Neon Genesis Evangelion vs. Brain Powerd vs. Candidate for Goddess von harakiri (Auflage 2.0) ================================================================================ "Bluttests und ihre Folgen" --------------------------- Als jegliche Feiern und Ausnüchterungen und Befreiungen anlässlich der großen Katastrophe im HQ - oder besser gesagt zum Anlass des mehr oder minder unbeschadeten Überstehens der eben aufgeführten Dinge - beendet und erfolgreich vollzogen waren trat langsam wieder Alltag ein in den Gefilden NERVs. Zwar waren noch immer Reparaturen auszuführen, vor allem natürlich da, wo sich bestimmte unwissende Leute, die wir jetzt nicht genauer benennen wollen, unbefugt vergriffen hatten - nur ein Wort: MAGI -, doch selbst die würden in den nächsten Tagen abgeschlossen und die momentan noch zu reparierenden Dinge wieder voll einsatzfähig sein - zumindest besagte dies der offizielle Schadensbericht für SEELE, dessen Vorsitzende man besser nicht von Gegenteiligem unterrichten sollte. Alles in allem und wenn man jeden, der etwas anderes behaupten wollte, zum Verstummen brachte, war nun also wieder Ruhe eingekehrt. Das, also die tatsächliche Ruhe im HQ, lag vor allem daran, dass Misato sich für einige Tage Urlaub genommen hatte, auch wenn sie natürlich jederzeit im Notfall abrufbar sein würde. Selbst Maya hatte ausnahmsweise einmal für einen Tag frei bekommen, saß nun allerdings wieder voll beschäftigt an ihrem Arbeitsplatz und kümmerte sich beflissentlich um die Fehlerbehebung von MAGI. Das hört sich im ersten Moment vielleicht nicht unbedingt schweißtreibend an, verlangte der geplagten, vermutlich mangelernährten Technikerin - schließlich ist eine Koffeindiät sicher alles andere als gesund - jedoch mal wieder all ihr Herzblut und ihre Geduld ab, die sie aufbringen konnte - und mehr -, da nicht nur der Stromausfall zu etlichen Programmabstürzen und damit verbundenen Systemschädigungen geführt, sondern auch Kensukes äußerst misslungener Versuch, MAGI ohne Saft zum Laufen zu bringen, seine tiefen Spuren hinterlassen hatte. Soll heißen, er hatte es geschafft, in den Sekunden der Energieversorgung fast die gesamte Festplatte dem Erdboden gleich zu machen, weshalb Maya bemüht war, in anstrengender Bastelarbeit die Sicherungskopien wieder herzustellen und eventuelle, entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch überlebende Datenblöcke wie bei einem überlebensgroßen, mehrdimensionalen, multikausalem Puzzlespiel mit ungefähr einer Billion Teile zusammenzusetzen, in der schwachen, aber für diesen eigentlich recht aussichtslosen Job bitter nötigen Hoffnung, das auf MAGI gespeiste Programm irgendwann wieder vollständig herstellen zu können. Vielleicht mochte es Jahre dauern, doch dem ehrgeizigen NERV-Mitglied war kein Preis zu hoch und keine Bemühung zu schwer, ihre Aufgabe mit 100%igem Erfolg zu erfüllen - nicht, dass sie eine große Wahl gehabt hätte, als sich diesem Schicksal zu stellen, schließlich hatte sie mehrere einflussreiche Männer im Rücken, und sie konnte deren penetrante Blicke auf alles, was sie tat, selbst dann spüren, wenn sie vollkommen allein im Raum war... Aber kommen wir zu erfreulicheren Dingen, zum Beispiel dem derzeitigen Verbleib Hieads. Hiead Gner, ein äußerst begabter, allerdings etwas introvertierter Pilotenanwärter mit hin und wieder durchaus anzweifelbarem Charakter saß derzeit in dem Gästezimmer, das er sich mit dem ihm so sehr verhassten Zero zu teilen gezwungen war, auf seinem Bett und starrte geistesabwesend vor sich in die Luft. Seine normalerweise sowieso schon im Überfluss vorhandene chronische schlechte Laune hatte sich seit seiner Einsperrung im Fahrstuhl mit all den anderen ihn extrem nervenden Leuten nicht unbedingt gebessert, sondern - wenn denn überhaupt möglich - sogar noch verschlechtert. Aber wer wäre auch nicht genervt, nachdem er stundenlang die Anwesenheit der leicht cholerischen Misato - die durch Kajis Gegenwart nicht im Geringsten weniger cholerisch wurde, sondern sich kurzerhand zum brodelnden Vulkan entwickelte - hatte ertragen müssen, und auch wenn dieses Ereignis schon ein paar Tage zurücklag hatte er sich noch immer nicht vollständig von dieser einschneidenden, eigentlich schon traumatischen Erfahrung erholt. Nicht, dass es hier groß etwas gab, das ihn ablenken konnte. Tatsächlich hatte er die vergangene halbe Woche nichts anderes getan als in seinem Zimmer zu sitzen und es nur wegen zwangsläufig unvermeidbaren Dingen verlassen - und all die Zeit hatte er gewartet. Auf ihn... Um endlich seinen lang ersehnten Kampf mit ihm, weitab von zu Hause und den wachsamen Augen des Ausbilders, auszutragen. Nur war Zero leider seit dem Stromausfall verschollen, falls er vorher denn tatsächlich irgendwo wieder richtiggehend aufgetaucht war, und nicht einmal die hochempfindlichen Sensoren, die überall im HQ angebracht waren und sogar aufzeichneten, wenn sich irgendwo ein Staubkörnchen niederlegte, hatten etwas von seinem gegenwärtigen Verbleib in Erfahrung bringen können. Hiead hätte wohl lange und resigniert geseufzt, hätte es ihm sein etwas zweifelhafter und in gewissen Situationen durchaus beunruhigender Stolz nicht untersagt. Stattdessen saß er weiterhin bewegungslos auf seinem Bett - man hätte meinen können, er wäre in Leichenstarre verfallen. Er horchte in die Stille hinein, die natürlich absolut vollkommen war - kein Geräusch drang durch die schalldichten Türen und auch im Zimmer selbst gab es keinerlei Geräuschquellen. Es war tatsächlich entspannend. Vielleicht war es ja irgendwie auch ganz gut, dass er mal von Zero, der ihn schon durch seine bloße Anwesenheit zur Weißglut brachte, befreit war. Definitiv besser für den Blutdruck, wobei stark zu bezweifeln war, dass Hiead damit Probleme hatte. So verging eine weitere halbe Stunde mit unnützem Herumsitzen, bis Hiead ein leises Grummeln vernahm, das sich in der Stille wie das Explodieren einer Sylvesterrakete anhörte und ihn an etwas erinnerte, das er schon den ganzen Tag über nicht getan hatte - Essen. Hätte der Junge nicht seinen Kopf in fast beschämter Manier gesenkt – erstens eine bei seinem Charakter überhaupt nicht vorstellbare Geste und zweitens überflüssig in anbetracht des außer ihm leeren Raumes -, hätte man ihn wohl leicht erröten sehen können. Als das Grummeln ein zweites Mal erklang und dieses Mal auch ein passendes Drücken in der Magengegend mit sich brachte fasste er schließlich schweren Herzens den Entschluss, seinen stillen, sicheren, hochgradig ruhigen Platz zu verlassen und es zu riskieren, sich doch noch etwas unter die Zivilisation zu mischen - natürlich unter jene, die sich im NERV-HQ abspielte, soweit man das als Zivilisation betrachten durfte. Hiead erhob sich also von seiner Liegestätte und schlurfte langsam zur Tür, nicht bereit, seinem instinktiven Drang nach Nahrungssuche augenblicklich nachzugeben, sondern sich stattdessen nicht anmerken zu lassen, dass er im gegenwärtigen Augenblick selbst Rioroute im Kampfwettessen ohne Probleme hätte schlagen können. Der Pilotenanwärter trat in den Gang hinaus und orientierte sich mit einem kurzen Blick nach links und