Things will never be the same again von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Tränen lügen nicht ----------------------------- Sanae saß spät abends noch an ihrem Schreibtisch über den Fotoalben, die sie in all der Zeit mit der Mannschaft und mit Tsubasa angelegt hatte. Jedes Bild sah sie sich scheinbar minutenlang an, in Erinnerung schwelgend um dann zum nächsten Bild umzublättern und genau das gleiche zu tun. Sie war gerade mal 15 Jahre alt und fühlte sich in diesem Moment doch wieder wie eine Oma, die an die "guten alten" und vor allen Dingen "besseren Zeiten" dachte und in ihren Alben schmökerte. Mittlerweile war sie mit ihrem Alben durchschauen schon fast fertig und die Gegenwart auf den Fotos schien immer näher zu kommen bis sie letztendlich auf der letzten Seite angelangt war, die ein Foto von Tsubasa und ihr zeigte. Sie stützte ihren Kopf auf die Hände und blickte konzentriert auf das Foto. Es war erst vor kurzem aufgenommen worden, genau genommen einen Tag nachdem Tsubasa ihr gesagt hatte, dass er sie liebt. Und das war nun auch schon drei Wochen her. Drei Wochen, in denen sie die Nachmittage miteinander verbracht hatten und im Grunde genommen doch alles noch genau so war, wie vorher. Aber daran wollte Sanae sich jetzt nicht stören, sie war froh, Tsubasa endlich für sie gewonnen zu haben und es offiziell hieß, dass sie beiden tatsächlich ein Paar waren. Sanae machte das Album zu, legte es auf die anderen und verstaute die Dinger wieder in den Schrank, wo sie hingehörten. Sie seufzte, rückte dann den Stuhl zurecht und entschloss sich noch einmal auf die Toilette zu gehen, bevor sie sich ins Bett legte. Im Badezimmer schaute sie sich noch eine Weile im Spiegel an. Sie besah sich ihr Gesicht mehrmals, blickte dann zu ihrem Körper herunter und wieder in den Spiegel. "Vielleicht" flüsterte sie "bin ich einfach noch nicht feminin genug". Sie löschte das große Licht in ihrem Zimmer, tapste dann durchs Dunkle zu ihrem Bett und schlüpfte unter die Bettdecke. Sie versuchte krampfhaft einzuschlafen, doch je mehr sie sich dazu zwingen wollte, die Augen geschlossen zu halten, desto weniger gelang es ihr. Also behielt sie die Augen auf und wanderte langsam mit ihren Blicken durch das Zimmer, das langsam aber sicher besser zu erkennen war, da sie sich an die Dunkelheit gewöhnte und ein kleiner Lichtkegel in ihr Zimmer hinein fiel. Ob Tsubasa jetzt noch wach war? Sie linste auf ihren Radiowecker, der bereits halb 1 Uhr nachts anzeigte. Sicherlich schlief er schon und träumte...aber bestimmt nicht von ihr, er konnte es ja kaum erwarten, nach Brasilien zu kommen. Sanae stiegen die Tränen in die Augen. Weshalb nur dachte er primär an Brasilien, an den Fußball? Weshalb kam sie an der zweiten Stelle? Sie schüttelte den Kopf. Nein, so war das sicher nicht, Tsubasa konnte eben seine Gefühle nicht so gut zeigen - er hatte ihr doch gesagt, dass er sie liebt. Und wenn er das sagte, dann meinte er das auch so. Er hatte um sie mit Kanda gekämpft und hatte dabei seine Gesundheit, und damit auch seinen Traum aufs Spiel gesetzt, nur damit dieser Kerl sie in Ruhe ließ. Sie zog ihre Bettdecke ein Stück nach oben und drehte sich dann auf die Seite. Langsam fielen ihr die Augen zu und sie sank in einen unruhigen Schlaf. Sie hatte das Gefühl, kaum geschlafen zu haben. Sie schaute verschlafen auf die Uhr und stellte fest, dass es auch gerade einmal 6 Uhr morgens war. Sie zog die Bettdecke ein Stück über ihren Kopf und schloss die Augen, in ihrer Schläfe merkte sie langsam die aufkommenden Kopfschmerzen. Sie kniff die Augen zusammen, das konnte doch nicht wahr sein...Vor diesem Tag graute es ihr schon seit ewigen Zeiten und bis dahin hatte sie eigentlich immer das Glück gehabt, dass dieser Tag noch nicht herein brach, aber nun war es wirklich an der Zeit gekommen, dass es geschah. Sie raffte sich auf und saß aufrecht in ihrem Bett, rieb sich durch die Augen und massierte danach ihre Schläfe, ließ ihren Kopf kreisen und ging herüber zu ihrem Schreibtisch, um die Kopfschmerztabletten herauszuholen, zuerst einen großen Schluck aus ihrer Flasche Wasser zu nehmen und dann die Tabletten mit einem weiteren Schluck herunter zu spülen. Dann legte sie sich wieder hin und schloss die Augen. Vor ihrem inneren Augen lief ein Film von Bildern der letzten Wochen ab. Wieso nur ging die Zeit so schnell vorbei? Ihr Herz pochte immer schneller und sie wälzte sich auf die Seite und zog ihre Bettdecke mit sich. Nein, nein, nein, wieso war es jetzt schon soweit, dass er von ihr gehen musste? Warum war Liebe nur so schmerzhaft? Weshalb mussten sie sich denn trennen? Sie waren doch noch gar nicht lange zusammen. Es hatte Ewigkeiten gedauert, bis Tsubasa ihr seine Gefühle gestand - und jetzt schien alles wieder so ausweglos wie vorher. Gedanken gingen ihr durch den Kopf, ob es nicht besser für sie gewesen wäre, wenn er nichts gesagt hätte? Aber das änderte dann freilich nichts an ihren Gefühlen für ihn und an den Schmerz beim Gedanken ans Verlassen werden. Sie versuchte noch ein wenig zu schlafen, doch als sie die Augen wieder öffnete, war es gerade einmal zwanzig nach 6. "Verflucht!" hauchte sie aus und drehte sich auf die andere Seite, presste ihre Bettdecke an sich und fing an zu weinen. Je intensiver sie weinte, desto intensiver wurden ihre Kopfschmerzen. Ihre Nase lief, und da ihr in diesem Moment sowieso alles egal war, wischte sie sich mit dem Handrücken unter die Nase und wischte ihre Tränen weg. Warum nur - dachte sie sich - muss Liebe weh tun? Sie dachte eigentlich immer, dass Liebe das schönste Gefühl war, das es geben konnte. Zu allem Überfluss schien nun auch noch die Sonne penetrant in ihr Zimmer hinein. Sie hatte vollkommen vergessen, die Jalousien herunter zu ziehen und nun hatte sie den Salat. Auch wenn sie nie in völliger Dunkelheit aufwachte - sie hasste es, wenn sie aufwachte und nicht erahnen konnte, ob es nun Tag oder Nacht war - aber das penetrant gutgelaunte Scheinen der Sonne ging ihr jetzt total gegen den Strich. Außerdem vernahm sie nun das hektische Geschwätz der Vögel, die es sich in dem Baum gegenüber ihres Zimmer gemütlich gemacht hatten. Es nervte sie. All dies bedeutete gute Laune, und gute Laune hatte sie an diesem Tag sicherlich nicht. Mühsam stand sie wieder auf, blieb auf ihrer Bettkante sitzen und massierte sich abermals die Schläfen. Sie schluffte müde zu ihrem Fenster, ließ sich von der Sonne blenden und stand bestimmt noch einige Minuten so dort herum. Tsubasa lag sicherlich noch in seinen Träumen, oder er war vor lauter Aufregung schon wach, das konnte natürlich auch sein. Schlaflose Nächte hatte er wegen ihr sicherlich noch nie gehabt...Ihre Eltern waren sicherlich noch nicht wach, weshalb auch, sie hatten keinen Grund an einem Sonntag morgen bereits um halb 7 aufzustehen. Also machte Sanae sich gemächlich auf den Weg ins Badezimmer, streifte ihre Klamotten ab und stellte sich unter die Dusche. Zuerst stand sie dort regungslos und ließ das warme Wasser an sich herunter laufen, dann löste sie sich jedoch aus ihrer Steifheit und nahm langsam das Shampoo in die Hand und fing an sich die Haare und den Körper zu reinigen. Als sie fertig war, wrang sie sich die Haare aus, wickelte dann ein Badetuch um ihren Körper und rubbelte sich die Haare ein wenig trockener. Dann kämmte sie sich die Haare ordentlich durch, legte sich das Handtuch um die Schultern und ging in ihr Zimmer zurück. Die Dusche hatte ihre verspannte Muskulatur zwar gelöst, doch ihre innerliche Anspannung war noch immer vorhanden. Sie seufzte, öffnete dann die Schranktüren und überlegte schon einmal, was sie anziehen könnte. Eigentlich war das doch auch egal, er würde doch eh nicht darauf achten, oder? Sie zog sich einen Rock und ein Top heraus, hielt es an sich, zuckte dann die Schultern, hängte die Kleiderbügel mit den Klamotten an ihren Schrank und setzte sich aufs Bett. Ihr Kopf sank zurück auf ihr Kopfkissen und es sah etwas verkrümmt aus, wie sie dort gerade "lag". Wie sollte sie diesen Tag bloß überleben? Er würde gehen, und wer weiß, wann sie sich wieder sehen sollten. Sie versuchte sich zusammen zu reißen. Was war sie doch egoistisch. Er tat das doch alles nur, um seinen Traum Profifußballer zu werden, verwirklichen zu können. Und sie dachte nur daran, wie schlecht es ihr dadurch ging. Sie schloss die Augen, welche sich wieder mit Tränen füllten "Liebe heißt, manchmal loslassen können, Liebe heißt manchmal vom Geliebten sich Trennen...Liebe heißt nicht nach dem eignen Glück fragen..." summte sie leise vor sich hin. Irgendwie hatten diese Textzeilen doch etwas Wahres an sich. Aber warum musste das so sein? Gab es nicht einen Mittelweg, der beide zufrieden stellen konnte? Sie raffte sich wieder auf, atmete einmal tief aus und rubbelte sich dann mit dem Handtuch wieder durch die Haare. Ihr Blick schweifte herüber zu dem Spiegel, der an ihrer Zimmertür befestigt war. Sie sah sich dort stehen, die Schultern hingen lustlos an ihr herunter, ihre Augen sahen leer und trübe aus, ihr nassen Haare klebten auf ihren Schultern und sie gab an sich eine dürre Erscheinung ab. "Wie kann man so erbärmlich aussehen" flüsterte sie zu sich selbst und ging mit langsamen Schritten auf den Spiegel zu, die rechte Hand ausgestreckt. Vorsichtig betastete sie sich auf ihrem Spiegelbild, dann schnellte ihre Hand zu ihrem Mund hoch, sie riss ihre Augen auf und drehte sich schlagartig wieder um. Sie sank zu Boden, verschränkte die Arme auf ihren Knien und ließ ihren Kopf darauf sinken und fing langsam an zu weinen - still und alleine wie schon all die vergangene Zeit über. Nach einiger Zeit, die sie dort am Boden zusammen gekauert verbracht hatte, hob sie den Kopf, zog die Nase hoch und öffnete vorsichtig ihre Tür, linste hinaus und tappste schnell ins Bad, um sich die verheulten Augen ein wenig zu kühlen. Sie bürstete sich noch einmal ordentlich die Haare durch und wrang sich dazu durch, sie endlich einmal zu fönen, sonst würden sie aussehen wie Sauerkraut. Vorsichtig schloss sie also wieder ihre Zimmertüre hinter sich und begann sich die Haare zu fönen, blickte dabei teilnahmslos in den Spiegel und fühlte sich so lustlos wie schon lange nicht mehr. Sie kramte sich ihre Unterwäsche heraus und ließ das Handtuch von sich gleiten, zog sich dann spärlich an und griff nach ihrem Bademantel. Sie wollte sich jetzt einfach nur in diesen flauschigen Stoff hereinkuscheln. Ein kurzer Blick auf die Uhr, ein fast lautloser Seufzer und sie schloss die Augen. Als ihr Kopf plötzlich weg sackte, schoss sie mit eben diesem nach oben und blickte irritiert durch ihr Zimmer. Sie schaute dann wieder auf ihre Uhr und bemerkte, dass bereits halb 10 durch waren. Sie war doch tatsächlich noch einmal eingeschlafen. Nun, das war in der Tat aber kein Wunder gewesen, erstens hatte sie nicht viel geschlafen und zweitens waren ihre Augen vom Weinen wieder so müde geworden...Sie streckte sich, ihre Glieder schienen wieder genau so verkeilt zu sein wie sie es vor der Dusche gewesen waren. Sie vernahm Geräusche von unten, um diese Uhrzeit war es schon eher gewöhnlich, dass jemand auf war. Sicher war es ihre Mutter. Sie stieg mit ihren Füßen also in ihre Pantoffeln und ging die Treppe hinunter, durch den Flur und dann gerade aus in die Küche. "Morgen" murmelte sie, während ihre Mutter mit der Spülmaschine beschäftigt war. "Morgen" grüßte hingegen diese zurück, ohne aufzusehen. "Willst du was essen?" Sanae drehte sich im Türrahmen direkt wieder um. "Danke, nein, habe keinen Hunger. Muss mich sowieso gleich mal fertig machen..." Ihre Mutter stoppte während der Bewegung, das Besteck in den Besteckkasten zurück zu manövrieren. "Oh...stimmt ja...er fährt hier ja schon um 12 Uhr los" Sanae nickte stumm und verließ daraufhin wie vorgenommen die Küche. Übersah absichtlich ihren Bruder, der auf der Couch saß und sich direkt nach dem Aufstehen Cartoons reinziehen musste, nickte ihrem Vater ebenfalls nur ohne ein Wort zu sagen zu und verschwand wieder in ihrem Zimmer. Heute war wohl wirklich kein guter Tag für sie zu reden. Zumindest nicht jetzt. Sie ließ den Bademantel von sich gleiten, hob ihn dann aber sofort wieder auf und hängte ihn ordentlich am Kleiderbügel auf. Nachdem ihr Deo ein wenig unter den Armen eingewirkt war, streifte sie sich den Rock und das Top über, die Sonne schien zwar, jedoch schien es frischer draußen zu sein, als es für die Jahreszeit normal gewesen wäre. Also suchte sie sich noch ein kleines Jäckchen heraus, um es sich später überziehen zu können. Während ihr Blick wieder etwas an sich selbst zweifelnd in den Spiegel driftete, entschied sie sich, doch ein wenig Puder aufzulegen, damit das Näschen nicht so glänzte. Außerdem wollte sie so zumindest die noch immer müde wirkenden Augen aufhellen. Sie kam sich jetzt schon mordsmäßig geschminkt vor. Sie fand es komisch, sich etwas ins Gesicht zu schmieren, außerdem glaubte sie, dass man aus ihr sowieso nicht so viel heraus holen konnte. Gerade in diesem Moment fühlte sie sich wieder wie eine graue Maus. "Ach Tsubasa, warum musst du mich jetzt schon verlassen!" seufzte sie auf, als sie sich die Haare zurück kämmte. - Nein, jetzt nicht wieder weinen, sonst wirst du bei seinem Abschied noch schlimmer aussehen - ging es ihr durch den Kopf. Da fiel ihr wieder das Bild von sich und Tsubasa ein, welches sie noch am Vorabend angeschaut hatte. Sie ging zu ihrem Schrank und zog das betreffende Fotoalbum hervor, blätterte nach der Seite und besah sich dieses Foto noch einmal. - Es sieht irgendwie gar nicht so aus, als wären wir zusammen. Wir stehen da nebeneinander, fassen uns nicht einmal an, er hat keinen Arm um mich gelegt und ich bin bei ihm nicht untergeharkt - flogen ihr gerade die Gedanken durch den Kopf - Es sieht so aus, als würde er die Nähe zu mir meiden - Sie klappte traurig drein schauend das Album wieder zu und stellte es zurück an seinen Platz. Sie versuchte diese trüben Gedanken von sich zu schütteln. Wenn er sie liebte, dann dürfte er doch eigentlich keine Angst davor haben, sie auch mal in den Arm zu nehmen, oder? Deprimiert und lustlos stapfte sie die Stufen herunter und setzte sich in den Sessel, betrachtete stumm die sinnlosen Cartoons, die sich ihr Bruder ansah und ihr Blick pendelte zwischen dem Fernseher und der Uhr hin und her. Um kurz vor 11 sprang sie dann nervös auf, brüllte ihrer Familie nur entgegen, dass sie jetzt schnell weg sei und sie sie bald wieder zu erwarten hätten. Sie beeilte sich, um zum Haus der Ohzoras zu kommen. "Warum bin ich blöde Gans nicht eigentlich schon früher los gegangen? Dann hätten wir doch viel mehr Zeit füreinander gehabt!" Verbissen ging sie diesen Gedanken nach und wäre beinahe am Haus der Ohzoras vorbei gelaufen. Sie wollte gerade anklopfen, als Tsubasa die Tür aufriss und sie mit einem strahlenden Lächeln empfing. "Ah, da bist du ja endlich! Ich dachte schon, du kommst nicht mehr!" Etwas verschüchtert sah sie ihn an. "Doch, natürlich!" versicherte sie ihm. Er hatte ihr gesagt, dass er sich von ihr alleine verabschieden will. Seine Freunde hatten ihn gestern schon verabschiedet und mit seinen Eltern sowie seinem kleinen Bruder war er mittlerweile auch soweit, Auf Wiedersehen zu sagen. Sanae beobachtete die familiäre Szene mit und es zerriss ihr das Herz, als sie merkte, wie schwer es auch Frau Ohzora fiel, ihren Sohn gehen zu lassen. Immerhin war er gerade einmal 16 Jahre alt geworden und wollte sich schon so eigensinnig auf den Weg ins Ausland machen. - Doch auch sie ließ ihren Sohn gehen, kein Wort des Vorwurfs, nur die besten Wünsche, er möge seinen Traum wahr machen und sein Talent in Brasilien fördern. Eigentlich wünschte Sanae ihm all dies ja auch - aber tief in ihrem Inneren hätte sie ihn lieber mit einer Eisenkette an sich gebunden und ihn nie wieder losgelassen. Sie schämte sich in diesem Moment für ihre Gedanken, fühlte sich zu egoistisch und das war in ihren Augen durchweg schlecht. Sie gingen nebeneinander her, er wirkte sehr gefasst und konzentriert, sie fühlte sich dagegen neben ihm nur klein und zerbrechlich. "Ist es schon soweit..." flüsterte sie schon fast, doch er hatte genau verstanden, was sie ihm gesagt hatte. "Ja, schneller, als ich letztendlich gedacht hätte. Alles okay bei dir?" Sie nickte mehrmals hintereinander. "Sicher doch, klar. Mir geht's gut." "Das gibt mir viel, dass du jetzt mit kommst. Immerhin ist das jetzt eine riesige Veränderung für mich. So weit weg von Japan, in Brasilien. Aber ich glaube, ich werde es in Brasilien lieben, ich kann meiner Leidenschaft für den Fußball endlich so nach gehen, wie es hier in Japan leider nicht möglich ist." Schweigen von ihrer Seite. - Jedes Wort, das er sagt reiß mein Leben entzwei - das war das Einzigste, was sie dachte. Tat es ihm nicht im geringsten leid, sie zurück lassen zu müssen? Sie waren bereits an der Bushaltestelle angekommen, die ihn bis zum Flughafen bringen würde. "Wir sind da..." Sie nickte bloß stumm, er sah sie durchforstend an. "Sanae?" Sie blickte zu ihm auf, unweigerlich füllten sich ihre Augen wieder mit Tränen - sie hielt es nicht mehr aus, sie musste ihn jetzt endlich einmal an sich drücken. Sie schmiss sich ihm in die Arme und drückte sich an seinen Körper. Doch seine einzige Reaktion war, dass er nicht reagierte. Sanae bekam ein unbehagliches Gefühl. Wieso tat er nichts? Wieso schloss er sie nicht in die Arme? Sie hatte sogar noch das Gefühl, dass er versuchte, sie ein Stück von sich weg zu drücken. Sie ließ erschrocken von ihm ab, wischte sich die Tränen weg und schniefte. "Entschuldige, ich..." Doch er unterbrach sie, als wäre nichts gewesen, als hätte sie gerade eben keinen Gefühlsausbruch gehabt. "Ich werde dir so oft es geht schreiben, Sanae. Ich kann dich nicht bitten, immer auf mich zu warten. Aber..." Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, zu sehr schmerzte es noch in ihrer Brust, dass er ihre Berührung und ihre Emotion nicht erwidert hatte. Er fasste ihr vorsichtig an die Schulter, hob seinen linken Arm, unter den er seinen Fußball geklemmt hatte und lächelte sie an, ließ dann von ihr los und streckte ihr den Fußball entgegen. "Pass gut auf ihn auf, okay?" Sie sah ihn irritiert an, von ihm zum Ball und wieder zurück zu ihm, mit zitternden Händen nahm sie ihr "Abschiedsgeschenk" entgegen und die Tränen liefen an ihren Wangen herab. "Das werde ich machen!" Sie hörten beide von Weitem schon das Brummen des Busses und wussten, dass sie sich nun eine lange Zeit nicht mehr sehen würden. Er drehte sich um, als der Bus angekommen war, und stieg ein, drehte sich dann in der Tür noch einmal um und winkte ihr zu. "Mach deinen Traum wahr!" rief sie ihm noch zu, so gut sie es konnte, denn die Tränen hatten schon wieder die Überhand gewonnen. Die Tür schloss sich hinter ihrem Freund und der Bus fuhr los. "Deinen Traum..." stammelte sie und sah dem wegfahrenden Bus hinterher. So stand sie jetzt dort, den Fußball in der Hand, für den sie den Babysitter spielen sollte. Auf ihn aufpassen sollte sie, war das ein Zeichen seinerseits dafür, dass er sie liebte? Sie wollte es so sehen in diesem Moment. Doch noch immer ließ sie das Gefühl nicht los, dass er ihrer Nähe ausweichen wollte. Eine Umarmung, mehr hatte sie nicht verlangt. Wieso war es von seiner Seite aus nicht möglich? Sie schlenderte langsam nach Hause und dachte immer weiter darüber nach. Über den Fehler, den sie bei sich zu suchen glaubte. Kapitel 2: Da liegt was in der Luft ----------------------------------- "Und was möchten Sie dazu trinken?" Der Gast grübelte noch eine Weile über der Karte. "Haben Sie Coca Cola oder Pepsi?" fragte er dann zögerlich. "Die erste Variante" "Hm, dann nehme ich eine Cola Light." "Sehr gerne" Sanae nahm die Speisekarten an sich, die die Gäste ihr entgegen hielten. Lächelnd verschwand sie mit den Karten und ihrem kleinen Bestellblöckchen und marschierte zum Tresen. "Ein Wasser und eine Cola bitte, einmal Nummer 14 aber anstatt Pommes bitte Country Potatoes und Nummer 32 mit kleiner Salatgarnitur". Sie sah im Augenwinkel die nächste neue Kundschaft, wartete aber noch schnell auf die Getränke, die sie dann mit ihrem Tablett geschickt zum Tisch brachte, nett lächelte und sich dann auf den Weg zur neuen Kundschaft machte, griff vorher noch schnell zu den Speisekarten und überreichte sie. "Wissen Sie schon, was sie Trinken möchten?" "Ja, zwei Eistee bitte." "Welche Geschmacksrichtung hätten Sie gerne, wir führen Grüner Apfel, Pfirsich und Zitrone." Die beiden Gäste blickten sich an. "Für mich Pfirsich, bitte." "Apfel" "Gerne!" quietschfidel ging sie zurück zum Tresen, um die neue Bestellung aufzugeben, huschte dann zu den Gästen, die zahlen wollten, kassierte ein nettes Trinkgeld und konnte sich dann bereits wieder auf den Weg machen, um die Getränke abzuliefern, das Essen zu bringen, erneute Bestellungen aufzunehmen und freundlich zu bleiben. Sie machte die Arbeit jetzt sicher seit einem halben Jahr. Montags bis Mittwochs arbeitete sie als Aushilfe in einem Büro, erledigte dort Telefonate, Briefe und die Ablage, Dienstags bis Freitags arbeitete sie in dem Schnellrestaurant, wo seit kurzem auch Yukari angefangen hatte. Dienstags und Mittwochs arbeitete sie abends, Donnerstags und Freitags wechselte das hin und wieder. Je nachdem, wie gerade anderes Personal noch Zeit hatte. Plötzlich betrat er wieder das kleine Restaurant, hielt Ausschau nach einer bestimmten Person, lächelte als er sie gefunden hatte und setzte sich an einen kleineren Tisch für zwei Personen. Grinsend kam Sanae auf ihn zu. "Du mal wieder hier? Das ist ja langsam schon keine Seltenheit mehr. Schmeckt es dir hier so gut?" Er zuckte die Schultern. "Das Essen ist es nicht unbedingt, was mich immer wieder hier her kommen lässt!" Er lächelte sie zuckersüß an und versuchte nach ihrer Hand zu greifen, doch sie drehte sich grinsend von ihm ab und kümmerte sich um ihre andere Kundschaft, brachte dem jungen Mann - sein Name war im Übrigen Kanazawa und er war mit ihr bereits auf eine Schule gegangen - seine übliche Cola und das Schinkenbaguette, das er dort immer aß. "Möchtest du vorher nicht wenigstens fragen, ob ich das haben will?" "Wieso, seit du hier her kommst bestellst du dir nichts anderes." Sie zwinkerte ihm zu. "Wann hast du Feierabend?" fragte er, während er herzhaft in sein Baguette biss. Sie linste auf die Uhr. "Gegen 19 Uhr..." "Dann wart ich hier auf dich so lange. Die Stunde werde ich hier ja wohl ausharren können." "Ach, brauchst du nicht..." Sanae war es leicht unangenehm, dass er schon wieder auf sie warten wollte. "Ich warte gern!" Sanae machte sich wieder an die Arbeit. Es war wirklich genug zu tun und einerseits war sie erleichtert, als ihre Ablösung kam. Sie machte noch schnell ihre Abrechnung und Kanazawa wartete geduldig am Ausgang auf sie. "Du hättest nicht auf mich warten brauchen!" "Wollte ich aber. . Auf dich warte ich doch immer gerne." Sie lächelte nur und antwortete nicht auf seinen Kommentar. Schweigend gingen sie nebeneinander her, sie bemerkte, wie er sie von der Seite anblickte und irgendwie war ihr dieser Blick unangenehm. Wieso sah er sie nur immer so an? Sie waren bereits vor dem Haus der Nakazawas angekommen und erwartungsvoll blickte er sie an. "Naja dann danke fürs nach Hause bringen!" Sanae wollte sich gerade umdrehen um die Tür aufzuschließen, als Kanazawa sie am Handgelenk fest hielt. "Sanae, ich würd dich gern was fragen", unsicher drehte sie sich zu ihm um und sah in sein ernstes Gesicht. "Ich würde gern mal mit dir ausgehen - ohne dich immer nur auf der Arbeit zu besuchen." Sie zog ihre Hand von ihm weg und sah verstohlen zu Boden. "Ich weiß nicht..." "Wenn ich dich mal nach der Arbeit abhole könnten wir doch mal ins Kino gehen oder was Trinken gehen!" er sah sie mittlerweile verzweifelt an, er verstand nicht, warum sie so zögerte. Sie konnte sich doch denken, dass er die letzten Wochen nicht immer umsonst in den Imbiss kam und sie öfters nach Hause brachte. Anscheinend hatte sie seine Avancen bis jetzt nie richtig verstanden. Sie überlegte noch immer und er wartete still auf eine Antwort. Dann nickte sie plötzlich. "Okay, können wir ja mal machen..." mit diesen Worten drehte sie sich zur Tür um ohne sich ihm noch einmal zuzuwenden, nuschelte nur noch ein "Schönen Abend noch" und schloss die Tür hinter sich. Innen angekommen lehnte sie sich an die Haustür, ihr Herz pochte schnell und sie ließ sich auf den Boden sinken. Was war nur mit ihr los? Weshalb reagierte sie so verstört auf Kanazawa? Sie war unhöflich zu ihm gewesen. Und nun hatte sie ihm noch aus lauter Verzweiflung einer Verabredung zugestimmt. Das konnte sie doch auch nicht einfach so machen. Immerhin hatte sie doch schon einen Freund. Einen Freund in Brasilien. Sie machte ein trauriges Gesicht, stand mühsam auf, legte ihre Jacke ab und ging mit langsamen bedenklichen Schritten nach oben in ihr Zimmer, schloss die Tür leise hinter sich und ließ sich auf ihr Bett fallen, vergrub ihr Gesicht im Kissen und schluchzte. Sie wartete noch immer auf einen Brief von Tsubasa. Er hatte ihr jetzt einige Wochen nicht mehr geschrieben, was war nur los, dass er nicht antworten wollte? Das Kissen an sich gedrückt legte sie sich auf den Rücken und starrte die Decke an. Ihre Liebe für ihn brannte noch immer in ihrem Herzen, hoffnungsvoll antwortete sie so schnell es ging auf seine Briefe, wartete sehnsüchtig auf eine Antwort. Ihre Briefe waren voll mit "Ich vermisse dich" und "Du fehlst mir" - doch von seiner Seite aus eine einzige Reihe von Emotionsflauten. Ja, waren sie denn nun zusammen, oder nicht? Kein "Ich liebe dich", kein "Ich vermisse dich", kein "Ich brauche dich hier" in seinen Briefen. Weshalb war er nur so seltsam, wenn er sie doch angeblich liebte? Die zweieinhalb Jahre, die er bereits in Brasilien war, hatte sie sich immer eingeredet, dass Tsubasa eben so war und seine Gefühle versteckte. Aber konnte man das wirklich so gut, wenn man jemanden aus tiefstem Herzen liebte? War es da nicht eher so, dass die Gefühle so stark waren, dass man sie am liebsten laut in die Welt heraus schreien wollte? Dass man sich nach dieser Person verzehrte, sich nach ihr sehnte und es kaum erwarten konnte sie wieder zu sehen. Mal ganz abgesehen davon wenn man sich nicht sehen konnte so oft es nur ging sich zu schreiben oder anzurufen? Anrufen, wie selten hatte er das denn getan. Telefonate zwischen den beiden gab es nur wenige, und diese kamen auch nie zum von Sanae erhofften emotionsgeladenem Gespräch. Zurück auf dem Bauch gelandet, zupfte sie an den Zipfeln ihres Kissens herum und grübelte weiter. Wieso hatte sie jetzt eigentlich diesem Kanazawa zugesagt? Sie konnte doch nicht sehr gescheit in diesem Moment gewesen sein. Das war eine Fehlentscheidung gewesen! Eigentlich wollte sie das doch gar nicht. Wieso hatte sie überhaupt diesen Gedanken in Erwägung gezogen, etwas mit einem anderen Mann zu unternehmen? Ihr Herz gehörte doch einzig und allein Tsubasa und jetzt hinterging sie ihn da sie schon allein mit dem Gedanken gespielt hatte sich mit einem Anderen zu treffen!!! Obwohl, was war denn dabei? Sie wollte doch eigentlich nur Spaß haben, mit anderen etwas unternehmen und - ach überhaupt, sie zog sich viel zu viel aus dem richtigen Leben zurück. War es nicht vielleicht wirklich so, dass Tsubasa ihr eigentlich kein wirkliches Interesse entgegen brachte? Sie stand auf und ging zum Spiegel herüber und besah sich, zog ein Stück ihr Shirt nach oben und betastete ihren Bauch. Der war eigentlich schön straff geworden, ihr Busen war mittlerweile ebenfalls gut gewachsen und die Körbchengröße C kam ihr manchmal schon zu viel vor, sie hatte schöne Beine bekommen und auch ihr Gesicht war viel freundlicher und femininer geworden. Vielleicht war es ja doch kein Wunder, weshalb Kanazawa sie immer so ansah, eigentlich sah sie ja doch nicht so schlecht aus. Zumindest hatte sie eine gute Figur, die sie im letzten Jahr auch sehr gut zu betonen wusste. Nur Tsubasa kannte sie ja so gar nicht, sie hatten sich fast drei Jahre lang nicht mehr gesehen. Doch wie sollte das auch möglich sein, er in Brasilien und sie in Japan. Sie seufzte. Sie wünschte sich nichts Sehnlicheres, als in seinen Armen zu liegen, seinen Atem auf ihrer Haut zu spüren. Plötzlich knurrte ihr Magen, so viel Nachdenken machte wohl müde...Aber erst einmal wollte sie aus diesen Klamotten raus, suchte sich also ihre bequeme Trainingshose und ein einfaches T-Shirt heraus und zog sich dies anstatt ihrer Jeans und dem engen Top an. In ihre Hausschuhe geschlüpft stapfte sie die Treppen herunter und machte sich zielstrebig auf den Weg in die Küche. "Lässt du dich auch einmal blicken?" sagte ihre Mutter etwas genervt. Lag wahrscheinlich daran, dass sie gerade ganz alleine das Abendessen vorbereitete. "Sorry, ich musste nachdenken..." Sie schaute auf den Tisch, auf dem ein paar Umschläge lagen, vermutlich alles Rechnungen. "Keine Post für mich heute?" Frau Nakazawa schüttelte den Kopf. "Nein, auch heute nicht." Sanae seufzte und begab sich neben ihre Mutter und übernahm es das Gemüse zu schneiden. Traurig und völlig in Gedanken verloren schnitt sie die Paprika klein, dann die Gurke. Frau Nakazawa besah sich ihre Tochter "Tsubasa wird dir schon bald schreiben, Kind, keine Sorge!" "Hm...meinst du?" "Sicher!" "Na dann..." Sanae schwieg noch eine Weile, dann platzte es aus ihr heraus. "Mama, ich glaube er liebt mich nicht!" Frau Nakazawa unterbrach für einen Moment ihre Arbeit und blickte ihre Tochter mitfühlend an. "Zugegeben...sein Verhalten ist schon etwas merkwürdig." Das war natürlich genau das, was Sanae jetzt nicht hören wollte und gebrauchen konnte. "Er meldet sich ein wenig selten meiner Meinung nach und sonderlich angestrebt hat er es auch nicht, dich in den vergangenen drei Jahren zu sehen." Sanae putzte das Messer ab und legte es hin, hielt sich an der Arbeitsplatte fest und wieder einmal stiegen ihr Tränen in die Augen. "Ich finde das irgendwie schade" fuhr ihre Mutter fort "ich hatte eigentlich wirklich das Gefühl, dass ihm etwas an dir liegt und er dich glücklich macht, als er noch hier war." Um ihre Tochter zu trösten strich sie ihr vorsichtig mit der Hand über den Rücken, Sanae zog die Nase hoch und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Ich weiß ja auch nicht..." entgegnete sie nur noch und begann den Tisch zu decken. Vielleicht liebte Tsubasa sie ja wirklich nicht, aber wieso hatte er es ihr damals dann gesagt? Er war doch sonst nie der Typ, der etwas sagte, was er nicht auch meinte - gerade wenn es um Gefühle ging, war Tsubasa doch eher wortkarg. Oder es lag eben daran, dass er es nicht so zeigen konnte. Sie wusste es nicht, sie war einfach nur total verwirrt. Ihr Magen knurrte zwar noch immer, aber irgendwie hatte sie ihren Appetit verloren und stocherte mehr in ihrem Essen herum, aß dann aber ihre gesamte Portion auf und half ihrer Mutter beim Abwasch. Ihr Bruder nervte sie noch ein wenig, also entschied sie sich wieder in ihr Zimmer hoch zu gehen und dann gleichzeitig das Telefon mitzunehmen. Ihr Herz pochte schneller, sollte sie ihn anrufen? Hastig wählte sie die Nummer und vertippte sich ein paar Mal, schaute dann auf die Uhr um sich zu versichern, dass in Brasilien gerade ein Zeit herrschte, zu der man anrufen konnte, und versuchte es dann erneut. Ihr Herz schlug immer schneller, es dauerte lange, bis einmal ein Zeichen im Hörer zu vernehmen war. Es klingelte. Sanae schluckte, sie hatte irgendwie Angst davor, wenn er den Hörer abnehmen sollte, aber auch Angst, dass er sich nicht melden könnte. Es klingelte und klingelte, und als letztendlich das Besetztzeichen erklang, legte Sanae enttäuscht auf. Automatisch wählte sie die Nummer ihrer besten Freundin. "Yukari Nishimoto?" "Ich bins" Sanaes Stimme war bereits jetzt schon zittrig. "Sanae? Alles okay?" Sanae fing unweigerlich wieder an zu weinen und Yukari wusste gar nicht genau, was sie machen sollte, den Grund dafür konnte sie sich ja ausmalen. "Hey, nun