Pandora - A World full of Secrets von Malinalda (~KaiXRay~ and others) ================================================================================ Kapitel 68: The Last Lost Child ------------------------------- Disclaimer: Name: Pandora- A World full of Secrets Autoren: Malinalda und Yingzi Genre: Romantik, Drama, Fantasy, Shounen-Ai Warnung: AU, OOC, Dark Zeichenerklärung: „…“ – Sprechen ‚…’ – Gedanken ~*~*~*~ - Erinnerungen, Erzählungen (in der Art von Flashbacks) ~~~ - Träume ***~*** - Visionen (Vergangenes sowie auch Zukünftiges) Kursives – widerhallende Sätze im Bewusstsein, Auszüge aus Schriften, Briefe ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 68: The Last Lost Child (dt. Das letzte verlorene Kind) Leicht zitternd lehnte sich Maresa in Bryans Arme. Der junge Soldat legte ihr die Satteldecke seines Pferdes um die bebenden Schultern, ihren zitternden Leib zog er noch näher an seinen warmen Körper. Im Gegensatz zu der jungen Frau bereitete ihm die Kälte der Nacht keine Probleme. Er war es gewöhnt im Kalten zu nächtigen. Maresa nahm die Gesten gerne an, kuschelte sich enger an den Körper hinter sich. Ein leises Gähnen entrann ihrem Mund und sie schloss einen Augenblick die Augen. Sie war müde, so entsetzlich müde. Seit zwei Tagen ritten sie und Bryan nun schon ununterbrochen in die Richtung des Kampffeldes. Dies war die erste Pause, die sie sich gönnten und dennoch wollte Maresa keine Schwäche zeigen und dem Drang ihres Körpers nachgeben. Bryan spürte die Müdigkeit seiner Gefährtin, hob einen Arm und strich ihr eine der hellbraunen Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Schlaf ruhig etwas. Ich bleibe solange wach und passe auf.“, sagte er leise. Maresa wollte protestieren, doch Bryan erstickte dies im Keim, indem er ihr einen der kalten Finger auf die Lippen legte. Die junge Frau beugte sich dem Willen des Älteren, lehnte ihren Kopf in seine Halsbeuge, schloss erneut die Augen und bereits wenige Momente später hob und senkte sich ihr Brustkorb in gleichmäßigen Bewegungen. Sie war eingeschlafen. Bryan selbst lehnte seinen Kopf gegen den Stamm des Baumes in seinem Rücken, schloss selbst die Augen etwas. Doch er schlief nicht. Nein, vor seinem geistigen Auge spielte sich das Geschehen der letzten zwei Tage noch einmal ab. ~*~*~*~ Desperado scharrte ungeduldig mit den Hufen auf dem gefrorenen Untergrund. Bryan strich dem braunen Hengst abwesend über den muskulösen Hals. Die Nacht neigte sich dem Ende zu und noch immer fehlte jede Spur von Christine und Brooklyn. Langsam wuchs das Unbehagen in ihm und die Ahnung, dass etwas passiert sein musste, wurde immer größer. Die beiden hätten seit Stunden hier sein sollen, doch nichts hatte sich ereignet. Desperado schien die Beklommenheit seines Herrn deutlich zu spüren, denn er begann unruhig zu tänzeln. „Shhhh… ho. Ganz ruhig.