Longing von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hinweis: Ich lade das Kapitel hiermit noch einmal hoch, denn seltsamerweise wurde es beim bis letzten Mal mit Adult-Warnung angezeigt, obwohl ich die für dieses Kapitel gar nicht angegeben hatte. Is doch ganz harmlos, dieser Teil... Na ja, hoffe, diesmal klappt's. Würde mich sehr über weitere Kommis freuen! Longing Bereits in dem Moment, in dem er die Augen aufschlug, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Doch zunächst erblickte er nur die Dunkelheit, die ihn in seinem Schlafgemach umhüllte. Offenbar war es noch mitten in der Nacht. Es dauerte eine zeitlang, bis seine eisblauen Augen sich daran gewohnt hatten und zumindest die Umrisse der Möbel wahrnahmen. Langsam richtete Titius sich auf und versuchte das Gefühl, dass ihn aufgeweckt hatte, näher zu ergründen. Es war zweifellos Nervosität, die ihn befallen hatte. Sein Herz klopfte aufgeregt, in seinem Magen breitete sich dieses unruhige Kribbeln aus und sein ganzer Körper war angespannt. Aber warum? Was war passiert? Hatte er etwa wieder geträumt? Aber nein, wenn er diese Träume hatte, konnte er sich immer ganz genau daran erinnern und er wachte zwar immer schweißgebadet und zitternd auf, aber es war dennoch ein anderes Gefühl als das, welches er jetzt verspürte. Aber was war es dann? Sein Körper schien irgendwie alarmiert zu sein, als würde er etwas wittern. In diesem Moment klopfte es an seine Tür, jedoch so plötzlich dass Titius vor Schreck kurz zusammenzuckte, während er immer noch mitten im stockdunklen Zimmer in seinem Bett saß. "Titius-sama! Seid ihr wach?" ertönte die Stimme einer Bediensteten vor der Tür, während sie nochmals klopfte. "Ja... ja, ich bin wach. Was ist denn los?" fragte der Stellvertreter des Dämonenfürsten etwas verwirrt. "Herr Laures schickt nach euch, es ist etwas geschehen und ihr sollt sofort runter ins Kellergewölbe kommen." Kellergewölbe? Was gab es dort außer... außer... nein, das konnte nicht sein! Sieben Jahre war es nun her, sieben Jahre waren vergangen seitdem sie den schlafenden Zadei dort unten untergebracht hatten. Titius hatte schon begonnen, sich zu fragen ob er überhaupt noch mal aufwachen würde. Die ganze Zeit hatte er ja irgendwie damit gerechnet, dass es irgendwann soweit sein würde und zumindest geglaubt, einigermaßen darauf vorbereitet zu sein. Aber jetzt traf es in wie ein Schlag. Was, wenn es wirklich wahr war, was er vermutete? Wenn Zadei jetzt wirklich da unten... Hatte sein Unterbewusstsein es bereits registriert und deshalb so darauf reagiert, ihn aufgeweckt, obwohl er beim Schlafengehen noch gar nicht hatte wissen können, dass es heute Nacht passieren würde? Dem weißhaarigen Dämon schnürte sich die Kehle zusammen, als er sich wie in Trance aus der raschelnden Bettdecke wickelte und unendlich langsam sein Schlafgewand gegen eine seiner weißen Roben tauschte. Anschließend betrat er den durch Kerzen ausreichend erleuchteten Gang vor seinem Gemach und begab sich langsam in Richtung der Katakomben unter dem Schloss. Bedienstete huschten an ihm vorbei, das ganze Schloss schien auf den Beinen zu sein, obwohl es mitten in der Nacht war. Titius Kopf war wie benebelt, er konnte kaum klar denken, konnte nur seinen Gefühlen nachhängen, einer Mischung aus Angst, Aufregung, Verzweiflung und... vielleicht gleichzeitig auch eine gewisse Erleichterung. Es fühlte sich an wie ein Strudel, positive und negative Gefühle verschwammen miteinander, ließen ihn keinen klaren Gedanken mehr fassen... ************************Etwas früher in dieser Nacht**************************** Die dicken Mauern waren mit Fackeln ausgestattet, die den Raum zwar erhellten, aber nicht zu grell, wofür Zadei durchaus dankbar war, als er unendlich langsam die Augen aufschlug. In seinem Kopf herrschte Leere, erst ganz langsam fing sein Geist wieder zu arbeiten an, es war wie eine dichte Nebelwolke, die sich erst langsam lichtete. Seine Augen bewegten sich, tasteten langsam die Decke ab. Es war ein sehr hoher Raum mit einer steinernen Decke. Ja, es kam ihm bekannt vor, aber er konnte sich nicht erinnern... Was war überhaupt geschehen, wo war er hier? Unter seinem Rücken fühlte er weichen Stoff, aber durch diesen spürte er die eiserne Kälte harten Steines. Aber es half nichts, wenn er rausfinden wollte, wo er hier war, konnte er nicht länger einfach hier rumliegen. Vorsichtig begann er sich aufzurichten, wobei ihm allerdings jedes Gelenk schmerzte. "Verflucht!" zischte er und erschrak selbst über das Echo, das an den Wänden abprallte und mehrmals widerhallte. Noch bevor es vollends verklungen war, öffnete sich die große schwere Holztür und das verschreckte Gesicht eines Wachmannes erschien durch den Türspalt. Dessen Augen weiteten sich, als er Zadei sah, aufrecht