Confused Feelings 2 von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: komplette Fic ------------------------ Chapter 1: Sayonara - für immer? Als Die an diesem Morgen aufwachte, verspürte er einen stechenden Schmerz in den Schläfen. Deswegen unterdrückte er den Impuls, die Augen zu öffnen, sondern blieb einen Moment regungslos liegen. Woher kamen denn diese hartnäckigen Kopfschmerzen? Am liebsten würde er gar nicht aufstehen, sondern weiterschlafen. Der Duft, der ihm in die Nase stieg, brachte ihn zum Lächeln. Sein Kaoru... Platinum Egoiste von Cha- Plötzlich schoss Die etwas durch den Kopf. Was auch immer das für ein Duft war, es war nicht der von Kaoru. Demo... Der Rothaarige zwang sich dazu, die Augen zu öffnen, und drehte den Kopf vorsichtig zur Seite. //Das... das darf nicht wahr sein. Scheiße.// Die legte die Stirn in Falten und versuchte krampfhaft, die Erinnerung an die letzte Nacht zurückzugewinnen. Langsam kam sie wieder... Er, Kyo und Toshiya waren gemeinsam um die Häuser gezogen, doch nach einigen Kneipen hatten die beiden sich verzogen und ihn allein zurückgelassen. Deswegen störte es Die auch nicht im Geringsten, dass sich wenig später ein reizendes Wesen neben ihm an der Bar niedergelassen und ihm einen Drink nach dem anderen spendiert hatte. Doch was ihn wirklich störte, war, dass er jetzt unbekleidet neben dieser jungen Frau in einem ihm völlig fremden Zimmer aufgewacht war. //Verdammt noch mal, wie konnte ich so was machen? Früher war ich es doch immer, der andere abgeschleppt hat... Aber mir selbst ist so etwas noch nie passiert. Außerdem bin ich doch glücklich mit Kao. Wie zu muss ich gewesen sein, dass ich ihm das antun konnte...?// So leise wie möglich schnappte Die sich seine Kleidung und verließ wenig später wie auf Samtpfoten die Wohnung. Die kühle Morgenluft tat vielleicht seinem schmerzenden Kopf gut, doch ansonsten fing alles in Die an, in sich zusammenzubrechen. Er kannte Kaoru. Für seinen Partner gab es nicht Schlimmeres als einen Vertrauensbruch, und das war der größte Vertrauensbruch, den Die hätte begehen können. Das verzog er ihm nie. Es sei denn... //Nein. Das kann ich ihm nicht verschweigen. Ich könnte ihm nie wieder in die Augen sehen. Wenn ich noch irgendetwas retten will, muss ich ehrlich zu ihm sein.// Die blieb stehen und sah nachdenklich die Straße entlang. Noch nie hatte er sich so schuldig gefühlt wie jetzt. Und noch nie hatte er so viel Angst davor gehabt, Kaoru zu begegnen wie heute. Wie sollte er es ihm bloß sagen? Big Red beschloss, nun erst einmal nach Hause zu gehen und sich dann in Ruhe darüber Gedanken zu machen, was er tun sollte... "Das ist aber schade. Soll ich nachher noch vorbeikommen? Okay. Bis später." Kaoru legte sein Handy auf den Holztisch in dem gemütlichen Aufenthaltsraum, der direkt neben dem Tonstudio lag, und ließ sich wieder in seinen Sessel sinken. "Und, was sagt Daidai?", fragte Kyo abwesend, während er den vor sich liegenden Text bearbeitete und ausbesserte. "Ihm geht's nicht gut, aber er wollte unbedingt, dass ich später noch zu ihm komme. Er hörte sich merkwürdig an...", murmelte Kaoru und kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. Das ungute Gefühl, das soeben in ihm hochkam, konnte er nur schwer unterdrücken. Toshiya ließ seinen Bass, an dem er soeben noch herumgezupft