessen gar nicht bewusst wäre, dass er in einem fremden Garten saß, und grinste wieder mal verstohlen. "Äh... hallo." Da ging plötzlich die Terrassentür auf und Akane kam hindurch. "Essen ist fertig. Oh, haben wir einen Gast? Bist du nicht Hikaru Gosunkugi? Was machst du hier?" "Akane..." Der Junge mit der Voodoopuppe sah sie vollkommen verträum an, dann fasste er sich an die Backen und strahlte von Ohr zu Ohr in die Luft, dass ihn die drei auf der Terrasse sowie auch Jimmy vor dem Dojo nur verblüfft anschauten. "He, Gosunkugi!" Hikaru drehte sich um, ohne die Pose zu ändern, und schaute nach oben zu Ranma, der vom Baum baumelte. "Da du dir solche Mühe gibst", lächelte der freundlich, "verrate ich dir meine Schwäche." "Echt?" "Mhm!" "Was sagst du? Lauter", sagte Gosunkugi und kam mit seinem Kopf Ranma näher. "Ich-" Der Martial Artist schrie mit voller Kraft hindurch, dass sich Gosunkugis Ohren weiß färbten. Grinsend setzte sich Ranma auf dem Ast auf und zeigte den Daumen hoch, während er mit der anderen Hand auf den versteinerten Jungen zeigte. In diesem Moment klingelte es. Ranma, sowie Jimmy, Akane, Soun und Genma machten sich auf den Weg nach drinnen, wo das Essen schon auf dem Tisch stand und einen wohlriechenden Duft verströmte. Kasumi kam mit dem letzten Topf aus der Küche und stellte ihn auf den Tisch, Jessy kam mit Shampoo an der Hand von der Eingangstür. "Darf sie mitessen?", fragte das Pokémonmädchen. "Aber natürlich", lächelte Kasumi. "Shampoo ist bei uns immer willkommen." "Zumal wir sie meistens auch nicht davon abhalten können", erwiderte Nabiki kalt. "Was war denn draußen los, Akane?", fragte Kasumi. "Ah, da war dieser Hikaro Gosunkugi, der wohl hinter Ranmas Schwachpunkt her ist." "Voodoonadel Gosunkugi", schüttelte Nabiki den Kopf. "Der isst aber nicht mit!" Das Mahl war mal wieder wundervoll, wie Jimmy es von Kasumi gewohnt war. Es gab eine Art Bambusgulasch mit Reis, dazu Ente in einer superleckeren, leicht pikanten Soße. Jimmy hantierte sich mit den Stäbchen so gut er konnte vorwärts, er hatte mittlerweile Übung darin. In seiner zweiten Dimension hatte er zum letzten mal Messer und Gabel benutzt, seit dem übte er sich mit dem neuen Besteck und konnte das mittlerweile sogar schon ziemlich gut, zumindest ausreichend um nicht aufzufallen. Wie man damit schnell essen konnte, oder sich viel in den Mund stopfen konnte, bevor man fertig mit dem kauen war, wüsste er selbst nicht, er hatte es bisher auch nur einmal geschafft. Diese Mahlzeit war ausnahmsweise nicht so chaotisch wie sonst immer. Ranma und Genma fraßen erst die Nachschübe weg, bevor sie anderen etwas vom Teller klauten, Akane unterhielt sich mit Kasumi, Nabiki rechnete, Shampoo, Jessy und Jimmy saßen nur still und nachdenklich herum. Nach dem Essen stand Shampoo sofort auf und bedankte sich. "Ich wollte mich eigentlich nur verabschieden. Ich reise wieder nach China." "Was ist denn los?", fragte Akane. "Ryoga ist noch nicht aufgetaucht", erklärte Jessy. "Immer noch nicht. Und keiner weiß, wo er ist." "Bestimmt wieder in Spanien", überlegte Jimmy. "Auf den Mond kommt er ja so noch nicht", sagte Ranma belustigt. Shampoo ignorierte beide. "Ich gehe jetzt nach China, ich weiß nur nicht, wie." Alle verstummten. Shampoo sah aus, als ob sie gleich losheulen würde. "Ich will nicht wissen, was Urgroßmutter sagt", fuhr sie fort. "Ich habe Ehre von Dorf nicht wieder hergestellt, ich habe Xiaous Aufgabe nicht erfüllt, und ich habe Ehemann verloren. Ich will echt nicht wissen..." Damit drehte sie sich um und ging mit hängendem Kopf zur Tür. "Warte, Shampoo!" Jimmy riss sich auf die Beine. Er wusste, dass er Shampoo nicht aufhalten konnte, denn sie musste zurück. Aber das ganze Missverständnis war doch zum großen Teil seine Schuld. Er war es, der die Ehre der Amazonen verletzt, Shampoos Todeskuss verhindert und das Dorf mit dem unechten Pokéball veräppelt hatte. Außer der Sache mit Ryoga trug er allein die Verantwortung dafür. Und es gab nur eins, wie er das wieder gut machen konnte, ohne dabei drauf zu gehen. "Ich komme mit dir." "Was?", fragte Shampoo leise und ungläubig. Eine unheimliche Stille entstand im Raum, kaum einer wagte es laut zu atmen, geschweige denn etwas zu sagen. Sie sahen alle nur zu Jimmy, erstaunt über seine spontane Idee. "Was?", wiederholte Jessy. "Was?", schrie Akane los. "Jimmy, do Idiot! Warum gehst du immer so sorglos mit dir selbst um? Hier machen sich einige Leute Sorgen um dich! Und du bringst dich jedes Mal in Schwierigkeiten!" Mit diesen Worten stapfte sie um den Tisch herum und auf Jimmy zu, doch der fasste ihr an die Schultern und bremste sie ab. "Es war meine Schuld, was passiert ist", erklärte er. "Ich werde mich stellen müssen, sonst wird mich das noch ewig weiterverfolgen! Ich hab das ganze Amazonendorf verarscht! Du hast doch gesehen, das werden sie nicht auf sich sitzen lassen! Außerdem muss ich über die Blacks etwas herausfinden, und ich glaube, dort werde ich etwas finden." Er ließ sie los, streifte ihre Hand von seiner Schulter und drehte sich aufatmend zu Shampoo. "Wir können los." "Kann ich mitkommen?", fragte Jessy mit einer traurigen Stimme. Jimmy drehte sich verwundert um. Irgendetwas in ihm regte sich, etwas sprang in die Höhe, er wollte es kaum glauben. "Du willst mitkommen? Und was ist mit der Schule?" "Die lässt du auch ausfallen, also kann ich es auch tun." "Und... am Mittwoch triffst du dich doch mit Tasumo!" "Den sehe ich ständig. Und auf dich muss ich aufpassen." Sie grinste. "Sonst machst du wieder Unfug." "Ich?" Jimmy seufzte. "Okay... aber-" "Na also", freute sich das Mädchen. "Ich packe nur noch etwas Kleidung ein, dann geht's los. Und etwas Geld sollten wir auch mitnehmen." "Jessy, Kleidung wird in dieser Welt doch nicht dreckig", sagte Jimmy. "Nur so, wer weiß. Vielleicht wollen wir mal anders aussehen, hm?" Grinsend drehte sie sich zur Treppe. "Und ihr wollt wirklich alleine gehen", fragte Akane. "Ihr wisst doch, was euch da erwartet. Sollen wir nicht mitkommen?" "Nein, Akane", grinste Jessy und zwinkerte ihr zu. "Das schaffen wir schon." Mit diesen Worten lief sie die Treppe hoch und ließ einen Haufen verwunderter Leute zurück. Jimmy war erleichtert, dass sie trotzdem mitgekommen wollte, obwohl er sich so schlecht verhalten hatte. Und zum Glück hatte sie vergessen, dass sie ihn in Ruhe lassen wollte. So konnte er das noch mal klären, jetzt hatte er etwas Zeit dazu. Und er würde die ganze Zeit lieb zu ihr sein, das musste er sich jetzt schon selbst versprechen. Dann lief er ihr nach und einige Minuten später kamen sie mit einem kleinen Rucksack und einer kleinen Handtasche wieder herunter. "Auf ins Abenteuer!", rief Jessy erfreut. "Auf in die chaotischen Auseinandersetzungen", rief Jimmy, immerhin fast genauso erfreut. "Auf zum Amazonendorf!", sagten die drei in ihren jeweiligen Stimmungslagen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es dauerte keine drei Tage, bis die drei die Küste erreichten. Gleich nach dem Aufbruch hatten sie sich eine Landkarte gekauft und den schnellstmöglichen Weg genommen, der nur zu finden war. Er führte sie über Landstraßen und durch kleine Wälder, und das gute Wetter begleitete sie ständig. Am dritten Tag fing es allerdings an zu regnen, was nicht weiter schlimm war, da Jessy sich schließlich an die Schnellstraße stellte und mit ihrer süßen Figur Autofahrer anlockte. So fuhren sie per Anhalter fast bis zum Hafen. Am Abend stolzierten sie ins Gebäude um im warmen darüber nachzudenken, wie sie über den großen See kommen sollten, für drei Schiffstickets reichte ihr Geld nämlich nicht aus. Schließlich setzten sie sich draußen unter einen Baum und beobachteten die von den Blättern der Bäume fallenden Regentropfen. Es war schon dämmerig, dennoch zeigte sich die Sonne ein letztes Mal am Horizont und bot einen faszinierenden Untergang. "Ist das nicht schön?", fragte Jessy träumerisch. Die anderen beiden nickten. Der glühende kleine Ball beschoss sie mit dem letzten Rest seiner Lichtteilchen, welche er für den Rest der Stadt nicht mehr brauchte. "Ist das Wasser nicht auch wunderschön?", fragte Jimmy als Antwort. Beide Mädels drehten sich zu ihm um. "Hast ja recht, wir müssen da irgendwie rüber", bestätigte Jessy. "Nur wie?" Jimmy überlegte. Zu schwimmen wäre es etwas weit. Aber Tickets bekamen sie nicht. Wie waren sie letztes mal rübergekommen? Nach der Aktion im Amazonendorf? Er konnte sich tatsächlich nicht mehr erinnern, obwohl es nicht einmal lange her war, und obwohl man solch eine Aktion auch nicht einfach so vergessen sollte... "Was hast du eigentlich gemacht, um hier rüber zu kommen, Shampoo?", fragte Jessy die Amazone. "Ich? Ich bin... geschwommen... mit Xiaou." "Nasse Angelegenheit", stellte Jimmy fest. "Aber zum Training eigentlich keine schlechte Idee. Solange wir nicht untergehen oder erfrieren..." "Oder wollen wir doch an Bord eines der Schiffe? Es passt doch in der Nacht keiner auf, oder?", fragte Jessy. "Hm..." Jimmy grübelte. "Wenn sie uns auf der Fahrt entdecken, werfen sie uns nicht raus. Sie kehren wegen uns auch nicht um. Wir werden allerhöchstens das Deck schrubben müssen." "Du machst uns unsichtbar, dann schaffen wir das schon! Oder du machst Illusionen von den Tickets." "Illusionen?", fragte Shampoo verwundert. "Was für Illusionen?" Jessy verstummte und grinste verstohlen zu Jimmy. Der zuckte mit den Schultern. "Erklär du es ihr mal." "Okay, du weißt ja noch gar nicht bescheid!" Shampoo guckte verwundert zwischen Jimmy und Jessy hin und her. "Also pass auf: Jimmy ist ein Magier. Hauptgebiet Illusionen. Er beherrscht auch andere starke Zauber, doch zieht er es vor seine Gegner zu verwirren. Erinnerst du dich, im Krankenhaus? Der Feuerball?" Shampoo guckte sie eine Weile irritiert an, bevor sie verstand. "Das heißt... das war nicht echt?" "Nein", sagten Jimmy und Jessy wie aus einem Mund. "Dann... war dieser Ball, den du uns gegeben hast, als Tausch für deine Freilassung... auch nicht echt?" "Nein, der auch nicht", sagte Jimmy verlegen und guckte zu Boden. Die Amazone erstarrte und sah ihn wütend an, ohne was zu sagen. Jimmy entfernte sich sicherheitshalber einige Millimeter von ihr, doch dieses Mal attackierte sie ihn nicht und wollte ihn nicht gleich gnadenlos umbringen, sie starrte ihn stattdessen kalt von der Seite an. Ihm war etwas unwohl in seiner Haut. Das hätte er ihr natürlich viel früher gestehen sollen. Schließlich atmete er tief durch und fing an sich lauthals zu wehren: "Was hätte ich denn machen sollen? Ihr hättet uns doch getötet, wenn..." "Wieso sollten wir euch töten? Das war einzig und allein mein Kampf!" "Aber der Todeskuss! Ihr seid doch sonst so feindselig gesonnen! Außerdem war deine Mutter da." Shampoo schüttelte den Kopf. "Es war trotzdem mein Kampf. Du hast nur Aufsehen erregt, weil du dazwischengegangen bist. Den Kampf haben wir immer noch nicht ausgetragen! Das können wir jetzt sofort machen!" "Quatsch", ging Jessy zwischen. "Reg dich ab, Shampoo. Das war ein Missverständnis, und auch wenn es gegen eure Tradition verstößt, so müsst ihr doch unsere zu verstehen lernen und Probleme friedlich lösen können." Jimmy nickte. "Wir wollten Ärger vermeiden. Ging halt schief..." Shampoo beruhigte sich tatsächlich wieder, entspannte ihre Muskeln und drehte sich weg. "Und er hat uns immer noch nicht gesagt, warum er unsere geheime Technik kennt." "So geheim ist sie nicht", sagte Jimmy. Das stimmte sogar, es war nämlich hauptsächlich zur Übung der allgemeinen Schnelligkeit gedacht, und Cologne hatte im Manga, den er vor so vielen Jahren über diese Welt gelesen hatte, Ranma die Technik vorgeführt. "Nun, ich glaube kaum, dass du verstehen wirst, woher ich die Technik kenne. Vielleicht erzähle ich es dir im Amazonendorf." Eine Stille legte sich. Shampoo guckte betreten zu Boden, Jimmy und Jessy betrachteten sie eingehend. "Noch eine Kleinigkeit, Shampoo", fuhr Jimmy fort. "Wer ist Xiaou, und warum kämpft sie an deiner Seite?" "Xiaou ist eine der großen vier Matriarchinnen. Das hat sie doch schon gesagt!" "Sie ist eine Matriarchin?", fragte Jessy verdutzt. "Ich dachte, die wären älter." "Stimmt. Mit 34 ist sie die jüngste Matriarchin, die es bisher gegeben hat." "34?!?", fragte Jimmy. "Du verarscht uns doch, sie sieht aus wie sechzehn!" "Sie hat irgendein magisches Artefakt, damit sie jünger bleibt. Denn ein junger Körper ist immer agiler als ein gebrauchter." "Interessant", stimmte Jimmy zu. "Aber Cologne ist doch auch alt und sie kämpft ziemlich gut." Shampoo starrte ihn verblüfft an. "Woher weißt du, wie sie kämpft?" "Äh... das war nur eine Vermutung..." "Dieses Artefakt", fing Jessy an, "kann es euch auch unsichtbar machen?" "Ja, kann es, aber nur kurz. Vielleicht fünf Minuten..." "Für fünf Minuten muss ich eine ganze Menge Astralenergie verschwenden", meinte Jimmy. "Und das mit dem Jung halten... na ja, das klappt auch so..." Shampoo schaute ihn wieder einmal verwundert an. "Wie?" "Sag mal, Shampoo", unterbrach Jessy wieder mal. "Kennt ihr die Blacks?" "Die Blacks?" "Weil Jimmy in ihr Geheimlager eingedrungen ist, oder das der Whites, und die Blacks dort gewartet haben. Jedenfalls meint er, Xiaou wäre dort aufgetaucht und hätte ihm aus der Patsche geholfen. Sie war allerdings unsichtbar." "Sie hat mir etwas ins Ohr geflüstert, daher hab ich sie erkannt", ergänzte Jimmy. Shampoo nickte verstehend. "Heißt das, ihr kämpft auch gegen die Blacks?" Beide verstummten für eine Sekunde, woraufhin aus ihnen gleichzeitig ein "Auch?" herausplatzte. "Ja, Xiaou sucht schon lange nach ihrem Anführer. Der heißt Silver und ist wohl sehr stark. Außerdem ist er wirklich skrupellos und bereit jeden grundlos zu töten, wenn er ein Ziel erreichen will." "Was für ein Ziel denn?" "Er will, glaube ich, alles magische von dieser Welt verschwinden lassen." "Und warum?", fragte Jessy, sichtlich besorgt. "Ich hab keine Ahnung. Es ist nicht meine Aufgabe." "Also auch eure magischen Artefakte?", fragte Jimmy. "Auch unsere magischen Artefakte..." Sie verfielen wieder in Schweigen und beobachteten den Sternenhimmel, der