rechts - besser gesagt hielt er nach irgendwelchen Störenfrieden Ausschau -, schlug dann den ersten Weg ein und kam nach kurzer Zeit an eine Gabelung, an der sich der Weg weiter geradeaus und nach rechts verzweigte und die von hektisch hin- und herlaufenden NERV-Mitarbeitern überfüllt war. Hiead störte sich nicht daran, sondern stürzte sich frohen Mutes in das Getümmel zu seiner Rechten. Er lief durch ihm mittlerweile schon immerhin ein wenig bekannte Gänge und brauchte auch nicht lange, bis er schließlich den berüchtigten Aufenthaltsraum – das Lager der Gaianer - erreichte, der auch zu diesem Zeitpunkt gut besucht war. Van, Merle und Allen saßen unter Aufsicht Hitomis - man wollte lieber nichts, vor allen Dingen keinen erneuten Stromausfall, riskieren und hatte sie alle dazu verdonnert, sich Hitomis Anweisungen unbedingt zu beugen - wieder einmal vor dem großen, viereckigen und trotz jeglichem besseren Wissens wieder reparierten Kastens und erfreuten sich an und staunten über die bunten Bilder, die auf der Mattscheibe tanzten. Dabei hatten sie sogar je eine Tüte Popcorn in den Händen, deren ordnungsgemäße Zubereitung ihnen das Mädchen von der Erde nach langwierigem Betteln erklärt hatte. Mittlerweile waren alle Steckdosen mit Kindersicherungen ausgerüstet worden, bevor den Gaianern erklärt wurde, dass die weißen Dinger mit den Schwänzen dran nun ihre Winterruhe halten würden und nur von den NERV-Leuten oder zumindest Hitomi benutzt werden durften. Außerdem waren alle unnützen Steckdosen entfernt und zusätzlich extra Sicherungen angebracht worden, die bei Überlastung die Verbindung zur Hauptstromleitung kappen sollten. Damit erhoffte sich NERV einen erneuten Stromausfall schon von Anfang an im Keime ersticken zu können. Der Mensch lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern. Hiead hielt sich nicht lange damit auf, seine Umgebung zu scannen, sondern steuerte gleich – natürlich darauf bedacht, dies so gleichgültig wie eben möglich zu tun - die Tür an, die zur Küche führte und nach Vans Massaker durch eine etwas stabilere ersetzt worden war. Zu seinem Glück hatte sich jemand erbarmt und einen riesigen Topf Spaghetti mit Tomatensoße gekocht - wahrscheinlich, um dem eventuellen Versuch dreier gewisser Personen, dies selbst zu bewerkstelligen, vorzubeugen, und weil selbige anscheinend zu faul waren, den langen Weg zur Kantine anzutreten -, der jetzt abgedeckt auf dem Herd herumstand und regelrecht danach schrie, geleert zu werden, weshalb sich Hiead in seiner grenzenlosen Güte dazu herabließ, ihm diesen Wunsch wenigstens teilweise zu erfüllen und sich einen Teller voll zu nehmen. Mit diesem und Gabel und Löffel bewaffnet enterte er schließlich wieder das Nebenzimmer und setzte sich an einen kleinen Tisch zu Erts, der in ein Buch über die Geschichte Neo Tokios nach dem Second Impact vertieft war und seine Anwesenheit zuerst offenbar gar nicht bemerkte. Der Pilotenanwärter ließ seinen Blick von seinem Teller zum Fernseher wandern, empfand das gegenwärtige Programm als nicht seinen Wünschen entsprechend und ließ seine Gedanken dann wieder zu diversen Kampfstrategien zurückwandern, die er sich in der Zeit im HQ von den EVA-Piloten abgeschaut hatte und die er unbedingt an Zero ausprobieren musste, als plötzlich ein Protestschrei seitens der Fernsehecke erklang und sich sofort alle Köpfe der anwesenden Personen zu den Gaianern drehten - sogar Erts hatte seine Aufmerksamkeit von seinem Buch abgewendet. Van kniete vor dem TV-Gerät und schlug mit der flachen Hand auf die obere Abdeckung, lautstark vor sich hinfluchend. Grund für seinen Ausbruch war anscheinend der flimmernde Bildschirm, der zur Zeit den Krieg der weißen gegen die schwarzen Ameisen zeigte, nur ein statisches Rauschen von sich gab und ab und zu zu einem regenbogenfarbenen Bild wechselte, auf dem etwas von Empfangsstörung zu lesen war, was dann mit einem grellen Piepton unterlegt wurde. Merle wandte sich nörgelnd an Hitomi, die - wahrscheinlich resignierend - die Hände vors Gesicht geschlagen hatte, und murmelte irgendwas von wegen, dass der Fährn-Sähr nun aber wirklich kaputt war und dass sie diesmal aber nicht dran Schuld seien. Nach mehreren Minuten natürlich erfolglosen Versuchens, den Wunderkasten wieder in Gang zu setzen, warf Van kapitulierend die Hände in die Luft und stand schließlich grummelnd auf. Er trottete niedergeschlagen und augenblicklich wieder von Langeweile befallen zu Erts und Hiead an den Tisch und setzte sich Letzterem gegenüber, den trägen Blick auf das Buch in der Hand des Göttinnen-Piloten gerichtet. Der Kämpfer Escaflownes seufzte herzzerreißend, bekam jedoch keinen einzigen mitleidigen Blick geschenkt - viel mehr wurde er ignoriert, da sich Erts wieder seinem Buch und Hiead sich seinen Nudeln zugewandte, nachdem es nichts Spannendes mehr zu sehen gab. Van schaute aufmerksamkeitsheischend und mit Dackelblick zwischen den beiden hin und her, was sie allerdings nicht sahen und infolgedessen auch nicht registrierten. Er verzog missbilligend das Gesicht und wandte sich nun demonstrativ ab. Sein Blick fiel auf einen kleinen Schrank im Rücken Erts', der durch eine mehrere Millimeter dicke Staubschicht den Anschein erweckte, als würde er nicht unbedingt oft beachtet werden - ein Seelenverwandter also, und genau das richtige Opfer für Vans Langeweile... Der Prinz stand auf und schlich sich beinahe auf Zehenspitzen zu dem kleinen mahagoniefarbenen Schränkchen, als witterte er etwas Gefährliches darin, das derzeit schlief und auch besser nicht geweckt würde. Er hockte sich bedächtig vor den rechteckigen Holzkasten, seine Augen auf die Knöpfe der Doppeltür geheftet, die seiner Meinung nach ein riesiges Geheimnis bargen, und pustete über die Oberfläche des Schrankes, was eine leidlich dumme Idee war, da er und auch die beiden am Tisch Sitzenden nun erst einmal in einer dichten Staubwolke verschwanden und auch nach minutenlangem Husten und Keuchen und vor sich in der Luft rumwedeln mit der Absicht, die winzigen Partikel aus der unmittelbaren Reichweite ihrer Lungen zu verbannen, nicht wieder vollkommen sichtbar wurden. Van ignorierte die verärgerten Blicke der G.O.A.