hatte, sinken und grinste bedeutungsvoll. "Das hört sich schwer nach Alkoholvergiftung an. Ob der noch lange in dem Club sacken geblieben ist, nachdem wir gegangen sind, Kyo-chan?" Kyo sah auf und bleckte die Zähne. "Da möchte ich für wetten. Auf der anderen Seite war der eigentlich schon ganz schön dicht, als wir uns verdrückt haben, oder? So'n Mist, dabei sollte er mir das hier doch noch auf Englisch übersetzen, ich krieg diese dämliche Grammatik einfach nicht hin..." Kaoru sah ihn vorwurfsvoll an. "Ihr habt ihn alleine gelassen?! Hätte es wissen müssen, wär ich doch bloß mitgegangen..." "Hey, jetzt mach nicht gleich wieder den Anstandswauwau. Lass ihn sich doch besaufen, so lange er noch ganz nach Hause kommt, is doch alles okay. Außerdem sind wir nicht seine Babysitter, oder?", verteidigte Kyo sich und Toshiya. Shinya, der bisher schweigend das Gespräch verfolgt hatte, mischte sich ein: "Trotzdem. Man kann Die doch nie alleine lassen, der macht immer Blödsinn, wenn er alleine unterwegs ist. Und das wisst ihr ganz genau. Davon mal ganz abgesehen hätte er trotzdem kommen können, oder geht's ihm so schlecht?" Kaoru zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, er meinte bloß, er fühle sich nicht gut und könne nicht kommen." "Aber deinen Besuch kann er trotzdem empfangen, ne?" Kyo grinste schief und fing sich einen strafenden Blick von Shinya ein. "Och Chibi...", ächzte er. "Jetzt sei nicht so langweilig!!!" Toshiya beendete das Gespräch, in dem er aufstand und verkündete: "Ich finde, wir machen jetzt mal zu viert weiter. Braucht jemand den PC, sonst würde ich jetzt ein bisschen an den Melodien weiterbasteln, die ich gestern angefangen habe..." Da niemand einen Einwand hob, verschwand Toshiya im nächsten Raum. Shinya erhob sich ebenfalls und betrat das Tonstudio, um ein wenig auf sein heißgeliebtes Schlagzeug einzudreschen. Kyo versank nach einem langen Blick auf die geschlossene Tür zum Computerraum wieder in seinen Aufzeichnungen und Kaoru versuchte ebenfalls, sich auf seine Noten zu konzentrieren. "Kao?" "Hm?" Kaoru strich mit einem Bleistift ein paar Noten durch und ersetzte sie durch eine höhere Oktave, dann sah er auf. Kyo trommelte nachdenklich mit den Fingern auf der Tischplatte rum. "Sag mal... wenn irgendwer in der Gruppe Probleme oder Sorgen hat, kommt er doch für gewöhnlich damit zu dir, oder?" Kaoru hob die Augenbrauen an. "Na ja... Ja, doch, eigentlich schon. Wieso?" "Und hat... in letzter Zeit jemand mit dir so ein Gespräch geführt?" Kaoru legte die Noten beiseite und sah seinen Gegenüber fragend an. "Was genau bezweckst du mit dieser Frage?" Kyo zuckte die Schultern. "Nur so." "Du fragst nie etwas nur so. Hast du Ärger?" Kaoru rutschte auf dem Sofa ein Stück weiter hinüber in Kyos Richtung und löcherte ihn mit diesem für ihn typischen ,Du kannst mir alles anvertrauen' Blick. "Nein, wirklich nicht. Ich frage mich nur, ob vielleicht... Ach, vergiss es. Es ist wirklich nicht so wichtig gewesen." //Nein, es ist wirklich nichts. Noch nicht. Und ich hoffe, dass es so bleibt...