“, sprach Bryan mit beherrschter Stimme. Er konnte verstehen, dass das Pferd sich so verhielt. Der Hengst war es nicht gewohnt, dass sein Herr unruhig oder gar nervös wurde. Bryan beschloss seinem Pferd etwas Bewegung zu geben, sodass das nervöse Tier sich wieder beruhigte. Langsam schlug er die Zügel über den Hals, nahm sie in seine Hände und lief einige Schritte durch das Unterholz. Dadurch, dass es Winter war und der Frühling noch nicht vollständig seine Fühler ausgestreckt hatte, war der Wald noch kahl und der junge Soldat musste nicht befürchten im Gestrüpp oder anderen Dingen hängen zu bleiben und so unnötige Geräusche von sich zu geben. Alle Vorsicht war jedoch vergessen, als ein Schrei die Stille des Waldes durchbrach und einige Vögel erschrocken aufflatterten. Auch Desperado riss an den Zügeln und schnaubte nervös. Bryan, den Schreck schon überwunden, zog den Kopf des Hengstes zu sich, hielt ihm am Zaum fest und strich beruhigend über Stirn und Nüstern. Ein erneuter Schrei erklang, diesmal jedoch gedämpfter und auch leiser, doch nun erkannte Bryan die Stimme. ‚Maresa!’, schoss es durch seinen Kopf und augenblicklich war alles andere vergessen. Er band Desperado an einen Baum, sprach ihm kurz zu und nahm das Kurzschwert vom Sattel des Hengstes. Langsam und wie eine Katze pirschend bewegte sich der junge Soldat durch den Wald, bis dieser sich lichtete und den Blick bald auf eine kleine Waldwiese freigab. Am Rande dieser brannte ein kleines Feuer und zwei Pferde standen angebundenen an einem Baumstamm im Schatten eines Baumes. Bryan hielt den Atem an, beobachtete die Feuerstelle aus sicherer Entfernung. Er war sich sicher, dass der Schrei von hier stammte und dass es Maresa gewesen war, die geschrieen hatte. Noch hatte er keinen gesehen, doch dann regte sich etwas. Direkt neben dem Feuer erkannte er plötzlich zwei Schatten und leises Gewimmer drang an seine Ohren. Es klang gedämpft, doch auch ängstlich. Bryan runzelte die Stirn. Was ging hier vor sich? Wenn es Maresa war, was machte sie hier und warum hatte sie geschrieen? Er musste es herausfinden. Das Kurzschwert eng an seinen Leib gepresst schlich sich Bryan näher an das Feuer heran, hörte nun neben dem leisen Wimmern plötzlich auch Schmatzgeräusche und lustvolles Stöhnen. Was ging hier vor? Schon bald hatte Bryan das Feuer erreicht und was er nun sah, ließ ihn die Augen weiten. Direkt vor ihm auf dem kalten Boden lag Boris und unter ihm Maresa, halb nackt und total verängstigt. Wut und Zorn keimte in dem jungen Soldaten auf und er hob sein Bein und trat Boris genau in die Seite. Der Bischof schrie auf, teils vor Überraschung, teils vor Schmerz. Sofort rollte der Alte sich von der jungen Frau herunter, die völlig überwältig nur weinte und versuchte ihre Blöße zu verbergen. Bryan warf ihr einen kurzen Blick zu, wandte sich aber ab. Dieser Anblick schmerzte ihn und er schürte das Feuer des Zorns in ihm weiter. Hasserfüllt und kochend vor Wut drehte sich der sonst eher ausgeglichene Offizier zu dem Bischof, welcher noch immer keuchte und seinen Angreifer noch nicht erkannt hatte. „Steh auf!“, grollte Bryan und Boris hob ruckartig den Kopf. In seinen Augen standen Unglaube und Überraschung. Er schien nicht zu begreifen, wer hier vor ihm stand, wer ihm eben einen harten Tritt verpasst hatte. Bryan war dies egal. „Steh auf!“, wiederholte er, diesmal energischer, und Boris schien aus seiner Starre zu erwachen. Seine Augen klärten sich und leicht ätzend richtete er sich auf. „Bryan! Was machst du hier?!“, fragte er zischend und wutentbrannt, doch der junge Offizier ging darauf nicht ein. „Nimm dein Schwert und kämpfe!