Tödliche Liebe von abgemeldet ((vorerst abgebrochen)) ================================================================================ Kapitel 1: Alec --------------- Hallihallo!!!!!! Schön das ihr euch in meine einsame Dark Angel - Fanfic verirrt habt! Das hier ist aber leider weder eine eigene Geschichte noch irgendwie selbst ausgedacht, einfach nur die Folge , Tödliche Liebe ' in einem Roman geschrieben. Ursprünglich ist die Fic entstanden, weil Alec halt so knuddelig is (*wissen wir ja alle!!*) und ich die gesamte Serie meiner Freundin ,schmackhaft'^.^ machen wollte. Und da dachte ich, is diese Folge am besten für! ^.^ ^.^ Na ja, ich persönlich mag es, wenn es Fernsehserien auch asl Romane gibt, weil man da nochma besser merkt, was die Charaktere so fühlen und ich hoffe, das kommt hier einigermaßen rüber... Geändert gab ich nicht viel, sogar die Dialoge sind größtenteils gleich geblieben. Hoffe, es gefällt euch und ihr hinterlasst mir mal ein Kommi... ^.^ Ach ja und wahrscheinlich ist das erste Kapitel etwas langweilig, weil da ja noch Hintergrundinfos zu Dark Angel drin sind (wir erinnern uns - für meine Freundin) und tja...das is aber nur am Anfang so VERSPROCHEN!!! Kapitel 1: Alec Als Max den Kurierdienst ,Jam Pony' betrat, bot sich ihr ein seltsames Bild: Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter des Kurierdienstes drängelten sich vor der Damentoilette und jeder von ihnen versuchte einen Blick in das Innere des kleinen Raumes zu erhaschen. Das allerdings stellte sich als ziemlich schwierig heraus, denn die Tür war nur einen Spalt breit geöffnet. In einiger Entfernung von diesen Schaulustigen standen Sketchy, der etwas trottelige Skater und Cindy, Max' beste Freundin. Neben den beiden lehnte der gutaussehende X5 Alec an der Wand und beobachtete gelassen, was um ihn herum vorging. Er trug, wie so oft, eine dunkelgrüne Lederjacke mit Stehkragen, der dazu diente, den Strichcode in seinem Nacken zu verdecken. Auch Max war eine X5 und besaß deshalb, wie Alec, einen Strichcode. Die X-Serie, so hatte man sie in Manticore genannt, waren die gentechnisch erzeugten Wesen, die zwar wie normale Menschen aussahen, deren Gene und Fähigkeiten sich aber vollkommen von denen der ,Normalen' unterschieden. Diese Genmanipulationen machten es ihnen möglich etwa über drei Meter hohe Zäune zu springen oder einfach überdurchschnittlich gut zu kämpfen. Die Strichcodes hatten in Manticore als Erkennungszeichen und als eine Art ,Name' gedient. Max, Alec und noch ein oder zwei andere waren die einzigen Transgenos, die bei ,Jam Pony' arbeiteten. Sketchy und fast sonst alle in Seattle waren weder Manticore-Geschöpfe, noch wussten sie, dass Max und Alec welche waren. Cindy und Logan, Max' Freund waren so ziemlich die einzigen, die ihr Geheimnis kannten. Max näherte sich ihren drei mehr-oder-weniger Freunden und konnte jetzt hören, dass Sketchy und Cindy angeregt miteinander diskutierten. Das heißt, eigentlich diskutierte nur Cindy, denn Sketchy schien überhaupt nicht zu Wort zu kommen. Max' beste Freundin war eine attraktive Afroamerikanerin, die zu allem eine Meinung hatte und diese auch jedem ins Gesicht sagte. Auf einmal hörte Max zornige Schreie aus der Toilette. Heute schien bei ,Jam Pony' wirklich alles drunter und drüber zu gehen! "Was ist da los?", fragte sie und konnte nicht verhindern, dass sie ein bisschen neugierig klang. "Marina und Little Suki haben sich auf ganz altmodischer Art in der Wolle", antwortete Cindy mit vor Wut blitzenden Augen. "Und Normal versucht, sie zur Vernunft zu bringen", warf Sketchy mit einem Grinsen ein. Jetzt lächelte auch Max. "Ich wünsch ihm jedenfalls viel Glück. Jede von ihnen könnte ihn alleine fertig machen, aber als Team sind sie unschlagbar!" Wieder schauten sie alle rüber zur Toilette, denn das Geschrei hatte wieder begonnen. Und da Max immer noch nicht wirklich wusste, um was es ging, erkundigte sie sich bei Cindy: "Was ist der Grund dafür?" Ihre beste Freundin starrte gedankenverloren vor sich hin. "Was wohl? Zwei wunderschöne Mädchen voller Stolz...", bei dieser Beschreibung musste Max unwillkürlich grinsen, denn Cindy war lesbisch und somit immer, wenn es Streit gab auf der Seite ,ihrer' Mädchen "...begeben sich in den Schmutz und raufen wegen einem total wertlosen Mann!" Jetzt meldete sich zum ersten Mal Alec zu Wort. Er grinste. "Ach, ich würde nicht sagen ,total wertlos' -.- " Max drehte sich zu ihm um. Sie wusste einfach nicht, was sie von ihm halten sollte. Aber eines war sicher. Er erinnerte sie an Manticore und das war einer der Hauptgründe, weshalb sie nicht gerne mit ihm zusammen war. Sie würde jenes Genlabor, das vom Staat dazu bezahlt worden war, Soldaten zu züchten, nur zu gerne vergessen. Aber immer, wenn sie Alec ansah, wurde ihr zum tausendsten Mal bewusst, dass sie eben doch nicht normal waren. Tatsache war, dass sie und Alec praktisch aus einem Reagenzglas entstanden, und später in die Gebärmutter einer menschlichen Frau eingesetzt worden waren, um dann neun Monate später ganz normal geboren zu werden. Im Grunde also hatten diese völlig kranken Wissenschaftler sie mit ihrem Genbaukasten zusammengebastelt, unter anderem mit Tier-DNS. Und wenn Max Manticore nicht vor ein paar Monaten zerstört hätte, würde dort jetzt immer noch an menschlichen Wesen herumexperimentiert. Max war eine der wenigen X-Soldaten, denen es vor elf Jahren gelungen war, aus Manticore zu fliehen. Sie und ein paar ihrer Geschwister hatten es geschafft. Ihre Geschwister.... Sie waren die einzige Art von Familie gewesen, die Max je gehabt hatte. Obwohl.... Jetzt hatte sie Cindy, wohnte sogar mit ihr zusammen. Gedankenverloren starrte Max ins nichts. Sie war damals in Manticore gerade mal zehn Jahre alt gewesen, und trotzdem schon eine fast perfekte Soldatin. Warum sie geflohen waren? Wegen verschiedenem. Der Hauptgrund war wohl, dass das Leben in Manticore sehr hart gewesen war. Viel zu hart für zehnjährige Kinder. Und außerdem waren sie dort nichts als Kampfmaschinen mit einer Zahl als Name gewesen. Max zum Beispiel hieß X5 452 und Alec's Name war X5 494. Die anderen Namen, also Alec und Max hatten die Kinder sich untereinander gegeben. Sie hatten nicht gewusst, wie die Welt außerhalb der Zäune aussah, hatten nichts als graue Räume und den Wald, der innerhalb der Grenzen lag, gekannt. Aber Max war seit zehn Jahren frei. Für Alec dagegen war es nicht so gut gelaufen, er kannte die Freiheit erst seit der Zerstörung Manticores. Max war klar, dass Alec in seinem noch relativ kurzen Leben sehr viel durchgemacht haben musste. Und trotzdem... er machte es den Leuten nicht gerade leicht, Mitgefühl mit ihm zu haben. Im Gegenteil! Er legte ein so extrem egozentrisches Verhalten an den Tag, dass Max sich sicher war, dass die Welt sich für Alec nur um eins drehte: Alec. Deshalb sah sie ihn jetzt auch mehr als argwöhnisch an und sagte: "Ich hätt's wissen müssen. Also, was hast du diesmal angestellt?" Alec hob beschwichtigend die Hände. "Hey, langsam! Wieso nimmst du an, ich hab was falsch gemacht?" -.- -.- -.- Nach einem eisigen Blick in Richtung Alec erklärte Cindy: "Er hat Marina erzählt, er liebt sie und eine Woche später hat er ganz nebenbei mit Little Suki rumgemacht." Alec sah sie empört an. "Ich habe nicht gesagt, ich liebe sie, das lass ich nicht auf mir sitzen! Ich hab gesagt, sie ist ein einzigartiges Wesen - anders als jedes andere." Cindy starrte ihn sprachlos an und hätte ihm wohl eine runtergehauen, wenn Sketchy sich nicht in diesem Moment zwischen sie gedrängt und begeistert gefragt hätte: "Ein einzigartiges Wesen - anders als jedes andere?" Alec bejahte. "Mann, das klau ich dir!", lachte Sketchy. Alec beugte sich zu ihm und sagte gerade laut genug, dass Max und Cindy ihn hören mussten: "Das funktioniert wie ein Zauber - du kannst sie buchstäblich schmelzen sehen." Er grinste sein typisches Alec-Grinsen. Max sah ihn angewidert an. "Bitte. Du machst mich krank..." In diesem Moment wurde die Tür zur Toilette aufgerissen und Normal, ihr aller Boss, kam heraus. Er sah ziemlich zerzaust aus und schrie: "So arbeitet man eine Trennung nicht aus!" "Verschwinde, Normal!" Das war Little Sukis Stimme. Normal bahnte sich einen Weg durch die Fahrräder und ihre Besitzer, wobei er vor sich hin murmelte: "Nicht zu fassen! Das schwache Geschlecht kann ganz schön ruppig sein, wenn es will." Dann, als er bemerkte, dass ihn alle anstarrten, knurrte er: "Was steht ihr hier so rum und glotzt! Hier gibt es nichts zu sehen, an die Arbeit!" Cindy warf Alec noch einen giftigen Blick zu und sagte dann: "Ich seh nach, ob meine Mädchen Trost brauchen", und Sketchy, der seine Chance sah, sich bei den beiden Mädchen einzuschleimen trottete ihr wie ein Hündchen hinterher. Alec zuckte mit den Schultern und wandte sich wichtigeren Dingen zu - nämlich seinen neuen Fahrradhandschuhen. Er blickte nicht einmal auf, als Normal ihn ansprach: "Mir hätte klar sein müssen, als ich einen Mann mit deinem animalischen Charme eingestellt hab, dass es irgendwann zu Beziehungsdramen kommen würde." "Normal, ich versprech dir, so etwas passiert nie wieder." Alec wusste, dass Normal ihn nicht feuern würde. Für ihn war er der Goldjunge, was wohl etwas damit zu tun hatte, dass Alec in einer nicht allzu fernen Vergangenheit als der große Monty Cora im Ring gekämpft hatte - und Normal seit dem von ihm völlig hin und weg war. "Das hoffe ich, mein Freund", fuhr Normal fort und klang dabei fast wie ein Vater, der seinen Sohn belehrt. "Eine verschmähte Frau wird zur Furie, und deshalb sind in dieser Firma Affären am Arbeitsplatz verboten." "Ja, ja ", murmelte Alec genervt. Inzwischen war Max wieder neben ihn getreten und zischte: "So etwas lässt man, wenn