Schatten der Vergangenheit von abgemeldet (Kapitel 22 "So long, Star Sheriffs" ist fertig!!!) ================================================================================ Kapitel 2: Ein Ende mit Schrecken --------------------------------- „Dieses Bankett ist doch klasse, oder?“ Colt schob sich gerade seinen dreizehnten Schrimp-Spieß in den Mund, während Robin und Saber Rider sich angeregt über die Friedensbewegung unterhielten. „Wie meinen?“ räusperte sich der Säbelschwinger und betrachtete skeptisch den Teller mit den vielen Holzspießen, den Colt in den Händen hielt. „Na, ich meine keine langen Reden, kein großes Gehabe um uns“, er schmatzte genüsslich und griff wieder hinter sich zum Buffet, „hier kann man es sich so richtig gut gehen lassen, ohne ständig auf dem Podium flanieren zu müssen!“ „Na, dass Du es Dir gut gehen lässt, sieht man“, bemerkte Robin leicht bissig, „wenn Du so weitermachst, platzt Du noch aus allen Nähten.“ „Ah, Blödsinn“, murmelte der Cowboy, „liebste Robin, Du weißt doch, ich kann essen soviel ich will, ich werde niemals dick!“ „Ja, und satt auch nicht!“ grinste Saber und schlug Colt auf den Rücken, woraufhin dieser sich mächtig verschluckte: „Mensch, pass doch auf, denk an meine verletzte Schulter!“ „Siehst Du wohl“, Robin hob tadelnd den Zeigefinger, „so kann es einem gehen, wenn man den Mund nicht voll kriegt!“ „Was denn, ich habe doch gar nichts gemacht...“ „Komm Robin, wir wollen mal sehen, ob wir nicht ein bisschen das Tanzbein schwingen können. Der arme Colt ist ja mit seiner schweren Verletzung leider zum Stillstehen verdonnert!“ und schon ließen Robin und Saber den Cowboy lachend stehen und gingen hinüber zur Tanzfläche: „Hey, das ist nicht fair...“, Colt wollte protestieren, doch das war zwecklos, „na bitte, dann geht doch wenn Ihr wollt, macht mir gar nichts aus! Ich kann mich auch prima alleine vergnügen!“ beleidigt lehnte er sich an die Wand neben dem Buffettisch und beobachtete die Feier. Es mussten wohl so an die vierhundert Gäste sein, die sich am Buffet, den verschiedenen Bars und vornehmlich auf der Tanzfläche tummelten, noch mehr, als gestern auf dem Empfang des Kavallerie-Oberkommandos. Aber das war natürlich auch ein hoch offizieller Akt gewesen, bei dem man sich eigentlich nicht großartig hatte amüsieren können, sondern bei dem man sich von sämtlichen Oberhäuptern des neuen Grenzlandes hatte auf die Schulter klopfen lassen, für das, was sie im Kampf gegen die Outrider geleistet hatten. Natürlich hatte es auch dort Musik und Tanz gegeben, aber die hatten sich auf ein klassisches Orchester und Walzer beschränkt, eben ganz der Gelegenheit und der Umgebung angepasst. Dieser Empfang fand in einer umgebauten Scheune statt, die bunt geschmückt war mit bunten Lampions und Girlanden, nicht mit Kronleuchtern und edlen Gemälden. Es herrschte eine angenehme und gemütliche Atmosphäre, zu der eine Country-Band ihre Stücke zum Besten gab. Das ärgerte Colt aber im Moment ganz gewaltig, denn er als waschechter Cowboy liebte so etwas, das war quasi seine Welt. Hier nun rumstehen zu müssen, während Saber mit seiner Verlobten beschwingt über das Parkett fegte, wie die meisten anderen auch, wurmte ihn doch sehr. Zerknirscht sah er sich um, ob er irgendwo ein vertrautes Gesicht ausmachen konnte, mit dem sich ein kleiner Plausch gelohnt hätte, und dabei blieb sein erstaunter Blick an einem Pärchen auf der Tanzfläche hängen. Zuerst glaubte er seinen Augen nicht trauen zu können, doch auch bei näherer Betrachtung änderte sich das Bild, das sich ihm da bot, nicht. Dort waren Fireball und Mandarin, die ziemlich eng umschlungen einen Lambada ähnlichen Tanz hinlegten, bei dem man nicht mehr genau sagen konnte, wo Fireball aufhörte und Mandarin anfing. Colt fiel sprichwörtlich die Kinnlade herunter, als er mit ansah, wie sich sein bester Freund dort drüben ziemlich freizügig an ein Mädchen heranmachte, von dem er am Vorabend noch Stein und Bein geschworen hatte, dass sie ihn überhaupt nicht interessierte. Mandarins Hände wanderten seinen Rücken rauf und runter, wobei sie immer besonders lange damit zubrachten, die Taschen von Fireballs Hose zu inspizieren, während man seine Hände eigentlich gar nicht mehr sehen konnte, da diese schon vor einiger Zeit im Rückteil ihrer Bluse verschwunden waren. Die Gesichter der beiden glühten geradezu, und immer, wenn sich ihre Blicke trafen, funkelten sie sich leidenschaftlich an. Colt kniff sich gerade zum fünften Mal in den gesunden Arm, weil er nicht glauben wollte, was er da mit ansehen musste. Was sollte die arme April bloß dazu sagen, wenn sie das sehen würde? Das würde sicherlich ihr Herz brechen! Er musste etwas tun, sonst würde dieser Abend in einer Katastrophe enden. Er schaute zurück auf die Tanzfläche, wild entschlossen, diesem zügellosen Treiben ein Ende zu setzen, doch Fireball und Mandarin waren verschwunden. Verdutzt suchte Colt den Raum nach ihnen ab und dachte schon, er hätte sie verloren, als er sie gerade noch durch einen kleinen Seitenausgang in den Pavillon huschen sah. „Na warte, Freundchen, so kommst Du mir nicht davon, Du kannst was erleben!“ mit diesen Worten marschierte er festen Schrittes mitten durch die Tanzfläche, um den beiden auf den Fersen zu bleiben. „Colt, wo willst Du hin?“ Robin und Saber, die sich gerade wieder zu ihm gesellen wollten, blickten ihm verwundert hinterher, als er ziemlich zornig an ihnen vorbei stapfte: „Ich muss da mal ein paar Dinge klären, dauert nicht lange!“ und schon war er fort. Saber sah Robin fragend an, doch auch diese konnte nur mit den Schultern zucken. „Ob er sauer auf uns ist, weil wir einfach so gegangen sind?“ murmelte sie schuldbewusst, doch Saber konnte sie schnell wieder beruhigen: „Keine Sorge Robin, ich kenne ihn. Wenn er so einen Blick drauf hat, dann ist ihm eine gewaltige Laus über die Leber gelaufen, für die wir beide nicht verantwortlich sind!“ Und während die beiden noch rätselten, was für ein Insekt Colt nun wieder gestochen hatte, war der bereits bei dem kleinen, menschenleeren Pavillon angekommen. Auf Anhieb konnte er nicht sonderlich viel erkennen, weil hier weder elektrisches Licht noch Lampions brannten, und die vielen Palmen und anderen Sträucher einem die Sicht zusätzlich erschwerten. Das war wohl auch der Grund dafür, warum sich niemand an diesem Ort aufhielt, denn drinnen in der Scheune war es doch wesentlich gemütlicher! Vorsichtig tastete sich der Cowboy durchs Dunkel, um sich ja nicht vorzeitig durch einen unüberlegten Schritt zu verraten. Er schlich sich Meter für Meter nach vorne, bis er auf einen kleinen Platz blicken konnte, der ein wenig vom Mondlicht erhellt wurde, das durch die Glaskuppel hereinfiel. Und dort standen sein Freund und die Anführerin eines der besten Kampfgeschwaders des Grenzlandes in ziemlich eindeutiger Pose; jedenfalls vermutete Colt, dass es sich um die beiden handelte. Er konnte ihre Umrisse nicht gut erkennen, weil ihre Silhouetten miteinander verschmolzen waren. Er hörte ein leises Kichern, gefolgt von einem Flüstern, das dieses Mal unverkennbar Mandarins Identität verriet, denn so eine schrille Stimme wie sie hatte sonst keine zweite Frau, die er kannte: „Was ist denn auf einmal los mit Dir? Heut Nachmittag warst Du noch so ... vernünftig, und jetzt bist Du plötzlich die Leidenschaft in Person, Fire!“ „Womit auch das Rätsel um die zweite Person geklärt wäre!“ grummelte Colt sarkastisch. Daraufhin herrschte wieder Stille, die nur ganz gelegentlich von einem leisen Seufzen unterbrochen wurde. Der Cowboy schüttelte sich vor Ekel, als er sich vorstellte, dass die beiden aneinander hingen, wie die Kletten. „Mandarin...“ murmelte Fireball atemlos, „was meinst Du, wollen wir hier nicht verschwinden und uns ein Plätzchen suchen, wo uns niemand stört?“ Wieder dieses Kichern: „Wie wäre es mit Deinem Apartment? Bei mir kann man nie sicher sein, dass nicht zufällig jemand aus meiner Staffel vorbei schaut!“ „Glaubst Du, sie würden Dich vermissen, wenn Du morgen nicht zum Frühstück erscheinen würdest?“ Fireballs Worte hingen eine Weile in der Luft, bis Mandarin sich zu einer Antwort durchringen konnte: „Fireball, heißt das ...“ Nun fand Colt, dass es an der Zeit für seinen Auftritt war: „Ich denke, dass heißt, dass unser guter Mr. Fireball ein bisschen zu viel über den Durst getrunken hat!“ Das Pärchen wich erschrocken auseinander, als der Cowboy plötzlich aus dem Gebüsch zu ihnen hinaus ins Freie trat. „Colt“, Fireball war entsetzt. Einerseits, weil sein Freund ihn anscheinend beobachtet hatte, andererseits, weil er bei einer Sache ertappt worden war, von der er eigentlich selber wusste, dass sie nicht in Ordnung war, „was zum Teufel treibst Du hier?