Treffpunkt: 19.00 Uhr, Nirgendwo in Tokyo von Kokomiko ================================================================================ Kapitel 6: Das sechste Treffen ------------------------------ Ich sehe schon, es tauchen merkwürdige Fragen auf. Warum hab ich das nur geschrieben? Ok, es muss so sein. Immerhin nähern wir uns ja dem Höhepunkt. Deshalb wird es noch merkwürdiger. Und ihr dürft alle mitfiebern. *grins* Und was den Abschiedskuss für Ran angeht, wir wollen doch keine wilde Knutscherei anfangen. *kicher* Immer schön romantisch und vor allen Dingen spannend bleiben. ~_~ ________________________________________________________________________________ Ran schreckte hoch. Dann streckte sie sich. Die Uhr zeigte 19.00 Uhr an. Draußen war es dunkel. Ein gutes Gefühl umfing sie. Shin-ichi hatte sich mit ihr verabredet. Er wollte sie heute wieder sehen. Sie und keine andere. Ran schritt zum Fenster. Neugierig sah sie auf die Straße. Bis in ihren letzten Muskel angespannt, wartete sie auf den Augenblick, an dem Shin-ichi für sie sichtbar wurde. Sie liebte ihn. Liebte ihn von ganzen Herzen. Egal was er tat. Sie liebte ihn einfach. Für immer. Das Licht der Straßenlaterne unter ihr verdunkelte sich. Als es seine Helligkeit wiedergefunden hatte, stand Shin-ichi in ihrem Licht. Er winkte zu Ran nach oben. Und sie winkte zurück. Schnell wollte sie sich anziehen, wollte zu ihm runter laufen, ihm um den Hals fallen, als seine Stimme ihr ein leises 'Warte!' zurief. Ran hielt in ihrer Bewegung inne. Wie konnte das möglich sein. Wie konnte sie seine Stimme so klar und deutlich wahrnehmen, wo er doch weit unter ihr auf der Straße stand. Ran trat wieder an das Fenster zurück. Ihre Augen suchten nach einem Blickkontakt zu Shin-ichi. Aber der stand da und hatte den Kopf gesenkt. Seine Arme hingen schlaff am Körper herab und er machte einen entspannten Eindruck. 'Ran?' Wieder erklang seine Stimme. Und es war ihr, als wenn sie diese nur in ihrem Kopf hörte, nur dort wahrnehmen konnte. Unsicher schloss sie die Augen und senkte ebenfalls ihren Kopf, nahm die gleiche Haltung ein, wie Shin-ichi unten in Licht der Straßenlaterne. Und dann trat er vor ihr geistiges Auge. 'Shin-ichi?' Fragte sie vorsichtig. 'Ran. Es wäre schön wenn du heute oben bleiben würdest.' Sagte Shin-ichi ihr und lächelte sie an. 'Warum?' Ran trat auf ihn zu und legte ihre Hand auf seinen Brustkorb. Deutlich konnte sie seinen Herzschlag spüren. Shin-ichi hob eine Hand und legte sie auf die von Ran. 'Es ist besser. Bitte. Frag nicht weiter danach. Bleib einfach zu Hause.' Ran nickte. Etwas in ihr sagte ihr, das er es gut mit ihr meinte. Nie wäre sie auch auf den Gedanken gekommen ihm jetzt noch zu wiedersprechen. Nach den letzten Nächten würde sie seinen Anweisungen brav Folge leisten. 'Wenn ich heute Nacht fertig bin, dann werde ich wieder hier stehen.' Sage Shin-ichi leise und fuhr ihr durch die Haare. Ran nickte erneut. 'Ich werde warten.' Flüsterte sie. 