“, war alles, was er sagte. Boris verstand nicht, bemerkte nur die drohende Gefahr, die von dem weitaus Jüngeren ausging. So hatte er Bryan noch nie erlebt, kannte ihn nur als loyalen Offizier, der keinen Befehl verweigerte, doch dieser hier jagte ihm Angst ein. Ohne nur ein Wort zu sagen, drehte der Bischof sich um und versuchte zu fliehen, doch Bryan schnitt ihm den Weg ab. Seine Augen loderten vor Zorn, Groll. „Kämpfe wie ein Mann, elender Feigling!“ Diese so untypische Stimmenlage machte Bryan zu einer angsteinjagenden Person. Boris erkannte das gezogene Kurzschwert in den Händen des jungen Mannes, erkannte, dass er im Kampf gegen Bryan unterliegen würde. Doch plötzlich fiel ihm ein, was er unter seiner Kutte verborgen hielt. Ein hinterhältiges Grinsen schlich sich auf seine hässlichen Gesichtszüge. „Aber Bryan, was ist los mit dir? Warum bist du so wütend. Wenn es dir um das Mädchen geht, darüber kann man doch reden… in der Hölle!“ Mit diesen Worten zog Boris den Dolch und ging auf den Jüngeren los. Doch Bryans trainierte Fähigkeiten sahen den Angriff voraus, so dass er ausweichen und selbst sein Schwert zu einem tödlichen Schlag führen konnte. Wie ein heißes Messer durch Butter fährt, durchdrang Bryans Klinge die Bischofskutte und drang tief in das Fleisch der Brust des Mannes. Boris hielt inne, stockte, sah an sich hinab und das Blut aus seinem Körper strömen. Ungläubig blickte er Bryan an, doch in den grünen Augen gab es keine Reaktion, nur eisige Kälte. Ohne Rücksicht zog Bryan das Schwert zurück und der schwere Körper sackte zusammen, ging zu Boden. „Du bist es, der in die Hölle fährt, Boris!“, kam es kalt über Bryans Lippen und damit setzte er den finalen Schlag, und stieß seine blutige Klinge in das Herz des Bischofs. Emotionslos wandte Bryan sich von der Leiche ab und suchte den Blick zu Maresa, die der ganzen Szene angstvoll zugesehen hatte. Noch immer hielt sie ihr zerrissenes Kleid um ihren Körper gehüllt, die nackten Schultern bebten. Langsam ging Bryan auf die junge Frau zu, entledigte sich seines Reisemantels und kniete sich schließlich vor die zitternde Braunhaarige. Wortlos legte er ihr den Mantel um die Schultern und schon drängte sich Maresa in seine Arme. ~*~*~*~ Langsam öffnete Bryan seine Augen. So hatte er Maresa gefunden, sie vor dem Missbrauch durch Boris gerettet und diesen getötet. Es hatte ihm nicht Leid getan. Dieser Mann, der im Namen Gottes handeln sollte, hatte nur Leid mit seinem Amt erzeugt. Der Tod war nur die gerechte Strafe gewesen und keiner würde ihn vermissen. Von Brooklyn und Christine hatte er nichts gehört, doch er hoffte, dass sie es geschafft hatten. Er hatte vorgehabt nach den beiden zu suchen, doch Maresas Erzählungen über die Manipulationen Rays und auf welchen Auftrag der Bischof den Schwarzhaarigen geschickt hatte, hatten ihn seine Meinung ändern lassen. Er musste verhindern, dass Ray ihn ausführte und damit einen riesigen Fehler beging. Der junge Offizier sah auf und erkannte, dass bereits die Morgendämmerung Einzug hielt. Hatte er vielleicht doch etwas geschlafen? Sie mussten weiter, wenn sie verhindern wollten, dass Boris’ Plan gelang und Ray Kai töten würde. Bryan löste den Griff um Maresas Schultern und weckte sie durch sanftes Rütteln. „Wir müssen weiter, sonst schaffen wir es vielleicht nicht.