// Kaoru wollte zu einer Antwort ansetzen, da klingelte sein Handy. "Niikura." "Ich bin's." "Daidai!" Kaorus Miene hellte sich augenblicklich auf. "Ich wollte bloß fragen, ob wir uns nachher vielleicht lieber woanders treffen wollen?!" Kaoru starrte sein Handy einen Augenblick lang erstaunt an. "Äh, und wo?" "Im Park vielleicht?" "Ist das nicht ein bisschen kalt? Wir haben Januar, weißt du noch?" "Egal." Erneut überlegte der Leader, wie merkwürdig Die heute doch war, doch dann stimmte er zu, verabschiedete sich von seinem Freund und legte das Handy wieder beiseite. Kyo brummte: "Was war das denn für ein komischer Anruf? Ihr unterhaltet euch über Jahreszeiten?!" Kaoru schwieg. "Er wollte, dass wir uns im Park treffen." Kyo zeigte ihm einen Vogel. "Der Kerl spinnt doch. Ist zuerst so krank, dass er nicht zur Probe kommen kann und dann will er sich im Park mit dir treffen, obwohl wir Ende Januar haben und man sich draußen halb den Arsch abfriert?" Im nächsten Moment erkannte er, dass dies nicht unbedingt der passendste Kommentar gewesen war. Kaoru sah merkwürdig betreten aus. "Meinst du, es ist etwas?" "Ach Quark, du kennst doch Big Red, der mit seinen dämlichen Ideen immer...", widersprach Kyo überzeugt. Was sollte schon sein? "Nein, ich kenne Die. Wenn er nicht zur Probe kommt, muss schon was sein. Sonst schleppt der sich doch auch mit hoch Fieber noch hierher, weil er sich nicht eingestehen kann, wenn er mal krank ist." Kaoru nagte erneut an seiner Unterlippe. Kyo verdrehte die Augen. "Jetzt hör endlich auf, am Ende stellt sich eh raus, dass du dir mal wieder um nichts einen Kopf gemacht hast. Also wart's ab, die kurze Zeit wirst du auch noch aushalten, bis du deinen Schatz endlich siehst." Kaoru nickte. "Du hast ja recht..." Die nahm einen letzten Zug von seiner Kippe, dann ließ er sie auf den Boden fallen und trat sie auf dem Kiesweg vor der Bank, auf der er saß, aus. Sofort ließ er seine kalte Hand in seine Jackentasche gleiten und zog die Zigarettenpackung daraus hervor. "Die!" Kaoru kam den Kiesweg entlanggespurtet und ließ sich ächzend neben ihm auf der Bank nieder. "Wir haben die Probe ein bisschen überzogen, tut mir leid, wenn du lange warten musstest..." Die zwang sich zu einem Grinsen und rieb sich die abgekühlten Fingerspitzen, die aus seinen Handschuhen ohne Fingern herauslugten. "Ich sitz schon ungefähr eine Stunde hier." Kaoru warf einen Blick auf seine Armbanduhr. War er so viel zu spät? "Aber ich bin nur fünfzehn Minuten über der Zeit!", verteidigte er sich. "Ich weiß." Die steckte sich nun doch noch eine Zigarette an und blies ein wenig Rauch in die Luft. "Ich war nur hier, um nachzudenken." Kaoru betrachtete Dies ernste Züge schweigend. "Du machst mir Angst.", murmelte er leise. Die drehte dem Leader erneut den Kopf zu. "Angst?" "Du bist so anders als sonst. Hab ich irgendwas verbrochen?" //Du? Nein, garantiert nicht. Ich überlege nur ununterbrochen, wie ich dir beichten soll, was ich verbrochen habe...// "Natürlich nicht. Aber... ich..." Kaoru griff nach seiner kalten Hand und drückte sie sanft. "Erzähl mir, was dich bedrückt. Vielleicht kann ich dir helfen." Die schüttelte den Kopf und richtete den Blick zum Boden. "Nein, du kannst mir nicht helfen. Ich muss dir nur etwas sagen." Kaoru spürte, wie sich eine angsterfüllte Kälte in ihm breit machte. "Es muss was schlimmes sein, sonst fiele es dir leichter." "Hai... es ist was schlimmes. Aber ich weiß einfach nicht, wie...