-Bewohner - wie du mir, so ich dir - und öffnete mit dramatischer Geste die Türen des Schrankes. Ihm entgegen flog eine weitere Staubwolke, die ihn erneut einhüllte und seine Tätigkeiten beim Durchwühlen des freigelegten Paradieses verbarg, bis er aufsprang, einen dünnen Holzkasten wie einen Schatz vor sich in die Höhe haltend. Mit ausgreifenden, feierlichen Schritten lief Van zum Tisch zurück, stellte seinen Fund in dessen Mitte und wischte schwungvoll die Dreckschicht - es sah schon fast so aus, als hätte jemand versucht, dort Erde zu züchten - von seiner Oberfläche, die sich neckisch auf Hieads Nudeln niederlegte und diesen dazu veranlassten, den Teller angewidert zur Seite zu schieben. Van öffnete den Kasten - und zum Vorschein kamen mehrere fünfeckige mit Schriftzeichen verzierte Steinchen, getrennt in zwei Tütchen verpackt. Der Gaianer hob eine der Tüten vor sein Gesicht, um sie näher zu betrachten, und warf dann verwirrte Blicke zwischen seinem und dem anderen Plastikbeutel hin und her, und man konnte regelrecht sehen, wie die vielen kleinen Zahnräder hinter seiner Stirn arbeiteten. "Das ist ein Shōgibrett" stellte Erts nüchtern fest, der über sein Buch hinweg den Holzkasten begutachtete. Er legte seine Schwarte zur Seite und nahm die Schachtel hoch, drehte sie um, wobei die zweite Tüte klappernd auf den Tisch fiel, und stellte sie dann geöffnet auf ihre Kanten. Nun bot sich den drei Mannen ein quadratisches Spielbrett unterteilt in viele quadratische Kästchen; Erts ergriff die Tüte vor ihm, öffnete diese und legte die Spielsteine auf ihre angestammten Plätze, was Van eifrig mit den Seinigen kopierte. Hiead hatte bisher gelangweilt zugesehen, musste sich nun aber eingestehen, dass die Aufmachung des Spieles schon recht interessant aussah. Aufmerksam wurde er jedoch erst, als Erts dem Prinzen erklärte, dass dieses Shōgi-Spiel eine Art kriegerisches Spiel war, welches vor allem Taktik und Strategie erforderte und einst als Ausgleich blutiger Kriege benutzt wurde. Das war doch die Gelegenheit... "Ich bin sicher, dass ich hier jeden schlagen könnte! Schließlich bin ich ein Spitzen-Kämpfer!" Hiead verdrehte entnervt die Augen. Auch Erts schüttelte seufzend und auch ein wenig tadelnd den Kopf. "Van, du kannst dieses Spiel nicht mit einem richtigen Kampf vergleichen. Wie ich schon sagte, hier ist vor allem Strategie gefragt. Außerdem gibt es noch diverse Regeln..." Van überhörte den kleinen Seitenhieb auf seinen etwas brachialen Charakter und ließ sich von Erts' Worten sogar noch anstacheln. "Ich beweise es dir! Ich werde Hiead hier in Null-Komma-Nix besiegt haben!" Der Pilotenanwärter schreckte beim Fallen seines Namens aus seinen Visionen von sich und Zero vor einem solchen Spielbrett - Letzterer gerade am Verzweifeln und vor ihm auf den Knien rutschend um Gnade bettelnd - auf und sah Van, der mit dem Finger auf ihn zeigte, mit großen Augen an. "Was ist mit mir?" "Ich fordere dich zu einem Kampf heraus!" "Spiel, Van, zu einem Spiel..." murmelte Erts leise. Hiead jedoch freute sich innerlich schon, hiermit für seinen vernichtenden Schlag gegen Zero üben zu können. "Aber ihr kennt die Spielregeln doch beide nicht, oder?" meinte Erts. Van stockte, überlegte sekundenlang und deutete dann mit dem Finger auf ihn. "Du wirst es uns beibringen!" In Vans Stimme schwang solch eine Endgültigkeit mit, dass Erts gar nicht erst versuchte, zu widersprechen. Wer wusste schon, was der Kerl nicht alles mit seinem Schwert anstellen würde, wenn er verärgert war und nicht alles nach seinen Wünschen verlief... So geschah es nun also, dass sich Van Hiead wieder gegenübersetzte und beide gespannt den Ausführungen Erts' über die Spielregeln und Züge der einzelnen Figuren im Shōgi, welche er durch jeweiliges Setzen der Figuren veranschaulichte, lauschten. Beim ersten Probespiel half er den beiden noch, doch schon beim zweiten Mal hielt er sich lieber aus den aufbrechenden, leicht ausufernden Streitigkeiten der beiden heraus, da er befürchtete, sie würden womöglich noch anfangen, sich, oder wenn er Pech hatte auch ihm, die Läufer und Pferde um die Ohren zu schlagen, und da wollte er lieber nicht im unmittelbaren Brennpunkt sitzen. Während Hiead und Van sich nun also aufgrund mangelnder Kenntnisse und anderer Probleme - die durchaus mentaler oder psychischer Natur sein mochten und mit dem Spiel eigentlich nichts zu tun hatten - in hitzigen Streit gerieten und im Endeffekt tatsächlich dazu übergingen, sich nur noch die Spielsteine an den Kopf zu werfen, anstatt eine ordentliche Partie auszutragen, nahm der Göttinnen-Pilot wieder sein Buch zur Hand und vertiefte sich erneut in die Verschwörungen um den Second Impact. Währenddessen spielte sich ungefähr zwei Gänge weiter ein Drama gänzlich anderer Qualität ab. Gareas und Rioroute hatten sich wie immer nichts Schlimmes dabei gedacht, als sie beschlossen, die im Übermaß vorhandene Zeit auf Wunsch einer einzelnen Peson mit der Suche nach etwas Essbarem totzuschlagen und waren deshalb gegenwärtig auf dem Weg zur Küche neben dem Aufenthaltsraum, als sie plötzlich und natürlich ohne Vorwarnung an den Armen gepackt und herumgerissen, den Flur, den sie eben durchquert hatten, wieder entlang zurückgezogen und mit etwas zu enthusiastischer Wucht in den nächstbesten Fahrstuhl geworfen wurden, dessen Anblick allein die beiden Piloten in Angstschweiß ausbrechen ließ - eigentlich unbegründet, Misato war ja nicht da... -, woraufhin ihr wohlgemerkt alleiniger Peiniger sich zu ihnen hinunter hockte und sie selig angrinste. Rio und Gar konnten diese Glückseligkeit momentan nicht wirklich nachvollziehen, zumal sie davon ausgingen, grade entführt zu werden, weshalb sie ihrem Kontrahenten dementsprechend eingeschüchtert entgegenstarrten. "Hi, ich bin Gabriel!" sagte der recht jung wirkende Entführer und reichte den beiden augenscheinlich Älteren die Hand hin. Weder Rio noch Gar, die es irgendwie überhaupt nicht wirklich fassen konnten, wagten, auch nur zu atmen. Gabriel schien das jedoch nicht weiter zu stören, Gesetz des Falles, er realisierte es überhaupt. In seiner unzerstörbaren Frohnatur ergriff er die Hände der beiden Piloten kurzerhand einfach selbst, schüttelte sie kurz und kräftig - man mochte meinen, er wollte ihnen die Arme ausreißen - und sprang dann wieder auf, hüpfte regelrecht zum Controlpanel des Lifts, an dem er den Knopf für das 1. Stockwerk drückte und dann wieder zu seinen beiden bemitleidenswerten Opfern zurückflatterte - im übertragenen Sinne versteht sich. Er grinste die beiden die Fahrt über stumm an und zerrte sie, noch bevor die Fahrstuhltüren überhaupt eine Chance hatten, sich zu öffnen, auch schon wieder auf die Beine und schließlich hinaus in den Gang. Die Jungs wehrten sich nicht. Vielleicht mochte es an der leicht überrumpelnden Art Gabriels liegen, oder aber auch daran, dass die Piloten Angst hatten, erschossen zu werden oder gefoltert - stundenlanges gezwungenes anschauen jeglicher Teletubbys-Folgen wäre da eine besonders grausame Option - oder etwas ähnliches, wenn sie nicht spurten. Zuzutrauen war diesen Irren hier ja so einiges. Der den Piloten bislang noch unbekannte Junge schleifte sie den ziemlich belebten Flur entlang, was den Piloten den Anschein gab, in eine interne Verschwörungsaktion geraten zu sein, da niemand auch nur winzige Anstalten machte, sie aus den Fängen ihres offenbar leicht durchgeknallten Kidnappers zu befreien. Besser noch - oder eher schlimmer noch: einige grüßten ihn sogar. Schließlich waren sie an ihrem Bestimmungsort angelangt, einem kleinen sterilen Raum - also doch Folter... -, dessen Mobiliar aus zwei Bänken und an der Wand neben der Tür aufgereihten Spints bestand und auch sonst recht kühl und überhaupt wenig anheimelnd wirkte. Empfangen wurden die drei Jungen von Dr. Ritsuko Akagi, der Gabriel seine Opfer vor die Nase setzte und sie dann vergnügt anstrahlte. Ritsuko zog fragend eine perfekter Columbo-Manier eine Augenbraue hoch und bemerkte dann in ihrem gewohnt nüchternen Tonfall, dass Gabriel die eingeschüchterten Piloten sicherlich auch einfach hätte auffordern