mal ganz ruhig, was ist passiert?" "Ach, eigentlich gar nichts" japste Sanae noch unter Tränen ihrer Freundin ins Ohr. "Es ist nur...ach, es ist doch alles scheiße, das mit mir und ihm. Er meldet sich kaum und gesehen haben wir uns seit damals auch nicht!" "Sanae..." Yukari wusste schon nicht mehr, was sie ihr raten sollte, denn diese Leier kam ja alle paar Tage einmal vor und im Prinzip sagte Yukari ihr immer wieder das selbe - und langsam gingen ihr dabei wirklich die Argumente aus! "Dann ruf ihn doch mal an." "Hab ich ja versucht, es geht keiner ran" schluchzte sie zurück. "Sanae, jetzt reiß dich doch mal ein bisschen zusammen. Es kann doch nicht sein, dass du fast jeden Abend verzweifelt zu Hause herum sitzt und ihm nachweinst, wenn er sich nicht mal von sich aus meldet. Verdirb dir nicht dein ganzes Leben mit der Frage, ob er dich wirklich liebt oder nicht. Ich kann es ja verstehen, dass dich das mitnimmt, wenn von ihm so wenig kommt. Aber du bist so eine hübsche und nette junge Frau, geh doch mal mit wem anderes aus! Und wir könnten auch mal wieder öfter abends aus gehen, wenn du magst!" Sanae putzte sich am anderen Ende der Leitung die Nase. "Vielleicht hast du Recht..." "Vielleicht nur? Natürlich habe ich Recht!" "Im Übrigen hat mich Kanazawa heute gefragt, ob ich nicht mal mit ihm ausgehen will." Jetzt wurde Yukari wieder hellhörig. "So? Und was hast du ihm gesagt?" gespannt wartete sie auf die Antwort ihrer Freundin "Naja, ich habe eine Möglichkeit offen gelassen!" "Soso, na das halte ich doch aber mal für eine gute Idee, Sanae, dann kommst du endlich mal auf andere Gedanken" sprach Yukari ihrer besten Freundin den nötigen "Mut" zu. "Mal abwarten, ich werde ihn jedenfalls nicht danach fragen." Das war typisch für Sanae, jetzt hatte sie einmal die Chance sich mit jemandem zu treffen, da überlegte sie viel zu lange darüber nach. Yukari verstand sie manchmal nicht. Sie war eine wirklich hübsche junge Frau geworden, zog sich figurbetont an, ihre Haare waren mittlerweile länger als früher und ein nettes Wesen hatte sie ja sowieso. Von dem wilden, jungenhaften Mädchen Sanae war eigentlich gar nichts mehr übrig geblieben. Viel mehr war sie schüchtern geworden. Zudem fühlte sie sich noch so sehr dazu verpflichtet, für keinen anderen Mann Augen zu haben als für Tsubasa, obwohl dieser Blödmann sich nur so selten bei ihr meldete. Sie wünschte es Sanae ja sehr, dass ihre so genannte Beziehung zu Tsubasa mal etwas glücklicher werden würde, doch es ärgerte sie, dass Tsubasa ihr recht emotionslos gegenüberstand. Nach und nach beruhigte sich Sanae und sie konnte sich letztendlich um halb elf ins Bett legen und ruhig einschlafen. Während Sanae in Japan noch immer fest um zehn Uhr schlief (sie hatte ihren arbeitsfreien Vormittag) hockte Tsubasa gemeinsam mit seinem Kumpanen Pepe in Brasilien in ihrer neuen Bude und tranken ein Bierchen oder auch zwei. (Info: Ich habe das mal nachgerechnet UND auf einer offiziellen Homepage der Weltuhren nachgeforscht, der Zeitunterschied zwischen Japan und Brasilien beträgt 12 Stunden, also einen halben Tag. Brasilien liegt also 12 Stunden zurück und zu Sanaes Schlafenszeit in Japan herrscht später Abend in Brasilien). Eigentlich wollte Tsubasa keinen Alkohol trinken, denn das war gar nicht so sein Ding, aber ganz uncharakteristisch für ihn hatte er sich von Pepe dazu überreden lassen, doch ein Bier mit ihm auf ihre neue WG zu trinken. Und dass er nicht oft alkoholische Getränke zu sich nahm, merkte er schon früh, auch wenn Bier nicht gerade einen hohen Prozentanteil von Alkohol beinhaltet. Er wurde zunehmend redseliger und Pepe versuchte die Chance zu nutzen, es war eine Seltenheit, dass sich Tsubasa einmal öffnete und daher wollte Pepe das kleine sich öffnende Türchen nutzen. "Sage mal, mein guter Freund, wieso hast du diese wirklich heiße Braut letztens eigentlich so schnell abgewimmelt? Die war doch voll scharf auf dich!" Tsubasa grinste. "Was sollte ich denn mit der?" Pepe sah ihn überrascht an, hatte er etwa nicht einmal mit dem Gedanken gespielt? "Außerdem weißt du doch, ich habe schon eine Freundin!" "Die du seit du hier bist nicht mehr gesehen hast! Sicher, dass sie nicht schon längst jemand anderes gefunden hat?" Tsubasa schüttelte energisch den Kopf, bereute dies aber sofort nachdem er dies getan hatte, plötzlich drehte sich alles noch ein wenig schneller, als es ihm vorher schon so wackelig erschienen war. "Sie bleibt mir treu, sie wartet schon auf mich..." Pepe lachte auf. "Klang das philosophisch" - jedenfalls klang es für ihn in seinem Zustand und in diesem Moment so. Tsuabsa setzte noch einmal an, um seine Gedanken zu Ende zu bringen. "Ich liebe sie und ich könnte sie niemals mit einer anderen Frau betrügen." Pepe sagte dazu nichts mehr, aber wenn Tsubasa das schon so klar und deutlich ausdrückte, dann musste das wohl der Wahrheit entsprechen, denn für gewöhnlich war er eher jemand, der seine Gefühle nicht gerne offenbarte, seine Emotionen zurückhielt und nicht gerne darüber sprach. Sofern er jemals darüber ein Wort verloren hatte. Pepe wusste über Tsubasas vermeintliche Freundin nicht mehr, als dass ihr Name Sanae war und sie in Japan lebte - und dass sich die beiden seit fast drei Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten. "Du vermisst sie?" fragte er dann plötzlich nach und Tsubasa nickte - nun etwas klüger nach seiner letzten Aktion - langsam. "Dass du das so lange aushalten kannst." "Was?" Pepe grinste verschmitzt. "Na, so eine lange Durststrecke über sie nicht zu sehen...sie nicht zu spüren." Tsubasa stützte sich mit den Händen nach hinten ab und warf vorsichtig seinen Kopf in den Nacken und starrte in dieser Position zum Fenster hinaus. Er räusperte sich kurz. "Ich weiß gar nicht so wirklich, wie sie sich anfühlt." Pepe runzelte die Stirn, was wollte Tsubasa ihm damit bitte mitteilen? "Wie jetzt?" Tsubasa blickte seinen Kumpel noch immer nicht an sondern vertiefte sich völlig in die Dunkelheit, die nun langsam über Sao Paolo fiel. "Bist du noch Jungfrau?" Nicht einmal dieses Thema schien Tsubasa dieses Mal peinlich zu sein. "Ja. Ich hab sie nie irgendwie angerührt, geschweige denn geküsst." Pepe glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, gerade zu ungläubig schnellte er zu Tsubasa vor und starrte ihn an. "WAS????" Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, was war das denn für eine Beziehung, wenn sie niemals körperliche Nähe erfahren hatten? "Ich weiß, ist irgendwie komisch" gestand Tsubasa "Aber ich habe irgendwie...Angst davor." "Angst?" langsam wurde Tsubasa irgendwie unheimlich für Pepe, so etwas hatte er ja noch nie gehört. "Ich wäre mir einfach zu unsicher sie zu berühren und ihr so nahe zu kommen." "Ja, aber weshalb denn?" Tsubasa zog die Schultern hoch, ließ sie wieder sinken und seufzte auf. "Keine Ahnung. Ich will nichts falsch machen. Außerdem" fügte er noch schnell hinzu "waren wir damals auch ein bisschen zu jung und zu kurz zusammen, um miteinander schlafen zu wollen." "Aha" für seinen Freund klang das alles trotzdem etwas ungewöhnlich. "Wieso solltest du da was falsch machen, wenn du sie berührst? Ich meine, du hast sie nicht einmal geküsst???" "Zu unsicher, ich bin ein Trottel bei so was" lallte nun Tsubasa. "Ich bin in so etwas wirklich ein totaler Loser, ich kann ja froh sein, dass ich sie überhaupt habe." "Du brauchst wohl Unterstützung, was?" schielte Pepe zu ihm herüber, doch Tsubasa antwortete darauf nicht mehr und prostete ihm lediglich mit seiner Flasche Bier erneut zu. Sanae stand erst spät auf, dieses Ausschlafen hatte sie auch einmal dringen nötig. Zumal ihre Augen vom vielen Weinen am gestrigen Tage ziemlich müde gewesen waren. Sie wischte sich den Schlaf aus den Augen und bemerkte, dass es unter ihrer Bettdecke viel zu warm geworden war, zwar hatte sie in der Nacht schon einen geraumen Anteil ihrer Decke weggestrampelt, aber selbst der kleine Rest auf ihrem Körper fühlte sich viel zu warm an. In ihrem Zimmer schien die Luft zu stehen, sie hatte es versäumt das Fenster die Nacht über offen zu lassen. Ihr erster Gang bestand also darin das Fenster zu öffnen. Von draußen schlug ihr schon die Wärme entgegen, allerdings nicht so stickig wie in ihrem Zimmer. Sie schwitzte und hatte jetzt nur einen sehnlichen Wunsch - sie wollte sich duschen! Nachdem sie ihr Bett ordentlich zum Auslüften zurück geklappt hatte, machte sie sich auf den Weg ins Badezimmer und ließ erst einmal kaltes Wasser über ihren erhitzten Körper laufen. Im ersten Moment hätte sie anfangen können zu schreien, aber sie biss sich auf die Lippen und nach ein paar Sekunden, als ihr Körper sich mit der Temperatur anfreunden konnte, spürte sie die Erfrischung, die ihr diese Dusche gab. Nachdem sie sich unter normalen Temperaturen geduscht und die Haare gewaschen hatte, wickelte sie ihren Körper in ein Handtuch und wrang sich die Haare aus, kämmte sie sich durch, machte ihr Handtuch fest um ihren Körper und stiefelte in ihren Latschen die Treppen herunter um zu sehen, wer aus ihrer Familie anwesend war. Ihre Mutter war wohl von ihrer Putzstelle bei einer älteren Frau bereits zurück und werkte in der Küche herum. "Hilfst du mir bei der Sauce?" fragte sie direkt als sie hörte, dass ihre Tochter die Küche betreten hatte, und das ohne sich einmal zu ihr umzudrehen, nicht einmal "Guten Morgen" hatte sie ihr gesagt. "Bin noch im Handtuch" maulte Sanae und etwas genervt sah ihre Mutter sie an. "Was denn?" zischte Sanae, als sie sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank nehmen wollte. "Du könntest mir ruhig etwas öfter helfen." "Atsushi ist öfter im Haus als ich! Der kann doch auch mal was tun." "Er ist ein Junge." "Ja und, bewahrt ihn das vor Hausarbeiten?" Sanae schüttelte den Kopf, das konnte doch nicht wahr sein, in welchen Zeiten lebte ihre Mutter. "Fang du nicht auch noch so an..." stöhnte diese dagegen, Sanae hatte es sich mittlerweile einigermaßen auf einem Stuhl am Küchentisch gemütlich gemacht und löffelte einen Erdbeerjoghurt. "Womit anfangen?" "Mit dieser Emanzipation! Früher war es ganz normal, dass Frauen für die Hausarbeit da waren und die Männer das Geld verdienten..." "Mama, wo lebst du? Zeiten ändern sich und Gott sei Dank passen wir uns auch mal ein wenig an die Europäer an und leben nicht mehr wie im Mittelalter" "Früher hast du selber noch anders gesprochen!" "Früher, früher haben die Leute noch über die Stange geschissen!" Frau Nakazawa schlug mit der Faust auf die Arbeitsplatte. "Rede vernünftig und benutze nicht so eine Fäkalsprache!" Kopfschüttelnd widmete sie sich wieder ihrer Sauce und reumütig schluffte Sanae wieder nach oben, zog sich etwas leichtes über und half ihrer Mutter beim Essen. Ihre Haare brachte sie mit ein wenig Haarspray zu einer Frisur, stieg in ihre rote Capri-Hose, sie streifte sich ein buntes Top über und machte sich auf den Weg Richtung Stadtzentrum. Yukari hatte die gleiche Schicht wie sie, das gefiel ihr besser, denn wenn nicht so viel los war, konnten sich die beiden wenigstens unterhalten. Sie schaute auf die Uhr. Naja, 16-22 Uhr arbeiten, das konnte sie ja mal verkraften, obwohl sie lieber die früheren Schichten auf sich nahm. Konnte man aber nichts daran ändern - und immerhin war sie ja nicht alleine. Während sie sich dem Stadtzentrum immer mehr näherte, dachte sie an Akira und fragte sich, ob er heute wieder vorbei schauen wollte. Vermutlich hatte er sich wieder vorher erkundigt, wann sie Schicht hatte und würde dementsprechend wieder dort sein. Es war nicht wirklich viel los, bei dem schönen Wetter hielten sich die Leute eher im Schwimmbad auf und nicht in dem Imbiss. Vielleicht konnten sie gegen Abend mit einer besseren Kundschaft rechnen, als so. Sanae lehnte gerade lässig - eigentlich tat sie das nur selten - an der Theke und sprach mit Yukari, die es sich auf einem Barhocker bequem gemacht hatte, als sie Akira Kanazawa herein kommen sah. "Oh nein" hauchte sie kurz auf und brachte Yukari dazu ihren Kopf sofort umzudrehen und den sich nähernden jungen Mann anzuschauen. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht schnellte Yukaris Kopf wieder zu Sanae um, sie zwinkerte ihr zu und flüsterte ihr ein "Na dann viel Spaß, schmeiß dich ran" entgegen, nahm ihr Getränk von der Theke und machte sich auf den Weg zu den winkenden Gästen, die zahlen wollten. Sanae wusste überhaupt nicht, wo sie hingucken wollte, denn irgendwie war es ihr peinlich, dass Akira sie gefragt hatte, ob sie nicht einmal miteinander weggehen wollten. Scheinheilig begann sie mit einem Lappen die Theke zu wischen und guckte nur einmal kurz auf. Er stand mittlerweile direkt vor und beobachtete sie. "Hi" kiekste sie schwächlich nach oben, ihr Herz pochte schneller, sie hatte Angst vor dem, was er als nächstes sagen würde. "Sanae, wie wäre es denn mit heute?" Sanae wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, ging hinter die Theke und legte den Lappen weg. "Was denn?" fragte sie unschuldig, kramte nervös ihren Block hervor und spähte nach eventuellen neuen Gästen. "Hey, versuch mir nicht aus dem Weg zu gehen" scherzte er und suchte ihren Blick. Schüchtern blickte sie nach oben, sie war es nicht gewohnt, dass Mann so mit ihr umging. "Tu nicht so, du weißt ganz genau was ich meine. Heute hast du Schicht-Ende um 22 Uhr, das ist doch die perfekte Zeit, um danach noch einen Trinken zu gehen. Meinst du nicht auch?" Sie zuckte mit den Schultern und legte den Kopf schräg. "Weiß nicht...Moment bitte" sie rauschte sofort zu den gerade angekommenen Gästen, die kamen ihr gerade Recht. Sie nahm zügig schon einmal die Getränkebestellung auf und verteilte die Speisekarten, machte die Getränke fertig und war froh beschäftigt zu sein. So konnte sie den bohrenden Fragen Kanazawas aus dem Weg gehen, zumindest für einen kurzen Moment. Sie überlegte sich schon peinlichst genau, welche Ausrede sie benutzen konnte, nur um nicht mit ihm ausgehen zu müssen. Wieso war sie plötzlich wieder so strikt dagegen? Lag wohl offensichtlich daran, dass sie kein wirkliches Interesse für ihn aufbringen konnte. Sie ließ sich extra Zeit beim Zurückgehen, gab ihm sein gewünschtes Essen und Trinken aus, freute sich, als die Bestellung der anderen Gäste fertig war und sie es servieren konnte, woanders konnte sie abkassieren und war somit noch immer nicht seinen Fragen ausgesetzt. Zum späteren Zeitpunkt wurde es in der Tat voller und Yukari und Sanae hatten alle Hände voll zu tun, so fehlte Akira immer wieder die Chance, um Sanae erneut auf ein Date anzusprechen. Gegen halb zehn nutzte er eine kleine Chance. "Nakazawa, also was ist?" Sie steckte gerade ihr Portemonnaie dahin zurück, wo es hingehörte, seufzte und blickte zu ihm auf. Vor ihm konnte sie wohl wirklich nicht fliehen. "Was hast du gegen heute?" fragte er noch einmal nach. Sie kam nun in eine etwas peinliche Situation, sie wollte ihm nicht vor den Kopf stoßen, aber andererseits hatte sie keine Lust sich mit ihm zu treffen. Aber das konnte sie ihm doch nicht einfach so sagen, eigentlich war er ja doch kein schlechter Kerl. "Nunja..." druckste sie herum, versuchte ihren inneren Schweinehund zu bekämpfen und versuchte dann einen Satz ohne Stammeln heraus zu bringen. "Na gut okay, heute nach der Arbeit wäre es in Ordnung." Sie nickte um sich selbst noch einmal zu verdeutlichen, dass sie in der Tat zugesagt hatte. "Toll" platzte es aus Akira raus, er hätte gar nicht damit gerechnet, dass sie wirklich zusagen wollte "dann geh ich mich jetzt noch fertig machen und hole dich dann ab, okay? Aber nicht wegrennen!" Er zahlte hektisch und verließ schnell den Imbiss. Sanae sah ihm etwas skeptisch hinterher. Wenn das mal gut geht... Kapitel 3: Wenn das Liebe ist... -------------------------------- Sanae hoffte, dass ihr Arbeitstag nicht so schnell enden würde, allerdings war es an diesem Tag schneller zehn Uhr abends, als es ihr lieb war. Sie puderte sich noch schnell damit sie nicht so glänzte. Yukari beobachtete sie dabei amüsiert. "Machst