紅 von abgemeldet (Vampire in Tokyo ^^) ================================================================================ Kapitel 1: Rain... ------------------ Band/Serie: Gravitation, Glay, Luna Sea, Malice Mizer, X Japan Pairings: Teru x Hisa, Shuichi x Yuki, Taiji x Tetsu... weitere folgen eventuell noch ^^ Warnung: Bishounen-Ai, Darkfic, Deathfic, Humor, Lime, Violence, Romance/Drama, Mystery, Lemon(?) Kommentar: Muha... nach einigen Überlegungen und mehreren Planungsänderungen habe ich mich nun doch noch entschließen können, meine Vampir-Story *nicht* komplett umzuschreiben, sondern sie als FanFic zu belassen, wieder zu veröffentlichen und fortzuführen. Auf diese Weise habe ich wesentlich weniger Aufwand. Außerdem wäre es ohnehin viel zu kompliziert, alles zu ändern... Einfach nur die Namen zu ändern, wie ich mir das eigentlich gedacht hatte, hätte nicht gereicht... >_< Nun ja... unabhängig davon, was ich mir in der letzten Zeit in meinem kranken Hirn so zurechtgelegt habe, steht es nun fest... ^^ Zum Glück... >_< So komme ich jetzt vielleicht *endlich* mal mit dem Plot weiter, nachdem die Story gut ein halbes Jahr auf Eis lag... >_< Widmung: Fragt mich jetzt bitte nicht, wem ich die Story ursprünglich gewidmet habe... ich weiß es nämlich nicht mehr... Sicher hätte ich eine Möglichkeit, das herauszufinden, aber ich habe keinen blassen Schimmer, wo die Ursprungsdatei (also meine erste Fassung hiervon) vergraben ist... >_< Also werde ich sie jetzt Sugizo und hide widmen... außerdem Teru. Und natürlich noch koei, na-chan und Hisa, die hauptsächlich dafür verantwortlich sind, dass ich überhaupt noch schreibe... ^^ (in erster Linie koei... sie zwingt mich förmlich zum Schreiben ^^) Kapitel 1: Rain... Es war ein grauer und regnerischer Tag. Das war nicht ungewöhnlich, schließlich war es schon Mitte Herbst... und da regnete es in Japan des öfteren schon mal. Nur die wenigsten waren glücklich darüber, aber im Grunde beschwerte sich niemand ernsthaft. Solange kein Taifun aufkam - was in dieser Jahreszeit nicht mehr so wahrscheinlich war - oder die Erde bebte, konnte man mit dem bisschen Regen zurechtkommen. Ryuichi seufzte. Schon seit einer Stunde saß er am Fenster, sah hinaus und wartete darauf, dass es aufhörte zu regnen. Er mochte dieses düstere Wetter nicht, es machte ihn immer so melancholisch. Und dafür war er eigentlich nicht der Typ. Wieso konnte nicht einfach die Sonne scheinen? Das war doch viel schöner! "Wie schön wäre es, wenn die Sonne endlich wieder scheinen würde, dann könnten wir draußen spielen gehen...", meinte er deprimiert zu seinem Stoffhasen, der auf seinem Schoß saß. Er schloss die Augen und summte leise eine Melodie vor sich hin. Er ging ganz darin auf. Schließlich begann er laut vor sich her zu singen. "Ima mo todokanu hikari no yukue azayaka ni mau omoi wo egakou..." Ruckartig stand er auf, ihm war etwas eingefallen: Shuichi war doch gerade im Studio! Ryuichi würde hingehen und den jungen Sänger fragen, ob er nicht Lust hatte, etwas mit ihm zu unternehmen! Er lächelte versonnen. Das war doch die Idee! Er mochte den Kleinen sehr gern. Und es machte ihm immer großen Spaß, etwas mit ihm zu unternehmen. Der Junge war immer so lustig, mit ihm wurde es nie langweilig. Ryuichi zog seinen Regenmantel und seine Stiefel an, schnappte sich Kumagorou - dem ebenfalls so gut es ging Regenzeug angezogen wurde, der rosafarbene Hase sollte bei dem Wetter ja schließlich nicht krank werden - und seinen Regenschirm, dann verließ er die Wohnung. Fröhlich lächelnd machte er sich auf den Weg zu ihrer gemeinsamen Plattenfirma. So sehr ihn das Wetter vorhin noch bedrückt hatte, so gut war seine Laune jetzt. Shuichi hatte bestimmt Lust, etwas mit ihm zu unternehmen. Blieb nur noch zu hoffen, dass er auch Zeit hatte. Aber selbst wenn er im Studio noch zu tun hatte, könnte Ryuichi ihm ja helfen, oder wenigstens so lange auf ihn warten. Das war allemal interessanter als zu Hause zu sitzen. Und hinterher könnten sie gemeinsam irgendwo hingehen. Er grinste breit, als er das große Gebäude der Plattenfirma schließlich betrat. Auf dem Flur begegnete er Tohma. "Ah, Ryuichi-san... Was führt dich denn hierher? Du hast doch noch Urlaub!", grüßte dieser ihn, als er auf dem Weg zum Aufnahmeraum war, wo sich Shuichi gerade aufhielt - zumindest ging Ryuichi davon aus. Der Junge konnte auch genauso gut in der Cafeteria sein. Oder sonstwo. "Wir wollen Shuichi suchen, vielleicht unternimmt er ja etwas mit Kumagorou und Ryuichi. Uns ist langweilig", antwortete der Sänger und hielt dabei seinen rosafarbenen Stoffhasen hoch, der zustimmend nickte. Der Keyboarder von Nittle Grasper, der zudem auch Produzent und Chef dieser Plattenfirma war, zog eine Augenbraue hoch. Er konnte sich gut vorstellen, dass der Sänger den Jungen nicht nur aus purer Langeweile sehen wollte... Abgesehen davon war Shindou im Moment gar nicht im Gebäude. "Shindou-san ist nicht da", meinte Seguchi knapp. "Eh? Nicht? Wo ist er denn?", fragte Ryuichi erstaunt. Er konnte nicht verstehen, warum der Junge entgegen seiner festen Überzeugung nicht hier war. Tohma konnte nur mit Mühe einen Seufzer unterdrücken. "Er ist bei einem Interview. Und danach hat er noch ein Photoshooting. Ich weiß weder wie lange es dauern wird, noch ob er danach hierher kommt. Ich gehe aber eher davon aus, dass er im Anschluss nach Hause gehen wird...", entgegnete der blonde Mann achselzuckend. Bei dem Gedanken daran, dass Shindou den Abend mit Eiri verbringen würde, verfinsterte sich sein Gesicht. Er konnte zwar verstehen, warum alle den Jungen mochten - er hatte im Grunde selbst nichts gegen ihn persönlich - aber er war trotz allem nicht damit einverstanden, dass der junge Sänger mit seinem Schwager zusammen war. Ryuichi seufzte. "Siehst du, Kuma-chan... Shu-chan ist gar nicht da... Wir müssen uns halt was anderes überlegen", sagte er traurig. Dann verabschiedete er sich von Tohma und ging. Seguchi sah ihm noch eine Weile nach, bevor er sich umdrehte und zu seinem Büro ging, wo er bereits erwartet wurde. Der blonde Schönling, der sehr feminin wirkte und daher auch oft für eine Frau gehalten wurde, hatte niemanden dorthin bestellt und erwartete auch niemanden, deswegen rechnete er nicht damit, dass sich jemand in seinem Büro aufhalten könnte. "Guten Abend, Seguchi-san", wurde er von einer rauchigen Stimme begrüßt, die er weder kannte noch zuordnen konnte. Vor Schreck blieb ihm fast das Herz stehen. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, um sich zu sammeln, und wandte sich dann zu seinem ungebetenen Besuch um. "Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?", fragte er höflich. Als er die Person ansah, die neben seinem Schreibtisch stand, konnte er immer noch nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Der Statur nach würde er eher sagen, dass es ein Mann war, aber sein Gesicht war das einer Frau - hübsch, geschminkt... weiblich eben. Und die Kleidung war ebenfalls die einer Frau. "Das können Sie bestimmt", erwiderte die Person. "Oder um es präziser zu sagen: Ich könnte Ihnen behilflich sein." "Und wobei?" Tohma war argwöhnisch. Er war nicht sicher, was er jetzt davon halten sollte. Vielleicht wäre es besser, wenn er das Sicherheitspersonal rief und diesen Menschen entfernen ließ. "Wenn ich mich nicht irre, dann ist Ihnen ein gewisser... Shindou Shuichi... wie soll ich sagen... ein Dorn im Auge. Ich könnte dafür sorgen, dass sich das ändert." Seguchi blinzelte überrascht. Wie konnte dieser Mensch davon wissen? Er hatte doch mit niemandem außer seiner Frau und seinem Schwager darüber gesprochen! Hatte K ihn mal wieder belauscht? "Wer sagt denn, dass ich ein Problem mit ihm habe?" "Mit ihm vielleicht nicht, aber mit seiner Beziehung zu Ihrem Schwager... Ihnen wäre sicherlihc wohler, wenn er sich Yuki Eiri nie wieder nähern würde. Das ist es doch, was Sie wollen. Oder etwa nicht?" "Wie soll ich das verstehen?" "So wie ich es sage. Ich werde dafür Sorge tragen, dass er Ihrem Schwager nie wieder zu nahe tritt." Tohma fand die Vorstellung, dass Shindou aus Eiri's Leben verschwinden würde, äußerst verlockend. Seine Augen blitzten auf. "Und wie... wollen Sie das anstellen?" "Das brauchen Sie nicht zu wissen." "Und warum nicht? Warum kommen Sie damit ausgerechnet zu mir? Was haben Sie davon?" Die Sache hatte ganz sicher einen Haken. "Ich weiß, Sie werden mir dankbar sein." Die Person trat näher zu ihm heran. "Ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen, bei dem Sie ganz gewiss nicht im Nachteil sein werden..." Stumm und mit einem Gesicht, das nicht die geringste Regung verriet, beobachtete er das große Gebäude der bekanntesten Plattenfirma der Stadt. Trotz des stetigen Regens hatte er weder einen Schirm noch eine Jacke bei sich. Die nassen Haare und Kleidung, die ihm an Kopf und Körper klebten, schienen ihn nicht im Geringsten zu stören. Es schien sogar, als würde er dies alles gar nicht wahrnehmen. Seine Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem Ein- und Ausgang des Gebäudes. Alles andere war für ihn irrelevant. Er musste sich keine Gedanken um eine Erkältung oder ähnliches machen, schließlich wurde er nicht krank. Er konnte nicht krank werden. Zwar fror er ein wenig, aber das konnte er getrost ignorieren. Früher hätte ihn so etwas gestört, aber mit der Zeit hatte er gelernt, solche Dinge gar nicht erst zu beachten. Kleinigkeiten, die es nicht wert waren, ihnen zu große Beachtung zu schenken. Reine Zeitverschwendung. Schon seit über einer Stunde wartete er hier. Seit er zufällig beobachtet hatte, wie Mana dieses Hochhaus betreten hatte. Und bisher hatte er es auch nicht wieder verlassen. In der Zwischenzeit waren viele Menschen hinein und auch hinaus gegangen. Nur Mana nicht. Was machte er so lange da drin? Und vor allem: Wieso war er überhaupt dort? Er wusste nur, dass er bei der Sache ein ungutes Gefühl hatte. Mana hatte sicher irgendetwas vor. Aber was, konnte er sich nicht erklären. Jedenfalls noch nicht. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, würde er schon noch erfahren, was er wissen musste. Er musste nur die nötige Geduld haben. Unsicher war nur, ob er es sich leisten konnte zu warten. Seit er hier war hatte er immer wieder versucht, Mana irgendwo im Gebäude aufzuspüren. Doch der hatte sich gut getarnt und seine Spuren verwischt, so dass selbst er mit seinen Fähigkeiten und seiner Erfahrung ihn nirgendwo ausmachen konnte. Anscheinend sollte niemand wissen, dass er hier war und was er vorhatte. Zumindest niemand, den er nicht selbst eingeweiht hatte. Sehr verdächtig. Was zum Teufel hatte er nur vor? Während er konzentriert den Ein- und Ausgang beobachtete, stach ihm ein Mensch ins Auge, der das Gebäude der Plattenfirma betrat. Er wusste nicht, warum ihm gerade dieser Mensch auffiel, aber es würde schon seine Gründe haben. Der Mann war nicht übermäßig groß und hatte dunkelgrüne Haare. Mit Ausnahme des rosafarbenen Plüschtieres, das er mit sich herumtrug, war nichts wirklich Auffälliges an ihm. Gut, die Farbwahl seiner Kleidung war auch nicht gerade das, was man in einem Büro tragen würde, aber wahrscheinlich war er Musiker. Und da war es im Grunde völlig gleichgültig, was er trug. Er könnte es sich sicher auch durchaus erlauben, Dinge anzuziehen, mit denen herumzulaufen sich jeder andere Mensch schämen würde. Aber das sollte nicht sein Problem sein. Jeder sollte das anziehen, wozu er gerade Lust hatte. Die Geschmäcker waren halt verschieden. Nach kurzer Zeit verließ der grünhaarige Mann das Hochhaus wieder, mit weitaus weniger Elan als er es zuvor betreten hatte. Möglicherweise ein unerfreuliches Gespräch. Doch das kümmerte ihn im Moment nicht weiter. Was ihm zunehmend Sorgen bereitete war, dass Mana noch immer nicht herausgekommen war. Was um alles in der Welt konnte so viel Zeit in Anspruch nehmen? Nachdem er zwei Stunden gewartet hatte, verzog er das Gesicht. Das Ganze gefiel ihm überhaupt nicht. Es musste etwas sehr Wichtiges sein, weswegen Mana hier war. Ansonsten würde er sich nicht die Mühe machen, sich vor seinen Artgenossen zu verstecken. Er sollte heimkehren. Wenn man ihn hier entdeckte, könnte das Ärger bedeuten. Und das wollte er zunächst vermeiden... Kawamura schloss leise die Tür hinter sich, nachdem er den großen Raum betreten hatte, den Masaki sein 'Arbeitszimmer' nannte. Eigentlich war es eher ein riesiger Wohnraum, in dem Haruna sich auch um viele Dinge kümmerte, die halt erledigt werden mussten. "Du wolltest mich sprechen?" Masaki drehte sich zu Ryuichi um und nickte. "Setz dich." Ryuichi kam der Aufforderung nach, wobei er sich in dem Raum umsah. Seit er das letzte Mal hier gewesen war hatte sich nicht allzu viel verändert. Er fragte sich, worüber Masaki wohl mit ihm reden wollte. Es war eigentlich nicht üblich, dass er jemanden zu sich rief, wenn es nicht wichtig war. Scheinbar tief in Gedanken versunken betrachtete Haruna eine alte Urne, als wäre diese etwas unschätzbar Wertvolles. Im Grunde war sie das auch, Masaki besaß sie schon seit sehr langer Zeit. In ihr befand sich die Asche seiner Geliebten. Der persönliche Wert überstieg den materiellen um einiges. Ryuichi wartete geduldig, bis Masaki ihm sagte, worum es ging. Er wusste genau, dass er ihn weder hetzen noch in einem solchen Moment stören durfte. Das würde sein Gegenüber nur unnötig verärgern. Und die Konsequenzen wollte er sich nicht einmal annähernd ausmalen. Falls seine Phantasie dazu überhaupt ausreichte, was er ehrlich gesagt bezweifelte. Schließlich räusperte sich Haruna und wandte den Blick von der Urne ab, als müsste er sich dazu zwingen. "Du musst mir einen Gefallen tun", sagte er unvermittelt. Kawamura blinzelte. Einen Gefallen? Er konnte sich nicht daran erinnern, wann Masaki jemals um einen Gefallen gebeten hatte. Normalerweise erledigte er alles selbst, was es zu tun gab. "Und welcher wäre das?" Masaki biss sich leicht auf die Unterlippe. Scheinbar war er unschlüssig, wie er ihm sein Anliegen begreiflich machen sollte. Was ebenfalls sehr ungewöhnlich war. "Es gibt da etwas, um das ich mich dringend kümmern muss. Aber dabei brauche ich deine Hilfe." Ryuichi nickte, noch immer leicht verwirrt. "Und was kann ich für dich tun?" "Sorge bitte dafür, dass Mana nicht an diese Person herankommt." Er reichte Kawamura ein Foto. "Es ist mir egal, wie dud as anstellst. Und achte bitte darauf, dass Mana und Teru sich möglichst nicht in die Quere kommen. Lenke Kobashi irgendwie ab. Ich habe keine Lust, dass sie sich gegenseitig zerfleischen. Du kennst die beiden. Mit Teru kann ich darüber nicht reden. Du weißt, dass er auf niemanden hört, nicht einmal auf Yasuhiro. Ich will nicht, dass er sich einmischt! Ich werde genug damit zu tun haben, mich um Mana zu kümmern. Er ist dabei, einen sehr großen Fehler zu begehen. Den Rest überlasse ich dir. Du wirst schon wissen, was zu tun ist. Hauptsache, Teru schöpft keinen Verdacht! Und auch niemand sonst." Ryuichi nickte langsam. Er warf einen kurzen Blick auf das Bild, das Haruna ihm gegeben hatte, dann gab er es Masaki zurück und stand auf. Er würde sich um diese Angelegenheit kümmern. Kapitel 2: Shadows... --------------------- Müde rieb Shuichi sich die Augen als er das Hotel verließ, in dem das Interview und das Photoshooting stattgefunden hatten. Es war spät geworden und es war schon lange dunkel draußen. Hiro hatte ihm angeboten ihn nach Hause zu fahren, aber Shindou hatte abgelehnt. Er wollte lieber zu Fuß heimgehen, er brauchte frische Luft und vor allem Bewegung. In dem Interviewraum war es furchtbar stickig gewesen. Außerdem wollte er auf dem Heimweg ein wenig nachdenken. Er wollte darüber nachdenken ob es noch Sinn machte bei Yuki zu bleiben. Zuvor hätte das für ihn vollkommen außer Frage gestanden, früher wäre er nicht einmal annähernd auf die absurde Idee gekommen Yuki freiwillig zu verlassen. Aber in der letzten Zeit hatte Shuichi immer mehr das Gefühl, dass der Schriftsteller ihm aus dem Weg ging. Er war sehr kühl und abweisend... mehr als je zuvor... Shuichi hätte nicht gedacht, dass es so weit kommen würde... "Was machst du hier so allein um diese Uhrzeit?", hörte er plötzlich eine tiefe Stimme hinter sich, die ihn abrupt aus seinen Gedanken riss. Erschrocken fuhr Shuichi zusammen und drehte sich um. Vor ihm stand ein Mann - kaum größer als er selbst - mit langen schwarzen Haaren und dunkelbraunen, blutunterlaufenen Augen. Shindou wusste im ersten Moment gar nicht was er darauf antworten sollte, so perplex war er. Er blinzelte als der Fremde düster lächelnd einen Schritt auf ihn zu ging. "Hast du dich etwa verlaufen?", fragte der Mann scheinbar besorgt und strich ihm sanft eine pinke Strähne aus dem Gesicht. Unsicher, was er sagen sollte, schüttelte Shuichi den Kopf. "Nein. Ich bin auf dem Weg nach Hause." Der junge Sänger verstummte. Was sollte er auch sonst sagen? Auf dem Gesicht des Fremden erschien ein breites Grinsen. "Auch gut", murmelte er mit rauer Stimme und trat noch etwas näher an den Jungen heran. Shuichi fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut, doch er war nicht fähig sich zu bewegen. Er wollte weglaufen, aber er konnte sich nicht rühren. Panik erfüllte ihn. Was, wenn das ein Perverser war? Wenn er nun das vorhatte, was Aizawa Tachi ihm angetan hatte - bzw. hatte antun lassen? Oder gar schlimmeres? Seine Gedanken rasten. Was sollte er jetzt machen? Um Hilfe rufen? War denn überhaupt jemand in der Nähe, der ihn hören konnte? Und wenn ja: Würde er ihm helfen? Oder eher so tun als hätte er nichts gesehen und einfach weiter gehen? Er fühlte sich hilflos und Tränen stiegen ihm in die Augen. "Wovor hast du Angst? Ich werde dir nicht wehtun", flüsterte der Mann neben seinem Ohr, während er vorsichtig den Kopf des Jungen schief legte und sanft über eine kleine Stelle an seinem Hals rieb - dort wo die Halsschlagader war. Der junge Sänger begann leicht zu zittern. Innerlich verfluchte er sich selbst, weil er Hiro's Angebot ihn nach Hause zu fahren nicht angenommen hatte. Hätte er doch nur nicht darauf bestanden zu Fuß nach Hause zu gehen! Verzweifelt schloss er die Augen als der Fremde sich über seinen Hals beugte. Der leichte, rasche