nach dem Sonnenuntergang in seiner ganzen Pracht erstrahlte. Es war während ihres Gesprächs schnell dunkel geworden, ohne dass sie es bemerkt hatten. Jimmy und Jessy legten sich ins Gras, während Shampoo immer noch dasaß und in die Ferne blickte. Schade, dass sie kein Zelt mitgenommen hatten, überlegte Jimmy. So schlau waren sie nicht gewesen, als sie aufbrachen. So mussten sie auch heute, wie nach den letzten beiden Tagen, im freien, im Gras, übernachten. Aber das war auch ganz schön, so saßen sie da und schauten dem kleinen bisschen Licht der Sterne und des auf Neumond zugehenden Mondzipfels entgegen. Es war wirklich wunderschön, richtig romantisch... "Training?", schlug Jessy plötzlich vor, drehte sich zu Jimmy und schaute ihn mit ihren lieben Äuglein an. Jimmy nickte und richtete sich wieder auf. Er selbst hatte keine Astrale Energie mehr, oder nur sehr wenig. Es hatte sich mittlerweile etwas angesammelt, in der Natur ging es ja etwas schneller, da alle Lebewesen Astralenergie hatten und sie teilten, es war aber noch nicht genug um größere Zauber als Illusionen auszuführen. Aber er brauchte ja auch nicht zu üben, sondern Jessy. Sie setzten sich wieder einmal voreinander und konzentrierten sich, beide mit voreinander haltender Hand, die mit der Handfläche nach oben zeigte. Jimmy fing Jessy wieder an zu erklären, dass sie sich entspannen sollte, ihre Augen schließen und ihre Wärme in die Hand leiten sollte, ganz langsam und ganz ruhig, so wie sie es als Pokémon instinktiv machte. Shampoo sah nur dabei zu, wie über Jessys Hand langsam die Luft verwischte, wie über einer Flamme. Das Licht, welches dort durchfiel, wurde vollkommen verzerrt, es war aber noch nichts zu erkennen. Schließlich fasste sie mit der Hand hinein und zog sie schnellstmöglich wieder raus. "Aua!", rief sie aus und deutete mit der anderen auf das verzerrende Luftgemisch. "Das ist ja wirklich heiß da drin, wie macht ihr das?" "Das ist Magie", sagte Jimmy nur. Jessy grinste leicht, konzentrierte sich aber weiter. "Ich hab davon gehört", fuhr Shampoo unbeirrt fort. "Xiaou kann das auch. Einen kleinen Feuerzauber. Außerdem kann sie Ki-Blasts." "Kannst du sie nicht, Shampoo?" "Ich? Nein, ich beherrsche bisher lediglich die normale Kampfkunst. Aber..." Jimmy schielte zu ihr rüber, während er Jessy an die Hand fasste, um ihre Wirkung zu erhöhen. "Aber?" "Ich würde es gerne lernen", sagte Shampoo mit flehendem Blick. Lachend sah er sie an. "O.k., wir haben ja noch ein paar Tage zeit, bis wir im Amazonendorf sind." "Aber erst mal müssen auf ein Schiff", erinnerte Jessy. In diesem Augenblick bewegte sich Hitzefleck von ihr Weg, als ob sie ihn mit ihrem Atem wegpusten würde. Jimmy wich ihm aus und er verpuffte hinter seinem Rücken. "Du hast recht, lass uns versuchen uns auf irgendeinen Kahn zu schleichen", sagte der Junge und stand auf, um den Mädchen hoch zu helfen, und schließlich machten sie sich auf dem Weg zum Hafen, und Jimmy daran Jessy mehrmals zu loben und ihr Hinweise zum Training zu geben. Der Hafen war fast schwarz vor Dunkelheit. Sie suchten das Schiff, auf welches die Frau am Schalter am Abend gezeigt hatte, als sie gefragt haben, welches Schiff auf die andere Seite tuckerte. Es waren insgesamt nur drei Schiffe da, wovon eins sowieso in einer Woche erst abreisen würde. Ihr Schiff war ein kleines Transportschiff, für die Touristen, sowie einige von ihren Autos. Sie stellten sich vor ein Tau, fragten sich noch mal, ob sie das wirklich tun wollten, und kletterten schließlich bis auf das Deck. Oben schauten sie sich noch einmal den Sternenhimmel an, erzählten sich noch einige Geschichten und fragten sich gegenseitig nach ihrer Kindheit aus, wobei Jimmy die dritte Dimension wieder mit "weit weg" umschreiben musste. Dann suchten sie sich ein Versteck zum schlafen, wo sie morgen unentdeckt bleiben konnten, zumindest, bis einige Passagiere an Bord waren. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Schifffahrt war einfacher, als sie gedacht hatten. Als am nächsten Morgen die Leute auf das Schiff gelassen wurden, füllte sich das Deck so schnell, dass Jimmy, Jessy und Shampoo keine Probleme mehr hatten unterzutauchen. Den ersten Tag verbrachten sie damit das Schiff zu erkunden, sich ein Karten- und ein Brettspiel zu kaufen und sich gegenseitig Spiele beizubringen. So lernten die beiden Dimensionswechsler endlich mal das berühmte Shogi, das Lieblingsspiel der Väter von Ranma und den Tendomädchen, kennen. Es war ein bisschen mit Schach vergleichbar, genauso komplex und strategiereich, aber ein bisschen lustiger. Später setzten sie sich dann in ein Restaurant und ließen sich neue Fressikalien servieren, da ihre eigenen ausgegangen waren. Die Nacht machten sie durch, da zu viele Leute ständig auf dem Deck herum liefen und, wie sie selbst, die Sterne und das düstere Wasser beobachteten. Sie hatten eben keine Kabinen, um vor dem Lärm und den verwunderten Leuten zu fliehen. Am nächsten Morgen waren sie so müde, dass sie sich Liegestühle suchten und so taten, als ob sie sich sonnten, in Wirklichkeit aber schliefen. So ging auch der zweite Tag schnell vorüber. Abends wurden sie schließlich durch irgendwelche Ansagen geweckt und vom Schiff gelassen, sie waren in einem kleinen Dorf namens Nachodka und endlich auf der anderen Seite. Vor allen dingen waren sie aber noch total fit und wollten nicht schlafen gehen, deshalb trainierten sie die Nacht über ihre magischen Kräfte und weihten sogar Shampoo darin ein. Jimmy bemerkte schnell, dass sie magisch eigentlich unbegabt war, er konnte ihr aber doch die Ki-Blasts beibringen, soweit er von Ranmas Erkärungen noch etwas in Erinnerung hatte und sich die passenden Übungsmöglichkeiten ausdachte. Shampoo konnte sich lediglich nicht auf eine Emotion festlegen. Sie probierte es mit Wut, Ruhe, Ham, Depression und mit Stolz, sie war allerdings noch immer verwirrt und traurig wegen Ryoga und der Sache mit Jimmys Verarschungen. Bei den Übungen war das deutlich zu spüren. Und diese Emotion störte die anderen. Jimmy hatte überlegt ihre Trauer als Emotion zu verwenden, allerdings war sie eine sehr schwache und nicht leicht einzusetzende, und ihre unvorhersehbaren Auswirkungen waren keinesfalls etwas, womit sich Jimmy überraschen lassen wollte, deshalb ließ er es. Zum Schluss brachte sie ihre Hand zu einem kaum merklichen leuchten. Am nächsten Morgen machten sie sich auf den Weg, denn es war doch ein ganz schönes Stückchen bis nach China. Nachodka lag in Russland nordöstlich der Grenze zu China und war auf der Ostseite Russlands der südlichste Punkt, den man noch als Stadt bezeichnen konnte. Shampoo schätzte es, bei ihrer Geschwindigkeit, auf knapp über zwei Wochen nach China. Die Landschaft war hier allerdings viel schöner, es gab große Wälder, große Wiesenflächen und von Zeit zu Zeit sogar einige kleine Berge, über die sie klettern mussten, doch das beste an alldem war, dass die Natur noch vom Teer und Zement der Zivilisation unberührt war. Das einzige, was sie fanden, waren kleine Hütten und Feldwege, selten stießen sie auf etwas größeres. Aus diesem Grund bastelten sie sich auf die schnelle einen Jagdbogen und schossen damit Hasen und anderes Kleinvieh ab, von dem sie sich ernähren mussten. Der Bogen hielt allerdings nicht sehr lange, deshalb stockten sie in der ersten kleinen Stadt, die sie fanden, ihre Vorräte auf und füllten ihren Rucksack mit tausend Sachen, sogar ein Zelt hatten sie sich besorgt. Jimmy musste sich wieder einmal mit seinem Übersetzer durchschlagen, aber es ging. So reisten sie tagsüber immer und übten Abends ihre verschiedenen Kampf- und Zaubertechniken. Kurz vor der Grenze Chinas stießen sie auf eine etwas größere Stadt und beschlossen zu Hause anzurufen. Akane ging mit einem fröhlichen Hallo ran. "Wie die Sache mit Ranma und Gosunkugi ausgegangen ist? Na ja, der Trottel hat eine ganz schöne Show abgezogen." "Erzähl", befahl Jessy. "Also gut." Akane atmete tief ein. "Gosunkugi hat irgendwie Ranmas Schwäche herausbekommen. Vielleicht in der Nacht, als wir darüber geredet haben. Du weißt ja, er spioniert ohne Ende. Und da hat er sich 'ne Falle ausgedacht, indem er sich in mich verkleidet hat und Ranma angelockt, der Idiot ist natürlich drauf reingefallen und in eine Fallgrube voller Katzen gefallen. Zunächst hat er gelacht und die Angst zu kontrollieren versucht. Dann hat Gosunkugi den Tiger rausgeholt, da ist Ranma ausgeflippt. Er hat sich nämlich..." Akane lachte kurz auf. "... in eine Katze verwandelt. Nur innerlich natürlich, aber es sah schon witzig aus, wie er herumgesprungen ist. Er hat alles zerfetzt, Bäume, Kuno, alles. Ich hab ihn schließlich mit Katzenminze eingefangen. Und dann... na ja dann..." "Was dann?", fragte Jessy. "Ähm, das erzähl ich dir, wenn du wieder da bist. Und danach hab ich ihm eine rübergehauen..." "Aha", grinste Jessy verstehend. "Und wie geht's euch so?" "Super. Wir haben uns auf ein Schiff geschmuggelt und sind über den Ozean gedüst, jetzt sind wir kurz vor der chinesischen Grenze." Jessy erzählte Akane ihre Reise in allen Details, ihre Magieübungen mit Shampoo, ihre neugelernten Spiele, die ganzer Landschaft auf diesem, größerem, Inselstück. Die Amazone hörte sich zusammen mit Jimmy dicht an Jessy gedrängt Akanes Kommentare und später die sich wiederholenden Erzählungen von ihr an und regten Jessy an dieses und jenes noch zu erzählen. Danach reisten sie wieder weiter, bis sie, kurz nachdem sie in China eingereist waren, mitten am Tag von einem stürmischen Regenschauer überfallen wurden, dass sie sich einen Unterschlupf in Form einer Höhle suchen mussten. Das, was sie fanden, war nicht wirklich eine Höhle, es war eher ein großer flacher Stein auf zwei anderen Steinen gestellt, so dass sie eigentlich ziemlich kurz war und zwei Eingänge hatte, doch es bot genügend Schutz und reichte für die drei. Sie waren jetzt auf einem kleinen Berg, oder besser gesagt, einen steinigen Hügel und sahen vor sich einen kleinen Abhang und eine große Grünfläche mit einigen Bäumen, und dahinter einen großen Wald, hinter welchem, so meinte Shampoo, das Amazonendorf lag. "Zwei Tagesmärsche", sagte sie, während sie sich unter dem Stein verkrochen, "und wir sind da." Sie machten sich ein kleines Feuerchen aus den morschen Stöckern, die in dieser Gruft herumlagen und wärmten sich daran. Zwischendurch schauten Jimmy und Jessy immer wieder zu Shampoo, die immer noch trübselig herumsaß und kein Wort sagte. Jessy stupste Jimmy leicht von der Seite an und schüttelte den Kopf. Jimmy nickte. Man konnte es ihr nicht verübeln, es war ziemlich hart für sie, dass sie ihren Verlobten innerhalb weniger Tage verloren hatte. Scheinbar hatten sich die beiden wunderbar verstanden, jetzt zerriss es ihnen das Herz... obwohl, Ryoga auch? Er machte sich bestimmt wegen seiner Fluchform und Orientierungslosigkeit ziemliche Vorwürfe. Trotzdem mussten sie Shampoo etwas aufheitern, es tat ihnen mittlerweile nicht mehr nur leid, es ging ihnen auf die Nerven. "Wo Ryoga wohl ist", fragte Jessy ins leere. Eine kurze Stille trat ein. Jimmy wusste nicht, was er antworten sollte, ohne sich zu wiederholen, und überließ es seinem Mädchen. Shampoo schaute nur wieder traurig zu ihr rüber. "Aber Ryoga ist hart, den bringt nichts aus der Rolle", fuhr sie fort. "Vielleicht ist er ja tatsächlich wieder in Spanien und lässt es sich dort gut gehen..." Shampoo guckte verwundert zu Jessy rüber, rührte sich allerdings nicht. Sie war sich nicht sicher, was Jessy damit erreichen wollte, und wusste auch nicht, was sie darauf antworten sollte. Das Pokémonmädchen atmete auf und lächelte Shampoo an. "Du machst dir Sorgen, oder? Magst du ihn sehr?" "Er wird mein Mann, da muss ich ihn lieben", antwortete Shampoo. "Und tust du es auch?", fragte Jessy weiter. Die Amazone nickte etwas unsicher. "Ja, ich glaub schon. Er ist anders, als die anderen Jungs, die ich bisher kennen gelernt habe. Er ist so... er war so... glücklich..." "Jetzt ist er bestimmt frustriert", wandte Jimmy ein. "Er war auf jedem Fall glücklich mit dir zusammen zu sein, ich kenne ihn doch. Jetzt ärgert er sich, dass er dich nicht mehr sehen kann, hat aber Angst dir die Wahrheit über seine Fluchform zu sagen. So ist Ryoga eben." "Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen", meinte Jessy. "Ryoga reist so viel, der hält alles aus. Er kommt sicherlich bald zurück, er hat doch bestimmt schon Sehnsucht." Shampoo nickte erneut, etwas beruhigter, und schaute wieder betreten zu Boden. Schließlich lächelte sie erleichtert. "Vielleicht habt ihr recht, ich sollte mir echt nicht allzu viele Gedanken darüber machen." Alle drei nickten und verstummten wieder. So saßen sie eine Weile und ließen Shampoo in Ruhe. Sie legten die letzten Stöcker ins Feuer, als es plötzlich raschelte und ein Geräusch von rieselnden Steinchen folgte. Kurz darauf stürmte eine völlig durchnässte Amazone in ihr Versteck, die völlig baff vor ihnen halt machte und leicht zitternd laut "Xian-Pu?" rief. "Lao-xan!", schreckte Shampoo hoch. Die Amazone schaute triefend in die Runde und sagte etwas auf chinesisch zu Shampoo. Jimmy überlegte, ob er seine Astralkräfte opfern sollte und den Sprachübersetzer einschalten sollte, und entschied sich dafür, als er Shampoos ernst verwundertes Gesicht sah. "Was ist los, Lao-xan, du bist ja völlig aufgelöst!", wunderte sie sich und stand auf. "Ich glaub... ich werde verfolgt... Ich hab einen Schatten gesehen!" "Beruhig dich erst mal. Hier bist du sicher. Wer verfolgt dich?" "Ich... hab keine Ahnung", stotterte die unbekannte Amazone und spähte ängstlich durch den Ausgang. "Da war irgendwer hinter mir, als ich mich umdrehte, und ich hab etwas blitzen sehen. Wahrscheinlich ein Messer oder so!" "Ein Messer?", fragte Jimmy. Jetzt drehte sich die Amazone zu ihm um und schaute ihn herablassend an. "Was macht dieser Mann hier? Ist er dein Diener?" "Das sind ein paar Freunde", erklärte Shampoo. "Sie haben mir in Japan ein wenig geholfen. Aber dieser Kerl, du hast also ein blitzen gesehen? Mehr nicht? Bist du sicher, dass du verfolgt wurdest?" "Da