man nur ein bisschen Hirn hat!" Als Antwort warf Alec ihr nur einen Blick aus seinen unglaublich dunklen Augen zu, der sie aber augenblicklich verstummen ließ. Alec erhob nie die Stimme, egal wie verärgert er war. So gewann man den Eindruck, dass er immer, in jeder Situation, die Coolness in Person war. Nahm man dann noch seine sanfte Stimme, seine dunkelbraunen Haare, seinen vollen Mund und seinen nahezu perfekt gebauten Körper hinzu, war sogar Max klar, dass es wohl einige Frauen geben musste, die auf Alec standen. Schnell schüttelte sie den Kopf, um diesen wiederlichen Gedanken loszuwerden. Schon im nächsten Moment herrschte Normal sie schlechtgelaunt an: "Los, mach dich auf den Weg! Marina und Little Suki haben fristlos gekündigt und das heißt: unbezahlte Überstunden für euch alle!" "Was?!", schrie Max entsetzt, "ich hab heute Abend was vor!" "Ach ja?", äffte Normal. "Wird gestrichen! Und jetzt Abflug!" Max seufzte resigniert und nahm das Päckchen, das Normal ihr hingelegt hatte. Alec senkte den Blick, denn obwohl er sich natürlich keiner Schuld bewusst war, hielt er es doch für ratsam, Max nicht noch zusätzlich zu reizen. Auf einmal erschien Cindy in der Toilettentür. "Alec, Schätzchen?" "Ja?" "Kommst du mal kurz her? Die Mädchen wollen dich sprechen." Sie krempelte demonstrativ die Ärmel hoch. Mit einem Grinsen wandte Alec sich an Max: "Was denkst du, was die beiden wollen?". Max, die sofort kapiert hatte, was Sache war, grinste zurück: "Ich denke, sie sind darauf gekommen, wer eigentlich für ihren Zorn verantwortlich ist, mein Freund. Viel Spass!" Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging mit ihrem Fahrrad Richtung Ausgang. Alec warf Cindy einen Blick zu, kam dann zu dem Schluss, dass Max recht hatte, nahm entschlossen sein Fahrrad und rief: "Warte Max, ich komm mit!" Trotz dem ganzen Ärger, den Alec mal wieder gemacht hatte, trotz dem Gedanken an die unbezahlten Überstunden, trotz der Tatsache, dass sie heute zu spät zu ihrer Verabredung mit Logan kommen würde, trotz alldem musste Max grinsen. Denn genau das war Alec. Jemand, dem alle Konsequenzen seines Handelns egal waren, jemand, der vom Leben nichts als Spass wollte, jemand, der allen Problemen aus dem Weg ging - genau das war Alec! Sooo, das wars erstmal, wär wie gesagt schön, wenn ihr mit was hinterlassen würdet... Und übrigens: Das zweite Kapitel ist auch schon fertig! Und da gehts, wie wir alle wissen, um Alec und seine plötzlichen Erinnerungen an Rachel! Kapitel 2: Schatten der Vergangenheit ------------------------------------- So, hier lad ich jetzt das zweite Chap hoch, obwohl mir keiner ein Kommi geschrieben hab *schluchz* , sieht so aus, als gäbe es einfach kein Platz für eine sooooo einsame Dark Angel Fanfic auf einer Animee-Seite. Andererseits...gibt hier ja auch Harry Potter, Herr der Ringe etc. Also, mal wieder : Würd mich echt üner Comments freuen!!! Trotzdem viel Spass (wenns überhaupt einer liest . . . *gaaaaanztraurigguck) * * - Erinnerungen (Alec's ^.^) Kapitel 2: Schatten der Vergangenheit "Weißt du, ich hab ja nicht die Absicht gehabt, mit beiden gleichzeitig zu gehen, und als es dann so war, dass ich mit beiden gleichzeitig gegangen bin, hatte ich wirklich vor, ihnen voneinander zu erzählen. Na ja und irgendwann...." Alec unterbrach sich, denn Max, die vor ihm fuhr, bog ohne Vorwarnung nach links ab und hielt an. Alec allerdings hatte nicht auf den Weg geachtet, nahm jetzt die Kurve viel zu eng und kippte mit einem unterdrückten Aufschrei ziemlich unsanft zur Seite. Als er sich leise fluchend aufrappelte, sagte er: "Betrachten wir es doch mal, wie es ist, nimm an, ich hätt's gesagt, was wäre passiert?" Fragend sah er Max an. Die erwiderte nur Alec's Blick bis er fortfuhr. "Natürlich dasselbe: Ein riesen Streit, ein Haufen Ärger, gegenseitige Beschuldigungen und wer gewinnt bei so was?" Er gab sich selbst die Antwort. " Niemand gewinnt!" "Tja, in diesem Fall hast du gewonnen", bemerkte Max. Ihre braunen Augen blitzten. Alec, der überhaupt nicht zugehört hatte, plapperte munter weiter: "Ja genau, und außerdem...." Doch dann stutzte er, rief sich ins Gedächtnis, was Max eigentlich gesagt hatte , runzelte die Stirn und widersprach: "Im Grunde nicht! Keine der beiden spricht im Moment mit mir, was jede Art von Sex ziemlich unmöglich macht....", Max verdrehte genervt die Augen, Alec grinste. "....zumindest für einige Tage." "Tu mir einen Gefallen: Halt die Klappe und drück auf die Klingel." Max hatte nicht vor, den ganzen Tag vor diesem riesigen Haus herumzustehen. "Mmh? Oh, klar." Alec drehte sich zum Haus um und streckte die Hand aus, um zu klingeln. Doch er tat es nicht. Irgendetwas war hier seltsam. Alec hatte diese Klingel schon einmal gesehen. Er war schon einmal hier gewesen. Aber wann nur? Und vor allem, warum? Alec war verwirrt. So verwirrt, wie schon lange nicht mehr. Wann und warum war er bei diesem Haus gewesen? Und dann kamen die Erinnerungen. Wie Blitze erschienen die Bilder schnell und schmerzhaft vor seinem inneren Auge. * Alec in vornehmen Anzug mit Brille. Er steht vor dem Haus und drückt auf die Klingel.* *Alec in Manticore, vor etwa zwei Jahren. "Du bist über dein Ziel informiert, X5 494 ?" "Ja, Sir!" "Wir haben eine Tarnung für dich errichtet." * Immer mehr Erinnerungsfetzen kamen hoch. * Alec, wie er einen Mann erdrosselt.* Wer war dieser Mann? Handelte er im Auftrag Manticores? * Alec wieder im Anzug vor dem riesigen Haus. Jemand öffnet ihm die Tür.* * Alec betritt einen Raum, in dem ein Mädchen steht. Er sieht sie nur von hinten. Das Mädchen träg eine beigefarbene Hose und ein weißes Oberteil. Ihre dunklen Haare fallen ihr lang und seidig über die Schultern. Jetzt dreht sie sich um und ... .* Weg. Die Erinnerung war einfach nicht mehr da. Alec hatte das Gesicht des Mädchens nur kurz gesehen - viel zu kurz. Er wusste, dass er sie kannte. Was für eine Rolle hatte sie in seinem Leben gespielt? In der Vergangenheit. Wer war sie? Noch mehr Erinnerungen. * Ein explodierendes Auto.* * Alec in Manticore, man löscht seine Erinnerungen.* Erinnerungen woran? * Schmerzen. * * Wieder Alec mit Anzug und Brille, wie er auf die Klingel drückt. * "Alec! Hey!", rief Max plötzlich. Alec war schwindelig. Und trotzdem: all das, die Erinnerungen, der Schock über das eben gesehene, nichts davon konnte man ihm ansehen. Sein Gesichtsausdruck hatte sich nicht verändert, er hatte nicht einmal geblinzelt. "Hey!", rief Max noch einmal. Was war nur los mit ihm? Es war überhaupt nicht seine Art, so vor sich hinzuträumen. Alec war noch immer vollkommen verwirrt. Ziemlich gereizt wandte er sich um: "Was ist?" Max runzelte die Stirn. "Die Klingel drücken. Du weißt schon, der kleine Knopf unter dem Schild: ,BITTE KLINGEL BETÄTIGEN,". Alec brauchte noch einen Moment, bis er seine Gedanken wieder vollständig auf die Realität konzentriert hatte und schaute sich dann nocheinmal nervös um, bevor er tatsächlich auf die Klingel drückte. Max misstrauischer Blick lag immer noch auf ihm. "Keiner da", sagte Alec, nach etwa fünf Sekunden. Er drehte sich zu seinem Fahrrad um. Doch Max hielt ihn auf: "Gib ihnen ne Chance. Wenn ich mir das Haus so anschaue, brauchen die bestimmt zehn Minuten von der Küche bis zur Eingangstür." Alec wartete. Dann: "Okay, gut, keiner da. Fahren wir!" Er schnappte Max das Päckchen aus der Hand und warf es über den Zaun. Doch damit war Max nicht zufrieden, sie rief: "Wir haben keine Unterschrift!" Alec drehte sich zu ihr um. Seine Augen blitzten gefährlich und Max trat erschrocken einen Schritt zurück. "Ich sagte ,fahren wir!" Er blickte ihr noch einen kurzen Moment in die Augen, dann drehte er sich um, nahm sein Fahrrad und fuhr los. Max sah ihm nach. Was war denn mit dem los? Doch dann zuckte sie mit den Schultern. Wen interessierte es, was mit Alec los war? Immerhin war es seine Schuld, dass sie zu spät zu Logan kommen würde. Deshalb nahm sie ihr Fahrrad und folgte Alec's Beispiel. Kapitel 3: Rachel ----------------- Hallihallo, hier ist das dritte Chap! @cherrymint: Das ist nur an dich gewidmet! DANKE für dein Kommi! Würd mich trotzdem freuen, wenn noch jemand was dazu zu sagen hat ^.^ !!! Kapitel 3: Rachel "Nicht zu fassen, wie spät wir dran sind!", beschwerte sich Max. Sie und Logan Cale waren auf dem Weg zu Joshua, einem Freund von sowohl Max als auch Alec. Und außerdem war Joshua wie sie ein Transgenetischer aus Manticore. Allerdings gehörte er nicht zur X-Serie, was bedeutete, dass er nicht wie ein Mensch aussah. Seine Gene enthielten Hunde-DNS, was an sich nichts ungewöhnliches war, denn so gut wie alle Manticore- Geschöpfe besaßen irgendeine Tier- DNS. Das Problem bei Joshua war nur, dass er wohl etwas zu viel davon abbekommen hatte und aussah, wie eine Mischung aus Mensch und Hund, was wiederum für ihn bedeutete, dass er sich niemals ohne Helm oder etwas anderem, dass sein Gesicht bedeckte, in der Öffentlichkeit zeigen durfte. Heute Abend wollte dieser Hundemensch also für Max, Cindy und Logan kochen. Max aber war viel später als geplant bei Logan eingetroffen, was zum einen der Grund dafür war, dass sie jetzt zu spät kamen und zum anderen, dass Max schlechte Laune hatte. "Geht das Ding vielleicht etwas schneller?", maulte sie. "Hey, lass Bessie in Ruhe, ja? Wenn ich daran denke, wie oft sie schon zerschossen und wieder repariert wurde, bin ich froh, dass sie überhaupt läuft!" Mit ,Bessie' war Logans über alles geliebte Auto gemeint, und das hatte wirklich schon viel über sich ergehen lassen müssen. Denn Logan war zwar kein Transgeno, setzte sich aber sehr für die Manticore-Geschöpfe ein. So verbreitete er unter dem Decknamen ,Eyes Only'zum Beispiel anonyme Fernseh-Nachrichten. Das bedeutete allerdings für