Atem des Mannes kitzelte ihn am Hals, so dass er eine Gänsehaut bekam. Er zuckte ein wenig zusammen als er einen leichten Einstich spürte - dort, wo der Fremde kurz zuvor noch mit dem Daumen gerieben hatte. Shuichi hatte das Gefühl als würde ihm das Leben förmlich aus dem Körper gesogen. Seine Knie wurden weich und ihm wurde schwindelig. Plötzlich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf: Ein Vampir! Aber es gab doch gar keine Vampire, oder? Er konnte keinen klaren Gedanken fassen, seine Knie gaben langsam nach. Kurz bevor er das Bewusstsein verlor hörte er eine Stimme, die dunkler war als die des schwarzhaarigen Mannes: "Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?" Sofort ließ der Fremde von ihm ab und Shuichi sackte in sich zusammen. Bevor er auf dem Boden aufschlug fing ihn jemand auf. Es war ihm gleichgültig, welcher der beiden Männer es war. "Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?!", zischte der zweite Fremde. "Ein Kind anzufallen! Was fällt dir ein? Der Junge ist doch noch minderjährig!" Shuichi versuchte die Augen zu öffnen, fühlte sich allerdings zu schwach. Im Stillen dankte er dem anderen dafür, dass er ihn vor diesem furchteinflößenden Mann gerettet hatte. Aber er war doch kein Kind mehr! Oder? "Hast du etwa unseren Kodex vergessen?", schimpfte der zweite nun weiter. "Und dann in der Öffentlichkeit! Mitten auf der Straße! Du hättest gesehen werden können! Was ist, wenn er nun stirbt?" "Ach, der stirbt schon nicht", erwiderte der erste gelassen. "Die Jugend von heute ist zäh. Außerdem hat mich ja schließlich niemand gesehen, ne?" "Außer mir... Stell dir vor, Mana hätte dich gesehen..." Der zweite fluchte leise vor sich hin. Er hob Shuichi hoch, dann verlor der Junge endgültig das Bewusstsein. Ryuichi sah den beiden ausdruckslos nach. Er wusste nicht, warum Teru sich solche Gedanken machte. Er hatte ja nicht vorgehabt den Jungen zu töten. Und er wusste, dass Mana auf gar keinen Fall in der Nähe sein konnte. Der war mit anderen Dingen beschäftigt. Und wenn er da gewesen wäre, würde der Kleine höchstwahrscheinlich nicht mehr leben. Und Ryuichi sicher auch nicht. So wie er Kobashi kannte würde er sich zunächst um den Jungen kümmern, bis er wieder auf den Beinen war. Und so lange würde Mana nicht an ihn herankommen. So viel war sicher. Und das war ja genau das, was er hatte erreichen wollen. Auch wenn er Teru dabei nicht so eingeplant hatte. Aber so würde Teru vorerst Mana nicht über den Weg laufen - zumindest hoffte Ryuichi das. Er war zwar nicht sicher ob dies nun die intelligenteste Methode gewesen war - eigentlich war ihm durchaus bewusst, dass es nicht an dem war, aber das spielte jetzt auch keine große Rolle mehr - aber Masaki würde mit dem Ergebnis hoffentlich zufrieden sein. Er hatte ja ausdrücklich gesagt, dass ihm das 'Wie' gleichgültig war, für ihn zählten nur Resultate. Jetzt musste Ryuichi nur noch dafür sorgen, dass nichts weiter schief ging. Am besten wäre es, wenn er Teru unauffällig beobachtete und versuchte ihn und den Jungen von Mana fern zu halten. Auch wenn er nicht die geringste Ahnung hatte, was Mana vorhatte. Falls er denn überhaupt irgendetwas plante. Aber wenn Haruna schon meinte, er müsste sich um ihn kümmern, dann konnte das nichts Gutes bedeuten. Wenn Mana nun etwas im Schilde führte, was den anderen - und vor allem Masaki und Teru - zuwider war, dann würde das sicher eindeutig Krieg geben. Und das wäre natürlich gar nicht gut. Normalerweise kümmerte sich Ryuichi herzlich wenig um das, was die anderen taten, solange es ihn nicht selbst direkt betraf. Aber wenn Masaki schon so ein Geheimnis um die ganze Sache machte, wurde selbst er neugierig. Und gerade dann, wenn Haruna verhindern wollte, dass sich Mana und Kobashi gegenseitig 'zerfleischten'. Sicher kannte er die beiden, er kannte sie verdammt lange. Daher wusste er auch, dass sie in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung waren. Zwischen den beiden hatte es auch häufig Streit gegeben. Aber bisher war es eigentlich nie so tragisch gewesen, dass sie sich deswegen an die Kehle gegangen wären. Beide waren vernünftig genug, ihre Zwistigkeiten so ruhig wie möglich und ohne unnötiges Blutvergießen zu klären. Ryuichi wüsste nur zu gern, was Masaki ihm nicht hatte sagen wollen oder können. Wenn er genau wüsste um was es ging, dann könnte er damit besser umgehen. Zumal es etwas zu sein schien wobei Masaki eindeutig Hilfe und Unterstützung brauchte und von dem möglichst noch niemand wissen sollte. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, noch jemanden mit diesen Dingen zu beauftragen? Vielleicht auch nicht. Er wusste genau, dass Haruna noch lange nicht jedem vertraute. Selbst unter ihren Artgenossen. Auch wenn er Teru durchaus vertrauen konnte bestand noch immer das Problem, dass dieser das Ganze persönlich nehmen und zu seiner Angelegenheit machen würde. Und das könnte fast zwangsläufig Krieg bedeuten. Er musste immer seinen Dickschädel durchsetzen. Manchmal konnte das nerven und machte Kobashi in einigen Situationen schier unerträglich. Was nicht bedeutete, dass er Teruhiko nicht mochte. Er konnte ihn sogar sehr gut leiden. Teru gehörte zu den ganz wenigen, die er wirklcih als Freund bezeichnen konnte. Neben Sugihara. Was war eigentlich mit ihm? Er war doch ebenfalls durchaus vertrauenswürdig. Aber Ryuichi konnte sich schon vorstellen, warum Masaki ihn nicht um diesen Gefallen gebeten hatte. Teru und Yasuhiro waren seit Jahrhunderten schon die besten Freunde, sie waren praktisch fast unzertrennlich und machten so gut wie alles gemeinsam. Wenn Sugi Bescheid wüsste um was es ging, würde Teru früher oder später zwangsläufig dahinter kommen. Was noch lange nicht hieß, dass Sugihara deswegen weniger vertrauenswürdig war, aber die beiden verbrachten einfach zu viel Zeit zusammen, als dass Sugi lange etwas vor Kobashi geheim halten könnte. Selbst wenn er es wollte. Aber was brachte es ihm sich jetzt unnötig den Kopf darüber zu zerbrechen? Masaki hatte ihn - Ryuichi - um diesen Gefallen gebeten und niemanden sonst. Vielleicht war es wirklich ganz gut, wenn so wenig wie möglich davon wussten. Ansonsten könnte die ganze Sache zu viel Aufsehen erregen. Kawamura warf einen kurzen Blick auf seine Uhr, obwohl das gar nicht nötig war. Er wusste auch so wie spät es war. Und vor allem wusste er eines: Er sollte langsam hier verschwinden, bevor ihn jemand hier bemerkte und womöglich noch auf falsche Gedanken kam. Kobashi blieb vor der Tür stehen, atmete tief durch und konzentrierte sich. Nach nur wenigen Augenblicken sprang der Riegel wie von selbst auf und Teruhiko trat in den Hausflur. Der Junge, den er in den Armen hielt, stellte für ihn keine große Behinderung dar. Langsam ging er die Treppe hoch, bis zur Tür zu seinem Appartment, wobei er die ganze Zeit darauf achtete, dass ihn niemand sah. Er hoffte, dass kein anderer Bewohner des Hauses seine Wohnung verließ. Es hätte nur unangenehme Fragen aufgeworfen, wenn ihn jemand zu dieser späten Stunde mit einem Jungen auf dem Arm gesehen hätte. Wobei er sich noch völlig lautlos bewegte. Daher wollte er eine Begegnung mit einem Nachbarn lieber vermeiden. Er hätte ohnehin nicht gewusst wie er es plausibel hätte erklären sollen. Also war es besser, nicht gesehen zu werden. Zum Glück kam niemand. Leise öffnete er seine Wohnungstür auf dieselbe Art, wie er zuvor unten die Haustür geöffnet hatte, schlich hinein und schloss die Tür ebenso leise. Genervt verdrehte er die Augen. Worauf hatte er sich nun schon wieder eingelassen? Welcher Dämon hatte ihn diesmal geritten als er beschlossen hatte den Jungen mit zu sich nach Hause zu nehmen? Wobei er sich genau genommen gar nicht dazu entschlossen hatte - er hatte es einfach getan... Und was um alles in der Welt war in Ryuichi gefahren den Kleinen anzufallen? Er wusste doch genau wie alle anderen unter ihnen, dass es ihnen verboten war Minderjährige anzugreifen! Wütend schüttelte Teru den Kopf. Er würde schon dafür sorgen, dass Ryuichi eine Lektion erteilt bekam. Im Zweifelsfall würde er es selbst tun. Doch zunächst würde er sehen was er für den Jungen tun konnte, damit er überlebte. Wenn der Kleine nicht starb, dann würde Kawamura's Strafe nicht so hart ausfallen. Ryuichi war sein Freund und auch wenn er sich jetzt über ihn ärgerte würde er doch noch versuchen ihm zu helfen... Er wollte nicht wieder einen Freund verlieren ohne etwas tun zu können. Noch einmal würde er das sicher nicht durchstehen... Es waren schon zu viele gestorben, an denen ihm etwas gelegen hatte und die ihm wichtig gewesen waren. Menschen wie Vampire. Teru seufzte und trug den Jungen in sein Schlafzimmer, wo er ihn auf den Futon legte und sorgfältig zudeckte. Mehr konnte er jetzt noch nicht für ihn tun. Zunächst würde er abwarten müssen, wie schnell der Kleine sich von selbst erholte. Es widerstrebte ihm, dem Jungen sein Blut zu trinken zu geben, denn die Folgen waren nicht absehbar. Daher vermied er so etwas, so lange es möglich war. Leise fluchend verließ er die Wohnung wieder. Es war zwar riskant den Jungen allein zu lassen, aber er hatte nichts zu Essen im Haus. Und sobald der Kleine wieder zu sich kommen würde - was hoffentlich bald war - wäre er sicherlich geschwächt und hungrig. Kapitel 3: Wake... ------------------ Als Shuichi wieder zu sich kam, fühlte er sich noch ein wenig matt, aber immerhin nicht mehr ganz so ausgelaugt wie zuvor. Er musste ein paar Mal blinzeln, um wieder klar sehen zu können, im ersten Moment war alles total verschwommen. Wo war er hier? Er sah sich um. Der Raum, in dem er sich befand, war nicht sehr groß. Shuichi lag auf einem weichen Futon und er war in mehrere warme Decken eingehüllt. Fast automatisch fuhr seine Hand an den Hals - an die Stelle, wo der schwarzhaarige Fremde ihn gebissen hatte. Aber dort war nichts! Keine Bisswunden - nichts. Wie konnte das sein? Hatte er sich das Ganze etwa nur eingebildet? Durch die Zimmertür konnte er eine aufgebrachte Stimme hören. Es war die Stimme des zweiten Fremden von letzter Nacht. Von dem Mann, der den anderen davon abgehalten hatte, ihn - Shuichi - umzubringen. Also war es doch wirklich passiert - er war von einem Vampir gebissen worden! Aber wieso hatte er dann keine Bisswunden am Hals? Das einzige, was Shuichi mit Sicherheit wusste, war, dass er dem Mann, in dessen Wohnung er sich anscheinend befand, sein Leben verdankte. Er musste sich bei ihm dafür erkenntlich zeigen, wenigstens sollte er sich bedanken! Doch statt aufzustehen lauschte er der wütenden Stimme seines Retters. "Du solltest Ryuichi mal Manieren beibringen!", schimpfte der Mann. "Er hat letzte Nacht ein Kind angefallen und fast umgebracht!" Ryuichi? Shuichi erschrak, als er den Namen hörte. Doch dann kam es ihm in den Sinn, dass der Fremde höchstwahrscheinlich den schwarzhaarigen Mann von gestern meinte, und nicht Sakuma. "Es ist mir egal, wie du das anstellst! Von mir aus sperr ihn in eine Gruft, damit er mal nachdenkt! Er sollte sich besser an unseren Kodex halten! Wenn so etwas noch einmal vorkommt, dann bekommt er es wirklich bald mit mir zu tun!" Shindou konnte hören, wie ein Hörer geräuschvoll auf eine Gabel geknallt wurde und zuckte erschrocken zusammen. Der Fremde schien ziemlich außer sich zu sein. Dann kam dem Jungen ein weiterer Gedanke. Aus dem, was er von dem Telefonat eben und dem Streit letzte Nacht mitbekommen hatte, ließ sich schließen, dass sein Lebensretter ebenfalls ein Vampir war. Und er hatte mit einem dritten telefoniert. Kraftlos ließ er sich in die Kissen sinken. Er war von Vampiren umgeben. Er war verloren! Was sollte er nun machen? Der Junge schloss die Augen und biss sich auf die Unterlippe, als die Zimmertür geöffnet wurde und der Fremde, der ihn gestern gerettet hatte, den Raum betrat. Der Mann setzte sich neben ihn, strich ihm sanft eine pinke Strähne aus der Stirn und legte eine Hand auf seine Wange. "Glück gehabt, Fieber scheinst du jedenfalls nicht zu haben. Wie fühlst du dich?", fragte er leise. Shuichi öffnete langsam die Augen und blinzelte. Der Mann, der neben ihm saß, hatte ebenfalls schwarze Haare, die allerdings kürzer waren als die des Mannes, der ihn letzte Nacht gebissen hatte. Außerdem hatte er feinere Gesichtszüge und wirkte viel freundlicher. "Ganz gut...", murmelte der pinkhaarige Sänger. "Ich fühle mich nur noch ein wenig benommen." Der schwarzhaarige Mann nickte grimmig. "Das kann ich mir gut vorstellen, nach dem enormen Blutverlust", brummte er. "Aber ich muss zugeben, du erholst dich erstaunlich schnell. Ich hätte nicht erwartet, dass du jetzt schon wieder aufwachst. Wenn überhaupt..." Shuichi schluckte. "Sind Sie ein Vampir?", fragte er leise. Er kam sich furchtbar albern vor, dem Mann diese Frage zu stellen. Aber er musste es wissen. Nachdem er ihn zum zweiten Mal schon mehr oder weniger belauscht hatte und ihm dadurch dieser Verdacht ohnehin schon gekommen war... Der Junge rechnete fest damit, dass der Fremde ihn nun entweder auslachen oder für verrückt erklären würde. Er bereute es fast, überhaupt gefragt zu haben. Der Mann antwortete nicht sofort. Einen Moment lang schien er über etwas nachzudenken. "Dumm scheinst du ja nicht gerade zu sein...", meinte er schließlich langsam. "Es ist egal, was ich nun dazu sage. Du weißt ohnehin Bescheid. Es ist sinnlos, dich zu belügen. Ja, ich bin einer." Shuichi musste schlucken. Er hatte es doch geahnt! Nur eines verstand er nicht so ganz. "Warum haben Sie mir geholfen?Und waurm habe ich keine Bisswunden am Hals? Obwohl mich dieser... wer oder was auch immer... gebissen hat?" Er verstand es wirklich nicht. Aus Büchern und Filmen wusste er, dass die Opfer nach einem Vampirbiss immer zwei kleine Wunden von den spitzen Eckzähnen am Hals hatten. Warum also er nicht? Und wieso um alles in der Welt half ein Vampir einem Menschen, den er nicht einmal kannte? Der Fremde schien über diese Fragen ehrlich erstaunt zu sein. Er runzelte die Stirn. "Gut... als Sterblicher dürftest du das tatsächlich nicht wissen... Unser Kodex verbietet es uns, Minderjährige anzufallen. Und töten dürfen wir sie erst recht nicht. Ryuichi hätte dich sicher umgebracht, wenn ich ihn nicht davon abgehalten hätte." "Warum?" "Wie meinst du das? Warum wir keine Minderjährigen anfallen dürfen, oder warum Ryuichi es trotzdem getan hat?" "Beides." "Warum wir laut Kodex keine Minderjährigen angreifen dürfen, weiß ich selbst nicht so genau. Unser Kodex ist wesentlich älter als ich, ich habe ihn mir nicht ausgedacht. Ein Vampir hat den Kodex zu kennen und ihn zu befolgen, nicht zu hinterfragen. So war es schon immer. Warum Ryuichi dich fast getötet hätte, kann ich dir noch weniger beantworten. Vielleicht wollte er jemanden von uns provozieren, oder es hat ihn einfach nicht interessiert, dass er gegen den Kodex verstößt. Sollte es aber. Hätte ich ihn nicht davon abgehalten, dich umzubringen, würde ihn eine weitaus härtere Strafe erwarten als jetzt." "Strafe?", fragte Shuichi verwundert. Er konnte sich nicht vorstellen, wie man einen Vampir bestrafen konnte und vor allem, wer dies tun sollte. Er verstand ohnehin immer weniger, je mehr der Fremde ihm zu erklären versuchte. Der schwarzhaarige Mann lächelte. "Du bist verdammt neugierig. Damit hätte ich rechnen müssen. Ich kann dir allerdings nicht mehr verraten, sonst verstoße ich auch gegen den Kodex. Genau genommen habe ich dir jetzt schon viel zu viel gesagt." Er zwinkerte dem Jungen zu. "Wie heißt du eigentlich? Schließlich muss ich ja wissen, wem ich das Leben gerettet habe." Shuichi lächelte. Der Mann schien wirklich ein netter Mensch - gomen, Vampir - zu sein. "Ich heiße Shindou Shuichi", antwortete er. "Ich bin Kobashi Teruhiko. Du kannst mich aber ruhig Teru nennen, das tun eh alle", erwiderte der schwarzhaarige Mann darauf. Wieder zwinkerte er dem Jungen zu. Dann stand er auf. "Du hast bestimmt Hunger." Shindou blinzelte. Er war in der Tat hungrig, nur war ihm das bisher nicht aufgefallen. Er war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt gewesen. 