“ Der Cowboy verschränkte theatralisch die Arme vor der Brust und setzte ein breites Grinsen auf: „Sagen wir, ich versuche Dich vor einem ziemlich dummen Fehler zu bewahren!“ an Mandarin gewandt murmelte er: „Ich denke es ist besser, wenn Du Dich wieder unter das Volk mischst. Du wirst sicherlich nicht mit ansehen wollen, was jetzt kommt!“ „Oh, hört, hört, der große Viehtreiber hat gesprochen. Ich denke, Du solltest Dich lieber unters Volk mischen und uns in Frieden lassen, kapiert!“ Fireball knurrte seinen Freund an wie ein tollwütiger Hund, was Mandarin irgendwie Angst machte. Mit einem verzerrten Lächeln und erhobenen Händen machte sie sich vorsichtig in Richtung Scheune davon: „Ich denke, es ist besser, wenn ich Euch Jungs für einen Moment alleine lasse, habe ich recht!“ „Mandarin...“ Fireball wollte ihr sofort hinterher, doch Colt packte ihn fest am Arm und wartete noch einen Augenblick ab, bis das Mädchen außer Reichweite war, dann schleuderte er seinen Freund mit voller Wucht zu Boden: „Was glaubst Du eigentlich, was Du hier treibst, hombre, he?“ wütend starrte er auf ihn hinab, wartete aber mit seiner nächsten Attacke, bis Fireball sich mühsam wieder aufgerappelt hatte. Colt hatte mit der Vermutung was den übermäßigen Alkoholkonsum anging anscheinend nicht unrecht gehabt, denn der Rennfahrer war offensichtlich nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. „Was fällt Dir eigentlich ein, Kuhhirte? Hast Du nichts Besseres zu tun, als rumzurennen und anderen Leuten die Tour zu vermasseln?“ er schnaubte schwer und versuchte das Gleichgewicht zu halten. „Oh, entschuldige, Fireball“, erwiderte Colt mit gespieltem Bedauern, „es tut mir unheimlich leid, wenn ich Dir die Tour vermasselt haben sollte, aber ich dachte, Du solltest vielleicht erstmal wieder zu Sinnen kommen, bevor Du Dich auf ein horizontales Abenteuer mit unserem kleinen Captain einlässt.“ „Das geht Dich einen Dreck an, kapiert!“ Fireball blickte seinem Freund in die Augen, so als wollte er ihn mit seinen Blicken töten. „Dummer Weise geht es mich schon etwas an, wenn unsere süße April Deinetwegen Liebeskummer bekommt. Obwohl ich mir im Moment nicht erklären kann, was sie an einem Typen wie Dir findet...“ verächtlich spuckte der Cowboy auf den Boden. Doch die erwartet reumütige Reaktion von Fireballs Seite blieb aus. Stattdessen begann dieser nur sarkastisch zu lachen: „Unsere süße April, ja! Um die mach Dir mal keine Sorgen, die bereitet sich schon selbst auf ein horizontales Abenteuer vor!“ aber irgendwie schien Colt doch einen wunden Punkt erwischt zu haben, denn Fire senkte niedergeschmettert die Augen und atmete tief durch, so als müsste er sich selbst wieder unter Kontrolle bringen. „Was soll das heißen?“ Colt war wie vom Blitz getroffen. War da etwa ein Fünkchen Wahrheit dran, oder erfand sein Freund in seinem Rausch wilde Geschichten? „Wieso gehst Du nicht zu ihr und fragst sie danach. Wenn Du mir hinterher schnüffeln kannst, wieso dann nicht auch ihr?“ er wollte an Colt vorbei, doch dieser hielt ihn wieder am Arm fest: „Wenn Du mir nicht sofort sagst, wie Du das gemeint hast, dann werde ich es aus Dir herausprügeln!“ „Uh, jetzt habe ich aber Angst, Cowboy!“ Colt beschlich langsam die Verzweiflung. Was sollte er mit diesem betrunkenen Fireball bloß anfangen, um ihn wieder einigermaßen zur Vernunft zu bringen? Ihn wirklich zu schlagen ging gegen seine Prinzipien, denn sein Gegenüber hätte wohl kaum die Chance gehabt, sich zur Wehr zu setzen. Da fiel Colts Blick auf einen kleinen Brunnen, der einige Meter entfernt leise vor sich hin sprudelte. Entschlossen schleifte er den zappelnden Fireball mit sich, der gar nicht recht wusste, wie ihm geschah, bis sein Kopf plötzlich in eiskaltes Wasser eingetaucht wurde. Er strampelte und ruderte mit den Armen, doch Colt war erbarmungslos. Erst nach zwanzig Sekunden zog er seinen Freund am Kragen nach oben, der prustend und Wasser spuckend fluchte: „Verdammt Colt, willst Du mich umbringen, oder was!“ „Sagst Du mir jetzt, wie Du das eben mit April gemeint hast, oder nicht?“ „Scher Dich doch zum Teufel...“ diese Antwort bescherte Fireball ein weiteres unfreiwilliges Bad im kühlen Nass. „Und, wie sieht es jetzt aus?“ „Was willst Du eigentlich von mir, hab ich irgendwas...“ und zum dritten Mal tauchte Colt den Kopf seines Freundes unter Wasser, woraufhin dieser schließlich resignierte: „Okay, okay, ich erzähl Dir ja alles, was Du wissen willst, nur hör endlich auf mit dem Schwachsinn!“ flehte er, als er zum Luft holen an die Oberfläche kam. Colt setze ein zufriedenes Grinsen auf: „Robin wäre bestimmt stolz auf mich, ich habe eine schwierige Situation hervorragend gemeistert, ganz ohne rohe Gewalt!“ schoss es ihm durch den Kopf. Er ließ Fireball los, damit sich dieser ein wenig erholen konnte, während er es sich auf dem Brunnenrand gemütlich machte. Fire hockte hustend am Boden und versuchte, etwas Klarheit in seinen Kopf zu bekommen, für die er anscheinend durch das kalte Wasser wieder etwas empfänglicher geworden war. Geschafft lehnte er sich an den kalten Stein und wischte sich eine Strähne seines triefenden Haares aus dem Gesicht. „Und, sagst Du mir jetzt endlich, was los gewesen ist?“ Colt wurde allmählich ungeduldig. Fireball hingegen stütze den Kopf in die Hände und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was an dem Tag alles geschehen war. An sich war er dankbar dafür, dass er endlich jemandem erzählen konnte, was in ihm vorging, doch auf eine so morbide Weise dazu gezwungen zu werden, kratzte ganz schön am Stolz. Besonders wenn einem langsam klar wurde, wie dämlich man sich verhalten hatte. Deshalb beschloss er auch, diese Konversation so kurz wie möglich zu halten, damit er sich so schnell wie möglich aus dem Staub machen konnte. Weg von Colt, weg von Saber und Robin, und ganz besonders von Mandarin! Fireball stieß einen kleinen Seufzer aus und legte angespannt den Kopf in den Nacken: „Also schön, da Du ja sowieso nicht locker lassen wirst, bis ich es Dir erzählt habe...“ „Du hast es erfasst, Amigo!“ erwartungsvoll verschränkte Colt die Arme und sah gespannt auf seinen Freund hinunter. „Eigentlich bist Du ja an allem Schuld!“ wenn das nicht ein Aufhänger war. „Wie bitte?“ wie vom Donner gerührt sprang der Cowboy auf: „Ich? Hab ich etwa gesagt, dass Du Dir die Birne zuknallen sollst, um hinterher die arme Mandarin zu verführen?“ das war ja wohl wirklich ein starkes Stück. Fireball schüttelte frustriert den Kopf: „Du hast mir gesagt, ich müsste endlich reinen Tisch mit April machen...“ „Ja, aber doch nicht so“, Colt rang mit den Händen, „ich hätte zwar nie gedacht, dass an der Sache mit Dir und Mandarin was dran ist, aber meinst Du nicht, es wäre April gegenüber einigermaßen fair gewesen, ihr die Sache schonend unter vier Augen beizubringen, als sie so knallhart...“ „Verdammt, würdest Du bitte die Klappe halten“, Fireball fuhr sich erneut durch die Haare, „es ist schon schwierig genug, auch ohne das Du ständig Deine überflüssigen Kommentare abgibst!“ „Ja, aber...“ „Soll ich nun weiter erzählen, oder nicht?“ das klang nicht nur wie eine leere Drohung, also nahm Colt schweigend wieder auf dem Brunnenrand Platz. Fireball atmete schwer, vielleicht steckte ja doch mehr hinter der Sache, als es zuerst den Anschein gemacht hatte! „Ich bin vorhin zu ihr gegangen, weil ich ihr endlich sagen wollte, was ich... na ja... Du weißt schon...“ Fireball hätte nie gedacht, dass es so schwierig sein würde, so offen über seine Gefühle zu reden. „Was Du für sie empfindest?“ Colt verzog unsicher das Gesicht, weil er befürchtete, wieder eine Rüge für diese unangekündigte Unterbrechung zu bekommen, doch diese blieb zu seiner Verwunderung aus. Stattdessen nickte Fireball nur unmerklich: „Ich war der Meinung, dass Du recht hattest damit. Von wegen klare Verhältnisse schaffen und so... Na, ja, jedenfalls bin ich hin zu ihr, aber sie hat mich gar nicht zu Wort kommen lassen, was ich ja ehrlich gesagt auch ein bisschen verstehen kann...“ „Immer noch der Streit von gestern?“ Fireball räusperte sich nervös, entschied sich dann aber, Colt nichts von dem Vorfall im Hangar zu erzählen, da er ihm nach der eben geschehenen Szenen wahrscheinlich sowieso nicht geglaubt hätte: „Nein, aber das ist jetzt auch nicht so wichtig! Der springende Punkt ist, dass sie sich gerade in Schale werfen wollte, für einen Typen namens David Scott!“ Colt grübelte: „Aber ist es nicht normal, dass sie versucht, Dir so einen Denkzettel zu verpassen, um Dich aus der Reserve zu locken? Ich meine, ein bisschen Eifersucht hat noch niemandem geschadet, oder?