Logan, dass auch er öfter mal in die Schusslinie geriet. Und doch war das nicht die einzige Seite, von der Logan Gefahr drohte, Max selbst war für Logan am gefährlichsten. In Manticore hatte man ihr nämlich ein tödliches Virus eingepflanzt - aber nicht tödlich für sie, nein das wäre ja zu einfach, sondern tödlich für ,Eyes Only'. Es war so auf Logans DNS ausgerichtet, dass es bei der geringsten Berührung von Max' Haut mit Logans übertragen wurde. Passierte das, wäre Logan innerhalb weniger Stunden tot. "Ach ja, übrigens waren wir schon zu spät dran, als du gekommen bist!", fuhr Logan fort. Max schaute aus dem Fenster und ließ ein Laut hören, der irgendwo zwischen Knurren und Fauchen lag. "Erinnere mich nicht daran! Wir haben zu wenig Personal. Und willst du wissen, warum das so ist?" Logan ahnte, was nun kommen würde, deshalb antwortete er: "Also, wenn ich raten müsste würde ich sagen . . ." " . . . wegen Alec!", fiel Max ihm ins Wort. "Ahhh . . . . . . ", meinte Logan gedehnt, "die neusten Abenteuer von Alec, dem liebenswerten X5-Schurken!" Er verdrehte seine wunderschönen blauen Augen. "Ich kann's kaum erwarten." "Dieser Idiot denkt sogar bei der Arbeit nur ans Vergnügen und dann vermasselt er alles - wie immer!" Logan wusste, worauf Max anspielte. Nach der Zerstörung Manticores hatte Alec sich nicht wie die anderen der X-Serie einen normalen Job gesucht, nein, er hatte in einer Kampfarena Typen auf die Bretter gelegt, die gegen seine Superkräfte natürlich keine Chance gehabt hatten. Und von dem Geld hatte er sich dann ein vorläufig schönes Leben gemacht. Bis einer der größten Feinde der Transgenos, ein Typ namens Ames White, auf ihn aufmerksam geworden war, ihn schnappte und zwang Transgenos zu töten - und mal wieder hatte Max ihm aus der Klemme helfen müssen. Sie hatte also seinen Hintern gerettet und als Dank dafür hatte er bei ,Jam Pony' angefangen, was Max letztendlich nur noch mehr Probleme gemacht hatte. Und Logan wurde da natürlich auch ständig mit hineingezogen, denn die Sache mit White blieb bei weitem nicht das einzige Mal, dass Alec sich in Schwierigkeiten brachte. Und trotzdem, der eigentliche Grund, warum Logan Alec nicht leiden konnte, war ein anderer: Die beiden waren einfach grundsätzlich verschieden. Logan dachte fast immer nur an andere und bemühte sich, in Seattle für Gerechtigkeit zu sorgen. ,Einer von diesen Weltverbesserer- Typen', hatte Alec einmal gesagt. Und Logan ging Alecs egozentrische Art auf die Nerven. Wie konnte jemand nur so selbstsüchtig und ohne sich um irgendjemand anderen, als um sich selbst Gedanken zu machen durchs Leben gehen? Und während Logan all das durch den Kopf ging, regte Max sich weiter über Alec auf. "Gerade ER müsste es doch besser wissen, er hat sein ganzes Leben in Manticore verbracht und denkst du, dort wären Affären innerhalb der Einheit erwünscht gewesen? Ganz sicher NICHT!" "Abgesehen von der Zuchtpartnersache.", bemerkte Logan. Ja . . . . . . die Zuchtpartnersache. Dabei hatten Max und Alec sich kennen gelernt. Denn Max war zwar vor elf Jahren aus Manticore geflohen, war aber vor etwa einem halben Jahr bei ihrem ersten Versuch, Manticore zu zerstören blöderweise erwischt worden. Nach ein paar Monaten gelang es ihr aber, mit ein wenig Hilfe von Alec und Joshua, wieder auszubrechen und Manticore schließlich doch noch dem Erdboden gleich zu machen. Während dieser paar Monate in Manticore also lief diese Zuchtpartnersache. Das bedeutete, dass immer die beiden X-Soldaten, die von ihren Genen her die besten Nachkommen versprachen, auf ganz altmodische Art ein Kind zeugen sollten. Nun ja, Max und Alec waren als Zuchtpartner bestimmt worden. Max jedoch hatte sich standhaft geweigert, so dass niemals etwas zwischen den beiden gelaufen war. "Das war etwas ganz anderes", verteidigte sich Max. "Und außerdem war es echt widerlich!" Inzwischen half Cindy Joshua bei den Vorbereitungen. Der Hundejunge war das reinste Nervenbündel, denn es war das erste Mal, dass Max ihren Freund mitbrachte und deshalb wollte er unbedingt alles richtig machen. Doch Cindy versuchte ihr Bestes, um ihn zu beruhigen. "Mach dir nicht so viele Gedanken. Das alles....", sie deutete zum sorgfältig gedeckten Tisch, "das alles sieht echt toll aus." Doch Joshua wollte sich nicht beruhigen lassen. "Erste Dinner-Party mit Logan muss perfekt sein! Nicht nur toll." Wenn Joshua redete, hörte sich das wegen dem hundeschnauzeähnlichen Mund an, wie bei einem Kleinkind. "Glaub mir! Alles ist perfekt!" "Perfekt?", fragte Joshua mit großen Augen. Cindy nickte und zündete die Kerzen an. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass Max und Logan bald aufkreuzten. "Weißt du, ich freue mich darauf, den Abend mit Joshua zu verbringen", sagte Logan. Sie waren immer noch unterwegs, vor ihnen nur die schier endlos scheinenden Straßen von Seattle. Max schaute ihn an. Er sah wie immer ziemlich gut aus mit seinen kurzen, strohblonden Haaren und den blauen Augen hinter der Nickelbrille. "Ja, ich glaub, ihr werdet miteinander auskommen", lächelte sie. "Nur, denk daran: Verhalte. Dich. Ganz. Normal." Sie betonte jedes einzelne Wort. "Ach so", meinte Logan leicht beleidigt. "Im Gegensatz zu der unnormalen Art, in der ich mich sonst verhalte." "Du weißt, was ich meine. Starre ihn nur nicht an!" "Ohhh . . . . . . ", grinste Logan "ich soll also den gentechnisch erzeugten halb-Mensch, halb-Hund Typen nicht anstarren." Er lachte. "Geht in Ordnung!" Max konnte nicht ernst bleiben, sie musste einfach mitlachen. Das war einer der Gründe, warum sie ihn so liebte - er brachte sie zum Lachen. "Es ist nur", fing sie wieder an, denn im Grunde war sie von allen Beteiligten am nervösesten. Es lag ihr einfach viel daran, dass Joshua und Logan sich gut verstanden, denn sie waren zwei sehr wichtige Personen in ihrem Leben, "es ist nur so, dass er ziemlich seltsame Tischmanieren hat und seine Hygiene ist auch etwas fragwürdig." "Max, ich weiß, wie ich mich zu benehmen habe." "Ja, natürlich", stotterte Max "ich wollte nur . . . . ". Verdammt, wie kam sie da nur wieder raus? Mit Nachdruck sagte sie: "Natürlich weißt du es!" "Ich besorge mir einfach einen trockenen Martini und frage ihn höflich nach seinen Aktien", scherzte Logan weiter. Trotz dem Herumgealbere, ein bisschen mulmig war ihm schon. Schließlich lernte man nicht jeden Tag einen Hundejungen kennen. "Willkommen in meinem Haus", begrüßte Joshua Logan, der, doch ein bisschen erschrocken, in der Tür stehen geblieben war. Max hatte ihn nicht darauf vorbereitet, dass der HundeJUNGE über zwei Meter groß war. Cindy und Max grinsten sich an. "Ein reizendes Haus", überspielte Logan seine Nervosität. "Wirklich schön!" Dann hielt er Joshua eine Tüte hin. "Zur Feier des Tages habe ich Ihnen eine Flasche Weißwein mitgebracht. Ich wusste nicht, was es zu essen gibt, und da dachte ich . . . . . Vorsicht!" Logan fing die Flasche gerade noch rechtzeitig auf, bevor sie aus der Tüte fallen konnte, die Joshua neugierig umgedreht hatte. "Da dachte ich, ein Weißer wäre die sicherste Wahl." Er lächelte unsicher. Joshua grinste und verkündete: "Es gibt Makkaroni mit Käse und kleine Hot Dogs!" Logan rutschte ein leises Kichern heraus: " . . . . dogs . . . . " Der Hundejunge sah ihn verwirrt an, Logan verstummte. "Joshua, der Tisch sieht fantastisch aus!", versuchte Max die peinliche Situation zu retten. "Danke", lächelte Joshua verlegen. Auf einmal stutzte Max. "Aber für wen ist der fünfte Platz?" Kaum hatte sie ausgesprochen, waren hinter ihnen Schritte zu hören. Wie auf Kommando drehten sie sich alle um. "Hey, Max.", sagte Alec. Die schloss als Antwort nur genervt die Augen. Das konnte ja ein lustiger Abend werden Die Stimmung am Tisch war mehr als angespannt. Joshua aß, als hätte er noch nie etwas von Messer und Gabel gehört und Logan starrte den Hundejungen unentwegt an, während Max Original Cindy nervöse Blicke zuwarf. Erst als OC sich sehr künstlich räusperte blickte Joshua auf, nahm Messer und Gabel zur Hand und bemühte sich, einigermaßen normal zu essen. Alec schien von alldem nichts mitzubekommen. Er aß still seine Makkaroni und starrte dabei gedankenverloren vor sich hin, was die Spannung noch zusätzlich erhöhte. Niemand war es gewohnt mit Alec in einem Raum zu sein, ohne dass dieser ununterbrochen plapperte. "Schönes Wetter haben wir", brach Joshua das Schweigen. "Ja, und nicht viel Regen, was um diese Jahreszeit eher ungewöhnlich ist", nahm Logan den Faden auf. Cindy verdrehte die Augen. Doch jetzt kam Joshua zu dem Thema, dass ihn eigentlich interessierte. Er beugte sich vor, und flüsterte: "Blödes Virus. Max und Logan aktiv, ja?" Max blickte geschockt auf. Wie konnte er nur? Sie suchte Logans Blick, der aber war genauso sprachlos wie sie. Alle starrten die beiden an, sogar Alec hatte von seinem Teller aufgesehen. Max suchte verzweifelt nach einer einigermaßen coolen Antwort, doch zu spät. Schon im nächsten Moment lenkte Logan die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Und wie er das tat! Er saß da und lachte. Und das klang wirklich mehr als lächerlich, denn es war viel zu offensichtlich, dass er nur lachte, um die Peinlichkeit, die Joshuas Frage ausgelöst hatte, zu überspielen. Der Hundejunge allerdings fand das lustig und stimmte in Logans Lachen ein. Alec starrte die beiden an, als kämen sie vom Mars und verzog peinlich berührt die Mundwinkel. Dann hatte Logan sich wieder gefangen. "Na ja, wir suchen....", er schaute kurz zu Max, die heftig mit dem Kopf schüttelte, "also....wir haben noch Hoffnung." Bevor Joshua noch weiter nachhaken konnte, nahm Cindy eine Serviette und putzte dem Hundejungen damit den Mund ab. "Kein Sex und keine Politik am Esstisch, mein Lieber", belehrte sie