“, sagte er leise und Maresa war sofort hellwach. In Windeseile sattelten sie die Pferde und galoppierten in die Richtung, in die ihr Herz sie leitete. *** Der Schwarze löste seinen Biss vom Hals des Silberblauen, seine sonst weißen Zähne tropften vom roten Lebenssaft. Sein Blick ruhte kurz auf Kai, welcher sich nicht rührte, dessen Augen waren leblos. Kurz zögerte Ray und setzte dann dennoch zum nächsten, wohl todbringenden Biss an, wurde jedoch von jemandem davon abgehalten. „Ray, nicht!“ Der Schrei einer bekannten Stimme stoppte das schwarze Wesen, es hob den Kopf, die Schnauze dabei immer noch geöffnet, und blickte in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Und was er da sah, ließ ihn erschrocken einen Satz zurückweichen. ‚Maresa!’ Einerseits war er geschockt die Braunhaarige zu sehen, andererseits unendlich glücklich. Sie war frei, konnte fliehen. Nun war nur noch Mingming in den Händen des Bischofs, nur noch das Mädchen war in Gefahr, und das hieß, dass er Kai töten musste um das Leben der Türkishaarigen zu retten. Er wandte seinen Kopf wieder dem anderen Lykantrophen zu und drückte die Krallen der Pfote, die er immer noch auf Kai gedrückt hielt, in das Fell und die Haut, leicht quoll Blut hervor und der Silberblaue zuckte kurz zusammen, gab jedoch keinen Laut von sich. „Ray, nein! Hör mir zu. Mingming ist in Sicherheit, niemand wird ihr etwas tun. Er hat uns belogen.“ Langsam kam die junge Frau näher, Schritt für Schritt. „Boris hat keine Soldaten mehr von sich in Albion, es war alles gelogen. Ray, bitte, du wirst es bereuen.“ Die Worte Maresas fanden langsam ihren Weg in den Kopf des Schwarzen, bauten sich zu Sätzen zusammen, lösten Zweifel und Gewissensbisse aus. Den Kopf schüttelnd lief er langsam rückwärts, hatte von Kai abgelassen. In seinen Augen spiegelte sich Unglaube wieder und er schien noch nicht ganz überzeugt. Kai erhob sich nun ebenfalls, langsam und darauf bedacht seine Verletzungen nicht zu sehr zu belasten. Als er stand, hatte er wieder seine menschliche Form angenommen und blickte erst zu Maresa, nickte ihr kurz zu, dann wandte sich sein Blick wieder dem schwarzen Wesen zu. „Ray...“, kam es leise und traurig gemurmelt über seine Lippen. In seinen rubinroten Augen sammelten sich Tränen, welche sich einen Weg über seine Wangen bahnten und von seinem Kinn auf den Boden tropften. Seine Beine gaben ihm keinen Halt mehr, sie knickten weg und der Silberhaarige landete auf seinen Knien. Für alle anderen war dieses Bild unverständlich und sogar Tala war fassungslos. Kai weinte. Er saß am Boden und weinte bittere Tränen, beinahe lautlos. Auch Christine war geschockt. Das Verhalten ihres Bruders konnte sie sich nicht erklären. Zwar hatte sie die Worte Maresas ebenfalls vernommen, doch konnte sie sich darauf keinen Reim machen. Auch der jungen Schwarzhaarigen liefen einzelne Tränen über das Gesicht, ihre Hände waren verkrampft und zitterten leicht. Maresa war in einigem Abstand zu Kai und Ray stehen geblieben, hatte ihre Augen die ganze Zeit über auf den Schwarzen gerichtet, ein Flehen lag in ihren Augen. „Ray, bitte... Bitte, werde wieder du selbst.“ Und bevor jemand noch etwas tun konnte, hörten alle ein Hufgetrappel, welches immer lauter wurde und näher kam. Ray hatte die Ohren nach hinten angelegt, die Lefzen leicht verzogen, die Augen auf den Punkt gerichtet, aus welchem das Geräusch kam. Und schon bald konnte man ein braunes Pferd erkennen, wessen Reiter blonde Haare besaß, die im Wind des Rittes wehten. Kai war der Erste, der die Reiterin und das Pferd erkannte, sein Ausruf weckte alle aus ihrer Starre. „Judy!