“ „Du hast sie ja nicht gehört, wie sie unter der Dusche voller Vorfreude rumgeträllert hat“, murmelte Fireball niedergeschlagen, „und die neue Unterwäsche, die sie sich extra für den heutigen Anlass gekauft hat, die hast Du auch nicht gesehen...“ ein diabolisches Lächeln zuckte um seine Lippen, „aber an der war ja auch eigentlich nicht mehr viel dran, was man noch sehen konnte!“ Das verschlug Colt nun doch die Sprache. Mit offenem Mund und aufgerissenen Augen starrte er sein Gegenüber an, so als erwartete er jede Sekunde ein „April, April“ oder „Scherz bei Seite“, aber da hoffte er vergebens. „Meinst Du immer noch, dass das normal ist? Ich meine, vielleicht bin ich ja auch ein kleines Bisschen paranoid oder so, aber für mich sah das eigentlich nicht nach einer Zeigen-wir-es-dem-kleinen-Fireball-mal-Kampagne aus!“ „Das hätte ich niemals von ihr gedacht“, stotterte Colt noch immer völlig fassungslos, „dabei hat sie mir doch gestern gerade noch erzählt...“ „Was hat sie Dir erzählt?“ Fireball wurde mit einem Schlag hellhörig. „Na, ja“, Colt versuchte sich an Aprils Wortlaut zu erinnern, „so genau kann ich Dir das auch nicht mehr sagen...“ „Colt!“ „Schon gut, schon gut“, der Cowboy hob beschwichtigend die Hände, „also sinngemäß habe ich das so verstanden, dass sie in letzter Zeit ziemlich durcheinander war, weil... weil Du... hm... nach der Ohrfeige keinen weiteren Versuch mehr unternommen hast, sie...“ „Frauen...“, ohne Vorwarnung sprang Fireball, plötzlich wieder ganz behände, auf und begann wie ein aufgescheuchtes Huhn hin- und herzulaufen, „zuerst ist es ihnen nicht recht, wenn Du spontan versuchst, sie zu küssen, und dann sind sie beleidigt, wenn man es etwas ruhiger angehen lässt!“ Colt erhob sich ebenfalls und versuchte, seinen Freund zum Stehen zu bringen: „Du hättest ihr vielleicht nur hin- und wieder das Gefühl geben müssen, dass Du noch Interesse an ihr hast...“ „Jetzt bin also auch noch ich Schuld, dass sie sich einen anderen Kerl gesucht hat, ja!“ Fireballs Tonfall verriet, dass er nahe davor war, die Geduld endgültig zu verlieren. „Hör mir doch zu“, Colt ergriff seine rechte Schulter und baute sich beschwörend vor ihm auf, „was ich hier zu sagen versuche ist, dass ich nicht glaube, dass sie wirklich einen anderen hat. Himmel, sie hat gestern Abend geheult, weil sie glaubte, Du hättest was mit Mandarin...“ Colt hielt kurz inne, weil Fireball etwas beschämt zu Boden blickte; er hatte das Fettnäpfchen mal wieder voll erwischt. „Junge, sie hat mir doch selber gesagt, dass Du ihr viel bedeutest!“ „Ehrlich?“ ungläubig und verunsichert blickte Fireball zu ihm auf, dass der Cowboy beinahe vor Mitleid angefangen hätte zu weinen: „Ja, ich sage Dir, sie ist nur verletzt, und versucht so, Deine Aufmerksamkeit wieder zu gewinnen!“ Keine Antwort! „Komm, wir werden jetzt wieder da rein gehen und sie suchen. Sie wird ja schließlich nicht einen schmackhaften Köder auswerfen und dann die ganze Angel ins Wasser schmeißen. Und dann wirst Du mit ihr reden... „Verdammt Colt, Du hörst mir nicht zu“, Fireball schüttelte resigniert den Kopf, „das habe ich doch bereits versucht. Sie will nicht mit mir reden, verstehst Du? Sie würde mich wahrscheinlich sogar ignorieren!“ „Ah“, Colt legte ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn mit sich, „keine Bange, der süße Colt ist ja auch noch da, der wird das Kind schon schaukeln!“ Und es war auch Colt, der April als erster in all dem Getümmel ausfindig machte. Sie stand etwas abseits der Tanzfläche an einer der vielen Sektbars und hatte sich bei einem gut aussehenden Seargant eingehakt, der eine Ausgehuniform der Raumfahrtkontrolle trug. Ob es sich dabei um den besagten David Scott handelte? Unauffällig stieß er Fireball mit dem gesunden Ellenbogen in die Seite und deutete mit dem Kopf in Aprils Richtung: „Da haben wir ja unsere Prinzessin!“ Einige Sekunden starrte Fireball suchend in die Menge, dann entdeckte er die beiden, und sein Blick verfinsterte sich: „Es hat keinen Zweck, Colt, sieh sie Dir doch an...“ Aprils Wangen strahlten wie die aufgehende Sonne. Gerade beugte sich ihr Begleiter zu ihr herunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie ungezwungen anfing zu lachen, „ich denke, sie amüsiert sich auch ganz gut ohne mich!“ Colt verfolgte die Szene und musste sich selber eingestehen, dass April wirklich nicht gerade so aussah, als würde sie vor Liebeskummer zerfließen, aber er hatte es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, seinen besten Freund mit dieser störrischen Schönheit zusammen zu bringen, da durfte er sich nicht bereits beim ersten Anzeichen eines Kampfes ins Boxhorn jagen lassen! Er griff fest nach Fireballs Schulter, weil dieser gerade Anzeichen machte, sich im Gewühl aus dem Staub zu machen: „Papperlapapp, wer wird denn so schnell aufgeben? Wir zwei spazieren dort jetzt hin, und während ich unseren Seargant ablenke, schnappst Du Dir Cinderella und sagst ihr endlich, wo der Hase im Pfeffer liegt!“ Energisch schob er den leicht protestierenden Rennfahrer vor sich her durch die tanzenden Pärchen, die dem triefend nassen Fireball etwas verwundert hinterher starrten. Dieser betete, dass sich der Boden auftat, um ihn zu verschlingen, denn der Gedanke, April nach allem, was er sich geleistet hatte, noch einmal gegenüber zu treten, bereitete ihm einiges Unbehagen. Doch nichts dergleichen geschah; kein Erdbeben, kein Vulkanausbruch vermochte ihn jetzt noch vor dem Jüngsten Gericht zu bewahren. April stand mit dem Rücken zu ihnen gedreht und drehte sich erst zu ihnen um, als Colt ihr grinsend auf die Schulter tippte. „Was...“ ihr verdutztes Gesicht nahm einen befremdeten Zug an, als ihre Blicke kurz die von Fireball trafen. Ihr Herz begann bis zum Hals zu pochen, und sie hatte das Gefühl, jeder Anwesende in der Scheune müsste es hören, doch es war genauso wenig zu vernehmen, wie das Herz unseres unglücklichen Helden, welches nicht weniger raste. „Holdes Wesen, Du siehst mal wieder ganz hinreißend aus heute Abend“, flötete Colt und ergriff ihre Hand, „also wenn ich nicht bereits mit der schönsten Frau des Universums verlobt wäre, müsstest Du Dich schwer vor mir in Acht nehmen!“ Beschämt zog April ihre Hand eiligst zurück: „Hör auf mit dem Blödsinn, Colt...“ „Na, April, Blödsinn würde ich das nicht gerade nennen“, seine Augen wanderten vielsagend zu der vierten Person im Bunde, die nicht so genau wusste, wie sie die Situation zu deuten hatte, „Deine Schönheit hat doch schon ein Opfer angezogen, oder sehe ich das falsch?“ Jovial streckte er Aprils Begleiter die Hand entgegen: „Darf ich mich überhaupt erst einmal vorstellen, mein Name ist Colt, ich bin ein Teamkollege dieses reizenden Geschöpfes!“ verwirrt ergriff David die ihm angebotene Hand und wusste noch immer nicht so ganz, wie ihm geschah. April wirkte auf einmal verstört und angespannt, und dieser tropfnasse schwarzhaarige Typ, den der Cowboy im Schlepptau hatte, wirke auch nicht unbedingt wie die Ruhe in Person. Ständig scharrte er mit den Füßen über den Boden und versuchte, Aprils Blicken auszuweichen. „Ich bin David Scott, ich arbeite hier auf Yuma bei der Raumfahrtkontrolle...“ murmelte er an Colt gewandt und hoffte inbrünstig, die beiden Gestalten würden wieder verschwinden und ihn mit April alleine lassen. Doch da kannte er natürlich unseren Cowboy schlecht, der nur auf eine so günstige Gelegenheit wie diese gewartet hatte. „Raumfahrtkontrolle? Man, da hast Du ja einen richtig harten Job abgekriegt, was. Das soll doch so mordsmäßig gefährlich sein...“ er verpasste Fireball einen kleinen Tritt und legte seinen gesunden Arm um Davids Schultern, der gar nicht richtig realisieren konnte, was mit ihm geschah, „ich fand das schon immer irre aufregend. Du musst mir unbedingt mehr darüber erzählen. Wie wäre es mit einem kleinen Gläschen Guavensaft Dave, ich darf doch Dave sagen...“ schon wurde er von Aprils Seite gezerrt, ohne sich zur Wehr setzen zu können, denn Colt war ihm was die Stärke anging noch immer weit überlegen: „April, ich...“ wandte er sich flehend um, doch April war ihrerseits viel zu sehr damit beschäftigt, den Augenkontakt zu vermeiden. „Keine Sorge, Dave“, flötete Colt, „der Abend ist noch lang und ich bin sicher, April wird Dir nicht weglaufen. Mein Freund Fireball wird solange auf sie aufpassen...