-" "Du anfangen sollst?", fragte Kaoru leise nach. Die nickte wieder. "Kuso, ich hab so einen Mist gebaut! Ich will dir nicht weh tun, aber ich muss es dir sagen, sonst - sonst könnte ich dir nie wieder in die Augen sehen." Der Druck an Dies Hand wurde schwächer. "Was kannst du denn so schlimmes gemacht haben, dass du es mir nicht sagen willst?" Kaoru sah Die fragend an. Die atmete tief durch. Er musste mit der Sprache rausrücken! "Ich war gestern Abend mit Totchi und Kyo unterwegs.", fing er endlich an. "Das weiß ich doch." "Aber die zwei sind nach einiger Zeit abgehauen. Keine Ahnung, wohin, jedenfalls waren sie irgendwann weg. Ich bin dann noch alleine in diesem Club geblieben und hab... eine ganze Menge getrunken." Kaoru lächelte leicht. "Das ist nicht das erste Mal, dass du zu viel getrunken hast." "Jaa, aber ich hab dann irgendwann... da war plötzlich so ein Mädchen, und die hat mir einen Drink nach dem anderen spendiert. Von da an hab ich einen Filmriss. Bis heute morgen jedenfalls." Kaoru spürte, wie sein Herz schwer wurde. Zentnerschwer. //Nein, sag das nicht. Sag nicht, dass du mich betrogen hast. Das kannst du mir nicht antun.// Die ballte die Hände zu Fäusten. "Ich bin nicht bei mir Zuhause aufgewacht.", sagte er so leise, dass Kaoru ihn kaum noch verstehen konnte. Doch das war eh nicht mehr notwendig. Kaoru verstand auch so, was Die ihm sagen wollte. Das ist nicht dein Ernst. "Wieso?", fragte er mit ausdruckslosem Gesicht. Die zuckte zusammen. Vor dieser Frage hatte er sich gefürchtet. "Ich weiß es nicht." Kaoru starrte ihn fassungslos an. "Du weißt es nicht? Und dafür setzt du alles aufs Spiel?" Die machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch er wusste nicht, was. Der Tonfall von Kaorus Stimme ließ ihn das Schlimmste befürchten. So eine schreckliche Enttäuschung war in seiner Stimme mit geschwungen, die ihm das Herz noch schwerer machte, als es eh schon war. "Es tut mir leid.", murmelte Die und ließ den Kopf hängen. Kaoru starrte in den Himmel und versuchte, das zu begreifen, was Big Red ihm soeben mitgeteilt hatte. //Kami-sama, wieso? Wieso tut er mir das an? Warum verletzt er mich so?// Kaoru versuchte krampfhaft, die heißen Tränen, die ihm in den Augen brannten, zurückzuhalten. Er weinte nicht, das konnte er sich nicht erlauben. Nicht vor Die. "Kao?" Dies Flüstern holte ihn zurück in die Wirklichkeit, dennoch antwortete der Violetthaarige nicht. "Ich weiß nicht, was ich tun soll. Aber du musst mir glauben, ich wollte das nicht und so was kommt nie wieder vor!!!" Die suchte Kaorus Blick, doch dessen Miene war so ausdruckslos und starr, dass Die schier am Verzweifeln war. "Kao! Rede mit mir, verdammt!!!" Kaoru drehte ihm wieder sein Gesicht zu. "Du weißt es." "Was... was weiß ich?" "Du weißt genau, was das für uns bedeutet." Die hatte das Gefühl, als breitete sich soeben ein riesiger Riss in seinem Herzen aus. //Nein. Bitte nicht. Bitte, bitte nicht.// "Kao, das kannst du nicht machen. Bitte, du musst mir verzeihen!!!" Kaoru wandte den Blick ab. Er konnte Dies verzweifelten Gesichtsausdruck nicht ertragen. "Das kann ich nicht. Ich könnte dir nie wieder vertrauen.", murmelte er. "Aber ich liebe dich!" //Ach ja? Tust du das? Und was ist das für eine Liebe, in der ich nach nur vier Monaten von dir betrogen werde?