ihn. "Tut mir leid", entschuldigte sich Joshua betreten. "Na ja", meinte Max, "wir werden sehen, was passiert." "Hey Max, gibst du mir mal den Ketchup, bitte?" Alecs Stimme klang sanft wie immer, nur die sonst so ansteckende Fröhlichkeit fehlte darin. Cindy gab den Ketchup an Max weiter, die hielt ihn Alec vor die Nase. "Ohhh . . . . . . du meinst diesen ~einzigartigen~ Ketchup - ~anders als jeder andere~?" Klirrend warf Alec seine Gabel auf den Teller. "Würdest du bitte damit aufhören?" Die Schärfe, die in seiner Stimme mitschwang, und die Tatsache dass er, der gelassene, immer beherrschte Alec, der in jeder Situation einen coolen Spruch parat hatte kurz vorm explodieren stand, ließ die anderen aufblicken. Max stellte den Ketchup auf den Tisch und wandte sich wieder ihrem Teller zu. Doch Alec hatte genug. Er stand auf, warf seine Serviette auf den Tisch und war im nächsten Moment durch die Kellertür verschwunden. Diesem Ausbruch folgte betretenes Schweigen. Endlich durchbrach Joshua, der das Benehmen seines Freundes nicht verstand, die Stille: "Makkaroni zu lang gebraten?" "Nein, sie sind gut", tröstete Logan, dann sah er Max an, "er ist wegen etwas anderem ungehalten." "Ungehalten?", fragte Cindy und hob die Augenbrauen, "er ist dermaßen auf Touren, dass er gleich abhebt!" "Ja, Max. Mach's ihm nicht so schwer." Das war das erste Mal, dass Logan für Alec Partei ergriff, und auch das letzte Mal - hoffte Logan zumindest. "Ach, meinst du?", blaffte ihn Max an. "Wir", sie deutete erst auf Original Cindy und dann auf sich selbst, " wir müssen für den Rest der Woche Doppelschichten fahren - und das nur ~seinetwegen~!" "Ich will ihn ja nicht verteidigen, aber er kann schließlich nichts dafür, dass die Mädchen gleich gekündigt haben!" Max starrte ihn an. "Na ja, ich meine ja nur . . . . ." Logan sah sich in der Klemme und hatte nicht die leiseste Ahnung, was er weiter sagen sollte. Er wusste schließlich, wie schlecht Max auf Alec zu sprechen war. Doch dann sagte er sich, dass er schließlich selbst schuld war, dass er sich eingemischt hatte und entschloss sich, es einfach durchzuziehen. "Sieh mal Max, was ist denn so schlimm daran, dass er mit beiden gleichzeitig was hatte, solange er keiner gesagt hat, sie wäre die Einzige?" "Sie waren ein Team!", fauchte Max. "Ja, aber es ist ja nicht so, als wären sie Schwestern oder so was." Logan hielt dem vernichtendem Blick seiner Freundin stand. Und Joshua gab ihm mit einem lauten Lachen recht. Cindy verzog angewidert das Gesicht. "Männer....", sie schaute Logan an, "....und Hunde", jetzt war ihr Blick auf Joshua gerichtet. "Da gibt's keinen Unterschied!" Inzwischen lief Alec im Keller auf und ab. Äußerlich hatte er sich wieder gefangen, doch innerlich war er zutiefst aufgewühlt. Und das lag nicht an Max. Es war nur einfach so, dass Alec, seit er mit diesen Erinnerungen konfrontiert wurde, viel leichter die Beherrschung verlor. Gedankenverloren war er zu dem alten, verstaubten Klavier getreten, das in Joshuas Keller zwischen dem Gerümpel stand. Ein paar Tasten schauten unter der Klavierabdeckung hervor. Alec streckte die Hand aus und klimperte nachdenklich auf ihnen herum. * "Du bist über dein Ziel informiert, X5 494 ?" "Ja, Sir! 58 Jahre. Witwer. Direktor von Mercidine und Manticore- Subunternehmer." "Wir haben eine Tarnung für dich errichtet."* * Ein explodierendes Auto . . . . .* Alec nahm die Abdeckung vom Klavier, setzte sich auf den Hocker, der davor stand und fing an zu spielen. Er spielte, als hätte er sein ganzes Leben nie etwas anderes getan. "Was ist das?", fragte Max, als das Klavierspiel erklang. "Alec", antwortete Joshua kauend "spielt im Keller Klavier." "Er hat Talent", bemerkte Cindy anerkennend. "Hast du gewusst, dass er Klavier spielt?", fragte Logan Max. Doch Max war es egal und sie brachte das zum Ausdruck, indem sie als Antwort nur mit den Schultern zuckte und fragte: "Wen interessiert das?" Alec spielte und spielte, und während seine schlanken Finger über die Tasten glitten wurde er auf einer Welle von Erinnerungen davongetragen. Er verlor jeden Sinn von Zeit und Realität. Es gab nur noch ihn und seine Vergangenheit. * Vor zwei Jahren in Manticore. Alec am Klavier. "Gut gemacht, X5 494!" Der Typ mit Anzug und Krawatte ist begeistert. Innerhalb eines einzigen Tages hat Alec gelernt, perfekt Klavier zu spielen. Sogar für einen X5 ist das ziemlich schnell. "Danke, Sir!" "Wie ich höre, wird das deine erste Undercover- Mission." Keine Frage, eine Feststellung. "Er hatte vier erfolgreiche Auswärts- Missionen, aber noch nichts langfristiges." Ein kleiner Kerl mit Glatze. "Wir bereiten ihn seit einem Jahr vor." Wieder der Andere, zu Alec gewandt: "Du wirst am Ende der Woche anfangen."* * Alec in einer Wohnung. Ein Mann mit langem, dunklem Haar kommt aus dem Badezimmer. Er kramt auf der Kommode nach seiner Brille. Auf einmal steht Alec vor ihm, schnappt sich die Brille, setzt sie sich auf die Nase und fragt mit kalter Stimme: "Suchst du die hier?" "Was....was machen sie hier?", stammelt der Mann noch, bevor Alec ihm blitzschnell einen Gürtel um den Hals legt und zuzieht. Als der Mann sich nicht mehr rührt, beginnt Alec damit, die Wohnung des toten Klavierlehrers zu durchsuchen. Er findet, was er sucht, in einer Jackentasche. Alec nimmt das Portemonnaie heraus, wirft den sich darin befindenden Personalausweis weg und ersetzt ihn durch seinen eigenen, auf dem als Name ,Simon Lee Hane' zu lesen ist. Alec hebt anerkennend die Augenbrauen. Diese Fälschung hat Manticore gut hinbekommen.* Alec spielte immernoch. Das ganze Haus hallte von dem Klavierspiel wider. Alec ließ die Erinnerungen auf sich einfließen - er wollte verstehen. * Alec vor einem Haus. Er drückt die Klingel. "Ja?", ertönt eine Stimme aus der Sprechanlage. "Simon Lee Hane.", meldet sich Alec. Die Tür wird aufgedrückt, Alec tritt ein. Ein bedrohlich aussehender Mann steht vor ihm. Nachdem dieser Alec von oben bis unten gemustert hat, geht er einen Schritt zur Seite. "Hier entlang, bitte." * Jetzt kam Alec etwas anderes in den Sinn, und er hatte das unbestimmte Gefühl, dass es ein Teil von dem war, was er suchte, ein Teil von dem, weswegen er all diese Erinnerungen überhaupt zugelassen hatte. * "Du bist über dein Ziel informiert, X5 494 ?" "Ja, Sir. Das Ziel heißt Robert Berrisford." "Den Anzeichen zufolge wird Mr Berrisford langsam neugierig, was unsere Arbeit hier angeht. Er stellt zu viele Fragen und muss deshalb überwacht werden." "Ja, Sir." "Wir haben eine Tarnung für dich errichtet. Anfangs wird dein primärer Kontakt seine Tochter sein." "Ja, Sir. Laut Akte heißt sie Rachel. 17. Das einzige Kind. Die Mutter starb, als sie zehn war. Sie ist eine gute Schülerin, besonders in Geschichte und Kommunikationstechnik." * * Alec betritt ein Zimmer. Der Raum ist leer, bis auf ein Klavier, dass in der Nähe des Fensters steht. Als Alec sich umsieht, entdeckt er ein Mädchen. Sie steht mit dem Rücken zu ihm. Es ist das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren und der beigen Hose. Jetzt dreht sie sich um... Und diesmal sieht er sie ganz deutlich. Wie hübsch sie ist! Die dunklen Locken umrahmen ein Gesicht, aus dem ihm große, braune Augen entgegenblicken. Sie lächelt. "Hi. Ich bin Rachel." "Simon Lee Hane." Und er lächelt zurück.* Alec hatte aufgehört zu spielen, war aufgestanden und hatte aus einer der Taschen der grauen Klavierabdeckung eine Kette hervorgekramt. Sie war silbern und hatte ein Herz als Anhänger. Alec starrte es an, als hoffte er, es könnte ihm die Antworten geben, die er suchte. Und während der X5 merkte, wie er abermals in Erinnerungen versank, schloss sich seine Hand fest um die Kette. * Rachel am Klavier. "Ist es gut so?", fragt sie Alec. "Ja, aber achten Sie auf die Dynamik!" Rachel wechselt das Stück und spielt ein Schnelleres. "Wie ist das?" Sie grinst. "Ich finde es gut!" Alec grinst zurück. Auf einmal steht Rachels Vater hinter ihnen. "Ah, wie ich höre erweiterst du dein Repertoir.!" Er sieht seine Tochter an. "Mit Simon macht es viel mehr Spaß, als mit meinem letzten Lehrer. Der hat mich nur Chopin und Beethoven spielen lassen!" "Abwechslung ist doch gerade das, was das Leben interessant macht.", meint ihr Vater. Er gibt Alec die Hand. "Robert Berrisford", stellt er sich vor. "Simon Lee Hane." "Sehr erfreut! Und jetzt will ich nicht weiter stören." Er geht zu Rachel und küsst das Mädchen auf die Wange. "Sie nutzt jede Gelegenheit, um sich vor dem Üben und den Stunden zu drücken." "Daddy!", ruft Rachel empört. "Geben Sie nicht nach", lächelt Mr Berrisford Alec zu, bevor er den Raum verlässt. "Ihr Vater scheint sehr nett zu sein." Alec sieht Rachel an. Die spielt an ihrer Kette herum. Es ist die Silberkette mit dem Herzanhänger. "Ja, er ist toll. Seit Mutter gestorben ist, gibt es nur noch uns beide." Sie macht eine Pause. Dann: "Stehen Sie ihren Eltern nahe?" Alec muss an Manticore denken. An die dunklen Zellen, das Kampftraining und die Folter, wenn man einen Fehler macht. "Ähm . . . . . nein, ich bin alleine. Sie sind vor langer Zeit gestorben, ich erinnere mich überhaupt nicht mehr an sie." "Das muss schwer gewesen sein." "Also, ich denke, wir sind hier, um Klavier zu spielen, und nicht, um über meine traurige Kindheit zu sprechen." Er grinst. Sie versteht.* * Manticore. "Du kennst deinen Auftrag, 494 !"* * Das explodierende Auto.* * Manticore. Sie bearbeiten seine Erinnerungen.* * Schmerzen.