sitzend, mit seiner mächtigen Rüstung bekleidet auf dem mit Tüchern bedeckten Altar, auf den sie ihn damals auf Herrn Titius Befehl hin gebettet hatten. Er hatte auch befohlen, dass vor dem Raum permanent Wache gehalten werden sollte, für den Fall, dass Zadei aufwachte. Der Mann schauderte, warum musste das auch ausgerechnet während *seiner* Schicht passieren?! Mit zittriger Stimme rief er dem noch immer verwirrt dreinblickenden Shôgun entgegen: "Wa... wartet hier Zadei-sama! Ich... ich hole sofort jemanden." Und damit verschwand der hochrote Kopf aus der Tür und man hörte, wie sich seine Schritte schnell entfernen. Zadei war noch zu sehr mit seinem schmerzenden Körper und seiner Überraschung beschäftigt, um darauf zu reagieren. Aber dann blickte er sich weiter in diesem Raum um und... ja, natürlich, das waren die Katakomben des Schlosses des Dämonenfürsten! Das würde also heißen er war tatsächlich im Laures Schloss!? Aber wie war das möglich? Was war geschehen? Er hatte offenbar geschlafen, aber wie lange? Einige Stunden, vielleicht sogar Tage? Es war ein tiefer, traumloser Schlaf gewesen. Zadei hatte jegliches Zeitgefühl verloren und sofort taten sich tausend Fragen auf, sein Gedächtnis wies klaffende Lücken auf, von dem was sich nach dem Kampf mit Laures ereignet hatte... nur an eines konnte er sich ganz genau erinnern. Titius. Wo war er, ging es ihm gut? "Zum Teufel, was ist hier eigentlich los?" fluchte er, noch immer auf dem Steinaltar sitzend, den Kopf in die Hände vergraben. "Das kann ich dir sagen, alter Freund." Laures Stimme klang kristallklar. Zadei schreckte hoch, blickte sich um und sah den Dämonenfürsten den Raum betreten. Warum musste dieser Typ auch immer so durch die Gegend schleichen? "Na toll, ich dachte schon, schlimmer könnte ich mich nicht mehr fühlen, aber das ich jetzt auch noch deine Visage sehen muss..." Egal wie fertig Zadei auch war und in welcher Lage er sich befand, er konnte einfach nicht anders, als seinen Lieblingsfeind auf diese Weise zu begrüßen. "Das tut mir leid für dich, erträgst du meine Anwesenheit denn noch solange, wie ich dir erzähle was passiert ist? Oder möchtest du es gar nicht wissen?" erklang Laures Stimme nur gelassen, fast schon amüsiert. Wie Zadei das hasste! Warum fühlte er sich in seiner Gegenwart nur immer wie ein kleines Kind?! "Hngh... ich werde es schon durchstehen. Dann lass mal hören," schnaufte er. Auch wenn er sich wie gerädert fühlte und jede Bewegung ihm Schmerzen bereitete, vor diesem verdammten Laures würde er sicher keine Schwäche zeigen. Dieser hingegen lächelte nur das für ihn so typische Lächeln. Zadei war offenbar wieder ganz der alte. Und so berichtete er ihm von den Dingen, die geschehen waren, nachdem der Titan fast völlig Besitz von Zadei genommen hatte. "...schließlich haben wir alle eine neue Chance erhalten, die Kraft die ich freisetzten konnte, hat auch dir ein neues Leben geschenkt. Dann fielst du in diesen Schlaf, das ist jetzt sieben Jahre her," schloss Laures. "Sieben Jahre?!" Die Augen des Dämonengenerals weiteten sich. Solange hatte er geschlafen?! "So ist es. Inzwischen hat sich einiges verändert. Das wirst du schon noch bemerken..." wollte Laures fortfahren, wurde von Zadei jedoch unterbrochen. "Und Titius? Was ist mit Titius?!" wollte dieser aufgebracht wissen. Der Dämonenkaiser schüttelte mit einem Seufzer den Kopf. Nein, Zadei hatte sich wirklich nicht geändert. "Ich habe nach ihm schicken lassen, er müsste eigentlich längst hier sein..." Just in diesem Augenblick hörten sie Schritte durch den Gang hallen. Es waren leichte, federnde Schritte. Zadeis Herz krampfte sich zusammen. ******************* Unendlich langsam kamen ihm seine Schritte vor, als Titius sich dem Raum näherte, dessen Tür er mit den Augen fixierte, als würde sie ihn gleich angreifen. Mittlerweile hatte er keine Zweifel mehr, dass seine erste Vermutung richtig gewesen war: Zadei war bestimmt aufgewacht. Aber wie würde es jetzt weitergehen? Laures hatte Zadei damals in die Verbannung schicken wollen. Aber Titius hatte ihn darum gebeten, dies nicht zu tun, zumindest nicht, bevor er nicht aufgewacht war und sie nicht sicher waren, dass er sich vielleicht geändert hatte. Genau, vielleicht hatte dieser lange Schlaf ihn ja verändert, vielleicht war durch die Wiedergeburt sogar sein Gedächtnis gelöscht worden. Wenn dem so war, konnte er ein sehr wertvolles Mitglied des Hofstaats sein, wenn er Laures Treue schwor. Titius hatte damals genauso argumentiert und als er sich jetzt daran erinnerte, schöpfte er wieder etwas Mut. Diese Argumentation hatte durchaus Hand und Fuß und Laures war schließlich darauf eingegangen, auch wenn er sich sicher war, dass hinter Titius Engagement noch etwas anderes steckte. Was das aber genau war, wusste sein