'Yuki!', fiel es ihm plötzlcih ein. Was würde der blonde Schriftsteller dazu sagen, dass er noch immer nicht zu Hause war? "Was ist los?", fragte Teru ihn. "Hast du keinen Hunger?" Der pinkhaarige Sänger schüttelte den Kopf. "Hunger hab ich schon... aber Yuki macht sich sicher Sorgen um mich." Er sah auf die Uhr. "Außerdem hätte ich schon längst im Studio sein müssen." Teru nickte. "Darum kümmern wir uns später. Aber zunächst solltest du etwas essen, damit du wieder ein wenig zu Kräften kommst." Nach einem - sehr reichhaltigen - Frühstück wollte Shuichi aufstehen, doch Teru schüttelte den Kopf. "Gib mir die Nummer, dann rufe ich dort für dich an. Du solltest dich lieber noch etwas ausruhen. Einen derartigen Blutverlust, wie Ryuichi ihn dir zugefügt hat, solltest du lieber nicht auf die leichte Schulter nehmen." Shindou blinzelte, schrieb ihm dann aber die Nummern von Yuki und NG Records auf. Er fühlte sich tatsächlich noch etwas schwach und ein wenig benommen, auch wenn er sich jetzt - nachdem er etwas gegessen hatte - ein bisschen besser fühlte. Teru rief zuerst im Studio an. Er machte auch den Lautsprecher an, damit der pinkhaarige Junge mithören konnte. "Moshimoshi! Seguchi desu!" "Konnichi wa, Seguchi-san. Kobashi desu. Ich rufe wegen Shindou Shuichi an." "Shindou-san? Stimmt etwas nicht mit ihm?", fragte Tohma argwöhnisch. Teru zog eine Augenbraue hoch, während sich Shuichi nervös durch die Haare fuhr. Noch bevor Teru etwas erwidern konnte, sprach Tohma weiter. "Chotto matte kudasai, ich verbinde Sie besser mit seinem Manager Mr. K." Dann war nur ein Tuten zu hören. Kurze Zeit später nahm K das Gespräch entgegen. "Hai, K hier!" "Konnichi wa, K-san. Es geht um Shindou Shuich-" "Er ist nicht hier!", unterbrach ihn der Manager. Teru seufzte. "Das weiß ich. Deswegen rufe ich ja an. Mein Name ist Kobashi Teruhiko. Shindou-san ist gestern abend bewusstlos zusammengebrochen. Zum Glück war ich in der Nähe. Ihm fehlt soweit nichts, er braucht heute nur etwas Ruhe", erklärte der schwarzhaarige Mann. "Zusammengebrochen? Wieso?" "So genau weiß ich das nicht, wahrscheinlich der Kreislauf. Das kann bei zu viel Stress schon mal vorkommen, dass man irgendwann einfach umkippt." "Ich hab mir schon gedacht, dass so etwas früher oder später passieren würde, so wie Yuki mit ihm umgeht", brummte K missmutig. "Wo ist er jetzt?" "Er ist bei mir zu Hause. Keine Sorge, hier ist er gut aufgehoben. Dem Jungen kann nichts passieren." Das Gespräch ging noch eine ganze Weile so weiter. Schließlich gab Teru K seine Adresse, da der Manager sehr besorgt um den jungen Sänger zu sein schien. Auch wenn er es eigentlich nicht mochte, wenn fremde Menschen seine Wohnung betraten. Kaum hatte er den Hörer aufgelegt, klingelte es an der Tür. "Wer kann das denn jetzt sein?", murmelte er genervt und stand auf, um die Tür zu öffnen. Vor ihm stand Ryuichi. "Du hast Nerven, hier aufzutauchen!", seufte Teru, ließ ihn aber dennoch hinein. Schließlich konnte er seinen alten Freund nicht vor der Tür stehen lassen. Auch nicht wegen des Jungen. Als die beiden die Küche betraten, fiel Shuichi vor Schreck fast vom Stuhl. "Keine Angst", versuchte Teru, den pinkhaarigen Jungen zu beruhigen, "wenn ich dabei bin, tut er dir ganz sicher nichts." Während er das sagte, warf er Ryuichi einen warnenden Blick zu. Der zuckte gleichmütig mit den Schultern. "Ich wusste nicht einmal, dass du hier bist", meinte er zu Shuichi und warf Teru einen vielsagenden Blick zu, "außerdem bin ich ohnehin nicht zum Essen hier." Natürlich hatte er genau gewusst, dass der Junge sich hier befand - er hatte zumindest fest damit gerechnet. Aber das brauchte niemand zu wissen. Wenn Teru erfuhr, was er wusste, dann würde er keine Ruhe geben, bis er den Verantwortlichen gefunden und zur Rechenschaft gezogen hatte. Und das wollte - und sollte - er vermeiden. Kawamura setzte sich auf den Stuhl gegenüber von Shuichi, Teru setzte sich zwischen die beiden. "Also, warum bist du hier?", wollte Teru schließlich wissen. Ryuichi seufzte. "Sugi hat mich vorhin ziemlich zusammengestaucht wegen gestern abend." Was der Wahrheit entsprach. Der Hauptgrund dafür, dass er nun hier war, war allerdings ein anderer: Er hatte sich gedacht, er sollte lieber mal nach dem Rechten sehen. Auch wenn er Teru gut genug kannte, um zu wissen, dass er sich um den Jungen kümmern würde, so hätte doch etwas schief gehen können. Er hatte sich vergewissern wollen, dass der Junge tatsächlich hier war und auch noch lebte. Teru nickte. "Das hast du auch mehr als verdient! Du kannst von Glück reden, wenn du deswegen nur einen Verweis bekommst!" "Aber ich hatte Hunger!", wandte Ryuichi ein. "Und ansonsten war weit und breit niemand zu sehen!" "Das rechtfertigt noch lange nicht, dass du gegen den Kodex verstoßen hast! Du hast einen minderjährigen Jungen angefallen! Schlimmer noch, du hättest ihn fast umgebracht!", erwiderte Teru aufgebracht. Auf Ryuichi's Gesicht erschien ein breites Grinsen. Das war Teru, wie er ihn kannte. Natürlich hatte er nicht vorgehabt, den Jungen umzubringen. "Du hast doch ebenfalls gegen den Kodex verstoßen. Der Junge weiß, wer wir sind. Also wird er sterben müssen, damit wir unser Gesicht wahren können. Stirbt er nicht, wird deine Strafe sicher noch schwerer ausfallen als meine!" Natürlich würde der Kleine nicht sterben müssen. Und er wusste, dass Teru es niemals über sich bringen würde, ihn zu töten. Und das war auch besser so. Er hatte zwar keine Ahnung, warum Masaki ihn unbedingt lebend haben wollte und warum Mana an ihn herankommen wollte, aber ihm ging es in erster Linie darum, das zu tun, was ihm aufgetragen worden war. "Du willst ihn nun doch umbringen?", fragte Teru wütend. "Willst du es etwa tun?" "Bist du verrückt?" "Siehst du... oder ist es dir lieber, wenn es jemand anderes tut?" Mit vor Entsetzen geweiteten Augen hörte Shuichi den beiden zu. In was war er da nur hineingeraten? Kapitel 4: Care... ------------------ Vorsichtig steckte Sakuma den Kopf zur Tür herein. "Ohayou na no da!", grüßte er und sah sich um. Shuichi war nicht da. Nur Hiro und K, die beide ziemlich besorgt aussahen. "Eh?" Ryuichi blinzelte. "Nan da yo? Wo sind denn die anderen? Und warum sitzt ihr zwei hier wie trübe Tassen?", wunderte sich der grünhaarige Sänger. K sah auf. "Fujisaki ist mit Sakano in Seguchi's Büro. Und Shuichi ist krank, deswegen kann er heute nicht kommen", erklärte der blonde Amerikaner. "Krank?", fragte Ryuichi besorgt. "Was hat er denn?" Nun betrat er den Raum ganz. "Wahrscheinlich ein Kreislaufzusammenbruch. Genau wissen wir es nicht", seufzte K. "Wenn Fujisaki und Sakano zurück sind, wollen wir ihn besuchen." Sakuma runzelte die Stirn. "Wird Yuki nicht böse werden, wenn so viele Leute kommen, um Shu-chan zu besuchen?", wandte er unsicher ein. Jetzt sah auch Hiro auf. "Er ist nicht bei Yuki." Nun war Ryuichi vollends verwirrt. "Nicht? Wo ist er denn dann?" Der grünhaarige Sänger biss sich auf die Unterlippe. Wenn der Junge nicht zu Hause war, wo konnte er dann sein? Etwa im Krankenhaus? K schob ihm einen Zettel zu. Ryuichi trat näher an den Tisch heran und warf einen Blick darauf. Kobashi Teruhiko... den Namen hatte er noch nie gehört. Aber die Adresse kannte er - zumindest wusste er, wo es war. Der Sänger drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. "Wo willst du hin?", rief K ihm nach. Ryuichi blieb kurz stehen. "Ich gehe Shuichi besuchen!", meinte er knapp und ging dann weiter. Teru trug Shuichi ins Schlafzimmer, legte ihn auf den Futon und deckte ihn vorsichtig zu. Kaum hatte der Kopf des Jungen das Kissen berührt, war er auch schon eingeschlafen. Teru legte besorgt die Stirn in Falten. Der Kleine hatte sich zwar zuerst erstaunlich schnell erholt, aber er war immer noch sehr geschwächt. Dem schwarzhaarigen Mann gefiel die ganze Situation nicht. Er könnte Ryuichi dafür köpfen, dass er sie in solche Schwierigkeiten gebracht hatte! Was fiel ihm auch ein, einen Minderjährigen anzufallen?! Nun durfte Teru das Ganze ausbaden... Er ärgerte sich auch darüber, dass er dem Jungen die Wahrheit gesagt hatte. Aber es wäre sinnlos gewesen, ihn zu belügen. Spätestens als Ryuichi hier aufgetaucht war, wäre für den Kleinen alles klar gewesen. Außerdem schien Shuichi wirklich nicht gerade dumm zu sein. Naiv vielleicht, aber nicht dumm. Kobashi stand auf und ging in die Küche, um sich einen Tee zu machen. Nicht, weil er trinken musste - als Vampir gab es für ihn ohnehin nur eine Art der Ernährung, nämlich Blut, auch wenn er durchaus in der Lage war, menschliche Nahrung zu sich zu nehmen - aber er brauchte etwas, um seine Nerven zu beruhigen. Schließlich konnte er nicht am helllichten Tag einen Menschen suchen, um ihn auszusaugen. Zum Glück war wenigstens Ryuichi vor ein paar Minuten gegangen. Er hatte sich gerade mit seiner Tasse an den Tisch gesetzt, als es wieder an der Tür klingelte. Teru seufzte genervt und stand auf. Irgendwie schien ihm heute niemand seine Ruhe zu gönnen. Als er die Tür öffnete, stand ein grünhaariger Mann vor ihm, der etwa so groß war wie er selbst. "Kann ich Ihnen weiterhelfen?", fragte Teru. Sein Gegenüber nickte ernst, wobei er den rosa Stoffhasen umklammerte, den er im Arm hielt. "Ich habe gehört, dass Shuichi hier ist. Ich... wollte mich erkundigen, wie es ihm geht." Er schläft gerade, aber ich denke, es geht ihm ganz gut", erwiderte Teru. "Kann ich ihn sehen?", wollte der grünhaarige Mann wissen. Teru nickte, ließ ihn herein und brachte dann den 'Krankenbesuch' zu seinem Schlafzimmer. An der Tür blieb der Besucher kurz stehen. "Übrigens... ich bin Sakuma Ryuichi, ein Kollege von Shuichi", stellte er sich schließlich vor. Dann ging er ins Schlafzimmer. Teru folgte ihm. Als er den schlafenden Jungen auf dem Futon liegen sah, eingehüllt in scheinbar unzählige Decken, erschrak Ryuichi. Der Kleine war furchtbar blass! Sakuma setzte sich neben Shuichi und sah den jüngeren Sänger besorgt an. "Was ist passiert? Was hat er?", wandte er sich schließlich an Teru. Der schwarzhaarige Mann seufzte. "So genau weiß ich das auch nicht", meinte er. "Er ist gestern abend mitten auf der Straße umgekippt. Keine Ahnung, warum. Wahrscheinlich ist es der Kreislauf gewesen. Es sieht aus, als hätte er in der letzten Zeit ziemlich viel Stress gehabt. Und sein Körper hat sich dann wohl einfach die Auszeit genommen, die er braucht." Sakuma nickte. "Er hatte tatsächlich eine Menge Stress. Im Studio genauso wie zu Hause. In den letzten Wochen hat er mit seiner Band das neue Album aufgenommen, gestern war er bei einem Interview und einem Photoshooting. Ich schätze einfach mal, dass er auf dem Heimweg war, als es passiert ist." "Und inwiefern hatte er Stress zu Hause?", wollte Teru nun von dem grünhaarigen Sänger wissen. Ryuichi erzählte ihm von Yuki, wie gemein der blonde Schriftsteller war. Aber der Junge liebte den Mann über alles und blieb trotz allem bei ihm. Teru wiegte bedächtig den Kopf hin und her. Der Kleine musste wirklich ein erstaunliches Durchhaltevermögen haben. Nun verstand er auch, wie es möglich war, dass er sich so schnell von dem Blutverlust erholte. Er fing an, den pinkhaarigen Sänger zu mögen. Zu schade, dass der Junge wahrscheinlich bald sterben musste... "Und?" "Der Junge ist vorerst in Sicherheit." "Gut. Sorge dafür, dass das auch so bleibt." "Das werde ich." "Und Teru?" "Von mir hat er nichts erfahren." "Um so besser." "Ich weiß nicht, wie lange wir das alles vor ihm geheimhalten können." Masaki sah Ryuichi eindringlich an. "Er darf nichts erfahren!" "Warum eigentlich nicht?" "Weil ich keinen Krieg haben will!" "Was hat Mana eigentlich vor?" "Das brauchst du nicht zu wissen." "Und wieso?" "Weil es besser für dich ist. Je weniger du weißt, desto sicherer bist du." "Meine Sicherheit ist zweitrangig..." "Ist sie nicht! Du weißt, dass ich euch alle schützen will!" "Wir können auch durchaus auf uns selbst aufpassen!" "Geh!" "Was wäre so schlimm, wenn ich wüsste, was Mana -" "Ich sagte: Geh!" "Wenn ich mehr wüsste, dann könnte ich auch mehr tun!" "RAUS!" Kawamura war äußerst unzufrieden. Warum wollte Masaki ihm nichts sagen? Wieso beauftragte er ihn mit allen möglichen Dingen, ohne ihn darüber aufzuklären, wozu das Ganze gut war? Er konnte sich denken, dass Mana irgendetwas plante. Und mit ziemlicher Sicherheit war es etwas, womit Teru auf gar keinen Fall einverstanden sein würde. Deswegen sollte Ryuichi dafür sorgen, dass Kobashi nichts erfuhr. Das, was Mana vorhatte, musste in irgendeiner Weise mit dem Jungen zusammenhängen. Wollte er ihn für irgendetwas benutzen? Aber wofür? Oder war Masaki derjenige, der etwas plante und dafür den Jungen brauchte? Was es auch war, es war definitiv nicht fair. Es war unfair Ryuichi gegenüber, dass er Befehle auszuführen hatte, aber nicht wissen durfte, um was es eigentlich genau ging. Unfair Teru gegenüber, dass er ebenso wenig wissen durfte. Unfair, dass er Teru im Grunde benutzen musste. Und das, wo er doch sein Freund war. Unfair vor allem dem Jungen gegenüber, der niemandem von ihnen etwas getan hatte. Und nun war er im Grunde ein Spielball, er wurde fast wie ein Objekt benutzt. Dabei wollte er niemanden benutzen. Er musste irgendwie herausfinden, was hier vor sich ging. Er wollte klare Verhältnisse schaffen. Aber Haruna würde das zu verhindern versuchen. Mana zu bespitzeln wäre auch nicht ungefährlich. Doch vielleicht war das immer noch besser, als so weiter zu machen wie bisher. So konnte es nicht weitergehen. Er wollte seine Freundschaft mit Teru nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, wenn er nicht einmal wusste, wofür er es tat. Und auch nicht die mit Sugi, oder einem der anderen. Aber alleine hatte er keine Chance. Er brauchte jemanden, der ihn dabei unterstützte. Aber wen? Kapitel 5: Trouble... --------------------- Wieder klingelte es an der Tür und Teru verdrehte die Augen. Er hatte langsam genug für heute. Hatten sich heute alle erdenklichen Menschen und Vampire abgesprochen? War heute etwa der 'Lasst-uns-alle-Teru-besuchen-und-auf-die-Nerven-fallen'-Tag? Seufzend wandte er sich um und ging zur Tür. Diesmal war es Sugihara, der davor stand. Der Mann mit den langen, blutrot gefärbten Haaren sah ihn düster an. "Ryuichi hat mir erzählt, dass du den Jungen gestern abend mit zu dir genommen hast! Und so wie ich dich kenne, ist er immer noch hier." Er sah seinem Freund in die Augen. "Er ist hier... und er weiß Bescheid!", brummte er. Teru seufzte wieder und legte einen Finger auf seine Lippen. "Nicht so laut!", flüsterte er. "Ein Freund des Jungen ist hier, um ihn zu besuchen." Sugizo's Augen weiteten sich. "Du lässt auch noch Besuch für ihn in deine Wohnung?" Er schien ehrlich entsetzt zu sein. "Ich muss sagen, du enttäuschst mich, mein alter Freund. Wie es scheint, haben dich die Menschen weich gemacht. Du hattest schon immer zu viel für sie übrig." Traurig schüttelte Sugi den Kopf. "Du bist wirklich zu lange unter Menschen gewesen, wo soll das alles bloß mit dir enden?" "Der Junge tut mir einfach Leid", erwiderte Teru kühl. "Er hat es ohnehin schon schwer genug. Und hätte sich Ryuichi von vornherein an den Kodex gehalten, hätte ich nicht auch noch dagegen verstoßen müssen." "Ryuichi wird seine Strafe dafür, dass er gegen den Kodex verstoßen hat, schon noch erhalten", meinte Sugizo ebenso kühl, "aber du ebenfalls. Was hätte dagegen gesprochen, den Jungen einfach ins Krankenhaus zu bringen, wenn du ihm schon unbedingt das Leben retten musst?" "Die Bisswunden am Hals?" "Hast du sie etwa nicht entfernt?" "Doch, aber erst als ich sicher war, dass der Junge überlebt!" "Das hättest du dir sparen können, jetzt da er Bescheid weiß, wird er sowieso sterben müssen." "Ich soll also einen Minderjährigen umbringen?" "Du musst!" Sugizo sah Teru wütend an. "Er weiß zu viel!" "Und was ist, wenn ich das nicht will?" Sugizo's Gesicht wurde plötzlich traurig. "Dann", murmelte er leise, "wirst du sehr wahrscheinlich derjenige sein, der sterben muss." Langsam lief ihm eine blutige Träne die Wange hinunter. "Teru, du musst den Jungen töten! Ich will dich nicht verlieren! Du bist doch seit Jahrhunderten schon mein bester Freund!", schluchzte Sugi, als er Teru um den Hals fiel. Nun kamen auch Teru die Tränen. "Gibt es denn keine andere Möglichkeit? Muss der Junge wirklich sterben? Wofür habe ich ihn denn erst gerettet?", murmelte er trostlos. "Du hättest ihm nichts verraten dürfen!" "Spätestens als Ryuichi hier war, hätte er ohnehin Bescheid gewusst. Der Kleine ist nicht dumm. Außerdem mag ich ihn irgendwie." Sugizo sah blinzelnd zu ihm auf. "Ryuichi war hier?", fragte er erstaunt. "Wann?" Teru warf einen raschen Blick auf die Uhr. "Er ist vor etwa einer halben Stunde wieder gegangen. Nachdem du ihm die Meinung gesagt hattest - kurz nach unserem Telefonat wohl - ist er hierher gekommen. Der Junge hat ihn gesehen und wiedererkannt." Sugihara seufzte. "Ich möchte mal wissen, was mit Ryuichi los ist. Früher hat er doch auch nicht so viel Ärger gemacht." "Ich weiß es auch nicht. Vielleicht braucht er einfach mal ein wenig Abwechslung. Ein paar Jahre Europa würden ihm sicher gut tun. Ryuichi hat vorhin ebenfalls gesagt, dass der Junge sterben muss, weil er zu viel weiß. Und das ausgerechnet, als der Kleine daneben saß und zugehört hat!" "Was?" Teru nickte. "Anscheinend hat es ihm Spaß gemacht, dem Jungen einen riesigen Schrecken einzujagen. Und das, nachdem er ihn letzte Nacht schon fast umgebracht hat!" Nun war es wieder soweit, er regte sich wieder über Ryuichi auf. Wieso hatte er sich vorhin noch extra einen Tee gemacht, wenn er sich jetzt sowieso wieder aufregte? Sugizo lächelte und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Keine Sorge, Teru-chan. Wir werden schon eine Lösung finden..." Shuichi blinzelte und rieb sich verschlafen die Augen, als er sich aufsetzte. Ihm war ein wenig schwindelig, aber das würde sicher wieder vorbei gehen. "Shu-chan! Du bist wieder wach! Ich hab mir ja solche Sorgen um dich gemacht! Und die anderen sind auch schon ganz krank vor Sorge! Was machst du auch für Sachen?! Einfach so mitten auf der Straße umzukippen! Sei froh, dass der nette Mann da war und dir geholfen hat! Wer weiß, was dir sonst alles hätte passieren können! Nicht auszudenken!", plapperte Sakuma direkt drauflos und fiel dem Jungen um den Hals. Er war ja so erleichtert, dass es dem Kleinen wieder etwas besser zu gehen schien. Shuichi blinzelte verwirrt. "Sa... Sakuma-san?", murmelte er. In diesem Moment kamen Teru und Sugizo herein. Lächelnd beobachteten sie diese zugegebenermaßen rührende Szene. "Du hast Recht", flüsterte Sugi seinem Freund zu. "Es wäre wirklich schade, wenn er sterben müsste. Er ist niedlich." Teru legte die Stirn in Falten. Er rettete doch niemanden, nur weil er niedlich war! Als Shuichi Teru sah, lächelte er. Er schaffte es irgendwie, sich aus Ryuichi's Klammergriff zu befreien. "Ist schon gut, Sakuma-san... erwürg mich jetzt bitte nicht!" Sakuma blinzelte. "Wieso nennst du mich immer noch Sakuma-san? Warum sagst du nicht endlich Ryuichi zu mir? Ich dachte, wir sind Freunde!" Tränen traten ihm in die Augen und er schniefte. Shindou sah ihn bestürzt an. "Aber natürlich sind wir Freunde!", erwiderte der Junge. "Aber ich bin es nun einmal gewohnt, Sakuma-san zu dir zu sagen." Sugi musste grinsen. "Irgendwie kann ich verstehen, warum du ihn magst!" Shuichi und Ryuichi sahen auf. Sie bemerkten den Mann, der mit Teru zusammen den Raum betreten hatte, erst jetzt. Shindou sah den schwarzhaarigen Mann fragend an, wobei er auf Sugizo deutete. Teru nickte. "Das hier ist Sugizo. Er ist ein sehr alter Freund von mir." An der Art, wie er das Wort 'sehr' betonte, konnte Shuichi sich schon denken, dass er damit nicht bloß ein paar Jahre meinte. Er sagte jedoch nichts. Er glaubte nicht, dass die beiden Männer begeistert sein würden, wenn er Sakuma verriet, dass sie Vampire waren. Dieser Ryuichi, vor dem Teru ihn gestern gerettet hatte, hatte ja schon gesagt, dass er - Shuichi - würde sterben müssen, weil er zu viel wusste. Und er wollte nicht, dass Sakuma ebenfalls sterben musste. Sugizo lächelte die beiden fröhlich an. "Freut mich, euch kennen zu lernen!" Shuichi und Ryuichi lächelten ebenfalls. "Gleichfalls!", antworteten sie beide gleichzeitig. Sugi's Lächeln wurde noch