“ Erst bei dieser letzten Bemerkung ging David ein Licht auf, doch nun war es zu spät, noch ernsthaften Protest gegen dieses abgekartete Spiel einzulegen. Genervt ließ er sich von April weg manövrieren und überlegte sich, wie er seinen lästigen neuen Freund am schnellstens wieder loswerden konnte. Mit gemischten Gefühlen blickten Fireball und April den beiden hinterher, bis sie sie aus den Augen verloren hatten. „War das etwa Deine blöde Idee?“ April war nicht halb so gereizt, wie sie zu klingen versuchte, aber mit einer so schnellen und erneuten Konfrontation mit Fireball hatte sie nicht gerechnet. Fireball hob den Blick und betrachtete sie durchdringend: „Du...siehst wunderschön aus, April!“ murmelte er, ohne auf ihre Frage einzugehen. Ein zarter Schimmer legte sich auf ihre Wangen: „Danke, kann man von Dir nicht gerade behaupten!“ sie musterte seine nassen Haare und die Wasserspuren, die sie auf seinem Sakko verursacht hatten: „Was ist passiert?“ Fireball zuckte mit den Schultern: „Ich denke, Colt hat mir den Kopf gewaschen...“ „Aha...“ Betretenes Schweigen machte sich breit, wobei wieder jeder versuchte, dem anderen nicht in die Augen sehen zu müssen. April fühlte sich unwohl, ihr wurde abwechselnd heiß und kalt und sie hatte das Gefühl, jede Sekunde an der warmen Luft, die in der Scheune vorherrschte, ersticken zu müssen. Fireball schien es da wohl ähnlich zu gehen, denn er versuchte ständig den Knoten seiner Krawatte zu lockern. Das hatte Colt ja wieder ganz toll eingefädelt, erst schleppte er ihn hier an und machte sich dann auch noch mit ihrer Begleitung aus dem Staub; wenn das nicht stark nach Verschwörung roch! Aber warum sagte Fireball jetzt nichts? Schließlich hatte er doch nun, was er wollte; sie waren allein. Und alles was er tun konnte, war da herum zu stehen und so zu tun, als ob es sie überhaupt nicht gab. Vielleicht hatte er ihr ja auch gar nichts mehr zu sagen, konnte doch sein. Vielleicht hatte Colt ihn genauso überrascht, wie April, und in Wirklichkeit wollte er überhaupt nicht mit ihr reden! Seine Worte aus ihrem Apartment fielen ihr wieder ein: ‚Was Du tust geht mich nichts mehr an...‘ ob er das wohl ernst gemeint hatte? Dieses Schweigen machte sie wahnsinnig, das konnte doch kein Mensch aushalten. Mit einem traurigen Seufzen dreht sie sich um: „Ja dann, schönen Abend noch!“ „April, warte bitte!“ Fireball ging ihr nach und stellte sich dicht vor sie hin: „So kann es doch nicht weitergehen...“ dieses Mal sah er ihr direkt in die Augen und April merkte, wie innerlich ihr Blut zu kochen begann. Fireball war sichtlich nervös, aber er wusste, wenn er diese Chance nicht ergreifen würde, dann hätte er wahrscheinlich auch die allerletzte Möglichkeit verspielt, mit April reinen Tisch zu machen. Sein Herz klopfte und seine Ohren brannten wie Feuer, so sehr brachte ihr Anblick ihn aus der Bahn. Am schlimmsten jedoch waren diese Menschenmassen um einen herum, wie sollte man da einen klaren Gedanken fassen können: „Lass uns irgendwo hingehen, wo wir reden können!“ „Ach, Fireball, was soll denn das bringen“, schüttelte April traurig den Kopf, ohne ihn anzusehen, „ich denke, es wurde alles gesagt, was zu sagen war, oder nicht!“ „Bitte“, flehte Fireball und ergriff eine ihrer Hände, „gib mir doch wenigstens noch eine Chance, Dir alles zu erklären. Ich verspreche Dir auch, dass ich Dich danach in Ruhe lassen werde...“ April atmete tief durch und zog ihre Hand zurück: „Na schön, aber nur fünf Minuten!“ ohne ein weiteres Wort ging sie an ihm vorbei und steuerte eine kleine ausgebaute Fensternische an, die durch einen schweren Vorhang vom Rest des großen Saales getrennt war. Unschlüssig folgte Fireball ihr, hin- und her grübelnd, wie er das Gespräch am besten anfangen sollte. April nahm erwartungsvoll auf der ausladenden Fensterbank Platz, während Fireball den Vorhang hinter sich zuzog, um lästige Beobachter auszuschließen. Wieder entstand ein peinliches Schweigen, doch dieses Mal war er es, der es brach: „April, ich... es tut mir leid... das alles, diese ganze Sache ist ein blödes Missverständnis...“ „Ich finde es eigentlich ziemlich unmissverständlich, wenn Du Dich mit Mandarin in irgendwelchen Raumhafen-Hallen versteckst und ich Euch dann auch noch...“ „April“, Fireball kniete sich hin und legte seine Hände auf ihre Knie: „Wir haben uns nicht versteckt. Wir haben an dem Outrider-Raumschiff gearbeitet, das wir gekapert hatten!“ „Natürlich, was denn auch sonst. Und dafür musste sich Mandarin so sehr in Schale werfen, dass einem ihre... ihre Dinger gleich entgegen gesprungen kommen, ja!“ langsam wallte der Zorn wieder in ihr auf, als sie sich die Bilder noch einmal ins Gedächtnis rief, die sie ungewollt mit angesehen hatte. „Es war tierisch warm in der Halle...“ „Das glaube ich, dass einem dabei warm wird...“ die Zweideutigkeit war Fireball natürlich nicht entgangen, aber er versuchte sie einfach zu ignorieren: „Willst Du denn überhaupt nicht wissen, warum wir an dem Raumschiff gearbeitet haben?“ „Nein, ehrlich gesagt interessiert mich gar nichts, was Du mit Mandarin so anstellst!“ „Verdammt noch mal“, Fireball stand auf und fuhr sich durch die nassen Haare, „wie oft soll ich Dir denn noch sagen, dass ich nichts mit Mandarin habe...Wieso meinst Du wohl, bin ich denn vorhin extra in Dein Apartment gekommen? Was kann ich denn bloß tun, damit Du mir glaubst?“ April verschränkte die Arme: „Von mir aus könntest Du es mir bei der Ehre Deines Vaters schwören, und ich würde es Dir nicht glauben...“ „Abgesehen davon, dass er das niemals tun würde!“ Entgeistert schraken die beiden hoch und starrten auf den Eindringling, der sich durch den Vorhang schob. „Mandarin!“ Fireball war fassungslos, was hatte sie hier zu suchen? Wie hatte sie ihn hier finden können? Ein flaues Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus, als er beobachtete, wie sich Mandarin mit einem zynischen Grinsen neben April auf der Fensterbank niederließ. „Tja, Fire, Du hattest mich wohl schon vergessen, wie!“ sie schlug kess die Beine übereinander und enthüllte so, was ihr Körper unterhalb ihrer Taille zu bieten hatte, um Fireball noch ein bisschen mehr aus der Fassung zu bringen. „Was soll das heißen, das würde er niemals tun?“ April wollte die Antwort in Wirklichkeit nicht hören, doch diese eiskalte Hand, die nach ihrem Herz griff, zwang sie dazu endlich nach der Wahrheit zu forschen. Es war besser jetzt das schlimmste zu erfahren, als ewig mit Lügen und Ungewissheit zu leben: „Was meinst Du damit?“ „April...“ Fireball geriet in Panik; wenn Mandarin jetzt alles erzählen würde, was zwischen ihnen gewesen war, dann hatte er ein für allemal bei April verspielt. „Ja, was meine ich denn damit“, es schien Mandarin offenbar Spaß zu machen, April so auf die Folter zu spannen, „los Fireball, erzähl es ihr...“ „Mandarin, halt jetzt den Mund...“ „Auf einmal so grob, das klang aber vor einer Viertelstunde noch ganz anders!“ sie strich verführerisch mit dem rechten Schuh an Fireballs Hosenbein entlang. „Ich hab gesagt, Du sollst still sein. Verschwinde, Mandarin...“ „Nein“, April war aufgestanden und hatte sich vor ihm aufgebaut. Ihre Lippen bebten und in ihren Augen zeichneten sich die ersten Anzeichen von Tränen ab, doch sie versuchte tapfer, sich zusammen zu reißen, „ich will es jetzt hören. Die ganze verdammte Wahrheit, verstehst Du!“ „April, bitte, ich...“ er ergriff ihre Schultern, doch sie riss sich sofort wieder los: „Keine Ausflüchte mehr, verstanden. Ich will endlich wissen was für ein Spielchen Du hier mit mir treibst!“ die erste Träne kullerte ihre Wange hinunter, denn intuitiv wusste sie, was nun kommen würde; die Erfüllung ihres schlimmsten Alptraumes. Fireball wusste nicht mehr, was er tun sollte. Er war in die Ecke manövriert worden und stand mit dem Rücken zur Wand. Ein dicker Kloß setzte sich in seinem Hals fest und das flaue Gefühl im Magen erreichte seinen Höhepunkt. Mandarin grinste zufrieden: „Ich sehe schon, April, unser kleiner Rennfahrer hat nicht ganz den Mut, Dir zu beichten, wie gut er sich auch ohne Dich vergnügen kann!“ sie stand auf und legte Fireball einen Arm um die Hüfte: „Dann werde ich es Dir eben erzählen!“ er wollte noch Widerspruch einlegen, doch Fireball sah ein, dass nun alles aus war, und irgendwann würde April es sowieso erfahren... „Bevor uns dieser dämliche Kuhhirte vorhin unterbrochen hat, wollte Fire mich nämlich gerade auf ein kleines nächtliches Abenteuer in seiner Wohnung einladen, Frühstück mit inbegriffen, versteht sich. Oh, Du hättest ihn erleben müssen, April, so sehr wie heute Abend hat er seinen Namen noch nie verdient...“ „Es reicht, Mandarin!“ Fireball hatte die Fäuste geballt und versuchte, sein Wut unter Kontrolle zu halten, doch das gelang ihm nur sehr schwer. „Nein wirklich, ich habe noch nie jemanden erlebt, der so heißblütig küssen kann, wie Du...