dich doch hübsch für ihn, was?" Sanae kniff etwas verärgert die Augen zusammen, zog sich ihre Lidstrich nach und zischte nach links "QUATSCH! Du mit deinen Ideen manchmal..." Sie schüttelte verärgert den Kopf, jedoch betrachtete Yukari ihr Verhalten als Unsicherheit und sagte nichts darauf. Sie besah sich noch einmal ordentlich im Spiegel, ja, so konnte sie sich raus trauen. Ein flüchtiger Blick auf die Uhr verriet ihr, dass Akira vermutlich schon draußen wartete. Yukari begleitete ihre Freundin noch mit nach draußen, sie hatte es nicht weit von dort aus um nach Hause zu kommen. Sie sah Akira schon dort stehen, er blickte sich suchend um und schien nervös zu sein. "Huhu, hier bin ich!" mit gespielter guter Laune stand sie vor ihm und blickte ihn an. "Können wir?" fragte sie in ihrer Ungeduld nach. Er nickte hastig, sie sah sich um. "Wo wollen wir denn überhaupt hin?" Er sah sie etwas baff an. "Wir sind hier zwar in Nankatsu, aber so ein ausgestorbenes Dorf ist das hier ja nun auch nicht." "Naja..." stammelte sie, um ehrlich zu sein kannte sie eigentlich kaum eine Ausgehmöglichkeit. Sie ging nicht viel aus, kannte daher wirklich nur wenige Lokalitäten für junge Leute in Nankatsu, wenn, dann ging sie eher am Nachmittag mit Yukari in ein Café, aber weniger hielt sie sich in Bars und Kneipen auf. "Aber ich habe schon eine Idee" Akira schnippte kurz mit den Fingern, griff nach ihrem Arm und erschrocken über diese Aktion ließ sie sich von ihm hinter sich herziehen. "Wir gehen am besten ins Silence, das gefällt dir sicherlich gut da. Die Musik ist nicht so laut, gute Cocktails, ihr Frauen mögt doch so was, oder? Man kann sich dort gut unterhalten." "Aha..." er schien ja schon mit mehreren Frauen dort gewesen zu sein, wenn er meinte zu wissen, dass sich Frauen dort gerne aufhielten. Irgendwie fand sie es seltsam, dass er sie berührte, sie am Arm hinter sich her zog. Wie kam es, dass er sich das traute, aber Tsubasa ihr nur immer vorsichtig einen Arm umgelegt hatte - wenn überhaupt. Irgendwie ging ihr das jetzt schon auf die Nerven, sie hatte das Gefühl sich auf etwas eingelassen zu haben, was sie später vielleicht bereuen würde. Akira ging schräg vor ihr her, hielt sie noch immer fest am Arm und schnatterte, was das Zeug hielt, Sanae verstand nicht einmal 50 Prozent davon. Klug wie er war sprach er fast die ganze Zeit nach vorne, so bekam sie natürlich nicht gerade viel davon mit, welche Worte gerade seinen Mund verließen. Tsubasa streckte sich, er fühlte sich total gerädert, schaute verpennt auf die Uhr und stellte fest, dass es bereits halb elf war. "Scheiße..." murmelte er zu sich selbst, blickte sich dann irritiert um und bemerkte, dass er nicht in seinem Zimmer war, sondern irgendwie schief auf der Couch hing. Er versuchte sich aufzurichten, unterbrach aber sein Vorhaben, als ein ziehender Schmerz durch seinen Rücken zog. Als er sich gerade einigermaßen aufgerichtet hatte, pochte es heftig in seinem Kopf. Seine Hand schnellte zur Schläfe hinauf und rieb sich die Stelle, er kniff seine Augen zusammen und gab ein ächzendes Geräusch von sich. Nun setzte er sich gerade hin, rieb sich durch das Gesicht und fragte sich, ob er diese Kopfschmerzen vom Bier hatte oder von dem seltsamen Schlafgefühl, was die Couch ihm geboten hatte. Er wollte jetzt gar nicht wissen, wie er aussah, wahrscheinlich fürchterlich, denn so fühlte er sich gerade auch, außerdem hatte er einen widerlichen Geschmack im Mund. Vorsichtig stand er auf, sein Körper war noch müde und wollte ihn zurück auf die Couch ziehen, doch er ließ seiner Müdigkeit nicht die Obermacht und stampfte noch immer schlaftrunken ins Badezimmer. Dabei musste er einen kleinen Balanceakt vorführen, da Pepe mit einer leeren Falsche in der Hand mitten im Zimmer lag und vor sich hin schnarchte. Tsubasa knipste die kleine Lampe im Bad an, stellte sofort das kalte Wasser an und wusch sich mehrmals durch das Gesicht, damit seine Augen nicht mehr so müde waren und er sich zumindest am Kopf her frischer fühlte. Er griff nach seinem Handtuch, das links vom Waschbecken aufgehangen war, trocknete sich das Gesicht ab und wagte es dann einen Blick in den Badezimmerspiegel zu werfen. Dieser Anblick war nicht der beste, den er bisher morgens geboten hatte. Er hatte Augenringe, seine Bartstoppeln schienen über Nacht länger geworden zu sein und bedeckten einen geraumen Teil seines Gesichts, seine Zähne hatten noch den Belag der vergangenen Nacht drauf, weshalb er sich umgehend dazu entschloss sie sich zu putzen. Nachdem er auch das erledigt hatte, roch er an seinen Klamotten und hätte diese am liebsten gleich in die Mülltonne geworfen. Ekelhaft! Er riss sich die Klamotten vom Leib, prügelte sie angewidert in den Wäschekorb und stellte sich unter die Dusche. Er hatte sich schnell seinen Rasierer mit geschnappt, seifte sich ordentlich im Gesicht ein und schaffte es ohne sich großartig zu schneiden die Stoppeln wegzurasieren. Er legte den Rasierer zurück auf die kleine Ablage und schnappte sich das Duschgel, drückte ein wenig aus dem Plastikbehälter (kurze Frage: kann mir irgend jemand sagen, wie man die Behälter für Duschgel und Shampoo genau nennt? Ne Flasche ist das doch nicht, oder?), entschied sich, dass er dringend ein Neues brauchte, verrieb das Gel zwischen seinen Händen und wusch sich mit dem Schaum über den Körper. Der angenehme Duft des Gels verteilte sich in der kleinen Duschkabine und Tsubasa konnte zunehmend entspannen. Seine Kopfschmerzen verflüchtigten sich langsam und er schloss die Augen. Nachdem er sich auch die Haare gewaschen und auch mit diesem Schaum nochmals seinen Körper wusch kam er ins Grübeln. Er fühlte sich gerade so unbeobachtet und Lust hatte er ja schon...Er glitt mit seiner rechten Hand an sich hinunter, streichelte sein Glied so lange, bis es aufgerichtet war und wollte gerade loslegen. "Boooah du kannst einem auch mal sagen, dass du schon wach bist" mit diesen Worten flog die Badezimmertür auf. Tsubasa erschrak sich, schnellte mit seiner Hand zurück und knallte mit seinen Fingerknochen gegen die Verkleidung der Duschkabine. "Aaaaah, scheiße" zischte er und massierte seine rechte Hand, das hatte verdammt weh getan. Wieso musste Pepe ausgerechnet JETZT herein kommen? Verdutzt über die Flucherei aus der Kabine glotze Pepe durch den Dunst im Badezimmer. "Was ist?" fragte er dümmlich nach, dabei konnte er genau sehen, dass Tsubasa sich gerade die Hand rieb. "Du hast mich erschrocken" blubberte es ihm aus der Kabine entgegen "Bin voll mit der Hand gegen den Rahmen gedonnert." "Joa, das tut weh" bemerkte Pepe unberührt und trat ans Waschbecken, rieb sich kurz übers Kinn und betrachtete sich - wie zuvor noch Tsubasa - skeptisch vor dem Spiegel. Tsubasa stand dagegen regungslos unter der Dusche und ärgerte sich darüber, dass Pepe ausgerechnet in diesem Moment herein geschneit war. Aber es brachte jetzt auch nichts sich den Kopf mit nörgelnden Gedanken dicht zu machen, er stellte also das Wasser ab, kontrollierte noch einmal, dass Pepe nichts von seinem Vorhaben merken konnte, griff nach dem Handtuch was er sich direkt neben die Dusche gehangen hatte und wickelte es sich um die Hüfte. Tropfend stand er nun neben seinem Kumpel. Pepe schnüffelte. "Riechst gut" bemerkte er, stellte sich dann vor die Toilette und entleerte seine Blase. Sie waren inzwischen im Silence angekommen. Sanae sah sich um, das Ambiente war modern, hell und freundlich, das gefiel ihr daher also schon einmal gut. Es war allerdings schon recht voll und sie standen noch eine Weile herum, bis ein Zweier-Tisch frei wurde und sie sich setzen konnten. Sie war froh, als sie endlich saß, ihre Beine taten schon vom ganzen Tag herum laufen weh und ihr Körper wurde langsam müde. Sie besah sich die Karte, vieles darauf sah verlockend aus - Tequila Sunrise, Swimming Pool, Pina Colada,...aber sie wollte keinen Alkohol trinken. Erstens wusste sie, dass sie nicht sehr viel vertragen konnte und dabei wurde sie immer so redselig, und das konnte sie bei einem Date mit Akira sicherlich nicht gebrauchen. Sie raste mit ihren Blicken weiter hinunter auf die Getränkekarte, irgend etwas, das ihr zusagte was nicht alkoholisch war musste es doch geben. Da...Orange Velvet, das klang doch von den Zutaten her gar nicht so schlecht, Mandelsirup, Sahne, Orangensaft und Maracujasaft. Hm, obwohl Sahne. Aber wenn sie sich die anderen Kalorienbomben ansah konnte der kleine Sahneanteil ja nun wirklich nicht gerade sehr groß sein. "Weißt du schon, was du nehmen willst?" durchbrach Akira ihre Gedankengänge um die Kalorien. Sie nickte "Orange Velvet klingt gut." "Nicht alkoholisch? Oh..." ein wenig Enttäuschung klang in seiner Stimme, aber sie überhörte dies gekonnt. Was hatte er vor? Sie abfüllen oder weshalb klangen seine Worte enttäuscht darüber, dass sie keinen Alkohol trinken wollte? Nun ja, im Prinzip war das ja nun völlig egal, da sie sich dazu jetzt sowieso nicht hinreißen lassen wollte. Sie lächelte ihn also freundlich an, er bestellte sich ein Bier, wie männlich dachte sie sich. Ihre Blicke schweiften wieder durch die Bar, es wirkte wirklich alles sehr nett und beliebt war sie auch bei den jungen Leuten. Jedenfalls war wirklich viel los, viele Pärchen, aber auch viele kleine Mädchen-Cliquen, die sich mit den Cocktails volllaufen ließen. Bis jetzt hatte sie nicht wirklich viel mit Akira gesprochen, irgendwie fiel den beiden wohl auch kein passendes Gesprächsthema ein. Akira hätte sich selbst an die Wand klatschen können, jetzt wo er endlich einmal die Chance hatte mit Sanae richtig zu reden, da sie tatsächlich dem Date zugestimmt hatte, da kamen ihm keine Ideen worüber er mit ihr sprechen konnte. "Ist dir schon einmal aufgefallen" begann er dann jedoch "dass unsere Namen sich ähneln?" Sanae zog die Augenbrauen hoch. "Na, du heißt Nakazawa, ich Kanazawa, wenn man das K und das N tauscht ergibt sich jeweils der Nachname des anderen." Aha - diese wichtige Tatsache war Sanae bis jetzt nicht aufgefallen oder sie hatte es absichtlich übersehen. "Stimmt" lachte sie ihn an, sie wollte ihm nun nicht unbedingt das Gefühl geben, dass er totalen Mist von sich gegeben hatte. Tsubasa hatte sich währenddessen wieder auf die Couch nieder gelassen, schaltete gelangweilt den Fernseher ein und ließ sich von den Nachrichten berieseln. Pepe hatte es ihm nachgemacht und war unter die Dusche gehüpft. Gott sei Dank war heute kein Training und die letzten Trainingstage standen noch vor der Tür, danach würde die Mannschaft erst einmal ein paar Wochen Ferien genießen können. Tsubasa wäre einerseits gerne nach Hause geflogen, andererseits wollte er noch immer besser werden als er es ohnehin schon war und wollte mit Pepe - sofern sie denn dazu kamen - ein eigenes Training aufbauen und in Sao Paolo bleiben. Ob Sanae seinen Brief schon erhalten hatte? Sie hatte auch gar nicht mehr angerufen...Naja, da würde sicherlich noch etwas kommen - dachte er sich - und schaltete auf ein anderes Programm um, wo Tom und Jerry lief. Zum Seele baumeln lassen war das genau die richtige Sendung. Pepe kam mit um die Hüfte gewickeltem Handtuch auf ihn zu und ließ sich ebenfalls auf die Couch fallen, außer Atem meinte er "Cartoons, lustig", lehnte sich nach hinten und starrte wie Tsubasa auf den Bildschirm. Letzterer schien allerdings eher auf die Flimmerkiste konzentriert zu sein als Pepe. Aus den Augenwinkeln beobachtete sein Freund ihn und nach und nach zeichnete sich ein immer breiter werdendes Grinsen auf seinem Gesicht ab. Es dauerte einige Minuten bis Tsubasa bemerkte, dass er beobachtet wurde. Unsicher und skeptisch drehte er langsam seinen Kopf zu Pepe um, sah ihn zweifelnd an und kiekste "Was?" Pepe schüttelte amüsiert den Kopf. "Hast genug gebechert gestern, was?" "Alles nur deine Schuld" versuchte Tsubasa abzuwehren, doch das ließ sein Kumpel nicht gelten. "Gezwungen habe ich dich wohl kaum. Du solltest öfters was trinken, wenn du erst dadurch ein wenig offener wirst." Man konnte regelrecht ein Fragezeichen nach dem anderen über Tsubasas Kopf aufblinken sehen, er wusste überhaupt nicht, worauf Pepe hinaus wollte. "Offener?" fragte er extra noch nach, da Pepe ihm anscheinend nicht auf die Sprünge helfen wollte. Dieser hingegen ließ sich noch extra Zeit und holte sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank. "Ich meine wegen deiner Freundin!" sprach Pepe dann endlich aus mit einer unglaublichen Zufriedenheit und Genugtuung darüber, dass er nun auch was aus seinem Liebesleben wusste. Tsubasa huschte einen Moment lang ein Rotschimmer übers Gesicht und er versuchte sich wieder auf den Zeichentrick zu konzentrieren. "Was ist denn mit Sanae?" versuchte Tsubasa beiläufig zu bemerken, doch Pepe konnte die Anspannung, die durch Tsubasa zog vernehmen. "Was bist du eigentlich so verklemmt? Wir reden hier nicht über was Schlimmes, sondern über das Mädchen, mit dem du zusammen bist." Tsubasa stieß schwer die verbrauchte Luft aus seinen Lungen, stützte seinen Kopf auf seine Hand und hielt es für besser zu schweigen. "Ich denke, ihr geht es gut, habe Anfang der Woche einen Brief an sie rausgeschickt" diesen Worten folgte ein weiterer Druck auf die Fernbedienung und das Programm wechselte abermals. Er suchte den Sportsender, schaltete aus Versehen an ihm vorbei und dann wieder zurück. Vielleicht würde Pepe, wenn er das Sportprogramm sah wenigstens von dem Gedanken abkommen ihn über Sanae auszuquetschen. Pepe bekam Hunger und begab sich in die Küche. Beim Aufstehen von der Couch bemerkte er nur kurz "Es kommt einem nicht so vor, als würde dir wirklich viel an ihr liegen": Verdutzt sah Tsubasa seinem Freund hinterher. Die soeben gesagten Worte brannten sich in seinen Kopf ein. Mittlerweile war die Atmosphäre zwischen Sanae und Akira gelockert und sie konnten sich über alltägliche Dinge unterhalten, sie erzählte ein wenig von ihrem Job im Büro und von ihrem sonstigen Leben. Ebenso brachte Akira einige etwas interessantere Dinge über sich ans Licht, er erzählte ihr, dass er im Laden seines Onkels arbeiten konnte. Es handelte sich dabei um ein Fotogeschäft. "Ich war ja damals schon in der Schule in unserer Foto-AG. Fotografieren ist einfach toll, es macht total Spaß und man kann kreativ sein ohne Ende." "Und was fotografierst du gerne?" Er überlegte nicht lange. "Die Natur, sie hat so viele Seiten die man so wunderbar auf einem Bild festhalten kann, das kannst du dir nicht vorstellen. Aber...auch lebende Objekte sind manchmal perfekt um fotografiert zu werden." Sie saß mittlerweile an ihrem zweiten Orange Velvet, dieses Zeug schmeckte besser als sie es erwartet hatte. Er war mittlerweile von seinem Bier auf eine einfach Cola umgestiegen, grübelte aber im Hinterkopf darüber nach, ob er sich zur Erfrischung einen Mojito bestellen sollte (Tipp an alle: Trinkt das Zeug nicht!!!). Aus den Lautsprechern der Bar konnte man "Kung Fu Fighting" vernehmen und ohne es zu bemerken, pfiff Sanae das Lied mit. Amüsiert beobachtete Akira dies und als sie bemerkte, was sie dort gerade machte, hörte sie augenblicklich damit auf. "Och wieso, ist doch nur ein Zeichen dafür, dass dir das Lied gefällt und du musikalisch bist!" Sie lachte auf. "Musikalisch? Nun ja, das kann man sehen wie man will, ich denke nicht. Aber das Lied kennt doch eben jeder." Er lächelte sie an. Sollte er es wagen? Ihre Hand ruhte sanft auf dem Tisch, die andere an ihrem Glas. "Gefällts dir hier denn?" fragte er nach, rückte ein Stück näher an sie heran und langsam krabbelte seine Hand herüber zu ihrer und legte sich vorsichtig auf diese. Sie hatte das Gefühl ihr Herz blieb stehen. Was machte Akira da einfach? Sicherlich war es nichts Schlimmes, allerdings war ihr diese plötzliche "Nähe" unangenehm, er drang quasi in ihren Intimbereich, in ihr Schutzschild ein. So nah wollte sie ihn nicht bei sich haben. Er hatte sie vorhin zwar schon hinter sich hergezogen, aber das war was anderes, als die jetzige Situation. Er war mit seinem Stuhl ein wenig näher an sie heran