breiter, als er die beiden genauer betrachtete. "Der mit den grünen Haaren gefällt mir!", meinte er grinsend zu Teru. "Darf ich ihn mit zu mir nach Hause nehmen?" Teru, Shindou und Sakuma sahen ihn mit großen Augen und offenen Mündern an. Kobashi konnte sich schon denken, was er mit dem grünhaarigen Mann vorhatte. Und er war nicht sicher, ob dieser so begeistert davon sein würde. Er war nicht einmal sicher, ob er selbst diese Idee gut fand. "Was meint er damit?", wandte sich Ryuichi an den pinkhaarigen Jungen. Doch der schüttelte nur den Kopf. Er war in der Tat sprachlos. "Weißt du, was er damit meint?", wandte sich Ryuichi dann schließlich an Kumagorou, den er dicht vor sein Gesicht hielt. In diesem Moment gab Sugizo einen entzückten Laut von sich und setzte sich mit großen, leuchtenden Augen neben Sakuma. "Ist der niedlich! Wer ist denn das?" Ryuichi sah ihn verwirrt an und blinzelte. "Das... ist Kumagorou", antwortete er unsicher. Sugi schien hellauf begeistert von dem rosafarbenen Stoffhasen zu sein. "Kumagorou also? Ach herrje, ist der süß!" Sakuma freute sich darüber, dass er Kuma-chan auf Anhieb zu mögen schien. Er grinste den Plüschhasen an. "Sieh mal, Kuma-chan! Das ist Sugizo. Ich glaube, er mag dich!" Er hielt den Stoffhasen an sein Ohr, um zu hören, was er sagte. Dann hielt er Kumagorou Sugizo hin. "Kuma-chan mag dich auch!", verkündete er fröhlich. Vorsichtig nahm Sugi das Plüschtier in beide Hände, setzte es sich auf den Schoß und streichelte ihm über den Kopf. "Da bin ich aber froh, dass du mich auch magst! Weißt du, ich bin immer ganz furchtbar traurig, wenn mich jemand nicht mag." Teru gab ein grunzendes Geräusch von sich. Sugihara ließ wirklich keine Gelegenheit aus, jemanden, der ihm gefiel, anzugraben. Natürlich hatte Sugi wie alle anderen unter ihnen ein Gespür dafür, herauszufinden, was jemand mochte. Und es wäre ihm neu, wenn sich Yasuhiro tatsächlich darum scheren würde, ob ihn jemand nun leiden konnte oder nicht. "Kuma-chan ist dann auch immer traurig", meinte Sakuma. "Viele Leute mögen ihn nicht. Und das macht Ryuichi auch traurig, weil Kumagorou sein bester Freund ist. Aber viele Leute sagen, ich bin zu alt für so ein albernes Stofftier. Dabei ist Kumagorou gar nicht albern! Er ist intelligent!" Trotzige Tränen stiegen ihm in die Augen. "Die Leute sind immer so gemein zu Kuma-chan, dabei hat er ihnen gar nichts getan!" Sugizo blinzelte. Dieser Ryuichi schien sich das Ganze wirklich sehr zu Herzen zu nehmen. Aber irgendwie fand er das wirklich niedlich. Und vor allem auch interessant. Er würde diesen Mann wirklich zu gerne mit nach Hause nehmen, um ihn zu studieren. Kapitel 6: Think... ------------------- "Und nun?", fragte Teru, als Sakuma gegangen war. "Was machen wir mit dem Jungen?" Sugizo seufzte. "Hetz nicht so!", brummte er. "Wenn du mich nicht mal in Ruhe überlegen lässt, kann ich dir nicht helfen." Er sah seinen alten Freund eindringlich an. Teru senkte den Kopf. "Du hast Recht", murmelte er leise. Sugi legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Jetzt lass den Kopf nicht hängen. Und fällt schon was ein. Aber solange wir keine Lösung finden, muss er hier bei dir bleiben. Es ist wahrscheinlich, dass Ryuichi nach ihm suchen wird, um ihn zu töten. Wenn nicht er, dann jemand anderes. Daher ist es am sichersten, wenn immer mindestens einer von uns in seiner Nähe bleibt." Der schwarzhaarige Mann nickte kurz, dann nickte er. Er wusste nicht, warum Sugi ihm nun helfen wollte. Mochte er den Jungen tatsächlich? Oder ging es ihm nur darum, Teru einen Gefallen zu tun, weil sie schon so lange befreundet waren? Schließlich fiel ihm noch etwas ein... Er verdrehte die Augen. "Gut... dann werde ich ihn heute abend mit zur Probe nehmen, egal, was Takuro sagt. Ihn alleine hier zu lassen, ist zu riskant. Und du kannst ihn ja schlecht mitnehmen..." Seufzend schlug Sugizo sich vor die Stirn. "Stimmt ja! Heute abend ist ja Probe! Das hätte ich beinahe vergessen! Du hast Recht, dann wirst du ihn wohl mitnehmen müssen. In deiner Band wird ihm wohl keiner nach dem Leben trachten. Es sind ja schließlich Menschen..." Angewidert verzog er das Gesicht. "Wirklich, Teru-chan, wie du das aushältst mit den ganzen Sterblichen um dich herum wird mir immer ein Rätsel bleiben." "Als du sie das letzte Mal gesehen hast, schienst du nichts gegen sie zu haben. Du hast sie sogar als 'nett' und 'sympathisch' bezeichnet", wandte Teru leicht gekränkt ein. Sugizo sah auf. "Im Grunde habe ich auch nichts gegen sie persönlich. Aber ich könnte nicht auf Dauer mit ihnen zusammen sein. Sie sind mir einfach zu... menschlich... Menschen sind verdorben." "Aber nicht alle von ihnen!" "Das habe ich ja auch gar nicht behauptet, dass alle verdorben sind. Ausnahmen gibt es immer. Aber trotzdem kann man ihnen nicht trauen. Sie verachten uns!" Sugizo schnaubte. "Überleg doch nur, was sie im Laufe der Jahrhunderte nicht alles getan haben, weil sie uns vernichten wollten! Wie viele von uns haben diese verdammten Sterblichen nun schon auf dem Gewissen?!" "Sie haben Angst vor uns...", wandte Teru ein. "Nicht ganz zu Unrecht." "Du weißt, was ich meine!" "Natürlich weiß ich das... deswegen kannst du aber nicht davon ausgehen, dass alle Menschen gegen uns sind. Und heutzutage unternimmt doch kaum noch jemand etwas gegen uns..." "Ach... und woran liegt das?! Bestimmt nicht daran, dass sie heute weniger Angst vor uns haben als damals!" Sugi fuhr sich aufgebracht durch die Haare. "Sie glauben nicht mehr daran, dass es uns gibt! Für die sind wir doch nur noch Ausgeburten der Phantasie von irgendwelchen Autoren! Uns gibt es doch ihrer Meinung nach nur in Romanen und schlechten Hollywood-Produktionen!" "Klar...", murmelte Teru. "Und dafür können wir im Grunde dankbar sein... Sonst wären wahrscheinlich kaum noch welche von uns übrig... wenn überhaupt jemand..." "Und dann glaubst du noch an die Menschen?!" "Was würdest du tun, um dich vor etwas zu schützen, vor dem du Angst hast? Du willst doch genauso sicher gehen, dass dich niemand umbringt!" "Natürlich!" "Kannst du es den Menschen dann verübeln, dass sie dasselbe tun?" Sugizo öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern. In Ermangelung einer passenden Antwort schloss er ihn allerdings wieder. Teru seufzte. "Shuichi ist ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alle Menschen so sind, wie du sie siehst... Er glaubt an Vampire - ansonsten würde er uns sicher nicht glauben, dass wir welche sind - und er verachtet uns auch nicht. Im Gegenteil, er scheint uns beide sogar zu mögen. Nur vor Ryuichi hat er Angst, was ich ihm nicht verübeln kann." Yasuhiro zog die Augenbrauen hoch. "An seiner Stelle hätte ich auch Angst vor ihm. Ryuichi ist, wie es aussieht, wirklich nicht mehr ganz bei Trost, nach dem, was du mir erzählt hast..." Der schwarzhaarige Mann blickte düster drein. "Ich weiß nicht, warum - aber irgendwie habe ich das Gefühl, Ryuichi macht das alles nur, um mich in Schwierigkeiten zu bringen." "Wieso sollte er das tun?" Sugizo war verwirrt. "Vielleicht ist er eifersüchtig." "Das ist völlig unmöglich! Wieso sollte er eifersüchtig sein?" Der Mann mit den dunkelroten Haaren verstand nicht, worauf sein Freund hinaus wollte. "Woher soll ich das wissen?" Teru seufzte. "Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein." Er warf einen Blick auf die Uhr. "Du solltest dich langsam auf den Weg machen, sonst kommst du noch zu spät zur Probe und Ryuichi lyncht dich womöglich auch noch..." "Das soll er ruhig mal versuchen! Ich werde ihm schon zeigen, wo es lang geht..." "Du wirst nichts dergleichen tun." "Und was dann?" "Versuch einfach herauszufinden, was das Ganze soll." "OK... Und was ist mit dir? Soll ich dich zu deinen Menschen bringen?" Teru zog eine Augenbraue hoch. "Hisa holt mich ab." Sugi verzog das Gesicht. "Du bist wirklich zu viel unter Menschen...", seufzte er. "Wir sehen uns dann später." Er stand auf und ging zur Tür. Als er sie öffnete, stand vor ihm ein junger Mann mit orange gefärbten Haaren, der gerade klingeln wollte. "Hallo, Tonomura-san. Teru erwartet Sie bereits", meinte er und ging an dem Mann vorbei, ohne dabei noch ein weiteres Wort zu verlieren. Blinzelnd sah Hisashi ihm nach, dann schüttelte er seufzend den Kopf und betrat Teru's Wohnung. "Aaaaaaaaaaaah!!!" Sakano liefen die Tränen in Strömen über die Wangen. Er drehte sich wie ein Kreisel, bis er krachend an der Wand stoppte und dann umfiel. Laut schluchzend blieb er auf dem Boden liegen. "Nun übertreib mal nicht wieder so maßlos!", brummte K. "Nur weil Shuichi mal einen Tag krank ist, geht die Welt nicht unter." Der Produzent schien ihm nicht zuzuhören, sondern jammerte kläglich vor sich hin. "Das ist eine Katastrophe! Wenn das die Presse erfährt!" Wie so oft stand der schwarzhaarige Mann kurz vor einem totalen Nervenzusammenbruch. Der blonde Amerikaner verdrehte seufzend die Augen. Wieso drehte Sakano immer gleich durch? Er dachte, dass Seguchi damals die richtige Entscheidung getroffen hatte, als er Sakano als Manager entlassen und ihn stattdessen lieber als Produzenten von Bad Luck eingesetzt hatte. Ein solches Nervenbündel als Manager zu haben, würde keine Band weiter bringen. Aber es war auch schwierig, einen solchen Produzenten zu haben. Auch wenn K zugeben musste, dass Sakano sich in der letzten Zeit um einiges gebessert hatte. Jetzt drehte er nur alle paar Tage mal durch, statt wie vorher ein paar Mal am Tag. K seufzte wieder. Er stand auf, verließ den Raum und ließ Sakano liegen, wo er war. Es konnte noch eine Weile dauern, bis der Mann seine Fassung wiedererlangt hatte. Und der Manager hatte keine Lust, sich das die ganze Zeit mit ansehen und anhören zu müssen, bis es endlich soweit war. Fujisaki und Hiro hatte er längst nach Hause geschickt. Nur er und Sakano waren in der Firma geblieben. Sakano, weil er nicht in der Lage war, irgendwo hinzugehen, bis er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte... und er, weil er noch einiges zu erledigen hatte. Zunächst hatten K und Seguchi alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, damit die Presse nichts von dem Vorfall erfuhr. Nun wollte der Manager herausfinden, wer dieser Kobashi war. Als Hisashi Teru's Wohnungstür hinter sich schloss, hörte er, wie sein Freund und Kollege sich mit jemandem unterhielt. Anscheinend hatte der Sänger in der letzten Zeit ziemlich viel Besuch. Jedes Mal, wenn Hisa hier war, war auch noch irgendjemand anderes da. Hatte Teru etwa Angst, mit ihm allein zu sein? Obwohl das eigentlich völliger Quatsch war. Wenn Teru bei ihm zu Besuch war, waren sie ja auch allein. Der Gitarrist ging in die Küche und wunderte sich darüber, dass dort niemand war. Er hatte doch eindeutig gehört, dass Teru mit jemandem gesprochen hatte! Wieso war dann hier niemand? Dann hörte er wieder Teru's Stimme - sie kam aus seinem Schlafzimmer. Hisashi blinzelte. Mit wem konnte sich der Sänger dort unterhalten? Er ballte die Hände zu Fäusten. Hatte Teru etwa Frauenbesuch? Aber was hatte Sugihara dann hier gemacht? Er schluckte. Etwa ein Dreiecksverhältnis? 'Was geht es mich an?', dachte der Gitarrist, ging zum Kühlschrank und nahm sich eine Dose Bier heraus. Dann setzte er sich an den Tisch, zog den Aschenbecher zu sich heran und zündete sich eine Zigarette an. Seine Finger zitterten. Was war nur mit ihm los? Teru und Hisashi waren seit etwa zwei oder drei Jahren zusammen in der Band - auch wenn sie bisher noch mehr erfolglos waren als alles andere - und sie waren mittlerweile recht gut befreundet. Mehr nicht. Er wusste nicht einmal besonders viel über den Sänger, da dieser kaum mal etwas über sich erzählte. Anfangs hatten sie nicht einmal miteinander gesprochen, weil beide zu schüchtern gewesen waren, auf den jeweils anderen zuzugehen. Sie hatten damals praktisch nur über ihren Bandleader Takuro kommuniziert - wenn überhaupt. Warum machte es ihm jetzt etwas aus, dass Teru Frauenbesuch haben könnte? Eigentlich konnte es ihm egal sein. Aber das war es nicht. Hisashi seufzte, drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und zündete sich eine neue an. Er nippte an seinem Bier und wartete darauf, dass Teru aus dem Schlafzimmer kam. Mit wem auch immer er dort drin sein mochte. Kapitel 7: Transient... ----------------------- Shuichi saß auf dem Futon und blätterte in einem Buch, das auf dem Boden gelegen hatte, als Teru ins Schlafzimmer kam. "Gut, dass du wach bist", meinte der schwarzhaarige Mann. Shindou blinzelte verwirrt. "Warum? Stimmt etwas nicht?" Teru schüttelte lächelnd den Kopf. "Es ist nichts Schlimmes. Ich muss gleich zur Bandprobe und ich wollte dich fragen, ob du nicht Lust hast, mitzukommen." Shuichi's Augen leuchteten. "Sie sind auch in einer Band?", fragte er begeistert. "Wie heißt die Band? Kenne ich sie?" Teru grinste. "Wahrscheinlich nicht. Glay sind noch ziemlich unbekannt. Leider besucht kaum jemand unsere Konzerte, weil uns keiner kennt. Aber das wird sich sicher irgendwann ändern. So leicht geben wir nicht auf." Der pinkhaarige Junge sah ihn ernst an. "Meine Band war anfangs auch nicht bekannt. Aber ich kann mal mit meinem Manager reden, der kann bestimmt etwas für euch tun!" "Das kannst du vielleicht später machen. Der eigentliche grund, warum ich dich mitnehme, ist, damit du in Sicherheit bist und dich niemand umbringt", meinte Teru ernst. Shindou blinzelte. "In Sicherheit? Ich dachte, ich muss sterben, weil ich zu viel weiß? Wieso wollen Sie dann dafür sorgen, dass mich keiner umbringt?" Der junge Sänger verstand das Ganze nun wirklich nicht. Der schwarzhaarige Mann lachte kurz auf. "Denkst du etwa, ich habe dich vor Ryuichi gerettet, um dich jetzt einfach sterben zu lassen?" Er schüttelte den Kopf. "Sugizo hält zwar eigentlich nicht allzu viel von Menschen, aber er scheint dich trotzdem zu mögen. Er hilft mir, eine Lösung zu finden, damit du nicht sterben musst. Und solange wir diese Lösung nicht gefunden haben oder absolut sicher sind, dass es keine gibt, lasse ich dich nicht einfach so sterben." Shuichi war sprachlos. Dieser Mann wollte ihn tatsächlich retten? Und da, obwohl er seinetwegen schon in Schwierigkeiten geraten war. Teru war wirklich unglaublich! "Okay", meinte Teru schließlich. "Mein Kollege Hisashi holt uns ab. Er sitzt in der Küche und wartet." "Woher wissen Sie das? Seit Sugizo gekommen ist, hat doch niemand mehr geklingelt..." Shuichi war verwirrt. Teru zwinkerte ihm zu. "Sugi ist vorhin gegangen und da stand Hisashi schon vor der Tür, daher musste er gar nicht klingeln. Ich hab die beiden reden hören." Der pinkhaarige Junge beschloss, dem Mann vorerst keine weiteren Fragen zu stellen, die ihn eventuell noch mehr in Schwierigkeiten bringen konnten. Er wollte nicht, dass Teru nur seinetwegen bestraft wurde. Dafür war er viel zu nett. "Das heißt also, dass ich auch nicht zur Arbeit gehen kann, solange die Sache nicht geklärt ist?", wollte er noch wissen. Teru nickte. "Es ist zu riskant, wenn du alleine unterwegs bist. Außer Sugizo und mir wird sich wohl kaum einer bereit erklären, dich zu beschützen. Und ein Mensch alleine kann gegen einen Vampir nicht sonderlich viel ausrichten. Gut, ich könnte dich theoretisch zur Arbeit bringen und wieder abholen, aber da ich selbst arbeiten muss, fällt das wohl aus." Shuichi seufzte. "Sakano wird ausrasten... Es würde mich nicht wundern, wenn er aus lauter Verzweiflung vom Dach springen würde..." Er würde es wohl in Kauf nehmen müssen, dass er ständig in Begleitung eines Vampirs bleiben musste. Nun ja... wenn es nette Vampire wie Teru und Sugizo waren, konnte er eigentlich noch ganz gut damit leben. Auch wenn es ihm nicht gefiel, dass er vorerst ohne seine Musik sein musste... Außerdem gab es da noch ein kleines Problem... "Was ist mit Yuki?" "Yuki wird wohl eine Weile ohne dich zurechtkommen. Sakuma-san wollte ihm Bescheid sagen, dass du heute und morgen hier bist. Ich hätte es ihm selbst gesagt, aber ich konnte ihn nicht erreichen. Ich werde morgen noch einmal versuchen, ihn anzurufen, und ihm sagen, dass du noch etwas länger bleiben musst...", antwortete Teru. "Arigatou", murmelte Shindou und stand auf. Teru stand ebenfalls auf. Sie konnten Hisashi nicht ewig warten lassen. An der Tür blieb Shuichi noch einmal stehen. "Irgendwie ist es mir schon ein wenig unangenehm, dass ich Ihnen jetzt zur Last falle..." "Ach was, du fällst mir nicht zur Last. Außerdem war es meine Entscheidung, dich hierher zu bringen. Ich habe uns in diesen Schlamassel reingebracht. Und ich hole uns da auch wieder raus. Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich hatte schon viel schlimmere Probleme", erwiderte der schwarzhaarige Mann. Shuichi sah ihn zweifelnd an, sagte aber nichts. Er würde Teru wohl vertrauen müssen. Teru öffnete die Tür und ging in die Küche. Als er Hisashi am Tisch sitzen sah, strahlte er über das ganze Gesicht. "Tono-chan! Schön, dich zu sehen! Hat Sugi dich reingelassen?" Er sah auf die Uhr. "Wie kommt es, dass du so früh schon hier bist?" Der Angesprochene sah auf. "Ich bin mit Absicht früher gekommen, weil ich weiß, dass es etwas länger dauern kann, bis wir los können. Wenn wir wieder zu spät kommen, wird Takuro irgendwann noch ausrasten und uns köpfen. Und ja, Sugihara hat mich reingelassen, als er vorhin gegangen ist." Shuichi, der hinter Teru stand, warf einen vorsichtigen Blick auf Hisashi. Er sah nett aus, wirkte allerdings nicht besonders glücklich, wie er fand. Möglicherweise lag das daran, dass ihre Band noch nicht bekannt war. Nun fiel Hisa der pinkhaarige Junge auf, der vorsichtig hinter Teru hervor schaute. Er war bestimmt nicht älter als 18 oder 19. Was machte der Kleine hier? Doch nicht etwa...? Der Gitarrist zog eine Augenbraue hoch. "Tekko, was um alles in der Welt macht dieses Kind hier? Und wieso kommst du mit ihm aus deinem Schlafzimmer?", fragte er entsetzt. Er ärgerte sich darüber, dass es nicht so unbeteiligt klang, wie es eigentlich sollte. Teru sah Hisashi verwirrt an. "Kind?" Er drehte sich zu Shuichi um. Der Junge schien nicht minder verwirrt zu sein. Dann wandte er sich wieder an seinen Kollegen. "Du denkst doch nicht etwa...?" Er lachte. "Da liegt wohl ein Irrtum vor." Hisa legte die Stirn in Falten. "Der Junge ist eindeutig minderjährig und du bist gerade mit ihm zusammen aus deinem Schlafzimmer gekommen. Wo ist da der Irrtum?" Der schwarzhaarige Mann grinste. "Nicht in dem, was du siehst, liegt der Irrtum, sondern in dem, was du denkst." "Woher willst du wissen, was ich denke?" "Anhand deiner Reaktion gerade?" Er grinste noch breiter. Hisashi schwieg und sah ihn grimmig an. "Was du mit anderen Leuten in deiner Wohnung machst, geht mich nichts an", brummte er schließlich. Teru verzog das Gesicht. "Das hörte sich aber ganz anders an." Er legte Shuichi einen Arm um die Schultern und schob den Jungen nach vorne. "Darf ich vorstellen? Das ist Shindou Shuichi. Er wird für eine Weile bei mir wohnen und auch mit zu den Proben kommen." Der Blick des Gitarristen verfinsterte sich. "Ob er bei dir wohnt, ist deine Sache. Bei den Proben haben Takuro und ich noch ein Wörtchen mitzureden." Shuichi sah unsicher von einem zum anderen. "Ich glaube, ich bleibe lieber hier. Ich will keinen Ärger machen", wisperte er mit zitternder Stimme. Hisashi machte ihm irgendwie Angst. "Du kommst mit", murmelte Teru. "Wenn ich Takuro die Situation erkläre, wird er sicher nichts dagegen haben." "Würdest du es mir dann auch gefälligst erklären?", verlangte Hisashi. "Ich gehöre schließlich auch zur Band!" Teru seufzte und setzte sich zu seinem Kollegen an den Tisch. "Also, die Sache sieht folgendermaßen aus..." 