Vergeben und vergessen von Starfi ================================================================================ Kapitel 3: Vorwürfe ------------------- Der restliche Schultag war ein Desaster. Der Lehrer mußte Ryo geradezu von Rika wegreißen und die gesamte Klasse war in heller Aufruhr. Nachdem nun alle endlich irgendwie auf ihrem Platz gelandet waren, war es nun an Ryo, sich vorzustellen. Rika saß unterdessen wie gelähmt auf ihrem Platz und wußte nicht, was sie sagen sollte. "Herr Akiyama. Wie mir von der Schulleitung mitgeteilt wurde, haben sie nicht vor, besonders lange an dieser Schule zu bleiben. Erzählen sie uns doch bitte den Grund für ihren kurzen Aufenthalt in unserer Klasse." Ryo räusperte sich. "Meine Motive waren eigentlich, ein bestimmtes Mädchen zu suchen. Sie ist vor 2 Jahren einfach aus dem Leben von ihren Freunden verschwunden und keiner konnte sagen, wohin. Ihr Name tauchte nirgends auf. Und nun habe ich beschlossen, sie ausfindig zu machen. Ich bin zwar ein Jahr älter als die anderen hier, was aber daran liegt, dass ich nach meinem langen Aufenthalt damals in der digitalen Welt eine Klasse freiwillig wiederholt habe." Er wendete bei keinem seiner Worte seinen Blick von Rika ab. Die saß immer noch unbeweglich auf ihrem Platz mit einem so hochrotem Kopf, dass man hätte denken können, sei hätte hohes Fieber. "Und was heißt ihre "eigentlichen Motive"?" "Das ich so eben die gesuchte Person gefunden hab. Und dass ich ohne sie keinen Schritt mehr aus dieser Klasse tun werde!" Murmeln machte sich breit. Rika spürte die verwunderten und auch neidischen Blicke der anderen in ihrem Rücken. "Ich nehme mal nach der Situation von eben an, dass sie von Rika Maoko sprechen." Ryo zog die Augenbrauen hoch. "Maoko? Das erklärt einiges. Ich habe seit 2 Jahren Rika Nonaka gesucht!" Jetzt gab es kein halten mehr. "Nonaka? Moment. So hieß doch das Topmodel, das damals verschwunden ist." "Ja, Rumiko glaub ich." "Und es hieß doch, sie habe eine Tochter..." "Soll das etwa Rika sein... unsere Rika?" "Aber sie heißt doch ganz anders!" Der Lehrer knallte ein Buch lautstark auf das Lehrerpult und verschaffte sich erneut Gehör. "Nun widmen wir uns also unserem Stoff. Eure Fragen könnt ihr in der Pause diskutieren!" Herr Natsukaki begann also damit, binomische Formeln an die Tafel zu schreiben. Immer noch war vereinzeltes Flüstern zu hören und Rika machte sich so klein wie möglich auf ihrem Platz. Sie spürte Ryos Blicke, der 2 Reihen hinter ihr saß, drehte sich jedoch nicht um. Die Stunde verging für Rika leider viel zu schnell, wußte sie doch, dass sie sich dann unangenehmen Dingen stellen mußte. Es klingelte. Niemand rührte sich. Bis plötzlich in einem Affenzahn Rika von ihrem Platz aufsprang und erneut zur Klassentür raste. Mit einem "So nicht, meine Gute!" raste der Neuling der Klasse hinterher. Rika stürmte Richtung Schuleingang, wurde jedoch unsanft kurz davor zurückgerissen und an die nächste Wand gedrückt. "Ich weiß, dass du es damit hast, einfach abzuhauen, aber diesmal nicht! Hast du mich verstanden! Du wirst diesmal nicht einfach abhauen!!!" Nach einigem Zögern traute Rika sich endlich, ihm ins Gesicht zu sehen und sie war alles andere als überrascht. Blanke Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben. In seinen Augen spiegelte sich seine Verletztheit. Sie hielt es nicht aus und blickte wieder zu Boden. Aus der ferne waren Stimmen und Schritte zu vernehmen. Die Schüler verließen ihre Klassenräume, um nach draußen zu gehen. Rika wußte, dass diese 30 Minuten Pause wahrscheinlich die längsten ihres Lebens werden würden. Auch Ryo