“ Die blonde Frau sprang noch während des Galopps vom Rücken Nivis’ und lief auf Kai und Ray zu. Der Silberhaarige kniete immer noch am Boden, seine Augen und Wangen zeugten von Tränen, er hatte etliche Verletzungen, während der schwarze Lykantroph sich keinen Zentimeter bewegt hatte. Sein Fell zeugte ebenfalls von einigen Kratzern und Blut klebte daran, jedoch hatte er seine Ohren nicht mehr drohend angelegt, sondern sie neugierig nach vorne gestellt. Trotz dieser Geste zeigte er immer noch seine Zähne und seine Augen sagten jedem, dass er da bleiben sollte, wo er war. Judys Gesicht zeigte erst ein kleines Lächeln, dann wurde es wieder ernst und keine Regung war erkennbar. Sie blieb neben Kai stehen und ging in die Hocke, hielt einen Arm von sich, so wie man es tat, wenn man einem Tier zeigen wollte, dass man keine Gefahr darstellte. Kurz blickte sie aus den Augenwinkeln Kai an, sah dessen verzweifelten und hilfesuchenden Blick und nickte ihm beinahe unmerklich zu, dann wandte sie ihr Augenmerk wieder dem schwarzen Wolf zu, dessen Ohren leicht hin und her zuckten, aber immer noch die Lefzen nach hinten gezogen hatte. „Ray...“ Ihre Lippen zeigten ein kleines, ehrliches Lächeln. „Ich habe gewusst, dass du einen schweren Weg zu begehen hast, dass dir vieles widerfahren wird, was man sich nicht einmal für seinen übelsten Feind wünschen würde.“ Als sie anfing zu erzählen und versuchte, den Bann, den erst Voltaire begonnen hatte auf Ray zu legen und den Boris dann weitergesponnen hatte, zu brechen. Alle, die in Hörweite waren, lauschten angespannt den Worten der Hexe. „Erst töteten sie deinen Vater, entführten dich, trennten dich von deinen Freunden und deiner Schwester, quälten dich körperlich und seelisch. Es tut mir so Leid, dass ich nichts habe für dich tun können.“ Mittlerweile liefen auch der Blonden Tränen über die Wangen. „Ich hatte immer wieder Visionen, wusste, dass ihr bei dieser Mission, die euch die Götter auferlegt hatten, hättet sterben können. Doch ich konnte und durfte nichts tun und es tat mir im Herzen schrecklich weh. Ihr beide seid mir damals bei eurem kurzen Besuch so ans Herz gewachsen, fast schon ein Teil meiner Familie geworden.“ Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ich habe durch diese Prophezeiung schon vor Jahren meinen Onkel und ungeborenes Kind verloren und nun im Krieg meinen Sohn.“ Gequält schlossen sich ihre Augen. „Lasst mich nun nicht auch noch euch verlieren...“ Der letzte Satz war fast nur noch ein Flüstern, dennoch hörte Ray es dank seinen tierischen Ohren deutlich, sowie auch Kai, der sich neben ihr befand. Der schwarze Lykantroph hatte seine Lefzen nicht mehr nach hinten gezogen, lediglich seine Reißzähne ragten noch aus dem Mund. Seine Augen spiegelten Trauer wieder, aber auch Angst und Ungewissheit. Doch bevor er weiter nachdenken konnte, ergriff Judy wieder das Wort. „Wie ihr wisst, bin ich eine Hexe. Es gibt viele Fähigkeiten der Hexen, manche wahr, andere ein Mythos. Ich möchte dir sagen, Ray, dass eine meiner Gaben – wenn man es so nennen will – ist, dass ich nicht lügen kann. Ich kann Dinge verschweigen, aber nicht lügen. Du hast dein Vertrauen in Kai verloren, hast dich von den Lügen, die dir konstant eingeflößt wurden, einspinnen lassen und dabei die Wahrheit vergessen.