'Please enter your password!' K überlegte kurz und gab dann sein geheimes Sicherheitskennwort ein. Er hoffte, dass es noch gültig war. Schließlich arbeitete er seit Jahren schon nicht mehr beim Secret Service. Während sein Passwort vom System überprüft wurde, dachte er nach. Eigentlich hatte sich dieser Kobashi am Telefon sehr nett und freundlich angehört. Aber irgendetwas war faul an dieser Sache. Der blonde Amerikaner konnte sich nicht vorstellen, dass Shuichi einfach so mitten auf der Straße umgekippt war. Das war dem Jungen noch nie passiert und würde ihm wohl auch nicht passieren. Und selbst, wenn es so war... Kein Mensch nahm einfach aus reiner Gutherzigkeit jemanden mit zu sich nach Hause, um sich um ihn zu kümmern. Schon gar nicht, wenn er diesen Jemand gar nicht kannte. Bestenfalls hätte er einen Krankenwagen gerufen oder ihn in das nächste Krankenhaus gebracht. Ein schriller Signalton riss ihn aus seinen Gedanken. Das System bestätigte die Gültigkeit seines Passworts. Zum Glück. Nun blieb nur noch zu hoffen, dass er schnell fand, wonach er suchte. Er tippte den Namen des Mannes, der ihn wegen Shuichi angerufen hatte, ein und wartete wieder, bis das System seine Anfrage bearbeitet hatte. "Was machst du hier?", hörte er Sakuma's Stimme hinter sich. K drehte sich um und sah in zwei neugierige blaue Augen. "Ryuichi!", brummte der Manager. "Du solltest dich nicht so von hinten an mich heranschleichen! Ich könnte dich versehentlich erschießen, wenn du mich so erschreckst!" Sakuma blinzelte verwirrt und umklammerte Kumagorou noch fester. "Tut... tut mir Leid, K! Das wollte ich nicht..." Er schniefte. K seufzte. "Ist schon in Ordnung. Es ist ja nichts passiert." Er drehte sich wieder zu seinem PC um. Der Suchlauf war beendet und auf dem Bildschirm war ein Foto mit den dazugehörigen Daten zu sehen. Ryuichi sah auf den Monitor. "Hey, das ist doch der nette Mann, der sich um Shu-chan kümmert!", rief er erstaunt aus. K nickte. "Bist du sicher, dass er so nett ist?" "Auf jeden Fall! Ich war vorhin noch da, um Shuichi zu besuchen. Er hat Shu-chan sogar auf seinem Futon schlafen lassen!", meinte Sakuma. "Und wo schläft er, wenn Shuichi auf seinem Futon liegt?", wollte der blonde Amerikaner wissen. Ryuichi überlegte. "Ich weiß nicht... wahrscheinlich auf dem Boden. Auch wenn der nicht gerade sehr bequem aussieht." K zog beide Augenbrauen hoch. Ryuichi mochte vielleicht wirklich davon überzeugt sein, dass dieser Kobashi tatsächlich so überaus freundlich war, aber der grünhaarige Sänger fand anfangs jeden Menschen nett, wenn er ihn kennen gelernt hatte - und meistens auch später noch. Er hielt sogar Seguchi Tohma für einen gutherzigen und netten Menschen, obwohl dieser eher manipulativ und äußerst berechnend war. K hatte kein gutes Gefühl dabei. Er fand, dass dieser Kobashi Teruhiko für sein Alter erstaunlich jung aussah, auch wenn er so alt noch gar nicht war. Aber diese Tatsache beunruhigte ihn eigentlich nicht. Sakuma sah auch viel jünger aus als er war. Ihn wunderte mehr, dass ein so junger Mensch sich um Shuichi kümmerte. Außerdem hatte er sich am Telefon wesentlich älter angehört. Auch dass der Mann direkt nach der Highschool bei seinen Eltern in Hakodate ausgezogen und nach Tokyo gekommen war, war nicht ungewöhnlich. Viele junge Leute zogen nach der Schule in Großstädte und wollten erfolgreich sein. Wenn sie es sich leisten konnten und nicht schon in einer Großstadt wohnten. "Hm...", überlegte er. "Wie kann er es sich leisten, den Jungen zu versorgen? Er ist nur ein einfacher Lagerarbeiter. Er verdient gerade mal genug, um seine Wohnung zu bezahlen und sich gerade mal die nötigsten Lebensmittel kaufen zu können, damit er nicht ganz verhungern muss." "Ausgehungert sah er eigentlich nicht aus", warf Sakuma ein. "Er hat vielleicht nicht viel, aber genug, dass es reicht." "Für einen alleine würde es vielleicht so gerade noch reichen", murmelte der blonde Amerikaner. "Aber für zwei?" "Shuichi hat doch selber Geld... außerdem geht er morgen eh wieder nach Hause!" "Wer sagt das?" "Teru sagt das!" "Was hat er noch gesagt?", wollte K wissen. "Dass es Shuichi wieder besser geht. Er braucht zwar noch ein wenig Ruhe, aber er kann morgen wieder nach Hause gehen." K runzelte die Stirn. Nach dem, was Ryuichi sagte, gab es eigentlich keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Aber dennoch tat er es. Auch wenn er nicht so recht wusste, warum. In diesem Moment klingelte Sakuma's Handy. "Hai na no da!", meldete er sich so laut, dass K zusammenzuckte. "Ah! Shu-chan! Was gibt es?" Der blonde Amerikaner sah überrascht auf. Warum rief der pinkhaarige Junge nun bei Ryuichi auf dem Handy an? Der grünhaarige Sänger legte sorgenvoll die Stirn in Falten. "Oh, ich verstehe... Hai, ich werde es ausrichten..." Eine Weile lauschte er. Dann leuchtete sein Gesicht auf. "Huh? Cool!", rief er begeistert aus. "Okay no da! Dann mal gute Besserung und pass auf dich auf. Und grüß Teru und Sugi von mir!" Schließlich steckte er sein Handy wieder weg. K sah ihn fragend an. "Was wollte Shuichi? Und was sollst du wem ausrichten?", wollte er wissen. "Ich soll dir und Yuki ausrichten, dass er doch noch etwas länger krank ist. Er bleibt solange bei Teru." "Und wer ist Sugi?" "Ein Freund von Teru. Er ist auch sehr nett! Vor allem mag er Kuma-chan!", freute Ryuichi sich. "Außerdem soll ich dir von Shu-chan noch sagen, dass Teru auch eine Band namens 'Glay' hat. Sie sind noch nicht bekannt und du sollst sie dir mal ansehen. Vielleicht kannst du ja was für sie tun, damit sie bekannt werden!" K schüttelte seufzend den Kopf. Scheinbar sorgte Shuichi sich wieder mehr um andere als um sich selbst. Aber anhand dessen, was der Junge ihm durch Ryuichi hatte ausrichten lassen, hatte er jetzt noch mehr Anhaltspunkte, um etwas über Kobashi herauszufinden... Kapitel 8: Delay... ------------------- Als Shuichi den Hörer auflegte, sah Hisashi ihn abschätzend an. "Ich bin immer noch der Meinung, dass du ihn zu seinen Eltern nach Hause schicken solltest", meinte er zu Teru. "Er wohnt schon länger nicht mehr bei seinen Eltern", erwiderte der Sänger. "Dann halt zu seinem Freund oder was weiß ich!" "Hier hat er es wesentlich besser!" Hisashi schüttelte seufzend den Kopf. "Du bist einfach viel zu gutmütig, Tekko. Du kannst es dir nicht leisten, den Jungen auch noch zu versorgen! Du hast gerade mal genug Geld für dich selbst!" Shindou ballte die Hände zu Fäusten, als er das hörte. "Na und? Ist das wichtig? Teru muss doch gar nicht alles für mich bezahlen!", meinte er wütend zu Hisashi. "Ich habe selber Geld, das ich mit meiner Musik verdiene. Und wenn Teru was braucht, kann er es von mir haben! Außerdem habe ich Teru nicht dazu gezwungen, mich hier zu behalten - das tut er freiwillig!" Der Junge atmete schwer und schloss die Augen. Dieser Wutausbruch hatte ihn angestrengt. Normalerweise wäre das kein Problem - wäre da nicht der Blutverlust, von dem er sich noch immer nicht so richtig erholt hatte. Ihm wurde schwindelig und er taumelte. Teru stand auf, um den pinkhaarigen Jungen zu stützen, damit er nicht hinfiel. "Jetzt siehst du, wie schlecht es ihm geht!", fuhr er den Gitarristen an. "Bist du immer noch davon überzeugt, dass es besser ist, ihn wegzuschicken?" Hisa biss sich auf die Unterlippe und sah Shuichi an. "Mach, was du willst!", murmelte er. "Aber bist du sicher, dass es gut für den Jungen ist, wenn er mit zur Probe kommt?" "Das ist mir immer noch lieber, als ihn hier unbeobachtet allein zu lassen! Wenn er im Proberaum umkippen sollte, kann sich wenigstens direkt einer um ihn kümmern. Hier nicht, wenn ich nicht da bin!", erwiderte Teru. Der junge Gitarrist nickte. "Du hast Recht. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn wir ihn im Auge behalten. Teru sah auf die Uhr. "Mist!" "Was ist denn?" "Wir kommen zu spät!" Hisashi's Augen wurden immer größer. "Ich hab's geahnt...", seufzte er. "Takuro wird uns umbringen!" Ungeduldig lief Takuro im Raum auf und ab. "Wo bleiben die beiden nur schon wieder?", schimpfte er. "Jedes Mal, wenn die beiden zusammen zur Probe kommen, sind sie zu spät!" Der Bandleader von Glay blieb stehen und drehte sich auf dem Absatz um, um den Raum erneut zu durchqueren. "Ich möchte mal wissen, was die beiden immer machen! Wenn sie getrennt zur Probe kommen, sind sie doch auch pünktlich!" Jiro, der die ganze Zeit still auf einem Stuhl saß und seinen Bass stimmte, sah zu ihm auf. "Jetzt reg dich doch nicht so auf, sie sind bestimmt bald da", versuchte er, Takuro zu beruhigen. Der große Gitarrist blieb wieder stehen und zog eine Augenbraue hoch. Er wunderte sich darüber, wie der Bassist so ruhig bleiben konnte. Normalerweise war Jiro doch der größte Hitzkopf unter ihnen. "Mir tut es vor allem Leid für dich", meinte der Bandleader nun. "Ich habe dich gebeten, uns für eine Weile auszuhelfen, weil wir keinen Bassisten mehr haben und Hisa das Bassspielen leid ist. Und nun verschwenden wir hier deine Zeit." Der blonde junge Mann lächelte. "Es braucht dir nicht Leid zu tun, Takuro. Ich hab doch gesagt, ich helf euch gern. Und seit ich bei meiner alten Band ausgestiegen bin, habe ich eh nichts anderes zu tun. Außerdem macht es mir mehr Spaß, mit euch zu spielen." Takuro wollte gerade etwas darauf erwidern, als die Tür schwungvoll aufgerissen wurde. Keuchend betrat zuerst Hisashi den Raum, dann Teru, gefolgt von einem pinkhaarigen Jungen. "Gomen, dass wir zu spät sind", entschuldigte sich Teru nach Luft ringend - ihm machte das schnelle Laufen nichts aus, aber es würde sehr seltsam wirken, wenn Hisashi und Shuichi vollkommen außer Atem waren und er nicht. "Aber wir haben eine Erklärung dafür!" "Dann bin ich ja mal gespannt, was ihr für eine Ausrede auf Lager habt", entgegnete Takuro aufgebracht und verschränkte die Arme. "Sie sollte besser gut sein!" Sein Blick fiel auf Shuichi. "Wer ist das?", wollte er wissen. "Das ist...", schnaufte Hisa. "Das ist der Grund, warum wir zu spät sind." Shuichi versteckte sich halb hinter Teru. Der große Mann schien wütend zu sein und Shuichi wollte seinen Zorn nicht auf sich ziehen - das kannte er von Yuki schon zur Genüge. Jiro und Takuro sahen Hisashi ungläubig an. "Geht das vielleicht auch ein kleines bisschen ausführlicher?", brummte der Bandleader. Shuichi trat einen Schritt vor. Der Musiker machte ihm zwar ein wenig Angst, aber deswegen konnte er sich trotzdem nicht mit ansehen, wie Teru und Hisashi seinetwegen Ärger bekamen. "Ich bin Shindou Shuichi von Bad Luck. Ich hatte gestern abend einen... Unfall und Teru hat mir geholfen." Der schwarzhaarige Sänger nickte. "Der Junge ist noch nicht wieder ganz auf den Beinen. Ich habe ihn mitgebracht, damit ich ihn im Auge behalten kann, falls er wieder umkippen sollte. Ich hielt es für zu riskant, ihn allein zu lassen." "Und nur deswegen seid ihr zu spät?", wunderte sich Jiro. Hisashi schüttelte den Kopf. "Nein... ich war zuerst dagegen, den Jungen mitzunehmen. Es hat ein wenig gedauert, bis Teru mich davon überzeugt hat, dass es eigentlich doch besser ist. Außerdem könnte dieser Junge vielleicht unsere Chance sein, bekannt zu werden." Takuro blinzelte. "Warum ausgerechnet er?" "Ich habe einen verdammt guten Manager", meldete sich Shuichi wieder zu Wort. "Und ich habe vorhin noch mit einem Freund telefoniert, damit er ihm ausrichtet, dass er zu einem eurer Konzerte kommt. Er kann mit Sicherheit etwas für euch tun." "Hm", meinte Takuro, nachdem er einen kurzen Moment nachgedacht hatte. "Also gut. Wieso nicht?" Er sah Teru und Hisashi strafend an. "Ab sofort kommt ihr trotzdem pünktlich! Ist das klar?" Die beiden Musiker nickten. Schweigend packte Hisa seine Gitarre aus und machte sich daran, sie zu stimmen. Teru suchte nach seinem Mikrophon. "Wo ist eigentlich unser Drummer?", wollte er wissen, als er es gefunden hatte. "Der ist vorhin gegangen. Er hatte keine Lust mehr, auf euch zu warten", antwortete Takuro. "Das heißt, wir müssen jetzt ohne Schlagzeuger proben?" Jiro nickte. "Sieht wohl so aus." Hisa sah von seiner Gitarre auf. "Wie sollen wir das machen? Ohne Drummer können wir nicht proben!" "Wärt ihr pünktlich gewesen, wäre er noch hier", brummte Takuro. "Es muss ohne gehen." "Ich kann ja Schlagzeug spielen!", schlug Teru eifrig vor. Es war ihm ohnehin viel lieber, hinter dem Drumset zu sitzen, als sich am Mikro zum Affen zu machen. Auch wenn es normalerweise nie mehr als zehn Leute waren, die dabei zusahen. Aber genau das war ja das Peinliche daran. "Toll! Und wer soll dann singen?", wandte Hisa ein. "Shuichi!" Allen klappte der Kiefer runter. "Ich?", fragte Shuichi leise. "Aber ich kenne doch die Texte gar nicht." "Ach, das passt schon!", meinte Teru aufgeräumt und schlug dem pinkhaarigen Jungen auf die Schulter. "Die lernst du sicher schnell. In deiner Band bist du ja auch Sänger. Außerdem ist es ja nur für die heutige Probe." "Da wäre ich mir nicht so sicher...", murmelte Jiro. "Eh? Wieso das?", fragte Hisashi verwundert. "Weil Akira ausgestiegen ist. Er kommt nicht mehr. Als er vorhin gegangen ist, meinte er, dass es ihm Leid tut, aber mit unzuverlässigen Leuten kann er nicht arbeiten", warf Takuro ein. "Und das sagst du uns erst jetzt!", fuhr Hisa auf. "Aber ihr wisst es nun!", erwiderte Jiro. "Was mischst du dich ein?! Du hilfst doch nur aus!" "Sei froh, dass ich hier bin!" "Wieso sollte ich?!" "Weil du sonst wieder Bass spielen müsstest!" "Besser ich spiele Bass, als dass Glay ohne Drummer ist!" "Könnt ihr beiden auch aufhören zu streiten?!", rief Takuro. "Aber..." "Nichts Aber!" Der Bandleader verschränkte die Arme. Hisashi seufzte. "Okay... aber was machen wir jetzt, wo Akira weg ist?" "Ist doch ganz klar!", meinte Jiro. "Wir brauchen einen neuen Drummer!" "Das ist mir auch klar!", fuhr der Gitarrist den armen Bassisten an. "Nur so lange wir den nicht haben, können wir nicht richtig arbeiten!" Takuro raufte sich verzweifelt die Haare. Erst kamen Teru und Hisashi mal wieder zu spät und nun konnten sie nicht arbeiten, weil kein Drummer mehr da war. Zu allem Überfluss mussten sich diese zwei Streithähne Jiro und Hisashi mal wieder in den Haaren liegen. "Wir machen eine Pause", sagte der Bandleader schließlich. Alle sahen ihn fragend an, selbst Hisashi und Jiro unterbrachen ihr Wortgefecht. "Eine Pause? Für wie lange?" "So lange, bis wir einen neuen Drummer haben und wieder arbeiten können", erwiderte Takuro matt. Es gefiel ihm nicht, jetzt einfach so mittendrin aufzuhören. Aber es ging nicht anders. Außerdem war es ja nicht für immer, sondern nur für eine kurze Zeit. Zumindest hoffte er das. "Und was machen wir in der Zwischenzeit?", fragte Teru leise. Auch ihm gefiel das Ganze nicht. Sugizo mochte noch so sehr auf die Sterblichen schimpfen, aber er mochte seine Band. Eigentlich dürfte er kein Problem haben, eine neue Band zu finden. Er konnte gut Schlagzeug spielen und noch besser singen. Musiker waren ersetzbar. Aber auch nur solange man sie nicht näher kannte und mit ihnen befreundet war. Er würde also warten, bis sie mit Glay weiter machen konnten. "Genau, was machen wir in der Zwischenzeit?", wollte auch Hisashi wissen. Auch er hoffte, dass diese Pause kurz ausfallen würde. Eine unbekannte Band war immer noch besser als gar keine. "In der Zwischenzeit...", setzte Takuro an und alle anderen im Raum lauschten ihm gebannt. Der große braunhaarige Mann seufte. "Im Moment können wir einfach nur abwarten. Und uns überlegen, was wir genau tun werden, wenn sich ein neuer Schlagzeuger findet." "Eh? Was meinst du denn damit?", wunderte sich Jiro. Hisashi versetzte ihm einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. "Genau deswegen sollst du ja nachdenken! Baka!" Jiro schmollte. "Soll das heißen, Glay löst sich auf?" "Niemals!" Alle sahen Teru erstaunt an. Noch nie hatten sie ihn so aufgebracht und entschlossen gesehen wie jetzt. "Glay bleibt bestehen! Wir alle haben bereits zu viele Opfer gebracht, als dass wir so einfach aufgeben könnten!" Er sah auffordernd in die Runde. "Oder will noch jemand außer Akira kneifen und aussteigen?" Hisashi seufzte, Jiro blinzelte verwirrt, Takuro schwieg. "Ihr könnt nicht so einfach aufgeben", meldete sich nun Shuichi zu Wort. "Auch ich habe hart dafür kämpfen müssen, um es mit meiner Band zu etwas zu bringen! Auch wenn ich oft nicht weiter wusste, ich habe nicht aufgegeben! Und es hat sich gelohnt! Für euch wird es sich auch lohnen!" Er sah die Member von Glay auffordernd an. "Ich hatte eigentlich nicht vor, aufzugeben", meinte Jiro. "Ich mag Glay und ich spiele gern mit Teru, Takuro und Hisashi zusammen." Takuro nickte. "Nach der Pause machen wir definitiv weiter. In der Zwischenzeit überlegen wir uns, was wir eventuell besser machen