Stellvertreter mit dem silbernen Haar offenbar selber nicht. Die Tür rückte immer näher, bis Titius schließlich vor ihr stand. Jetzt konnte er es nicht mehr hinausschieben, vermutlich hatten sie ihn drinnen schon gehört, ihre Stimmen waren nämlich verstummt. Zum Glück war Laures bereits da! Er atmete einmal tief durch und legte die Hand auf die schwere Eisenklinke, drückte sie langsam. ************** Zadei hielt unmerklich den Atem an. Als er höre, wie die Schritte kurz vor der Tür innehielten und dann einige Sekunden später die Klinke gedrückt wurde. Und dann trat er ein, sein Engel. Die katzenartigen Augen des schwarzhaarigen Dämons verengten sich, als würden sie geblendet. War er es wirklich? Er sah erholt aus, schien wieder ganz bei Kräften zu sein. Sein weißes Haar schien heller zu schimmern als jemals zuvor, seine ganze Gestalt schien aus sich selbst heraus zu leuchten. Und dann war da der Flügel. Der Flügel, den Zadei ihm genommen hatte, aus Wut und Verzweiflung und aus dem Wunsch heraus, dass sein Engel ihm nie wieder würde wegfliegen können. Aber jetzt hatte Titius einen neuen. Jetzt sah er wieder genauso aus, wie der Titius, den er erstmals erblickte, als er aus seinem Gefängnis befreit worden war. Was hatte Zadei damals nur aus ihm gemacht? Natürlich, Titius eigentlicher Schönheit hatte selbst die Eiswüste, in die er ihn gesperrt hatte, nichts anhaben können. Aber Zadei erinnerte sich an den gebrochenen Blick, die wunde Haut, den blutigen Flügelstumpf und den geschwächten Körper. Aber nach diesen sieben Jahren waren davon keine Spuren mehr zu sehen, zumindest keine körperlichen. Das engelsgleiche Wesen schritt lautlos durch den Raum, nur das Rauschen seines Gewandes auf dem Boden war zu hören, als er sich knapp hinter Laures stellte und sich kurz verbeugte, als Laures ihn ansah. "Ihr habt mich rufen lassen?" Eine melodische, aber dennoch unendlich eisige Stimme erklang aus seiner Kehle. Währenddessen sah Titius Zadei nur flüchtig mit einem gleichgültigen Blick an, wandte sich dann aber wieder Laures zu. "Ja, ich denke du siehst, warum," meinte Laures nur gelassen mit einem Nicken in Richtung Zadei, der immer noch wie versteinert dasaß und kein Wort rausbrachte und den Dämonenengel anstarrte. Was hätte er auch sagen können. In der Tat, im Grunde gab es tausend Dinge, die jetzt gesagt werden müssten, aber Zadei wusste nicht, wo er beginnen sollte. Was war jetzt das richtige? Hey, seit wann dachte er überhaupt darüber nach, was er sagte oder tat? ************ Titius schwitze Blut und Wasser, während er versuchte, seine Maske aufrechtzuerhalten. Er wollte so unbeteiligt wie nur möglich wirken, aber wie sollte er dass schaffen, wenn sein Herz bis zum Hals klopfte. Hatten sie es bemerkt? Laures bestimmt, er kannte Titius genau und hatte ein Gespür für so was. Aber Zadei? Er warf einen flüchtigen Blick zu ihm rüber. Was starrte er ihn denn so an? Titius wurde noch nervöser, wenn das überhaupt möglich war. Aber es war kaum zu glauben, der Dämon mit den goldenen Augen, die ihn so fixierten, schien davon wirklich nichts zu bemerken. Wie auch, Zadei-sama war nun mal ein ungehobelter Klotz, der nicht die Spur von Sensibilität besaß. Im Gegensatz zu Laures, Noch dazu machte Zadei nicht wirklich den Eindruck, als hätte er sein Gedächtnis verloren. Er musterte Titius zwar, als sähe er ihn zum ersten mal, aber dennoch verrieten seine Augen, dass er nichts von all dem vergessen hatte, was zwischen ihnen beiden vorgefallen war. Titius schluckte. Laures bemerkte Titius' Sprachlosigkeit und wandte sich wieder an Zadei. "Ich denke, hiermit beantwortet sich deine Frage von selbst. Titius geht es gut. Aber nun zu dir." Laures wanderte ein paar Schritte durch den Raum. Seine Bewegungen waren kaum zu hören, nur sein schwerer dunkler Mantel rauschte im Luftzug. Mit seinen violetten Augen fixierte es den Zadei, wie nur er, der König der Dämonen, es konnte. "Es gibt nur einen Grund, warum ich dich nicht gleich in die Verbannung schicke oder dich töten lasse... Ich weiß, dass du mich nicht leiden kannst, aber ehrlich gesagt, ist mir das ziemlich egal. Es ist nur so, das Titi mich darauf hinwies, dass du durchaus ein Gewinn für uns wärst, würdest du dich auf unsere Seite schlagen und mich als deinen Herrn akzeptieren. In gewisser Weise hat er damit recht. Ich rede nicht gerne um den heißen Brei: Wenn du hier im Schloss bleiben willst, wirst du tun, was ich dir sage und dich benehmen. Wenn du das nicht willst, sag es und du kannst gehen. Aber wenn du sagst, du bleibst, dann bist du verpflichtet, Wort zu halten. Tust du es nicht, töte ich dich." Titius blickte etwas betreten zu Boden. Musste Laures-sama unbedingt erwähnen, dass es seine Idee gewesen war? Aber andererseits freute er sich, dass sein Herr klipp und klar sagte, wie die Dinge lagen. Titius selbst hatte damals, als das heilige Licht sie beide gerettet hatte, Zadei selbst die Leviten lesen wollen, aber er war gerade im Moment kaum in der Lage dazu. Jetzt wartete er nur gespannt Zadeis Entscheidung ab. Er wusste selbst nicht, was er jetzt am liebsten hören wollte... Der Dämon mit den wirren schwarzen Haaren war für einige Minuten sprachlos. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Er sollte hier am Hof bleiben? Und dann womöglich noch als Lakai dieses Kerls?! Soweit kam es noch...! Aber was war die Alternative? Ins Exil gehen und allein vor sich hinvegetieren, während Titi hier im Schloss saß? Warum sagte sein Engel eigentlich nichts? Seit er den Raum betreten hatte, hatte er Zadei noch nicht einmal richtig angesehen. Aber was hatte Laures gesagt? Titius selber hatte diesen Vorschlag gemacht... vielleicht... wenn das stimmte... Zadei sah Laures arrogant an. "Nun, wenn ihr meine Anwesenheit so schlecht entbehren könnt, dann denke ich, tu ich euch den Gefallen und bleibe hier." Da! Jetzt sah Titi tatsächlich zu ihm auf! Sein Gesicht schien allerdings Bände zu sprechen. Als ob er denken würde... <> Titius rümpfte die Nase. Allerdings musste er mit Schrecken feststellen, dass ihn das tatsächlich ein wenig amüsierte. "Zadei, ich meine es ernst, ich hoffe du bist dir dessen bewusst" Die Schärfe in Laures Stimme hätte einen kampfwütigen Drachen in die Flucht schlagen können. "Wenn du auch nur versuchst, irgendetwas anzustellen oder die Personen, die mir etwas bedeuten, auch nur ansatzweise bedrohst, bin ich sofort zur Stelle! Ich töte dich, ohne mit der Wimper zu zucken." Zadei war vollkommen klar, dass das keine leere Drohung war, auch wenn er nicht wusste, welche 'Personen' er genau meinte. Was war eigentlich mit Hilda? Na, das würde er schon noch rausfinden. Jedenfalls war es nicht allein Laures Drohung, die ihn mit fester Stimme sagen ließ: "Hab schon verstanden. Ich werde mich benehmen." Zadei war sich durchaus im Klaren darüber, dass er Laures sein Leben verdankte, und nicht zuletzt auch das von Titi, auch wenn er es nicht gerne zugab. Und irgendwo hatte auch er seinen Stolz. Er beglich seine Schulden in der Regel. Auch wenn er dadurch mit Laures unter einem Dach leben musste. Außerdem konnte er Titius sehen, was allein schon Grund genug war, Laures jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, wenn es sein musste. Die Frage war nur, wie es in seinem Engel aussah... Laures nickte feierlich, als hätten sie soeben einen großen Deal abgeschlossen. "Gut, ich würde sagen, wir besprechen alles weitere dann morgen. Es ist mitten in der Nacht und du musst wohl auch erst mal wieder zu Kräften kommen. Titius wird sich um ein Zimmer für dich und alles weitere kümmern." Anschließend nickte er seinem Diener zu, nachdem er den Befehl erteilt hatte und verließ den Raum. Die Sache war für ihn hiermit erledigt. Für einen kurzen Moment hatte Titius das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Laures verließ einfach den Raum und ließ sie beide allein hier zurück. Abermals musste er schlucken. Warum musste *er* dass hier übernehmen? Nun ja, er war für diese Aufgaben normalerweise zuständig und natürlich würde er niemals einem Befehl seines Herrn wiedersprechen. Also blickte er nur auf und sah Zadei an, immer bemüht, sein Gesicht nichts von seiner Angst zeigen zu lassen "Also, Zadei-sama, dann folgt mir bitte. Ich werde euch zu eurem Zimmer führen." Wenn das mal gut ging! Ohne Zadeis Reaktion abzuwarten, wandte er sich um und steuerte schnellen Schrittes auf die Tür zu. Wortlos begann Zadei, sich von diesem Steinding runter zu bewegen, was aber nur sehr langsam vonstatten ging, da ihm jede Bewegung Schmerzen bereitete. Er fragte sich schon, ob er eingerostet war und vielleicht etwas Öl gebrauchen könnte... na ja, nach sieben Jahren war das ja auch kein Wunder. Er fühlte sich vollkommen kraftlos und ausgelaugt. Ja, er würde sich wirklich erholen müssen und auch wenn es komisch klang, er würde wohl eine ganze Mütze voll Schlaf brauchen, um wieder fit zu werden. Und was zu Essen. War es nicht seltsam, dass er jetzt am liebsten schlafen wollte, obwohl er die letzten Jahre nichts anderes getan hatte? Nun ja, man konnte wohl diesen Zustand nicht wirklich als erholsamen Schlaf bezeichnen, er war einfach bewusstlos gewesen, hatte noch nicht mal geträumt. Aber im Moment gab es andere Dinge, über die er sich Gedanken machen sollte, als sein körperlicher Zustand. Schweigend schritt er hinter Titius her, der sich nicht umdrehte, obwohl er Zadei vor Schmerzen stöhnen hörte. Warum sagte sein Engel nichts? Warum nur war er wieder so kühl? Im Moment wäre es Zadei sogar recht gewesen, wenn er ihn angeschrieen, ihm Vorwürfe gemacht hätte. Aber