können, ihm zu folgen. Gabriel aber strahlte nur weiter sein Atombomben-Lächeln und schien auch nicht die Absicht zu haben, nach getaner Arbeit aus eigenem Antrieb heraus den Raum nun wieder zu verlassen. Dr. Akagi verdrehte daraufhin die Augen und geleitete den jungen NERV-Angestellten letztendlich persönlich zur Tür, um ihn mit einem gedanklichen Fußtritt hinaus zu befördern. Augenrollend kehrte sie zu Rio und Gar zurück, die verängstigt und wie ein Häufchen Elend am Boden zusammengekauert saßen und es nicht wagten, auch nur einen Augenblick die Augen von der Tür zu nehmen - es könnte ja sein, dass Gabriel zurückkam. "Es tut mir leid, wenn er vielleicht etwas grob zu euch war, ich hätte wahrscheinlich lieber einen weniger vor Enthusiasmus für seine Arbeit platzenden Mitarbeiter schicken sollen, um euch zu holen..." Die beiden Jungen schüttelten nur den Kopf, auch wenn ihre Mimik nicht den Anschein machte, als würden sie es tatsächlich einfach hinnehmen. "Nun gut, ihr fragt euch sicherlich, warum ich euch herholen lassen habe..." Ritsukos Kunstpause - wie sie in jedem vor Klischees nur protzenden Film gebraucht wird, um dem Opponenten genug Gelegenheit zu geben, in irgendeiner Art und Weise auf eine spannungssteigernde Äußerung zu reagieren, was selbst dort aber eigentlich von niemandem gewollt wird, schließlich ist’s ja eine Kunstpause… - wurde nur mit dem lauten Knurren Rios' Magens gefüllt, der ja jetzt, da der dazugehörige Körper von Gabriel entführt worden war, noch immer nichts zu Beißen bekommen hatte. Infolgedessen verzichtete Ritsuko auf ein längeres Hinauszögern ihrer Erläuterungen, beziehungsweise schränkte diese noch ein wenig mehr ein. "Wie ihr bei dem letzten Kampf mit dem Engel Matriel sicherlich mitbekommen habt ist es für unsere Piloten nicht unbedingt leicht, unsere Feinde zu eliminieren, trotz der von NERV geschaffenen Evangelion. Darum hat sich Kommandant Ikari dazu entschlossen, neue Studien anzustellen, um die Leistungsfähigkeit unserer humanoiden Kampfmaschinen und Piloten und vor allem deren taktisches und strategisches Vorgehen zu verbessern. Nachdem unsere Techniker nun die Aufzeichnungen des Kampfes ausgewertet haben sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass Ihre Ingrids am ehesten in Technologie und Exterieur mit unseren EVAs übereinstimmen. Darum wollen wir nun Sie beide einem der Synchrotests mit einem Evangelion unterziehen, um zu sehen, wie Sie mit Ihnen umgehen und ob es nicht aus Ihrer Sicht Verbesserungen geben könnte in Bezug auf Bedienung etcetera, wobei Sie bitte auf ihre Erfahrungen mit den Ingrids aufbauen. Natürlich können wir sie nicht zu einem dieser Tests zwingen, jedoch appelliere ich daran, dass Sie sich in Bezug auf Unterkunft und Verpflegung in unserer Einrichtung erkenntlich zeigen wollen und uns in dieser Angelegenheit unterstützen." Rio und Gar sahen die Frau aus großen Augen an und man konnte regelrecht sehen, wie die Rede der Cheftechnikerin langsam bis zu ihnen durchsickerte und ihre Gehirne die vielen Informationen verarbeiteten. Schließlich hellten sich ihre Gesichter auf - ein sicheres Zeichen, dass die Piloten den Vortrag Dr. Akagis nun vollends verstanden hatten - und verzogen sich dann zugleich zu Mienen, die wohl ernsthaftes Grübeln visualisieren sollten. Rio und Gar schielten sich aus den Augenwinkeln an und versuchten mit einer Art Telepathie Kontakt aufzunehmen und sich abzusprechen. Da jedoch keiner von ihnen die hohe Kunst der Gedankenübertragung beherrschte einigten sie sich einfach stumm auf eine Zusage - nach dem, was sie in diesem Verein schon erlebt hatten, wollten sie lieber nicht wissen, was passieren würde, würden sie nicht ihr Einverständnis gaben. Und so geschah es, dass rund eine viertel Stunde später zwei in diesem Zusammenhang unübliche Visagen die Kontrollbildschirme der Kommandozentrale ausfüllten, als sich Gareas und Rioroute in die engen und ungewohnten Sitze von EVA-01 und EVA-02 zwängten, gekleidet in überaus ungemütlichen Latexanzügen, die ihnen, um ganz ehrlich zu sein, beschissen standen und an einigen delikaten Stellen unvorteilhaft und äußerst unangenehm zwickten, was allerdings keiner von beiden offen zugegeben hätte, da schließlich auch weibliches Personal am anderen Ende der Kommunikationsanlage anwesend war. So bestand ihre erste Beanstandung lediglich darin, dass es in der Kabine ihrer Meinung nach etwas zu schmal war, um sich vollauf entfalten zu können in einem anstehenden Kampf und dies doch zumindest für ihre Verhältnisse etwas hinderlich sein könnte. Als dann das LCL in den Entry-Plug eingelassen wurde bereuten die beiden sofort, nicht doch lieber den Zorn NERVs auf sich gezogen und abgelehnt zu haben. Sie konnten ja nicht wissen, dass ihre Zivilisation nicht die Einzige war, die sich einer Flüssigkeit bediente, in der man durchaus atmen konnte. Soll heißen sie starben doch keines elenden Erstickungstodes, wie sie zuerst angenommen hatten - in ihrer Paranoia war ihnen sogar kurz der Gedanke einer weiteren internen Verschwörung gegen die Göttinnen-Piloten gekommen, da die Erinnerung an Gabriel ja noch sehr frisch und sie noch immer nicht ganz glauben konnten, dass er wirklich nur zufällig zu ihnen geschickt worden war. Im nächsten Moment wurden sie aber schon von den neuen Eindrücken - im wahrsten Sinne des Wortes - überflutet, die ihnen die EVAs gaben und die sie in ähnlicher Form nur in ihren Ingrids verspürten - es überrascht sie, dass sie auch in den Maschinen dieser Dimension eine Art Eigenleben der Mechas verspürten, die die Illusion hervorrief, die Roboter hätten eine eigene Seele, auch wenn man sie nicht hundertprozentig als organische Lebensform bezeichnen konnte. Über die Kontakte an den Köpfen der Piloten wurden die Nervenverbindungen angeschlossen und augenblicklich konnten sie exakt nachfühlen, wie es Zero ergangen war, als er unerlaubt in Eeva Leena eingedrungen war und diese ihn sich beinahe buchstäblich mit Haut und Haar einverleibt hatte. Entgegen aller Erwartungen hatten beide trotz ihrer andersdimensionalen Herkunft eine sehr gute Anpassungsfähigkeit, und so dauerte es nicht lange, bis die Synchronisationsabweichungen behoben und die Evangelion Startbereit waren. Jedoch hatte Kommandant Ikari nicht vor, die Jungs auch einen praktischen Test ausführen zu lassen, weshalb alle Sicherheitssperren aktiv blieben und nur die Energiezufuhren aktiviert wurden, damit zumindest gewisse motorische Aktivitäten, wie das Heben eines Armes, ausgeführt werden konnten. Während sich die Göttinnen-Piloten an die Bedienung der EVAs gewöhnten erklärten sie noch einmal in aller Ausführlichkeit, wie die Steuerungen, die sie ausführten, im Ingrid abliefen und welche Rolle die Fluglotsen dabei spielten. Dies empfand Ikari nun als störendes Element, da weitere involvierte Menschen seiner Meinung nach nur unnötige Fehler verursachten, und schließlich machten die EVA-Piloten schon genug Schwierigkeiten in ihrem jugendlichen Tatendrang und dem daraus resultierenden gelegentlichen Missachten autoritärer Befehle. Erstaunlicherweise - und vielleicht schon fast bedauerlicherweise - passierte