war wer." Sie setzte sich zitternd. "Er ist auf einen Ast getreten und hat sich furchtbar erschreckt, als ich mich umgedreht habe. Dann ist er im Dickicht verschwunden. Seitdem habe ich ständig das Gefühl ihn im Gebüsch zu sehen oder zu hören." "Was ist denn los", stupste Jessy Jimmy an. Der Junge brauchte eine Sekunde, um sich auf ihr Japanisch einzustellen, bevor er antwortete. "Diese Amazone sagt, sie wurde von irgendwem verfolgt, oder so. Aber sie ist sich nicht sicher..." Die beiden widmeten ihre Aufmerksamkeit wieder der Unterhaltung zu. "Mach dir keine Sorgen, da ist bestimmt niemand", meinte Shampoo. "Außerdem sind wir ja jetzt da und begleiten dich zurück ins Dorf. Da wird dich bestimmt keiner umbringen wollen. Warum warst du denn draußen?" Jimmy brachte kurz sein astrales Radargerät zum Einsatz. Da war tatsächlich ein weiteres menschliches astrales Muster außerhalb des Höhlenimitats. Es war an einer Stelle, von der aus es gut die Höhle beobachten konnte, ohne entdeckt zu werden. Und dann machte es sich plötzlich blitzschnell davon. Jimmy stürzte hoch und blickte hinaus, draußen war allerdings niemand mehr zu sehen. Er fixierte kurz noch mal seine Kräfte, um dieses astrale Etwas aufzuspüren, als er merkte, dass er fast seine ganze Energie aufgebraucht hatte, und wieder abbrach. Die anderen schauten ihn verwundert an, als er wieder hereinkam. "Hast du wen gesehen?", fragte Shampoo wieder auf japanisch. "Ich hab jemanden gespürt", antwortete er auf chinesisch, nickend, damit es auch Jessy verstehen konnte. "Aber vielmehr... Lao-xan, was hast du eigentlich für Artefakte bei dir?" Erschrocken riss sich die Amazone wieder vom Boden und wich einen Schritt zurück, die Hände vor die Brust haltend. "Was hast du gesagt?" "Du bist eine Zielscheibe, wenn du mit solchen mächtigen Artefakten durch die Gegend rennst", sagte Jimmy langsam. "Es gibt Leute wie mich, die können erspüren, was du bei dir trägst." "Aber... das...", stotterte sie. "Das..." "Kann nicht sein", beendete Shampoo. "Wo soll sie die Dinger denn aufbewahren?" Jimmy schaute verwirrt an ihr herunter und bemerkte erst jetzt, dass sie sehr leicht und eng bekleidet war. Um ihren Oberkörper war ein bunt verziertes, taschenloses Tuch gewickelt, darüber war eine kleine Rüstung aus einer kleinen, an Ketten gehängten Metallplatte, die an ihre Form angepasst war und eng an ihrem Körper lag. Ihre Beine waren frei, nur ein Lendenschurz, von ihrem Gürtel herabhängend, umflatterte sie. Auch ihre einfachen Lederschuhe zeigten keine Ausbeulungen und hatten keine versteckten Taschen für Geheimwaffen. Zudem war alles vollkommen durchnässt und klebte an ihrem Körper. An ihr konnte man ohne weiteres nichts verstecken, trotzdem hatte Jimmy, als er sein Radar angeschaltet hatte, außer dieses fremde Astralmusters draußen, eine große Energiequelle von Lao-xan aus gespürt. Er zuckte nur mit den Schultern. "Ähm... auf jeden Fall spüre ich, dass sie sehr mächtige Gegenstände bei sich trägt, woher das kommt, weiß ich auch nicht. Aber diese Typen wollen es bestimmt herausfinden." "Typen?" "Die Blacks natürlich!" "Ist doch klar", gab Shampoo dazu. "Die Blacks wollen die Magie verkommen lassen, dafür tun sie alles. Und wenn sie an dir so viele Artefakte entdeckt haben..." "Dann wollen sie mich aus dem Weg schaffen." Lao-xan legte die Stirn in Falten und setzte sich hin. Dann schaute sie ständig zu den Ausgängen und wrang nervös Zipfel ihres Lendenschurzes aus. "Mach dir keine Sorgen", beruhigte sie Jimmy. "Wir werden die Sache schon in den Griff kriegen." "Wirklich", fragte die Amazone überrascht und schaute anmutig zu Jimmy hoch. Dieser blickte völlig irritiert kurz zu Jessy rüber, die interessiert guckend mit den Schultern zuckte, und grinste unsicher. Kurze Zeit später hörte es auf zu regnen und die mittlerweile vier Reisenden machten sich wieder auf den Weg ins Amazonendorf. Jimmy prüfte mit dem letzten Rest seiner Energie, ob sie auch nicht verfolgt wurden, und als er keinen bemerkt hatte, ärgerte er sich sie umsonst verschwendet zu haben. Er war jetzt praktisch wieder auf Null. Das war einfach nur unmöglich! So eine Regenerationsphase, und das angesammelte so schnell wieder verbraucht, das wäre ihm in der zweiten Dimension nie im Leben passiert. Oder war er vielleicht eingerostet? Schließlich hatte er in der Pokémonwelt kaum gezaubert. Irgendwie musste er sich etwas ausdenken, wie er wieder an neue Energie kommen könnte, aber das hatte erst mal Zeit. Vielmehr sollte er sich Gedanken machen, wie er sich vor Cologne und den anderen rechtfertigen sollte. So schlurften sie nun über die große Wiese in der Hoffnung, sie würden vor Anbruch der Dunkelheit noch den Wald erreichen. Dort gab es eine wunderschöne Lichtung, meinten die Amazonen. So ging Jimmy in Gedanken versunken voran, stillschweigend neben ihm Jessy und hinter ihnen Xian-Pu und Lao-xan, aufgeregt auf chinesisch quatschend. Jimmy gab es auf ihrer Unterhaltung weiter zu folgen, denn er wusste, es würde sich eh nur wiederholen. So überlegte er, woher die Blacks so viel über ihre Vorhaben wussten. Sie hatten ihm im Versteck der Whites aufgelauert, obwohl sie nie wissen konnten, dass er dorthin wollte. Es war ja eine sehr spontane Aktion. Und Lao-xan, eine einzelne fixe Amazone, hatten sie alleine gefunden. Glücklicherweise konnte auch sie entkommen. Das war doch nicht mehr normal so viel zu wissen. Irgendwie war alles verwanzt, und vielleicht war der Nachbarshund, Jimmys Trainingspartner, tatsächlich, wenn auch schwachsinnig unwahrscheinlich, ein Spion der Blacks. Aber wenn sie so viel wussten, was würden sie machen? Sie würden ihm, glasklar, Fallen stellen. Sie konnten vielleicht abschätzen, wie viel er konnte. Also? Vielleicht würden sie versuchen über Tasumo und Jessy zu ihm zu gelangen. Und Jessy...? Das Mädchen ging nachdenklich neben ihm und schaute ihn von Zeit zu Zeit an, bis sie entschied ihn aufzuwecken. Als sie unter einem Baum hindurch gingen, zupfte sie außen so an einem Blatt, dass der gesamte Ast erzitterte und die ganzen Perlentropfen genau auf Jimmy herunterrieselten. Erschrocken zuckte er zusammen und kniff die Augen zu, er hatte gerade eine kalten Dusche abbekommen. Dann schaute er gespielt aufgebracht zu Jessy und sagte "Hey!". "Du denkst zu viel nach", entschied das Mädel. Jimmy wollte gerade antworten, als er sich verschluckte. Darauf war er nicht gefasst. Jessy betrachtete ihre Schuhe und fragte fast beiläufig: "Über was denkst du denn nach?" "Über Tasumo", seufzte Jimmy. Sie gingen wieder einige Sekunden schweigend nebeneinander. "Über Tasumo und dich", sagte der Junge schließlich. "Bei deinem Date, was ist da eigentlich passiert?" "Nichts", meinte Jessy bestimmt. "Absolut nichts. Tasumo hat mich nach meinen Hobbys ausgefragt, nach dir, hab ihm aber nicht viel erzählt, und mir ein Eis ausgegeben. Und irgendwann hat er gesagt, dass er mich sehr mag und mit mir zusammen sein will." "Und du?", fragte Jimmy überrascht. "Ich hab gesagt, ich überlege es mir noch. Ich musste mich bei Akane erst mal erkundigen, was er damit meint. Wieso fragst du eigentlich?" "Na ja, weil..." Jimmy atmete tief ein und langsam wieder aus. Irgendwann musste er es ihr sagen. "Weil ich dich irgendwie auch sehr mag und... na ja..." "Na ja?" "Na ja. Du bist wie eine gute Freundin, jemand der immer für mich da ist, jemand, mit dem ich immer was zu lachen habe, einfach jemand, den ich nicht verlieren will." "Mhm", grinste Jessy in sich hinein. "Weißt du, du bist auch so etwas für mich. Schließlich warst und bist du mein Trainer, und ich glaube nicht, dass mich irgendwer so gut versteht wie du. Na ja, bei einigen Sachen bist du doch zu scheu, um mit mir über sie zu reden." Jimmy nickte stumm. "Und du willst mich nicht an Tasumo verlieren, oder wie?", fragte sie weiter. Sie hatte ihm das Chaos im Kopf geordnet, sein riesiges Gefühlskuddelmuddel, und das mit einem kurzen Satz. Er nickte. "Das ist schön", lächelte sie und zupfte an einem weiteren Blatt eines anderen Astes. Auf Jimmy regnete erneut ein großer Haufen kalter Wasserperlen. Er riss die Hände hoch, um sich davor zu schützen, aber es brachte nichts. Das Wasser lief an ihm herunter und er war innerhalb einer Sekunde vollkommen durchnässt, als hätte er frisch mit allen Kleidern gebadet. Danach gab er einen seltsamen Quieklaut von sich und schüttelte sich, knurrte und rief: "Jetzt bist du dran!" "Oha", lachte Jessy und machte sich davon. Jimmy rannte ihr hinterher und wollte sie packen und herumwirbeln, doch sie war ihm ein kleines bisschen voraus. Dann entdeckte er eine Pfütze, eine etwas matschige zwar, aber ihm war es egal, er trat mit voller Wucht ins Wasser. Jessy drehte sich just in diesem Augeblick um und bekam die Ladung frontal ab. "Bäh", rief sie. "Ätsch", machte Jimmy. "Das ist kalt!" Sie schüttelte sich. "Sehr kalt!" Die Amazonen hielten bestürzt an und beobachteten, wie Jimmy und Jessy sich gegenseitig über die Wiese jagten, hier und da Wasser aufwirbelten und sich vollkommen einsauten. Pechlicherweise war da ein kleiner Bach, und ehe sie die Absicht hatten dies als große Pfütze zum angreifen zu nutzen, lagen sie schon beide drin. Shampoo und Lao-xan schüttelten nur fassungslos den Kopf, ihnen fehlten beiden die Worte, sie konnten dem Spektakel nur zuschauen. Den Wald erreichten sie vorm Anbruch der Nacht nicht, so wärmten sich die drei durchnässten mitten im Freien, im Ungeschützten, am Feuer, hoffend, dass dies keine Blacks anlocken würde. Nur Shampoo, die einzige trockene unter ihnen, sammelte Feuerholz. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Innerhalb der nächsten zwei Tage erreichten sie tatsächlich das Dorf, und das sogar, zu ihrer Verwunderung, ohne weitere Zwischenfälle. Ihr Empfang war königlich, als sie nämlich am Abend, schon beim Sonnenuntergang, dort ankamen war keine Menschenseele in Sicht. Es waren lediglich zwei Amazonenwachen am Eingang gewesen, die sie prüfend beäugt, doch Shampoo und Lao-xan trotzdem freundlich gegrüßt hatten. Innerhalb des Dorfes rollte ein Wüstenbusch, vom Winde angetrieben. Aber kaum einer schenkte ihm Beachtung und dachte über seinen Ursprung nach, vielmehr verstreuten sie sich und klopften an Türen und Fenster der Hütten, um herauszufinden, wo all die Leute waren. Sie fanden immer noch niemanden. Schließlich beschloss Shampoo in den Tempel der Matriarchinnen zu gehen und nach der Ursache dieses seltsamen Verhaltens zu suchen. So blieben Lao-xan, Jimmy und Jessy alleine. Die Amazone, die schon am zweiten Tag ihrer gemeinsamen Reise Vertrauen fand und mit ihnen, nachdem man ihr einen Stoß verpasst hatte, so gut sie konnte mitwitzelte, hielt sich auch diesmal die ersten Minuten schüchtern zurück, bis einer der beiden Dimensionsreisenden wegen eines blöden Witzes in Lachen ausbrach, und nahm dann die Unterhaltung auf. Nach einer halben Stunde saßen die drei im Sand, alle drei wild in der Luft gestikulierend und am lachen. Ungefähr da kam Shampoo mit einer andren, etwas älteren, aber trotzdem recht hübschen, Amazone angeschritten, beide mit ernsten Gesichtern. Die andere Amazone schätzte Jimmy rein wegen ihren aufmerksamen und vor Erfahrung sprießenden Augen auf 40, obwohl ihre Haut glatt und faltenlos und die Gesichtszüge weich und geschmeidig waren. Aber er war sich sicher, dass er wieder falsch lag, da die Amazonen doch ein anderes Alter als das geschätzte zu haben pflegten. Xiaou sah zum Beispiel nach 16 aus, und Cologne etwa nach 478. Immerhin sah diese nicht wie eine Hexe aus. Diese Amazone hatte, wie viele andere Amazonen, eine ziemlich lockere Kleidung, ähnlich der von Shampoo, einige in Ketten gehüllte Armreife, blitzende Ohrringe und keine offensichtlich sichtbare Waffe an sich. "Es gibt eine Versammlung am anderen Ende des Dorfes", verkündete Shampoo. "Sie verfahren darüber, wie sie mit den Blacks umgehen sollen", erklärte die Matriarchin mit sanfter Stimme. "Es läuft das Gerücht um, Silver hätte sich persönlich blicken lassen." "Silver hätte doch für so was keine Zeit", fasste Shampoo knapp zusammen. "Wahrscheinlich treiben sich nur seine Diener hier herum..." "Was viel wichtiger ist, dass bald wahrscheinlich etwas schreckliches passieren wird." Die Matriarchin drehte sich zum Dorftor und ging ein Stück darauf zu. "Wir haben in letzter Zeit einige Kundschafterinnen losgeschickt, aber nur wenige sind zurückgekommen. Dann haben wir angefangen die magischen Gegenstände aufzuteilen und zu verstecken. Viele Amazonen laufen jetzt durch die Gegend und verwischen die Spuren dieser, unserer Energie. Doch sie sind uns trotzdem auf die Schliche gekommen und fangen an sie zu jagen. Glücklicherweise konnten alle heil wieder zurückkommen." Sie drehte sich wieder zu ihnen um. "So wie du, Tochter." "Ja", nickte Lao-xan und stand auf. "Du bist zwar eine miserable Kämpferin", bedauerte die Matriarchin, "aber du bist die einzige, die in jeder Situation einen kühlen Kopf bewahrt, egal wie schrecklich sie sein mag. Das macht dich wiederum sehr widerstandsfähig. Hast du die Gegenstände noch?" "Ja, aber ich hab einen Teil schon vergraben können. Und die Karte ist hier." Sie zeigte mit dem Finger auf ihren Kopf. "Doch ich wurde ebenfalls als Ziel auserkoren", fuhr sie langsam fort. "Ein Mann mit einem Messer wollte mich im Wald überfallen." Die Matriarchin nickte und drehte sich zu der Hauptstraße, die in Richtung Dorfzentrum führte. "Die Versammlung ist bestimmt bald vorbei, dann kannst auch du zu deiner Mutter, Shampoo. Ich gehe erst mal wieder in den Tempel." Damit drehte sie sich um und ging. Eine Zeitlang standen die anderen noch still da und verdauten das Gesagte. Die Blacks machten nun also Jagd auf Amazonen, und auf ihre Gegenstände. Wollten sie eigentlich nur die Magie verbannen, oder sie komplett aus den Gedächtnissen vernichten, und die Menschen gleich mit? Was auch immer, man musste sie aufhalten. "Ich gehe mir jetzt die Versammlung anhören", erklärte Jimmy. Dann schaltete er seinen Übersetzer aus und drehte sich zu Jessy. "Kommst du mit? Mal gucken, was die Amazonen