* Auf einmal fühlte Alec eine Hand auf seiner Schulter. Ein Angreifer? Blitzschnell drehte er sich um und umschloss mit seiner Hand die Kehle des Feindes. Immer fester drückte er zu. Alec wusste, was folgen würde. Ein letztes Röcheln. Das zu-Boden-sinken der Leiche. "Hey!" Jemand schrie ihn an, doch er konzentrierte sich nur auf seinen Gegner. Töten oder getötet werden. Das hatte man ihn in Manticore gelehrt. "Hey!" Max packte Alec am Arm, er musste seinen Angreifer loslassen. Sie schleuderte Alec auf das Klavier. Tasten klirrten. Alec blickte sich um. Sein Verstand war noch immer etwas benebelt, dann begriff er. Er war weder bei Rachel noch in Manticore. Er war in Joshuas Keller. Logan, Cindy und Max starrten ihn an. Alec betrachtete seinen vermeidlichen Feind genauer. Es war Joshua. "Entschuldige.", Alec meinte es ehrlich, "es tut mir leid." Niemand konnte eine Veränderung in seiner Stimme oder Mimik feststellen. Joshua nickte nur. Alec hatte das Gefühl, dass Joshua ihn verstand. Genau wie Rachel. Max verstand ihn nicht. "Was, zum Teufel, war das denn?", schrie sie mit schriller Stimme. Alec kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Es war nichts." Joshua hob die Kette mit dem Herzanhänger auf, und hielt sie Alec hin. "Geht's dir gut", fragte der gutmütige Hundemensch mit treuen Augen. "Ja", antwortete Alec knapp, doch dann besann er sich und grinste sein altes Alec-Grinsen. "Es geht mir immer gut." Er schnappte sich die Kette und seine Jacke, klopfte Joshua kurz auf die Schulter und bedankte sich für das Essen. Einen Moment später war Alec erneut durch die Kellertür verschwunden und ließ vier ziemlich verwirrte mehr-oder-weniger Freunde zurück. Kapitel 4: Verbotene Liebe -------------------------- Kapitel 4: Verbotene Liebe Alec schloss die Tür zu seinem Appartement auf. Er knipste das Licht an, warf seine Jacke auf den Sessel und ging zu seiner kleinen Bar im hinteren Teil der Wohnung. Während er sich einen Skotch einschenkte ließ er seinen Blick schweifen. Die Couch, der Fernseher, die Kommode... Das Appartement war ungewöhnlich groß, größer als die meisten Wohnungen in dem von Atomwaffen zerstörten Seattle. Vor Alec hatte hier ein anderer Typ aus Manticore gewohnt, einer der X-Serie, der bei dem Versuch, Max vor White zu retten, gestorben war. Und weil Alec das Wörtchen ,Moral' nicht so viel bedeutete wie zum Beispiel Logan, und Alec grundsätzlich praktisch dachte, war er kurzerhand hier eingezogen. Jetzt starrte der X5 auf den großen schwarzen Bildschirm seines Fernsehers und fuhr erschrocken zusammen, als sein Handy klingelte. Er stellte sein Glas ab, ging zum Sessel, auf dem noch immer seine Jacke lag, fischte das Handy aus der Tasche und drückte auf den "Gespräch annehmen" Knopf. "Ja?" Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Alec runzelte die Stirn. Er lauschte noch einen Moment und war schon im Begriff aufzulegen, als plötzlich Klavierspiel erklang. Alec erstarrte. Dies war eines der Stücke, die er zusammen mit Rachel gespielt hatte! Doch wer konnte das wissen, außer..... Keine Stunde später schlich Alec, vollkommen in schwarz gekleidet, durch den Garten der Villa Berrisford. In der Dunkelheit der Nacht war er so gut wie unsichtbar. * "Gute Arbeit, X5 494. Gibt es noch irgendetwas, das in deinem Bericht nicht erwähnt ist?" "Ja, Sir. Ich bin zum Essen eingeladen." Die beiden Männer vor Alec blicken überrascht auf. "Wann?" "Heute Abend." "Wir hatten nicht erwartete, dass deine Beziehung zu Berrisford so weit fortgeschritten ist." "Es war nicht Berrisford, der mich eingeladen hat, sondern die Tochter." "Ach, wirklich?" Die Zwei tauschen einen Blick. "Ist da von ihrer Seite ein romantisches Interesse vorhanden?" Alec sieht den Mann mit Glatze fragend an. Der verdreht ungeduldig die Augen. "Denkst du, dass sie dich mag?" "Sie sendet permanent Signale, dass sie meine Gesellschaft genießt." "Gut, spiel mit, 494, das bringt dir erweiterten Zutritt." "Ja, Sir." * Alec blickte nach oben zu Rachels Balkontür. Eine Treppe führte hinunter in den Garten und dann ein Weg weiter zu der kleinen Halle mit dem Swimmingpool. * Händchenhaltend laufen Alec und Rachel die Treppe zum Garten hinunter. Er trägt einen Anzug, sie ein rotes Abendkleid. Das Mädchen hat sich außerdem die Haare hochgesteckt. Der Herzanhänger glänzt im Mondschein. Lachend durchqueren die beiden den Garten, dann zieht Rachel Alec zum Swimmingpool und schließt hinter ihnen die Tür. Sie kichert. "Hey, wir sollten nicht so lange wegbleiben. Ihr Vater...", beginnt Alec unsicher, doch Rachel unterbricht ihn. "Mein Vater spricht mit seinen Kollegen über Geschäftliches. Das wäre langweilig für Sie." "Vielleicht aber auch nicht", Alec weicht Rachels Blick aus. "Sie sind ein komischer Mensch", stellt sie fest. "Ach ja?" Das Mädchen nickt. "Die meisten wären lieber ein paar Minuten mit einem Mädchen alleine, als sich in einem verräucherten Zimmer über Genetik zu unterhalten." Alec lächelt. "Ich bin eben nicht wie die meisten." "Ich weiß." Darauf folgt ein Moment des Schweigens. Dann fragt Rachel plötzlich: "Wollen wie eine Runde schwimmen?" Alec sieht sich in der riesigen Halle um. Dann wandert sein Blick zum Swimmingpool. Er lächelt. "Na schön." Rachel geht ein paar Schritte rückwärts. Langsam streift sie einen ihrer dunkelroten Träger hinunter. Alec starrt sie an. Er will den Blick abwenden, doch er kann nicht. Es ist, als würde sein Körper ihm einfach nicht mehr gehorchen. Also wartet er. Darauf, dass sie auch den zweiten Träger hinunterzieht. Rachel grinst etwas nervös. "Könnten Sie sich bitte umdrehen?" Alec schaut verwirrt auf, dann lacht er ertappt. "Ja, natürlich." Er dreht sich um und zieht sein Jackett aus. Plötzlich hört er ein leises Plätschern neben sich. Rachel ist schon im Wasser. Schnell entkleidet Alec sich weiter bis auf die Boxershorts. Dann folgt er dem Mädchen ins warme Wasser. Sie schwimmt auf ihn zu, er nimmt ihre Hand. Sein Blick wandert über ihre nackten Arme und das dünne Unterhemd. Rachel lächelte ihn an. "Ist dir vielleicht schon aufgefallen, dass ..." Unentschlossen bricht sie ab, fasst dann aber wieder neuen Mut, "..., dass ich mich seit ein paar Tagen sozusagen an dich ranwerfe?" Alec senkt verlegen den Blick. So viele Gedanken beschäftigen ihn. Ist es richtig, was er hier tut, sollte er nicht besser so schnell es geht hier verschwinden? Rachel ist verunsichert. "Gefalle ich dir etwa nicht?" Sie sieht Alec fest in die Augen, hält seinen Blick gefangen. Als er antwortet ist seine Stimme nicht mehr als ein belegtes Flüstern. "Doch, natürlich!" Rachel lächelt und kommt noch ein Schritt auf ihn zu. Alle Zweifel sind vergessen. Es existiert nur dieser Augenblick, nur Alec und Rachel. Vom Esszimmer her erklingt leise Musik, die Atmosphäre ist perfekt. Alec beugt sich leicht vor, bis seine Lippen beinahe die Rachels berühren. Das Mädchen schließt erwartungsvoll die Augen. Und Alec küsst sie. Ganz vorsichtig, zärtlich. Als sich ihre Lippen trennen sieht Alec Rachel ernst an. "Du gefällst mir sehr." * * Manticore. "Du hast nur unseren Befehlen zu folgen, X5 494!" * * Rachel. Auf der Treppe in der Villa ihres Vaters. Sie gibt Alec eine schallende Ohrfeige und rennt weinend aus dem Haus. * * Das explodierende Auto. * Immer noch starrte Alec hinauf zu Rachels Balkontür. Es hatte sich etwas bewegt. Hinter dem Vorhang konnte Alec einen menschlichen Umriss ausmachen. Der X5 schnappte nach Luft. Konnte das sein? Konnte das wirklich Rachel sein? Normal klatschte dreimal ungeduldig in die Hände. "Hopp, hopp, hopp, die Päckchen werden sich keine Füße wachsen lassen, ihr müsst sie schon wegtragen!" Dann fiel sein Blick auf Max, die gerade zur Tür hereinkam. "Was sagt man dazu? Ist das nicht die, die ständig zu spät kommt und wenn sie mal da ist, ist die Arbeit, für die sie bezahlt wird schlampig erledigt!" Max sah Normal entnervt an. "Was hast du für ein Problem?" "Du hast dir gestern für diese Zustellung hier...", er hielt ein leeres Formular hoch, auf dem die Nummer jenes Päckchens stand, das sie gestern mit Alec ausgeliefert hatte "...keine Unterschrift geben lassen!" "Daran war Alec schuld!", verteidigte sich Max. So weit kam's noch, dass sie für seine komischen Launen geradestehen musste. "Schick IHN noch mal hin!" Normal grinste gehässig. "Tut mir echt leid, aber Romeo hat sich krankgemeldet." Max verdrehte resigniert die Augen, zischte "Typisch!" und riss Normal das Formular aus der Hand. "Und komm danach gleich zurück!", schrie Normal Max noch hinterher, "Ohne Alec, Marina und Little Suki sind wir drei Mann zu wenig - äh...mehr oder weniger." Max schluckte die bissige Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag hinunter und machte sich, in Gedanken den Tag an dem sie Alec begegnet war verfluchend, auf den Weg. Diesmal wurde die Tür sofort geöffnet. Das Mädchen im Türrahmen war wohl eine Art Haushälterin. Max setzte ihr freundlichstes Lächeln auf. "Jam Pony Kurierdienst. Wir haben gestern ein Päckchen zugestellt, könnte ich bitte eine Unterschrift haben?" Das Mädchen nickte, nahm Max das Formular ab und verschwand durch eine Tür auf der rechten Seite der Eingangshalle. Max war allein. Sie schaute sich neugierig in dem riesigen Flur um, als sie ein Gemälde entdeckte. Irgendetwas daran stach ihr ins Auge. Es war ein Familienportrait. Ein kleines Mädchen, wohl die Tochter, und ihre Eltern waren darauf zu sehen. Die Mutter war sehr schön. Langes, dunkles Haar und braune Augen. Außerdem trug sie eine Silberkette, die einen perfekten Kontrast zu den Haaren bot. Die Kette... Max trat näher. Plötzlich fiel ihr die Szene in Joshuas Keller ein. Alec. Der Anhänger. Nein, kein Zweifel, das hier war hundertprozentig Alecs Herzanhänger. Wirklich seltsam, wie kam er nur an die Kette einer so reichen Familie? Auf einmal hörte Max Schritte, aber als die Haushälterin mit der Unterschrift erschien, stand Max schon längst wieder an der Eingangstür. Sie nahm das Formular entgegen, warf einen kurzen Blick auf die Unterschrift und fragte dann: "Was heißt das? R.Berrisford?" Die junge Frau nickte. Max bedankte sich, nahm ihr Fahrrad und fuhr, den Kopf voller Fragen, zu ,Jam Pony' zurück. Vielen Lieben Dank an XCatgirlX!!! Danke für dein Kommi! Ich hoffe, dieser Teil hat dir auch gefallen!!! ^.