Antons Reisen von Yeo ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Kapitel 10 Eine hübsche Wohngegend am Stadtrand, vom letzten Sonnenlicht in ein orangefarbenes Licht gehüllt. Eingebettet in ein Ensemble aus altmodischen, aber schicken Familienhäusern und prächtigen Bäumen, die noch nass vom eben verebbten Regenschauer sind, befindet sich das Anwesen der Familie Antons, welches durch seinen modernen Charme die Nachbarschaft in den Schatten zu stellen scheint. Im Erdgeschoss brennt Licht. Abendessen. Es sind anwesend: Anton, sein Vater und seine Mutter - die komplette Familie. Die Drei sitzen an einem Tisch aus feinstem Holz, den man sicher in keinem großen skandinavischen Möbelhaus finden würde und der eigentlich groß genug für ein gutes Dutzend Leute wäre. Man hält gekonnt die räumliche Distanz untereinander aufrecht, als wäre man bei einem Geschäftsessen mit seinem unvertrauten Chef. Antons Vater, ein Professor für Mathematik, Physik und Geologie, eröffnet das Gespräch: "Schatz, würdest du mir bitte die Sauciere reichen?" "Ja." Anton sitzt mit gesenktem Haupt über seinem Teller. In Gedanken versunken, macht er keine allzu gute Figur beim Insichreinschaufeln des zarten Filetfleisches. "Anton! Benimm dich doch!", äußert sich seine Mutter mit leicht strengem, aber dennoch harmlosen Blick. "Du bist wohl noch bei der Ausstellung, mein Sohn? Schon faszinierend, was man damals im Mittelalter als Werkzeug benutzte, nicht wahr?", bemerkt der Vater mit nüchterner Stimme, die Anton das Gefühl gibt, dass sein alter Herr nicht nachfragt, weil es ihn interessiert, sondern, weil er es als Vater für seine Aufgabe hält wenigstens Interesse zu heucheln. "Nein, Vater. Die Ausstellung war der derbste Scheißdreck, den ich mir je rein gezwungen habe. Ich meine, wen interessiert's, mit welchen Zangen die damals Pferde beschlagen haben." Anton findet, dass seine Antwort eben recht auflockernd war und erhofft sich nun ein Brechen des Eises am Esstisch, um so die Option zu schaffen ein richtiges Gespräch führen zu können, das richtige Familien halten würden. Doch sein Vater sieht ihn nur streng an und fragt: "Mein Gott. Wo hast du denn diese lächerliche Gossensprache aufgeschnappt? Ich verbitte mir diese vulgäre Ausdrucksweise in meinem Haus. Wir sind keine Barbaren. Und übrigens bedaure ich sehr, dass du den Wert der Ausstellung nicht zu schätzen weißt. Mir persönlich hat sie damals sehr viele aufregende Informationen geboten, als ich sie zum ersten Mal besuchen durfte. Aber wahrscheinlich bist du für so etwas noch nicht reif genug, mein Sohn." "Ja, Vater." Eisiges Schweigen. Antons Gabel berührt seinen Teller und löst einen grellen Ton aus, der so lange anhält, bis Anton den Teller leicht mit dem linken Zeigefinger antippt. Das Geräusch lies die beiden Eltern für einen kurzen Augenblick aufblicken, um die Lage zu überblicken - eins der Highlights des heutigen Abendessens. Der Herr des Hauses hat soeben sein Besteck beiseite gelegt, er wischt sich den Mund mit einer geschmackvoll verzierten Serviette ab und richtet sein Haupt auf seinen noch kauenden Sohn. "Ich habe heute an der Uni mit einem deiner künftigen Professoren gesprochen. Er schien sehr gespannt auf dich gewesen zu sein - besonders, als ich ihm von deinen hervorragenden Noten bei den Abschlussprüfungen erzählt habe. Du hast wirklich Glück gehabt, denn einen besseren Juraprofessor findet man nirgendwo, mein Sohn. Übrigens habe ich ihn für nächsten Sonntag zum Essen eingeladen, damit ihr beide euch schon mal kennenlernen könnt. Schließlich werdet ihr bald länger miteinander zu tun haben." "Nimm's mir nicht allzu übel, Paps, aber ich lass' die ganze Geschichte mit dem Studieren sausen. Vorhin hab ich im Internet etwas über lukrative Berufsaussichten für Begabte gelesen, die kein Studium voraussetzen. So könnte ich gleich mit dem Geld verdienen anfangen, ohne vorher noch mal den ganzen Mist mit der Schule durchziehen zu müssen." "Über so etwas macht man keine Witze, Anton." Der Blick des Vaters wendet sich langsam wieder ab. Ein angestrengter Blick ruft tiefe Falten auf der Stirn hervor. "Du denkst wohl, ich hätte so was nicht drauf?" "Mach dich doch nicht lächerlich. Du musst studieren, damit aus dir was vernünftiges wird!" "Der Zug ist abgefahren. Ich bin ein Freak, Paps." "Was soll denn das schon wieder? Am besten, du gehst erst einmal auf dein Zimmer und wir reden später weiter, wenn du wieder einen kühlen Kopf gefasst hast. Möchte bloß wissen, wie du so plötzlich auf diesen Unsinn kommst." "Tu nicht immer so, als wär ich der letzte Vollidiot! Ich krieg das schon allein hin. Lad du ruhig deinen geliebten Jurafritzen ein und spiel mit ihm 'ne Runde Karten, oder was. Ich mach den Scheiß hier nicht mehr mit. Es muss ja nicht sein, dass ich auch so'n langweiliger Spießer werde wie du!" Mit entsetztem Blick starrt der Vater in die klaren, selbstbewussten Augen seines sonst so ruhigen Sohnes. Überrascht von dessen Ausbruch bringt er nur zaghaft einen Satz über die kalten Lippen: "Junge. Nimmst du etwa irgendwelche Drogen?" "Ja, Papi. Alle!" Anton lässt alles stehn und liegen und spurtet geradewegs in sein Zimmer, ohne sich selbst bewusst zu sein, was er gerade gesagt und getan hatte. Die Fesseln wurden gesprengt. "Kann ich denn schon abräumen, Schatz?", fragt die Mutter mit leiser Stimme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)