“ „Verdammt noch mal, ich habe gesagt, es reicht!“ brüllte er mit einem Mal und starrte Mandarin mit vernichtenden Augen an. Dieser wurde die ganze Situation dann doch zu mulmig und sie zog es vor, das Weite zu suchen: „Ich denke, Ihr habt eine Menge zu bereden, ich warte dann solange draußen!“ und schon war sie verschwunden. Fireball traute sich nicht, April ins Gesicht zu sehen, so sehr schämte er sich vor ihr. Seine Augen brannten, während sein Pulsschlag noch immer dafür sorgte, dass sein Blut durch seinen Körper raste. Er hörte ein leises Wimmern: „Ist... ist das... wahr?“ Er blickte widerstrebend auf und sah in Aprils kreidebleiches und tränenüberströmtes Gesicht. „April...“ er wollte sie in den Arm nehmen, ihre Tränen fortwischen und sie trösten, doch er war wie eingefroren, „ich... es ist nicht so... ich war...“ „Ist es wahr“, wisperte sie mit erstickter Stimme. Ihre zitternden Hände verkrampften sich in den Stoff ihres Kleides. „Nein“, Fireball musste nach Luft schnappen, um weiter reden zu können, „es ist nicht so, wie sie es erzählt hat... April, ich war betrunken!“ Sie fuhr sich schniefend durchs Gesicht, während Fireballs Herz langsam an ihrem Leid zerbrach: „Vor einer Viertelstunde warst Du noch betrunken und jetzt bist Du wieder total nüchtern, ja!“ der Sarkasmus kehrte langsam in Aprils Stimme zurück, was ihn endgültig aus der Bahn warf: „Ich weiß, wie absurd das klingt...“ „Ich möchte nur eines wissen“, sie holte tief Luft, um den letzten Schlag verkraften zu können, „hast Du Mandarin heute geküsst? Und ich meine nicht so einen flüchtigen Kuss auf die Wange!“ Reumütig schloss Fireball die Augen, bevor er kaum merklich zur Bestätigung nickte. Ein kleines Beben durchzuckte Aprils Körper, und mit kaum hörbarer Stimme flüsterte sie: „Wolltest Du... mit ihr... schlafen?“ „April...“ flehend sah Fireball zu ihr auf, doch sie kannte keine Gnade mehr. „Sieh mich an und sag mir, dass Du nicht mit ihr geschlafen hättest, auch wenn Colt nicht dazwischen gefunkt hätte!“ Dieses Mal konnte er nichts mehr darauf erwidern. Fireball merkte, wie eine heiße Träne seine rechte Wange hinunter kullerte und zu Boden fiel, doch er vermochte es nicht mehr, sich zu rühren, oder April anzusehen. Das war genug Bestätigung für sie. Mit einem herzzerreißenden Schluchzen rauschte sie an ihm vorbei, hinaus aus ihrem Versteck und weg von dem Mann, der ihr soeben das Herz gebrochen hatte. Fireball wollte ihr nach, sie aufhalten um ihr zu sagen, dass er doch nur sie liebte, und niemanden sonst, aber dafür war es zu spät: „Verzeih mir April...“ flüsterte er kraftlos und ließ entmutigt die Arme sinken. „Na, die hat ja vielleicht einen Abgang hingelegt!“ schon steckte Mandarin wieder ihre Nase in das kleine Versteck, um zu sehen, wie groß der Schaden gewesen war, den sie angerichtet hatte. Fireball nahm sie anscheinend gar nicht wahr; erst als sie sich wie eine Schlange um seinen Hals wickelte, bemerkte er ihre Anwesenheit. „Vergiss doch diese dumme Pute, lass uns lieber da weiter machen, wo uns Colt vorhin unterbrochen hat!“ Grob schubste er sie von sich: „Du weißt wohl nie, wann es Zeit zum Aufhören ist, oder?“ mit diesen Worten ließ er sie einfach stehen und verließ die Nische. Er wusste, dass er ihr keine Schuld an der Sache geben konnte, obwohl sie natürlich den Stein ins Rollen gebracht hatte. Aber wenn er sich nicht wie ein vollkommener Idiot aufgeführt hätte, dann wäre die ganze Situation niemals so sehr eskaliert. Er hatte selber Schuld, dass April nun nie wieder mit ihm reden würde; er hatte sie betrogen und ihr Vertrauen missbraucht. Er hatte auf dieser Party nichts mehr zu suchen! Ihm war, als starrten ihn alle Leute an, an denen vorbei er in Richtung Ausgang schlich. Doch in Wirklichkeit nahm niemand außer seinem Freund Colt Notiz von ihm, der schon ein paar Momente vorher beobachtet hatte, wie April weinend am Arm von David Scott den Saal verlassen hatte. Der Cowboy hielt es für ratsam, sich dem Rennfahrer in einem gewissen Abstand anzuschließen, um sicher zu gehen, dass er keine Dummheiten anstellen würde. Fireball war am Boden zerstört; ihn quälte das Gefühl, dass er eben den wichtigsten Menschen auf der Welt verloren hatte, und das mit einem Mal alles so sinnlos geworden war. Der Sieg über die Outrider, seine Arbeit als Star Sheriff, seine Bemühungen um das feindliche Schiff... Wie in Trance drängelte er sich durch die vielen Gäste, ohne zu bemerken, dass er den einen oder anderen so doll anrempelte, dass dieser sich mit seinem Punsch bekleckerte. Nach einer ewig währenden Zeit taumelte er endlich benommen in die kühle, befreiende Nacht hinaus, die seinen Kopf wieder ein wenig klarer werden ließ. Er hatte April zutiefst verletzt und konnte diesen Fehler wahrscheinlich nie wieder gut machen, weil sie bestimmt kein einziges Wort mehr mit ihm reden würde! Zu Recht, wie Fireball meinte, denn den Fehltritt mit Mandarin hätte er sich nie erlauben dürfen, auch wenn er noch so liebeskrank und eifersüchtig gewesen war; es gab nichts, was dieses schändliche Verhalten entschuldigen konnte! Er atmete tief durch, um die neu aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Die Nacht war sternklar und der Mond von Yuma erhellte seine Umgebung. Es gab nicht sehr viele Leute, die sich hier draußen aufhielten, denn die Nächte von Yuma waren kalt und windig, doch für Fireball war das im Moment genau das richtige. Er entfernte sich einige Meter von der Scheune, wobei er einen Kieselstein vor sich her kickte und immer wieder diese schlimme Szene vor seinem geistigen Auge abspielte. Wie hatte es nur soweit kommen können? Wenn doch bloß Mandarin nicht aufgetaucht wäre, dann hätte er die ganze Situation vielleicht noch in den Griff bekommen, aber sie war nun mal aufgetaucht. Er konnte ihr nicht mal einen Vorwurf daraus machen, weil er ja wusste, wie sehr sie in ihn verschossen war. Und er hatte das in seinem betrunkenen Zustand schamlos ausgenutzt, ohne auf ihre Gefühle Rücksicht zu nehmen, geschah ihm nur recht, dass sie sich jetzt auf diese Art bei ihm revanchierte! Gerade als Fireball zu der Erkenntnis kam, dass es am sinnvollsten war, sich in seinen Red-Fury-Racer zu setzen, um das Schlachtfeld zu verlassen, fiel sein Blick auf ein Pärchen, das nicht weit entfernt von ihm an einem Baum lehnte. Zuerst dachte er, sein Verstand würde ihm einen Streich spielen, aber bei genauerem Hinsehen bestand kein Zweifel mehr; die Frau, die sich dort an den Arm eines Mannes klammerte, den man aufgrund des schlechten Lichtes nicht ausmachen konnte, war April. Ihr Körper zitterte immer wieder, wie ein junger Baum, der von einem Windstoß gepeinigt wurde und sie versuchte krampfhaft, ihr Gesicht an der Brust des Mannes zu verbergen. Sie weinte! „April...“ rief Fireball wie aus Reflex und ging auf die beiden zu, doch besonders weit kam er nicht. Kaum dass die beiden ihn bemerkt hatten, schob der Mann April vorsichtig zur Seite und stellte sich Fireball mit verschränkten Armen in den Weg; es war David. „Natürlich, wer auch sonst!“ durchschoss es den Rennfahrer. Die Eifersucht stieg erneut in ihm auf, gerade so, als ob April ihn betrogen hatte, und nicht umgekehrt. „Meinen Sie nicht, dass Sie langsam genug Schade angerichtet haben“, David funkelte ihn herausfordernd an, „es wäre besser, wenn Sie April ein für allemal in Ruhe ließen!“ Fireballs Frust verwandelte sich schlagartig in blinde Wut. Was hatte dieser Aushilfsfluglotse mit ihm und April zu schaffen? „Ich denke nicht, dass Sie das etwas angeht, Mr. Scott!“ wie zur Kampfansage stemmt er die Hände in die Hüften. „Ich denke aber schon“, David trat einen Schritt zurück und legte beschützend einen Arm um April, „ich lasse nicht zu, dass Du Mistkerl ihr noch einmal weh tust!“ „April“, Fireball wandte sich nun verzweifelt an sie, doch er erhielt keine Antwort, nicht mal einen Augenaufschlag. Er machte einen Schritt auf sie zu, um ihre Hand zu greifen, aber David kam ihm zuvor. Blitzschnell umfasste er sein Handgelenk und stieß Fireball ziemlich unsanft zurück: „Lass die Finger von ihr, oder Du kannst was erleben, Freundchen!“ „Na, warte!“ mit einem Wutschnauben ging Fireball auf seinen Kontrahenten los, um ihm zu zeigen, wer hier die Finger von wem zu lassen hatte, aber noch bevor er einen ersten Schlag austeilen konnte, traf eine gewaltige Explosion seinen Unterkiefer und riss ihn von den Füßen. „Fire...