^ Kapitel 5: Joshua 57 -------------------- Kapitel 5: Joshua 57 Alec saß in seinem Sessel und starrte den Herzanhänger an. Er versuchte nachzudenken, doch permanent auf ihn einströmende Erinnerungen raubten ihm die Konzentration. Alec ist in Mr Berrisfords Arbeitszimmer. Er sitzt am Laptop und kopiert die Informationen, die Rachels Vater vorhat, an das FBI zu schicken. Nervös schaut er zur Tür. Wenn Rachel oder Mr Berrisford ihn erwischen würden... Endlich, nach Ewigkeiten, so scheint es Alec, hat er alle wichtigen Informationen auf Minidisk. Hastig nimmt er sie aus dem Computer.. "Simon?" Erschrocken steht Alec auf. Rachel sieht ihn verwirrt an. Wie viel hat sie gesehen? "Hey", sagt er so lässig wie möglich. Gleichzeitig schiebt er die Minidisk unauffällig in seine Hosentasche. "Was machst du hier drin?" In Rachels Stimme liegt keine Spur von Misstrauen, nur ehrliche Verwunderung. "Ähm...", stottert Alec, "ich hab mich auf dem Weg zur Toilette verlaufen. Dieses riesige Haus..." Er bricht ab. Was für eine unheimlich dämliche Ausrede. Aber Rachel scheint sie zu genügen. "Du musst auf die andere Seite der Halle." Alec lässt sein gewinnendstes Lächeln erstrahlen. "Richtig!" Er schlägt sich mit der Hand vor die Stirn, dann zuckt er mit den Schultern. "Ich kann nichts dafür, du bringst mich ganz durcheinander." Er streicht ihr liebevoll eine Strähne des dunklen Haares aus dem Gesicht. Rachel verdreht die Augen und lacht. Wie süß sie aussieht, wenn sie lacht. Ihre letzten Zweifel zerstreut Alec mit einem langen leidenschaftlichen Kuss. Doch plötzlich löst sich Rachel von ihm und starrt ihn an. "Ich...", stammelt sie, "ich liebe dich." Alec bekommt eine Gänsehaut. Damit hat er nicht gerechnet. Und er weiß, irgendetwas läuft hier ganz furchtbar schief. Seine Miene ist vollkommen ernst, doch er spürt, wie er die Kontrolle verliert, er will schreien: "Das hab ich nicht gewollt! Es war nicht geplant, dass du dich in mich verliebst! Und ich mich in dich..." Liebe? Alec hat keine Erfahrung damit. Er ist ratlos. Niemand hat ihm etwas über Liebe beigebracht. "Simon, deine Hände zittern ja." Rachel sieht ihn besorgt an. Keinen Moment später hat Alec sich wieder im Griff. "Keine Sorge, mir geht's gut. Ich bin nur so glücklich." Er lächelt Rachel an und nimmt sie in den Arm. Überdeutlich fühlt er die Minidisk in seiner Hosentasche, die ihrem Vater den Tod bringen wird. Schluss damit! Alec wollte das nicht mehr. Was brachte es, in der Vergangenheit herumzuwühlen? Entschlossen stand er auf und ging ins Badezimmer. Das Wasser fühlte sich kühl und belebend auf seiner Haut an. Er drehte den Wasserhahn zu und sah in den Spiegel. Erschrocken schnappte Alec nach Luft. Was zum...!? Rachel. Er sah sie ganz deutlich im Spiegel. Sie stand direkt hinter ihm. Alec brauchte ein paar Sekunden, bis er den Mut aufbrachte, sich umzudrehen. Nichts. Verdammt, begann er jetzt zu halluzinieren? Anscheinend ließ sich das Thema ,Rachel' doch nicht so leicht abhaken. Wie auch? Alec schaute wieder in den Spiegel. Er war schuld an ihrem Tod. Aber selbst, wenn sie noch lebte, so hatte er auf jeden Fall ihr junges, unschuldiges Leben zerstört. Hass loderte in Alec auf. Er hasste sich für das, was er Rachel angetan hatte. Immer noch starrte er sein Spiegelbild an. Aber er wollte es nicht mehr sehen. Nie wieder! In diesem unbeherrschten Augenblick holte Alec aus. Es klirrte. Ein stechender Schmerz schoss seinen Arm hinauf, aber es war ihm egal. Als er seine Faust zurückzog sah er in den zerbrochen Spiegel. Seine Wut war verraucht. Alles, was Alec fühlte, war unendliche Leere. "Joshua?" Suchend sah Max sich um. Wo war er nur? Sie fing schon an, sich Sorgen zu machen, als sie den Hundemann in seinem ,Atelier' entdeckte. "Hey, mein Großer! Was malst du da?" "Joshua Nummer 57", verkündete dieser stolz. Joshuas Bilder sahen wirklich aus, wie die von berühmten Künstlern - viele grelle Farben, aber Außenstehende konnten absolut keinen Sinn darin erkennen. Der Unterschied war nur, dass Joshua sich wirklich etwas dabei dachte, wenn er malte. Jedes seiner Kunstwerke hatte für ihn seine ganz eigene Bedeutung. Max betrachtete Joshua Nummer 57. "Schön", lächelte sie, "was stellt es dar?" "Alec." Joshua malte weiter ohne Max anzusehen. "Alec sehr kompliziert." Max seufzte und besah sich das Farbenwirrwarr genauer. Es ging ihr unvorstellbar auf die Nerven, dass sich in den letzten Tagen wirklich alles um Alec zu drehen schien. Wirklich jeder wollte wissen, was um Himmelswillen mit dem armen unschuldigen Engelchen los war. Dabei war Alecs Gefühlswelt das Letzte, was sie interessierte. "Hör zu, Joshua. Ich weiß, du und Alec, ihr habt euren Spaß." Joshua grinste. "Aber er ist kein Mensch, dem man in allen Dingen trauen kann." Max schüttelte den Kopf. "Schon gar nicht jetzt, wo er so komisch ist." Joshuas Grinsen wurde noch breiter. "Du denkst, Alec kann mir was vormachen?" "Nein, ganz und gar nicht", meinte Max wahrheitsgemäß. Jetzt legte Joshua den Pinsel endgültig zur Seite und sah auf Max herunter. "Alec macht nur Alec was vor. Er kennt sich überhaupt nicht. Siehst du...", er deutete auf die eine, sehr bunte Seite von Joshua 57, "außen viele schöne Farben, fröhliches Getue." Joshuas Hand wanderte zu der anderen, völlig schwarzen Seite des Bildes. "Innen Dunkelheit, Verwirrung - Alec." Max runzelte die Stirn. Was wollte Joshua damit sagen? Dass Alec nicht der selbstsüchtige, Spaß-über-alles-stellende Egozentriker war, für den ihn alle hielten? In diesem Moment hielt sie Joshua einfach nur für unglaublich naiv. Andererseits, wahrscheinlich kannte Joshua ihn besser als sie. Max hatte sich schließlich nie die Mühe gemacht, ernsthaft über Alec und seine Vergangenheit nachzudenken. Und plötzlich wollte sie es wissen. "Wieso ist er so finster und verwirrt?" Joshuas Antwort war knapp, doch sie reichte vollkommen: "Manticore." Als Max im ,Crash', dem Szene- Laden schlechthin in Seattle, eintraf, entdeckte sie sofort zwei bekannte Gesichter. Alec saß an der Bar, seinem Stammplatz, Cindy hatte es sich an einem der Tische, weiter hinten im Raum gemütlich gemacht. Dem X5 schenkte Max nur einen misstrauischen Blick, dann setzte sie sich zu ihrer besten Freundin. Schweigend starrten sie eine Zeit lang zu Alec hinüber. "Was ist mit deinem Freund?", fragte Cindy nach einer Weile. "Er ist nicht mein Freund. Ich weiß es nicht!" "Ehrlich, so hab ich ihn noch nie gesehen." Cindy schien tatsächlich Mitleid mit ihm zu haben. Toll, sollten sie doch einen Club gründen! "So gequält und am Boden zerstört." Genervt machte Max sich die Mühe, den X5 genauer zu betrachten. Cindy hatte Recht, er sah wirklich nicht besonders gut aus. Er flirtete auch nicht wie sonst, wenn er im ,Crash' war. Normalerweise saß er nie lange allein, aber heute machte er keinerlei Anstalten, ein Mädchen anzuquatschen. Er hockte einfach nur da und starrte vor sich hin. Als Cindy Max' Blick bemerkte, grinste sie: "Starke Frauen fahren nun mal auf gequälte Typen ab!" "Oh bitte!", stöhnte Max, als sie begriff, was Cindy ihr da gerade unterstellt hatte. Sie atmete einmal tief durch, als sie spürte, wie auch in ihr etwas, das man vage als Mitgefühl interpretieren konnte hochstieg. "Ich weiß, ich werd's bereuen, aber ich geh und seh nach, ob's ihm gut geht." "Lass dir Zeit. Ich hab die süße Kleine dort am Billardtisch im Auge." Max stand auf, verließ die Ecke mit den Tischen und ging an die Bar, wo sie sich auf einem der Hocker neben Alec niederließ. Dieser schaute nur kurz desinteressiert auf und wandte sich dann wieder seinem Glas zu. Max hatte keinen Schimmer, wie sie anfangen sollte, außerdem fand sie das Ganze sowieso schon wieder völlig lächerlich. Wann hatte sie mit Alec jemals ein wirklich ernstes Gespräch geführt? "Nenn mich verrückt, aber ich hab das Gefühl, du hast da ein Problem." Alec nahm ein Schluck aus seinem Glas. "Okay, du bist verrückt." Max seufzte. Bei Alec verlor sie immer ziemlich schnell die Geduld. Deshalb kam sie zur Sache: "Was ist mit dem Medaillon? Hast du es gestohlen? Ich war nämlich noch mal bei dem Haus wegen einer Unterschrift. Da hab ich es auf dem Portrait gesehen, und jetzt bin ich neugierig." Alecs hübscher Mund deutete ein Grinsen an. "Neugier war der Katze Tod, Max!" Dann war er wieder ernst. Viel zu ernst für den Alec, den Max kannte. "Halt dich mal lieber raus." "Wenn du meinst." Max hatte große Lust einfach aufzustehen und zu gehen. Sollte Alec doch sehen, wie er alleine klarkam. Aber dann dachte sie an das, was Joshua gesagt hatte, und blieb sitzen. Eine Weile schaute sie zu Boden, dann sah sie wieder Alec an. Sie zögerte. Dann: "Wir kommen vielleicht nicht immer gut miteinander aus ..." "Sehr schön untertrieben!", warf Alec gereizt ein. "Bedienung!" Auf seinen Ruf hin kam ein Mädchen und füllte sein Glas. "...aber wenn du Schwierigkeiten hast und meine Hilfe brauchst, solltest du es jetzt sagen und nicht warten, bis alles vermasselt ist, wie du es sonst machst!" Alec drehte sich mit gespielter Fröhlichkeit zu ihr um. "Vielen Dank für das Angebot, Max", doch dann ließ er die Schauspielerei und seine Trostlosigkeit kam wieder zum Vorschein. "Ja, wirklich nett von dir, aber du weißt leider nicht, worum es geht." Max, die hoffte, endlich einen Draht zu ihm gefunden zu haben, beeilte sich zu sagen: "Dann erklär es mir doch. Bitte." Alec grinste schief. "Weißt du, Max, das würde ich, nur..." Wieder nahm er einen Schluck der durchsichtigen Flüssigkeit, "...nur