vorhaben..." "Klar", freute sich das Mädchen und hüpfte an seine Seite. Sie gingen ein Stückchen nebeneinander, bis sie die Versammlung sahen. Lao-xan und Shampoo gingen in einigem Abstand und miteinander tuschelnd hinterher. Die Versammlung bestand wieder einmal nur aus Frauen, die in Scharen, in klein und groß, vor einer seltsam verkrüppelten Holzbühne standen und den beiden auf ihren Stäben hüpfenden Faltensäcken aufmerksam, wenn auch ein wenig unruhig, zuhörten. Jimmy hatte das Gefühl ohne jeglichen Aufwand eine Angstaura zu spüren. Einige der Frauen guckten sich nach jedem Satz verstohlen in alle Richtungen um, fummelten an ihren Waffen oder ließen einfach nur ihre zittrigen Finger hängen. Einige Kinder schrieen durchgehend, was zwar eher auf irgendwelche Bedürfnisse hinweisen sollte, die Stimmung allerdings anspannte. Andere wiederum gähnten nur und schmiegten sich an ihr Elternteil, schauten gelangweilt durch die Gegend oder schliefen. "Und deshalb", schrie Cologne von der Bühne ihrem Volk zu, "müssen wir uns auf alles gefasst machen." "Genau!", schrie die zweite, ebenso verkrüppelte, neben ihr stehende Hexe. "Wir müssen uns auf einen Kampf vorbereiten! Denn sie werden uns sicherlich bald angreifen." "Wir müssen auf alles gefasst sein. Die Blacks werden mit den miesesten Tricks um sich werfen. Wir dürfen nicht zugrunde gehen! Wir müssen zurückschlagen!" "Klingt nach Propaganda", sagte Jimmy, kopfschüttelnd. "Sie übertreiben mal wieder. Die Blacks handeln verdeckt. Das ihnen ein Patzer bei Lao-xan unterlaufen ist, heißt noch gar nichts." "Sag mal", unterbrach ihn Jessy. "Kannst du diesen Übersetzer-Spruch auch auf mich anwenden?" "Ich glaube schon, ich werde dafür zwar etwas mehr Energie brauchen, aber... dieser Zauber kostet zum Glück nicht so viel. Kann ich fast einfach so zaubern..." Jessy guckte ihn mit lieb bittenden Augen an und lächelte, ohne was zu sagen. Jimmy verstand erst nicht und schaute sie irritiert an, schlug sich aber plötzlich gegen die Stirn und grinste bescheuert. Dann übersetzte er die beiden Sätze ins Japanische. "Und du kannst jetzt wieder zaubern?", fragte Jessy interessiert. "Nein... ich hab etwas Energie angesammelt, aber ich hab sie blöderweise an diesen billigen Zaubern schon verbraucht. Na ja, so ein Astralradar gibt doch schon einiges her..." "Und jetzt?", fragte das Mädchen besorgt. Jimmy zuckte mit den Schultern. "Irgendwie wird das schon. Schließlich kann ich ja auch noch kämpfen und vielleicht mit Illusionen um mich schmeißen, die kosten mich fast gar nichts. Wenn das klappt... aber für Angriffszauber reicht es nicht. Höchstens mit Machtumwandlung." "Und was ist das?" "Ein leicht gefährlicher Zauber, bei dem man die Lebensenergie in Astralenergie umwandeln kann. Man kann dabei nur leicht erfrieren." "Wieso kann man da erfrieren?" "Na ja", überlegte Jimmy. "Du musst Wärmeenergie in Astralenergie umwandeln, und da du sonst nicht so schnell an so viel Energie rankommst, nimmst du sie halt aus deinem Körper. Und wenn dein Körper deswegen unterkühlt, kannst du ernste Schwierigkeiten bekommen. Wenn deine Körperfunktionen versagen, stirbst du." Jessy nickte. "Dann mach das lieber nicht, und spar dir das mit dem Übersetzer. Du kannst es mir auch nachträglich erzählen." So blieben sie einige Zeit stehen und träumten vor sich hin. Jessy schmiegte sich schließlich an Jimmy und stützte vor Müdigkeit ihren Kopf auf seine Schultern. Jimmy legte seine Arme um sie und hielt sie fest, und so standen sie da und beobachteten den weiteren Verlauf der Versammlung, oder besser gesagt nur den Sonnenuntergang. Cologne und die andere Hexe sagten nichts interessantes mehr, es drehte sich eine Weile nur noch um die Kampfaufforderungen, schließlich zersplitterte sich die Weibermenge und ging, wie auch die beiden Matriarchinnen, nach Hause. Zu guter letzt gabelte Shampoo das Pärchen auf und lud sie in ihr Haus zum essen und schlafen ein, und da sie müde genug waren, um überall zu pennen, hatten sie nichts dagegen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Der nächste Tag fing wunderschön an. Jimmy wurde dieses Mal nicht durch Wasser geweckt, sondern durch Licht, und zwar durch hell strahlendes, warmes Sonnenlicht, das durch eine kleine Ritze im Vorhang durchs Fenster fiel. Die Sonne stand schon ziemlich hoch, sie hatten also sehr lange geschlafen, was auch gut war, so konnten sie sich wenigstens von der langen Reise erholen. Unglaublich, dachte Jimmy, das sie tatsächlich im Amazonendorf angekommen waren und noch nicht eingesperrt oder angegriffen wurden. Die Sache mit den Blacks lenkte die Amazonen doch ein bisschen ab, so dass sie sich an Jimmys verschwinden Pokéball kaum noch erinnerten. Er blickte sich um. Neben ihm lagen die beiden Mädchen, Jessy und Shampoo, immer noch schlafend. Er beschloss sie nicht aufzuwecken und schon mal alleine aufzustehen. So schlang er sich aus seinem Futon und schlich nach draußen, in die pralle Mittagssonne. Das Haus stand leer, es bestand nur aus wenigen Zimmern, von denen aus man in die anderen reinschauen konnte, Jimmy hatte allerdings niemanden außer den beiden, Jessy und Shampoo, gesehen. Draußen war es auch nicht viel besser, die männlichen Amazonen saßen auf dem Boden und machten irgendwelche Arbeiten wie töpfern, nähen, Mahlzeiten zubereiten und ähnliches, zwischendurch gingen einige weibliche Amazonen an ihnen vorbei und kontrollierten sie, oder spazierten einfach nur umher und quatschten aufgeregt, aber nur in kleinen Mengen. Die Hütten waren zum Teil alle sehr klein und sehr einfach aus Stroh und Bambus gemacht, und deshalb waren die Feuerstellen hauptsächlich draußen. Alles war friedlich und ruhig. Jimmy guckte sich um, als er plötzlich Kampfgeräusche erfasste. Neugierig ging er in die Richtung und stieß an einen mickriger Kampfplatz. Es war ein kleiner Holzbalken aufgebaut, worauf sich zwei Amazonen gegenüber standen und sich gegenseitig fixierten, um sie herum wuselte ein gemischtes Volk. Es sah wie das Turnier von Shampoo aus, als sie zum ersten Mal hier waren, und in welchem Ranmas Gefräßigkeit, sowie auch die seines Vaters, zu einem Kampf führte, in dem die Amazone gegen seine weiblichen Form verlor, und wonach der verpatzte Todeskuss folgte. Nur dieses Mal kämpfte auf diesem Baumstamm Lao-xan mit einer anderen Amazone, Lao-xan mit einer dicken Kette, ihr Gegnerin mit einem einfachen Holzstab. Das Turnier sah relativ unfair aus, die andere Amazone war um einen Kopf größer als Lao-xan und nutzte dieses aus, um ständig von oben zuzuschlagen und sie runter zu scheuchen. Lao-xan parierte das eine oder andere, musste aber mehr einstecken, als sie verteilte. Ihre Kette half ihr wenig, wie kunstvoll sie sie auch immer um ihren Kopf schwang, letztendlich wich die andere Amazone jedem Angriff aus, indem sie zu einem bloßen Sprung ansetzte. Schließlich wickelte Lao-xan ihre Kette mit einem geschickten Wurf um den Stab, doch die andere zog daran und schleuderte Lao-xan auf sich zu, um ihr in der Luft einen Stoß von der Seite zu verpassen und sie aus dem Ring zu befördern. Jimmy staunte. Das Lao-xan schlecht kämpfte, hatte schon ihre Mutter gesagt, aber das sie so schlecht kämpfte, das verwunderte ihn. Da hätte sogar er sich länger halten können, mit seinem miserablen Können und seinem Muskelfett. Wie gerne hätte er das jetzt beweisen wollen... Doch schlagartig veränderte sich sein Gesichtsausdruck, als er merkte, dass die Amazone sich in ihrer Kette verheddert hatte und mit dem Kopf voraus zu Boden flog. Instinktiv sprang er nach vorne und fing sie im letzten Moment auf. Das Publikum verstummte kurz, machte ein "Oh" und ein "Wow", dann jaulte es erst richtig los, es jubelte, klatschte und schrie, weniger der Amazone oben zu als Jimmy, der sich vollkommen verdattert und nichts verstehend umguckte. Er wollte Lao-xan gerade auf den Boden setzen, als diese langsam ihre Augen aufmachte und ihn gebieterisch anschaute. "Du... danke", stieß sie hervor, den Blick starr auf ihn gerichtet. Schlagartig begriff Jimmy, was er getan hatte. Er hatte eine Amazone gerettet, und was konnte das bedeuten? Was für ein bescheuertes Amazonengesetz trat jetzt wohl in Kraft? Wovor er sich fürchtete, waren der Heiratskuss und der Todeskuss, aber, ganz zu schweigen davon, dass der Todeskuss durch diese Amazone keine ernste Gefahr für ihn bedeuten würde, war es ziemlich unwahrscheinlich, dass dieser Fall eintreten würde. Also würde sie ihm gleich den Heiratskuss verpassen. Schließlich war er ein Mann, und starke Männer mussten geheiratet werden... Jimmy überlegte nicht lange, sondern nutzte ihre Irritation, setzte sie schleunigst und unsanft ab, ließ sie beinahe fallen, dass sie taumelnd und sich noch weiter verheddernd doch zu Boden ging, drehte sich um und eilte davon. Das Publikum hörte zwar mit den Klatschgeräuschen auf und machte ein lautes "Hääää?", Jimmy achtete da aber nicht drauf und rannte in der Hoffnung, dass ihn Lao-xan nicht verfolgte, wieder ins Haus. "Mist!", rief er frustriert. "Verdammt! Kacke!!!" Er ging einen Bogen um den im Wohnzimmer liegenden Teppich, trat gegen die Wand, ging zurück und schlug frustriert mit der Faust gegen den Türrahmen. "Was hab ich mir da nur eingebrockt? Warum passiert das eigentlich immer nur mir? So wird das nie was zwischen..." Er brach ab und überlegte, wie viele Leute ihm wohl zuhörten. Das Wohnzimmer war direkt neben dem Schlafzimmer, in dem die beiden schliefen und aus dem plötzlich leise Geräusche ertönten, als ob sich jemand auf seinem Futon wand. Er hatte die Mädchen scheinbar geweckt und konnte nur hoffen, dass sie nicht allzu viel mitbekommen hatten. Eine Sekunde später taumelte Jessy auch schon durch die Tür und gähnte herzhaft, Shampoo kam nur einen Augenblick später. "Hast du was gesagt?", fragte das Pokémonmädchen. Jimmy starrte sie wie gebannt an, ohne zu antworten. Er spürte schon, dass dieser Tag kompliziert werden würde. Erst die Sache mit Lao-xan, und jetzt hatte er sich fast verplappert. Ein Glück, dass Jessy auf so was nicht herumhackte und nur blöd nachfragte, als ob sie nichts mitbekommen hätte. Jimmy schüttelte den Kopf. "Öh... Guten Morgen erst mal." "Jo, guten Morgen", gähnte Jessy. "Morgen", plapperte Shampoo nach. "Bist du schon lange wach?", fragte Jessy. In diesem Augenblick klopfte es an dem Türrahmen und Lao-xan schob den Vorhang zur Seite. Schüchtern schaute sie in die Runde, in die fragenden Gesichter der Umstehenden. "Äh... Jimmy heißt du doch, oder?" Dem Jungen wurde es plötzlich sehr heiß. Er spürte, wie sich Jessy zu ihm drehte und ihn fragend anschaute, er spürte, dass er ungewollt Mist gebaut hatte und Jessy das mal wieder völlig missverstehen würde. Was blieb ihm anderes übrig? Raus mit der Wahrheit, kurz, schnell, präzise, und sich nicht unterbrechen lassen. "Da war eben ein Kampf", sagte er. "Und sie ist von diesem Baumstamm gefallen, da dachte ich, sie würde sich bestimmt ernsthaft verletzen, und das Publikum würde von mir angewidert sein, wenn ich sie vor meinen Füßen aufschlagen lasse. So hab ich sie gerettet." "Klingt nach einer Ausrede", stellte Shampoo fest. Überrascht drehte sich Jessy zu ihr, dann wieder zu Jimmy und schließlich zu Lao-xan. "Hat er was verbrochen?", fragte sie neugierig, doch Lao-xan konnte ihr Japanisch nicht verstehen und zuckte nur mit den Schultern. Dann ging sie vorsichtig einen Schritt auf Jimmy zu. "Jimmy, ich...", fing sie auf chinesisch an, näherte sich seinem Gesicht und wollte ihn küssen, als er nach hinten auswich. "Lao-xan!", rief Shampoo dazwischen. Die Amazone guckte sie verwirrt an, schaute dann noch mal traurig zu Jimmy, drehte sich um und rannte davon, eine kleine Tränenperle hinterlassend. "Was hast du angestellt?", fragte Jessy Jimmy erneut. Dieser wich noch weiter zurück. "So kenn ich sie gar nicht", überlegte Shampoo dazwischen. "Herzlichen Glückwunsch, Jimmy. Du hast es als erster geschafft sie aus der Fassung zu bringen." "Äh", machte dieser nur. Jessy winkte lachend ab. "Na ja egal. Wollten wir nicht noch was erledigen?" ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nach einem kurzen Frühstücksmittagessen fanden sie sich in der Bücherei. Die Sonne verschwand schon wieder hinter irgendwelchen ätzenden Wolken, es wurde wieder etwas kühler und das gelb verblasste zu einem matten grauweiß. Was sie endlich erledigen wollten, war sich über die Beziehung der Amazonen zu den Blacks zu informieren, insbesondere den Anfang mit den Amazonenkriegen. Doch die Bücherei übertraf Jimmys übelste Vorstellungen. Sie stand in einem sehr ruhigen Viertel des Amazonendorfes, bestand nur aus dünnen Bambusholzwänden, war aber doch drei Stockwerke hoch, und wiegte sich im Wind. Drinnen war dann der reinste Horror. Es war ein lautes Dauerknartschen zu vernehmen, in den schiefen Regalen waren Unmengen alter Bücher, vereinzelte lagen auf dem Boden, und in jedem Gang war ein menschengroßes Spinnennetz. Die Leiterin saß hinter einem kleinen Pult über einem vollgeschmierten Notizblock, schob ihre Brille zurecht und las ein Heftchen. "Brr", schüttelte sich Jessy und ließ die anderen beiden als erstes durch die Tür. "Guten Tag", grüßte Shampoo freundlich, als sie die Bibliothek betraten. Die Bibliothekarin schaute auf und schnupperte in Shampoos Richtung. "Guten Tag", erwiderte sie. "Sie wünschen?" "Wir möchten uns gerne im geschichtlichen Bereich umgucken, vor allen Dingen wollten wir uns über die Amazonenkriege informieren." "Wir?" Die alte Frau drehte sich erst zu Jimmy, der direkt neben Shampoo stand, schnupperte, dann drehte sie sich zu Jessy weiter und machte es bei ihr gleich. Das Mädchen trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. "Natürlich. Geschichte, zweiter Stock, Amazonenkriege hintere Abteilung. Hier Bitte." Die Frau holte ein Katana heraus und übergab es Shampoo. "Kommt mit", sagte die Amazone und winkte mit dem Kopf. Dann schlug sie sich mit dem Schwert durch die Wildnis der Spinnennetze. Vorsichtig gingen ihr die beiden Dimensionsreisenden hinterher, noch einen Blick auf die Bibliothekarin werfend, die eifrig auf ihrem Notizblock Kreise und Quadrate kritzelte und sich danach wieder ihrem Buch zuwandte. "Echt übel hier", stellte Jimmy fest. "Wie alt diese Bruchbude wohl ist? Viertausend Jahre? Fünftausend?" "Na ja, man muss sich etwas durchkämpfen", gab Shampoo zu. "Dafür gibt es hier alle Informationen dieser Welt." "Aber... macht hier keiner sauber? Ich meine... wann war hier zum letzten mal wer? Das droht doch zusammenzubrechen..." "Und die Frau", schüttelte sich Jessy weiter, "die sieht ja total gruselig aus!" "Sie ist blind", sagte Shampoo knapp und zerschnitt mit dem Katana ein weiteres großes Netz. "Oh", machte Jessy irritiert, guckte noch mal zu der Bibliothekarin, die in ihrem Büchlein blätterte, und folgte Shampoo kopfschüttelnd. Jimmy nickte überrascht, er konnte sich Jessy nur anschließen: das war wirklich ein sehr seltsames Gebäude. Dieses Gebäude, diese Bibliothek, stellte er allerdings fest, war tatsächlich ein Fundort der detailliertesten Informationen, die er jemals gesehen hatte. Nicht mal die Bücherei seiner zweiten Dimension, die über zehn Stockwerke ging und Millionen von Bücher magisch gequetscht hatte, hatte soviel interessantes in solch einer Menge. Schnell fanden sie sich zurecht, machten es sich im zweiten Stock bequem und saßen bald mit Wälzern über Amazonengeschichte in der Hand im Staub und lasen, nur Jessy musste sich mit den Bildern begnügen. Jimmy las verwundert einen Abschnitt über die frühen Amazonenkriege. "Oha, ihr habt also schon damals gegen die Blacks gekämpft? Aber..." "Es hat sich irgendwann gelegt." Shampoo grübelte kurz nach und fing dann an zu erzählen. "Ich weiß nicht mehr im welchem Jahr, aber es war lange her. Dann hatten wir lange Ruhe, die Blacks schienen sich nicht mehr für uns zu interessieren. Ich glaub, das war die Zeit der Dämonenkriege. Die war aber relativ kurz. Einige Europäer kamen uns zur Hilfe und hinterließen einige sehr mächtige Gegenstände, wie zum Beispiel die beiden mystischen Stäbe Xenom und Verna. Ihre Macht kann aber bis heute keiner nutzen, und die Blacks jagen sie. Aber auch viele Kleinigkeiten wie irgendwelche Verkleinerungsboxen oder Unsichtbarkeitsmützen hatten sie uns geschenkt oder verkauft." "Verkleinerungsboxen?", fragte Jessy. "So ein Ding hab ich mal gemacht", erzählte Jimmy. "Eine ganz normale Holzbox, in die das Zehnfache reinpasst, wie in einen normalen Behälter dieser Größe. Er verkleinert drinnen einfach alles." "Cool", sagte Jessy beeindruckt. "Nicht alle Artefakte haben wir von den Europäern. Ein paar haben wir von den Indianern. Flöten und so was. Das hat vielleicht eine seltsame Wirkung, du spielst ein Lied und die Menschen um dich herum schlafen einfach ein. Oder fangen grundlos zu lachen an. Oder sich zu schlagen. Es gibt angeblich sogar ein Todeslied." "Oha?", blinzelte Jimmy interessiert. Davon hatte er bisher noch nichts gehört. Er kannte schon Bardenmagie, wo man auch mit Liedern zaubert, aber das war nichts besonderes. Das allergrößte, was er gehört hatte, was man damit erreichen konnte, war jemanden zu kontrollieren, aber auch selten große Massen. Zumindest, was er bisher gehört hatte. Die Flöten waren ihm allerdings fremd. Na ja, die Europäer hatten in der Zeit seines Aufenthalts in der zweiten Dimension Amerika auch noch nicht entdeckt. "Und wir haben auch viele Gegenstände, die einen Fluch auslösen, wenn man sie aktiviert. Zum Beispiel einen Liebesfluch oder so", überlegte Shampoo. "Du müsstest mal Urgroßmutter fragen. Jedenfalls dauerten die Kriege mit den Blacks auch nicht allzu lang. Da gab es einige Zwischenfälle, aber im Grunde führten die Blacks so einen Hasskrieg. Sie überfielen uns, raubten uns aus und mordeten heimtückisch. Immer wieder. Nur einmal gab es einen großen Kampf, den sogenannten Kampf der Tigersträhne. Der fand auch nicht weit von hier entfernt statt. Es ist aber keiner als Sieger hervorgegangen, es gab auf beiden Seiten Verluste. Das war das letzte, was zwischen uns und den Blacks vorgefallen ist. Kurz danach waren schon die Dämonen da." "Hm", machte Jimmy verstehend. Sie lasen eine Weile weiter. Im Prinzip waren die Kriege der Blacks zu undeutlich erklärt. Es waren tatsächlich eher zeitweilige Attentate auf die bloße Bevölkerung, es gab aber nie einen weiteren großen Zwischenfall, außer dieser Tigersträhne, oder etwas, woraus man ihre Pläne herauslesen konnte. Der einzig große Unterschied lag darin, dass sie hier so brutal handelten, Angriffe auf Menschen machten, raubten und mordeten. In seiner zweiten Dimension waren sie größtenteils Diebe, und die Gegenstände, die sie anpeilten, verschwanden meistens einfach spurlos, aber nicht die Menschen. Aus irgendeinem Grunde haben die Kriege schließlich aufgehört, hier in China früher als in Europa, und die Blacks verschwanden einfach spurlos. Ein Sieg oder eine Niederlage zwischen den Blacks und dem Rest der Bevölkerung war allerdings nicht vorhanden. Auch waren die ganzen magischen Gegenstände nur zu einem kleinen Teil vernichtet, ganz zu schweigen, dass kaum eine magiebegabte Person verschwand, und doch löste sich der Kampf einfach auf und ging in die Dämonenkriege über, vollkommen grundlos, ohne das Dämonen vorher oder Blacks während dieser Kriege erwähnt wurden. Die Angriffe der Blacks fingen erst vor kurzem wieder an. Zumindest gegen die Amazonen, angeführt von einem skrupellosem Typen namens Silver. Es ist allerdings bisher nichts großartiges passiert, dass in den Büchern aufgeführt werden musste. Es wurden lediglich Artefakte gestohlen und Leute überfallen, aber auch das nur selten. Jimmy stand auf und suchte eine Weile in den Regalen, bis er ein dünnes Buch herausholte, auf dem ein großer Tiger aufgemalt war, und welches den Titel "Die Tigersträhne" trug. Langsam schlug er es auf und überflog einige Abschnitte. Es waren mehrere Protokollierungen des Kampfes, und wie es dazu gekommen war, nur mit unwesentlichen Unterschieden. Die Amazonen hatten sich damals mit einem Volk verbunden, welches sich Lua-Binabah nannte, oder so ähnlich, Jimmy war sich nicht ganz sicher, was diese seltsamen Zwischenbuchstaben bedeuteten. Es war so ein Stamm aus dem Norden. Mit diesem Volk zusammen hatten sie das Geheimversteck gefunden und den Blacks aufgelauert. So kam es zu dem Kampf, aber seltsamerweise, wider erwarten, wollten die Blacks nicht zaubern und kämpften mit Langschwertern, Katanas und sogar vereinzelt mit Knüppeln, Äxten und Hellebarden. Sie waren zahlenmäßig unterlegen, und wie immer schwarz gekleidet. Jimmy inspizierte das Buch skeptisch. So wie er die Blacks kannte, war es ziemlich ungewöhnlich, dass sie sich auffällig schwarz kleideten und mit Schwertern und Hiebwaffen rumliefen. Vielleicht war den Amazonen ein großer Fehler unterlaufen, überlegte er, vielleicht waren es damals gar nicht die Blacks, sondern irgendwelche Barbaren. Und dann waren sie nicht gezielt auf der Suche nach magischen Gegenständen, um sie zu vernichten, sondern raubten einfach, nur um zu besitzen. Und wie war das heute? Wenn das wieder solche dunklen Typen sein sollten, die bereit zum töten sind, dann stimmte hier etwas nicht. Auch wenn die Blacks hinterlistig und selbstsüchtig waren, Mörder waren sie eigentlich nicht, nur in ganz seltenen Fällen. Er setzte sich wieder hin. Was war mit ihm? Diese Blacks, auf die er im Geheimversteck der Whites getroffen hatte, die wollten ihn "beseitigen", was sollte das heißen? Mord? Irgendwo für immer einsperren? Oder so was bescheuertes wie Zunge abschneiden? Sie konnten zaubern, überlegte Jimmy. Sonst hätten sie sich nicht getraut ihre Fresse bei Ranma so aufzureißen. Oder sie hatten eine Geheimwaffe. Mal angenommen, sie könnten tatsächlich zaubern, was hätten sie gegen Ranma, Jimmy und die anderen machen können, ohne zu morden? Genau! Einen Zauber des Vergessens! Ihre Erinnerungen einfach löschen! Und solchen Personen könnte aus versehen alles gelöscht werden, ihre Herkunft, ihr Wohnort, einfach alles. Und sie würden praktisch irgendwo anders ein Leben anfangen und von der Bildfläche verschwinden. Nun, die Amazonen sollten nicht um ihr Leben fürchten, sondern nur um die Gegenstände, und vielleicht auch um einige Erinnerungen wie Todesküsse... Jimmy wandte sich an Shampoo. "Was ist mit diesen Überfällen? Nehmen die zu?" "In letzter Zeit ja, seit... kurz bevor ihr zum ersten Mal in diesem Dorf aufgetaucht seid." Jimmy nickte verstehend. Er brachte das Gleichgewicht durcheinander, glaubte er zumindest, aus irgendeinem Grund entstand wegen ihm ein Chaos, in das er sich noch nicht einmal eingemischt hatte. Die Frage war nur, ob ihm das alles hier gewidmet war, diese ganze erneut aufgerollte Blackgeschichte, ob sie seine neue Aufgabe war. "Und steht hier auch etwas über die Whites?", fragte er, blätternd. "Nein, über die können wir nicht viel sagen. Sie sind irgendwie unsere Verbündeten, aber wir haben noch nie mit ihnen geredet. Wir glauben, dass sie auch mit den Blacks erst in der zweiten Kriegsepoche entstanden." "Wie steht es mit der Magie?", fragte Jimmy weiter und griff blindlings einen weiteren Wälzer aus dem Regal. Dieses knartschte, und plötzlich fielen ein Haufen weiterer Bücher zu Boden, dass der Staub zu einem Nebel aufgebläht wurde. Jimmy schüttelte nur den Kopf und ignorierte es. "Mit der Magie? Wir haben halt die Gegenstände von den Ausländern, ansonsten ist hier nicht viel. Wir selbst können nicht zaubern." "Und früher? Woher hattet ihr da die Gegenstände, welche die Blacks suchten?" Shampoo zuckte mit den Schultern. "Vielleicht weiß Großmutter mehr..." "Und was waren das für Gegenstände?" "Das waren... magische Gegenstände halt, die uns geraubt wurden." "Na ja", überlegte Jimmy und stand auf. Zu einem klaren Ergebnis war er nicht gekommen, und er konnte auch nicht mit Gewissheit sagen, dass die Gegner der Amazonen wirklich Blacks waren oder sind. "Ich glaube, uns bleibt nichts anderes übrig als Gosunkugi zu verfolgen, wenn wir wieder zu Hause sind. Gegen die Angriffe können wir nichts unternehmen, aber ich glaube nicht daran, dass die Blacks einen Großangriff planen. Das wäre viel zu auffällig für sie, sie halten sich doch immer im Hintergrund. Habt ihr eigentlich jemals mit der Polizei gesprochen?" "Mit der Polizei?", fragte Shampoo und erstarrte. Jimmy verstummte kurz und beobachtete sie. Amazonen, das wusste er, standen, ihren Traditionen nach, über den Männern und waren außerdem empfindlich, wenn jemand ihre Ehre verletzt, deshalb war er sich nicht sicher, ob er dieses Thema ansprechen sollte. Da es den Amazonen vielleicht wirklich helfen könnte die hauptsächlich männlichen Gesetzeshüter einzuschalten, fuhr er fort: "Ja, die Polizei-" "Die gehören doch auch alle zu den Blacks!", sagte Shampoo plötzlich aufgebracht. Jimmy schluckte verwundert. Der plötzliche Stimmungswechsel von Shampoo schreckte ihn wieder ab, weiter zu reden. Er hatte also recht, dieses Thema wurde hier im Amazonendorf nicht gerne gehört, aber dies so zu belassen, wäre nicht richtig. Schließlich könnten die Amazonen tatsächlich Hilfe gebrauchen. Er schüttelte den Kopf. "Unsinn, nicht alle. In Japan können sie nichts ausrichten, weil die Blacks einfach zu verdeckt handeln, aber wenn sie hier viel aggressiver sind, könnte man einige von ihnen schnappen. Wenn ihr die Polizei einweiht und sie euch nicht auslacht, nimmt die Kriminalität hier vielleicht ab." "Kriminalität!", wiederholte Shampoo angewidert. "Meinst du wirklich, wir würden uns von Männern helfen lassen?? Hältst du uns für so schwach? Wir sind ein stolzes Volk!" "Na ja, euer Stolz", wandte Jessy seelenruhig ein, "der hindert euch doch nur sich mit anderen zusammenzuschließen. Ihr habt doch einen Gegner, der von vielen Seiten einzeln bekämpft wird, statt gemeinsam. Von Jimmy lässt ihr euch doch auch helfen, oder nicht? Warum dann nicht von der Polizei?" Es knisterte leise in der Luft, Shampoo stand leicht zittrig auf, atmete tief ein und fing plötzlich aus voller Kehle an zu schreien. "Wir werden nicht bei ihnen um Hilfe betteln, nicht schon wieder!!! Wir brauchen keine äußere Hilfe, wir schaffen das auch alleine, ohne irgendwelche blöden Männer! Ihr mit eurer blöden Naivität!!!" Sie schnappte kurz nach Luft und schniefte, ihr Augen füllten sich mit Tränen. "Die Blacks sind nur hinter uns her, und wenn es nach der Polizei ginge, würden sie alle Gegenstände an sie abgeben. Ihr kapiert nicht, worauf die Blacks hinaus wollen, oder? Sie vernichten die Gegenstände, weil wir damit die Dämonen aufhalten können! Und wenn es so weit ist, lassen sie die Monster raus, und wir sind wehrlos. Unser Volk will sich vor einem erneuten solchen Angriff schützen!" Sie wischte sich über die Augen. "Mehr nicht", schluchzte sie und schnappte kurz nach Luft um weiter zu brüllen: "Unsere Frauen haben Angst, versteht ihr das? Habt ihr die Panik gestern nicht gesehen? Wisst ihr eigentlich, wie viel wir durchgemacht haben? Ach!" Sie drehte sich um und lief laut stampfend die Treppe runter. Jimmy und Jessy saßen da wie versteinert, vollkommen verdattert und irritiert. Sie waren so überrascht von Shampoos plötzlichen Wutanfall, dass sie gar nicht verstanden, was eigentlich vor sich ging. Das sie so empfindlich darauf reagieren würde, wenn sie anfingen von der Polizei sprechen, hätten sie nicht erwartet. Es entsprach nun mal nicht ihren Traditionen sich nach Männern zu richten, was aber Jimmys und Jessys Meinung nach gar nicht so verkehrt wäre. Das wollten sie ihr lediglich erklären, hatten aber nur in einem wunden Punkt rumgedrückt. Was hier vorgefallen war, bevor die beiden hier aufgetaucht sind, mit den Blacks, mit den Whites, den Amazonen und den Bündnissen der einzelnen Seiten gegen die anderen, lag in einem tiefen Schatten. Die Blacks handelten tatsächlich so wie in der zweiten Dimension. Nichts war über sie bekannt, nur seltsame Tatsachen, die eigentlich auch genauso gut Blödsinn sein konnten, also ein einziges Chaos. "Hab ich was falsches gesagt?", fragte Jessy kleinlaut nach einer langen Pause. Eine große erdrückende Stille trat ein, so leise, dass sie den durch die Ritzen wehenden