“ schrie April entsetzt auf, war aber nicht in der Lage, sich vom Fleck zu rühren. Benommen rappelte sich Fireball wieder auf. Etwas Warmes lief sein Kinn hinab und tropfte zu Boden. Angewidert wischte er mit dem Ärmel seines Sakko darüber und betrachtete zornig die dunkelrote Spur, die sein Blut hinterließ: „Das hast Du nicht umsonst getan!“ zischte er und wollte sich mit einem markerschütternden Schrei ein zweites Mal auf David stürzen, aber in letzter Sekunde packten ihn zwei Arme von hinten: „Bleib ruhig, Matchbox, damit erreichst Du gar nichts!“ „Verdammt Colt“, fluchte Fireball und versuchte sich angestrengt loszureißen, doch trotz seiner Verletzung hatte Colt die besseren Karten, „ich werde diesem Kerl zeigen, was es heißt, sich mit einem Star Sheriff anzulegen!“ „Sicher wirst Du das Kumpel“, murmelte der Cowboy beschwichtigend, „aber ich denke, das ist hier weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit dafür!“ er warf April, die noch immer leichenblass und wie versteinert dastand einen vielsagenden Blick zu, „ich denke, Ihr solltet wieder rein gehen, ich kümmere mich um unseren kleinen Heißsporn.“ „Scheiße, Colt, lass mich endlich los, sonst...“ Fireball tobte, wie ein wildes Pferd, das man gerade mit einem Lasso eingefangen hatte. April warf Colt ein dankbares Nicken zu und griff nach Davids Arm. Dieser hatte zwar auch nichts dagegen, diesem arroganten Star Sheriff noch einmal gehörig die Meinung zu geigen, doch er sah ein, dass ein Rückzug momentan wahrscheinlich die klügste Entscheidung war. Also ließ er sich ohne Widerworte zurück in die Scheune führen. „April...“ brüllte Fireball und versuchte erneut, sich aus dem eisernen Griff zu befreien, „verdammt, lass mich los...Aaaaprilll.“ Für einen kurzen Moment blieb sie stehen und blickte kurz über die Schulter zurück: „Leb wohl, Fireball!“ flüsterte sie so leise, dass nur David es konnte, dann drehte sie sich wieder um und verschwand. „April...“ kraftlos sank Fireball in sich zusammen, so dass Colt keinen weiteren Anlass dafür sah, ihn noch länger festzuhalten: „Tja, Partner, ich weiß ja nicht, was da eben zwischen Euch passiert ist, aber ich denke, Du hast Dich heute mehr als einmal daneben benommen, meinst Du nicht, es wäre an der Zeit, nach Hause zu fahren?“ Gespannt erwartete er die Antwort und war ziemlich baff, als anstatt einer weiteren Attacke nur ein verzweifeltes Seufzen zu hören war: „Ist doch jetzt sowieso alles scheiß egal, oder nicht?“ Fireball drehte sich mit gesenktem Kopf um und ging einfach so in Richtung der Parkplätze davon. „Hey, Moment“, Colt rannte ihm besorgt nach, „was hast Du denn jetzt vor?“ „Zum Raumhafen fahren...“ „Zum Raumhafen?“ der Cowboy verstand nicht ganz. „Ich hab da noch was zu erledigen!“ „Fireball, mach ja keinen Quatsch, hörst Du!“ Der Rennfahrer zuckte mit den Schultern: „Und wenn schon, wen kümmerts?“ er hatte anscheinend völlig resigniert. „Na hör mal, Partner“, rief Colt gleichzeitig entrüstet und besorgt, „mich kümmert das natürlich. Kannst Du überhaupt fahren bei Deinem Zustand?“ Sie waren beim Red-Fury-Racer angekommen und Fireball betätigte bereits den Cockpit-Mechanismus. Mit einem leisen hydraulischen Zischen schwang das Verdeck nach oben und gab seine Satteleinheit frei: „Keine Sorge, ich schalte auf Autopilot, wenn es Dich beruhigt!“ müde nahm er auf dem Sitz Platz und drückte einige Knöpfe an der blinkenden Steuerkonsole. Genauso leise, wie es aufgesprungen war, schloss sich der Red-Fury wieder. Im nächsten Augenblick wurden die Treibwerke gezündet, und Fireball schoss an Colt vorbei hinaus in die dunkle Nacht: „Pass bloß auf Dich auf!“ murmelte er noch, bevor er sich mit gemischten Gefühlen zurück auf die Party begab. Was war nur zwischen den beiden vorgefallen? Er hatte es so schön eingefädelt, dass sie sich in Ruhe aussprechen konnten, und das Ergebnis davon war, dass April anscheinend endgültig kein Wort mehr mit Fireball reden wollte, und sein Freund bereits mit seinem Leben abgeschlossen zu haben schien. Er musste sich noch einmal mit April unterhalten, so konnte es mit den beiden nicht weitergehen. Aber es war bestimmt unklug, dass noch am selben Abend versuchen zu wollen, denn April war viel zu aufgewühlt, als dass sie noch einen klaren Gedanken hätte fassen können, und Fireball musste erst einmal wieder ganz zu sich kommen. Denn auch wenn der Adrenalinschub seinen Verstand wieder aktiviert hatte, so befand sich in seinem Blut doch noch immer eine enorm große Menge Alkohol, die er verarbeiten musste. Da konnte man nur beten, dass er auch heile zu Hause ankommen würde, um das tun zu können. „Colt“, am Eingang der Scheune wurde er von einer schüchternen und leicht verängstigten Mandarin abgefangen, „wo ist er hin?“ Colt überlegte, ob er sie nicht einfach ignorieren sollte, denn wenn sie Fireball jetzt folgte, dann war das mit Sicherheit die absolute Besiegelung von seinen und Aprils Zukunftsaussichten: „Warum sollte ich Die das sagen? Immerhin bist Du doch Schuld an dem ganzen Schlamassel!“ dieser Vorwurf war hart, doch anscheinend wollte Mandarin keinen Einspruch dagegen erheben: „Bitte, Colt...“ Er sah in ihre flehenden Augen, und irgendwie berührten sie sein Herz: „Er wollte zum Raumhafen, keine Ahnung, warum!“ „Danke!“ und schon war der kleine Captain davon gehuscht, ohne Colt noch eines Blickes zu würdigen. Eine gewaltige Explosion, gefolgt von einem Beben, das die Erde für mehrere Sekunden lang erschütterte, brachte die ausgelassene Feier abrupt zum Stillstand. Gläser fielen klirrend zu Boden und zersprangen in tausend Scherben, weibliche Gäste begannen erschrocken und hysterisch zu schreien und die Musik endete so plötzlich, als hätte man den Tonarm von Plattenspieler genommen. April hatte sich überrascht an Davids Arm geklammert, als das Beben eingesetzt hatte, und wollte diesen anscheinend auch nicht so schnell wieder loslassen, aus Angst vor einem erneuten Erdstoß: „Was zur Hölle war das?“ wandte sie sich entgeistert an Colt, der seine Robin schützend an sich gezogen hatte und gebannt zur Decke starrte, so als erwarte er, dass diese jede Sekunde einstürzen würde: „Ich habe keine Ahnung, Süße, so was habe ich seit unserem letzten Kampf mit den Outridern nicht mehr erlebt!“ Nervöses Stimmengewirr erfüllte den ganzen Saal und überall rannten Leute hin und her, auf der Suche nach Erklärungen. „Meinst Du etwa...“ April starrte den Cowboy fassungslos an, doch dieser winkte sofort ab: „Nein, nein, keine Sorge April. Wir haben sie ein für alle mal in ihre eigene Dimension zurück katapultiert. Aber was sonst kann das gewesen sein?“ Robin schmiegte sich ängstlich an seine Brust: „Colt...“ „Schon gut, Robin“, er fuhr ihr zärtlich über den Rücken, „wir werden sicherlich bald erfahren, was los ist.“ Und damit sollte der Cowboy recht behalten, denn schon wenige Minuten später stieß Saber Rider mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck zu ihnen: „Da seid Ihr ja. Ich habe eben Deinen Vater über Comline gehabt, April...“ „Was ist passiert? Ein Angriff?“ April ließ von David ab und fiel automatisch zurück in ihre sachliche Rolle als Star Sheriff. Robin bewunderte das an ihr. Sie selbst wünschte sich, auch so mutig sein zu können, doch stattdessen schlotterte sie am ganzen Leib. „Nein, es gab eine Explosion am Raumhafen, die Ursache ist aber noch unklar!“ „Am Raumhafen...“ Colt wurde schlagartig kreidebleich, denn ihm fielen Fireballs Worte wieder ein: ‚Zum Raumhafen fahren‘, „mein Gott!“ „Was ist los, Colt? Du siehst aus, als hättest Du ein Gespenst gesehen!“ Saber musterte seinen Teamkollegen eindringlich. „Fireball...“ stotterte Colt benommen, „er ist dorthin gefahren...zum Raumhafen meine ich!“ betroffen sah er zu April hinüber, der schlagartig das Blut in den Adern gefror. „Nein...“ wisperte sie leise und musste sich an Saber abstützen, weil der Schock sie sonst aus dem Gleichgewicht geworfen hätte, „wann ist er dorthin gefahren, Colt?“ ihre Stimme zitterte und war kaum mehr als ein Flüstern. „Hey, Baby, der Raumhafen ist riesig. Und wahrscheinlich ist er schon längst nicht mehr dort!“ versuchte Colt sie sofort zu trösten, denn er wusste, was im Moment in ihrem Kopf vor sich ging. „Und selbst wenn er zum Zeitpunkt der Explosion noch dort gewesen ist“, startete auch Saber einen Versuch, den Moment der Panik, den April durchlebte, nicht eskalieren zu lassen, „die Wahrscheinlichkeit, dass er sich gerade in der Halle aufgehalten hat, in der sie das Outrider-Schiff deponiert haben, ist doch ziemlich gering!“ April hatte ein Gefühl, als ob man ihr die Kehle zuschnürte. Vergeblich versuchte sie, Luft in ihre Lungen zu saugen und krallte sich japsend an Sabers Arm fest. „Mein Gott, April“, Saber reagierte sofort und griff ihr unter die Arme, weil sie sonst wahrscheinlich einfach zusammen gebrochen wäre, „was ist mit Dir?