du würdest es nicht verstehen- du kannst es nicht verstehen, denn du warst nicht da. Du bist weggelaufen, mit deinen lieben kleinen Brüdern und Schwestern." Max dachte an Joshuas Bild. Der Hundejunge hatte Recht gehabt. Es ging tatsächlich um Manticore. Alec machte eine Pause, doch jetzt gab es für ihn kein Zurück mehr. Er hatte damit angefangen und er würde es auch zu Ende bringen. Sowieso war es an der Zeit, Max einmal vor Augen zu führen, wie gut sie es im Vergleich zu anderen mit ihrer Vergangenheit getroffen hatte. Alec hob den Blick und sah Max fest in die Augen. "So. Du denkst also, es war hart, als wir zehn waren? Ein bisschen Schule, ein bisschen Gehirnwäsche, ein paar Feldübungen, du denkst, das war hart?" Max hielt seinem Blick stand, als sie sagte: "Mir jedenfalls hat es gereicht." Alec starrte wieder sein Glas an. "Glaub mir, später wurde es noch viel schlimmer." Seine Stimme klang heiser und er konnte Max nicht in die Augen sehen, als er fort fuhr. "Man hat getan, was verlangt wurde - und versucht zu vergessen. Wer das nicht konnte wurde behandelt, bis es ihm egal war." Er starrte immer noch sein Glas an, biss sich nach diesen Worten aber nervös auf die Unterlippe. Da verstand Max, dass er sich selbst gemeint haben musste - er hatte nicht vergessen können. Was hatten sie ihm nur angetan? "Tut mir leid." Alecs dunkle Augen verengten sich. "Ich will kein Mitleid!" Er hatte sich wieder zu ihr umgedreht und starrte sie nun nahezu feindselig an. "Ich will, dass du verschwindest." Ohne ein weiteres Wort wandte Alec sich wieder der Bar zu. "Bin schon weg!" Max wusste, dass das Gespräch zu Ende war. Sie würde nichts mehr aus ihm herausbekommen. Kaum war sie aufgestanden, bezahlte Alec und verließ das ,Crash' so fluchtartig, dass einige der Gäste ihm verwirrt hinterher sahen. Draußen auf der Straße ging Alec blind in irgendeine Richtung. Es war ihm egal, wohin er lief. Hauptsache weg von hier. Mit seinen Gedanken ganz woanders merkte er nicht, dass ihm zwei Männer folgten. Sie hatten vor dem ,Crash' auf ihn gewartet, und wollten jetzt den Auftrag ausführen, für den sie so gut bezahlt wurden. Erst als Alec an einem Schaufenster vorbeiging, bemerkte er ihre Spiegelbilder. Er fuhr herum. Dem Kerl, der ihm am nächsten stand verpasste er einen Tritt, dass dieser gegen ein Auto krachte. Blitzschnell wirbelte der X5 herum, um den anderen fertig zu machen - leider zu spät. Ein unerträglicher Schmerz durchzuckte Alec vom Hals aus durch seinen ganzen Körper. Er kannte diese Art von Folter. Elektroschocker hatten sie auch in Manticore benutzt. Jetzt war auch der andere Typ wieder auf den Beinen und hielt Alec fest, während sein Kumpel den Elektroschocker an dessen Hals presste. In diesem Moment trat Max aus der Tür des ,Crash', erkannte die Situation und eilte ihrem mehr-oder-weniger Freund zu Hilfe. Sie schnappte sich den, der Alecs Arme umklammert hielt und schleuderte ihn gegen eine Hauswand. Das gab Alec die Chance sich gegen den anderen zu wehren. Und er nutzte sie. Der Kerl schaute immer noch total perplex zu seinem Kumpanen, der von Max fertig gemacht wurde, als Alec ihm den Elektroschocker aus der Hand trat. Dann verpasste er dem völlig verblüfften Schläger einen Faustschlag gegen die Schläfe, der ihn über ein am Bordstein parkendes Auto beförderte. Alec setzte ihm nach. Währenddessen war Max mit dem anderen Typ beschäftigt und der ließ sich nicht so leicht außer Gefecht setzen. Schließlich aber ging auch er zu Boden und als Max aufschaute sah sie zu Alec. Obwohl sein Angreifer schon halb bewusstlos auf dem Pflaster lag, hörte er nicht auf, auf ihn einzutreten. "Alec, nein!" Max stockte der Atem. Wenn sie ihn nicht stoppte, würde er den Mann noch umbringen! Mit pochendem Herzen sprang sie über den PKW. Im nächsten Moment war Max hinter Alec, packte seine Arme und drückte ihn unsanft auf die Motorhaube. Ein paar Sekunden verharrten sie regungslos. Er mit dem Rücken auf dem Auto, sie über ihm. Er starrte sie hasserfüllt an. Schließlich stieß Alec sie mit solch einer Brutalität von sich, dass Max zurücktaumelte und fast gestürzt wäre. "Bleib mir gefälligst vom Hals!" Er blickte sie noch einen Moment lang kalt an, dann rückte er seine Jacke zurecht und verschwand in der Dunkelheit. Kapitel 6: Robert Berrisford ---------------------------- Kapitel 6: Robert Berrisford "Hey", rief Max und suchte das Arbeitszimmer mit den Augen nach Logan ab. Ihr Freund tauchte zerzaust unter dem Schreibtisch auf, eine Minidisk zwischen den Zähnen. Sein "hey!" war nicht mehr als ein unverständliches Brummen. Endlich nahm er die Disk aus dem Mund und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. "Was gibt's?" "Ich brauche Informationen über einen Mann." Logan hob eine Augenbraue. "Das ist mein Job. Hat er einen Namen?" "Ja, er heißt Berrisford. Der Vorname beginnt mit R." Völlig orientierungslos lief Alec durch die Straßen von Seattle. Laufen, immer weiter, nicht stehen bleiben und bloß nicht nachdenken. Plötzlich schnitt ein Klingeln durch die Stille, in Alecs Ohren so schrill, dass es den jungen Mann zusammenzucken ließ. Zitternd vor Anspannung zog er sein Handy aus der Jackentasche. "Ja?" Klavierspiel. Rachel. "Hey, ich versäum ja meine Stunde!" Manticore. Der kleine Mann mit Glatze. Er hält eine Diskette in der Hand. Die, die Alec aus dem Haus der Berrisfords gestohlen hat. "Das, was du uns gebracht hast ist sehr aufschlussreich, 494. Berrisford hat negative Informationen über Manticore und will seinen Freund im Senat informieren." Alec nickt. Exakt so, wie es von ihm erwartet wird. "Es ist wohl an der Zeit, allen Lieferanten eine Botschaft zu senden - etwas Eindeutiges." Der vornehme Typ von letzte Mal spricht mit dem Glatzkopf. Dieser wendet sich wieder Alec zu. "Eliminiere das Ziel morgen. Laut deinen Berichten bringt Berrisford seine Tochter morgens zur Schule?" "Ja, Sir" "Schaff sie beide weg. Ich denke, das ist eindeutig. Und jetzt geh! Die Stunde beginnt um vier." Wie in Trance ließ Alec das Handy sinken. Doch die Musik hörte nicht auf. Noch immer drang das Klavierspiel an Alecs feines Gehör. Eindringlich. Anklagend. Mit einer blitzschnellen Bewegung schmetterte Alec das Handy gegen die Hauswand. Er atmete heftig. So konnte es nicht weitergehen. Es musste etwas passieren. Max starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit der Nacht. Wie lange dauerte das denn noch? Wie auf ein Stichwort hin ertönte Logans Stimme. "Ich glaube, das könnte er sein: Robert Berrisford." Max stellte sich hinter ihren Freund. "Wer ist er?" "Ehemaliger Inhaber von Mercedine. Außerdem war er Spitzenreiter in Genverschmelzungstechnik und Stammzellenforschung." "Er war?", fragte Max mit gerunzelter Stirn. "Ja, das alles endete vor zwei Jahren, als jemand eine Bombe unter Berrisfords Auto platziert hat." "Ist er tot?" "Nein." Logan stützte seinen Kopf in die Hände. "Er hat wohl noch mal Glück gehabt. Ein paar Tage später machte er einen Deal mit dem FBI." "Das FBI versprach ihm Schutz vor weiteren Anschlägen, im Gegenzug stieg er aus dem Genomgeschäft aus?", riet Max. "Bingo!" Logan nickte. "Berrisford schloss die Firma und ging in Pension." "Aber was, zum Teufel, hat das alles mit Alec zu tun?" Logan half Max auf die Sprünge. "Berrisfords Firma hatte einige Verträge mit verschiedenen Regierungsstellen." Er drehte sich zu ihr um. "Aber abgesehen davon, was denkst du, wer sein größter Kunde war?" "Genverschmelzungstechnik und Stammzellenforschung? Klingt nach Manticore, nicht war?" "Der Anschlag zumindest trägt ihre Handschrift." Max sah ihn prüfend an. "Du denkst, Alec ist dafür verantwortlich?" "Wieso nicht? Er war damals ein ergebener Soldat, vielleicht hatte er den Auftrag." "Er sagt, es gibt Dinge, die er vergessen wollte", flüsterte Max nachdenklich. Logan fuhr fort. "Nehmen wir an, ich hab Recht: Alec versucht Berrisford umzubringen, aber die Sache läuft schief. Was ist, wenn der sehr lebendige und bestimmt stocksaure Berrisford Alec ins Blickfeld bekommen hat, als ihr das Päckchen abgeliefert habt?" Das klang einleuchtend. Max spann den Gedanken weiter. "Er heuert ein paar Typen an, um mit Alec abzurechnen." "Und Alec weiß, dass er bei dem Mann, den er umbringen sollte auf der Abschussliste steht. Was wird er tun? Was wurde ihm in Manticore immer wieder gesagt?" "Vor dem anderen zu zuschlagen!" Logan sah Max in die Augen. "Und was wirst du tun?" Max grinste. "Ihn davon abhalten, ne Dummheit zu machen." Sie schnappte sich ihre Jacke. Logan öffnete den Mund, doch Max kam ihm zuvor. "Ich weiß: Sei vorsichtig." Logan lächelte und hoffte, dass sie es tatsächlich sein würde. Ruhig und dunkel, beinahe gespenstisch, lag das Anwesen der Berrisfords vor ihm. "Kommen Sie her, Simon!" Rachels Vater winkt Alec zu sich ins Arbeitszimmer. "Nehmen Sie Platz", fordert Berrisford und der Soldat gehorcht. "Wollen Sie einen Drink?" "Nein, danke." "Um diese Tageszeit trinke ich normalerweise auch nicht, aber... na ja ... ein paar geschäftliche Probleme." Alec schluckt und sieht unbewusst zu Boden. Als Robert Berrisford weiter spricht, fällt Alec etwas in seiner Stimme auf. Etwas wie...Mitleid? "Es tut mir sehr leid, Simon, aber ab Ende der Woche werden wir ihre Dienste nicht mehr benötigen. Ich schicke Rachel für eine Weile weg." "Oh ..." "Sie besucht ihre Großeltern in New York." Hoffnung regt sich in Alec. Wenn Rachel zur Zeit des Anschlages schon in New York wäre... "Ich habe es ihr noch nicht gesagt und ich wüsste es zu schätzen, wenn das im Augenblick noch unter uns bleiben könnte." Rachels Vater hält Alec einen Scheck hin. Der X5 steht auf. "Ja, Sir." Gedankenverloren starrt Mr. Berrisford den jungen Freund seiner Tochter an. "Es muss schön