“ Gespannt sah Ray die Blonde an. Von welcher Wahrheit sprach sie? Was war denn nun die Wirklichkeit? Was war geschehen und was nicht? Verwirrt schüttelte er seinen Kopf, konnte die vielen Fragen aber nicht vertreiben. „Die Wahrheit ist, Ray, dass alles, was du von Voltaire gesagt bekommen hast, nicht stimmt. Wenn er gesagt hat, dass du Kai nichts bedeutest, dann lass mich dir sagen, dass Kai seelisch nahe am Abgrund gewesen war, als sie dich von ihm genommen hatten. Wenn er gesagt hat, dass er dich niemals retten würde, warum ist Kai dann zurück nach Etania geritten, um dich zu befreien? Warum hat er eine Hälfte dieser Welt in den Krieg geführt? Er wollte dich retten, seinen Großvater schlagen und dich in Sicherheit wissen, wollte, dass es dir gut geht. Was denkst du, gab ihm die Kraft, all dies durchzuhalten? Nur du. Alleine die Vorstellung daran, dich wieder zu sehen, hatte gereicht, damit er alles ertragen konnte. Er wollte nicht gegen dich kämpfen, wollte lieber sterben, als dir wehzutun. Du bist seine Welt, Ray, du bedeutest ihm alles.“ Während Judy dies alles sagte, liefen dem Silberhaarigen neben ihr wieder vereinzelte Tränen übers Gesicht, sein Blick war auf den Boden vor sich gerichtet. Alles in allem machte er einen gebrochenen Eindruck. Aber das Gesagte ging auch an dem schwarzen Wolf nicht spurlos vorbei. Er knurrte nicht mehr, zeigte seine Zähne nicht mehr. Er wirkte etwas verloren und schien nicht zu wissen, was er tun sollte. Ein Gefühlschaos ergriff sein Inneres und all die Gefühle, denen er abgeschworen hatte, von denen er gedacht hatte, er hätte sie verbannt, kamen wieder hoch. Er konnte es nicht leugnen, er liebte Kai aus tiefstem Herzen. Doch wie konnte er ihm nun unter die Augen treten? Er hatte ihm so viel Unrecht getan, hatte ihn sogar töten wollen! Den Menschen, der ihm alles bedeutete. Ein Ruck ging durch Ray und Kai beobachtete gespannt, mit Sehnsucht und auch etwas Angst, wie sich die Ausdrücke in den goldgelben Augen rasant abwechselten, bis er plötzlich einen Schritt nach hinten ging. Und bevor noch jemand hätte reagieren können, drehte sich der Schwarze herum und rannte davon. „RAY!“ Der Silberhaarige wollte aufspringen, ihm hinterher und sagen, dass er ihn immer noch liebte, dass er ihn immer lieben und ihm das alles verzeihen würde, doch seine Beine wollten nicht so, wie er es gerne gehabt hätte. Sie knickten unter ihm weg und er hätte eine unliebsame Begegnung mit dem Boden gemacht, wenn ihn Judy nicht aufgefangen und seinen Sturz abgebremst hätte. „Lass ihm etwas Zeit.“, flüsterte sie ihm zu, als Kai sich an sie gelehnt hatte und seinen Tränen freien Lauf ließ. „Er braucht nun eine Weile, um alles zu verstehen und wieder neu einzuordnen. Zeig ihm einfach, dass du für ihn da bist.“ Sie strich mir ihrer Hand durch die silbernen Haare. „Es wird sicher alles gut werden...“ Ihre blauen Augen blickten umher und sahen dann zu dem Rothaarigen, der immer noch Christine in den Armen hielt. Ein Lächeln zierte ihre Lippen. „Schön zu sehen, dass Voltaire es nicht geschafft hat, dich ganz von deinem vorbestimmten Weg abzubringen, Samhain.“ Tala blinzelte sie verwirrt an. „Was meinen Sie? Warum Samhain?