ausnahmsweise mal überhaupt nichts Unvorhergesehenes, das am Ende nur wieder zum In-Schutt-Und-Asche-Legen des NERV-HQs geführt und sicherlich mit durchgedrehten EVAs zusammengehangen hätte. Doch so wurden Rio und Gareas nach einer Stunde heil und ohne weitere psychische Schäden wieder entlassen und konnten sich von den einengenden Latex-Anzügen befreien. Während sie sich noch in ihre Schuhe zwängten kam eine brünette Frau mittleren Alters herein, wie Ritsuko in einen weißen Kittel gekleidet und mit einem silbernen Tablett in der Hand. Letzteres stellte sie neben den Jungen auf der Bank ab und nahm dann eine kleine Spritze in die Hand, die sie den Piloten demonstrativ hinhielt, so, als würden sie auf diese Weise schon durch den bloßen Anblick verstehen, was gemeint war. "Blutabnahme" sagte sie in nicht ganz so engagiertem Ton, wie man es in dieser Situation vielleicht erwartet hätte. Ganz im Gegenteil klang ihre Stimme monoton, als würde sie dieses Wort täglich an die 385 Mal sagen und langsam Lust und Spaß an der damit verbundenen Tätigkeit verlieren. Als NERV-Angestellte gab es für sie wohl nicht allzu viel zu lachen, aber wer konnte das schon von sich behaupten. Ohne eine weitere Erklärung nahm sie Gareas Arm und ehe er's sich versah hatte sie ihm schon ein Röhrchen Blut abgenommen, ein quietschbuntes Dinopflaster auf die Einstichwunde draufgeklebt und Rioroute der gleichen Prozedur unterzogen. Nachdem beide also eines Röhrchens der roten Flüssigkeit beraubt worden waren – viel mehr würden die Wissenschaftler dieser Einrichtung nicht brauchen, um funktionstüchtige und hörige Klone zu züchten, aber das ist eine andere Geschichte - verabschiedete die Frau sich auch schon wieder mit einem knappen Nicken und der Information, die Jungs könnten sich die Untersuchungsergebnisse am Nachmittag im Labor 13/7 abholen. Mit mulmigem Gefühl, das eventuell durchaus angebracht war, betrachtet man das vorangegangene Geschehen dieses aberwitzigen Plots, machten sich unsere beiden Helden schließlich wieder auf den Weg, diesmal nur noch zivilisierte Bereiche des HQs aufzusuchen. Und vorzugsweise würde sich für Rio jetzt auch endlich was zu Beißen finden... Misato lag ausgestreckt auf ihrem bequemen Sofa, räkelte sich genüsslich, im Bademantel und mit einem Handtuch um ihre noch nassen Haare, und erfreute sich an dem Gedanken, die letzte Stunde ihrer Freiheit mit einem - oder auch zwei - kühlen Bier ganz entspannt und ungestört vor der Glotze verbringen zu können. Sie hatte die paar Tage Urlaub wirklich mehr als nötig gehabt - vor allem nach diesem tollen Abenteuer im Fahrstuhl - und war, hingegen jedes sonstigen Empfindens ihrerseits, mal richtig gut gelaunt. Im Moment konnte sie wirklich Nichts und Niemand aus der Ruhe bringen und irgendwie freute sie sich sogar ein bisschen, wieder arbeiten zu gehen. Ja, man konnte sagen: Misato war nach vielen Jahren mal wieder so richtig glücklich. Aber man soll ja bekanntlich den Morgen nicht vor dem Abend - oder in diesem Falle Nachmittage - loben... "Katsuragi-san, schön, dass sie wieder da sind" war Mayas in der Tat etwas gezwungene und nicht ganz so überzeugend erfreute Begrüßung, als Misato – mit einem fast schon anwidernd heiteren Grinsen, das einem dann doch zu denken gab – das Central Dogma betrat und ihre Kollegen sich nicht gewundert hätten, hätte sie dies mit einer Tüte Gummibärchen für alle in der einen und - zur Feier des Tages - einer Flasche Sekt in der anderen Hand getan. Sie brachte sich kurz auf den neuesten Stand der Dinge - wobei es nicht viel Neues zu berichten gab, da NERV sie sonst auch sicherlich nicht den vollen Urlaub hätte erleben lassen - und machte sich dann, nachdem ihr versichert worden war, sie würde vorerst nicht gebraucht, um überlebenswichtige Befehle zu geben, auf den Weg zu dem mittlerweile berühmt-berüchtigten Aufenthaltsraum, um sich ein bisschen als inoffizielle offizielle Betreuerin der NERV-Gäste zu etablieren. Misato lief also unbeschwert und mit einem bei ihr seit Ankunft der "Außerirdischen" äußerst raren Lächeln im Gesicht die Gänge des HQ entlang und versprühte ihre Glückseligkeit, was jedem, der ihr dabei über den Weg lief, eine Gänsehaut bescherte, freute sich ihres Lebens und betrat frohen Mutes den Aufenthaltsraum - als ein kleines elfenbeinfarbenes Etwas mit Überschallgeschwindigkeit auf sie zuflog und sie, bevor sie auch nur den Hauch einer Chance hatte, sich zu bewegen und damit aus der direkten Schusslinie zu entkommen, mitten über der Nasenwurzel am Kopf traf. Wie vom Donner gerührt stand sie da, den Kopf aufgrund des unglaublich harten (!) Aufpralls leicht nach hinten gebeugt, die Augen schielend nach innen auf die Aufschlagstelle gerichtet, während der Raum augenblicklich totenstill wurde. Die beiden Missetäter fungierten bei dieser Gelegenheit jedoch als die unumgängliche Ausnahme in der Regel: Van und Hiead hatten sich mittlerweile auf jeweils einer Seite des Raumes hinter Möbeln und diversen unglücklichen Anwesenden verbarrikadiert und warfen mit ihren improvisierten Waffen und unglaublicher Präzision mindestens 2 Meter an ihren Zielen vorbei, wobei sie wahrscheinlich beweisen wollten, wer am besten danebenschießen konnte. Misato sah sich die umherfliegenden Shōgisteine und das allgemeine Schlachtfeld ein paar Minuten mit fast schon beängstigender Gelassenheit an, während sich ihre Lippen nach und nach zu einem leicht bis mittelschwer zu deutenden schrägen Lächeln verzogen, dem dann auch sofort hervortretende, pulsierende Adern an Hals und Stirn folgten und schließlich soviel erdrückende negative Energie begann, den Raum zu durchfluten, dass selbst die sich mitunter mit beinahe Lichtgeschwindigkeit bewegenden Spielfiguren, die damit eh ganz am Rande aller physikalischen Gesetze agierten, mitten in der Luft hängen blieben und die Kontrahenten verwirrt hinter ihren Deckungen hervorkrochen, um zu sehen, was passiert war, als ihnen so unvermutet die Munition ausging. Sobald ihr Blick auf die in der Luft festhängenden Steine und schließlich auf Misato fiel, die mit rauchendem Kopf im Eingangsbereich stand und plötzlich so gar nicht mehr ihre vorherige Glückseligkeit, dafür aber pures Gift versprühte, erfüllte sie ganz plötzlich ein uraltes Gefühl von Angst, das tief in ihren Erbanlagen verankert war und sie instinktiv erstarren ließ, während es ihre Körper auf Leerlauf stellte, damit die Panik sie nicht augenblicklich übermannen und zu dämlichen Reaktionen treiben konnte und sie jetzt nur noch wie wilde Tiere bei jeglichem Anzeichen von Gefahr aufspringen - was in der Tat den Umstand voraussetzte, dass sie saßen oder knieten, was sie aber nicht taten, da sie ja gerade hinter ihren Deckungen hervor[ge]krochen [waren] - und Schutz suchen würden. Was sie den Bruchteil einer Sekunde später dann auch taten. Der Auslöser für diese plötzliche Hektik im Raum, der vorher ja die reinste Wellness-Oase voller Ruhe, Harmonie und Gelassenheit gewesen war, war nur ein kurzes Zucken von Misatos kleinem Finger, doch augenblicklich kam Leben in Van und Hiead; letzterer sprang über den Tisch, an dem Erts - inzwischen in