Wind hören konnten. Jetzt sah das Haus wirklich grau, verlassen und tot aus. Jimmy zuckte mit den Schultern. "So ist das also. Sie haben Angst vor den Dämonen. Das wusste ich nicht. Ich dachte bisher, sie wollen die Magie erhalten, weil es etwas schönes ist. Eine Kunst, wie Malen... oder Musik... es ist auch was schönes, und aus diesem Grunde haben wir sie beschützt. Wir haben sie zwar auch irgendwann verlernt, aber trotzdem lohnte es sich für sie zu kämpfen." Jessy guckte ihn verstehend an. "Aber das ganze hieße ja, dass sie uns damals freiließen, weil sie... entweder Angst vor uns hatten, weil wir zaubern konnten, oder weil wir eben wie Europäer waren, die sie beschenkten.", überlegte Jimmy weiter. "Ich weiß gar nicht, wie das geendet hat, aber wir müssen hier wirklich Ordnung reinbringen. Für diese Verbrechen, welche die Blacks machen, müssen sie bestraft werden. Und das wenige schöne der Magie sollte erhalten bleiben... Deshalb splitten sie die Gegenstände und vergraben sie..." Er seufzte. "Ich fürchte, ich hab hier das Gleichgewicht total durcheinander gebracht. Dabei kann ich das nicht einmal kontrollieren. Mich wundert nur, dass die Amazonen so völlig unbegabt in der Zauberkunst sind. Sagte Shampoo nicht, sie könnten mit diesen beiden Stäben immer noch nichts anfangen?" Jimmy seufzte und schüttelte genervt den Kopf. "Sie können einige Gegenstände zwar benutzen, aber ich glaube nicht, dass ihnen das gegen Dämonen hilft. Amazonen sind doch Kämpferinnen, keine Zauberinnen. Und außerdem glaube ich nicht, das Blacks Dämonen beschwören werden, nicht, wenn sie magische Gegenstände vernichten, das macht dann doch keinen Sinn. Sie werden dann auch vernichtet!" "Mach dir keine Sorgen", entgegnete Jessy und lächelte leicht. "Wir werden das wieder gerade biegen. Wir werden das mit den Matriarchinnen klären und helfen, so gut wir können. Die Blacks hauen wir eins über und die Dämonen haben eh Angst vor dir. Zumindest weißt du jetzt endlich, was dein Ziel in dieser Welt ist." "Mhm." Jimmy grinste. Aber sie hatte recht. Silver war wohl erst mal sein Ziel, nur hatte er nicht die Möglichkeit ihn zu besiegen, und suchen musste er ihn auch noch. Aber mit Ranma und viel Training würde er es schon irgendwie schaffen. Jetzt kam erst die richtige Arbeit. "Komm", sagte das Mädchen, legte ihm die Hände auf die seinen und schaute ihm aufmunternd in die Augen. "Ich glaube an dich. Shampoo hat eine schwere Zeit, Ryoga ist abgehauen, die Blacks schlagen zu, sie hat die vom Dorf auferlegten Anweisungen nicht ausgeführt und Xiaou verloren. Und mit ihrer Urgroßmutter hat sie noch nicht mal geredet. Wir sollten sie ein wenig aufmuntern." Sie stand auf und zerrte ihn ebenfalls auf die Beine. "Du hast recht." Jimmy atmete tief ein und hustete den Staub wieder aus. Dann wischte er sich über die Nase und sagte: "Ich frage mich nur, ob die Amazonen nicht mit dem ganzen Zeug übertreiben und sich, ohne Beweise zu haben, vor jedem Blödsinn fürchten. Die Geschichtsbücher sind nämlich nicht eindeutig. Und diese beiden Stäbe... sag mal, meinst du, die Amazonen würden sie hergeben? Na ja, erst mal nichts wie raus hier, sonst dreh ich noch durch. Lass uns mal schnell die Kleine finden." ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Shampoo war draußen nirgends mehr zu finden. Jimmy und Jessy suchten alles ab, ihr Haus, den Kampfplatz, einige andere seltsamen Plätze, das ganze Amazonendorf. Sogar in den Tempel hatten sie ein Auge geworfen, trauten sich aber nicht hineinzugehen. Schließlich setzten sie sich auf eine kleine Steinbank, von der aus sie das Fortlaufen der Kämpfe beobachten konnten und machten sich stillschweigend Vorwürfe. Auf dem weit entfernten Baumstamm schlugen sich die wackeren Amazonen mit den lustigsten Waffen von Ecke zu Ecke, von Tausenden kleinen Wurfmessern bis hin zu riesigen Hellebarden. Die Menge um den Platz herum schrie und jubelte fröhlich ihr "Lo-xion, Loxion" oder ähnliches. Von Zeit zu Zeit landete eine Amazone im Staub neben dem Baumstamm, die andere verbeugte sich fröhlich und machte dem nächsten Pärchen Platz. So saßen sie eine Weile und guckten dem zu, bis die Sonne langsam unterging und die Kämpfe aufhörten. Jimmy seufzte. Die Probleme häuften sich. Vorhin dieser Zwischenfall mit dieser Lao-xan, die er gerettet hatte, und die ihm wahrscheinlich auch ohne Heiratskuss hinterher rennen wird, und er wusste nicht einmal, was Jessy darüber dachte. Die sonstigen Mädchen, die Jimmy bisher kannte, würden total eifersüchtig sein, ausrasten und ihrem Typen nach solch einer Show eine klatschen, oder wie Akane, zum Mond schießen. Und dabei hatte er sie nur vor einem schweren Bruch bewahrt, ihr das Leben gerettet und keinen Heiratsantrag gestellt, es war nur ein Reflex. Wenn man eine Freundin hat, heißt das doch nicht, dass man Herzlos werden muss. Die Frage war nur, wie Jessy dies auffasste. Bestimmt wieder ganz falsch... Hatte sie das überhaupt mitbekommen, was er getan hatte? Sah sie darüber hinweg? Oder machte sie sich heimlich darüber Gedanken? Ganz zu schweigen von dieser Kleinigkeit mit Jessy und Lao-xan, war jetzt, um alles noch schlimmer zu machen und ein weiteres Chaos in Jimmys Kopf zu bilden, auch noch Shampoo weg. Er seufzte. Hoffentlich hatte sie keine Dummheiten angestellt und war noch irgendwo sicher im Amazonendorf. Jessy seufzte ebenfalls. "Vielleicht", überlegte sie müde, "weiß ihre Urgroßmutter, wo sie sein könnte." "Dürfen wir denn in den Tempel? Da war sie doch vorhin." "Wir können doch nicht wissen, ob wir da rein dürfen, also machen wir es einfach." Das war ein Argument, überlegte Jimmy. Diese Sache mit dem Verarschungspokéball war zwar nicht gerade nett, aber er hatte sich damit, nach seiner vorherigen Aussage, irgendwie eine Prestige gewonnen, und sie würden ihn für einen kleinen Fehler nicht gleich bestrafen, nahm er zumindest an. "O.k., dann fragen wir die Hexe. Hoffentlich ist Shampoo nichts passiert." Sie standen auf und machten sich auf den Weg. Vor dem großen, riesigen Steinblock hielten sie allerdings noch einmal an, unsicher, ob sie es tatsächlich wagen sollten in einen so heiligen Ort einfach reinzuplatzen. Die Sonne schien geradewegs in dieses antike Gebäude, und drinnen sah es mystisch und heilig aus, prachtvoll und königlich, beziehungsweise königinnenlich. Sie fühlten sich etwas unbehaglich, denn das war wirklich kein Ort, wo man seinen Spaziergang machen konnte. Schließlich kam Cologne freiwillig raus. "Was wollt ihr?", fragte sie gereizt und wedelte mit ihrem Stock. "Shampoo ist verschwunden", berichteten die beiden. "Wo?", fragte die Hexe. "Wissen wir nicht. Sie ist einfach verschwunden." "Was ist denn los?", fragte eine andere Stimme. Aus dem Tempel kam anmutig eine weitere Matriarchin heraus, eine wunderschöne Prinzessin in ihrem Licht erstrahlend. Es war die Mutter von Xiaou und Lao-xan, mit der sie am Vortag gesprochen hatten. "Oh, ihr seid doch Jessy und Jimmy, oder? Lao-xan hat mir von euch erzählt. Gehörst du ihr?", fragte sie den Jungen. "Die beiden leben nicht nach unseren Traditionen", antwortete Cologne. "Ah, dann habt ihr so was wie eine Gleichberechtigung? Es gibt sogar einige Amazonen, die sich entscheiden ihren Mann gleichwertig zu sehen. Seid ihr verheiratet?" "Sie mögen es in späten Jahren zu heiraten, wenn sie steinalt und gebrechlich sind", sagte Cologne erneut dazwischen. "Ah?", machte die andere Matriarchin und lächelte. "Eigentlich sind wir hier, weil wir Shampoo suchen", erklärte Jimmy. "Ahso, da kann ich euch helfen, glaube ich. Aber erst mal würde ich gerne über eine Sache bescheid wissen." Sie lächelte fragend, worin aber eine Spur von Wut enthalten war. "Wo ihr doch schon mal hier seid, erklärt mir doch die Sache mit dem komischen Ball." Jimmy wurde es plötzlich etwas heiß. Dieses Thema war es, welches ihm solches Unbehagen im Amazonendorf fühlen ließ, und vor dem er zu unsicher war, um sich den Amazonen zu stellen. Er fing erst mal an in der Luft zu gestikulieren, bevor er überlegte, wie er es erklären sollte und dies auch versuchte. "Der Pokéball, also der Ball war ein Pokéball, aber kein echter. Man kann mit solchen Bällen an einigen Stellen Pokémons, äh, Tiere einfangen, ganz besondere Tiere." "Ich möchte eigentlich wissen, warum du ihn uns gegeben hast, und warum er sich aufgelöst hat." Jimmy atmete kurz ein und fing dann erneut an: "O.k., der Ball war eine Illusion. Ich hab eigentlich gehofft, dass ihr uns, wenn wir euch so einen Ball geben, nicht einfach umbringt und uns frei lasst." Die Matriarchin guckte ihn verwundert an und fing plötzlich laut an zu lachen. "Was? Wiederhol das bitte." Jimmy wich erschrocken zurück und machte nur vollkommen irritiert ein "Hä?". Die große Matriarchin vergrub ihre Augen in der Ellenbogenkehle, während sie sich an dem Türrahmen des Tempels festhielt, und lachte sich kaputt, die anderen drei, Jimmy, Jessy sowie auch Cologne, schauten ihr besorgt dabei zu. Schließlich fasste sie sich, schluckte ihren Anfall runter, zerrte ihr Lachen zu einem ausdruckslosen Gesicht und würgte halb prustend "Du dachtest was?" heraus. "Wie kommst du darauf?" "Na ja, ich hatte da ein schlechtes Gefühl..." "Seine weibliche Intuition hatte ihm das gesagt", erklärte Jessy. Sofort brach die Matrairchin wieder in gnadenloses Gelächter aus. "Beherrsch dich!", rief Cologne und schlug nach ihr mit dem Stab. Ehe sich Jimmy versah, wich die große Matrarchin aus indem sie verschwand und auf der anderen Seite von Cologne wieder auftauchte. Dort stützte sie sich mit einer Hand wieder am Türrahmen und wischte sich mit der anderen über die Augen. Jimmy staunte, das hatte große Ähnlichkeit mit dem Teleport-Amaguriken von Ranma. "Tut mir leid, 'tschuldigung, hehe, sorry", lachte sie weiter. Cologne schielte zu ihr rüber und grummelte. Dann zeigte sie mit dem Stock auf Jimmy. "Das ist die dümmste Ausrede, die ich je gehört hab", sagte sie drohend. "Aber es stimmt. Mal eine ganz andere Frage: Warum habt ihr uns gehen lassen, nachdem ich euch den Ball gegeben habe? Ihr hättet mit uns doch noch machen können, was ihr gewollt hättet." "Wir hätten aus euch ein Liebespaarteppich gemacht", lachte die große weiter. Jimmy stellte fest, dass Lao-xans ganze Familie einen Knall hatte, und wandte sich mit einem "Hm?" wieder Cologne zu. "Was hätten wir machen sollen? Es war ein Kampf zwischen dir und Shampoo. Sie hätte euch umgebracht, wir haben nichts damit zu tun!" "Na ja, das hatten wir uns gedacht", grinste Jimmy ironisch. "Nun aber zu ihnen", wandte er sich der großen Matriarchin zu. "Sie sagten, sie können uns helfen." "Aber klar, Shampoo ist an einem kleinen Brunnen südlich des Dorfes, ein winziges Plätzchen, fast nicht zu finden und doch unverfehlbar. Aber..." Sie legte Jimmy plötzlich den Arm um die Schultern und führte ihn ein Stück von den anderen weg. "Du siehst wie ein starker Mann aus, ich sehe es an deinen Augen. Ich glaube, du wärest ein perfekter Mann für meine Lao-xan, aber da du nach deinen eigenen Traditionen lebst, frag ich dich zunächst, was du von der Idee hältst." Jimmy guckte sie verblüfft an und wünschte sich zum ersten Mal nichts sehnlicher als Ranma herbei. Er, und auch nur er, konnte ihn beschützen, indem er die Aufmerksamkeit aller Frauen auf sich lenkte. Aber die Frage nach seiner Meinung erweckte in ihm zum ersten Mal das Gefühl verstanden zu werden, und dass er eine Art Freundin gefunden hatte. Jimmy schüttelte den Kopf und fing an zu erklären: "Ich und Jessy, na ja, wir sind zwar nicht verheiratet..." Er wandte sich um, prüfte den Abstand zwischen sich und seinem Pokémonmädchen und fuhr dann fort: "Aber ich bin doch irgendwie an sie gebunden." "Ach so, also doch? Aaaah", grinste sie. "O.k., hehehehehe. Dann geht mal zu Shampoo, sie ist bestimmt sehr traurig, wenn sie dort am Brunnen ist. Sonst verlässt sie nie das Dorf. Geht schnell nach ihr gucken und sagt dann Cologne bescheid, denn ich glaube, auch wenn sie nicht danach aussieht, macht sie sich doch große Sorgen." "O.k.", nickte Jimmy und grinste leicht, sichtlich beruhigt. Damit wäre das Problem mit Lao-xan doch hoffentlich gegessen. Sie gingen wieder zurück zu den anderen, die beiden Matriarchinnen schlenderten wieder zurück in den Tempel, die kleine von der großen hineingeschoben, und Jimmy und Jessy standen wieder alleine am Eingang. "Was hat sie dir eben geflüstert", fragte Jessy interessiert. "Nichts besonderes", grinste Jimmy weiter. "Na! Sag! Du bist auf einmal so fröhlich!", wunderte sich Jessy und zog die Augenbrauen hoch. "Ich erzähle es dir ein andermal. Jetzt müssen wir Shampoo suchen." Er grinste geheimnistuerisch und machte sich auf den Weg. Jessy folgte mit einem "Hmpf". ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Sie gingen in die besagte südliche Richtung und stießen nach einiger Zeit tatsächlich an einen Brunnen. Er war mitten auf einer winzigen Lichtung in einem sehr dichten Wald, wirklich so, dass man ihn nur schwer erkennen konnte, und doch hatten sie ihn auf Anhieb gefunden, er war tatsächlich irgendwie unverfehlbar. Um diesen kleinen Springbrunnen standen einige Steinbänke im warmen Licht der Sonne, zur Romantik einladend, und auf einer von ihnen saß Shampoo, das wie Kristall klare Wasser beobachend, welches das Sonnenlicht brach und am Boden, an den Bäumen und den Steinbänken auf einer Seite immer flackernde Regenbögen erzeugte. Jessy kickte einige der heruntergefallenen Blätter zur Seite und sie stapften dann langsam zu der Amazone. "Es ist schon Herbst, und es ist immer noch so schön warm", sagte Jimmy verträumt. Shampoo drehte sich ruckartig um, auf einen Kampf vorbereitet, doch als sie Jimmy und Jessy sah, beruhigte sie sich und schaute wieder starr auf den Brunnen. Die beiden gesellten sich zu ihr, Jimmy hockte sich vor sie und Jessy setzte sich daneben, und sie guckten sie besorgt an. "Du, hör mal, Shampoo", fing Jimmy an. "Es tut uns leid, was wir vorhin gesagt haben, das mit der Polizei. Bei uns, in Japan, ist es für gewöhnlich so, dass wir eben die Polizisten bei Problemen rufen, und die kümmern sich drum. Ich wusste nicht, dass sie euch damals ignoriert hatten." "Vergiss es einfach wieder", sagte Shampoo abweisend und drehte sich weg. "Shampoo! Ich hab doch gesagt, es tut mir leid. Wir versuchen eure Tradition zu verstehen, aber ihr müsst auch unsere verstehen lernen. Ich hab das nicht gesagt, weil ich mich über euch lustig machen oder euch beleidigen wollte, ich hab dies nur als Möglichkeit angesehen, sich gegen die Blacks stark zu machen. Wenn ihr es schon versucht habt und nicht noch mal versuchen wollt, versteh ich das. Nur zusammen ist man trotzdem stärker als alleine, und ich glaube, man sollte einiges mehrmals versuchen." Shampoo antwortete nicht, sondern starrte weiterhin auf den Brunnen, ohne sich zu rühren oder ihren Gesichtsausdruck zu verändern. Jimmy seufzte und setzte sich auf die andere Seite neben sie. "Ihr nehmt doch auch unsere Hilfe an, oder?" "Haben wir das gesagt?", entgegnete sie scharf. "Von deiner Seite wirkt das so, da du öfters bei uns aufgetaucht bist", meinte Jimmy seelenruhig. Shampoo schwieg. "Wir wollen euch auch helfen", sagte Jessy. "Es ist irgendwie Pflicht Freunden zu helfen." Shampoo drehte sich zu Jessy und guckte sie überrascht, aber glücklich an. "Wir sind wirklich Freunde?" "Aber klar." Die Amazone nickte und lächelte. "Danke. Vielleicht habt ihr recht. Vielleicht sollten wir es wirklich noch ein zweites Mal versuchen, das ist besser als gar nichts. Tut mir Leid, dass ich vorhin so rumgeschrieen habe." "Alles halb so schlimm." Jessy grinste und nahm Shampoo in den Arm, ihren Rücken tätschelnd. Dabei zwin kerte sie Jimmy zu. "Haben wir dich aufgemuntert, hm? Wollen wir zurück zum Dorf?" "Ja... aber was wird Urgroßmutter sagen? Ich hab immer noch nicht mit ihr geredet." "Kein Problem", sagte Jessy entschlossen. "Wir helfen dir. Die Sache mit dem Pokéball haben wir geklärt, die Sache mit dem Amaguriken klären wir auch. Und deine Aufgabe Jimmy zu einem Kampf aufzufordern, die machen wir rückgängig. Um Ryoga brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen, der ist zwar verschollen, aber wie ein Fels in der Brandung." "Wie ein Fels?" Jessy nickte. "Mhm. Ich meine, dass er sich nicht unterkriegen lässt und zu dir zurückkommen wird. Komm!" Sie stand auf und zog auch Shampoo auf die Beine. Dann half sie auch Jimmy hoch. "Lass uns erst mal zurück gehen und mit Cologne reden." ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Cologne käme wohl auch ein zweites Mal freiwillig aus dem Tempel, nur dass sie sich dieses mal, in Shampoos Begleitung, hineinwagten und sie auf der Hälfte der Strecke trafen. Zusammen gingen sie in den vorderen Teil, wo zwei weitere Matriarchinnen neben einer Art Altar auf sie warteten, eine zweite, ebenso schreckliche Hexe wie Cologne, und die Anmut verstrahlende Prinzessin und Mutter Lao-xans. "Shampoo, du bist zurück?", fragte Cologne. "So ist es, Urgroßmutter." "Hast du deine Aufgabe erfüllt?" "Hat sie nicht", erklärte Jimmy und Shampoo schüttelte dabei den Kopf. "Warum nicht?", fragte die Matriarchin scharf. "Sie hat 'nen anderen", nickte die strahlende Prinzessin und grinste breit. "So braucht sie Jimmy nicht zu heiraten, wenn sie auch gegen wen anders verliert." "Meine Tochter hat gegen diesen Mann nicht verloren", zischte Cologne. "Sie sind auch nicht zu einem Ergebnis gekommen", stimmte Jessy zu. "Ryoga ist dazwischen gegangen." "Und da hat sich unsere Shampoo an ihn geschmissen, statt ihre Aufgabe zu erfüllen", lachte Lao-xans Mutter belustigt auf. "Hätte ich auch gemacht!" Böse drehte sich Cologne zu ihr um und funkelte sie so lange an, bis ihr Lachkrampf vorüber war. Dann drehte sie sich zurück zu ihrer Enkelin. "Wir werden morgen verreisen, Shampoo." "Morgen? Aber-" "Kein Aber! Du hast deine Aufgabe nicht erfüllt und-" "Ich hab sie doch erfüllt!" "Das hat sie", bestätigte Jimmy und trat einen Schritt vor. "Sie hat nämlich herausgefunden, warum ich den Amaguriken kann." "Du kannst den Amaguriken?", wunderte sich Cologne. "Woher?" "Hab ich doch gesagt", rammte die Matriarchin-Prinzessin Cologne mit dem Ellenbogen unsanft von der Seite, dass die Hexe auf ihrem Stock beinahe das Gleichgewicht verlor. "Xaiou hat doch Lao-xan getroffen und es ihr erzählt. Wovon träumst du eigentlich, wenn ich mit dir rede?" Zum dritten Mal drehte sich Cologne grummelnd zu ihrer Matriarchin-Partnerin und funkelte böse. Vorsichtshalber stieg sie aber von ihrem Holzstab. "Dieser Jimmy ist echt interessant", überlegte die große und schaute verträumt an die Decke. "Wenn er mein Alter hätte, dann würde ich glatt gegen ihn verlieren wollen..." Jimmy lief rot an und schaute irritiert zu Boden. Cologne regte sich weiter auf, grummelte und wedelte wütend mit ihrem Stab, ohne etwas zu sagen. "Schluss mit dem Gefasel!", mischte sich die dritte Matriarchin ein. "Shampoo soll uns doch endlich mal erklären, woher dieser Mann unsere Geheimtechnik kennt! Sprich, Shampoo." Alle blickten zu Shampoo, doch sie, unwissend, schaute nur zu Boden. Sie wusste es nicht, Jimmy hatte es ihr nie gesagt, zumindest nie die Wahrheit. Und er wusste das. Also trat er erneut unaufgefordert vor: "Als ich es ihr erklärt habe, hat sie sich Sorgen um ihren neuen Verlobten, also Ryoga, gemacht, glaub ich, und deswegen nichts mitbekommen." Verblüfft drehten sich alle zu ihm um. "Dann hat sie es nicht herausgefunden!", stellte die zweite Hexe fest. "Hm. Wie man es sieht. Ich glaube, sie hat es nur vergessen. Darf ich es erklären? Es ist eh eine lange und komplizierte Geschichte, wer merkt sich so was schon?" Er hielt kurz inne und schaute in die Runde. Er wusste nicht, ob er nicht zu dreist gewesen war hier als einziger Mann in einer Frauenherrschaft große Töne zu spucken. Aber irgendwie musste er Shampoo hier heraushelfen, schließlich war das ganze hier, angefangen von seiner dummen Pokéballgeschichte, seine Schuld. Er räusperte sich. "Also, ob ihr es glaubt oder nicht, es gibt solch eine Welt ohne mich. Und die wurde aufgezeichnet, sprich es wurde ein Manga draus gemacht. Den hab ich natürlich gelesen..." Er erzählte ihnen ein Wirrwarr der Wahrheiten, die tatsächlich stattfanden, kürzte es aber geringfügig ab und ließ seine Dimensionssprünge unerwähnt, hielt sich aber sonst eng an der Tatsachen. Es gab in "seinem" Buch angeblich eine Amazone, deren Namen er nicht erwähnen wollte, die einem Freund verhelfen wollte gegen irgendwen zu siegen. Dass dieser Irgendwer sie selbst war, ließ er ebenfalls unerwähnt. Aus diesem Grunde hatte sie ihm die Amagurikentechnik, oder die Kastanien-aus-dem-Feuer-holen-Technik, beigebracht, indem sie es ihm vorgeführt hatte. Jimmy hatte daraufhin, als er dieses gelesen hatte, ebenfalls Lust gekriegt die Technik zu lernen und hatte sie lange geübt. Ihm war natürlich unklar, dass sie tatsächlich von echt lebenden Amazonen beherrscht und gehütet wurde, und sah das nur als Training für die Erhöhung seiner Körpergeschwindigkeit an. Über die Amazonen dachte er natürlich bis jetzt, sie wären eine Legende, aber diese Technik erwies sich trotzdem als brauchbar, und als er die Amazonen tatsächlich kennen lernte, da war es zu spät sich darüber Gedanken zu machen. Und deswegen konnte er jetzt diese geheime Technik des Amazonenstammes. Nachdem er mit den Erzählungen fertig war, guckten ihn die drei Matriarchinnen und Shampoo nur vollkommen weggetreten an. "So einen Mist hab ich noch nie gehört!", rief Cologne. "Wir sollten dich einsperren!" Jimmy zuckte zusammen. "Einsperren??? Diesen Komiker?", kreischte die Matriarchinprinzessin und prustete los. "Das war die lustigste Geschichte, die ich bisher gehört habe! Und wie er sie erzählt hat! Der Hammer!" "Beherrsch dich!!", schrieen sie die beiden Hexen von beiden Seiten an. Sie schaffte es tatsächlich ihr Lachen unter Kontrolle zu kriegen und kicherte leise mit der Hand vor dem Mund. "Nun mal ganz im Ernst, hehe, woher kannst du diese Technik?" Jimmy war überrascht ihre Reaktion zu sehen. Sie hielt das ganze tatsächlich für komisch! Schlimmer noch, sie glaubte kein einziges Wort. Er guckte sie beleidigt an. Jetzt hatte er solch ein großes Stück Wahrheit zu einer Geschichte gefasst und es wurde immer noch wie ein unglaubwürdiger Witz aufgefasst. "Mensch!", fuhr die Prinzessin fort. "Das ist doch Unsinn ihn wegen dieser Technik einzusperren, oder? Spielt es so eine große Rolle, dass er die Technik kann? Sind wir eigentlich Matriarchinnen oder kleine Bürgerinnen?" Cologne und die andere Hexe guckten sie verständnislos an. Auch Shampoo, Jimmy und Jessy schauten gespannt zu ihr rüber, doch Lao-xans Mutter schüttelte nur den Kopf. "Die Frauen würden uns auslachen! Eine Technik, die zur Übung gedacht ist!" Sie fing selbst an zu lachen, weniger als Zeichen, wie das wohl aussehen würde, als über ihre eigene Doofheit. "Wir sind doch angeblich die weisesten in diesem Dorf, oder? Dann müssten wir wissen, dass es diese Technik überall geben kann. Jeder kann sie erfinden! Ein einfaches Schnelligkeitstraining, dass ich nicht lache! Kastanien-aus-dem-Feuer-holen-Technik!! Haha! Ich hab mal einen gesehen, der musste Fische ohne Angel jagen. Der hat auch seine Schnelligkeit geübt, er nannte sie nur Fische-aus-dem-Fluss-fischen-Übung." Sie krümmte sich vor lachen. "Und... er sagte auch, das wäre seine geheime Technik!! Ich haue ab, sonst lach ich mich hier noch tot! Viel Spaß beim streiten." Mit diesen Worten schlenderte sie laut kichernd aus dem Tempel, so laut, dass es von den Wänden wiederhallte. Zurück blieben nur die zwei beschämt zu Boden guckenden Hexen, zwei grinsende Dimensionsreisende und die irritierte Shampoo, die sich zusammen das leiser werdende Echo der großen Matriarchin anhörten. Die zweite Hexe nickte langsam. "Sie hat doch recht. Das ist echt kompletter Blödsinn, auch wenn er ein Mann ist." Sie schüttelte fassungslos den Kopf. "Ich ziehe mich für heute zurück." Cologne nickte ebenfalls. "Gut... dann ist wohl... die Verhandlung geschlossen." Sie seufzte. "Shampoo, heute Nacht kommt dein Vater wieder. Geh nach Hause und mache ihm einen Empfang, er muss nämlich ausschlafen. Wir verreisen morgen noch nicht. Noch nicht... Und nun raus mit euch!" Die drei nickten und drehten sich um. Schnell gingen sie aus dem Tempel und, kaum dass sie an der Sonne waren, hüpften sie fröhlich in die Höhe. "Klasse, hm?", grinste Jimmy. "Hab ich endlich den Amazonenstress aus dem Kopf." "Siehst du?", stupste ihn Jessy an. "Ein kleines Gespräch bringt alles wieder ins Reine." "Was meinst du mit Amazonenstress?", fragte Shampoo. "Den Stress mit euren Gesetzen, die wir nicht verstehen. Mit dem Pokéball, den Küssen und so weiter. Den Stress mit euch Weibern bin ich gänzlich los... fast." "Du bist den Stress mit uns Weibern ,fast' los?", wunderte sich Shampoo mit großen Augen. "Fast, da gibt's noch eine... egal! Wenigstens sind deine Aufgaben annulliert und wir bekriegen uns nicht mehr. Ich muss mir also keine Sorgen machen irgendwann nachts überfallen zu werden." Jessy schaute neugierig von Jimmy zu der Amazone und wieder zurück. "Mhm", nickte Shampoo und lächelte zum ersten Mal wirklich erleichtert. "Ich glaube, ich verstehe dich. Jetzt ist Schluss mit dem ganzen! Ab jetzt halten wir zusammen!" Jimmy nickte. "Gegen die Blacks und alle anderen, die uns im Weg stehen werden! Freunde?" "Freunde!" Jimmy hob die Hand und Shampoo schlug ein, beide fröhlich lachend. Jessy stand daneben, beobachtete, wie die beiden einander verstanden, hielt die Daumen hoch und grinste ebenfalls. Doch dann beendete sie Jimmys Rumhüpfen mit dem sanften auflegen ihrer Hand auf seinen Schultern. "Wer ist denn diese eine, die dir immer noch Stress bereitet?", fragte sie mit einem süßen Lächeln und guckte ihm voller lieber Neugierde in die Augen. "Äh", machte der und versuchte sich zu entziehen. "Keine Ahnung..." ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wenig später saßen die zwei ohne Shampoo auf einer Bank in einem kleinen Park im Amazonendorf. Es fing langsam an zu dämmern und ihre Umgebung wurde immer unklarer, dafür um so romantischer. Jimmy staunte sowieso über diesen Park. Er war zwar wirklich winzig, obwohl er für dieses Dorf eigentlich recht groß war, und total ungepflegt, sah deswegen aber natürlicher aus, und er war voll von schönen Farben. Einige Bäume, die um sie herum standen, waren halb voll mit bunten Herbstblättern, halb kahl, die restlichen wehten fröhlich über den grünen Rasen mit den wenigen Spätsommer- und Herbstblumen und über den Mosaikweg. Der Teich vor ihnen war voll von Wasserrosen und quakte leise vor sich hin. "Echt schön hier", stellte Jimmy fest. "Schön romantisch, hm?", fragte Jessy. Jimmy schaute vorsichtig zu ihr rüber. Shampoo war dieses Mal nicht dabei, sie musste ihrem Vater einen Empfang machen, deshalb waren sie jetzt alleine. Wollte Jessy das ausnutzen? "Sag mal", fing das Mädchen an, "wie findest du eigentlich Lao-xan?" Jimmy stutzte. Also hatte sie das doch mitbekommen, was er an diesem Morgen mit ihr veranstaltet hatte, sie hatte es sich nur nicht anmerken lassen. "Was soll ich von ihr halten?", entgegnete er. "Was hältst du eigentlich von ihr?" "Ich hab zuerst gefragt!" "Na und?" Jimmy grinste. "Du willst was von mir, also beantworte meine Frage zuerst!" Jessy funkelte ihn gespielt böse an. "O.k., hm... was ich von ihr halte? Da gibt's eigentlich nichts von ihr zu halten. Ich kenne sie nicht einmal." "Und was sagst du zu dem, dass sie heute in Shampoos Wohnung aufgetaucht ist?" "Na ja, hm. Was wollte sie eigentlich noch mal?" Jimmy fasste sich an den Kopf. "Sie wollte sich mit mir verloben! Mir einen Kuss verpassen! Hast du das etwa vergessen?" Jessy schaute ihn lieb an und grinste. "Also darüber machst du dir die ganze Zeit Gedanken, hm? Was ich von der Sache halte!" Sie kicherte. "Du bist echt süß." Das verschlug Jimmy die Sprache. Sie hatte ihn reingelegt!! Natürlich wusste sie darüber bescheid, so was konnte man doch nicht so einfach vergessen! Nur dass sie erfahren wollte, wie er über die Situation dachte. Oder worüber er dabei genau dachte. Jimmy atmete tief ein und versuchte seine