dieses Schweigen war unerträglich. Zu zweit schritten sie durch die endlosen Gänge und Flure des Schlosses, in denen man sich verlaufen konnte. Hin und wieder huschte ein Diener mit einer nervösen Verbeugung an ihnen vorbei. Sein Erwachen schien einiges Aufsehen erregt zu haben, dachte der Dämonengeneral bei sich. Aber warum nur gab es von Titi keine Reaktion, kein einziges Wort? Es gab so unendlich viel zu sagen... "Du siehst gut aus Titius. Es scheint dir ja wirklich gut zu gehen," versuchte Zadei es. Dieser zuckte unmerklich zusammen, als er die tiefe Stimme hinter sich vernahm. Oh Gott, wie sehr wünschte er sich jetzt an einen anderen Ort! "Wohingegen ihr keinen sehr guten Eindruck macht. Es wird eine Weile dauern, bis sich eure Kräfte regeneriert haben, Zadei-sama," war die Antwort. "Habe ich dir nicht mal gesagt, du kannst das 'sama' weglassen?" "...." "Laures hat mir erzählt, du hättest dich damals dafür eingesetzt, dass ich bis zu meinem Erwachen hier aufbewahrt werde? Stimmt das?" fragte Zadei nun rund heraus. Er wollte es von Titi selbst wissen und vor allem den Grund dafür. "So, hier rechts wird also euer Gemach sein." Der weißhaarige Dämon öffnete zwei, mit aufwendigen Holzschnitzereien versehene, Flügeltüren, die zu einer ausgedehnten Räumlichkeit führten, bestehend aus einem kleinen Salon, einem Schlafzimmer mit einem riesigen mit blutrotem Samt bezogenem Himmelbett und einem aus Stein gemeißeltem Balkon. Titius eilte in den Raum und erledigte einige Handgriffe im Zimmer, tat so, als hätte er Zadeis Frage nicht gehört. Nein, bitte nicht jetzt! Es war alles zuviel und zu plötzlich, er konnte jetzt nicht darüber sprechen, zu sehr mischten sich seine wirren Gefühle. Wie sollte er auch auf eine Frage antworten, auf die er selbst noch nicht mal eine Antwort wusste? "Ich habe dich was gefragt. Warum antwortest du nicht?" beharrte Zadei dennoch weiter. Verflucht, warum hatte Zadei selbst in seinem so geschwächten Zustand diesen herrischen Ton an sich? Titius bekam eine Gänsehaut und ohne, dass er es stoppen konnte, tauchten auch schon wieder die Bilder der Vergangenheit vor seinem geistigen Auge auf. Bilder, die sich in den letzten Jahren so oft in seine Gedanken geschlichen hatten, mitten am Tag genauso wie nachts in seinen Träumen. Er kannte Zadeis Stimme nur zu gut, wenn sie diesen Ton hatte. Alles krampfte sich in ihm zusammen. "Es ist schon sehr spät, es wäre wirklich besser, ihr würdet euch erst mal ausruhen, Zadei- sama. Ich werde dem Koch Bescheid geben. Er wird noch etwas zu Essen für euch zubereiten." Erneut versuchte Titius mit diesen Worten abzulenken und wandte sich im gleichen Moment auch schon der Tür zu. Als er jedoch an Zadei vorbeischritt, hielt dieser ihn mit seiner Dämonenklaue am Arm fest, zog ihn zurück und drehte den weißhaarigen Dämon zu sich. "Nun hör schon auf mit diesem Getue, hast du etwa schon vergessen, dass ich das nicht leiden kann?" brauste er auf. Titius' Augen weiteten sich vor Schreck, als er plötzlich so nah an Zadei war, wie es eigentlich nie wieder hatte sein wollen. Seine Lippen waren wie gefroren, keinen Laut wollte seine Kehle hervorbringen. Wie hatte er nur denken können, dass sich irgendetwas ändern würde? Die aufbrausende Natur des Dämonengenerals würde nicht einfach vergehen, nur weil er für ein paar Jahre geschlafen hatte! Es würde sich nie etwas ändern... Waren sie beide dazu verdammt, ewig in diesem Teufelkreis gefangen zu sein? Seine Augen mussten irgendetwas von dem, was er empfand, verraten haben, denn plötzlich änderte sich auch Zadeis Gesichtsausdruck. Die wütend funkelnden goldenen Augen wurden plötzlich matt und auf einmal wurde auch die Umklammerung an Titius Arm lockerer. "Tut... tut mir leid, Titi, ich...!" Nervös blickten goldene Augen hin und her, suchten Titius Augen auszuweichen. "Ich will doch nur wissen, was hier los ist. Ich meine, ich war darauf vorbereitet im Kampf mit Laures zu sterben. Oder durch dich. Und jetzt wache ich plötzlich auf und alles ist so anders, so verwirrend. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Was erwartest du, was jetzt geschieht?" Jetzt war Titius erst recht überrascht! Lag es an Zadeis momentanen körperlichen Zustand, dass er nicht wieder ausrastete? Oder an Laures Drohung? Wie auch immer, nachdem der erste Schreck überwunden war, gelang es ihm nun, seine Gedanken wieder einigermaßen zu sammeln und ein paar Worte zu formulieren. "Ich erwarte von euch, dass ihr euch an eure Abmachung mit Laures-sama haltet. Das ist eure Schuld, die ihr ihm gegenüber zu begleichen habt, allein schon, weil er die Güte hatte, euch am Leben zu lassen. Und wenn ihr den Grund wissen wollt, warum ich euch nicht tötete: auch ich begleiche meine Schuld auf diese Weise bei euch. Was ihr getan habt, euch mit