Untitled von Tach ================================================================================ Kapitel 2: Ein Hauch von Apfel ------------------------------ Er stand verlassen in der Empfangshalle und wartete darauf, empfangen zu werden. Sein Begleiter hatte ihn mit den Worten "Jemand wird sich um Euch kümmern!" verlassen. Er war dankbar, dass er überhaupt etwas gesagt hatte, anstatt wortlos zu verschwinden. Jetzt stand er also hier, bestellt und nicht abgeholt und betrachtete die Delfter Fliesen, betrachtete das Mobiliar, bestehend aus einer Bank und einem Stuhl, betrachtete die Gemälde an den Wänden. Was sollte er jetzt tun? Darauf warten das irgendwann im Verlaufe des Abends etwas passierte? Einfach wieder gehen? "Madame ist noch nicht zugegen. Wenn Ihr bitte so lange warten wollt!" Er fuhr herum und sah in das Gesicht einer betagten Magt. "Ihr könnt euch gerne setzen, bis sie eingetroffen ist." Sie überlegte. "Kann ich euch so lange etwas anbieten? Etwas zu trinken vielleicht?" "Nein danke..." Er machte es sich auf der Bank bequem und sah dem runden Körper zu, wie er davonrauschte. Jetzt war er also schon wieder allein. Er beschloss, sich wieder den Delfter Fliesen zu widmen. Nachdem er das Muster der Fliesen mit geschlossenen Augen hätte zu Papier bringen können, versuchte er seine Gedanken auf andere Dinge zu lenken. Die Magd sprach von einer Madame. Er hatte also eine Verabredung mit der Dame des Hauses. Es hätte schlimmer kommen können. Jedoch, wo eine Dame des Hauses war, war auch ein Hausherr nicht weit. Und was der davon hielt, dass seine Frau sich Männer einlud, wollte er lieber nicht wissen. Er atmete tief ein. War das Apfel? Er hätte schwören können, dass ein Hauch von Apfel in der Luft lag. Aber etwas war da noch. Nur wollte es ihm nicht einfallen. Fest stand, es war Parfum. Der Duft war wesentlich unaufdringlicher als die Duftwässerchen der feinen Gesellschaft in Paris; es hatte etwas mädchenhaftes, unschuldiges. Er wartete. Er rutschte auf dem Sitz hin und her, stand auf, lief auf und ab, setzte sich wieder hin, starrte erneut vor sich hin. Er vernahm das Stampfen eines Pferdes im Hof. Scheinbar war die Herrin des Hauses soeben vorgefahren. Sofort wuchs seine Neugier ins Unermessliche. Er musste sie sehen, sofort! Mit einem Satz stand er an einem der hohen Fenster und suchte den Hof nach einer Kutsche ab. Jedoch, es gab keine Kutsche. Nur einen Schimmel. Daneben der Diener, der ihn hierher gebracht hatte. Er war tatsächlich der Stallbursche. Am liebsten hätte der Musketier laut aufgelacht. Es war ihm tatsächlich nicht geglückt, den Willen eines Pferdeknechts zu knacken. Er kniff die Augen zusammen. Irgendwo musste sich doch der Reiter des Pferdes ausmachen lassen, der Herr des Hauses! Da, hinter dem Pferd bewegte sich etwas. Ein paar schlanker Beine in blank polierten kniehohen Lederstiefeln. Vielleicht musste er sich über den Hausherrn doch nicht so viele Gedanken machen. Diese Beine sahen nicht aus, als würden sie einem überaus kampflustigen Zeitgenossen gehören. Ganz im Gegenteil. Der Knecht sah seine Herrschaft lange an. Er verfolgte gespannt jede Bewegung der schlanken Hände, wie sie mit geübten Griffen über das Leder des Sattels glitten. "Euer Gast ist da!", brach es schließlich aus ihm heraus. Blitzschnell zog er den Kopf zwischen die Schultern. Er hatte schon wieder gesprochen, ohne gefragt worden zu sein. Aber schon im nächsten Augenblick beobachtete er, wie sich der Blick seiner Herrschaft änderte. Ein Lächeln huschte über die vollen Lippen. "Ich hätte nicht gedacht dass du ihn dazu bewegen kannst, dir zu folgen!" "Es war nicht einfach..." Bedächtig öffnete er das Geschirr. "Er ist ziemlich misstrauisch." "Ich weiß." "Er hat mit allen Mitteln versucht, euren Namen zu erfahren." "Den du ihm nicht genannt hast hoffe ich!" Die klaren Augen funkelten ihn an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)