können." "Dann ist es also beschlossene Sache", stellte Hisa fest. "Aber dass mir ein Kind eine Moralpredigt hält, hätte ich nie für möglich gehalten..." "Irgendwie kommt mir dieser Typ bekannt vor...", murmelte K vor sich hin. "Ich weiß beim besten Willen nicht, wo ich ihn schon mal gesehen habe..." Sakuma blinzelte. "Du kennst Teru? Das habe ich ja noch gar nicht gewusst!" "Ich kenne ihn auch nicht wirklich. Ich weiß nur, dass ich dieses Gesicht schon einmal irgendwo gesehen habe. Das ist alles." Der blonde Amerikaner gab einen Befehl ein, damit das System in allen verfügbaren Datenbanken nach Teru's Bild, Daten zu Glay und eventuellen Freunden und Bekannten von dem Mann suchte. Er seufzte. "Das kann die ganze Nacht dauern...", meinte er zu Ryuichi und schaltete den Monitor aus. "Lass uns nach Hause gehen, es ist schon spät." Gemeinsam verließen die beiden den Raum und K schloss hinter sich die Tür ab. Es war ohnehin schon riskant, den PC einfach laufen zu lassen. Aber er hatte auch keine Lust, die ganze Nacht da zu sitzen und darauf zu warten, bis seine Anfrage bearbeitet war. Eigentlich wollte der Manager den grünhaarigen Sänger nach Hause fahren, doch der hatte keine Lust. Sugizo war gerade dabei, seine Gitarre neu zu stimmen, als Ryuichi verkündete, dass sie heute abend noch ein Konzert geben würden. Der Mann mit den langen roten Haaren sah auf. "Und das sagst du uns erst jetzt?" J seufzte. "Eigentlich sollten wir uns daran gewöhnt haben, dass er dauernd irgendwelche kurzfristigen Auftritte organisiert..." "Eigentlich schon, aber mich nervt diese dauernde Hetzerei! Wir sind keine Sterblichen, wir haben Zeit!" "Wenn es dir nicht passt, kannst du ja jederzeit aussteigen", brummte Ryuichi. "Vielleicht nimmt Teru dich ja in seiner Band auf." Sugizo verzog das Gesicht. "Erstens ist es nicht Teru's Band, er ist dort nur Sänger. Zweitens will ich nicht aussteigen. Drittens hast du das gar nicht zu entscheiden, ob ich die Band verlasse. Viertens haben Glay schon zwei Gitarristen, ein dritter wäre da wohl überflüssig. Fünftens besteht diese Band zu mindestens 75% - also bis auf Teru - aus Sterblichen! Was will ich da?!" "Ich dachte, du magst Teru so gern?" "Hast du etwa ein Problem mit ihm?" Sugizo sah Ryuichi wütend an. Hatte Teru etwa doch Recht gehabt mit seiner Vermutung, dass Ryuichi eventuell eifersüchtig war? Und wenn ja, auf was? Oder wollte er Teru einfach nur eins auswischen, wofür auch immer? "Ich habe kein Problem mit Teru selbst. Mir gefällt es nur nicht, dass er sich so viel mit Menschen abgibt. Wenn ich daran denke, dass er sein Leben für diesen Jungen riskiert, wird mir übel!", erwiderte Ryuichi. Mit jedem Wort, das er von sich gab, war er unsicherer, ob es das Richtige war, was er tat. Von Masaki aus durfte er niemandem sagen, dass er das alles - das mit dem Jungen und Teru - nur getan hatte, um einen Krieg zu verhindern. Und dass er Sugizo anbot, die Band zu verlassen, war nur, weil er hoffte, dass dieser sich dann mehr in Teru's Nähe aufhalten würde, und somit auch in der des Jungen. Somit könnten sich beide um den Kleinen kümmern und verhindern, dass Mana in seine Nähe kommt, wenn er selbst es schon nicht tun konnte. Teru allein war als Schutz für den Jungen doch etwas wenig, fürchtete er. Sugi nickte düster und warf Ryuichi einen finsteren Blick zu. Daher wehte also der Wind. "Teru macht das nur, weil er Mitleid mit dem Jungen hat. Schließlich ist er noch minderjährig und trotzdem von einem Vampir angefallen - sogar fast getötet - worden. Außerdem scheint der Junge es wert zu sein, gerettet zu werden." "Welcher Vampir hat es gewagt, einen Minderjährigen anzufallen und fast umzubringen?", wollte Shinya von Sugizo wissen. Yasuhiro sagte nichts, sondern sah Ryuichi nur weiterhin an und zog die Augenbrauen hoch. "Du meinst doch nicht etwa...?" J deutete auf Kawamura. "Genau", murmelte Sugihara. "Warum?", wandte sich J nun an Ryuichi. "Es war niemand sonst da und ich musste etwas essen", erwiderte der schwarzhaarige Mann. Wenn er ihnen doch nur die Wahrheit sagen könnte! Das wäre ihm lieber, als sie jetzt anlügen zu müssen! Er wusste genau, dass er ihnen nicht auf Dauer etwas vormachen konnte, auch wenn es im Moment noch zu funktionieren schien... Das würde Masaki ihm büßen, dass er ihn in solche Schwierigkeiten brachte! "Entweder machen wir uns jetzt langsam auf den Weg zu unserem Auftritt, oder ihr streitet euch jetzt hier deswegen und ich gehe allein!", versuchte er, die anderen von diesem äußerst heiklen Thema abzulenken. Und wider Erwarten funktionierte das sogar - zumindest vorerst. Kapitel 9: Confusion... ----------------------- "Cool! Guck mal, K! Da spielt eine Band!", rief Sakuma begeistert, als sie an einem kleinen Pub vorbei kamen. Der blonde Amerikaner verdrehte die Augen. "Willst du da jetzt wirklich rein?" Der grünhaarige Sänger wollte. Eigentlich hätte er sich das denken können. Wieso hatte er überhaupt erst gefragt? Er warf einen Blick auf das Schild, das am Fenster hing. 'Tonight's Live Act - Luna Sea' "Von denen habe ich noch nie etwas gehört", brummte der Manager. "Ich auch nicht. Deswegen will ich ja rein! Schade, dass Glay nicht hier auftreten. Ich hätte sie mir gern angesehen! Aber dazu komme ich sicher auch noch irgendwann! Jetzt will ich erst mal Luna Sea sehen!" Ryuichi schien sich vor lauter Begeisterung gar nicht mehr zurückhalten zu können. K seufzte und zog die Tür zu dem Pub auf. Er hatte zwar im Moment nicht wirklich Lust, sich mitten in der Nacht eine unbekannte Live Band anzusehen, aber er wusste, dass er Sakuma auf keinen Fall umstimmen konnte. Also würde er wohl in den sauren Apfel beißen müssen. Als die beiden den stickigen Pub betraten, war die Band gerade dabei, ihre Instrumente aufzubauen. K sah sich um. Viel Publikum war nicht anwesend, was darauf zurückzuführen war, dass Luna Sea nicht gerade bekannt waren. Ryuichi interessierte sich weniger dafür, wie viele Leute hier waren. Er betrachtete die Band genauer. Einer der Musiker stach ihm besonders ins Auge. Er hatte knapp hüftlanges, blutrot gefärbtes Haar und war gerade dabei, seine Gitarre am Verstärker anzuschließen. Als der Mann sich umdrehte, erkannte Sakuma ihn. "Sugizo!", rief er laut aus und stürmte direkt auf den Gitarristen zu. K zuckte bei dem Aufschrei zusammen und versuchte, den grünhaarigen Sänger zurückzuhalten, erwischte ihn allerdings nicht mehr. Die Member von Luna Sea sahen erstaunt auf und unterbrachen ihre Arbeit für einen Moment. Sakuma fiel Sugihara vor lauter Wiedersehensfreude um den Hals. Der rothaarige Mann war auf diesen 'Überfall' nicht vorbereitet gewesen und kippte nach hinten über - Sakuma mit ihm. "Ich hätte ja nicht gedacht, dass wir dich hier sehen! Wir wussten ja nicht, dass du auch in einer Band bist. Kumagorou hat dich vermisst!", schnatterte Ryuichi los, ohne von dem Gitarristen aufzustehen oder ihn loszulassen. "Ryuichi!", ächzte Sugi. "Geh bitte runter von mir, du bist schwer!" Der grünhaarige Mann stand auf und kratzte sich am Hinterkopf, er lächelte verlegen. "Gomen nasai, Sugi!" Froh darüber, das Gewicht auf seinem Oberkörper los zu sein, atmete Sugihara auf und erhob sich ebenfalls. "Daijoubu da", meinte er zu Sakuma. "Es überrascht mich, dich hier zu sehen, Ryuichi." "Ryuichi? Du kennst ihn?", fragte J verwundert. Sugizo nickte. "Flüchtig. Ich sehe ihn jetzt zum zweiten Mal." Er lächelte Sakuma zu, der recht zerknirscht wirkte und Kumagorou umklammerte. "Wie ich sehe, hast du Kuma-chan auch mitgebracht!", freute er sich. K trat neben den grünhaarigen Sänger und warf einen abschätzenden Blick auf J und Sugi. "Das ist der Freund von Kobashi, von dem du mir erzählt hast?" Ryuichi nickte eifrig. "Hai! Sou da yo!" "Hm." Der Mann mit den langen roten Haaren machte einen ganz netten Eindruck, auch wenn er K nicht ganz geheuer war. Dann fiel sein Blick auf den schwarzhaarigen Mann, der sie von der Bühne aus genauestens beobachtete. "Zwei Wochen!", schimpfte Hisashi, als er seine Zigarette im Aschenbecher ausdrückte. Sie saßen bei Teru in der Küche, rauchten und tranken Bier, was das Zeug hielt - mit Ausnahme von Shuichi, der auf Teru's Futon lag und schlief - und diskutierten darüber, was sie während ihrer 'Zwangspause' machen sollten. "Ich weiß nicht, warum du dich so aufregst, Tono-chan. Es sind doch nur zwei Wochen", murmelte Teru. "Wenigstens ist es nicht für immer." Der junge Gitarrist öffnete seine mittlerweile neunte Bierdose und sah den Sänger mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Du hängst sehr an Glay, ne?" Teru sah nicht auf und antwortete auch nicht. Hisashi krampfte das Herz zusammen, als er seinen Freund so niedergeschlagen dort sitzen sah. Die Band bedeutete ihm wirklich alles. Er selbst war oft demotiviert und frustriert gewesen, weil niemand zu ihren Konzerten kam. Teru war der größte Optimist unter ihnen, er hatte es immer wieder geschafft, sie alle aufzumuntern. Es war mehr als selten, den Sänger nun so deprimiert zu sehen. Der Gitarrist wusste nicht, woran es lag, aber egal, wie verzweifelt er war - wenn Teru sagte, dass alles gut werden würde... dann hatte Hisa das Gefühl, dass wirklich alles gut werden würde! Dann wusste er es einfach! Teru vermittelte ihm ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, das er zuvor nie gekannt hatte. Sanft legte er dem schwarzhaarigen Sänger eine Hand auf den Unterarm. "Es wird alles wieder gut, Tekko-chan. Du wirst sehen...", versuchte er, seinen Freund aufzumuntern. Nun sah Teru endlich auf. Er lächelte sogar ein wenig. "Arigatou, Tono...", meinte er leise. "Doumo. Dafür sind Freunde da", erwiderte Hisashi. "Aber wenn ich auf die Uhr sehe, wird mir schlecht." Teru sah auf die Uhr. Es war schon nach eins. Und sie mussten beide früh aufstehen und zur Arbeit gehen... Teru machte es zwar nichts aus, da er als Vampir nur sehr wenig Schlaf brauchte - wenn überhaupt - aber Hisashi war nun einmal ein Mensch. Und Menschen brauchten bekanntlich ihren Schlaf. "Soll ich dich nach Hause bringen?" "Wenn du willst!" "Klar, dann kann ich mir auf dem Rückweg noch etwas zu Essen besorgen. Langsam bekomme ich Hunger." Teru sah noch einmal nach Shuichi. Der Junge schlief tief und fest. Dann verließ er mit Hisashi leise die Wohnung. "Eigentlich hätte ich ja gesagt, du kannst bei mir schlafen. Aber da Shuichi im Moment da ist, ist das ein wenig ungünstig", meinte der Sänger entschuldigend. Der Gitarrist winkte ab. "Ist schon okay. Ich habe ja gesehen, dass es ihm nicht gut geht. Und ich weiß, wie sehr du dich immer um andere Menschen kümmerst." Er lächelte. "Ich verstehe nicht, wie du so hilfsbereit sein kannst. Du hast es doch selbst nicht gerade leicht." "Ach, ich komm schon zurecht." "Das mag sein. Aber ich mach mir trotzdem Sorgen. Ich... was ich sagen wollte... wenn irgendwas ist, kannst du immer zu mir kommen. Ich wollte nur, dass du das weißt." "Ich weiß." Teru schenkte ihm ein warmes Lächeln, bei dem sein Herz schneller schlug. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Was war nur mit ihm los in der letzten Zeit? "Stimmt etwas nicht?", fragte der Sänger besorgt. Hisa schüttelte den Kopf. "Nein, es ist nichts." "Sicher?" "Ja." Den Rest des Weges schwiegen beide. Als sie vor Hisashi's Tür ankamen, drehte sich der Gitarrist zu dem Sänger um. "Kommst du noch auf ein Bier mit rein?" Doch Teru schüttelte den Kopf. "Gomen, heute nicht. Ich will Shuichi nicht allzu lang allein lassen. Außerdem komme ich fast um vor Hunger. Ein andermal, ja?" Hisashi nickte. Er fand es schade, dass Teru direkt wieder gehen wollte. Aber er konnte verstehen, dass der Sänger besorgt um den Jungen war. "Ich komm euch die Tage mal besuchen", meinte er. Bevor er weiter sprechen konnte, trat Teru einen Schritt auf ihn zu. Der Gitarrist konnte den warmen Atem des schwarzhaarigen Mannes auf seinem Gesicht spüren. Er fühlte sich hilflos, als Teru seine weichen Lippen sanft über seine eigenen legte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. So überraschend, wie diese zärtliche Berührung gekommen war, so schnell war sie auch wieder vorbei. "Vergiss mich nicht", hauchte Teru ihm ins Ohr, drehte sich um und ging. Hisashi lehnte sich kraftlos gegen die Tür und sah dem Sänger atemlos nach. "Niemals...", flüsterte er, kurz bevor Teru in der Dunkelheit der Nacht verschwand. Kapitel 10: Suspect... ---------------------- Kawamura verzog keine Miene, als Sugi von diesem Menschen so stürmisch begrüßt wurde. Aber er fand es mehr als nur merkwürdig, dass der Gitarrist einen Sterblichen so nah an sich heranließ. So etwas war äußerst ungewöhnlich ... mehr noch, er konnte sich nicht daran erinnern, dass so etwas jemals vorgekommen wäre. Und er kannte Sugihara schon lange ... seit einigen Generationen ... »Woher kennt ihr euch denn?« wollte Shinya von Sugizo wissen. »Ach ... das ist eine lange Geschichte,« erwiderte dieser grinsend. Ryuichi zog eine Augenbraue hoch. Sugihara - und ein Mensch? »Ich will sie trotzdem hören!« forderte der Drummer. Sugi seufzte. »Später ...« »Warum nicht jetzt?« »Weil wir jetzt einen Auftritt haben, falls du dich daran erinnerst!« »Ja, aber ...« »Ich sagte: Später!« »Ist ja schon gut ...« Shinya schmollte. Ryuichi's Augen verengten sich. Anscheinend war er nicht der einzige, der ein Geheimnis hatte. Woher konnte Sugizo einen Sterblichen kennen? Durch Teru? Das war zumindest die einzige Möglichkeit, die ihm spontan einfiel. Schließlich wusste er, dass der Gitarrist in der Regel einen großen Bogen um die Sterblichen machte ... zumindest so lange er nichts essen wollte oder musste ... »Ui!« rief J breit grinsend aus. »Das heißt, du kennst ihn näher ...« Der rothaarige Gitarrist warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Ich sagte, ich kenne ihn flüchtig ... falls dein Gehör gelitten haben sollte ...« grollte er. Er ging einen Schritt auf den großen Bassisten zu und zog ihn am Ohr. »Soll ich ein bisschen nachhelfen, damit du wieder besser hören kannst und auch verstehst, wenn ich etwas sage?!« Nun trat Ryuichi von der Bühne und auf die beiden zu. »Beruhige dich, Sugi ...« meinte er beschwichtigend. »Wir können nicht auftreten, wenn ihr euch hier gleich noch an die Kehle geht ...« Die beiden wandten sich zu ihm um, Sugihara schien ihn mit seinen Blicken durchbohren zu wollen. »Du musst grad was sagen ...« »Suchst du Streit?« »Ich nicht, aber du scheinbar.« »Wer hat denn -« »Hüte deine Zunge, Sugihara, wenn du sie behalten willst!« Ryuichi sah ihn wütend an. »Du solltest lieber dein Temperament etwas zügeln!« »Willst du mir etwa drohen?!« fuhr der Gitarrist auf. »Von ›wollen‹ kann nicht die Rede sein ... aber du solltest wirklich lieber aufpassen, was du sagst ... und nicht immer so aus der Haut fahren, wenn dich jemand auf den Arm nehmen will! Falls du es nicht bemerkt hast: Die beiden wollten dich nur ein bisschen aufziehen, nichts weiter!« »Erm ...« räusperte sich der grünhaarige Mann zaghaft, der Sugi so stürmisch begrüßt hatte. »Streitet ihr jetzt wegen mir?« Er biss sich auf die Unterlippe. »Eh?« J sah ihn verwundert an. »Nein, das hat nichts mit dir zu tun, keine Sorge ...« »Sicher?« Nun wandte sich auch Sugizo wieder zu ihm um, nachdem er Kawamura noch einen funkensprühenden Blick zugeworfen hatte, und nickte bekräftigend. »Sicher. Außerdem streiten wir gar nicht ...« Sakuma zog ungläubig die Augenbrauen hoch. Wenn das kein Streit war, dann wusste er es auch nicht ... Und er mochte es nicht, wenn sich Leute stritten. Schon mal gar nicht wegen ihm ... K legte dem grünhaarigen Sänger eine Hand auf die Schulter. »Nimm dir das nicht so zu Herzen, Ryuichi. Wenn die werten Herren sagen, dass es nichts mit dir zu tun hat und sie nicht streiten, dann wird es wohl so sein ...« murmelte er. Der Angesprochene sah fragend zu ihm auf. »Wenn du das sagst ...« Kawamura's Augen wurden wieder ein wenig schmaler. Ryuichi also ... Irgendwie konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Mann Ähnlichkeit mit dem Jungen hatte, den er Teru mehr oder weniger ›anvertraut‹ hatte. War das nun Zufall? Er betrachtete sein Gegenüber genau. Die Größe kam in etwa hin, die Frisur war ähnlich, auch wenn er eine ganz andere Haarfarbe hatte. Auch von Gesicht her ähnelten sich die beiden wie Brüder. J entging natürlich nicht, dass Kawamura sich den grünhaarigen Mann genau ansah. »Ist da etwa jemand eifersüchtig?« stichelte er. Der Bassist grinste von einem Ohr zum anderen. »Natürlich nicht!« erwiderte der schwarzhaarige Sänger aufgebracht. Wie konnte J nur so etwas denken? Er war nur verwundert und auch ein wenig verwirrt. Das war alles. Weiter nichts. Sakuma kratzte sich verwirrt am Hinterkopf. Irgendwie kam er da nicht mehr so ganz mit ... stritten sie sich etwa doch? »Jetzt ärger ihn nicht auch noch ...« meinte Inoran zu J. »Wenn es aber doch Spaß macht ...« »Dann mach das nach dem Auftritt, aber nicht davor.« »Spaßbremse ...« grummelte J vor sich hin, sagte aber nichts weiter dazu. Plötzlich schien Sugizo etwas einzufallen. »Ah!« rief er aus. »Sumimasen ... wie konnte ich nur ...?« Er wandte sich an Sakuma. »Ich vergaß ... das hier sind meine Bandkollegen Inoue Kiyonobu -« Er deutete auf Inoran, der sich höflich verbeugte. »Yamada Shinya -« Dieser neigte zur Begrüßung leicht den Kopf. »Onose Jun -« Der Bassist grinste ihn fröhlich an. »Und Kawamura Ryuichi.« Letzterer sagte nichts, sondern taxierte den grünhaarigen Mann nur mit seinen Blicken. »Freut mich!« meinte Sakuma strahlend. »Ich bin Sakuma Ryuichi! Und das hier ist mein ehemaliger Manager K.« Der blonde Amerikaner nickte ihnen zu. Irgendwie fühlte er sich nicht wohl in seiner Haut. Diese fünf Männer sahen allesamt jünger aus als Ryuichi es war. Zumindest wenn er nicht auf die Augen achtete. Wenn er ihnen in die Augen sah, hatte er das Gefühl, dass sie um einiges älter sein mussten, als sie zu sein schienen. Und das gefiel ihm gar nicht. Es war so wie bei Kobashi. Außerdem konnte er niemanden von ihnen einschätzen, so wie er es bei anderen Menschen normalerweise konnte. Zumindest einigermaßen. So harmlos, wie diese Musiker wirken mochten, er musste trotz allem auf der Hut sein. Und darüber hinaus noch auf Ryuichi aufpassen ... denn dieser war immer so arglos, dass er wahrscheinlich noch fröhlich in sein Verderben reinlaufen würde ... »Wie kommt es eigentlich, dass du hier bist?