dem Titan zu vereinen und den Dämonenkönig anzugreifen, ist unentschuldbar. Allerdings habt ihr es getan, um mein Leben zu retten, was diese Sache zwar in keiner Weise rechtfertigt, aber im Nachhinein bin ich euch trotzdem etwas schuldig und diesem Umstand will ich Abhilfe schaffen. Gibt es noch mehr, was ihr zu wissen wünscht?" erklärte er mit der trockenen Sachlichkeit eines hohen Bediensteten. "Wie du das formulierst... Es geht also nur um diese Sache mit der Schuldigkeit, nicht wahr? Oder gibt es dafür noch andere Gründe?" hakte Zadei weiter nach. Er konnte diesen Hoffnungsschimmer, auch wenn er noch so klein war, nicht aufgeben. Wenn Titi nur nicht so kühl wäre! Oder schien es vielleicht nur so? Warum hatte er versucht ihm auszuweichen? Doch jetzt verengten sich die Augen des Dämonenengels zu Schlitzen, aus denen er Zadei anfunkelte. "Was sollte es denn noch für Gründe geben?!" fragte er mit überraschender Schärfe, die schon fast drohend klang. Selbst so war sein Engel einfach umwerfend, dachte der schwarzhaarige Dämon bei sich. Es war zum verrückt werden! Nach allem, was geschehen war, nach all dem Leid, dass ihnen beiden wegen Zadeis Selbstsucht widerfahren war und nachdem er aus all dem doch eigentlich gelernt haben müsste, wie war es da möglich, dass er sich noch immer nichts sehnlicher wünschte, als seinen Engel jetzt an sich zu reißen, seinen Körper zu spüren, ihn unter dem eigenen zu begraben?! Das weiche Haar zu berühren, die glatte Haut zu ertasten... wenigstens seinen Körper zu besitzen, auch wenn sein wunderschöner Engel sich wehrte, das war es, was er sich jetzt am sehnlichsten wünschte. Aber er konnte nicht schon wieder diesem Verlangen nachgeben. Nicht jetzt, wo er die Hoffnung auf eine neue Chance hatte! Er musste es wenigstens einmal schaffen, wahre Stärke zu zeigen! "Wenn es keine anderen gibt, dann ist es wohl wirklich besser, wenn du jetzt gehst. Ich werde mich an die Abmachung halten," sagte Zadei auf einmal sehr reserviert, worauf Titi auch schon schlagartig erleichtert wirkte, schneller als gewöhnlich seine übliche Verbeugung machte und schon zur Tür eilte, als Zadei ihm noch einen Satz nachrief, der Titius wie ein Blitz traf: "Aber das heißt nicht, dass ich aufgebe Titi. Ich liebe dich noch immer und daran wird sich nichts ändern!" Für zwei Sekunden verharrte Titius regungslos mit dem Rücken zu Zadei, eilte dann aber mit hoher Schnelligkeit weiter auf die Tür zu, die er ohne sich auch nur einmal umzudrehen oder etwas zu sagen durchschritt und schnell hinter sich zuwarf, als könnte er das Unheil so von sich wegsperren. Dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Tür und vergrub das Gesicht in den Händen. Die Worte, die er am meisten gefürchtet hatte, waren nun doch gefallen! ************ Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und auch die schweren Samtvorhänge konnten ihre hellen Strahlen nicht völlig aus Zadeis Schlafzimmer fernhalten. Nachdem dieser sich min- destens ein Dutzend mal von einer Seite auf die andere gewälzt hatte, gab er sich mit einem wütenden Knurren endlich geschlagen und öffnete die Augen. Keinen Augenblick zu früh, denn just in diesem Moment steckte ein Dienstmädchen den Kopf vorsichtig durch die Tür. Und als sie feststellte, dass der Dämonengeneral bereits wach wahr, wünschte sie etwas schüchtern einen guten Morgen und begann, ihre Arbeit zu verrichten, die zum Beispiel darin bestand, die Tabletts und das Geschirr wegzuräumen, dass von Zadeis nächtlichem Imbiss übriggeblieben war. Diesem hingegen ging das Herumgewusel der Untergebenen so auf die Nerven, dass er sich entschloss, nun doch endlich aufzustehen. Immerhin fühlte er sich heute schon etwas besser. Er hatte kaum noch Schmerzen in den Knochen, wozu dass reichliche Mahl in der Nacht und der erholsame Schlaf wohl beigetragen hatten. Nun ja, so erholsam war er nun auch wieder nicht gewesen, hatte er doch die ganze Zeit nichts anderes als seinen Engel im Kopf gehabt. Bis in seine Träume hatte er ihn verfolgt. Wie würde es jetzt wohl weitergehen? Diese Frage hatte er sich immer und wieder gestellt, aber noch keine Antwort darauf gefunden. Missmutig erhob er sich aus dem Bett, schlurfte zur Waschschüssel und schöpfte sich Wasser ins Gesicht. Allerdings ging ihm das Gewusel des Mädchens derart auf den Geist, dass er sie am liebsten in guter alter Manier in Stücke gerissen hätte... das heißt, früher hätte er es getan. Aber davon abgesehen, dass er sich hier benehmen musste, war er gar nicht so sicher, ob ihm dass noch genauso viel Spaß machen würde wie früher. Alleine schon, weil allein bei dem Gedanken daran, automatisch Titius missbilligendes Gesicht wie eine Warnmeldung vor sei- nem geistigen Auge auftauchte. <> stöhnte er in- nerlich auf, entschloss sich aber, zu