“ April zitterte. Eine Gänsehaut nach der anderen lief über ihren ganzen Körper und sie hatte das Gefühl, innerlich erfrieren zu müssen: „Er hat gesagt, er arbeitet an dem Outrider-Schiff!“ sie starrte mit leerem Blick vor sich hin, so als ob sie die anderen gar nicht mehr wahrnahm. Robin kniete sich neben sie und legte ihre Hände auf die ihren: „Wer hat das gesagt, April?“ Die anderen blickten erwartungsvoll auf die beiden Frauen hinunter. „Fireball...“ murmelte April immer noch wie in Trance, „er ist auch heute Nachmittag mit... mit Mandarin dort gewesen...oh mein Gott“, mit Tränen in den Augen sprang sie auf mit einem Mal wieder völlig klar im Kopf, „wenn er wirklich noch dort gewesen ist, dann in dieser Halle! Wir müssen sofort dorthin!“ „April“, Saber legte ihr eine Hand auf die Schulter, „beruhige Dich, Fireball ist bestimmt nicht dort gewesen, ihm geht es sicher gut!“ April wischte die Hand beiseite und schaute ihrem Boss finster in die Augen: „Verstehst Du denn nicht, was ich sage! Er war heute den ganzen Tag schon dort!“ „Aber weshalb?“ Colt konnte ihren Ausführungen nicht so ganz folgen. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf, wollte denn hier keiner verstehen, dass es hier wahrscheinlich um Leben und Tod ging? „Ich weiß nicht, weshalb. Er hat vorhin versucht, es mir zu erklären, aber ich habe ihm nicht zugehört. Kapiert Ihr denn nicht, er ist bestimmt wieder zum Raumhafen gefahren, um weiter an dem Raumschiff zu arbeiten...“ Erst jetzt wurde allen Anwesenden die Bedeutung von Aprils Worten bewusst. Saber zögerte keine Sekunde mehr: „Ich organisiere sofort einen Transporter, der uns zur Unglücksstelle fährt!“ Robin schloss April fest in die Arme und drückte ihr einen Kuss auf die Wange: „Er war nicht mehr dort, April, es geht ihm bestimmt gut!“ dankend erwiderte April die Umarmung, doch insgeheim war sie davon überzeugt, bei ihrer Ankunft auf dem Flugfeld nur noch die verbrannten Überreste von Fireball vorzufinden. „Der Wagen erwartet uns am Eingang. Kommt schon!“ Saber gab der kleinen Gruppe ein Zeichen und schon setzten sie sich schleunigst in Bewegung. Auf der Fahrt zum Flugfeld sprach keiner von ihnen ein Wort. Saber hatte sich vorne zu dem Soldaten gesetzt, der den Wagen manövrierte, um mehr Informationen über den Vorfall herauszubekommen. Doch die Fahrerkabine war durch eine Glasscheibe vom Rest des Wagens getrennt, so dass hinten nur das Dröhnen des Motors zu hören war. April saß am Fenster und drückte ihre Stirn gegen die kühlende Fensterscheibe. Was, wenn Fireball wirklich dort gewesen war? Er durfte einfach nicht tot sein, sie hatte ihm doch noch so vieles zu sagen. Wie sollte sie ohne ihn weiterleben können, ohne ihm je ihre Liebe gestanden zu haben? Ihre Augen brannten wie Feuer, aber sie versuchte, sich aus Rücksicht gegenüber den anderen unter Kontrolle zu halten. Die Spannung war schon schlimm genug für alle. Robin hielt während der ganzen Fahrt über fest ihre Hand, was sie ein wenig beruhigte, doch es konnte nicht dieses schreckliche Bild vor ihren Augen vertreiben. Fireball, wie er reglos auf dem Boden lag und von einem Sanitäter mit einem weißen Laken zugedeckt wurde. Nein, das durfte nicht sein. April war bereit, ihm alles zu vergeben, was er ihr angetan hatte, wenn ihm nur nichts passiert war. Was war schon eine kleine Affäre im Vergleich zu einem ganzen Leben... Je näher sie der Unfallstelle kamen, desto heller wurde es um sie herum. Feuerwehrwagen rasten mit lautem Sirenengeheul an ihnen vorbei, genauso wie ein Krankenwagen mit Blaulicht. Und als sie um die Ecke eines der größeren Hangars bogen, konnten sie das ganze Ausmaß der Katastrophe sehen: die ganze Halle stand lichterloh in Flammen. Die roten Feuerzungen bohrten sich haushoch in den klaren Nachthimmel, so als wollten sie sich über die zwecklosen Bemühungen der vielen Feuerwehrleute lustig machen, die zu Dutzenden versuchten, dem Inferno Herr zu werden. Als die Star Sheriffs in sicherer Entfernung zum aus ihrem Gefährt stiegen, schlug ihnen ein unerträglich Hitze entgegen, die ihnen die feinen Härchen auf den Armen versengten. Um sie herum war das laute und verzweifelte Schreien der Feuerwehrmänner zu hören, die immer wieder neue Angriffspunkte versuchten, um die Flammen einzudämmen, aber das schien sinnlos zu sein. April starrte entsetzt in das gewaltige Feuermeer, das sich, genährt durch den kühlen Abendwind, immer noch weiter ausbreitete. „Was haben Sie hier zu suchen, verdammt. Bringen Sie sofort die Zivilisten hier weg!“ eine große Gestalt in einem Schutzanzug trat auf die Gruppe zu und brüllte auf den armen Fahrer ein, der überhaupt nicht recht wusste, wie ihm geschah. „Entschuldigen Sie, Sir, wir sind von den Star Sheriffs, und Commander Eagle hat uns beauftragt, uns die Sache anzusehen! Sind sie hier der leitende Kommandant?“ Saber streckte ihm diplomatisch die Hand entgegen und machte eine Miene, die besagte, dass er keinerlei Widerspruch duldete. Und tatsächlich schien sein Gegenüber seine Meinung zu ändern. Er nahm kurz Haltung an und ergriff dann Sabers Hand: „Colonel Deering, oberster Einsatzleiter. Entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht erkannt habe“, brülle er, um den Lärm zu übertönen, „aber sie sehen ja selbst, dass hier die absolute Hölle los ist!“ Gerade, als Deering sich wieder zurück auf seinen Posten machen wollte, nahm April allen noch vorhandenen Mut zusammen: „Colonel“, rief sie so sachlich wie möglich, „waren Personen in der Halle... als es passierte?“ Der Colonel blieb stehen und schwieg für einige Sekunden, um dann mit leidvoller Miene zu sagen: „Eine der Wachen hat beobachtet, dass kurz vor der Explosion noch jemand in dieser Halle gearbeitet hat, aber...“ „Wer war diese Person? Was ist mit ihr geschehen?“ die Beherrschung war aus Aprils Stimme verschwunden. „Es tut mir leid, Miss“, der Mann senkte betreten den Kopf, „bis jetzt konnten wir noch nicht in die Halle vordringen, das Feuer ist einfach zu dicht!“ „Aber“, April riss in Panik an seinem Anzug, „Sie müssen doch etwas tun. Wenn dort noch jemand drin ist, können Sie ihn doch nicht einfach so sterben lassen!“ Tränen liefen ihre Wangen hinunter und trockneten aufgrund der großen Hitze, noch bevor sie zu Boden fallen konnten. „Verdammt, Lady, wir tun hier, was wir können“, schrie Deering April an, ohne auf Ihren emotionalen Ausbruch zu achten, „aber Sie können nicht von mir verlangen, dass ich meine Männer auf ein Himmelfahrtskommando schicke, nur weil vielleicht noch jemand dort drin ist. Und jetzt lassen Sie mich gefälligst meine Arbeit tun!“ damit riss er sich von April los und brüllte noch im Umdrehen die nächsten Befehle für seine Männer. „Saber, Colt, wir müsse etwas unternehmen“, rief April völlig aufgelöst, „Fireball ist noch da drinnen!“ verzweifelt warf sie sich an Colts Brust, weil sie wusste, dass sie dieser Belastung nicht mehr lange standhalten konnte. „Wir können nichts tun, April!“ flüsterte Saber kaum hörbar, was April zur Weißglut brachte: „Wie bitte, Du willst ihn einfach da drinnen sterben lassen und seelenruhig dabei zusehen?“ „April, Du hast doch gehört, was der Colonel gesagt hat“, bemühte sich nun auch Colt, die Fassung zu bewahren, „sie tun alles Menschenmögliche, aber sie können nicht in die Halle gehen, solange sie das Feuer nicht unter Kontrolle haben!“ „Ihr verdammten Feiglinge“, schrie April hysterisch und trommelte mit geballten Fäusten gegen Colts Brustkorb, „Ihr wollt ihn einfach da drinnen verrecken lassen!“ „Verdammt, April, nicht einmal unsere Raumanzüge wären in der Lage, dieser Hitze standzuhalten. Was sollen wir denn Deiner Meinung nach tun?“ brüllte nun auch Saber fassungslos. Die ganze Situation schien ihm aus den Händen zu gleiten, und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Er wurde zum ersten Mal bis an seine Grenzen als Anführer getrieben. „Ich weiß es nicht“, noch immer trommelten Aprils Fäuste auf den armen Cowboy ein, „aber ich werde nicht tatenlos zusehen...“ Ein heißer Schmerz, der mit einer gewaltigen Wucht ihren Kopf durchzuckte, wurde April aus ihrer Hysterie gerissen: „Komm endlich zu Dir“, schrie Colt sie an, „willst Du da reinlaufen und bei lebendigem Leibe verbrennen? Verdammt, uns fällt es genauso schwer, hier untätig rum zustehen, aber was anderes können wir nun mal nicht tun!“ April befingerte die anschwellenden Striemen auf ihrer Wange, wo Colts Ohrfeige sie getroffen hatte und sah den Cowboy durch einen Tränenschleier an. Sein Gesicht glühte durch die Hitze des nahen Feuers, doch in seinen Augen stand die blanke Angst um ihren gemeinsamen Freund. Schluchzend warf sie sich an seinen Hals: „Oh, Colt... er darf nicht sterben...