gerückt, hatte sich ein Stück mehr zu ihr herüber gebeugt und nun legte er noch seine Hand auf ihre, als wären sie ein Liebespaar. Sie schnellte erschrocken mit ihrer Hand zurück, schmiss beinahe ihr Glas um und starrte peinlich berührt auf den Holztisch. Akira, ebenfalls erschrocken über ihre Reaktion, stammelte sich nun noch einen zurecht. "Tsch...tschuldige Sanae, ich dachte nur..." "Was?" zischte sie ihn an. "Ich meine, wir verstehen uns doch gut und sind beide alleine." Sanae machte ein dummes Gesicht, wie sie waren beide alleine? "Du weißt doch, dass ich mit Tsubasa zusammen bin!" sagte sie kopfschüttelnd. Akira musste augenblicklich grinsen, lehnte sich in seinen Stuhl zurück und sprach verächtlich aus "Zusammen? Was ist denn das für ein Freund, den du schon ewig nicht mehr gesehen hast??? Willst du mich veralbern?" Jetzt wurde Sanae wütend, sie schluckte mehrmals um ihm nicht sonst was an den Kopf schmettern zu müssen, griff sich dann ihre Tasche und murmelte. "Ich will nach Hause." Sie erhob sich, schenkte Akira keinen Blick mehr, ging an ihm vorbei, drehte sich nicht um, als er ihren Namen hinter ihr her rief und eilte nach draußen. Er sollte jetzt nicht sehen, dass sie weinte. Wieder einmal hatte jemand genau das ausgesprochen, was sie die letzte Zeit selber befürchtet hatte. Sie stolzierte auf ihren Absatzschühchen durch die Gegend und verfluchte sich dafür, dass sie schon den ganzen Tag in diesen Schuhen herum lief. Ihre Nase lief, die Augen waren verweint und sie sah zum Teil nicht so recht, wo sie eigentlich hin ging. Sie wollte jetzt einfach nur alleine sein. Wieso konnte sie Tsubasa nicht einfach vergessen? Er hatte sich auf ihren letzten Brief hin schon so lange nicht mehr gemeldet, ans Telefon war er nicht gegangen und sie fühlte sich von ihm betrogen, verraten und alleine gelassen. Diese Momente hasste sie mehr als alles andere. Diese Momenten, in denen sie sich wünschte jemand anderes zu sein, ich denen sie sich nicht vorstellen konnte, dass es jemandem schlechter ging als ihr und dass es Gott und die Welt besser hatte als sie. Sie wischte sich vergebens die Tränen aus dem Gesicht, es folgten doch immer und immer mehr. Sie merkte, wie die Nässe ihre Haut schon trocken machte, sich die Haut fast zusammen zog und brannte. Sie kramte aus ihrer Tasche den Schlüssel hervor, sie erkannte den Wohnblock und war also nicht mehr weit von ihrem zu Hause entfernt. Sie schloss hastig die Tür auf, interessierte sich nicht dafür, dass sie laut ins Schloss zurück fiel, hastete die Treppen hoch, riss ihre Tür auf, schloss sie sofort ab und ließ sich auf ihr Bett fallen. Plötzlich hörten ihre Tränen auf und wichen der absoluten Verzweiflung. Sie starrte nur noch vor sich hin, ihr Kopf schien so leer zu sein und auf Nichts schien es eine Lösung zu geben. Im Liegen robbte sie ihre Schuhe mühsam von den Füßen, richtete sich auf, zog sich ihre restlichen Klamotten auf und zog sich schnell ihr T-Shirt und die Boxer-Shorts an. Ihre Bewegungen liefen automatisch ab und wenn man sie jetzt hätte sehen können, wäre man davon ausgegangen, dass sie ein Roboter sei. Sie ließ sich zurück auf ihr Bett sinken und schloss die Augen, winkelte ihre Beine an und zog sie an sich, als sie sich auf die Seite drehte und ihren kleinen Rekorder neben sich stehen sah. Sie richtete sich auf, griff in den CD-Ständer, der neben ihrem Bett stand, suchte gezielt eine bestimmte CD heraus, legte sie ein und drückte auf die Nummer, die sie hören wollte. Sie drehte es leise, sie musste sich nicht am nächsten Morgen sagen lassen, dass sie des nachts zu laut Musik hörte. Sie drehte sich wieder auf den Rücken, faltete ihre Hände, legte sie auf den Bauch und schloss die Augen. Leise und kaum hörbar begann das Lied, doch durch die Ruhe in ihrem Zimmer wanderten die Töne sanft in ihre Ohren. Sie lauschte dem Text, der genau das ausdrückte, was sie schon so lange in sich fühlte... Bin unter Tränen eingeschlafen bin unter Tränen wieder aufgewacht hab' über dieselbe beschissene Frage zwei Millionen mal nachgedacht Hab' mich verdreht und mich gewendet mit dem selben Scheissproblem für dich ist es beendet, aber ich, ich, ich kann dich sehen ich kann dich sehen Kann nicht schlafen kann nicht essen Ich kann es nicht verstehen Du hast mich vergessen während Erinnerungen mich lähmen Hab' Angst vor dem Abend mir graut vor der Nacht weil dann genau dieselbe Frage mich wach hält, warum bist du nicht da Warum bist du nicht da Wenn das Liebe ist, warum bringt es mich um den Schlaf Wenn das Liebe ist, warum raubt es mir meine Kraft Wenn das Liebe ist, sag mir was es mit mir macht Wenn das Liebe ist, was, was, was ist dann Hass Was ist dann Hass Wenn das liebe ist warum tut es so weh? Tausend Mal deine Nummer gewählt und tausend Mal wieder aufgelegt Die ganze Kacke eh keinem erzählt Wer versteht schon wie du mir fehlst Genau das bedingt den ganzen anderen Stress Leider kann ich nicht so viel trinken dass ich, dass ich dich vergess' Das ich dich vergess' Wenn das Liebe ist, warum bringt es mich um den Schlaf Wenn das Liebe ist, warum raubt es mir meine Kraft Wenn das Liebe ist, sag mir was es mit mir macht Wenn das Liebe ist, was, was, was ist dann Hass Was ist dann Hass Durch die geschlossenen Augen rollten ihr langsam ein paar Tränen über die Wangen und sie schluchzte leise in sich hinein. Vergessen wollte sie ihn, aber es gab kein Mittel, dass es möglich machte, ihn endgültig aus ihren Erinnerungen und ihrem Herzen zu streichen. Unter weiteren Schluchzern und Tränen schlief sie letztendlich müde und erschöpft ein. Wieder einmal weckte die Sonne sie mit ihrem penetranten Scheinen, das Gezwitscher der Vögel ging ihr wieder auf die Nerven und sie wünschte sich an diesem Tag eher Gewitter und Regen, eben ihrer Stimmung angemessen. Sie stützte sich auf ihren Händen auf und raffte sich auf, ließ ihren Kopf kreisen und krauchelte auf allen Vieren ans Ende des Bettes, streckte dann mühsam ihre Beine aus und ließ sich wieder rücklings aufs Bett fallen. Ihr fielen automatisch wieder die Augen zu und für eine weitere Stunde entschwand sie ins Land der Träume. Erst das nervige Kribbeln in ihren Beinen ließ sie wieder aufwachen und sie fluchte, da sie eingeschlafene Beine nicht sonderlich ausstehen konnte. "Ach Mensch" sie rieb sich müde durchs Gesicht, stampfte abwechselnd mit ihren Beinen auf, damit dieses furchtbare Gefühl, als würden tausend Ameisen an ihr herauf krabbeln würden, aufhörte. Langsam stand sie auf und schwankte zur Tür herüber, drückte die Klinke herunter und wunderte sich, dass sie sich nicht öffnen ließ, bis ihr ein Geistesblitz mitteilte, dass die Türe noch verschlossen war. Sie seufzte, sie wusste schon nicht mehr, wie oft sie das in letzter Zeit getan hatte. Sie trottete gedankenverloren ins Badezimmer, schloss auch dort die Tür ab, da sie nicht wollte, dass man sie störte. Sie wollte für sich alleine sein. Sie stützte sich am Rand des Waschbeckens an und wäre am liebsten vor lauter Schmerz und Verzweiflung in ihrem Herzen zusammengebrochen. Langsam richtete sie ihren Kopf auf und traute sich einen Blick in den Spiegel zu werfen. "Was ist nur mit mir los, wieso lasse ich mich nur so hängen." Sie fing an zu schluchzen. "Warum verschwende ich auch nur einen Funken Hoffnung..." Mit hängendem Kopf ging sie zur Toilette und ließ sich auf dieser nieder, rieb sich wieder durchs Gesicht und sprach sich Mut zu. "Das wird schon wieder, das wird schon wieder. Irgendwann wird er sich schon melden. Ich sollte mich nicht so hängen lassen." Sie zog sich aus und stellte sich unter die Dusche, ließ teilnahmslos das Wasser an sich herunter laufen und starrte vor sich hin. Sie fühlte sich wie ein nichts, denn ohne Tsubasa schien sie ein Nichts zu sein. Es war doch kein wirkliches Leben ohne ihn, sie brauchte ihn, sie sehnte sich nach ihm - er war ihr Leben! Jedenfalls nahm er einen großen Teil in ihrem Leben ein. Wieso war er nur so weit fort. Sie stieg aus der Dusche heraus, schnappte sich ihr Handtuch, wickelte sich darin ein und trat wieder vor den Badezimmerspiegel, beugte sich darüber und putzte sich die Zähne. Sie rubbelte sich ein wenig die Haare trocken und stiefelte mit dem Handtuch bekleidet in ihr Zimmer zurück, zog sich dort ihre bequeme Sporthose (die sie an Tsubasa erinnerte, da er ebenfalls eine solche besaß) und ein einfaches schwarzes T-Shirt an. Die Haare straff nach hinten gekämmt und mit einem glänzenden Gesicht von der Hautcreme, die sie sich aufgetragen hatte, ging sie die Stufen hinunter, machte einen müden Eindruck und schlappte in die Küche. Ohne ihrer Mutter, die gerade die Spülmaschine ausräumte, besondere Aufmerksamkeit zu schenken, tappste sie an den Kühlschrank, bückte sich und holte sich einen Moltkedrink Geschmacksrichtung grüner Apfel heraus, riss den silbernen Verschluss auf und nahm einen großen Schluck davon, schluffte dann trotzig an den Küchentisch und setzte sich im Schneidersitz hin und trommelte mit den Fingern auf dem Holztisch herum. "Toll, dass du mir einen guten Morgen wünschst" bemerkte ihre Mutter beiläufig und linste kurz zu ihrer Tochter herüber, schüttelte den Kopf und erwartete schon keine Antwort mehr von ihr. "War in Gedanken" murmelte sie "Guten Morgen." Frau Nakazawa hob die Augenbrauen, verstaute die Teller im oberen Fach des Schrankes und wusch sich die Hände. "Es ist Post für dich gekommen" bemerkte sie genau so beiläufig, wie ihre Tochter sie eben gerade begrüßt hatte. Sanae wurde hellhörig. "Post?" Sie schaute aufgeregt zu ihrer Mutter und versuchte in ihren Augen zu lesen, von wem der Brief stammen könnte. "Dein Freund Tsubasa hat dir geschrieben!" Sie ging herüber zur Arbeitsplatte und nahm einen Stapel Briefe mit sich zum Tisch. Langsam durchforstete sie alle Umschläge, bis sie unter der Reklame und den Rechnungen dann endlich einmal den heiß ersehnten Brief heraus fischte. "Bitteschön" triumphierend wedelte sie mit dem Umschlag vor der Nase ihrer Tochter herum, sie riss ihr den Brief aus der Hand, stand auf und rannte wie vom Teufel besessen hoch in ihr Zimmer. Ungeduldig öffnete sie den Umschlag auf der Treppe und zerstreute ein paar kleine Papierfetzen auf den Stufen. Beinahe hätte sie den Brief in zwei Hälften gerissen, aber dieses Missgeschick umging sie knapp, schmiss sich auf ihr Bett und überflog hastig die Zeilen. Ihr Herz pochte wie wahnsinnig. Sie schüttelte den Kopf, atmete mehrmals tief ein und aus um sich zu beruhigen, nahm dann das, was vom Umschlag übrig geblieben war, an sich, roch daran und meinte einen leichten Duft von Tsubasa darauf vernehmen zu können. Dann drückte sie den Brief an ihr Herz, ließ sich zurück aufs Bett fallen und nahm sich dann Zeile für Zeile vor. "Liebe Sanae, es tut mir leid, wenn ich mich jetzt erst melde, aber die Zeit vergeht hier mit dem Training so schnell, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Das Training hier ist hart, aber es ist genau das was ich brauche, um meinen Traum zu verwirklichen. Ich lerne unglaublich viel dazu, jeder Tag ist eine neue Herausforderung. Aber es ist einfach genau das, was ich mir immer erträumt habe! Ich genieße meine Zeit hier so sehr! Fußball ist einfach mein Leben! (etc. weiteres Geschreibe über Fußball) Ich hoffe, dir geht es ebenfalls gut. Es ist toll, von dir noch so weit weg von mir unterstützt zu werden, ich weiß das sehr zu schätzen! Hoffentlich meldest du dich bald wieder bei mir! Grüße aus dem heißen Brasilien, Tsubasa" Ihr Lächeln verschwand zuerst auf ihren Lippen, las dann den Brief noch mindestens zehn Mal durch und sah dann doch einen kleinen Hoffnungsschimmer aufflammen. Sie versuchte zwischen den Zeilen zu lesen, zumindest kam es ihr so vor, als wäre eine kleine versteckte Botschaft in dem Brief, dass auch sie ihm fehlte. In ihr reifte ihre kleine Idee, die sie bereits seit den letzten Tagen in ihren Gedanken trug, zu einer Idee, die sie in die Tat umsetzen wollte! Energisch stand sie auf und schritt zu ihrem Kalender herüber, flog mit den Fingern über die letzten drei Wochen dieses Monats und kramte dann ihren Dienstplan hervor. Nachdem sie einige Zeit grübelnd über den Papieren gesessen hatte, schmiss sie diese achtlos beiseite und schüttelte den Kopf. "Ich wird nach Brasilien fliegen, egal wie!" sagte sie zu sich selbst und suchte aus ihrer Schublade das Sparbuch und ihre letzten Kontoauszüge heraus. Viel Geld hatte sie nicht, das ihr vollkommen zur Verfügung stand, aber einen kleinen Teil hatte sie zur Seite gelegt und würde vielleicht für eine Woche reichen - vorausgesetzt sie konnte in einer billigen Pension unterkommen, oder vielleicht bei Tsubasa? Sie versuchte sich selbst zu beruhigen. Jetzt nur nichts überstürzt planen...Für sie war klar, dass sie einen Flug buchen würde, egal ob sie Urlaub kriegen würde oder nicht, sonst hieße es eben kündigen, das war ihr egal. Aber es brachte nichts, wenn sie sich nun total hektisch an die Reisevorbereitungen machte, es sollte ja alles seine Richtigkeit haben. Sie drehte sich suchend in ihrem Zimmer um, griff dann nach ihrem Telefon und tippte wild eine Nummer ein, musste dies jedoch ein paar mal wiederholen, da sie sich immer wieder vertippte. Mit zitternden Händen hielt sie das Telefon in der Hand, presste es dann zwischen Schulter und Kopf und ging wieder herüber zu ihrem Kalender, starrte wie gebannt auf diese eine Woche, die sie sich in den Kopf gesetzt hatte und wartete ungeduldig am Telefon, bis endlich jemand am anderen Ende der Leitung dieses Gespräch annahm. --------------------------------------------------------------- So, ich hoffe dieses Kapitel beinhalt keine Ähnlichkeiten / Parallellen zu meinen anderen Fanfictions. Wenn Kritik zu üben ist - nur her damit. Würde mich übrigens sehr freuen, wenn die, die die FF lesen auch nen Kommi hinterlassen ;) Kapitel 4: Ein Leben lang gibt es für mich nur dich --------------------------------------------------- Nachdem sie mit großer Überredungskunst ausgemacht hatte, einige Stunden vor und nachzuarbeiten, legte sie zufrieden auf und ließ sich aufs Bett fallen. Eine Hürde war geschafft, jetzt fehlte es nur noch daran, ihren plötzlichen Urlaub mit dem Kellner-Job abzusprechen. Aber darüber machte sie sich keine großen Gedanken, sollte es ihr nicht möglich gemacht werden ein paar Tage von diesem nervigen Job befreit zu werden würde sie dort einfach kündigen. So wichtig war ihr dieser Job nicht, ganz abgesehen davon, dass es solche Kellner-Jobs noch genügend in ihrer Umgebung gab. Sie dachte nicht mehr viel nach, sondern handelte automatisch. Nun saß sie dort, nestelte nervös an ihrer Tasche herum und wartete auf die Ergebnisse, die ihr die Reisekauffrau vor ihr mitteilen konnte. "So, wie sie sehen sind die Flugpreise der Fluggesellschaften fast alle identisch. Die Kosten für einen Hin - und Rückflug belaufen sich auf etwa 25000 Yen." "So viel?" Sanae schreckte vor dieser Summe zurück. Sie war sich nicht sicher, ob sie diese Summe tatsächlich zusammen bringen konnte. "Und mit einem Hotel zusammen würde sich das rund auf..." "Nein nein!" unterbrach Sanae sie hektisch. "Kein Hotel, brauche ich nicht." Das konnte sie sich nun beim besten Willen nicht auch noch leisten! Jetzt war eigentlich der Zeitpunkt gekommen, an dem sie eigentlich bezüglich ihrer finanziellen Situation in Schweiß hätte ausbrechen sollen, aber sie versuchte sich zu beruhigen. Die Gedanken an Tsubasa und an ein Wiedersehen mit ihm bekräftigten sie ihr Vorhaben durchzuziehen, egal was es sie kosten würde! Denn was war schon ein kleiner finanzieller Schwund, wenn es der Seele dadurch besser ging. Sie überlegte nicht mehr lange. "Und welche Flugzeiten sind das?" fragte sie zögerlich, dann aber doch überzeugt nach. Sie suchte sich einigermaßen günstige Zeiten heraus, so dass sie nicht erst mitten in der Nacht am Flughafen in Sao Paolo ankommen sollte. "Ich brauche dann erst einmal eine Anzahlung von 2500 Yen. Die restlichen 22500 Yen müssten sie dann bitte bis Ende der Woche überweisen." Hektisch