Vom Wolf und der Schlange von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: Tiefer Schlaf ------------------------- Der Wolf schlug seine Krallen tief in das Holz der Hütte, zerrte daran, jaulte, schlug seine riesigen Pranken immer und immer wieder dagegen und schließlich sich selbst. Der majestätische Hirsch, der ihm unbewegt aus einer Ecke zusah, schien ihn wissend zu beobachten. Der Wolf blieb knurrend liegen nach einem weiteren Aufprall an der Wand. Aus dem Schatten einer Ecke, von einer schmutzigen Decke, erhob sich ein riesiger, zotteliger schwarzer Hund und tappte langsam, aber voller Wachsamkeit, auf den knurrenden und wimmernden Wolf zu. Der Wolf fletschte seine Zähne, bleckte die übergroßen Fänge drohend, doch der Hund trottete gemächlich näher. Als er direkt vor dem Wolf zum Stehen kam, raffte sich dieser langsam auf, nur um sich dann gegen den Hund zu werfen, mit einem heiseren Knurren. Selbst die angespannten Muskeln des großen schwarzen Tieres konnten dem Aufprall nicht standhalten. Es jaulte kurz, sich aber nicht ergebend. Der Wolf lag halb auf dem schwarzen Hund und fletschte seine Zähne. Durch die Muskeln des Hundes lief ein feines Zittern, und er bäumte sich auf, die Zähne tief da vergrabend, wo bei einem Menschen die Schulter gewesen wäre. Dominierend. Das Monster über ihm machte ein heiseres, wildes, und doch irgendwie zufriedenes Geräusch und erstarrte darin. Der Hund löste seine Zähne aus Fleisch und Haar des Wesens über ihm. Der Wolf zeigte seine Fänge, ein weiteres Mal, schien den Hund jedoch nicht beißen zu wollen. Fast schon fürsorglich leckte der große schwarze Hund die Wunde, welche seine Zähne hinterlassen hatten und markierte es als das, was es war: Ein Akt der Beherrschung, des In-Besitz-Nehmens. Die tiefen, runden, dunklen Augen des Hundes trafen die bernsteinfarbenen des Wolfes für einen Augenblick, bevor der Wolf sich knurrend erhob, mit einer ruckartigen Bewegung den Hund aus der devoten Gefangennahme befreite. Der Hund erhob sich, die dunkle Nase glitzernd vom Blut des Wolfes. Dieser wandte seine Augen zum Fenster, durch das ein majestätischer Vollmond herein schien. Ein beängstigendes Heulen erhob sich in den Abendhimmel, unmenschlich leidend und schmerzhaft streckte der Wolf seine Fänge und seine Wunden dem vollen Mond entgegen. Der Hund stimmte in das Heulen mit ein, sich neben dem Wolf nieder lassend. Der Hirsch schnaubte deutlich und betrachtete diese uralte Szene, die sich vor seinen Augen schon so oft wiederholt hatte. In jeder Vollmondnacht erneuerte. Er machte ein paar Schritte zur Seite, langsam und bedächtig, seine Augen unverwandt auf die zwei Umrisse gerichtet, die zusammen den Mond anheulten. Eine Ratte wuselte vor beiden auf, quiekte kurz und verschwand dann in einer finsteren Ecke. Als hätte die Ratte neben ihm gequiekt, fuhr Severus aus dem Schlaf und blinzelte verwirrt. Er sah sich um, doch sein Blick traf nur die fest verschlossenen Vorhänge seines Bettes, die jegliches Licht ausschlossen. Er erhob sich langsam und schob den schweren, dunkelgrünen Stoff beiseite. Durch das Fenster schien der Vollmond herein und in Severus' Magen machte sich ein kalter, schwerer Brocken breit. Severus' kalte Finger tasteten über seine Stirn und verjagten ein paar dunkle Strähnen daraus. Er hatte das Gefühl, zu glühen. Es zog ihn nach draußen, zur Hütte. Plötzlich durchbrach die Nacht ein weit entferntes Heulen, leidend, unmenschlich. Und, als hätte er es geahnt, wurde es plötzlich durch ein zweites Heulen ergänzt, tiefer und gutturaler. Severus ließ seine kalte Stirn gegen das Glas sinken und sein Atem machte einen kleinen Fleck auf der Scheibe. Er war verwirrt. Remus erwachte nur zögerlich aus dem tiefen und erschöpften Schlaf. Er blinzelte die Wintersonne, die sich über sein Bett ergoss an und danach Severus, der neben seinem Bett saß, bleich wie