Gesellschaft Gareas' - noch immer ungerührt saß und sein Buch las und welcher bis jetzt seinen Schutzwall dargestellt hatte, und rannte hinüber zu Van, der ebenfalls angsterfüllt einen Fluchtweg gesucht und auch gefunden hatte, wobei ihm allerdings eine Tür den Weg versperrte und seine Nase dadurch unsanft Freundschaft mit eben dieser schloss. Hiead stieß den Piloten Escaflownes grob zur Seite und stürzte sich auf die Klinke, die bei solch brutaler Behandlung auch augenblicklich nachgab und den Jungs den Weg in die Küche freimachte. Beide flogen regelrecht in den Raum, blieben kurzzeitig mal im Türrahmen stecken, weil sie natürlich exakt gleichzeitig hindurchrammeln mussten, und schlugen die Tür schließlich hinter sich und laut zu. Hiead und Van lehnten erschöpft vom heftigen Adrenalinrausch ihre Stirnen gegen das Holz - ihr Leben war in den wenigen Sekunden zuvor noch einmal vollständig vor ihren geistigen Augen vorbeigelaufen - und schnappten fieberhaft nach Luft, als sie ein eigenartiges, aber doch seltsam vertrautes, schmatzendes Geräusch hinter sich wahrnahmen. Augenblicklich drehten die beiden sich um und sahen sich mit einen anderen Jungen konfrontiert, der vor dem geöffneten Kühlschrank saß, mit Schokolade und einem Reisbällchen bewaffnet und einem riesigen Kochtopf neben sich, aus dem noch eine letzte verlassene Nudel hing und ihr Leben aushauchte. "Rio!" riefen Van und Hiead überrascht und wie aus einem Munde, woraufhin der Angesprochene ihnen seinen Kopf zuwandte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, ihre Anwesenheit in irgendeiner Art und Weise zu kommentieren, sondern wandte sich auch sogleich wieder dem Kühlfach zu seinen Füßen zu, dessen Inhalt augenscheinlich schon ziemlich arg dezimiert worden war und sich jetzt auf dem Boden und in Rios Magen tummelte. Ein Klopfen an der Küchentür weckte Hiead und Van aus ihrer gegenwärtigen Erstarrung. "Rioroute, beweg deinen Arsch sofort da raus!" schallte es genervt und in gefährlich gereiztem Tonfall in den Raum, doch der Pilot Luhma Kleins tat auch diesmal so, als wäre er vollkommen allein auf der Welt - nur er und das Essen, versteht sich. Ein weiteres Klopfen und ein noch nachdrücklicherer Ruf folgten, und schließlich wurde die Tür aufgestoßen, die Klinke Hiead in den Rücken gerammt, und Gareas trat ein, sichtlich sauer, dass sein Freund und Kollege ihn so nachhaltig ignorierte. Der Ingrid-Pilot stapfte auf seinen Kollegen zu, packte ihn am Kragen seines Pilotenanzugs und schleifte ihn und einige leere Joghurtbecher, die sich an Rios Gesäß verhakten, aus dem Raum. Rio protestierte zwar lautstark, doch jetzt war es an Gar, dem anderen einfach keine Beachtung zu schenken. Auf ihrem Weg hinaus auf den Gang passierten die beiden die noch immer kochende Misato, deren ebenfalls noch immer rauchender Kopf nach und nach den ganzen Raum vernebelte und damit auch die Ketten verbarg, mit denen die Überlebenden des Shōgikampfes sie vorsichtshalber in der Wand verankert hatten - unter Einsatz des eigenen Lebens, um ein eventuelles Massaker zu verhindern, denn wer wusste schon so genau, zu was Misato eigentlich fähig war. "Wo willst du denn hin?!" brüllte Rio, aufgebracht, dass er seinem persönlichen Paradies entrissen worden war. "Zum Labor natürlich, du Idiot, schon vergessen? Unsere Bluttests?" Ein Klatschen, das sich anhörte, als schlüge Haut auf Haut, verriet Gareas, dass es Rio, den er noch immer hinter sich herzog, beziehungsweise unsanft über den Boden schleifte, soeben eingefallen war. Doch dann entriss er sich dem Griff Gares' und blieb mit vor der Brust verschränkten Armen dickköpfig sitzen. "Und weißt DU denn auch, wo genau dieses Labor zu finden ist?" Gar stockte und erstarrte mitten in der Bewegung. Ein triumphierendes Grinsen breitete sich daraufhin prompt auf Rios Gesicht aus. "Die brauchen hier wirklich Wegweiser" murmelte der Pilot Eeva Leenas schließlich resignierend in seinen nicht wirklich vorhandenen Bart. "So oft, wie sich hier schon wer verlaufen hat..." In seiner Feststellung beachtete der Pilot natürlich nicht den Fakt, dass NERV-Mitarbeiter entweder ein sensationelles Gedächtnis hatten - und damit den ganzen Lageplan auswendig konnten - oder man ihnen diesen, wie bei AeonFlux, einfach unter die Haut gespritzt hatte und sie ihn, sobald sie auf ihre Unterarme klopften, dort erkennen konnten. Rio erhob sich umständlich und klopfte sich den Staub und Dreck, den er bis hierhin aufgewischt hatte, von den Klamotten. "Wir könnten natürlich kopflos drauflos laufen und auf gut Glück suchen..." Gareas zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Du weißt doch aber schon, in was für einem Desaster das wieder enden würde." "Wohl wahr..." In diesem Moment spürte Gareas ein Tippen auf seiner rechten Schulter. "Braucht ihr Hilfe?" Gar erstarrte. Auch Rio - ihm gegenüber - bewegte sich nicht mehr und stierte mit geweiteten Augen über die Schulter seines Kollegen hinweg auf den blonden Schopf, der gerade noch über den aufgestellten Kragen des Piloten ragte. Klang einer Stimme -> neutrale Reaktion. Klang "dieser" Stimme -> Angst. Klang "dieser" Stimme + Erblicken der blonden Haare -> panische Angst. Und um aus dem - zugegeben sehr schlechten - Beispiel des klassischen Konditionierens ein - noch immer nicht besseres - Beispiel des operanten Konditionierens zu machen nehmen wir noch als Konsequenz ein manisches Grinsen seitens des Blonden, der nun hinter Gareas hervortrat, hinzu. Was folgte war eine positive Rückkopplung - und nicht nur die beiden Piloten, sondern auch alle, die einigermaßen Ahnung von Psychologie haben, fielen nun vor Schreck beziehungsweise Grauen in Ohnmacht und wachten auch für die nächsten paar Jahrhunderte nicht mehr auf. Und wenn sie in der Zwischenzeit nicht gestorben sind schlafen sie vielleicht auch noch heute. "Gabriel!" rief Rio aus - wobei ein entsetzter Unterton in seiner Stimme mitschwang - und lief auch gleich ein paar Schritte rückwärts als fürchtete er, der Blondschopf könnte jeden Augenblick vorspringen und ihn mit einem Rasenmäher überfahren. Der grinste jedoch nur unschuldig und glotzte von einem zum anderen ehe er fragte: "Was ist nun, braucht ihr meine Hilfe oder nicht?" NEIN! ging es Rio und Gar in dem Moment durch den Kopf, was sie aber aus Angst um ihre Gesundheit nicht laut aussprachen, sondern das sich stattdessen in (ver)zweifelnden Blicken, die sie sich zuwarfen, ausdrückte. "Oder wisst ihr, wo das Labor 13/7 ist?" fügte Gabriel hinzu, nachdem er auch nach 3 scheinbar endlosen Minuten eisigen Schweigens noch keine Antwort bekommen hatte. Schließlich fügten die Piloten sich dann doch noch ihrem Schicksal, da sie weder glaubten, tatsächlich den Weg alleine zu finden, noch sonderlich Lust empfanden, sich den Zorn Gabriels aufzuhalsen und am Ende nie wieder die Möglichkeit zu haben, dieses vermaledeite Labor aufzusuchen. Gabriel hüpfte zielstrebig und fröhlich glücklicherweise vor ihnen her, während die Piloten mit einigem Sicherheitsabstand und ungleich gesitteter hintendrein trotteten. Und einige Minuten, Kurven, endlose Gänge und Kreuzungen später war der Spuk auch schon