sein." Verwirrt erwidert Alec seinen Blick. "Sir?" "Wenn man jung ist, so wie Sie. Keine Verantwortung, keine Pflichten." Alec zwingt sich zu einem Lächeln. "Ja, Sir." "Wenn man erst Kinder hat, ändert sich alles. Man versucht, das Richtige zu tun weil man will, dass sie stolz auf einen sind. Aber manchmal läuft das Richtige einfach falsch..." Alec versucht, seine Betroffenheit zu verbergen. Wieso erzählt ihm dieser Mann das alles? "Wie auch immer. Ich beneide Sie." Wieder probiert Alec ein ungezwungenes Lächeln, doch diesmal will es einfach nicht gelingen. "Hey, ich versäum ja meine Stunde!" Rachel taucht hinter Alec auf. Fragend blickt er Mr Berrisford an. Dieser lächelt. "Gehen Sie nur." Doch als Alec sich zu Rachel umdreht, läuft sie an ihm vorbei und fällt ihrem Vater in die Arme. Mr Berrisford drückt sie zärtlich an sich. Alec schwirrt der Kopf. Das ungute Gefühl der letzten Wochen wird fast greifbar. Was ist es? Schuld? Ebenso wie Liebe ist Schuld etwas, womit er nichts anfangen kann. Doch möglich wäre es. Wieder blickt er zu Rachel und Robert Berrisford. Wird er wenn es darauf ankommt, kalt genug sein können, diese kleine, glückliche Familie zu zerstören? Manticore. "Du weißt, was dein Auftrag ist?" "Ja Sir! Es ist nur..." "Nur was, 494?" "Sir, ich kann Berrisford eliminieren, ohne die Tochter umzubringen. Ein Rundumschlag erscheint mir einfach unnötig." Der kleine Glatzkopf funkelt ihn drohend an. "Du bist nicht der Leiter der Mission, 494. Du hast keine Meinung, du hast nur unseren Befehlen zu folgen!" "Ja, Sir!" "Bist du fähig, diese Befehle auszuführen?" Sein Blick bohrt sich in Alecs. Leise, kaum hörbar fällt seine Antwort aus. "Ja, Sir." "Wenn wir aus irgendwelchen Gründen das Vertrauen in dich verlieren, brauchen wir dich nicht mehr!" "Ja, Sir." "Dann wäre das also klar?" "Ganz klar." Erst nach ein paar Sekunden dämmert Alec, dass er etwas vergessen hat. "Sir." Den Blick auf das Haus gerichtet sprang Alec über den Zaun. Alec im Garten der Berrisfords. Verdeckter Teil der Mission: Keine Brille, kein Anzug. Niemand wird ihn sehen. Aus seiner Tasche holt Alec eine komplexe Bombe. Sie besitzt eine Fernzündung. Den Sender steckt Alec in die Jackentasche. Sorgfältig prüft er die Einstellungen des Sprengsatzes. Nachdem er ihn aktiviert hat, legt er ihn in einen kleinen Kasten aus Metall. Der wird unter dem Auto nicht auffallen. Perfekt. Die Kiste ist unter dem Auto der Berrisfords angebracht. Alec versteckt sich im Gebüsch, den Sender in der Hand. Von hier aus hat er das ganze Anwesen im Blick. Den Garten, das Haus, die Fenster. Rachels Fenster. Alec starrt nach oben. Rachel packt gerade ihre Sachen. Er versucht, den Blick abzuwenden, versucht, sich auf seine Mission zu konzentrieren. Er weiß, er wird keine zweite Chance bekommen. Ein Fehler und Manticore wird ihn nicht mehr brauchen... Doch diesmal siegt sein Herz über den Verstand. Die Liebe ist stärker als der eigene Instinkt zu Überleben. Den Zünder noch immer in der Hand, schleicht Alec am Auto vorbei, quer durch den Garten, hinein ins Haus. Hinter sich hört er, wie Robert Berrisford in das Auto steigt. Auf der Treppe rennt Alec Rachel fast über den Haufen. "Simon, was ist denn los?" "Wir haben nicht viel Zeit!" Verwirrt tritt Rachel einen Schritt zurück. "Was meinst du?" Er packt sie bei den Armen. "Rachel, hör mir zu! Du und dein Vater, ihr müsst sofort verschwinden!" "Wieso?" "Ich werde sagen, ihr seid mitten in der Nacht aufgebrochen, aber ihr müsst sofort fahren!" Sein Griff wird fester. "Du...du tust mir weh!" "Komm jetzt mit!" Alec versucht, sie die Treppe hinunter zu zerren, aber Rachel reißt sich los. Hastig springt sie ein paar Schritte zurück, aus Alecs Reichweite. "Sag mir, worum es geht. Bitte." Alec sieht sie unsicher an. Er will nicht, dass sie es erfährt. Will nicht ihren Respekt, ihre Bewunderung verlieren. Doch er hat keine Zeit mehr. "Okay..." Alec hat keine Ahnung, wo er anfangen soll. Nach mehreren Versuchen, bei denen er kein Wort heraus bekommt, bringt er es einfach auf den Punkt. "Ich wurde geschickt, um deinen Vater zu töten." Rachel starrt ihn an. "Das war mein Job. Du warst mein Job." Die Enttäuschung in ihren Augen bricht ihm das Herz. Er weiß, sie wird nie wieder dasselbe für ihn fühlen. Und diese Erkenntnis schmerzt weit mehr als die Ohrfeige, die diesen Worten folgt. Rachel fängt an zu schluchzen und hastet die Treppe hinunter. "Rachel!" Alec dreht sich um, versucht sie festzuhalten doch Rachel schüttelt ihn ab und läuft auf das Auto zu. Verwirrt starrt Alec auf die Kette in seiner Hand. Der Herzanhänger. Er muss ihn ihr aus Versehen vom Hals gerissen haben. Rachels Schreie lassen Alec aufblicken. "Daddy! Daddy!" Er rennt ihr hinterher ins Freie. Will sie dazu bringen, ihm zuzuhören. Was hat er jetzt noch zu verlieren? Die Mission ist so oder so gescheitert. Alec nähert sich dem Wagen, folgt Rachels Schreien. Er überlegt, ob er sie einfach in Ruhe lassen soll. Aus ihrem Leben verschwinden. Die Entscheidung wird ihm auf grausame Weise abgenommen. Der Krach hinterlässt in Alecs feinem Gehör das Gefühl, jemand hätte sein Trommelfell zertrümmert. Der Explosionsdruck wirft ihn um. Er fällt...und kann nicht begreifen, warum. "Rachel!!!" Jemand schreit. So laut. Alec braucht einen Moment, um zu begreifen, dass es seine eigene Stimme ist. Ein Auto hält vor Alec, doch er sieht nur den in Flammen stehenden Wagen der Berrisfords. "Steig ein!" Alec sieht auf. Der Fahrer hält einen Zünder in der Hand. Er ist von derselben Art, wie sein eigener. Nur steckt seiner noch unbenutzt in der Tasche. "Na los!" Alec wird von zwei Kerlen gepackt und auf den Rücksitz gestoßen. "Rachel! Nein!" Sie haben sie getötet... sie haben sie getötet... Schmerzen... Sie verändern seine Erinnerungen, seinen Verstand. Schmerzen... Rachel. "Ich liebe dich." Alec. In Manticore. In einer Zelle, so tief unter der Erde. Keine Erinnerungen, keine Gedanken, keine Gefühle. Nur der Schmerz vergeht nicht... Klavierspiel erklang und Alec rannte los. "Rachel!" Der X5 trat die schwere Eingangstür ein und schlug auf der Treppe zwei Bodyguards bewusstlos. Niemand durfte ihm im Weg stehen. Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Ganz vorsichtig näherte er sich dem Raum, aus dem die Klavierklänge zu kommen schienen. Schritt für Schritt näherte er sich Rachels Zimmer. Und dann sah er sie. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, wie bei ihrer ersten Begegnung. Doch etwas stimmte nicht. Das Haar, die Figur... Dann drehte sie sich um. Und Alec blickte in ein völlig fremdes Gesicht. "Wo ist sie?", schrie er das Mädchen an. Dann hörte er ein Klicken hinter sich. "Willkommen, Simon." Und Alec spürte den Lauf einer Pistole in seinem Nacken. Wenig später saß er gefesselt auf einem Stuhl. Und vor ihm Robert Berrisford, der wie von Sinnen auf ihn einredete. "Du bist in mein Haus gekommen, hast vorgegeben, dir liegt etwas an meiner Tochter-" "-so war es auch, ich-" "Halt's Maul!" Rachels Vater schlug Alec mit der Faust ins Gesicht. Warmes Blut lief Alecs Kinn hinunter. Berrisford stützte sich auf die Stuhllehnen, sein Gesicht war nur ein paar Zentimeter von Alecs entfernt. "Lüg mich nicht an!" Alec sah ihm in die Augen. "Sie haben angerufen und die Musik laufen lassen." Mr. Berrisford nickte. "Ich musste dich irgendwie hierher locken." Alec versuchte, sich zu fassen. Doch in seinem Kopf drehten sich die Gedanken. "Was haben sie jetzt vor?" Rachels Vater erhob sich, ging ein paar Schritte zurück und richtete die Pistole auf Alec. "Was werde ich wohl vorhaben?" Alec starrte auf die Waffe. Er hatte Angst. Er wollte nicht sterben. Und doch gab es selbst in diesem Moment Wichtigeres für ihn: Die Frage, die ihn schon seit zwei Jahren beschäftigte. "Was ist mit Rachel?" "Sie haben es dir nicht gesagt.", stellte Robert Berrisford betroffen fest. Alec schluckte. Berrisfords Tonfall gefiel ihm nicht. "Sie hat mir damals das Leben gerettet. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann hätte es mich im Wagen erwischt." Wieder beugte er sich vor, um Alec in die Augen sehen zu können. "Aber sie hatte nicht so viel Glück. Sie wurde von der Explosion getroffen und fiel ins Koma. Sie ist bis heute nicht wieder aufgewacht." Eine Träne lief Mr. Berrisford die Wange hinunter. "Seit zwei Jahren liegt Rachel im Sterben. Kannst du dir vorstellen, wie das ist? Wenn jemand, den man liebt mit jedem Tag weiter wegtreibt? Hast du überhaupt eine Ahnung, was du getan hast?!" Verzweifelt versuchte Alec den Sinn der Worte zu erfassen. Und dann, als Robert Berrisford leise schluchzend die Pistole auf Alecs Schläfe richtete, begriff er. Er hatte sie umgebracht. Mit stumpfen Augen sah er zu Berrisford hoch. Der zögerte. "Worauf warten sie noch?" Alec sah ihn an. "Schießen Sie, ich hab's verdient!" Berrisfords Hand begann zu zittern. Alec verlor die Nerven: "Tun Sie's!!!" Dann ging alles rasend schnell. Wie aus dem Nichts stand auf einmal Max neben Berrisford und schlug ihm den Ellenbogen ins Gesicht. Rachels Vater sank ohnmächtig zu Boden. Alec zitterte am ganzen Körper. Max machte sich an seinen Fesseln zu schaffen. Sie fühlte fast so etwas wie Mitleid für diesen jungen Mann, der so unvorstellbar verwirrt und hilflos aussah. Es dauerte einen Moment bis Alec seine Gedanken so weit geordnet hatte, dass er sprechen konnte. "Was machst du hier?" "Ich rette deinen Arsch. Ich hab dir gesagt, bitte um Hilfe bevor es zu spät ist und du hast mal wieder alles vermasselt!" "Und ich hab dir gesagt, lass mich in Ruhe!" Alec stand auf und stolperte aus dem Zimmer. Er wusste genau, wo er hinwollte. Jetzt war die Zeit gekommen. Er würde Rachel wieder sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)