'Ich hoffe es.' Zärtlich fuhr Shin-ichi ihr mit den Finger die Wange herunter. Schließlich lösten sich seine Gestalt auf und Ran öffnete die Augen wieder. Sie warf einen Blick durch das Fenster auf die schwach beleuchtete Straße. Von unten winkte ihr Shin-ichi zu. Das Licht der Laterne wurde dunkler. Ein Schatten bildete sich und Shin-ichi war verschwunden. Ran nahm seinen Pullover, legte sich aufs Bett und in ihrem Gehirn begann es zu arbeiten. Gestern hatte sie es geschafft Shin-ichi in Gedanken zu folgen. Wie das möglich war, war ihr nicht bewusst. Es war ihr genauso rätselhaft, genauso mysteriös wie der Weg zu den Lagerhallen, den sie auch immer wieder gefunden hatte. Shin-ichi und sie, sie beide hatten eine ganz besondere Beziehung, eine Beziehung die sie aneinander band. Sie beide hatten sich geistig miteinander verbunden, fühlten was der andere fühlte, spürten was der andere spürte, sahen was der andere sah, hörten was der andere hörte. Niemand konnte das ihnen wieder nehmen, niemand. Und deshalb war Ran überzeugt, das sie Shin-ichi folgen konnte, auch wenn sie selbst nicht anwesend war. Ran entspannte sich, schloss ihre Augen. Und schon sah sie wieder mit seinen Augen. So wie gestern. Sie sah die Dunkelheit der Lagerhallen, hörte diese unheimliche Stille. Und ihre Gefühle nahmen sie gefangen. Die Angst, die Beklemmung, die einem das Herz abschnürte. Sie hatte es gewusste, hatte es bereits geahnt, ob in Gedanken oder direkt, sie waren da, diese unheimlichen Gefühle und ihre Ängste. Aber genauso war da auch das beruhigende Gefühl seiner Anwesenheit. Den Mut den er besaß sich der Aufgabe zu stellen, er übertrug sich auf sie. Und auch sie musste stark sein. Denn nur so konnte sie ihm helfen. Aufmerksam beobachtete Ran die Situation. Viel war nicht zu sehen. Die Dunkelheit ließ alle Konturen verschwimmen. Nichts hatte sich seit dem ersten Treffen verändert. Dieses Warten, warten auf die beiden Männer, es zermürbte die Nerven. Und endlich war es soweit. Undeutlich konnte sie zwei Gestalten erkennen. Und ihre Blicke folgten denen. Mittlerweile waren sie schon wie richtige Bekannte, auch wenn sie das Gefühl vermittelten, das man sie besser nicht kennen sollte. Sie konnte sehen wie die beiden in die schon bekannte Lagerhalle verschwanden. Aufregung machte sich in ihr breit. Sie wusste, Shin-ichi würde den beiden folgen und mit ihm würde auch sie entdecken, was sich in der Halle verborgen hielt, würde endlich erfahren, wer die beiden waren. Die Tür wurde geöffnet und der Gedankenfaden riss. Ran schoss in die Höhe. "Shin-ichi!" Rief sie. Sie wusste nicht ob er ihren Gedankenfluss absichtlich unterbrochen hatte oder ob sie getrennt wurden. Und eine Leere breitete sich in ihr aus. Und mit dieser Leere entstand eine Kälte die sich in ihrem Körper immer weiter fort fraß, die sie regelrecht lähmte. Schnell zog Ran sich Shin-ichis Pullover über, hoffte so wieder Zugang zu ihm zu finden. Aber nicht passierte. Verdammt. Ran wurde wütend. Warum konnte sie das Rätsel nicht lösen? Warum besaß sie nicht diese Kombinationsgabe wie Shin-ichi? Warum kam sie nie weiter als nur bis zu den Lagerhallen? Diese Lagerhallen mit ihrem unüberschaubaren Gewirr an Straßen und Gassen. Wie weit waren sie verzweigt? Wie weit reichten dieses Gelände, dessen Ende nie zu sehen war. Unübersichtlich und geheimnisvoll. Würde man es je schaffen das alles zu entwirren, eine klare Linie in diesen Fall zu bringen, um letzten Endes diese beiden Männer zu stellen? Bei Tageslicht sicher. Wenn die Sonne ihre Strahlen bis in den letzten Winkel schickte. Wenn man sich alles genau und im Lichte betrachten könnte. Aber es war nicht Tag, es war Nacht. Und in der Dunkelheit konnte man seine Geheimnisse am besten verstecken. Und das diese Männer Geheimnisse hatten, war nun nicht mehr zu übersehen. Aber Shin-ichi würde es schaffen, da war sie sich sicher. Er wird diese Männer ans Licht zerren, wird beweisen, das sie mit dem Bösen im Bunde stehen. Ran rieb sich ihre Schläfen. Wenn sie nur wüsste, wo sie die beiden schon mal gesehen hatte. Wo war das gewesen, als sie Shin-ichi mit in die Dunkelheit gezogen hatten? Wo war das, als er ihre Spur aufnahm und sie nicht mehr loslassen konnte? Es lag ihr doch schon fast auf der Zunge. Rans Kopf begann zu brummen. Sie konnte nicht mehr. Hilf mir Shin-ichi, hilf mir. 