Irritation zu kontrollieren. "Nun zurück zu meiner Frage", fuhr sie fort. "Was hältst du von Lao-xan?" "Ähm... na ja... sie... warum willst du das wissen?", lenkte er ab. "Rein aus Neugier. Magst du sie denn und willst es mir nicht sagen?" "Ähm", überlegte Jimmy und schüttelte den Kopf. "Also, ich bin nicht in sie verknallt, wenn du das meinst. Wieso? Wie siehst du die Sache mit ihr?" "Die Aktion heute morgen? Keine Ahnung!", grinste Jessy. "Ich hab mich da nur gefragt, ob du dir wieder irgendwelche Schwierigkeiten eingebrockt hast. Und ich glaube, du hast sie am Hals." "Das hört sich an, als ob es dich stören würde." "Tut es nicht", rief Jessy empört und schubste ihn leicht. Dann schaute sie verträumt Richtung Teich. "Höchstens ein ganz, ganz kleines bisschen." Überrascht schaute sie Jimmy von der Seite an. "Also doch?" Jessy grinste. "O.k., es stör mich etwas. Aber sag mal, wie sehr stört dich, dass ich mich mit Tasumo treffe?" "Überhaupt nicht", nickte Jimmy bestätigend, obwohl er wusste, dass das nicht stimmte. Dann seufzte er. "O.k., auch ein kleines bisschen, aber nur ein kleines." "Ein kleines, hm?" Jimmy wollte nicken, aber ehe er sich's versah, hatte Jessy ihn sanft am Kinn gefasst, zu sich gedreht und ihn geküsst. Jimmy war so überrascht, dass er mit einem Schlag alles vergaß. Es war, als ob es plötzlich nichts mehr außer ihr gäbe, als ob alles einfach davon gefegt worden wäre, seine ganzen Gedanken, die Umgebung, alles, und als ob er für immer mit Jessy in dieser wunderschönen Dämmerung bleiben könnte. Oder aber, als ob sein Hirn ausgesetzt hätte, es kümmerte ihn aber kein Stück. Es war einfach nur herrlich. Jessys Mund war warm und beruhigend, aber irgendwie erfrischend. Seine ganzen Sinne fingen an verrückt zu spielen. Sein Puls setzte kurz aus, nur um plötzlich wie verrückt drauflos zu hämmern, und ob er noch atmete, konnte er nicht sagen. Wie lange sie sich küssten, wusste er nicht, er war vollkommen weggetreten, bis sie schließlich langsam wieder auseinander gingen. Jimmy war wie betäubt und verstand nichts mehr. Er sah nur, wie sich um ihn herum wieder alles aufklärte und Konturen annahm. Es war, als ob er gerade aus einer Hypnose aufwachte. Er atmete tief ein und merkte jetzt erst, dass er in dieser Zeit kaum geatmet hatte. Jessy leckte sich über die Lippen, als hätte sie etwas süßen gegessen. "Mhm. Warum muss ich eigentlich den ersten Schritt machen? Bist du nun der Mann oder nicht? Ah ja, deine weibliche Intuition..." Jimmy nickte verwirrt. Jessy hatte mit dieser Aktion eine große Menge an Fragen beantwortet, eine sehr große Menge. Jetzt musste er sie erst einmal aufräumen und entsorgen, aber es waren so viele... "Akane sagte, der Mann muss anfangen, nicht die Frau. Sie wartet auch auf Ranma." "Hör nicht auf Akane", sagte Jimmy leicht erschöpft. "Sie wird noch lange warten. Aber..." Er drehte sich glücklich zu ihr. "Du hast mir einiges erleichtert. Danke." Sie lachte und küsste ihn noch mal. Dieses mal war es ein kleiner, schüchterner Schmatzer auf den Mund. Dann schauten sie beide schweigend und glücklich vor sich hin grinsend zum Teich, während es immer dunkler wurde, und saßen dort noch einige Stunden. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Am nächsten Morgen wachte Jimmy dadurch auf, dass ihn die warmen Sonnenstrahlen der Mittagssonne an der Nase kitzelten. Sie fielen geradewegs durch einen kleinen Spalt am Fenster genau auf ihn, sogar ohne den Raum zu erhellen. Jimmy blinzelte. Neben ihm waren die zerwühlten Futons der beiden Mädchen, sie waren also schon verschwunden und längst außer Haus, so rollte auch er sich aus seinem und reckte sich. Schnell zog er sich an, schaute sich im Haus um, wusch sich draußen am Brunnen und überlegte, mit was für einer Überraschung der heutige Tag anfangen würde, als er die weise Prinzessin, die große Matriarchin, auf ihn zulaufen sah. Sie hatte ungefähr so eine schöne Ausstrahlung wie die Sonne, und obwohl sie besorgt aussah, war sie die Schönheit in Person. "Jimmy!", rief sie, machte einen Satz und landete direkt vor ihm. Der Junge hatte gerade den Kopf bis oben hin voll mit den gestrigen Ereignissen, vor allen Dingen mit Jessy und ihrem Kuss, über den er immer noch sehr überrascht war, und verstand gar nicht, dass die Prinzessin ihn ansprach. Also zuckte er nur mit den Schultern. "Jimmy! Hallo? Schläfst du nun wie Cologne, wenn man mit dir redet?" Immer noch vollkommen weggetreten und mit überglücklichen Schmetterlingen im Bauch reckte und schüttelte er sich und setzte den Übersetzer in Gang. "Was ist denn los?", fragte er auf chinesisch. "Jessy ist in Gefahr!" So wie Jimmy dastand, so fror er ein. Sein Gesicht wechselte nicht nur den Ausdruck, sondern auch die Farbe, dass die Matriarchin erschrak. "Jimmy? Bist du in Ordnung?", fragte sie besorgt und schüttelte ihn. "Hör zu, Jimmy! Wach gefälligst auf! Jessy ist in höchster Gefahr und du musst sie retten, also reiß dich zusammen!" Er fasste sich an den Kopf und guckte sie verständnislos an. War das irgendein Streich? Gerade erst hatten sie sich verstanden, kamen sich näher und hatten sich geküsst, und er hatte endlich seine Gefühle akzeptiert, nun schwebte sie schon in Lebensgefahr. Ironie des Schicksals... "Wo ist sie?" "Das musst du wissen! Magst du sie sehr?", fragte sie besorgt. "Ja, äh, ich, nein, äh", stammelte Jimmy verwirrt, während sein Kopf wieder Farbe annahm und rot anlief. Er schüttelte sich. Vor dem Aufbruch hatte er sich versprochen ehrlich und lieb zu Jessy zu sein, und gestern war sie auch ehrlich zu ihm, da dürfte er dass jetzt nicht leugnen. "Na gut, ich mag sie. Ich fürchte sogar, dass ich mich furchtbar in sie verliebt-" "Jimmy!" Die Matriarchin schüttelte ihn noch stärker. "Ich hab Lao-xan erzählt, was du letztens über deine Beziehung mit Jessy gesagt hast, dass du an sie gebunden bist. Und ich fürchte, sie hat das vollkommen falsch aufgefasst. Sie hofft, dass du nicht mehr an sie gebunden bist, wenn sie beseitigt ist." "Aber..." "Du bist der einzige, der sie aufhalten kann. Ich bin in dieser Beziehung machtlos gegen sie. Seitdem du da bist, hat sie sich vollkommen seltsam verhalten. Du musst sie finden und mit ihr reden, bevor sie Jessy etwas antut." "Aber... wo ist Jessy? Wo ist Lao-xan?" Er fing an leicht zu zittern. "Du kennst sie, wo geht sie gerne hin?", fragte die Matriarchin. "Ich... weiß es nicht..." Jimmy überlegte. Wo würde Jessy wohl hingehen? Das Amazonendorf war klein, also musste sie hier doch irgendwo sein! Zum Brunnen würde sie nicht gehen, der war außerhalb des Dorfes, zum Tempel sowieso nicht, da sie sich da nicht reintrauten. Aber sie hatte gesagt, dass ihr dieser Park, wo sie gestern waren, sehr gefallen hat. Jimmy drehte sich zitternd in die Richtung. "Okay, dann lauf!", rief die Matriarchin. "Beeil dich, beeil dich, beeil dich! Lauf!" Ehe Jimmy sich's versah, trugen ihn die Beine schon in die Richtung des Parks, sein Kopf lief seit einer langen Zeit wieder auf Hochtouren. Was sollte er jetzt machen? Was hatte Lao-xan vor? Jessy attackieren und umbringen? Warum? Und war die Amazone, obwohl sie so eine schlechte Kämpferin war, eine Gefahr für sie? Wie sollte er sich jetzt verhalten? "Lauf, Jimmy!", rief ihm die Matriarchin hinterher. "Und lass dich von unseren Gesetzen nicht unterkriegen! Für dich steht mehr auf dem Spiel als Lao-xan! Klär das mit ihr! Viel Glück!" Jimmy nickte dankbar, obwohl sie das wohl kaum noch sehen konnte, und rannte so schnell er konnte weiter. Der Park war schon beinahe in sicht. Aber was zum Teufel sollte er mir Lao-xan klären? Was gab es da zu klären? Die Irre musste aufgehalten werden! Sie wusste nicht, wie wichtig Jessy für ihn war, aber wie sollte er ihr das erklären? Wie würde sie reagieren? Würde es zu einem Kampf kommen? Und wie viele ihm unbekannte Amazonengesetze würden jetzt noch in kraft treten können? Jimmy rannte zum Park, stürmte durch die Tür und schaute sich um. Er sah Jessy, sie stand neben der Bank, wo sie sich gestern geküsst hatten, und blickte wieder verträumt zum Teich. Von Lao-xan war keine Spur. Falls es tatsächlich zu einem Kampf kommen würde, würde er wahrscheinlich endlich das einsetzen, wovon er so lange geredet hatte, nämlich seine Machtumwandlung. Falls sie auftauchen würde. Und falls sie wirklich gegen ihn besser Kämpfen würde als auf dem Turnier. Er war wenigstens noch rechtzeitig gekommen. Plötzlich drehte sich Jessy um und winkte in eine Richtung. "Hallo, Lao-xan!! Was ist denn los?", rief sie. Jimmy folgte ihrem Blick. Dort, etwa fünf Meter von ihr entfernt trat Lao-xan hinter einem Baum hervor, vollkommen verheult und ihre Kette schwingend. "Stirb!", schrie sie wutentbrannt. Jessys verwunderter Gesichtsausdruck veränderte sich rapide zu einem Entsetzen, als Lao-xan mit ihrer Waffe ausholte und die Kette auf sie zugeschossen kam. Jimmy war zu weit weg, um vor Jessy zu springen, also überlegte er nicht lange, hob den Arm und rief: "Guardian Wall!!!" Ein hohler Ton ertönte plötzlich, als er in Richtung der beiden Mädchen schlug und den Zauber aussprach. Es wurde kurz dumpf und eine Machterschütterung folgte, dass die Luft zu vibrieren anfing, als sich die astrale Energie vor ihm zu einer hauchdünne Wand zusammenballte und mit rapider Geschwindigkeit in Richtung der Mädchen, zwischen ihnen durch und hinter ihnen noch weiter ausbreitete. Jessy kreischte, als die Kette wenige Zentimeter vor ihrer Nase gegen diese Wand wie gegen Glas prallte, dass Funken sprühten und Blitze zuckten. Es sah aus, als ob sie gleich zerbrechen würde, sie hielt allerdings stand, nahm der Kette die ganze Kraft und stieß sie wieder ab, dass sie klimpernd zu Boden ging. Jessy fiel auf die Knie und tastete mit ihren Fingern vorsichtig vor der Wand, ohne sie zu berühren. Lao-xan stand wie versteinert da und blickte fassungslos abwechselnd zu ihrer Kette und zu der seltsamen hauchdünnen, fast unsichtbaren Glaswand. Das Pokémonmädchen drehte sich langsam in seine Richtung. "Jimmy?", rief sie erschöpft und riss sich wieder auf die Beine. "Jimmy?", wiederholte Lao-xan verblüfft und folgte ihrem Blick. "Oh Gott!" Der Junge wusste selbst nicht mehr, was los war. Er hörte ihre Stimmen nur noch wie ein weit entferntes Echo und sah insgesamt vier Mädchen. Außerdem war ihm eiskalt, als ob er bis eben noch auf der Antarktis gestanden hätte, seine Finger zitterten noch mehr und waren kreideweiß, sein Atem und sein Puls ging schwer und langsam voran. Ihm wurde es allmählich schwarz vor Augen und er ließ sich auf die Knie sinken. "Jimmy! Kannst du mich hören?" Er hörte die besorgten Stimmen näher kommen und spürte, wie er geschüttelt wurde. "Du Idiot! Hast du diese Machtumwandlung eingesetzt? Hast du für mich deine Lebensenergie geopfert???" "Was ist los, was ist los?", hörte er Lao-xan auf Chinesisch rufen. Er wollte etwas sagen, aber ihm fehlte die Kraft. "Lao-xan, hol jemanden! Deine Mutter, einen Arzt, irgendwen! Schnell! Jimmy! Jimmy, bitte... warum machst du so was auch? Du Idiot!!!!" Er hätte ihr gerne geantwortet, ein erstes und letztes Mal gesagt, dass er sie liebte, nicht nur wie ein Pokémon, sondern so wie sie war, als Mensch, aber er spürte, wie ihn die Ohnmacht übermannte, und konnte nichts dagegen tun. Er hatte tatsächlich übertrieben. Warum musste er auch die Guardian Wall einsetzen? Er hätte die Kette auch einfach mit einem Zauber wegstoßen können, schließlich war es keine vor Magie triefende gewesen, die so etwas abblocken konnte, aber nein, es musste gleich diese mächtige Barriere sein! Und mit dieser unkontrollierten Energie, die er eingesetzt hatte, hätte er auch eine Steinlawine aufhalten können, nicht nur eine blöde kleine Kette, so hatte er alles verbraucht, seine ganze Lebensenergie. Seine Gedanken drehten sich immer weiter, immer schneller, und ihm wurde schwindlig, er wollte jetzt schlafen, nichts weiter. Er entspannte alle seine Muskeln und ließ sich langsam zu Boden gleiten. Das letzte, was er noch spürte, war eine zarte Berührung auf seinen Lippen... ein Kuss... ~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~~###~~ Na ja, das war's erst mal :p es hat dieses mal leider ziemlich lange gedauert, um die Wahrheit zu sagen, n halbes Jahr x) ehehe. Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Dafür ist es auch ein wenig länger :) Ich hab mir mal erlaubt die ganze Amazonengeschichte neu zu gestalten und sie kurzerhand vollkommen misshandelt. Ich hoffe doch, es stört euch nicht zu sehr. Mir war es allmählich leid, dass so wenig über die Amazonen bekannt war, außer ihren "Traditionen", obwohl sie doch im Manga fast ständig am nerven waren. Außerdem wollte ich nicht alles kopieren, so hab ich mir diesen Unfug da oben zusammenfabriziert. Ich hoffe, es gefällt euch ein wenig, und mehr noch hoffe ich, dass ihr mir schreibt, wie es euch gefällt x) Nun. Vielleicht ist euch aufgefallen, dass zunehmend verrücktere Charaktere auftauchen (Bsp. Der Tiere-Freak, Lao-xans Mutter, Lao-xan auch n bissel...), was haltet ihr von ihnen? Passen die in die Geschichte, sind die ausreichend und verständlich beschrieben, gibt's da irgendwelche Unstimmigkeiten, die ihr mir sagen müsst? (jaaah, reviewen!!) Oder müssen die noch verrückter werden? Ich hab mir irgendwann Spaßeshalber die Mühe gemacht und versucht Jessy zu malen x) ihr könnt es unter http://ranma.animemanga.de/fanarts/fanart.php?doc_modus=zeichner_liste&id=5210 begutachten und mir gerne irgendwelche Kommentare dazu schreiben, es würde mich seeehr freuen :) aber seid bitte nachsichtig, ich bin im Mangazeichnen n totaler Newb, und es war mein allererster Versuch^^ Falls ihr noch irgendwelche Fehler bemerkt, euch meine Grammatik nicht passt, ihr über den Inhalt meckern wollt, tut das bitte schön ausführlich und in die Commentbox hinein, oder schreibt direkt an scfreak.darkangel@web.de . Alle Verbesserungsvorschläge, Ideen, Hilfen und andere Ratschläge werden seeeehr dankend angenommen. Ich versuch mich dann beim nächsten Chap. ein wenig zu beeilen, ansonsten cya, machts jut!!!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)