wieder mehr oder weniger vorbei; kommt jetzt immer ganz auf die Betrachtungsweise an. Zumindest waren sie nun nicht mehr allein mit dem gefürchteten NERV-Angestellten - übrigens, wie sie später herausfinden sollten, nur ein Ersatz für einen der vielen jetzt in Form von Asche in kleinen Tütchen verpackten ehemaligen und der Ghoul-Invasion zum Opfer gefallenen Mitarbeiter; also lag die Schuld für Gareas' und Rios' Misere ganz allein bei diesen Monstern. Das Labor 13/7 war mit so vielen Mannen und Frauen, gekleidet in weißen Kitteln, grünen, kaum für die Laborarbeit praktischen, aber immerhin säureresistenten Handschuhen und seltsamen, scheinbar zu großen kastenartigen Schutzbrillen, hinter denen sie eine richtige Sehhilfe auf den Nasen verbargen, bevölkert - die zu allem Überfluss auch noch ständig wie ein aufgeschreckter Ameisenschwarm raus und rein liefen -, dass man sich unwillkürlich fragen musste, wo die alle herkamen - oder hatte der Ghoul-Angriff am Ende doch nicht so viele Opfer gefordert wie angenommen? Vielleicht waren es auch alles nur Klone, die sich hier, in diesem Labor, selbst herstellten – das sie Klone ganz anderer Art erschufen konnten Rio und Gar ja nicht ahnen -, um eine Armee von Weißkittlern aufzubauen und die Weltherrschaft an sich zu reißen. Wie sie in so einem Chaos arbeiten konnten und ob der Raum vielleicht verzaubert war, um auch ein kleines schäbiges Labor von innen wie einen riesigen Palast aussehen zu lassen, blieb eine offene, vielleicht an einer anderen Stelle zu klärende Frage. Irgendwie schafften es die drei Jungen, zwischen den Menschenmassen (!) hindurch zu einem erstaunlich kleinen Tisch vorzudringen, der umgekehrt proportional zu seiner Größe über und über mit allerhand kompliziertem Gerät und diversen augenscheinlich schweineteuren Mikroskopen übersäht war und an dem dann auch mehr Menschen arbeiteten, hockten und herumstanden, als man meinen konnte, dass es möglich und von Amnesty International als noch körperlich-gesundheitlich tragbar eingestuft worden wäre. Irgendwo im hinteren Drittel des Tisches fanden sie dann auch die Frau, die Rio und Gar das Blut so schändlich gestohlen hatte - sie wollten lieber gar nicht erst anfangen, zu spekulieren, welchen Beruf sie denn wohl genau ausführte, für den Moment bezeichneten sie sie jedoch als "Krankenschwester" -, vor einer Apparatur stehend, in der allerhand Röhrchen voll roter Flüssigkeit steckten und immer im Kreis und kopfüber wirbelnd ihre Runden drehten. Als die Brünette die Jungs erblickte griff sie sofort neben sich und nahm ein Klemmbrett in die Hand, auf dem sie etwas ablas und ein paar Mal nickte, bevor sie dann den Piloten und Gabriel entgegenkam. "Hier" war ihre herzliche Begrüßung, als sie das oberste Blatt vom Klemmbrett löste und es Gareas, der ihr am nächsten stand, in die Hand drückte. "Das sind eure Ergebnisse" ergänzte sie überflüssigerweise, was bei den hin und wieder leicht begriffsstutzigen Jungs am Ende aber vielleicht sogar ganz angebracht war. Gar und Rioroute, der dem anderen über die Schulter schaute, starrten verständnislos auf das Stück Papier. "Und was sollen wir jetzt damit?" fragte Rio in seiner ihm eigenen nonchalanten Art. "Durchlesen?" schlug die Frau vor und verkniff sich einen etwas böseren Kommentar, der hier aufgrund jugendschutzrechtlicher Bestimmungen nicht stehen darf. "Ich hab jetzt keine Zeit für euch." Die Jungs schauten uninteressiert auf das Blatt voll lateinischer Wörter und komischer Zahlen und anderen Hieroglyphen, die wohl Buchstaben darstellen sollten, allerdings in einer solchen Sauklaue verfasst worden waren, dass es genauso gut kyrillische Schriftzeichen hätten sein können - sie konnten sie eh nicht lesen. Da sie sich das aber nicht anmerken lassen wollten blickten sie schließlich mit angestrengt gerunzelter Stirn tapfer auf das Blatt und nickten ab und zu mal, als wüssten sie, was sie da vor sich hätten, und wie es auch die Frau zuvor getan hatte, und schauten dann die Laborarbeiterin – selbige schon wieder voll und ganz mit ihren Bluttests beschäftigt - auffordernd an. "Und jetzt?" fragte Rio ungeduldig nach, der schon wieder ein Drücken in der Magengegend verspürte und so schnell wie möglich zu seinem Paradies zurück wollte – Gar hatte einmal die Vermutung aufgestellt, er hätte statt eines Verdauungstraktes ein schwarzes Loch. "Jetzt gehen Sie damit zur Kommandozentrale und geben es Dr. Akagi." antwortet die Frau ohne sich auch nur umzudrehen. "Kann das nicht jemand von Ihren Leuten machen?" Gareas schlug seinem Freund den Ellenbogen zwischen die Rippen. "Alles klar, machen wir sofort, vielen Dank" sagte er dann und zog Rio wieder am Ärmel hinter sich her, bevor der noch irgendetwas unpassendes aber durchaus Wahres zu seiner Verteidigung sagen konnte. "So können wir wenigstens noch in Erfahrung bringen, was da oben steht." erklärte Gar sein sonderbares Verhalten. "Wo ist eigentlich Gabriel hin?" fügte er dann nach einigem Suchen hinzu, ehe eben dieser wie aus dem Nichts und kurz vor der Tür vor ihnen auftauchte und den Jungs sein strahlendes Lächeln entgegenwarf. "Hier, nimm das mal. Ich muss noch was erledigen, ihr findet den Weg doch jetzt sicherlich allein?" sprach er, und so schnell, wie er gekommen, war Gabriel auch schon wieder verschwunden und ließ einen verdutzten Gar und einen verdächtig aussehenden Erlenmeierkolben gefüllt mit einer dubiosen hellblauen Flüssigkeit in der einen und den sich noch immer heftigst wehrenden Rio in der anderen Hand zurück. »Und ja nicht rühren!« hallte noch von irgendwo her zu ihm hin, ehe Gareas erst richtig realisierte, was eben passiert war. Er beäugte das chemische Zeug mit angebrachtem Misstrauen und schaute sich dann nach jemanden um, dem er es schnellstmöglich abtreten und der ihnen vielleicht sogar den Weg zur Kommandozentrale zeigen oder doch wenigstens erklären konnte, da er nämlich entgegen Gabriels Vermutung nicht glaubte, diesen alleine zu finden. Doch als er auf die Schnelle niemanden fand, dem er das Glas aufhalsen konnte, und er schon glaubte, jetzt auch noch dieses nicht unbedingt Vertrauen erweckende Ding mit sich rumschleppen zu müssen, hörte Gar, wie jemand seinen Namen rief und eine Sekunde später tauchte auch schon der braune Wuschelkopf Zeros vor seiner Nase auf. Ohne weiter darüber nachzudenken und aus reinem Selbstschutz heraus drückte er dem Jungen den Kolben in die Hand, sagte noch, schon im Gehen inbegriffen, beiläufig "Nicht rühren" und machte sich dann so schnell wie möglich mit dem inzwischen schmollenden Rio im Schlepptau aus dem Staub - man konnte ja schließlich nie wissen, was Zero als nächstes anstellte, vor allem dann, wenn er nach so langer Zeit des Verschollen-Seins mal wieder einfach so aus dem Nichts auftauchte. Seine Schritte lenkten Gareas instinktiv nach rechts und dann immer der Nase nach und tiefer hinein in die wohl gehüteten Geheimnisse NERVs. Hiead und Van hatten sich derweil zusammengerauft und gemeinsam beschlossen, Misato freizulassen - natürlich erst, als sie sich hundertprozentig sicher waren, dass sie nicht sofort explodierte, sobald sie die Ketten lösten -, das