'Na meine Süße?' Ertönte Shin-ichis Stimme. Ran erhob sich und hastete zum Fenster. Unten stand Shin-ichi und lächelte sie an. Er schien siegessicher. Sollte das heißen, er hatte Erfolg? Sollte das heißen bald würde alles zu Ende sein? Sollte das heißen sie und Shin-ichi waren bald wieder zusammen? Ran schloss glücklich ihre Augen und Shin-ichi erschien ihr in ihren Gedanken. 'Ich habe mir Sorgen gemacht.' Sagte sie zaghaft. 'Musst du nicht. Alles wird gut.' Shin-ichi zog sie in ihre Arme. Dicht schmiegte sich Ran an ihren Shin-ichi. Vergaß ihre Ängste, vergaß ihre Sorgen, vergaß ihre Überlegungen. Er war hier und das war es was sie wollte. Seine Wärme umfing sie und löste ihre Anspannung der letzten Stunden. 'Ich muss jetzt los.' Shin-ichi trat einen Schritt zurück. 'Sehen wir uns morgen wieder?' Fragte Ran und sah ihn traurig an. Sie wollte nicht das er jetzt schon ging. 'Sehen wir mal.' Shin-ichi lächelte verschmitzt. 'Aber dann komme ich wieder runter, ok?' Bettelte Ran 'Sehen wir mal.' Sagte Shin-ichi ein zweites Mal und sein Gesicht verzog sich zu einem breitem Grinsen. 'Bitte.' 'Schlaf jetzt.' Shin-ichis Gestalt löste sich auf. Ran öffnete sie Augen und sah unten Shin-ichi zu ihr hoch winken. Dann verschwand er als ein Schleier von einem Schatten. So wie sie ihn beim erste Mal gesehen hatte. Ran ließ sich auf ihr Bett nieder. Er hatte nicht gesagt, das sie beide sich morgen wieder sehen würden. Das hieße doch nicht etwa, das sie sich nun nicht mehr sahen? Nicht mal geküsst hatte er sie, nicht einmal es versucht. Wie auch, immerhin stand er unten auf der Straße und sie war ihr oben im Zimmer. Aber wenn sie ihre Gefühle, seinen Wärme, seine Berührung so deutlich wahrnehmen konnte, obwohl sie so weit auseinander standen, warum sollte dann nicht auch ein Kuss möglich sein? Dieser geistige Zusammenschluss, warum hatte er nicht schon viel früher stattgefunden? Sie hätte sich dann nie so viele Sorgen um ihn gemacht. Sie hätte gewusst, das es ihm gut ging. Also, warum fand dieses Ereignis erst jetzt statt? Was war der Auslöser dafür? Seit sie ihm begegnet war, war so viel passiert. Wenn man es aber genau betrachtete, drückte Shin-ichi sie wieder zurück, dahin wo sie bisher gewesen war. In ihr zu Hause. Weitab von ihm. Und heute hatte sie ihn nicht einmal persönlich berührt. Alles fand auf gedanklicher Ebene statt, auch wenn es sich verdammt real anfühlte. Aber sie rückte immer weiter von ihm weg. Würde sie ihn wieder verlieren? Würde er gehen? Würde er sie wieder allein lassen? Dieser geistige Zusammenschluss, er schien nur dann zu existieren, wenn er es zuließ. Er fand nur statt wenn er auftauchte, bis zu dem Punkt bis er sich verabschiedete. Warum nicht tagsüber, warum nicht auch jetzt? Frage um Frage türmte sich in Rans Kopf auf. Immer mehr, immer verworrener. Einen Antwort aber, sie tauchte nicht auf. Und ihr Kopf war angefüllt mit diesen vielen Fragen, als sie sich fallen ließ in dieses dunkle schwarze Loch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)