// "Was erwartest du eigentlich von mir?", fragte Kaoru und sah Die nun doch fest in die Augen. "Erwartest du, dass ich Verständnis habe und sage "Mensch, das kann ja mal passieren"? Du wusstest immer, dass es nur wenige Dinge gibt, die ich nicht ertragen kann, aber das steht an Nummer Eins. Und SO betrunken, dass du das nicht mehr einschätzen kannst, kannst du nicht gewesen sein. Ich..." Kaoru presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick. Die beobachtete ihn eine Zeit lang schweigend, und als dunkle Tropfen auf den Stoff von Kaorus Jeans fielen, verspürte er erneut diesen dicken Kloß im Hals. Kaorus Tränen waren eine schlimmere Strafe als jedes Schimpfwort, dass sein Gegenüber für ihn hätte gebrauchen können. Er hätte lieber einen Schlag ins Gesicht bekommen, als Kaoru weinen zu sehen und dabei zu wissen, der Grund für seine Tränen zu sein. "Soll das heißen, es ist... aus?" Die traute sich nicht, Kaoru anzusehen, als er diese Frage stellte. Kaoru schwieg. Scheinbar dachte er nach. "Ja.", sagte er letztendlich. "Versteh mich bitte, ich kann so nicht - und ich will so nicht - mit dir leben." Die hatte Tränen bisher mühsam zurückgehalten, obwohl er doch von Anfang an gewusst hatte, wie dieses Gespräch ausging. Doch nun, wo sich seine Ahnung, nein, viel mehr seine schlimmste Befürchtung, bestätigt hatte, konnte er die Tränen nicht mehr stoppen. "Keine Chance mehr?", fragte er zaghaft. Kaoru richtete seinen Blick auch weiterhin auf die Parkbank auf der anderen Seite des Kiesweges. "Nein.", murmelte er. //Ich bin selbst Schuld. Das ist das Schlimmste. Mit meinem eigenen Handeln hab ich Kaoru weh getan und mir selbst das Wichtigste genommen, das ich hatte. Wieso tun Menschen bloß solche Dinge, ohne es zu wollen?// "Würdest du mich alleine lassen?", fragte Kaoru tonlos, ohne Die eines Blickes zu würdigen. Die nickte, das konnte er aus den Augenwinkeln sehen. Der große Gitarrist erhob sich und suchte den Blick seines Bandkollegen. Vergeblich. "Sayonara.", flüsterte er und zögerte. Sollte er wirklich gehen? Einfach zulassen, dass gerade alles, was ihm etwas bedeutete, den Bach herunterging? Kaoru nickte leicht zum Abschied. Erst, als Die ihm den Rücken zudrehte und langsam den Weg entlang schlich, sah er ihm nach. Jetzt flossen die Tränen in Sturzbächen über seine Wangen. Er schlang die Arme um seine Knie und seufzte. //Sayonara. Für immer...// Chapter 2: Freunde? "Ich möchte wirklich wissen, wann du vorhast, endlich mal kochen zu lernen!" Toshiya ließ einen genervten Laut erklingen und suchte seinen Kühlschrank nach etwas Essbarem ab. "Du tauchst grundsätzlich hier auf, wenn es Zeit zum Essen ist, ist dir das schon mal aufgefallen?" Kyo lehnte sich gegen den Küchenschrank und grinste. "Na ja, selbst Schuld, was kochst du auch so gut?!" Toshiya schnaubte mit gespieltem Ärger. "Ist das der Grund, wieso du mir täglich an den Hacken hängst?" "Hm... es trägt mit Sicherheit dazu bei, aber du hast auch noch ein paar andere Vorzüge..." Toshiya starrte ihn empört an. "Ich hoffe doch schwer für dich, dass das nicht so unverschämt gemeint war, wie es klang." "Was denkst du von mir?!", flötete Kyo und zog Toshiya schief grinsend näher an sich heran. "Kyooo, ich dachte, du hast Hunger?", kicherte Toshiya und wollte sich aus Kyos Griff befreien, doch Kyo dachte nicht daran, seinen Partner loszulassen. Im Gegenteil, er zog Toshiya an seiner langen Silberkette noch näher zu sich und küsste ihn. Doch bereits wenige Sekunden später wurden die beiden in