versuchen, sich mit dem Frühstück abzulenken, dass be- reits im kleinen Salon für ihn bereitstand. Da er allerdings nur mit seiner Hose bekleidet war, suchte er zuerst seine Rüstung, die noch irgendwo herumlag und war gerade dabei sie anzulegen, als die große Eingangstür sich plötz- lich ganz leise und langsam öffnete. Zadei sah es nur aus dem Augenwinkel. Welcher idioti- sche Diener war denn so dreist, nicht anzuklopfen, bevor er das Zimmer eines seiner Herren betrat? Da hatte man's: Laures konnte noch nicht einmal seine Bediensteten richtig ausbilden! Und so was wollte König sein?! Gerade wandte er sich in Richtung Tür, um dem Eindringling gleich einen entsprechenden Kommentar an den Kopf zu schmeißen, als er stutze. In der halb geöffneten Tür war niemand! Zumindest nicht in seiner Augenhöhe. Langsam senkte er den Blick, senkte ihn sogar ein gan- zes Stück, bis seine verblüfften Augen an der Ursache für die geöffnete Tür hängen blieben. "Hallo Onkel, darf ich reinkommen?!" Es war ein... kleines Mädchen?! Die Kleine trat durch die Tür und befand sich nun völlig in Zadeis Blickfeld. Sie mochte etwa 6 Jahre alt sein, hatte pechschwarz glänzende Haare, die sie auf dem Kopf rechts und links zu jeweils einem Zopf zusammengebunden hatte. In weichen und hübsch geschwungenen Wel- len fiel ihr Haar ihr von dort auf die Schultern. Bekleidet war sie mit einem fliederfarbenen Spitzenkleid mit Puffärmeln. Fast wie eine Puppe, hätte Zadei gedacht, aber dass stimmte nicht. Für eine Puppe verströmte sie viel zu viel Lebensenergie. Sie hatte geheimnisvolle, aber auch sehr lebhafte Augen mit einer undefinierbaren Farbe, die Zadei irgendwie bekannt vor- kamen. Das Mädchen hatte offenbar etwas Dämonisches an sich, aber trotzdem meinte er doch ganz schwach auch den Geruch von Mensch wahrzunehmen. Das er sie mit stechendem Blick musterte, schien die Kleine jedoch nicht davon abzuhalten, weiter unaufgefordert in den Raum zu tapsen und ihn genauso zu mustern. "So siehst du also aus, aha. Du bist ja wirklich so groß wie alle sagen. Und ich dachte, die Bediensteten übertreiben bloß wieder," stellte sie trocken fest. "Verschwinde," meinte Zadei nur von oben herab. Das war genau das, was er jetzt brauchte: ein Balg, das ihn auf den Wecker fiel! Doch dieses schien keineswegs von seinem Befehl be- eindruckt zu sein. "Oh, der Onkel ist wohl ein Morgenmuffel. Mama sagt, wenn man morgens schlecht aufste- hen kann, dann sollte man abends früher ins Bett gehen," erklärte sie, dann tapste sie lässig an dem großen Dämonen vorbei und setzte sich auf den großen Ohrensessel vor dem Tisch, auf dem das Frühstück stand. Zadei traute weder seinen Augen noch seinen Ohren. Was bildete sich diese Gör eigentlich ein? "Sag mal, hast du überhaupt eine Ahnung, wer ich bin? Was zum Kuckuck willst du?" Wenn er herausfand, welches der Dienstmädchen hier ihr Kind einfach so durch die Gegend laufen ließ, dann... "Ich weiß wer du bist, Onkel. Du bist Zadei und du bist gestern Nacht hierher gekommen, dass ganze Schloss war total in Aufregung. Es heißt, du hast sieben Jahre lang geschlafen. Und da wollte ich dich halt mal kennen lernen... Sag mal, ist dieses riesige Frühstück hier allein für dich?" "Wahh, das geht dich überhaupt nichts an! Toll, jetzt hast du mich ja gesehen, jetzt geh zu- rück dahin, wo du hergekommen bist! Haben dir deine Eltern keine Manieren beigebracht?!" herrschte Zadei sie nun an. Daraufhin machte das Mädchen für einen kurzen Augenblick ein erschrockenes Gesicht und Zadei dachte schon, er hätte es endlich geschafft, sie ein wenig einzuschüchtern, als sie plötz- lich vom Sessel sprang und sich mit einer Hand vor die Stirn schlug. "Manieren, genau! Tut mit leid, ich habe ja ganz vergessen, mich vorzustellen! Hoffentlich erfährt Papa nichts davon, sonst gibt's wieder Ärger!" Daraufhin vollführte sie einen eleganten, für ein Kind diesen Al- ters ungewöhnlich grazilen Knicks und gab mit perfekter Gestik bekannt: "Mein Name ist Sherril, ich bin die erstgeborene Tochter des Königs der Dämonen- und der Unterwelt und Thronerbin des Reiches. Es ist mir eine große Ehre, ihre Bekanntschaft zu machen." Dann ließ sie sich entgegen aller Anmut wieder in den Sessel fallen und sah ihn wieder so frech an wie vorher. Zadei riss vor Verblüffung die Augen auf. "Du bist WAS?!" fragte er fast hysterisch. "Hab ich doch gesagt, Onkel Zadei, hast du mir denn nicht zugehört?" Sie verdrehte vor- wurfsvoll die Augen und Zadei kam sich langsam vor wie der letzte Trottel. "Ich bin die Prinzessin der Dämonenwelt, mein Vater ist der Dämonenkönig Laures und mei- ne Mutter seine menschliche Frau Hilda. Du müsstest sie doch kennen?!" Jetzt war es an Za- dei, sich in einen Sessel fallen zu lassen. Konnte das wahr sein? Hatte der Kerl sich jetzt auch noch