von ihnen verursachte Chaos möglichst unerkannt zu verlassen und dann wieder ihrer eigenen Wege, die nach dem bisher Erlebten vorzugsweise in entgegengesetzte Richtungen verliefen, zu gehen. So kam es also, dass sich der Pilotenanwärter einige Zeit später gerade auf dem Weg zu seiner Unterkunft befand - dort konnte er wenigstens nicht erneut in eine solch kindische Schlacht verwickelt werden -, wobei ihm sofort seine Fehleinschätzung der Situation bewusst wurde, als er das ihn penetrant-nervende Gesicht seines Erzfeindes erblickte. Zero jedoch schien nicht auf Streit aus zu sein - Hiead ignorierte die Tatsache gekonnt, dass im Grunde genommen immer er mit den Kleinkriegen anfing - und hüpfte stattdessen gelassen auf ihn zu, drückte ihm einen verdächtig harmlos erscheinenden Erlenmeierkolben mit einer seltsamen dunklen Flüssigkeit und einen Glasstab in die Hand und meinte noch "Rühr mal weiter für mich um", ehe er auch schon wieder um die nächste Ecke und damit aus Hieads Blickfeld verschwunden war. Hiead starrte mit gemischten Gefühlen auf das Glas, dessen Inhalt vom Rumgehoppse Zeros noch leicht hin- und herschwenkte und das in Bodennähe schon langsam zu einem abendhimmel-blau aufzuhellen begann. Er sollte weiterrühren, hatte Zero gesagt. Nun ja... Eigentlich ließ er sich ja nicht - um nicht zu sagen überhaupt nicht - gerne sagen, was er zu tun und zu lassen hatte, vor allem dann, wenn es von jemandem wie Zero Enna kam, aber wer wusste schon, was sonst passieren würde? Er konnte ja schließlich nicht wissen, dass er dank Zero eine tickende Zeitbombe in Händen hielt... Hiead nahm also das Glasstäbchen zwischen Daumen und Zeigefinger, führte es ins Glas und rührte vorsichtig ein Mal und ein zweites Mal um. Was folgte war eine ohrenbetäubende Explosion und eine Wolke aufsteigenden Rauches, der, als er sich einigermaßen lichtete, einen bedröppelten, über und über dunkelblau gefärbten Hiead zurückließ, der nicht wusste, ob er weinen oder lachen sollte und in Gedanken schon fleißig den perfektesten und ungeheuerlichsten Racheplan schuf. Durch seinen etwas verschwommenen Blick sah er zwei Figuren auf ihn zu rennen, eine in blau, die andere in weiß-rot gekleidet, und beim näheren Hinsehen erkannte er Gareas und Rioroute in ihnen, die ihn teils belustigt, teils durchaus besorgt anstarrten und schließlich die rußgeschwärzten Überreste des Erlenmeierkolbens und den beinahe eingeschmolzenen Glasstab begutachteten. "Du hast das Zeug doch hoffentlich nicht umgerührt, oder?" fragte Gar, zwischen Entsetzen, dem Drang, sich schreiend vor Lachen auf dem Boden zu rollen und absoluter Faszination hin und her gerissen, und konnte es sich nur schwer verkneifen, laut loszuprusten, jedoch befürchtete er, sich den Groll des Hiead Gner wohl für den Rest seines - fragwürdig hinlänglich seiner Dauer - Lebens aufzuhalsen, weshalb er sich dann doch so gut es eben ging zusammenriss. Rio hatte da, wie nicht anders zu erwarten, weitaus mehr Schwierigkeiten und zitterte schon mit vor den Mund gepresster Hand und Tränen in den Augen, und als Gar vollkommen ernst meinte, Hiead sehe mit seinen grau-weißen Haaren und seiner neuen Hautfarbe in der Tat wie ein Schlumpf aus, konnte er schließlich gar nicht mehr an sich halten, brach in schallendes Gelächter aus und musste sich an Gares Schulter festklammern, da schon die Beine unter seinem Körper wegknickten. Hiead hatte vor in ihm aufkochender Wut das Glas so fest zusammengedrückt, dass es jetzt in seiner Hand zersprang und er dann mit Schamesröte, die seine blaugefärbten Wangen sogar noch überdeckte, an den beiden Piloten vorbei zu den Unterkünften rannte, wo er dann den Rest des Tages damit verbrachte, zu versuchen, sich das chemische Zeug wieder von der Haut zu waschen. Weit weg von all dem Chaos in der GeoFront, am Rande Neo Tokios, wo das Meer begann, lag ruhig auf dem Wasser eine Schiff riesigen Ausmaßes und von einer Form, wie man es hier selten, beziehungsweise gar nicht zu Gesicht bekam. Letzteres vor allem, da dieses Schiff in der Welt rund um NERV und SEELE und den Second Impact nun einmal nicht existierte, beziehungsweise eigentlich nicht existierte, denn momentan war es ja tatsächlich da. Die Novice Noah lag nun schon einige Tage im Hafen der High-Tech-Stadt - und plötzlich waren die Engel ziemlich uninteressant für die Bewohner Neo Tokios geworden. Jeden Tag kamen ein paar mehr Schaulustige, die sich um die Plattform scharrten und darauf warteten, dass irgendetwas weltbewegenderes geschah als das penetrante Hin- und Hergeschaukel. Tatsächlich traute sich die Besatzung schon gar nicht mehr an Deck der Novice Noah, aus Angst, sofort von diversen Reportern und Kensuke überfallen zu werden, die alle Tag und Nacht auf einen Schnappschuss warteten. Kensuke war schon wohl bekannt bei der Besatzung, hatte er sich doch tatsächlich an Bord schleichen und seine Nase mal wieder in Angelegenheiten, die ihn nichts angingen, stecken können. Sie hatten ihre liebe Mühe und Not damit gehabt, den Jungen wieder an Deck und schließlich an Land zu zerren, nachdem er sich schon im Inneren des Nanga-Brains befunden und diesen auch fast dazu gebracht hatte, mit einem Senkrechtstart das Deck über ihnen zu durchbrechen. Noch schwieriger wurde es aber im Laufe der Zeit, die Brains und den Grand bei Laune zu halten. Himes Geschwister, sowie Nanga, Lasse und die restlichen Antibodies hatten ihre liebe Not und taten ihr Bestes, ihre "Kinder" vor allem zu beruhigen, da der Lärm, der von draußen hereinströmte, für sie ungewohnt und beängstigend war. Sie hofften nur, dass die neugierigen Schaulustigen und Reporter nicht irgendwann auf die Idee kamen, einfach die Novice Noah zu stürmen und nicht länger auf ein Ereignis zu warten, das es später wert war, den Enkeln zu erzählen, aber vermutlich ohnehin nicht eintreten würde - was sollte hier schon passieren? Diese ständige Ablenkung wurde von Anoa McCormick mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen und schweigend beobachtet, hatte die Besatzung doch weitaus Wichtigeres zu tun als eine sensationsgeile Meute davon abzubringen, ihr futuristisches Schiff in Schutt und Asche zu legen. Im Moment war die Crew an den Computern einer heißen Spur auf den Fersen, die sich ergeben hatte, als sie aushilfsweise ein paar ungefährliche Daten von NERV zum Zwischenlagern aufgenommen hatten, u.a. auch sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Bruchstücke des Verlaufes, den MAGI von den Tagen der Ankünfte von NERVs Gästen aufgezeichnet hatte - NERV-interne wie auch Informationen von Wetterstationen, Nachrichten, Astronomietürmen usw. Ein sehr gelangweilter Mitarbeiter hatte sich dieser Daten angenommen und sie auseinanderklamüsert und war dabei auf einige sehr interessante Berichte gestoßen. Doch bevor nun erste zaghafte Thesen und fragwürdige Theorien aufgestellt werden konnten hieß es erst einmal, weitere Daten abzuwarten - und die gaffende Meute draußen loszuwerden. Toll wäre dafür natürlich ein Platzregen, gemischt mit hühnereigroßen Hagelkörnern, aber man konnte eben nicht alles haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)