ihrem Kuss vom durchdringenden Klingeln der Tür unterbrochen. Kyo gab einen genervten Kehllaut von sich. "Erwartest du noch Besuch?" "Iie. Eigentlich nicht." Trotz seiner Worte verschwand der gutaussehende Bassist durch die Küchentür und zog wenig später die Haustür auf. "Daidai? Ich dachte, du bist krank?!" Toshiya ging einen Schritt zurück, um Die eintreten zu lassen. Der große Rothaarige schien ein paar Zentimeter geschrumpft zu sein, er sah schrecklich kleinlaut aus und seine Augen glitzerten, ebenso wirkte sein ganzes Gesicht tränennass. "Oi...", murmelte er und richtete den Blick auf den Boden. Toshiya spürte sofort, das etwas nicht stimmte. "Was hast du denn, Die-chan?", fragte er sanft. Die antwortete nicht, doch als ein leises Schniefen aus seiner Richtung kam, sah der Bassist ihn verblüfft an. Es war Ewigkeiten her, dass er Die zuletzt hatte weinen sehen. Sonst war es eher Die, der ihn versuchte zu trösten, da Toshiya bekanntlich näher am Wasser lag als bei uns in Deutschland Hamburg. "He...", flüsterte Toshiya und umarmte Die, wobei er ihm beruhigend über den Rücken strich. Gleichzeitig versuchte er, Kyos Blick aufzufangen. Der blonde Vokalist stand im Türrahmen zum Flur und schien genauso verblüfft zu sein wie er. "Die, jetzt sag schon, was du hast! Ist etwas mit Kao?" Die nickte an seiner Schulter, sagte aber nichts weiter. "Ist ihm etwas passiert?", hakte Toshiya alarmiert nach. "Iie... Iie, Totchi, Kao geht's gut. Zumindest physisch..." Toshiya strich Die beruhigend durch das rote Haar und schlug vor: "Komm, wir setzen uns jetzt in die Stube und du erzählst mir in Ruhe, was du hast, okay?" Die nickte und ließ sich widerstandslos mit ins Wohnzimmer ziehen. Toshiya warf Kyo währenddessen noch einen bedeutungsvollen Blick zu, den Kyo richtig auffasste. "Ich mach mal Kaffee.", verkündete er und verschwand in der Küche. Toshiya platzierte Die auf dem Sofa, setzte sich daneben und legte ihm sofort den Arm um die Schultern. "Willst du nicht anfangen?" Die nickte. Er begann, seinem Freund die ganze Situation zu schildern, fing mit dem Vorabend an und endete mit seinem vorherigen Gespräch mit Kaoru. In der Zwischenzeit tauchte auch Kyo mit einem dampfenden Becher Kaffee auf und setzte sich ebenfalls dazu. Doch am Ende sah Toshiya Die bedrückt an. Die Geschichte an sich war traurig genug, doch diese Schonungslosigkeit, mit der Die sich selbst niedermachte, machte alles noch viel schlimmer. "Sag's schon.", knurrte Die. "Was soll ich sagen?", entgegnete Toshiya unsicher. "Dass ich ein verdammtes Arschloch bin, was sonst?!" "Die, ich muss dir nicht sagen, dass du einen Riesenfehler gemacht hast. Und schon gar nicht, dass ich Kaoru verstehen kann. Aber deswegen kannst du dich doch nicht selbst so fertig machen! Du leidest auch ohne diese abartige Schonungslosigkeit genug.", fing Toshiya an. Die schüttelte den Kopf. "Nein. Ich hab noch viel mehr verdient. Es ist nur... ich versteh es einfach nicht! Wieso verdammt hab ich das gemacht?! Ich... wenn ich wenigstens etwas gemacht hätte, was nur mich betrifft, aber nein, ich musste Kaoru gleich auch noch mit reinziehen..." Kyo wuschelte ihm durchs Haar und sagte für seine Verhältnisse merkwürdig sanft: "Die-kun, jetzt hör auf. Klar, du bist ein Riesenbaka, und ich an Kaorus Stelle hätte dich in deinen blöden Hintern