fortgepflanzt? Aber jetzt wurde ihm durchaus einiges klar: die glänzenden schwarzen Haare der Kleinen und die seltsamen Augen, das hatte sie eindeutig von ihrem Vater, darum war sie ihm gleich so bekannt vorgekommen. Ihre Gestik erinnerte ganz deutlich an Hilda, ebenso wie das Temperament. Jetzt wurde auch klar, was Laures gemeint hatte, als er sagte, es hätte sich einiges verändert und es gäbe hier Personen, die ihm viel bedeuteten. Und ihr Name! Hatte er den nicht auch schon mal gehört? "Dein Name kommt mir bekannt vor," meinte er nachdenklich. Es wollte ihm einfach nicht einfallen. "Mama sagt, sie hat mir den Namen ihrer besten Freundin gegeben. Sie ist zwar schon tot und ich habe sie nie kennen gelernt, aber Mama meint, dass das der liebste Mensch der Welt für sie war. Bis auf Papa natürlich." Die Kleine plapperte fröhlich vor sich hin, während sie an- fing, sich an Zadeis Frühstück gütlich zu tun, was dieser zunächst nur nebenbei registrierte. "Und Titius sagt sogar, dass sie ein Engel gewesen sein soll und wunderschön. Und er hat auch gesagt, dass ich bestimmt auch mal so schön werde, wenn ich älter bin," verkündete sie stolz. Genau, jetzt fiel es ihm wieder ein, Sherril war das Mädchen gewesen, das sich damals vom Turm gestürzt hatte. Damals hatte er es nur am Rande mitbekommen, er war ja nicht dabei gewesen und außerdem hatte es ihn auch nicht interessiert. Seufzend bediente er sich nun auch an dem Frühstück und warf der Kleinen einen missbilli- genden Blick zu, da sie sich gerade die besten Früchte angelte, was diese aber nicht weiter zu stören schien. Hatte es nicht mal eine Zeit gegeben, in der die Menschen schreiend wegliefen, wenn sie nur seinen Namen hörten? Er musste wirklich viel von seinem ehrfurchtgebietenden Auftreten eingebüßt haben, wenn er nicht mal mehr ein Kind beeindrucken konnte... anderer- seits war sie das Kind von Laures, also konnte man nicht erwarten, dass sie besonders viel Grips aufwies. Er führte gerade einen Becher Wasser zum Mund, um etwas gegen seinen tro- ckenen Hals zu tun, als Sherril fröhlich weiterplapperte. "Und es ist wichtig dass ich später mal ganz wunderhübsch werde, denn wenn ich alt genug bin, werde ich schließlich Titius heiraten..." Zadei prustete den eben in den Mund genommen Schluck Wasser in hohem Bogen wieder hinaus. "Du wirst WAS?! Wer hat das beschlossen?!" keifte er sie ungläubig an. Nun war sie tatsächlich ein wenig erschrocken, verstand seine Reaktion nicht so ganz. "Na ja, eigentlich keiner. Das war meine Idee," sagte sie mit großen Augen. In diesem Mo- ment klopfte es zaghaft an der Tür und Zadei fragte sich schon, ob er hier wohl den Tag der offenen Tür hatte. Schließlich brummte er ein "Ja, herein." als auch schon die Tür geöffnet wurde und eine etwas rundliche Frau eintrat, die sich suchend im Zimmer umsah. "Entschuldigt Zadei-sama, aber habt ihr zufällig... ah da bist du ja! Ich wusste doch, dass du wieder etwas ausgeheckt hast. Was fällt dir eigentlich ein, immer wegzulaufen?" Die Backen aufblasend stampfte die Frau auf Sherril zu, die aufquietschte, vom Sessel aufsprang und weg- rennen wollte, doch Zadei hielt sie grinsend an einem ihrer Zöpfe fest. "Tja, das war's dann wohl für dich. Erwischt!" meinte er gehässig. Aber die 6-jährige fing anstatt zu weinen, an zu giggeln und zu lachen, worauf Zadei sich mit der Hand vor die Stirn schlug. Und schon war die Kinderfrau bei ihr und zog das Mädchen nun an der Hand hinter sich her aus dem Raum, während sie sich nochmals entschuldigte. "Verzeiht bitte die Störung, manchmal ist Lady Sherril nicht zu halten." Besagte "Lady" ließ sich zwar mitziehen, schnitt aber Grimassen hinter Frau. "Dabei haben wir uns gerade so gut unterhalten. Onkel Zadei ist echt lustig! " "Sag nicht, du hast schon wieder rumerzählt, dass du Herrn Titius heiraten willst?" meinte diese nur genervt. "Aber das werde ich, bäh!" Als sie nun die Tür erreicht hatten, drehte Sherril sich noch ein- mal um und winkte mit ihrer kleinen Hand. "Bis dann Onkel Zadei!" rief sie noch, bevor sie schließlich verschwand und die Tür geschlossen wurde. "Ich bin nicht dein Onkel!" rief Zadei noch hinterher, war sich aber nicht sicher, ob sie es noch gehört hatte. Das er sich von einer kleinen Göre auf der Nase rumtanzen ließ, war echt unglaublich! Noch dazu hatte er für einen kurzen Moment tatsächlich einen Schreck bekom- men, als sie Titius erwähnte. Oh Mann, er war echt ein Wrack! Stöhnend ließ er sich ins weiche Polster zurückfallen und versuchte, diesen Morgen erst mal zu verarbeiten. Doch viel Zeit hatte er dazu nicht, denn schon bald erschien ein Bediensteter, der ihm die Nachricht überbrachte, dass Laures ihn in seinem Arbeitszimmer erwartete. Na toll, das fing ja alles super an! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)