bemerkte den nahenden Besuch und zog Rika hinter sich her in ein verlassenes Klassenzimmer. Er positionierte sie so, dass sie keinerlei Chance hatte, an ihm vorbei zu kommen. Immer noch wagte sie nicht, aufzusehen. "So, fang an!" Sie zuckte die Schultern. "Was willst du hören? Ihr habt doch gemerkt, dass ich weg war. Alles andere ist doch inzwischen nebensächlich." Ihre Stimme drückte Trotz aus, und doch bemerkte Ryo ein leichtes Zittern. Er wiederum konnte seine Wut nicht zügeln. Er packte ihr an die Schultern und schüttelte sie. "Verdammt, Rika! Das ich jetzt wirklich nicht der passende Moment, um zickig zu sein! Hast du auch den Hauch einer Ahnung, was wir uns alle für sorgen gemacht haben! An meinem 3. Urlaubstag ruft Jen mich in Tränen aufgelöst an und sagt mir, dass du weg bist! Das Haus leer, du nicht auffindbar und keine einzige Nachricht! Ich bin sofort nach Hause, aber du warst wie vom Erdboden verschluckt!" "Tut mir leid, dass dein Urlaub im Eimer war!" "Darum geht es nicht und das weißt du haargenau! Seit 2 Jahren suchen wir dich! 2 verdammt lange Jahre! Ohne zu wissen, ob du noch in Japan bist, ob dir etwas passiert ist! Und dann finde ich dich hier, immer noch innerhalb Tokyos! Und du hast es nicht für nötig gehalten, dich mal zu melden, wenigstens zu sagen, dass es dir gut geht!" Rika antwortete nicht. Sie versuchte, ihren Kopf auf Durchzug zu stellen, damit sie die Anschuldigungen nicht hören mußte. Doch es brachte alles nichts. Er erwartete eine Antwort. "Ich hätte nie gedacht, dass du so ein egoistisches Stück bist! Nie! Dir ist doch ganz egal, was aus uns geworden ist! Du..." Sie unterbrach ihn. "HÖR AUF!!! Es reicht! Denkst du, es war einfach für mich? Von einem Tag auf den anderen sagt mir meine Mutter, dass wir umziehen. An das andere Ende von Tokyo, in die Pampa. Sie hatte alles durchdacht und es nicht übers Herz gebracht, es mir zu sagen! Es war für alles gesorgt. Der Umzug fiel zufällig auf deinen 2. Urlaubstag. Ein neues Haus, ein neuer Beruf, eine neue Schule. Ihr wart doch alle so enthusiastisch, was die Ferien betraf. Was sollte ich tun? Ich habe mich so oft gefragt, wie es euch geht. Was ihr wohl macht. Ob ihr auch mal an mich denkt... Ja, vielleicht war es falsch, einfach zu verschwinden! Aber nun ist es nicht mehr zu ändern! Und bei wem hätte ich mich denn melden sollen? Jen und Takato waren immer miteinander beschäftigt, Kazu und Kenta haben nur Just for Fun gelebt. Ai, Marko und Suzie sind nun wirklich zu jung gewesen, als dass ich sie mit meinen Problemen hätte behelligen dürfen. Und du... Du warst immer auf Achse, hier die Presse, da eine neue Freundin... Also an wen hätte ich mich wenden sollen?" Jetzt sah wiederum Ryo betroffen aus, doch er faste sich relativ schnell. "Entschuldige mal! Die Presse war immer und überall! Allgegenwärtig! Und du weißt selber, dass ich nie eine Freundin hatte! Die schreiben doch, was sie wollen! Gerade heute..." "Ich weiß, mit Jen. Aber das habe selbst ich für unwahrscheinlich gehalten!" Sie hatten sich vorerst nichts mehr zu sagen. Der Gongschlag zur neuen Stunde ertönte. "Wir müssen!" Sie hielt kurz vor der Tür inne. "Es tut mir leid. Dass ihr euch Sorgen gemacht habt. Dass ich einfach weg bin. Doch sind wir ehrlich: was hätte es geändert, wenn ich euch Bescheid gesagt hätte. Die Entfernung zu euch ist riesig." Sie öffnete und ging hinaus. Ryo blieb allein zurück. "Was es geändert hätte? Alles! Ich wäre mit dir gegangen. Niemand hätte mich aufhalten können. Und nun... bist du soweit entfernt." Auch er ging zur Klasse. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)