« wollte Sugizo von Sakuma wissen. »Ach ... wir haben draußen das Schild gesehen und sind dann einfach hier rein ... so ein Zufall, dass du in dieser Band bist ... wie hieß sie noch gleich ...?« »Luna Sea.« »Genau!« Ein Lächeln breitete sich auf Sugizo's Gesicht aus, das seine Augen jedoch nicht erreichte. Er warf einen kurzen Blick auf Sakuma's Begleiter. Dieser Mann konnte ihnen gefährlich werden. Wenn er denn jemals herausfand, was sie waren. Was er natürlich nicht hoffte. Der Kerl sah sie alle misstrauisch an. Bei jemandem wie dem grünhaarigen Sänger war die Gefahr, dass er die Wahrheit über sie herausbekam, sehr gering. Aber der Amerikaner war bei Weitem nicht so sorglos, wie sein ehemaliger Schützling es war. Er war gerissen und intelligent. Und das gefiel ihm gar nicht. Er spürte, dass auch die anderen innerlich ein wenig angespannt waren und den großen blonden Mann verstohlen beobachteten. Es wäre besser, wenn sie diesen Typen so schnell wie möglich los würden. »Können wir langsam anfangen?« warf Ryuichi schließlich ein. J nickte, Shinya und Inoran begaben sich wortlos auf die Bühne. Sugizo sah Sakuma entschuldigend an. »Wir müssen jetzt ...« »Ist okay ...« erwiderte der grünhaarige Sänger fröhlich. »Ich bin ja schließlich wegen dem Konzert hier! Eigentlich.« Der rothaarige Gitarrist lächelte wieder, doch diesmal funkelten auch seine Augen. Es war eher unwahrscheinlich, dass er Ryuichi heute noch mit zu sich nach Hause nehmen könnte, dafür müsste er zunächst mal an diesem Amerikaner vorbei. Aber ein anderes Mal, wenn er nicht in der Nähe war ... Mit einem knappen Gruß wandte er sich um und folgte seinen Kollegen auf die Bühne. »Du solltest vorsichtig sein.« Sakuma sah K verwundert an. »Wieso?« »Ich trau diesem Sugihara nicht,« erwiderte der Manager. »Warum das? Der ist doch nett!« »Das meinst du ... ich bin davon nicht so überzeugt. Er ist nicht der, der er zu sein vorgibt.« »Glaub ich nicht!« meinte Ryuichi trotzig. K legte Sakuma eine Hand auf die Schulter. »Ich sage ja nicht, dass er dir was tun will ... aber man kann nie wissen ... ich trau ihm jedenfalls nicht über den Weg, den anderen auch nicht. Tu mir einfach nur den Gefallen und sei nicht direkt so vertrauenswürdig. Sei einfach nur ein bisschen vorsichtiger, wenn du mit fremden Menschen zu tun hast. Ich meine es nur gut.« Der grünhaarige Sänger zog eine Augenbraue hoch. »Ich mag ihn!« murmelte er. »Und er scheint Ryuichi auch zu mögen, Kuma-chan mag er auf jeden Fall!« Der blonde Amerikaner verdrehte die Augen. Es hatte keinen Sinn, Ryuichi ein bisschen Vernunft eintrichtern zu wollen. Er hörte ja ohnehin nicht auf ihn. Trotzdem würde er nicht zulassen, dass er sich in etwas verrannte, das ihm das Herz brechen würde, oder gar Schlimmeres ... Kapitel 11: Boundaries... ------------------------- Teru lächelte still vor sich hin. Er war zwar schon ein ganzes Stück weit entfernt, aber er konnte dennoch hören, wie Tono-chan ein leises ›Niemals‹ flüsterte. Also hatte er sich doch nicht getäuscht, was die Gefühle des Gitarristen anging. Vorsichtig berührte er mit den Fingerspitzen seine Lippen. Er hatte es endlich getan. Er hatte Hisashi geküsst. Wenn auch nur kurz. Dabei hatte er es schon so lange tun wollen, aber er hatte sich bisher nie getraut. Schon als er den jungen Mann zum ersten Mal gesehen hatte, hatte dieser eine gewisse Anziehungskraft auf ihn ausgeübt. Aber er hatte Hisa nicht überrumpeln wollen. Außerdem hatte er Zeit. Mehr als alles andere. Trotzdem wusste Teru nicht, warum Hisashi eine solche Faszination auf ihn ausübte. Eigentlich konnte es ihm egal sein. Das einzige, was den schwarzhaarigen Sänger wirklich traurig machte, war, dass er den Gitarristen nur allzu bald wieder verlieren würde. Ihm selbst stand praktisch die Ewigkeit zur Verfügung, doch Hisa würde mit der Zeit alt werden und sterben. Klar, theoretisch könnte Teru ihn zu einem Vampir machen. Die Macht dazu hatte er. Aber das wollte er Tono nicht antun. Außerdem wäre es dann anders. Er würde nicht mehr mit ihm zusammen sein können. Jedenfalls nicht so. Teru seufzte und blieb stehen. Genau das war der Grund, warum er in den letzten mindestens dreihundert Jahren keine feste Beziehung eingegangen war. Es waren zwar einige Liebschaften dazwischen gewesen, die er allerdings irgendwann nicht mehr gezählt hatte ... aber es waren nie ernsthafte Gefühle im Spiel gewesen. Zum Glück konnte er sich einigermaßen unter Kontrolle halten. Er verabscheute das Gefühl der Leere, nachdem man einen Partner verloren hatte. Er hatte das schon durchgemacht, als er selbst noch sterblich gewesen war. Und in den vielen Jahrhunderten, nachdem er seine Sterblichkeit überwunden hatte. Nur zu dumm, dass es ihnen nicht mehr erlaubt war, untereinander eine enge Beziehung zu einem anderen Vampir aufzubauen ... Freundschaften ja, Liebeleien waren ebenfalls erlaubt. Aber sobald es um tiefgehende Gefühle ging, war es ihnen verboten, etwas miteinander anzufangen. Teru hatte im Grunde Verständnis dafür. Es gab nichts Schlimmeres als einen eifersüchtigen Vampir, dessen Stolz und Gefühle verletzt wurden. Natürlich war es wichtig, so etwas möglichst zu vermeiden. Auch wenn längst nicht alle damit einverstanden waren. Teru hatte im Grunde Verständnis dafür. Es gab nichts Schlimmeres als einen eifersüchtigen Vampir, dessen Stolz und Gefühle verletzt wurden. Natürlich war es wichtig, so etwas möglichst zu vermeiden. Auch wenn längst nicht alle damit einverstanden waren. Vor allem diejenigen, die diese grauenvollen Auseinandersetzungen damals nicht miterlebt hatten, bevor ihnen dieses Verbot auferlegt worden war, waren nicht sonderlich begeistert davon. Und trotzdem hielten sich so gut wie alle daran. Und wer wollte schon die Ewigkeit mit nur ein und demselben Partner verbringen? Sicher, wenn die Gefühle ernst und ehrlich waren, dann war es bestimmt möglich, dass man über Jahrhunderte zusammen war und sich trotzdem nicht auf die Nerven ging. Aber wie oft kam so etwas schon vor? Bis ans Lebensende ... das war nicht einfach, wenn man nicht absehen konnte, wann das Ende kommen würde ... Bei Menschen war das etwas anderes, ihre Zeit war ohnehin begrenzt. Aber selbst sie blieben nie so lange zusammen. Zumindest in der heutigen Zeit nicht mehr ... Teru wandte sich um und lächelte. »Du kannst rauskommen, Sugi-chan!« »So was Dummes aber auch!« grinste der Mann mit den langen, blutroten Haaren, als er aus dem Schatten einer schmalen Gasse heraustrat. »Ich hatte gehofft, ich würde etwas zu sehen bekommen! Du bist ein Spielverderber!« »Das hättest du wohl gern!« Teru grinste ebenfalls. »Dabei bist du noch gar nicht lang hier.« »Wie auch? Ich komme gerade von einem Auftritt. Außerdem siehst du nicht so aus, als wäre etwas wirklich Nennenswertes passiert, das mich interessieren könnte,« erwiderte Sugizo und tat, als wäre er enttäuscht. »Wieso bist du nicht bei Tonomura geblieben? Ich hätte wirklich gern was zu sehen bekommen!« Teru verzog das Gesicht. »Du weißt, dass der Junge noch bei mir zu Hause ist. Ich will ihn nicht die ganze Zeit allein lassen.« »Stimmt. Wie geht es ihm?« »Er hat sich ein wenig erholt, aber wirklich gut geht es ihm noch nicht.« »Hm.« »Ist dir eigentlich schon was eingefallen?« »Wann denn? Zuerst hatten wir Probe - aus der ja nicht wirklich was geworden ist, weil Ryuichi mal wieder kurzfristig einen Auftritt organisiert hat - und dann den besagten Auftritt, von dem ich gerade erst zurück bin!« »Gomen, ich vergaß. Der Auftritt war aber nicht allzu lang.« »Nein ... es war ja auch kaum jemand da, der uns zugesehen hat.« »So was ist dumm ...« »Allerdings ...« Teru verlagerte sein Gewicht auf sein linkes Bein. »Was ist? Bist du nervös?« »Ich mache mir nur Sorgen um den Jungen.« »Das weiß ich.« Sugi überlegte kurz. »Aber eine Idee hätte ich schon ...« Kobashi sah ihn erstaunt an. »Jetzt auf einmal doch?« »Diese Idee hat aber nichts mit dem Jungen zu tun ...« Teru seufzte. Wie hatte er auch jetzt schon auf eine Lösung hoffen können? Ihm selbst war bisher auch noch nichts eingefallen ... Sugizo trat einen Schritt auf ihn zu. »Was ist?« »Irgendwie gefällt mir diese Idee immer besser ...« »Was für eine Idee überhaupt?!« Teru war verwirrt. Es war ihm nicht möglich, herauszufinden, was sein Gegenüber vorhatte. Und das kam nicht oft vor. Praktisch nie. Normalerweise gingen sie beide immer sehr offen miteinander um. Sie hatten keinerlei Geheimnisse voreinander. Zumindest war das bisher immer so. »Hm ...« murmelte Sugizo. »Im Grunde ist es deine Schuld ...« »Was denn, verdammt?!« Doch der andere antwortete nicht, sondern näherte sich ihm weiterhin, bis er nur wenige Millimeter von ihm entfernt war. »Ich frage mich ...« Doch Teru erfuhr nicht, was er eigentlich sagen wollte. »Sugi!« »Hm?« »Jetzt sag mir doch endlich, was du vorhast!« Sugihara legte den Kopf etwas schräg und sah ihn aus unergründlichen Augen an. Dann huschte sein Blick kurz nach links und nach rechts, bevor er Teru am Ärmel packte und hinter sich her in die kleine Gasse zog, aus der er zuvor gekommen war. Teru wusste noch immer nicht, was sein Freund vorhatte, und er wurde langsam ungeduldig. So etwas war er von ihm nicht gewohnt. Eigentlich war es üblich, dass Sugi direkt sagte, was er dachte. Oder es ihn auf eine andere Art und Weise wissen ließ. »Was ist das für eine Idee, an der ich schuld sein soll?!« »Du willst es wirklich wissen?« »Natürlich!« »Nun ...« hauchte Sugizo. »Da ich auf Sakuma ... und du auf Tonomura ...« »Was soll das denn jetzt heißen?« Er erhielt keine Antwort auf diese Frage. Stattdessen hob Sugi langsam und bedächtig beide Arme und berührte sein Gesicht ganz leicht mit den Fingerspitzen. »Weißt du eigentlich, dass du wunderschön bist?« Der rothaarige Gitarrist hatte diese Worte so leise ausgesprochen, dass selbst Teru Schwierigkeiten hatte, sie zu verstehen. Und dabei hatte er ein verdammt gutes Gehör, das um einiges feiner war als das der Sterblichen. Besser sogar noch als das von Raubtieren. Er trat einen Schritt zurück. Und noch einen. Was hatte Sugizo vor? Yasuhiro folgte ihm. Es war, als wäre er an ihn gekettet und könnte sich gar nicht von ihm lösen. Auch wenn Teru diese unsichtbare Verbindung zwischen ihnen nicht nachvollziehen konnte. Und dennoch spürte er sie. Nun konnte er nicht mehr weiter vor seinem Freund zurückweichen. Mit dem Rücken berührte er die kalte Backsteinmauer eines der Häuser in der Gasse. Mit angehaltenem Atem drückte er sich dagegen. Was passierte hier? Sugizo's Finger schienen leicht wie Federn zu sein, die über seine Haut strichen. Und doch war es, als würde sich jede dieser Berührungen wie Feuer in seine Zellen einbrennen. Sich in seinen Sinnen einprägen wollen. Damit er sie nie wieder vergaß ... Der Kopf des Gitarristen näherte sich ihm. Seinem Körper. Sugi's weiche Lippen berührten kaum seine Haut, aber es war, als würden Tausende von Eiskristallen darauf prickeln, vermischt mit glühenden Funken. »Sugi ...« wisperte Teru hilflos. Etwas in ihm regte sich. Es war, als hätte Sugi eine Saite in seinem Inneren angeschlagen, die niemand zuvor auch nur annähernd berührt hatte. Etwas Heißes stieg in ihm empor, eine intensive, unstillbare Gier, aber es war nicht die Gier, die er so gut kannte wie sich selbst. Es war nicht das Lechzen nach Blut. Es war etwas anderes ... etwas, das er nicht in Worte zu fassen imstande war. »Was ... tust du da ... ?« Sugizo strich mit einer Hand sanft durch seine Haare, spielte mit ihnen, während er die andere für einen Moment von Teru's Gesicht löste und ihm dann einen Finger auf die Lippen legte, damit er schwieg. Der schwarzhaarige Mann schauderte. So hatte er sich in seinem ganzen Leben noch nicht gefühlt. Wie kam es, dass ausgerechnet sein bester Freund so etwas in ihm auslöste? Hatte er nicht vorher noch gedacht, Hisashi würde ihn faszinieren?! Er war nicht mehr in der Lage, klar zu denken. Sugihara tat nicht viel, aber das, was er tat, brachte ihn schier um den Verstand. Wie machte er das nur? Vorsichtig tasteten sich Sugi's Finger über den schlanken Hals des Sängers bis zum Hemdkragen. Mit einem unendlichen Geschick und einer Leichtigkeit, die eigentlich unvorstellbar war, öffnete er die Knöpfe, berührte dabei ein paar Mal Teru's Haut. Ob beabsichtigt oder nicht war nicht ersichtlich. Der Effekt blieb der gleiche. Die Stellen, an denen Yasuhiro ihn gestreift hatte, brannten wie Feuer. Er war nicht sicher, wie er die Willenskraft dazu aufbrachte, aber er legte Sugizo die Hände auf die Schultern und schob ihn ein Stück von sich weg. »Wir ... können das nicht tun ...« keuchte er. Der andere sah ihn mit dunklen Augen an, leichte Enttäuschung und die gleiche Gier, die er selbst auch spürte, spiegelten sich darin wieder. Und noch etwas anderes. Etwas, das zuvor noch nicht da gewesen war. »Warum nicht?« wollte er wissen. Noch immer sprach er so leise, dass Teru ihn kaum verstehen konnte. Etwas leicht Rötliches schimmerte in seinen Augenwinkeln. Teru schluckte. Dieser Blick, mit dem Sugihara ihn bedachte, stellte seine Willenskraft auf eine harte Probe. Er zitterte leicht. Er war nicht sicher, was stärker war: Die Gier, die Sugi in ihm entfacht hatte, oder seine Angst vor den Konsequenzen, die sie zu tragen hatten, wenn sie fortführten, was Yasuhiro eben hier begonnen hatte ... »Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist ...« flüsterte Teru mit rauer Stimme. Krampfhaft versuchte er, Sugihara auf Distanz zu halten. Allerdings war er nicht sicher, wie lange er das durchhalten würde. Der rötliche Schimmer in Sugi's Augen wurde mit jeder verstreichenden Sekunde dunkler. Teru biss sich leicht auf die Unterlippe. Seine ohnehin schon schwache Barriere drohte jeden Augenblick zu zerbrechen, wenn nicht bald etwas geschah, das ihn aus dieser brenzligen Situation rettete. Einerseits wusste er, dass sie das nicht tun konnten ... nicht tun durften ... und doch fiel es ihm immer schwerer, seinen Freund von sich zu weisen. Er wollte ihn nicht verletzen. Dafür waren sie schon viel zu lange befreundet. ›Bitte ...lass bitte irgendetwas passieren, damit wir diesen Fehler nicht begehen müssen ...‹ Sein stummes Flehen wurde nur allzu schnell erhört. Er wusste jedoch nicht, ob es nicht doch besser gewesen wäre, der Versuchung nachzugeben. Binnen Sekundenbruchteilen veränderte sich Sugizo's Gesichtsausdruck, auch wenn es eigentlich keine wirklich sichtbare Veränderung war. Nichts, das ein Sterblicher je hätte wahrnehmen können. Und er wusste nur zu genau, dass ihm das, was Sugi's Züge widerspiegelten, ganz und gar nicht gefiel. »Also schön ...« murmelte der rothaarige Gitarrist düster. Noch bevor Teru etwas darauf erwidern konnte, war der andere verschwunden. So schnell, dass nicht einmal der schwarzhaarige Sänger nachvollziehen konnte, wohin. Zitternd lehnte er sich an die Wand. War es ein Fehler gewesen, Sugi zurückzuweisen? Oder wäre es ein noch größerer Fehler gewesen, es nicht zu tun? Er wusste es nicht genau. Er wollte lieber nicht darüber nachdenken, was für Konsequenzen er nun zu tragen hatte. Natürlich würde es eine ganze Weile dauern, bis Sugihara sich wieder beruhigt hatte. Teru hatte ihn selten so außer sich erlebt. So zutiefst verletzt. Was jetzt? Er glaubte nicht, dass ihre Freundschaft auf Dauer unter dem, was sich in den letzten paar Minuten zugetragen hatte, leiden würde. Aber es war ziemlich sicher, dass sich etwas ändern würde. Nie wieder würden sie so unbeschwert miteinander umgehen können wie bisher. Auch wenn er natürlich hoffte, dass dem nicht so sein würde. Langsam wandte er sich um und machte sich auf den Heimweg. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich etwas Nahrhaftes zu besorgen. Doch der Appetit war ihm nun gründlich vergangen. Hätte er nicht lieber doch nachgeben sollen? Gewollt hätte er. Keine Frage. Waren seine Bedenken unbegründet gewesen? Er hatte es nicht getan, weil er Angst davor hatte, dass es ihre Freundschaft nachhaltig beeinflussen könnte. Er hatte eigentlich genau gewusst, dass ihr Verhältnis zueinander hinterher anders sein würde. Nur hatte er befürchtet, dass es sich nachteilig auswirken würde. War er im Unrecht gewesen? Nachdem er etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte, blieb er wie angewurzelt stehen. Blut. Der Geruch war eindeutig. Er kannte ihn zu gut, um ihn nicht auf Anhieb zu erkennen. Vorsichtig bog er um die nächste Ecke in eine Gasse und riss ungläubig die Augen auf. Teru war nicht sicher gewesen, was er erwartet hatte - aber mit Sicherheit nicht das. An den Wänden liefen dicke Rinnsale Blut herunter, ein Teil war schon leicht eingetrocknet und färbte sich allmählich dunkler. Dazwischen waren überall gräuliche Flecken zu sehen - Hirnmasse. Der Boden sah ungleich schlimmer aus. Hier und da lagen ein paar vereinzelte Knochensplitter herum, es war nicht erkennbar, von welchen Körperteilen sie ursprünglich stammten. Etwa einen halben Meter vor seinen Füßen lag etwas, das aussah, als wäre es mal die Leber eines Menschen gewesen, doch es war nun nicht mehr eindeutig identifizierbar. Das Atmen fiel ihm zunehmend schwerer, sein Mund schien ausgetrocknet zu sein, in seinem Inneren krampfte sich alles zusammen, leichte Übelkeit stieg in ihm auf. Wer auch immer hier auf der Straße verteilt lag, Teru hoffte, dass er eines schnellen Todes gestorben war. Lebendig so zerfetzt zu werden - er wollte sich nicht vorstellen, was für eine Qual das sein musste. Er betete, dass das Opfer nichts davon mitbekommen hatte ... zumindest so wenig wie möglich. Wer konnte das getan haben? Wer war zu so etwas fähig?! Teru schloss die Augen und konzentrierte sich auf Spuren, die eventuell hinterlassen worden sein könnten. Vielleicht wusste er recht bald, wer hier so gewütet hatte. Zwar hatte er eine Vermutung, aber er wünschte sich verzweifelt, dass diese nicht bestätigt werden würde. Diesmal wurde sein Wunsch nicht erfüllt. Warum? Ein unwillkommener Gedanke formte sich in seinem Kopf, der ihm ganz und gar nicht gefiel. Shuichi! Hoffentlich war der Junge in Ordnung! Sofort machte sich Teru auf den Weg nach Hause, er musste sich beeilen! Wenn er schnell genug war, konnte er den Jungen vielleicht noch retten. Er betete, dass es so sein würde ... Kapitel 12: Precious... ----------------------- //*Interlude*// Müde ging Tetsu in Richtung Garderobe. Auch wenn es ihn eigentlich nicht wirklich kümmerte, dass das Publikum scheinbar nichts mit ihrer Musik anzufangen wusste, war es doch manchmal ein wenig frustrierend. Aber das kam auch nur in Momenten wie diesem vor, wenn er müde und ausgelaugt war und eigentlich nur noch daran dachte, so schnell wie möglich nach Hause und ins Bett zu kommen. Im Grunde hatten sie nur das getan, was sie immer taten. Sie hatten ihre eigene Musik auf ihre eigene Art gespielt. So, wie ihnen der Sinn danach stand. Alles andere wäre ihrer Meinung nach nicht ehrlich gewesen. Warum sollten sie auch irgendeine Musik machen, die sie nicht wollten? Nur, damit sie anderen gefiel? Nein, viel wichtiger war es doch, wenn sie sich selbst gegenüber treu und ehrlich blieben. In der Garderobe angekommen schob er die Tür mit dem linken Fuß hinter sich zu. Genau genommen war dies hier nicht einmal eine richtige Garderobe. Der Raum war nicht viel größer als eine Abstellkammer, die für sie zur Umkleide umfunktioniert worden war. Sie konnten froh sein, dass man ihnen überhaupt so etwas wie eine Garderobe, oder wenigstens etwas, das man als solche verwenden konnte, zur Verfügung stellte. Denn das war nicht immer der Fall. Oft genug hatten sie verschwitzt und ausgelaugt, mit verlaufenem oder nur notdürftig im Waschraum entferntem Make-up, mit dem Bus nach Hause fahren müssen. Wenn sie nicht zur Abwechslung das Glück hatten, sich ein Taxi leisten zu können. Es war auch schon vorgekommen, dass man sie nicht einmal hatte auftreten lassen, weil ihr Musikstil nicht in irgendein Genre einzuordnen war. Warum machte er sich jetzt eigentlich solche Gedanken? Gut. Er war müde. Er war erschöpft. Ihm taten sämtliche Knochen im Körper weh. Selbst die, von denen er sonst nicht einmal ahnte, dass sie überhaupt existierten. Er gab zu, dass er irgendwie auch ein bisschen frustriert war. Aber das war doch noch lange kein Grund, deswegen gleich in Depressionen zu verfallen! Wo blieb nur sein übliches - teilweise schon fast an Arroganz grenzendes - Selbstvertrauen? Könnten die anderen jetzt seine Gedanken lesen, würden sie ihn wahrscheinlich auslachen. Seufzend setzte er sich an die kleine Kommode, die seiner Meinung nach stark danach aussah, als würde sie bei dem geringsten Luftzug schon zu Staub zerfallen, so alt und morsch war sie - jeder Holzwurm, der auch nur ansatzweise etwas auf sich hielt, würde einen möglichst großen Bogen darum machen - und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Seine Haare hingen schlaff herab, als wäre alles Leben aus ihnen gewichen. Verwirrt schüttelte er den Kopf bei diesem merkwürdigen Vergleich. Als ob Haare leben würden! Aber sie wirkten irgendwie kraft- und glanzlos. Seine Haare sahen aus wie... ja, etwa so, wie er selbst sich gerade fühlte. Es klopfte an der Tür. »Hai! Komm ruhig rein!«, rief er, davon ausgehend, dass es einer seiner Kollegen war, und suchte in seiner Tasche nach seiner Creme. Er hörte, wie die Tür geöffnet wurde, fand schließlich die Dose, nach der er gesucht hatte, und öffnete sie. Ohne auf die Person zu achten, die den kleinen Raum betrat, rieb er Millimeter für Millimeter sein Gesicht ein. Die Tür wurde wieder geschlossen, als er vorsichtig seine Augenlider mit der Creme bedeckte, sorgsam darauf bedacht, nicht versehentlich etwas davon in die Augen zu bekommen. Er wusste aus eigener, schmerzhafter Erfahrung, dass so etwas gar nicht angenehm war, und dass es auch nicht gerade einfach werden würde, das wieder heraus zu waschen. Wobei das Auswaschen selbst noch das geringere Problem war. Weitaus schwieriger könnte es werden, halb blind irgendwo einen Waschraum zu finden. »Was gibt es?« Er tastete auf der Kommode nach einem Tuch, um sich die Finger abzuwischen, damit er in aller Seelenruhe eine Zigarette rauchen konnte, während die Creme in seine Haut einzog und das ganze Make-up zumindest schon mal ansatzweise von seinem Gesicht löste. Der Anflug eines Lächelns zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er merkte, wie ihm ein feuchtes Reinigungstuch in die Hand gedrückt wurde, was seine Suche danach erheblich verkürzte. »Danke«, murmelte er, dann begann er, sich die Creme von den Händen zu wischen. Ungewollt entfuhr ihm ein genervter Seufzer, als er feststellen musste, dass dieses eine Tuch nicht ausreichte, um die gesamte weiße, leicht klebrige Masse von seinen Fingern zu entfernen. Wieder begaben sich seine Hände auf die Suche, da spürte er, wie eine Hand sanft auf seine gelegt wurde. Diese Berührung war ihm irgendwie vertraut, aber auf eine gewisse Weise doch wieder nicht. Als würde ihn diese Hand gerade zum ersten Mal berühren. Er konnte es nicht beschreiben, aber es war, als würde von ihr eine elektrische Spannung ausgehen, die er noch nie zuvor gefühlt hatte. Eine Gänsehaut breitete sich auf seinem ganzen Körper aus. Auch wenn er nicht sehen konnte, wer es war, der ihn berührte, so wusste er dennoch, dass es niemand aus seiner Band war. Ein solches Gefühl, das ihn bis ins Innerste erschütterte, hatte ihm bisher noch kein Mensch vermittelt. Und seine Kollegen schon mal gar nicht, mit denen er einen Großteil seiner Zeit verbrachte. Er schluckte schwer und wollte mit der Zunge seine trockenen Lippen befeuchten, überlegte es sich jedoch anders, als er sich daran erinnerte, dass er seine Lippen ebenfalls eingecremt hatte. Obwohl diese Aktion ohnehin recht erfolglos geblieben wäre, denn sein Mund fühlte sich ebenfalls trocken an. Seine Hände begannen zu zittern, auch wenn er versuchte, es zu verhindern. Die andere Person, die sich mit ihm in dem Raum befand, umfasste sein rechtes Handgelenk und wischte langsam und sorgfältig die Creme von seinen langen, schlanken Fingern. Schließlich wurde diese Prozedur an seiner linken Hand wiederholt. Die ganze Zeit über wurde er das Gefühl nicht los, dass dieser Mensch es förmlich genoss. »Wer... sind Sie eigentlich?«, fragte er unsicher. Er ärgerte sich darüber, dass seine Stimme leicht bebte. Wieder fragte er sich, warum von seiner sonstigen Selbstsicherheit heute nichts zu merken war. So frustriert konnte er doch gar nicht sein! Auf seine Frage erhielt er keine Antwort. Stattdessen fühlte er, wie ein Finger unter sein Kinn gelegt wurde, der seinen Kopf anhob. Fragend zog er die Augenbrauen ein wenig nach oben, was bewirkte, dass sich seine Stirn leicht kräuselte. Seine stumme Frage wurde ebenso stumm beantwortet, indem die fremde Person vorsichtig seine Lippen mit einem weichen Tuch abwischte, womit der Lippenstift und die Creme entfernt wurden. Die fremden Hände entfernten sich, was er augenblicklich bedauerte, auch wenn er es eigentlich nicht wollte und sich auch nicht so recht erklären konnte, warum das so war. Er gestand es sich nur ungern ein, doch er hatte diese Berührungen der ihm unbekannten Person, dieser unglaublich sanften Finger genossen. Er hatte sich wohlgefühlt, während sich dieser Mensch um ihn gekümmert hatte. Schritte waren zu hören, die sich von ihm entfernten. Er spürte den Impuls, aufzustehen und den Schritten zu folgen, damit er nicht wieder allein in diesem viel zu kleinen und stickigen Raum war. Allerdings war er nicht in der Lage, sich zu bewegen. Geh bitte nicht, wollte er rufen, doch er brachte nicht einen einzigen Ton heraus. Als die Schritte stoppten, setzte sein Herz für einen oder zwei Schläge aus. Er hielt den Atem an und kniff die Augen zusammen. Jedoch wurde die Tür nicht geöffnet, wie er zunächst befürchtet hatte. Er konnte ein Rascheln hören, dann wieder Schritte, die zu ihm zurückkehrten. Erleichtert entspannte er sich wieder und sein angehaltener Atem entwich ihm zischend zwischen den Zähnen, die er fest aufeinander gebissen hatte. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Warum wollte er so unbedingt, dass diese Person bei ihm blieb? Er wusste doch noch nicht einmal, wer es war! Wobei es ihn auch brennend interessieren würde, warum dieser Mensch kein Wort sagte und sich stattdessen um ihn kümmerte, in seiner scheinbaren, temporären Hilflosigkeit. Im Grunde musste er sich nur mit einem Tuch die Creme von den Augenlidern entfernen. Allerdings tat er es nicht. Es war ihm schleierhaft, warum er nicht in der Lage war, die einfachsten Handgriffe auszuführen, um herauszufinden, wer sich mit ihm in diesem kleinen Raum befand. Er war nicht sicher, ob er Angst davor hatte, es herauszufinden, tatsächlich mit seinen eigenen Augen zu sehen, wer es war, oder vielmehr davor, dass die ihm unbekannte Person plötzlich den Raum verlassen und spurlos verschwinden könnte, wenn er es einfach drauf ankommen ließ. Erschrocken zuckte er zusammen, als etwas seine Lippen berührte, das er im ersten Moment nicht auf Anhieb identifizieren konnte, entspannte sich aber sofort wieder, als ihm bewusst wurde, dass es nur der Filter einer Zigarette war. Er musste unwillkürlich lächeln. Das metallische Schnappen eines Automatik-Feuerzeugs war zu hören und er schloss seine Lippen fester um den Zigarettenfilter. Schon mit dem ersten Zug fiel ihm auf, dass es keine seiner eigenen war. Was auch nicht besonders schwer zu erkennen war, denn eigentlich rauchte er keine Mentholzigaretten. Er wusste nicht, wie viel Zeit mittlerweile vergangen war, ein Aschenbecher wurde ihm in die Hand gegeben, damit er nicht danach suchen musste. Mit einem gekonnten Fingerschnippen beförderte er die Asche in das Keramikgefäß. Er hörte ein leises Klicken. Für einen Moment versteifte er sich, gespannt lauschte er, was als nächstes passieren würde, hörte aber nichts bis auf ein gelegentliches Quietschen, das er nicht zuordnen konnte. Die Person, die sich mit ihm in diesem Raum befand, näherte sich ihm. Immer weiter. Er bekam eine Gänsehaut, als sich lange, schlanke Finger um seinen Hals legten, aber nicht zudrückten, sondern nur leicht über die empfindliche Haut strichen. Seufzend legte er den Kopf in den Nacken. Mittlerweile wollte er gar nicht mehr so unbedingt wissen, wer es war. Er wollte einfach nur die Situation genießen. Und das tat er in vollen Zügen. Plötzlich spürte er den Atem des anderen an seinem Hals, was ihm eine noch stärkere Gänsehaut bescherte, als er sie ohnehin schon hatte. Was passierte hier?! Ein weiterer Seufzer entfuhr ihm, als eine warme, weiche Zunge über seinen Hals glitt, und er einen kurzen Einstich spürte. Er fühlte sich, als würde er auf Wolken schweben. Ein Kribbeln, das von seinem Magen auszugehen schien, breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Er atmete schwer. Er hatte das Gefühl, als könne er kaum noch atmen. Plötzlich bekam Tetsu es mit der Angst zu tun. Er wollte den Fremden von sich wegstoßen, aber er hatte nicht die Kraft dazu. Genau genommen konnte er sich kaum noch bewegen. Ihm schwanden die Sinne. Verzweifelt versuchte er, bei Bewusstsein zu bleiben. Das konnte doch nicht wirklich passieren, oder? Er träumte sicher bloß... »Du träumst nicht...« ertönte eine fremde Stimme in seinem Kopf. »Du stirbst...« Entsetzt zuckte Tetsu zusammen. Das musste ein Traum sein! Anders konnte er es sich nicht erklären! Immer weiter rutschte er in einen undefinierbaren Dämmerzustand ab, ohne etwas dagegen tun zu können. Und schließlich umfing ihn eine warme, gnädige Dunkelheit... //*Interlude Ende*// Danach geht es regulär mit Sugizo/Teru/Shuichi weiter, versprochen ^.^* Anm: gemeint ist in diesem Kapitel natürlich Tetsu, der erste Sänger von Malice Mizer... =^_^= Kapitel 13: Guilt... -------------------- Keuchend blieb Sugihara vor einem Brunnen stehen und setzte sich auf den Steinrand. Er beugte sich vor, stützte seine Ellbogen auf den Knien ab und verbarg sein Gesicht mit den Händen. Seine Haare fielen ihm in blutrot glänzenden Wellen über die Schultern und er zitterte am ganzen Körper. Jedes einzelne noch so leise Geräusch um ihn herum nahm er um ein Vielfaches verstärkt wahr, sogar noch um einiges klarer als sonst. Er blieb einige Zeit so sitzen; ein Gedanke jagte den nächsten, doch nicht einer währte lange genug, dass er ihn hätte fassen können, um ihn weiter zu verfolgen und zu vertiefen. Was genau war passiert? Bruchstücke der vergangenen Minuten - von denen er nicht einmal wusste, wie viele es tatsächlich waren - spielten sich vor seinen Augen ab. Zunächst konnte er keinerlei Zusammenhänge erkennen. Und doch war er sicher, dass jede Szene enger mit den anderen verknüpft war, als es den Anschein hatte. Er sah Teru's ungläubiges und verwirrtes Gesicht vor sich. Im nächsten Moment ein fremdes Gesicht, von Angst verzerrt. Dann wiederum Blut. Viel Blut. Sein Atem ging noch immer schwer und stoßweise, der Schweiß bildete glitzernde Perlen auf seiner Stirn und seinen Wangen. Er biss sich auf die Unterlippe und nahm die Hände von seinem Gesicht. Er hatte zwar noch immer keine genaue Vorstellung davon, was sich zuvor genau abgespielt hatte, aber anhand der Bruchstücke, die er jetzt noch wusste, hatte er eine ziemlich unangenehme Ahnung. Er musste mit Teru reden. Dringend. Falls er überhaupt mit ihm reden wollte... Aber er musste es auf einen Versuch ankommen lassen. Er seufzte und stand wieder von dem Brunnenrand auf, dann machte er sich auf den Weg zu Teru's Wohnung. Als Shuichi aufwachte, war es still und dunkel. Scheinbar schlief Teru schon. Mussten Vampire eigentlich schlafen? Er wusste es nicht. Zuvor hatte er immer geglaubt, dass Vampire tagsüber schliefen, weil sie das Sonnenlicht nicht vertrugen und nachts jagten. Aber dass dem nicht so war, hatte Teru ihm eindeutig bewiesen. Er war eindeutig den ganzen Tag auf den Beinen gewesen. Aber der Junge ging trotzdem davon aus, dass er nachts "jagte", tagsüber wäre das viel zu auffällig. Leise stand der Junge auf und tapste in die Küche. Er hatte furchtbaren Durst, das war auch der Grund, warum er aufgewacht war. Shindou machte das Licht in der Küche an. Teru war nicht hier. Logisch. Er konnte sich nicht vorstellen, wieso Teru ohne Licht in der Küche sein sollte. Er ging ins Schlafzimmer zurück und machte auch dort das Licht an. Dort war er auch nicht. Der pinkhaarige Sänger biss sich auf die Unterlippe. Wo konnte Teru nur sein? Und wie lange war er schon weg? Er sah auf die Uhr - es war fast halb vier! Was um alles in der Welt mochte Teru um diese Uhrzeit wohl machen? Schließlich schüttelte er seufzend den Kopf. Warum machte er sich eigentlich solche Sorgen? Womöglich war Teru einfach nur ein wenig spazieren. Oder er brachte Hisashi nach Hause. Vielleicht war er auch auf der Suche nach etwas Essbarem. Jedenfalls würde ihm - Shuichi - hier sicher nichts passieren. Shindou ging wieder in die Küche, öffnete den Kühlschrank und verzog das Gesicht. Der Inhalt bestand hauptsächlich aus Bierdosen. Das erinnerte ihn an Yuki. Langsam ging er einen Schritt zurück, dabei ließ er die Kühlschranktür los, die sofort zufiel. Ihm kamen die Tränen. Was, wenn er Yuki niemals wiedersehen würde? Wenn Teru und Sugizo nun doch keine Lösung fanden und er sterben musste? Sicher machte sich der blonde Schriftsteller Sorgen um ihn. Wahrscheinlich wusste er nicht einmal, wo sein junger Koibito war! Schluchzend sank der Junge auf die Knie. Was, wenn Yuki nun dachte, er hätte ihn verlassen? Womöglich wollte der kühle Autor nichts mehr von ihm wissen. Vielleicht war er ja froh, ihn los zu sein. Wenn man bedachte, wie Yuki sich in der letzten Zeit verhalten hatte, war das gar nicht so unwahrscheinlich. Er hörte nicht, wie die Tür geöffnet wurde und jemand in die Wohnung stürmte. "Shuichi?" Teru erhielt keine Antwort. Das Licht in der Küche brannte, ebenso im Schlafzimmer. Der schwarzhaarige Mann blinzelte und seine Kehle schien sich zu verengen. Er hatte das Gefühl, fast keine Luft mehr zu bekommen. Er konnte fühlen, dass der Junge hier war ... und dass er litt... War Sugizo etwa schon hier gewesen? Unwahrscheinlich. Teru stürmte ins Schlafzimmer. Auf den ersten Blick erkannte er bereits, dass sich niemand darin aufhielt. Also gab es nur noch einen Raum, in dem der Junge sich aufhalten konnte. Leise ging Teru in die Küche und sah Shuichi weinend vor dem Kühlschrank knien. Er trat auf das kleine Häufchen Elend zu und ging neben ihm in die Hocke. Anscheinend war er unverletzt. Teru schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete erleichtert auf. Der schwarzhaarige Sänger nahm den Jungen in den Arm und fuhr ihm sacht über den Rücken, um ihn ein wenig zu beruhigen. "Shhht... ist ja schon gut...", flüsterte er leise. Shuichi war nicht in der Lage, etwas darauf zu erwidern. Er gab nur vereinzelte Wortfetzen von sich, von denen sich einer verdächtig nach "Yuki" anhörte. Somit war Teru natürlich klar, warum der Junge so niedergeschlagen war. Er strich Shuichi eine pinke Strähne aus der Stirn. "Du vermisst Yuki sehr, hm?" Der junge Sänger nickte nur. Es dauerte gut eine halbe Stunde, bis der Kleine sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Schließlich hörte er auf zu schluchzen und hob den Kopf. Er sah Teru mit großen, tränenerfüllten Augen an. Der schwarzhaarige Mann hatte das Gefühl, ihm würde gleich das Herz brechen, als er den Schmerz und die Angst in den Augen des Jungen sah. "Ich will nicht sterben!", wimmerte Shindou mit brüchiger Stimme. "Ich will Yuki wiedersehen! Aber... aber ich habe Angst, dass er mich nicht mehr sehen will!" Teru musste schlucken. Er konnte den Jungen verstehen. Wäre er jetzt in seiner Situation, würde es ihm nicht anders ergehen. "Ich werde schon irgendwie dafür sorgen, dass du nicht sterben musst", murmelte er. "Und dann kannst du deinen Yuki auch getrost wiedersehen." "Ist das dein Ernst?" Shuichi's Augen wurden noch größer. "Heißt das... soll das heißen... habt ihr eine Lösung gefunden?" Teru seufzte. "Noch nicht... und ich bin mir auch nicht sicher, ob das so schnell möglich sein wird... aber ich verspreche dir, ich werde alles versuchen, was ich kann..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)