immer, mit besorgter Miene, und auf ihn herunter sah. "Hallo...Severus.." krächzte er, seine Stimme rau und ungeübt. Schien so, als müsse sie sich erst wieder an Worte gewöhnen. Severus lächelte schwach, und ein wenig erschöpft. Er hatte nicht mehr schlafen können nach diesem Traum. Seine Augen saugten sich förmlich an dem breiten Verband um Remus' Schulter fest. Remus bemerkte den Blick und zog die Decke ein wenig höher, unangenehm berührt. "Entschuldige.." meinte Severus leise und strich Remus eine Haarsträhne aus der Stirn. Remus schüttelte schwach den Kopf. ,Ich sollte mich daran gewöhnen, dass er mich ansieht... aber.. nicht das.. das soll er nicht sehen...' Remus richtete sich auf. Dank der überragenden Kunst der neuen, jungen Heilerin die sie erst bekommen hatten, spürte er seine Verletzungen schon kaum noch. Bis auf das Mal an seiner Schulter, das unablässig leise stach, als wollte es ihn an irgendetwas erinnern. Severus' Hände strichen vorsichtig über sein Gesicht. Es war schön, aufzuwachen und Severus war da. Der besorgte Blick in seinen Augen gab Remus das Gefühl, dass sich jemand um ihn sorgte. Und Remus wusste, dass Severus das auf eine ganz besondere Art und Weise tat. Er genoss diese Umstand und das Gefühl wie ein Stück Schokolade, dass er sich langsam auf der Zunge zergehen ließ. Sirius würde ein Stück Schokolade eifrig verschlingen, er wusste es, er hatte ihn oft dabei beobachtet. Er selbst allerdings zog es vor. die Schokolade vorsichtig und ausdauernd zu genießen. Wie er alles lieber vorsichtig und ausdauernd genoss. Und er wusste, dass es Severus ebenso ging. Dem einen Kuss waren andere gefolgt, immer süß und verlockend, geprägt von einem vorsichtigen Herantasten. Das war gleich neu für beide, was beiden ein sicheres Gefühl verlieh. Es gab Momente, die nur ihnen gehörten. Severus verlieh das ein neues Gefühl der Exklusivität, besonders angesichts der Tatsache, dass Remus von seinen Freunden eifriger als zuvor in Beschlag genommen wurde. Es waren nur Blicke, kurze Worte vielleicht, eine ,zufällige' Berührung am Arm. Es war noch mehr wie ein Spiel, aufregend und neu, und etwas, dass Severus so noch nie erfahren hatte. Das Schweigen, das nur den beiden gehörte, wurde unterbrochen von einem Klappen der Tür und den lauten Stimmen von James und Sirius. Severus erhob sich abrupt von seinem Stuhl, ein dunkler Ausdruck huschte über sein Gesicht. Noch eine letzte, flüchtige Berührung ihrer Finger, bevor Snape mit dunkler Miene und wehendem Umhang den Krankensaal verließ. James öffnete die Hände großzügig wie Frau Holle und ließ einen kleinen Regen von Schokolade und Süßigkeiten auf Remus' Bettdecke niedergehen. Sirius starrt immer noch finster Severus hinterher, eiste sich aber langsam von dem Gedanken los. Remus versuchte sich an einem kleinen Lächeln. Eine Packung Schokofrösche öffnete sich bei dem Aufprall und ein kleiner Frosch kroch benommen heraus. Remus sah das und lachte leise. Sirius drehte sein Gesicht zu ihm. Die Wintersonne verlieh Remus' Haar einen goldenen Schimmer, seidig und Sirius wusste, dass es sich ganz weich unter seinen Fingern anfühlen würde. Remus' Augen glitzerten leicht, als das Lachen etwas anschwoll. Immer, wenn Remus lachte, tat er es für eine ganze Weile, als müsste er versäumtes Lachen aufholen. Deswegen lachte er auch so selten. Weil er immer alles Lachen auf einmal verschwenden musste, auf einen Augenblick. Das Bernstein seiner Augen glitzerte ein wenig transparent in der Sonne. Sirius ließ sich auf der Bettkante nieder und fing den Schokofrosch grinsend ein. Er hielt ihn Remus hin. "Sirius, ich kann meine Schokofrösche allein essen.." protestierte dieser lachend. "Nicht jetzt." raunte Sirius einfach nur und in Remus Augen leuchtete etwas auf, das ihn bereitwillig dem Schokofrosch den Kopf abbeißen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)