Sternensplitter von Nanjo_Koji (MurakixOriya) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Sternensplitter Heute Nacht ist Schnee gefallen. Es scheint als hätte sich die ganze Welt verwandelt. Alles was eins war, ist nicht mehr. Es ist als wäre alle Hässlichkeit der Welt zugedeckt worden mit einem kalten weißen Zauber, einem süßen transzendenten Nachgeschmack eines Todes, von dem du nichts gewusst hast. Ja, der Tod...der Tod sinkt auf die Welt herab, zersplittert in Myriarden tanzender Juwelen. Schlaf, Welt. Schönheit kommt über dich. Ich habe es vor Kurzem bemerkt. Eine Kleinigkeit, nicht einmal erwähnenswert. Bei Licht betrachtet ist es gar ein törichter Gedanke. Doch ich bin kein Teil des Lichts, und ich habe nachgedacht. Ich habe dich noch niemals schlafen sehen. Die zeit verfliegt so schnell. Ich habe niemals inne gehalten, ich habe mich niemals umgesehen. Ich bin gekommen, ich bin gegangen wie es mir beliebte, was mich trieb und zog und was mein Herz mir flüsterte. Ich segelte allein auf meinem weiten schwarzen Meer, das du nie gesehen hattest obwohl du oft an seinen Ufern standest, in einer dieser Nächte, da ich erneut aufbrach. Ich streifte deine Insel wie Zugvögel es tun, an einem Ort, an dem es keine Zeit mehr gibt, an dem Schweigen ist und ein Innehalten, das zuvor nicht in mir war. Ich bin niemals geblieben um zu geben, ich bin geblieben um zu nehmen, aus einer Selbstverständlichkeit heraus. Ich kam um zu warten und zu schweigen, zu betrachten und zu erinnern. Kreise auf dem schwarzen Wasser wenn ein Stein in die Tiefe sinkt. Stumm und kalt, eine kleine Dissonanz in der Düsternis. Du gabst mir Frieden, für einen Moment. Ich habe es nie wirklich bemerkt, und ich war dir nie dankbar. Du weißt, ich bin nie dankbar gewesen. So kann es nicht. Doch du machtest mich eine Weile wundern. Heute Nacht ist Schnee gefallen. Die Welt ist versunken in den Splittern des Himmels. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und betrachte. Ein Garten aus Licht. Brillanten bersten auf einem schwarzen See. Die Welt liegt begraben in einer weißen Nacht. Ein schwarzer Himmel, ein gleißendes Land. Und an den Ufern, der Grenze, dort finde ich dich. Ich sehe dich stehen, in einer kalten Welt. Stille. Schlaf. Das Gefühl zu fallen. Ich habe dich niemals schlafen sehen. Ich möchte dich betrachten. Dein Haar von schwarzem Ebenholz, verwirrt wie ein Flüstern in der Dämmerung, ausgebreitet, gefallen, ein dunkles Spinnennetz auf Schnee. Deine weißen Unterarme, deine Handflächen, Lippen wie eine kalte Morgenröte, Winterschnee auf deinen sanften Wimpern. Eine morbide Poesie. Schließe deine Augen. Schließe deine Augen, Welt. Ich möchte dich betrachten. Es ist als wärest du selbst ein Teil deines Gartens, der fahlen lautlosen Bäume, der schwarz und grauen Felsen dort am Teich, des schwarzen Spiegels und der sanften Decke unter der Nacht. Du hebst dich klar vom Himmel ab, ganz seltsam, und doch sehe ich dich liegen, geborsten, verstreut auf den Sternen und dem Weiß, doch es ist anders als das meine. Strahlend. Blendend. Frieden ist um dich. Ich kann meine Augen nicht von dir nehmen, nur noch ein wenig, noch ein wenig zusehen. Du bist mir immer fremd gewesen. Doch das Fremde ist alles was ich je kannte. Dein dunkles Haar in einem Meer von Licht. Dein Gesicht, ein Antlitz wie eine Blume im Eis, eine Schönheit für nur eine Nacht, nur einen Winter, nur eine Ewigkeit. Als wolltest du jeden Augenblick zerbrechen und in den Himmel sinken. Dionysos auf silbernem Grund. Etwas, das ich nie gesehen habe. Frieden. Es ist etwas in meinem Herzen, ein Wispern aus dem schwarzen Himmel. Ich habe immer nur genommen. Ich habe es nie wirklich bemerkt, und ich kenne keine Reue. Du weißt, ich habe nie bereut. Ich kann es nicht. Aber es ist, als würde etwas fehlen. Als wäre da eine Leere und ein Pfand, das du mir abgenommen hättest, jedes Mal wenn ich diesen Ort betrete. Ich brauche etwas von dir. Eine Vervollständigung, ein Unterpfand auch deines Herzens in meinen Händen. Deine blasse Gestalt, dein weiches Haar aus Finsternis, eine Krone um dein Lotusgesicht. Mein Hand an deiner Wange. Ich möchte dich berühren, ich kann nicht anders. Ich liebe die Schönheit. Und du bist schön. Schlaf, Welt. Das Sterben ist über sie gekommen, in einer einzigen unbeobachteten Nacht. Der Tod kommt. Stille. Und Frieden. Eine Ruhe, die ich nie hatte. Ein Innehalten, selbst das Atmen der Welt versiegt. Doch ich kenne keinen Neid. Du weißt, ich bin nie neidisch gewesen. Ich kann es nicht. Aber ich werde an Alledem Teil haben, diesen Augenblick. Schweigen. Betrachten. Ich lasse mich neben dir nieder, in einem Meer als Brillanten. Schließe deine Augen. Ich werde dich beschützen. Für diesen Augenblick, für diese Ewigkeit. Schlaf, Welt. Ich werde Wache halten. Ich werde warten. Zusehen. Zuhören. Ich werde Schnee sein. Schnee auf den Dächern, Schnee auf deinem Garten, Schnee in deinem Haar. Ich werde der Wind sein und das Wispern der Dämmerung. Ich werde die Nacht sein, der schwarze Spiegel und alle Brillanten um dich. Du wirst mich nicht bemerken. Ich werde weiß sein, stumm und kalt sein, im Himmel und auf Erden sein. Und ich werde meine Arme um dich legen wenn du fällst. Ich werde wachen und warten und deinen Schlaf behüten. Schließe deine Augen. Ich werde dich beschützen. Und ich werde dich betrachten wenn der Schnee deine Lippen berührt und dein Haar von deinen Schultern fließt. Schlaf, Welt. Für diesen Moment will ich dein Frieden sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)