“ Auch die Schwarzhaarige in seinen Armen sah nun neugierig auf die blonde Hexe, welche Kai immer noch eng umschlungen hielt. „Du bist das Kind des Herbstes, das letzte der vier Schicksalskinder. Du bist Samhain. Samhain, Kind des Herbstes, du, geboren am 21. September, wirst schon im Alter von sechs Jahren eine qualvolle Erfahrung machen. Du wirst alles verlieren, deinen treuesten Begleiter, deine Familie, deine Identität. Von da an wirst du in der Obhut des Mannes Leben, der die Herrschaft an sich reißen will. Viele Jahre lang lebst du bei ihm, wirst von ihm aufgestachelt, gegen seinen Enkel, damit du stärker wirst und dich ihm nicht widersetzt. Herbstkind, dein Leben, verloren, du musst wiederentdecken. Nur so kannst du deine wahre Identität herausfinden, erfahren, wer du wirklich bist. Schwindel, Mord... Dies zeichnet deinen Weg, doch wenn du es wirklich willst, kannst du diesen Weg verlassen und einen anderen einschlagen. Der Wind wird immer auf deiner Seite sein, Windflüsterer. Kind des Herbstes, Samhain. So steht es geschrieben. Du bist der Sohn der ermordeten Königsfamilie Kronos’, Tala Kenneth De Loreille.“ Verstehen machte sich langsam in dem Rothaarigen breit, er hob eine Hand und fasste hinter sein rechtes Ohr. „Der Wolf...“, flüsterte er und die Blonde nickte ihm zu. „Voltaire wusste von den Prophezeiungen, er hatte sie gestohlen und ein Blutbad in Etania angerichtet. Dann hat er dich entführt und wiegte sich in der Sicherheit, dass du für immer sein sein würdest. Er war sich sicher, eines der Schicksalskinder für sich verbuchen zu können. Zum Glück haben ihn seine Sinne getäuscht.“ Der Rothaarige lächelte leicht, drückte Christine etwas näher an sich und blickte dann über die Ebene, über die vielen Menschen und schließlich zu Kai und Judy. Seine Augen trafen die Kais. Die eisblauen Augen sahen den Silberhaarigen aufmunternd an. „Er wird seine gerechte Strafe bekommen.“ Kai nickte ihm leicht zu. Ja, sein Großvater würde seine Strafe bekommen. Und vielleicht, vielleicht könnten er und Tala noch einmal von vorne anfangen und sogar eine Freundschaft aufbauen... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Yay, kein böser Cliffi dieses Mal xD @black_ray-jack: Aber wo wäre für Borischen der Vorteil, wenn er Ray eingesperrt gelassen hätte xD”? Er muss ja irgendwie ein Druckmittel haben, um Voltaire stürzen und die Macht an sich reissen zu können ^^“ @BlackSilverLady: *Taschentuch reich* .__. Und wieder einmal bin ich sprachlos. Hatte dir ja erzählt, dass ich das bei deinen Komms öfters bin *verlegen kicherz* Ehrlich, ich weiß nicht, was ich sagen soll, ausser, dass es mich teils zutiefst berührt, wie viel Gefühl da drin steckt, aber auch „erschreckt“, dass dir die Tränen gekommen sind *es nicht mag, wenn andere zum Weinen bringt .__.“* *einfach mal ganz fest knuddln und umarmen muss* @RyuichiSakuma: Hui, ein neuer Leser ^__^ Du hast aber nicht das ganze Teil an einem Stück gelesen, oder oo? @chhaya: Und noch ein neues Leserlein ^__^ Aber Yuriy kommt doch vor Oo Er heißt in dieser FF nun Tala ^^ @MuckSpuck: Von der Situation her würde das aber ganz und gar nicht passen, auch vom Plot her nicht ^^“ Aber keine Angst, sie werden sich schon noch als Menschen gegenübertreten *grin* A big thanks also to: KeiraX, Saturn0100, Katzengirl, kara, Hineko *umflauschen* Mali und Yingzi Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)