nickte Sanae und atmete auf, dass sie so klug gewesen war, vorher noch genug Geld bei ihrer Sparkasse abzuholen. Zufrieden bezahlte sie die Anzahlung im Reisebüro und ging in Gedanken schon einmal nach, von welchen ihrer drei Sparbücher sie nun noch Geld aufs Konto einzahlen musste, um die Überweisung direkt fertig machen zu können. "Wie, du fliegst in anderthalb Wochen nach Brasilien?" Yukari glotzte ihre Freundin mit großen Augen und offenem Mund an. "Ja...Ich weiß, eine spontane Entscheidung, aber die beste. Ich halte es ohne Tsubasa hier einfach nicht aus." "Du musst ihn ja noch immer ganz fanatisch nach all dem lieben!" bestaunte Yukari ihre Freundin nur kopfschüttelnd. "Wow...du siehst ihn endlich nach dieser ganzen Zeit wieder." Mit funkelnden Augen nickte Sanae ihrer Freundin zu. "Endlich..." Auch wenn das jetzt hieß, sie musste einige Stunden vorarbeiten, sprich jeden Tag im Büro arbeiten gehen, aber das war ihr jetzt alles egal. Ihr Ziel, Tsubasa endlich wieder zu sehen, rückte in immer greifbarere Nähe und sie konnte es bis zu diesem Stichtag kaum noch erwarten. Ihren Kellner-Job hatte sie in der Tat an den Nagel gehangen. Sie lebte nun nur noch für die bevorstehende Reise nach Brasilien. Sie wusste, dass Tsubasa sich nicht verändert haben würde, oder vielleicht doch? Ob er jetzt viel maskuliner aussah? Sie jedenfalls war eine recht attraktive junge Frau geworden. Yukari bekräftigte sie darin dies auch zu repräsentieren. "Du bist kein kleines Mädchen mehr, und um Tsubasa das auch mal zu verdeutlichen, musst du es auch ausleben!" Tsubasa, der noch immer sein eintöniges Fußballerleben in Sao Paolo auslebte, ahnte von dem Geschehen in Japan natürlich nichts. Und bis jetzt hatte er es nicht geschafft, auch nur einer in Japan lebende bekannte Seele darüber zu informieren, dass er nun mit seinem Kumpel Pepe zusammen wohnte. Das war ja auch in der Tat zu schwer. Männer kennen immer wieder diese Ausrede "Ich hatte keine Zeit." Selbst wenn sie den ganzen Tag nur auf ihrem Hintern vor der Glotze verbringen, mit einer Cola oder einem Bier in der Hand, wenn sie mit ihren Kumpels auf eine abendliche (!!!) Kneipentour gehen, oder ein interessantes Fußballspiel, das mit Verlängerungszeit und Elfmeterschießen maximal 130 Minuten in Anspruch nehmen kann, im Fernseher läuft, sie einfach nur daliegen und sich an ihrem eigenen Dasein ergötzen oder sich über ihre Existenz keine Gedanken machen - ja, wenn sie einfach GAR NICHTS zu tun haben, Männer haben doch nie Zeit sich in irgendeiner Form zu melden! Man könnte hier auch anfügen, dass Männer im Allgemeinen oft nicht über ihre Vorhergehensweisen nachdenken, geschweige denn sich versuchen in die Situation anderer hineinzudenken. Und Tsubasa gehörte nun einmal wie 89 % aller Männer dieser Welt ebenfalls zu diesen Spezialisten. Es kam ihm doch niemals in den Sinn, dass das Mädchen, das ihn mit jeder Faser ihres Körpers und mit jedem Teil ihres Herzens über alles liebte, ihn einmal besuchen könnte. Von Tsubasa war ein solcher Gedankengang einfach nicht zu erwarten. Selbst in diesen Momenten, wo er eigentlich nichts in seinen freien Tagen anzufangen wusste, grübelte er lieber darüber nach, dass von seinem Umzug niemand etwas wusste, aber etwas dagegen zu unternehmen, diese kleine Information auf ein Stück Papier zu schreiben, oder den Telefonhörer zu heben und jemanden anzurufen - dieser Gedanken keimte in ihm nie auf. (Okay, genug philosophiert)...Der letzte Trainingstag lag bereits hinter ihnen. Pepe und er machten sich schon einen eigenen Plan, wann sie "trainieren" wollten, sprich jeden Tag. Ohne seinen Fußball konnte er doch den Tag nicht überstehen. Pepe für seinen Teil war jedoch auch daran interessiert, jetzt ein wenig den Schongang einzustellen, alles etwas ruhiger anzugehen und abends auch mal nette Mädels kennen lernen, tanzen zu gehen und einfach mal abzuschalten. Und er wusste, dass er Tsubasa dabei ganz schön bearbeiten musste mitzuziehen. Dieser Kerl hatte voll und ganz den Sport im Kopf. Pepe liebte diesen Sport genau so, nur konnte er auch ein gesundes Privatleben nebenbei führen. Leider schien das Tsubasa ja etwas sehr schwer zu fallen. "Wer kennt das Gefühl nicht, dass sich Sekunden wie Minuten, Minuten wie Stunden, Stunden wie Tage, Tage wie Wochen vergehen? Mich jedenfalls quält jede weitere Minute, jede Sekunde, die mich noch von Tsubasa trennen. Alles vergeht hier so mühsam und unendlich langsam. Yukari ist die einzigste Person, die diese unendliche lange Woche zu überstehen, mir mein Leben ein wenig zu versüßen weiß. Vielleicht ist sie die einzigste Person, die es ein wenig nachempfinden kann, was ich gerade durch mache. Obwohl...kann man sagen, dass jemand etwas nachempfinden kann, wenn er noch nie selbst in dieser Situation war? Und selbst wenn der Fall gegeben wäre, ist nicht jeder individuell, verarbeitet seine Schmerzen und sein Leiden anders als eine andere Person, der das Gleiche wiederfährt? Aber ich will nicht zu philosophisch werden, in meinem Tagebuch scheint das auch unangemessen, oder? Ich klinge vielleicht zu hochtrabend. Doch wenn es um die Beschreibung meiner Gefühle geht, kann ich nun mal nicht anders..." Gedankenverloren klappt Sanae ihr Tagebuch zu und blickte aus dem Fenster in die bereits draußen herrschende Dunkelheit. Sehnsüchtig blickte sie der Woche in Brasilien entgegen. Doch je näher das Datum rückte, so langsam es ihr auch erschien, desto intensiver hing sie ihren Gedanken nach, wie das Wiedersehen ablaufen würde. Würde sich ihr Traum einer romantischen Liebe endlich richtig erfüllen, oder musste sie letztendlich einer einseitigen, unglücklichen Liebe ins Auge sehen? In ihren Träumen hoffte sie an seiner Türe zu stehen, zu klingeln mit einem Kribbeln im Bauch. Erwartungsvoll dort zu stehen, bis sich die Tür öffnet und er ihr gegenüber steht, ungläubig in ihre Augen guckt und sie dann fest in seine Arme nimmt und ihr einen innigen Kuss gibt. Doch würde die Realität so aussehen? Doch mittlerweile war sie gut darin geworden, ihre negativen Gedanken von sich abzuschütteln und ins hinterste Stübchen ihres Gehirns zu verdrängen. "Lass es nur keine unerfüllte Liebe sein" flüsterte sie mit Blick zum Mond in den Himmel, schlug die Bettdecke beiseite und legte sich hin. Stundenlang schien sie noch in die Dunkelheit zu starren, bis auch das Sandmännchen Erbarmen mit ihr zeigte und seinen Sand in ihre Augen verstreute. Wie in Trance brachte sie auch die restlichen Tage gut herum. Auch wenn ihr nicht viel Geld im Portemonnaie geblieben war, sie war nun auf dem Weg nach Brasilien. Die Zeit der Einsamkeit schien vorbei zu sein. Yukari hatte ihr alle besten Wünsche mit auf die Reise gegeben. Mit rasendem Herz schaute sie aus dem kleinen Fenster des Flugzeuges. Dieses verfluchte Ding sollte endlich in die Luft abheben und sie dort hin befördern, wo sie hin wollte. Bis sie dort ankommen würde sollte noch einige Zeit vergehen und das Flugzeug landete dort auch erst am späten Nachmittag. Der Anreisetag schien furchtbar zu sein! Aber sie hatte Gott sei Dank noch 7 weitere Tage zur Verfügung, um bei Tsubasa zu sein. Kaum war das Flugzeug abgehoben nickte Sanae ein und malte sich in ihren Träumen immer wieder das Zusammentreffen mit Tsubasa aus. Das Wetter in Sao Paolo war ungewohnt für die junge Japanerin. Es war später Nachmittag und trotzdem war es so heiß. Und gerade am Gepäckband am Flughafen, wo sich die Menschenmasse sammelte, war es unerträglich. Sie merkte, wie ihr der Schweiß auf der Stirn stand, am liebsten hätte sie sofort auf der Stelle eine Dusche genommen. In ihrer Handtasche ruhte der heilige Zettel, auf dem seine Adresse stand. Sie konnte es kaum erwarten, ihren kleinen Koffer endlich vom Band nehmen zu können, aus diesem furchtbaren Terminal herauszukommen und sich ein Taxi zu schnappen! Nach einer halben Ewigkeit erst schien sich das Band in Bewegung zu setzen. Glücklicherweise war ihr Koffer sehr weit vorne und sie verschwand in Windeseile in Richtung Ausgang. Noch einmal brav den Ausweis vorzeigen und dann endlich raus an die frische Luft. Doch wenn Sanae mit einer angenehmen Brise gerechnet hatte, hatte sie sich vertan. Draußen schlug die Hitze ebenfalls wie ein Hammer auf sie ein. Das war unglaublich! Selbst an der frischen Luft war es nicht viel besser, als in dieser Halle. Aber zumindest war es nicht so stickig. Sie zerrte ihren Koffer hinter sich her und hielt Ausschau nach dem Taxistand. Sie musste noch ein kleines Stückchen gehen und stand dann vor ihrem ersten Ziel. Der Taxifahrer starrte aus der Windschutzscheibe heraus das junge Ding an, stieg dann aus, nahm ihr wortlos den Koffer ab und verstaute ihn im Kofferraum. Sie machte es sich auf diesem Sitz einigermaßen bequem, irgendwie war es ein ekliges Gefühl auf diesen mit Leder überzogenen Sitzen Platz zu nehmen, sie saß kaum und klebte schon daran. Der Fahrer drehte sich mit einem plötzlich sehr freundlichen Gesichtsausdruck zu ihr herum und starrte sie an. Sanae kramte hektisch in ihrer Tasche herum und angelte dann irgendwann ihren Sprachführer heraus, den sie sich noch vor der Anreise geleistet hatte. Umständlich stammelte sie vor sich hin, doch der Fahrer schien zu verstehen. Sie reichte ihm den Zettel mit der Adresse und war froh, als sich der Wagen in Bewegung setzte. Mit einem panischen Blick klebte sie an dem Taxameter. Mutter war zwar noch so lieb gewesen und hatte ihr ebenfalls noch Geld mitgegeben, aber trotzdem hatte sie Angst, das Geld könnte nicht ausreichen. Der Taxifahrer warf ihr durch den Rückspiegel nette Blicke zu, ein Gespräch mit diesem jungen Fahrgast schien sich nicht zu lohnen, das Mädchen beherrschte die Sprache nicht. Sanae hatte Glück und die Fahrt vom Flughafen dauerte nicht allzu lange und der Fahrpreis hielt sich in Grenzen. Sie stieg gerade aus dem Taxi aus und begab sich zu der Haustür. An ihr hing ein Schild. Sanae starrte es lange an. "For sale". Sie las sich das Schild mehrmals durch, obwohl sie die Bedeutung sofort verstanden hatte, dauerte es noch eine Weile, bis diese Information ihr Gehirn erreichte und sie den Sinn verstand. "Oh nein" ihre Hand schnellte zu ihrem Mund hoch und sie spürte schon die Flut in ihren Augen aufkommen. "Miss?" hörte sie hinter sich ertönen. "Miss!" erklang es noch mal und sie löste sich aus ihrer Starre und drehte sich zu dem Taxifahrer um, der bereits aus seinem Taxi ausgestiegen war. Was machte der Typ überhaupt noch da? "Everything okay?" fragte er in gebrochenem Englisch nach. "He has moved" seufzte Sanae und unter ihr schien sich der Erdboden aufzutun und sie zu verschlingen. Ihre Welt ging unter. Wie konnte das sein, dass die Adresse nicht mehr stimmte? Er hatte ihr doch erst vor kurzem noch geschrieben und wieso hatte er ihr nicht bescheid gesagt, dass er umgezogen war? Während in ihr die pure Verzweiflung aufkam, versuchte sich der Fahrer an den Namen auf dem Zettel zu erinnern, den er kurz zuvor noch in seinen Händen gehalten hatte. "Ozora?" hörte sie plötzlich die fragende Stimme des Fahrers dicht neben ihr erklingen. Gedankenverloren nickte sie. "He plays soccer..." säuselte sie ihm noch entgegen und stützte sich an der Hauswand ab. Jetzt schien der Traum bereits ausgeträumt zu sein. Sie würde Tsubasa nicht wieder sehen. "I know, famous boy here, but the team is on holiday now!" Mit leerem Blick schaute sie den Taxifahrer an. Um ihr herum wurde alles schwammig und die Tränen rannen ihr in Bächen die Wangen herunter. Beschämt schaute sie zu Boden. Was sollte sie jetzt tun? Die Tränen der jungen Asiaten hatten den Taxifahrer, Ubaldo Ijejo, weich werden lassen. Das arme Ding schien jemanden in diesem Haus erwartet zu haben, diesen fußballspielenden japanischen Knaben Ozora, den man in der Stadt kannte, da es dort nicht gerade vor fußballspielenden Japanern wimmelte. Er bot ihr also in seinem schlechten Englisch an sie zu ihrem Hotel zu fahren. Das Mädchen allerdings konnte ihm verständlich machen, dass sie kein Hotel hatte und auch nicht viel Geld zur Verfügung hatte, um eine weitere Fahrt zu bezahlen und sich ein Hotel zu leisten. Ihm fiel eine günstige Pension ein, wo das junge Ding sich zumindest für eine Nacht aufhalten konnte. Und da er ein Herz für so arme Mädchen hatte, fuhr er sie umsonst dorthin. Sanae ließ sich auf dem kargen Bett in dem kargen Raum nieder. Sie wollte jetzt einfach nur heulen. "Tsubasa...jetzt bin ich schon in der gleichen Stadt wie du und weiß nicht wo du bist!" Sie war erschöpft, nicht nur der Flug, auch die Strapazen mit der Wohnung hatten sie völlig aus dem Gleichgewicht geworfen. Sie wusste nicht mehr weiter. Nun war sie in Sao Paolo, ihr Rückflug ging erst in einer Woche, sie hatte kein Geld um sich eine weitere Nacht in der Pension zu leisten und wusste nicht, wie sie sich die Tage lang durchschlagen sollte. Doch die Erschöpfung siegte über die Verzweiflung und sie fiel in einen unruhigen Schlaf. Ubaldo hatte ihr angeboten, sie zumindest am nächsten Tag mal zum Stadion zu fahren - umsonst natürlich. Er würde das sicherlich zwischen einen seiner Fahrgäste schieben können, sowieso gab es noch genügend andere Taxis und er konnte sich da mal ein Stündchen von abseilen. Denn wer kein Mitleid für eine junge Frau, die allein in Sao Paolo unterwegs war, haben konnte, der besaß in seinen Augen kein Herz. Sanae hatte sich mühsam und lustlos in dem Etagenbad geduscht und sich fertig gemacht. Sie war so klug gewesen, sich dieses Mal etwas Luftigeres über den Leib zu schmeißen. Es gab ein winziges Frühstück, mit dem sie sich aber zufrieden gab, und trat dann nach draußen und wartete vor einem Obsthändler auf Ubaldo. Gott sei Dank ließ er nicht lange auf sich warten. Sanae wusste nicht, was sie ohne ihn getan hätte. Vermutlich wäre sie die gesamte Woche in der Ecke von Sao Paolo geblieben, in der sie sich just gerade in dem Moment aufhielt. Doch das Schicksal kennt auch Erbarmen mit einer schwer verliebten und naiven Japanerin..."Buenos dias" begrüßte Ubaldo sie überfreundlich und rang ihr somit wenigstens ein Lächeln und eine Begrüßung ab. Sie hatte augenscheinlich nicht gut in der Nacht geschlafen. "Let's go" murmelte Ubaldo freundlich sein Lenkrad an, startete das Auto und titschte beim Ausparken das vorderstehende sowie hinter ihm stehende Auto an, machte sich, wie es auch in diesem Land üblich war, nichts daraus und lenkte sein Gefährt auf die Straße. Sanae schmunzelte dagegen über den Vorfall vor sich hin. Es gab so einige Länder, von denen sie gehört hatte, dass ein Auto nicht das Geltungsobjekt war wie in Japan, sondern eben ein Gebrauchsgegenstand. Eigentlich war das doch auch gut so, immerhin war ein Auto nicht viel mehr als ein blecherner fahrbarer Untersatz. In ihren Gedanken wieder bei ihrem Geliebten, der noch immer so unendlich weit weg zu sein schien, schaute Sanae durch das Fenster dem Treiben auf den Straßen zu. Wieso war es ihr nicht vergönnt auch einmal Glück zu haben. Sie hatte sich schon auf den weiten Weg gemacht nach Brasilien, um Tsubasa endlich in die Arme zu schließen. Und nun hatte sie bereits eine hoffnungslose Nacht in dieser ihr völlig fremden Stadt verbracht. Und das ohne wirklich Geld in der Tasche zu haben. Sie seufzte. Ein kleines Quäntchen Glück hatte sie ja mit Ubaldo gefunden, der gute Mann hatte Mitleid mit ihr und fuhr sie deshalb ein wenig durch die Stadt. Immerhin etwas, aber wie konnte sie sich dem Mann wirklich als dankbar erweisen? Plötzlich, ohne dass sie damit gerechnet hatte, hielt das Auto an. "We arrived" sprach Ubaldo triumphierend aus und deutete auf das vor ihm stehende Stadion. Vorsichtig öffnete Sanae die Autotüre und stieg aus. Hier trainierte Tsubasa also für gewöhnlich...Sie hatte aber auch Pech gerade in der Zeit nach Brasilien zu kommen, wo die Fußballvereine ihren (wohl verdienten) Urlaub genossen. Wieder ein Seufzer. Ubaldo bot ihr ein, einmal mit ihr um das Stadion herum zu gehen und ihr einigermaßen erklären zu können, welche, zumindest in seinen