“ „Ich weiß, Süße“, antwortete Colt mit gebrochener Stimme und drückte April ganz fest an sich. Er vergrub sein Gesicht in ihren Haaren, damit niemand sehen konnte, dass auch er die Tränen der Verzweiflung nicht mehr länger verbergen konnte. Robin stand daneben und war zwischen ihren Gefühlen hin- und her gerissen. Natürlich machte sie sich auch schrecklich Sorgen um Fireball, doch sie konnte diese Sorge nicht mit den anderen teilen. Sie war kein Star Sheriff. Sie verstand nicht die enge Bindung, die sich während ihrer zahllosen Abenteuer zwischen den Freunden aufgebaut hatte. Sie konnte bloß zusehen, wie April und Colt versuchten, beieinander Trost zu finden. Für April war es ein beruhigendes Gefühl, sich bei ihrem Freund ausweinen zu können, deshalb blieb sie auch noch eine ganze Weile so stehen, bis das Motorengeräusch eines neu ankommenden Fahrzeugs ihre Aufmerksamkeit erregte. Sie hob die Augen und versuchte, den Verursacher des Geräusches irgendwo auszumachen, doch sie konnte nichts erkennen. Die gleißenden Flammen und die heiß flimmernde Luft zwangen sie dazu, ihre Augen eng zusammenzukneifen, um die beißenden Schmerzen ertragen zu können. Das Fahrzeug musste auf der anderen Seite der Halle gehalten haben! Als sie sich wieder Colt zuwandte, der noch immer mit seinen Tränen beschäftigt war, dachte sie, aus dem Augenwinkel eine Bewegung aufgeschnappt zu haben. Sie drehte erneut den Kopf und kniff die Augen dieses Mal noch fester zusammen, um ein schärferes Bild zu bekommen. Angestrengt sah sie zu der Stelle hinüber, an der sie meinte, eine Person ausgemacht zu haben. Das Flimmern der Luft verzerrte ihre Sicht, aber sie hatte sich nicht geirrt. Jemand war um die Ecke der brennenden Halle gerannt gekommen und stand nun in einiger Entfernung von ihnen und starrte ebenso gebannt ins Feuer. Es musste sich um einen Mann handeln, jedenfalls nach der Körpergröße zu urteilen; ein dunkelhaariger Mann in einem rot-weißen Outfit. „Fireball...“ flüsterte April gebannt und schob sich langsam, ja beinahe benommen von Colt weg. Wie magnetisiert sah sie zu der Person hinüber: „Fireball...“ Die anderen wandten ihre Blicke ebenfalls verwundert in die Richtung, die April ihnen vorgab, doch sie konnten weder Fireball, noch irgendetwas sonst erkennen. Dort stand eine Person, die anscheinend nicht zum Feuerwehrpersonal gehörte, aber Saber begann ernsthaft an Aprils Verstand zu zweifeln, als sie plötzlich auf diese Person zurannte, und den Namen ihres Teamkollegen schrie. Auf diese Entfernung und bei den schlechten Bedingungen war es unmöglich zu sagen, wer diese Person war: „April, komm zurück...“ rief er ihr deshalb hinterher, um sie vor einer weiteren Enttäuschung zu bewahren, aber das nahm sie nicht wahr. Ihr Herz klopfte bis zum Hals und ihr Puls raste so schnell, dass es bereits wehtat. Warum nur konnten ihre Füße sie nicht schneller tragen, die Strecke zwischen ihr und der Person schien anstatt kleiner immer nur noch größer zu werden. „Fireball!“ rief sie erneut mit erstickter Stimme, und dieses Mal reagierte die Gestalt auch auf ihr Rufen. Ruckartig drehte sie den Kopf und schirmte die Augen gegen die Hitze und die Helligkeit ab. Mit einem Mal setzte sie sich dann in Bewegung und kam auf sie zu gerannt: „Aaaaprilll!“ April konnte nicht mehr sagen, wie sie die letzten Meter überwunden hatte, sie konnte sich nur noch an dieses überwältigende Gefühl erinnern, als Fireball sie fest in seine Arme schloss. „Fireball, oh Gott, Fireball, ich dachte Du... Du wärst...“ ihre Stimme versagte, aber das war nun nicht mehr so wichtig. Fireball lebte. Er war hier bei ihr und hatte seine Arme um sie gelegt. Sie spürte seine Körperwärme, seinen Atem und genoss das beruhigende Gefühl, wie sich sein Brustkasten hob und senkte. „April...“ flüsterte er glücklich, während er seine Hände in ihren Haaren vergrub, „kleine April!“ Das war alles, was er sagen konnte. Er genoss dieses schöne Gefühl, April endlich in die Arme schließen zu können, ihren Duft einzuatmen und ihre zarte Haut zu spüren, nachdem er schon fast befürchtet hatte, dieser Traum würde niemals in Erfüllung gehen. Er wusste ja nichts von ihren Sorgen und Ängsten. Die Explosion hatte ihn in seinem Apartment genauso überrascht, wie alle anderen, und um herauszufinden, was passiert war, hatte er sich so schnell wie möglich auf den Weg gemacht; dass er dabei als erstes April über den Weg laufen würde, hätte er nie für möglich gehalten. Das hastige Trampeln von Füßen riss ihn aus seinen Gedanken. „Mensch Fireball“, als er aufblickte, schaute er direkt in das strahlende Gesicht von Colt, der nicht erst wartete, bis er sich von April getrennt hatte, sondern gleich beide auf einmal umarmte, „mach so einen Scheiß nie wieder, hörst Du! Du hast uns echt einen gewaltigen Schreck eingejagt!“ Auch Robin und Saber umarmten den verloren geglaubten Freund überschwänglich, obwohl Fireball noch immer nicht ganz verstand, weshalb ihm plötzlich diese Ehre zuteil wurde. Nur David stand etwas abseits daneben und beobachtete das Schauspiel. Natürlich freute er sich, dass der Star Sheriff unverletzt war, doch es passte ihm nicht, dass dieser nach seinem schändlichen Verhalten auf der Feier auf einmal so schnell davon kommen sollte. „Wie zum Geier seid Ihr auf die Idee gekommen, ich würde hier sein?“ Fireball lauschte etwas verwirrt den Schilderungen seiner Freunde, als sie ihm von der wahnwitzigen Rettungsaktion erzählten. Er hatte einen Arm um April gelegt, die sich noch immer fest an ihn schmiegte. „Wie zum Geier bist Du denn auf die Idee gekommen, mir zu erzählen, Du würdest hier her fahren, hombre!“ Colt verschränkte entrüstet die Arme vor der Brust. Das war ja wohl das letzte; erst machte man sich seinetwegen die größten Sorgen, und alles, was man von Fireball als Dankeschön erhielt, war ein "Wie zum Geier". Der Rennfahrer verzog leicht verlegen das Gesicht: „Okay, eins zu null für Dich. Aber warum in Dreiteufelsnamen habt ihr nicht versucht, mich über Comline zu kriegen?“ Betreten blickten sich die Star Sheriffs einen Moment an, um dann laut loszulachen: „Wäre ja zu einfach gewesen...“ grinste Saber, der froh war, die Situation wieder voll im Griff zu haben. Sie redeten noch eine Zeit lang so, als hätten sie das brennende Inferno um sich herum völlig vergessen, bis ein lauter Schrei ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Katastrophe richtete: „Sanitäter, schnell, ein Trage, wir haben hier eine Verwundete!“ Geschockt verfolgten die Star Sheriffs, was nun geschah. Sie hatten so fest damit gerechnet, dass Fireball derjenige gewesen war, der sich vor der Explosion in der Halle aufgehalten hatte, dass sie die Möglichkeit, noch eine andere Person hätte im Feuer eingeschlossen sein können, ganz außer acht gelassen hatte. Für sie war die Welt in dem Moment wieder in Ordnung gewesen, als April Fireball entdeckt hatte. Nun waren sie zutiefst beschämt über das sorglose Verhalten, das sie an den Tag gelegt hatten, während ein anderer Mensch in unmittelbarer Nähe mit dem Tod gekämpft hatte. Einer der Feuerwehrmänner trug eine leblose Frauengestalt aus den brennenden Trümmern des Hangars ins Freie, wo sich sofort ein Spezialistenteam von Ärzten um sie kümmerte. Ihre Sachen waren entweder verbrannt oder vom Rauch geschwärzt, und ihre Haare waren beinahe bis auf die Kopfhaut angesengt, doch man konnte noch immer einen kleinen orangefarbenen Schimmer erkennen. Fireball schluckte: „Nein!“ mit einem Mal war das Leben aus seinem Gesicht gewichen und eine schreckliche Welle von Erkenntnis stürzte über ihm zusammen. Ohne Vorwarnung rannte er los, genau auf das Feuer und die Sanitäter zu. „Fireball, bleib hier, das ist zu gefährlich!“ er beachtete Aprils Rufen nicht, genauso wenig wie die Schreie der Männer, die versuchten, ihn vom Feuerherd wegzulotsen. Hände griffen nach ihm, doch Fireball schüttelte sie alle ab, getrieben von blankem Entsetzen und einer fürchterlichen Ahnung. Er verlangsamte seinen Schritt erst wieder, als er nur noch wenige Meter von der Trage entfernt war, auf die man die Frau gelegt hatte. Sein Herzschlag setzte für den Bruchteil einer Sekunde aus. Sie hatte schwere Verbrennungen an Armen, Beinen und auch im Gesicht; trotzdem erkannte Fireball sofort, dass er sich mit seiner ersten Ahnung nicht getäuscht hatte. Mit einem markerschütternden Schrei fiel er neben der Bahre auf die Knie: „Mandarin...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)