Augen, bedeutenden Spiele sich dort schon getan hatten. Pepe gammelte auf dem Sofa herum, während Tsubasa aus der Dusche hervortrat, lässig ein Handtuch um seine Hüfte gewickelt und sich auf den Weg in die Küche machte. "Es ist wahnsinnig heiß!" bemerkte er lediglich und von Pepe ertönte ein zustimmendes "Mhmmm..." Nachdem er ausgetrunken und sich seine Boxershorts übergezogen hatte, ließ er sich neben seinem Freund nieder. "Was ist?" "Mir ist wahnsinnig langweilig" murmelte Pepe. Eigentlich war es zu heiß etwas zu machen und er war irgendwie noch total müde, aber er wollte jetzt nicht nur auf seinem Hintern herum sitzen. "Wir könnten ja ein wenig laufen." Pepe blickte zu ihm auf und grinste. "Zum Stadion und wieder zurück?" Tsubasa nickte. "Wieso nicht? Ich zieh mich dann noch schnell um." Zufrieden darüber, Pepe endlich dazu bewegt zu haben sich selbst zu bewegen, stimmte ihn für den Tag zuversichtlich. Es juckte ihm bereits wieder im Fuß. Er MUSSTE sich einfach sportlich betätigen, sonst hatte er hier in Sao Paolo ja auch nichts zu tun. Er zog sich sein T-Shirt über den Kopf, stieg in seine kurze Trainingshose und band sich die Turnschuhe zu. Freudig, mit seinem besten Freund dem Fußball, unter dem Arm stolzierte er die kleine Diele entlang ins Wohnzimmer zurück. Sein Kumpel hatte es währenddessen sogar geschafft, seine Schuhe zuzubinden, rieb sich noch mal durch die Augen und nickte Tsubasa dann zustimmend zu. "Dann mal los!" Nachdem sie die Hitze des Vormittags empfing und sie sich ein wenig an den klimatischen Unterschied zu ihrer kühleren Wohnung gewöhnt hatten, begann sie langsam zu joggen und steigerten ihr Tempo, nachdem sie dem Stadion immer näher kamen. (Kurze Anmerkung: Haltet mich jetzt für den jetzigen Storyverlauf nicht für bescheuert , grins, aber im Manga läuft er so in etwa ab und das wollte ich niemandem vorenthalten): Sanae und Ubaldo hatten für ihren Teil bald die Runde um das kleine Stadion erledigt und sie fanden sich letztlich wieder vor dem Haupteingang wieder. Ubaldo rieb sich grübelnd am Hinterkopf, was konnte er dem jungen Ding jetzt noch großartig weiter helfen. Sie würde sicherlich verstehen, dass er sie nicht den ganzen Tag herum kutschieren konnte. Er musste immerhin sein Geld verdienen, damit seine Frau etwas zu Essen auf den Tisch bringen konnte. Als die junge Frau ihm mit einem Fotoapparat entgegen kam wusste er, dass er ihr zumindest noch einen Gefallen tun konnte. "Das ist also mein Trip nach Sao Paolo" ging es währenddessen Sanae durch den Kopf. "Tsubasa, könnte ich dich doch wieder sehen...." Sie stellte sich für das Foto auf und versuchte ein Lächeln darauf zu zeigen, so wie sie dort einsam vor diesem, verglichen mit anderen Stadien, die sie bereits gesehen hatte, eher winzig war, Stadion stand. Der Beweis dafür, dass sie allein gelassen wurde. Im gleichen Moment schossen Pepe und Tsubasa, den Ball vor den Füßen, sich Pässe zuspielend, am Stadion vorbei. Keine Augen für die anderen Personen, die vor dem Stadion standen oder dort vorbei gingen. Sie hatten eben nur Augen für den Fußball und ihren Spielpartner. "Na los, Pepe!" rief Tsubasa seinem Freund entgegen. Sanae zuckte zusammen. Hatte sie sich das nur eingebildet oder war das wirklich Tsubasas Stimme? Hektisch drehte sie sich um und dort sah sie - ihn. Sie sah IHN. Sie hatte ihn gefunden, doch er rannte gleich fort in Schlepptau mit einem anderen Kerl. "Ich werde dich nicht verlieren!" sprach Sanae zu sich selbst. Automatisch setzten sich ihre Beine in Bewegung und rannten so schnell sie konnte ihrem Geliebten hinter her. "Tsubasa!" er schien sie nicht zu hören. "TSUBASA! TSUBASA!" sie brüllte ihm nur noch seinen Namen entgegen. Wie angewurzelt blieb Tsubasa stehen. Wer rief da nach ihm? Konnte das überhaupt möglich sein, war das nicht IHRE Stimme? Der Ball kullerte ihm vom Fuß und Pepe sah seinen Freund entgeistert an. Tsubasa starrte fassungslos hinter sich. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Eine völlig außer Atem scheinende Sanae näherte sich ihm und rief seinen Namen. Halluzinierte er, kam das von der Hitze? "Sanae?" fragte er ungläubig nach, nachdem er aus seiner Starre erwacht war. "Tsubasa..." seufzte Sanae, sie merkte wieder, dass die Tränen über dieses schier unfassbare Glück, Tsubasa auf diesem Weg wiederzusehen, ausbrechen wollten. "Was...was machst du hier?" stammelte dagegen Tsubasa, noch immer völlig überrumpelt von ihrem plötzlichen Auftauchen. "Weißt du, ich hatte Lust dich zu sehen" säuselte sie. "Ich hatte wahnsinnig große Lust dich wiederzusehen". Mit diesen Worten rannte sie weinend in seine Arme. Ihr Kopf lehnte an seiner Brust und machten sein T-Shirt nass. Noch immer etwas ungläubig blickte Tsubasa zu seiner Freundin herunter, die sich gerade alles aus dem Leib zu heulen schien. Dann, plötzlich, vielleicht sogar instinktiv, legte Tsubasa seine Arme um sie und drückte sie an seinen Körper. Pepe verstand gerade gar nichts mehr. Tsubasa blieb plötzlich stehen und starrte wie ein Hornochse hinter sich. Erst als er den Namen verstand, den Tsubasa ausgesprochen hatte, lichtete es sich ein wenig in seinem Oberstübchen und er wusste, um wen es sich handelte. Tsubasas Freundin. Nun war ja klar, dass sie fortan nicht mehr trainieren würden. Zumindest nicht an diesem Tag. Er beobachtete die beiden still, wie sie sich in seine Arme stürzte und er ihr Geborgenheit gab. Er verfolgte sie auch nicht, als sie sich auf einer nahe gelegenen Bank niederließen. Er hielt sich im Hintergrund, und erst wenn sich die Situation zwischen den beiden beruhigt hatte, wollte er sich kurz vorstellen, um danach direkt wieder zu verschwinden. Für Tsubasa war es jetzt die Chance, endlich mal etwas für seine sogenannte Beziehung zu tun. Was gab es für einen größeren Liebesbeweis als dass sich dieses junge Mädel in eine ihr wohl völlig fremde Stadt und Kultur stürzte um ihren Freund wieder zu sehen? "Sanae, beruhig dich doch...Hör auf zu weinen hm?" Sie hatten sich zwar gesetzt, aber sie schien sich einfach nicht beruhigen zu können. Sie japste nach Luft, sie konnte diese Tränen der Erleichterung nicht zurück halten. "So hätte ich...so hätte ich mir unser Wiedersehen nicht vorgestellt" stieß sie hervor und war dankbar für das Taschentuch, das er ihr reichte. Sie putzte sich die Nase und wischte sich die Tränen ein wenig aus dem Gesicht, atmete mehrmals tief ein und aus und blickte dann in das Gesicht von Tsubasa. "Ich habe gedacht, ich sehe dich nicht wieder." "Jetzt erzähl doch mal, was ist passiert?" Sanae begann ihre Tragödie des Vortages zu erzählen. "Ich hätte euch früher bescheid sagen sollen, dass ich umgezogen bin." Peinlich berührt darüber, dass er durch seinen Fehler Sanae eine furchtbare Nacht beschert hatte, kratzte er sich am Kopf. "Es ist ja jetzt egal, ich hab dich ja gefunden" lächelte sie ihn mit ihrem bezaubernden Lächeln an. Tsubasa war dieser Augenblick ein wenig peinlich. Er hatte sich Sanae ein wenig anders vorgestellt, nicht ganz so......weiblich. Als er Japan verlassen hatte, sah sie zwar fast genau so aus, aber sie hatte sich doch ziemlich verändert. Sein Herz klopfte bis zum Hals und er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er war mit dieser plötzlich so erwachsen wirkenden, weiblichen Person ein wenig überfordert. "Ich danke dir, dass du den weiten Weg auf dich genommen hast, um mich wieder zu sehen" stammelte er sich schließlich zusammen. Es war nicht gerade das, was Sanae hören wollte, aber da ihr zur Zeit gerade selbst nicht so viele Dinge mehr einfallen wollten, die sie sich vorgestellt hatte ihm zu sagen, machte sie sich keinerlei weitere Gedanken darüber, sondern war einfach nur froh ihren Prinzen gefunden zu haben. Pepe dachte sich, die beiden hatten nun vorerst genug Zeit gehabt, sich hallo zu sagen und wie es seine Art war, platzte er in das Geschehen hinein. "Hallo, ich bin Pepe!" strahlte er Sanae total begeistert an. Tsubasa hatte nie erwähnt, dass sie so nett aussah. Sie allerdings verstand nicht, was er ihr gesagt hatte und Tsubasa blickte dämlich zwischen den beiden hin und her. "Oh, Sanae, das ist mein Freund Pepe, mit dem ich jetzt zusammen wohne!" Jetzt lächelte Sanae auf und reichte Pepe, im Gegensatz zu dem eigentlichen japanischen Brauch sich bei der Begrüßung zu verbeugen, die Hand. "Hi! strahlte er zurück. "Spricht sie englisch?" fragte Pepe, wieder an Tsubasa gerichtet, welcher die Frage lediglich mit einem Nicken beantwortete. Auch wenn Pepes Englisch ebenfalls nicht das beste war würde dies wohl als beste Sprache für eine Kommunikation zwischen den beiden ausreichen müssen. "In welchem Hotel wohnt sie denn?" interessierte sich Pepe wieder für den Verbleib von Tsubasas Freundin. "Sie hat kein Hotel, die letzte Nacht hat sie notdürftig in einer kleinen Pension verbracht, Geld genug hat sie auch nicht." "Prima, dann kann sie ja die Zeit, die sie hier ist, bei uns bleiben!" schlug Pepe vor und versuchte das ganze Sanae auf englisch zu verklickern. Sie verstand sofort und atmete erleichtert auf. "Ehm..." Tsubasa allerdings wirkte zögernd zustimmend auf das Ganze. "Wo soll sie denn schlafen, wir haben doch gar keinen Platz und die Couch ist zu unbequem!" flüsterte Tsubasa seinem Freund ins Ohr, während dieser Sanaes Koffer noch immer bewachte, seit der Taxifahrer ihm freudig das Ding in die Hand gedrückt hatte. "Na, du hast doch Platz in deinem Bett" bemerkte Pepe kurz und schritt dann neben Sanae her. Das Mädchen war ihm äußerst sympathisch, auch wenn sie bis jetzt nicht viel miteinander reden konnten. "Du kommst mit zu uns" sprach Tsubasa beruhigend auf Sanae ein, die sich gerade wieder beruhigt hatte. Sie nutzte die Chance, sich bei Tsubasa einzuharken, ihren Kopf an seine Schultern zu lehnen und einfach seine Anwesenheit zu genießen. Tsubasa fühlte sich dieser Situation überhaupt nicht gewachsen. Er freute sich zwar ungemein darüber, dass Sanae ihn extra aus Japan besuchen kam, aber wieder war der Moment gekommen, wo er sich seinen Gefühlen stellen musste. Und seine Gefühle auszuleben gehörte nicht zu seinen Stärken. Und gerade, dass Sanae sich ihm so offenbarte, ihm offen zeigte, dass sie die Nähe zu ihm genoss und brauchte, erschreckten ihn. In seinem Hirn sausten tausend Gedanken umher, welche Handlung, welche Mimik, welche Gestik von ihm wäre jetzt angebracht, wäre richtig? Er wirkte so unsicher wie ein Kind bei der Einschulung, das erst einmal vorsichtig die neue Umgebung und die vielen unbekannten anderen Kinder erkunden musste. Und da Tsubasa von natur aus schüchtern war begünstigten seine Aufgeregtheit umso mehr. "Wo schlafe ich denn?" fragte Sanae nachdem sie in die kleine Wohnung eingetreten war. Eine schmale Diele offenbarten sich ihr, als sie eintrat. Rechts vom Eingang war das Badezimmer, die Tür stand offen. Viel Platz war auch darin nicht, ein Waschbecken, die Toilette und eine kleine Dusche konnte sie bei einem kurzen Erspähen bereits ausfindig machen. Vom Flur aus sah sie zwei Türen, die nicht offen standen und eine geradeaus, durch die Pepe sie gerade führte. Dort war das Wohnzimmer, um die Ecke herum ging es in die kleine Küche. "Bei mir" bemerkte Tsubasa kurz und knapp, öffnete einer der beiden geschlossenen Türen und rollte ihren Trolli in sein Zimmer. Sanae stand nun mitten im Wohnzimmer und sah sich um. Für die beiden reichte dieses kleine Reich wohl vollkommen aus. Wie sie die Wohnung überhaupt halten konnten fragte sie sich zwar, aber eigentlich war ihr das dann auch egal. "Kann ich meine Sachen irgendwo auspacken? Es muss ja nicht alles knittern." "Eh, ja in meinem Schrank ist noch ein bisschen Platz." Sanae betrat nun das Zimmer, in dem sie untergebracht werden sollte. Es war weiß gestrichen, ein Bett stand an der Wand, ein kleiner Nachttisch sowie ein Schrank passten in dieses Zimmer und füllten es somit vollständig aus. Sanae kramte einige Sachen aus ihrem Koffer heraus, legte sie wieder ordentlich zusammen und legte sie in den Schrank, erhaschte dabei ein paar flüchtige Blicke auf Tsubasas Boxershorts, errötete leicht und schloss dann die Schranktüren. Tsuabsa stand währenddessen in der Mitte seines kleinen Zimmers und wartete, bis Sanae ihre Auspackaktion beendet hatte. Pepe bot ihr, höflich wie er war, einen Platz auf der Couch an und brachte ihr sofort etwas zu trinken. "Schön so netten Besuch zu haben!" strahlte er sie an und setzte sich ihr gegenüber. Er überließ es Tsubasa, sich neben seine Freundin zu setzen. Pepe prasselte mit Fragen auf Sanae ein, da Tsubasa bis jetzt nicht viel von ihr erzählt hatte, musste Pepe sich diese Information selber besorgen. Und auch Sanae erhielt den Eindruck, dass Tsubasa wohl nicht sehr viel von ihr preisgegeben hatte, warum auch immer. Während Sanae auf die Fragen von Pepe antwortete, beobachtete Tsubasa sie bei jeder Bewegung. Alles wirkte so grazil. Er schaute schnell weg, da er glaubte, sie könnte seine begaffenden Blicke bemerken. Während er aufstand um neues Trinken zu holen grübelte er schon, wie er dieser "Peinlichkeit" aus dem Weg gehen konnte, mit ihr zusammen im Bett zu schlafen. Das gehörte sich doch nicht, obwohl es ihn auf der einen Seite schon reizte. Aber, das konnte man doch nicht einfach so machen! Jedenfalls sagte das Tsubasas Anstand, seine Verklemmtheit schien die Oberhand nehmen zu wollen. Er kehrte zurück mit einer neuen Flasche Wasser und goss zuerst Sanae, dann seinem Freund und letztlich sich selbst ein. Jedes Mal, wenn er Sanae in die Augen schaute, schlug sein Herz immer heftiger. "Was sollen wir dann die Zeit machen, die deine Freundin hier ist?" stellte Pepe die Frage in den Raum. "Ich möchte jedenfalls gern was von der Stadt sehen" warf Sanae ein. "Wir könnten schwimmen gehen!" sprach Pepe begeistert aus, die Chance, Tsubasas Freundin mal im Bikini zu sehen war eine verführerische Idee. "Was möchtest du denn machen?" fragte Tsubasa mit ruhiger Stimme. "Ich möchte was von der Stadt sehen und" sie rückte näher an ihn heran "bei dir sein." Tsubasa bemerkte, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht schoss. Solche Augenblicke waren ihm einfach zu ungewohnt. Auch wenn er sich offiziell ihren festen Freund schimpfte, hatte er jedoch nie aktiv so gehandelt, dass dies auch offensichtlich für die Außenwelt war. Tsubasa hatte schon schwer genug damit zu kämpfen gehabt, sich seine Gefühle selbst einzugestehen und auch Sanae daran teilhaben zu lassen. Pepe stellte sich ein paar Stunden später als ein begeisterter Fotograf heraus. Keine Situation ließ er aus, um ein Bild von Sanae und Tsubasa zusammen zu machen. Egal, ob es vor dem Stadion war, zu dem die drei nochmals zurück gekehrt waren, oder vor einem einfachen Kaufhaus. Sanae machte die Hitze zu schaffen, so warm war es in Japan nicht, obwohl die Sommer dort auch nicht gerade ohne waren. Letztlich machten sie es sich in einer einfachen Bar bequem und Sanae konnte Pepe nur mit Mühe ausreden, ihr etwas Alkoholisches zu bestellen. Alkohol in der Hitze wäre für sie tödlich. Im Allgemeinen musste sie zugeben, dass dieser Pepe ein sehr umsichtiger und netter Kamerad war. Doch war sie nachdenklich stimmte war, dass sie mehr mit Pepe sprach, als mit Tsubasa. Er hatte ihr zwar viel von seinem Training und seinem Leben, seiner derzeitigen freundschaftlichen "Beziehung" zu Roberto, seinem Verbleib und allgemeine Dinge, die den Fußball angingen. Dennoch verriet er ihr nichts von seinen Gefühlen. Er hatte sich freundlich und gerade zu höflich dafür bedankt, dass sie ihn besuchte, jedoch hatte sie keine Worte von ihm vernommen, die ihr deutlich machten, dass auch sie ihm gefehlt hatte. Und wenn sie nach seinem Arm griff, um sich dort nur unterzuharken, zuckte er zusammen, als sei es ihm unangenehm. Vielleicht reagierte sie aber auch etwas zu übersensibel darauf. Sie musste daran denken, dass die beiden zwar offiziell seit drei Jahren "zusammen" waren, allerdings nicht viel Zeit mehr miteinander verbracht hatten. Vielleicht erwartete sie einfach zu viel von ihm nach so einer langen Zeit. Selbst für sie war es eine ungewohnte Situation, aber ihr Wunsch nach Nähe zu ihm siegte über ihre Zurückhaltung. Sie konnte ihre Wünsche nicht mehr unterdrücken und wollte ihr Sehnsüchte endlich ausleben. Von Eindrücken völlig überrannt mit müden Füßen fiel Sanae an diesem Abend ins Bett. Der Tagesrhythmus war ebenfalls noch ein wenig ungewohnt für sie. Sie setzte sich in dem Bett wieder auf und grübelte über die Größe nach. Das Bett war für eine Person groß genug, für zwei Personen könnte das allerdings knapper aussehen. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Vermutlich konnte sie sich in dieser Nacht ein wenig an Tsubasa heran tasten und endlich einmal, wie in ihren Träumen, in seinen Armen liegen. Bis jetzt hatte er sich mit Zärtlichkeiten und Gesten zurück gehalten. Nun saß sie dort, in ihrem Top und in der Boxershorts, die sie zum Schlafen nutzte. Ein Blick auf die Uhr, ein Blick zur Tür. Wie lange brauchte Tsubasa denn im Badezimmer? Sie konnte ja nicht ahnen, dass sich der Gute gerade ans Waschbecken krallte und verkrampft in den Badezimmerspiegel starrte. Eigentlich war er schon mit Allem fertig, er hatte sogar die Zähne geputzt und seine Blase geleert, zudem blockierte er nun das Bad für Pepe, der sich ebenfalls gerne fertig zum Schlafen machen wollte. "Was soll ich machen?" Seine Hände schlossen sich immer fester an das Waschbecken, so dass sich die Fingerknöchel bereits weiß abbildeten. Er konnte sich doch nicht einfach neben sie legen, so als wäre nichts, als würde nichts zwischen ihnen existieren. Sie könnte sich vielleicht schämen, ihr war es vielleicht genau so unangenehm und seltsam wie ihm zumute. Diese Nähe würde ihn sicherlich ersticken! Er wusch sich noch einmal mit kaltem Wasser durchs Gesicht und machte sich auf den Weg in sein Schlafzimmer. Vor seinem Bett blieb er stehen, öffnete den Mund, doch kein Ton kam aus seinem Mund heraus. "Alles okay?" fragte Sanae besorgt, als sie den blassen und starren Tsubasa vor sich stehen sah. "Nichts. Gute Nacht, schlaf gut" sagte er in sehr liebevollem Ton, griff nach seinem Kissen und drehte sich um. "Wo willst du hin?" Erschrocken war Sanae vom Bett aufgestanden und stand nun genau hinter ihm. "Ich schlafe auf der Couch, ich denke, das ist besser so!" Er ging einen Schritt Richtung Tür, wurde dann jedoch festgehalten. "Geh nicht" sagte Sanae im flehenden Ton. "Geh jetzt nicht" flüsterte sie nochmals. Er spürte, wie sie ihre Stirn gegen seinen Rücken presste und seine linke Hand drückte. Hätten sie jetzt anders herum gestanden, hätte sie hören können, wie schnell sein Puls gerade raste. Er hatte seine Augen weit aufgerissen und musste mehrmals schlucken. Langsam drehte er sich zu ihr herum und sah zu ihr herunter in ihre großen, hoffnungsvollen Augen. "Ich möchte hier nicht alleine schlafen, wir haben uns doch so lange nicht gesehen. Bitte..." "Ich dachte nur, es wäre anständiger, wenn ich gehe" stammelte er. Doch mit einem weiteren tiefen Blick in ihre Augen wusste er, dass es anständiger war, sie jetzt nicht alleine zu lassen. Also gab er letztendlich auch seinen Gefühlen nach und entschied sich dazu im eigenen Bett zu nächtigen. Sanae verkrümelte sich also triumphierend unter die leichte Bettdecke und drehte sich auf die Seite zum Fenster hin. Tsubasa stieg nun ebenfalls langsam dazu. Sanae riss die Bettdecke bis zum Hals hoch und presste es an ihre Brust. Irgendwie war es doch seltsam, dass sie zusammen in einem Bett schliefen, obwohl sie sich nicht einmal geküsst hatten oder er sich sonst irgendwie traute ihr näher zu kommen. Sie hatte sich weit an die Bettkante gelegt, so hatte Tsubasa noch genug Platz für sich. Erstaunlicherweise bot das Bett für beide jedoch noch einigermaßen Platz, mehr als sie mit gerechnet hatten. Während Sanae das Betttuch zusammengeknüllt an ihre Brust presste, lag Tsubasa steif und ohne sich zu regen neben ihr und starrte an die Decke. Er nahm ihren anscheinend ruhigen Atem wahr und linste kurz zu ihr herüber. Schlief sie schon? Konnte gut möglich sein, immerhin machte ihr die Hitze ja zu schaffen und sie hatten ihr einiges in Sao Paolo gezeigt. Je länger er so neben ihr lag, desto mehr lockerte er sich. Jetzt gewöhnte er sich langsam daran, dass jemand anderes neben ihm schlief. Genauer gesagt, dass sie neben ihm schlief. Sanae jedoch war noch genau so wach wie Tsubasa es war, merkte plötzlich neben sich eine Regung seinerseits und zuckte zusammen, hoffte aber, dass Tsubasa dies nicht mitbekommen hatte. "Du blöde Kuh, jetzt hast du schon die Chance ihm nah zu sein, und dann klammerst du lediglich dieses blöde Betttuch an dich heran. Du musst was tun, nur Mut!" ging es ihr mehrmals durch den Kopf. Also entschloss sie sich, sich langsam zu bewegen. Tsubasa blickte auf den zierlichen Körper neben ihm, Sanae drehte sich wieder auf den Rücken, die Augen locker geschlossen, sie schlief. Er sah ihr lange Zeit ins Gesicht. Sie sah hübsch aus, ihre Haare umrahmten ihr Gesicht, auf dem ein zufriedener Gesichtsausdruck lag. Die Atmung war gleichmäßig. Er seufzte und verschränkte seine Arme hinter den Kopf. Es war doch nicht so schlimm wie er es sich vorgestellt hatte. Nun entspannte er völlig. Auch für ihn war der Tag anstrengend gewesen. So stark wurde er noch nie mit seinen Gefühlen konfrontiert. Die letzten Wochen in Nankatsu hatte er zwar jeden Tag mit ihr zusammen verbracht, doch lag damals noch nicht dieser intensive Druck auf ihm. Er erinnerte sich noch gut an den Tag seines Abschiedes. Dort hatte er zum ersten Mal mitbekommen, dass Sanae sich auch körperliche Nähe ersehnte. Sie war ihm um den Hals gefallen, doch er hatte nicht einmal reagiert. Er konnte dort gar nicht reagieren, zu sehr war er damit beschäftigt, nicht die Haltung zu verlieren, seine aufkommenden Gefühle zu unterdrücken und ganz zurückhaltend zu bleiben. Dieser plötzlicher Wunsch nach Nähe von ihrer Seite aus hatte ihn erschrocken, er konnte mit solchen Gefühlsausbrüchen einfach nicht umgehen, da sie ihm selber zu fremd waren, als sie bei anderen nachvollziehen zu können. Doch was hatte ihm seine Zurückhaltung und seine Selbstkontrolle damals gebracht? Dass er jetzt Sanae genau so verkrampft und verklemmt gegenüber stand wie vor drei Jahren. Die Angst davor verletzt zu werden, aus welchen Gründen auch immer, verboten es ihm zu agieren. Langsam schloss auch er die Augen, um sie im nächsten Moment völlig panisch wieder zu öffnen. Erschrocken blickte er an sich herunter. "Ruhig bleiben, Sanae. Lass dir nicht anmerken, dass du das gerade extra tust. Du schläfst" rief sich Sanae hastig immer wieder ins Gedächtnis. Geschickt hatte sie sich weiter ein Stück zu ihm gerollt und anscheinend im Schlaf automatisch nach Halt, Wärme und Geborgenheit gesucht. Ihr Kopf lehnte sich vorsichtig an seine Brust und ihre Hand glitt automatisch mit auf seinen Oberkörper. Sie schmiegte sich an ihn und blieb in dieser Position verharren. Jeder Muskel in Tsubasas Körper verkrampfte sich in diesem Moment wieder. Das Gleichgewicht, seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu behalten, ging verloren, dieses angenehme Gefühl, das sich in seinem Bauch durch diese sanften Berührungen breit machte, beängstigte ihn. Es war so überwältigend, genau das war das richtige Wort, was er gerade suchte. Da er solche Empfindungen vorher nie zugelassen oder erfahren hatte, verunsicherten sie ihn. Doch während er sie anblickte, wie sie so ruhig zu sein schien, gab er den Kampf auf. Er konnte ihr Geborgenheit geben, sie drängte sich geradezu an ihn. Also harkte er dies mit einem Lächeln ab und legte einen Arm um ihre Schulter und schloss die Augen. Liebe war so etwas Großes, dass es ihm nur schwer fiel seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen und nicht scheu davor zu flüchten... Kapitel 5: Deine Chance ----------------------- Als Tsubasa die Augen öffnete blickte er irritiert an sich hinab. Sanae schlief tief und fest auf seiner Brust. Langsam verspürte er die Wärme, die sich unwillkürlich über seine Wangen ausbreitete. Nicht, dass ihm diese Nähe wirklich unangenehm war, wohl jedoch ungewohnt und unheimlich. Unheimlich deswegen, da er Sanae nie zuvor derart nah gewesen war. Er seufzte leise auf. Wie nun sollte er unbemerkt aus dem Bett verschwinden, ohne Sanae zu wecken? Sie hatte einen anstrengenden Tag, einen anstrengenden Flug hinter sich, daher wollte er ihr nicht die Möglichkeit nehmen, sich ein wenig im Schlaf entspannen zu können. Behutsam richtete er sich im Bett auf, nur langsam glitt Sanae von seiner Brust hinab. Erleichtert atmete er auf, als sie vollends mit ihrem Kopf auf ihrem eigenen Kissen gebettet war. Immer noch darauf bedacht, nicht den kleinsten Laut von sich zu geben, setzte Tsubasa seine Füße auf den Boden und blieb einige Sekunden auf der Bettkante sitzen, blickte noch einmal über die Schulter nach der ruhig schlafenden Sanae, und stand dann auf. Mit vorsichtigen Schritten ging er zielstrebig auf die Tür zu, nahm sich im Vorbeigehen seine Trainingssachen vom Stuhl herunter und drückte die Türklinke nach unten, die zu seinem Leidwesen ein qualvolles Quietschen verursachte. Dennoch öffnete er nur langsam die Tür, die zu seiner Erleichterung keinen derart unangenehmen Laut von sich gab. Schnell huschte er durch den Türspalt, erwischte mit seinem kleinen Zeh noch den Türrahmen und verbiss sich einen Schmerzensaufschrei. "Ahhhh...scheiße..." zischte er kaum hörbar, als er die Tür zu seinem Schlafzimmer hinter sich schloss. Leise fluchend näherte er sich dem Badezimmer, das er sehnsüchtig erwartete. Seine Blase drückte zunehmend, an diesem Morgen scheinbar mehr denn je und erleichtert leerte er dieselbige nur wenige Augenblicke später. Als er sich für die Dusche fertig machte, entdeckte er beim Ausziehen seines Oberteils einen fremden Geruch an diesem. Das musste Sanae sein...Er errötete ein weiteres Mal und schüttelte leicht den Kopf, stieg dann unter die Dusche und ließ das Wasser auf seine Haut niederprasseln. Seine Muskeln entspannen sich, die Haut wurde angenehm abgekühlt. Etwas lustlos trocknete sich der junge Fußballer ab, zog sich um und trat dann wieder aus dem Badezimmer, um schnurstracks ins Wohnzimmer zu wechseln, wo ihn bereits Pepe mit einem neugierigen Blick begrüßte. "Morgen..." murmelte Tsubasa mit belegter Stimme und räusperte sich. Ohne seinen Freund eines weiteren Blickes zu würdigen, stapfte Tsubasa in die Küche und goss sich etwas Saft ein, um seine Kehle zu befeuchten. "Morgen, mein Freund" sang Pepe ihm von der Couch entgegen und Tsubasa verdrehte die Augen. Er kannte diesen Singsang nur zu gut um zu wissen, dass nun etwas unangenehme Fragen folgen würden. "Na?" begann sein Freund auch keine Sekunde später "Wie war es? Gut geschlafen?" Selbst mit dem Rücken zu Pepe konnte Tsubasa hören, wie sein Freund bei diesen Worten breit übers ganze Gesicht grinste. "Gut, danke und selber?" antwortete er rasch und tat so, als habe er den unterschwelligen Ton Pepes nicht bemerkt. Ächzend ließ er sich auf einem Sessel nieder und nippte weiter an seinem Getränk, das er fest umklammert hielt. Er war verspannt, wollte er doch nicht, dass Pepe ihn über die Nacht mit Sanae ausfragte. Es war ungewohnt über so etwas zu sprechen, auch wenn eigentlich nichts zwischen ihnen passiert war, von dem Pepe sich vorstellte, dass es geschehen war. "Ach, das ist doch egal. Jetzt erzähl mal." Pepe rutschte ein Stück näher an Tsubasa heran, beugte sich nach vorne und zwinkerte. "Was habt ihr zwei denn so gemacht?" Amüsiert nahm der junge Brasilianer das rot wahr, das auf Tsubasas Wangen erneut brannte. Hatte er ihn doch erwischt. "Wir haben geschlafen" antwortete Tsubasa zögerlich und blickte zu Pepe hoch. "Mensch, schau mich nicht so an!" Peinlich berührt starrte Tsubasa vor sich hin und wartete, bis Pepe sich ein wenig zurückgezogen hatte. "Nur geschlafen?" kam skeptisch die Frage des jungen Brasilianers, woraufhin Tsubasa nur eifrig nickte und weiterhin schwieg. "Ach, du lernst es wohl nie!" Ruckartig ließ sich Pepe nach hinten auf das Sofa sinken und stöhnte auf. "Was soll das denn heißen?" konterte der junge Japaner. "Sanae ist erst gestern hier eingetroffen. Ich bin da nun einmal nicht so schnell wie du. Ich kann sie doch nicht wie irgendeine beliebige Andere behandeln!" Pepe nickte kurz und blickte dann wieder zu seinem Freund auf. "Das sicherlich nicht, sollte sie dir wirklich etwas bedeuten...Aber es ist ja nun nicht so, als wärest du jemals mit irgendeiner beliebigen Anderen zusammen gewesen." Tsubasa holte Luft, um auf den Kommentar Pepes zu antworten, kam jedoch nicht dazu, da plötzlich die Wohnzimmertür aufgerissen wurde und eine offensichtlich unsichere Sanae im Türrahmen zum Vorschein kam. "Guten Morgen..." Verschlafen lächelte sie und rieb sich durch die Augen, blinzelte dann und blickte zwischen den beiden jungen Männern hin und her, die sie, neugierig und skeptisch beäugten, so dass sie sich nur bald etwas unwohl zu fühlen begann. "Ehm..." verlegen ergriff sie erneut die Klinke der Wohnzimmertür, den Blick auf den Boden gerichtet. "Wäre es möglich, dass ich hier bei euch duschen kann?" "Aber natürlich!" Pepe sprang von seinem Sitzplatz auf und stürmte auf die junge Japanerin zu. "Ich hole dir Handtücher!" Pepe verschwand kurz im Badezimmer und nur wenige Augenblicke später wedelte er Sanae vom Badezimmer aus mit einem Handtuch. "Danke..." flüsterte sie etwas verlegen und trat in das Bad ein. Pepe antwortete ihr mit einem Lächeln und schloss die Tür hinter sich, die Sanae augenblicklich abschloss. Es war seltsam genug vor Tsubasa in diesem Aufzug unter die Augen zu treten, nun auch noch eine völlig fremde Person dabei zu haben, die sie skeptisch und interessiert musterte, machte die Situation etwas unangenehmer. Sie zuckte mit den Achseln und entledigte sich ihrer Nachtkleidung. Bereits jetzt war ihr warm und sie freute sich auf das kommende Nass. Allzu lange jedoch wollte sie das Wasser der Jungs nicht verbrauchen und stieg nur wenige Minuten später wieder aus der Dusche heraus. Völlig in Gedanken vertieft trocknete sie sich ab und blickte in den Spiegel. Sie war gespannt darauf, was der heutige Tag für sie bringen würde. Jedoch hatte sie es im Gefühl, dass sie einen Tag alleine mit Tsubasa vermutlich vergessen konnte. Er schien noch immer viel zu verkrampft zu sein, um eine ruhige Minute mit ihr verbringen zu können. Sie hoffte jedoch, dass sich dies im Laufe der Woche noch geben würde. Immerhin war bereits einer ihrer Tage in Brasilien herum und nur noch wenige Resttage würden ihr bleiben, um Tsubasa endgültig zu ihrem Freund zu machen. Sie seufzte. Beide waren sie doch alt genug für solche Dinge. Die vergangene Nacht hatten sie nebeneinander gelegen, in der Hoffnung, der Andere möge glauben man schliefe noch. Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Immerhin hatte sie es geschafft, gemeinsam mit Tsubasa in einem Bett zu schlafen. Sicherlich würde er sich in den nächsten Tagen noch entspannen. Frohen Mutes betrat sie einige Minuten später erneut das Wohnzimmer. Die Jungs schienen sich keinen Zentimeter vom Fleck gerührt zu haben. Dennoch beschlich Sanae das Gefühl, in etwas hereingeplatzt zu sein, von dem sie nichts mitbekommen sollte. Da Tsubasa es sich in einem Sessel gemütlich gemacht hatte, blieb ihr keine andere Wahl, als sich neben Pepe niederzulassen, der sie freundlich angrinste. "Und?" fragte sie erwartungsvoll "Habt ihr schon eine Idee, was wir heute machen könnten?" Pepe lehnte sich zurück und blickte Tsubasa an. "Vielleicht" antwortete dieser "sollte ich dir heute einen wirklich grandiosen Ausblick zeigen!" _________ Oh BITTE sagt mir, ob ich wieder weiter schreiben soll, oder nicht. Ich weiß, das "Kapitel" war sehr sehr kurz, aber ich musste mich hierfür erst einmal wieder warm schreiben. Hinterlasst mir bitte einen Kommi, damit ich weiß, ob sich weiterschreiben lohnt. LG Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)