getreten, aber was passiert ist, ist passiert, ne. Glaubst du, es ändert was an deiner Situation, wenn du dich hier niedermachst? Außerdem... Kao kann gar nicht anders, er wird dir irgendwann verzeihen. Nicht sofort, aber irgendwann in nächster Zukunft bestimmt. Er liebt dich und er braucht dich." Wieder schüttelte Die den Kopf. "Nein. Ich kenne ihn lange genug, um zu wissen, dass er mir so einen Fehltritt nie verzeihen könnte. Sein Vertrauen zu erlangen ist unglaublich schwer, und wenn man es einmal so missbraucht hat, bekommt man es nie richtig wieder..." //Und trotzdem hab ich es geschafft, sein Vertrauen zu verlieren. Ich kenne meinen Kaoru seit der Junior High, habe über die Hälfte meines gesamten Lebens mit ihm verbracht. Dieses ganze Gefühlschaos, als ich plötzlich bemerkte, dass meine Gefühle für ihn nicht mehr rein freundschaftlich waren. Der Kummer darüber, wie ich es ihm bloß sagen sollte. Und diese unglaubliche Erleichterung, dass es ihm genauso ging. Diese vier Monate waren das Perfekteste, was ich je erlebt habe. Ich bin noch nie so glücklich gewesen. Wieso hab ich das nur aufs Spiel gesetzt? Wofür? Wie konnte ich dem wichtigsten Menschen in meinem Leben so das Herz brechen?// Toshiya strich ihm eine lange Ponysträhne aus den Augen und fragte Die dann: "Möchtest du heute Nacht hier bleiben? Kyo-chan bleibt garantiert auch, ne?" Kyo streckte ihm die Zunge heraus. "Nein, danke Totchi, aber ich muss noch mal zu Kao..." Kyo sagte sofort: "Lass es bleiben. In deiner Verfassung bringt das nichts. Nicht, dass ich glauben würde, es brächte in einer anderen Verfassung was..." "Egal. Ich muss ihn unbedingt noch mal sprechen. Ich kann nicht einfach so aufgeben, versteht ihr? Ich muss kämpfen. Ganz gleich, ob es aussichtslos ist oder nicht.", erklärte Die stur und erhob sich. Den Kaffee hatte er nicht einmal angerührt. "Danke, dass ihr mir zugehört habt." Toshiya drückte ihn fest an sich und flüsterte ihm etwas wie "Das wird schon wieder" ins Ohr. Er wusste, diese Aussage konnte man knicken, wenn man in Dies Lage war, doch etwas intelligenteres fiel ihm einfach nicht ein. Kyo zerzauste Die die Haare und rief: "Und wehe dir, du kommst morgen nicht zur Probe. Du weißt genau, was ansteht!" Die lächelte matt. "Natürlich weiß ich das. Macabre. Wie könnte ich das vergessen? Ich freu mich seit Tagen drauf..." Wirklich, morgen stand mal wieder etwas anderes auf dem Arbeitsplan der Dirus. Denn am morgigen Tag würden sie seit langer Zeit zum ersten Mal wieder alle Lieder ihres Albums Macabre durchproben. Big Red verabschiedete sich von seinen Freunden und verließ dann die Wohnung. Kaum war die Haustür ins Schloss gefallen, fiel die gezwungene Munterkeit von Kyo ab und er drehte sich zu Toshiya um. "Verfickt noch mal, was wird jetzt?" "Aus was?", wollte sein Gegenüber irritiert wissen. "Aus Dir en Grey natürlich..." Die warf einen prüfenden Blick ins Schaufenster des kleinen Cafés. Er sah nicht mehr so verheult und verzweifelt aus, als konnte er mit Sicherheit ruhigen Gewissens so bei Kaoru auftauchen... Aus dem Vorhaben, sofort den Leader aufzusuchen, wurde allerdings nichts, da sich Big Red plötzlich von einem Haufen Fans umzingelt wiederfand und sich nun erst mal einer ganz anderen Aufgabe widmen musste: Autogramme schreiben. Die Fans wurden immer dreister, wie er fand, oder aber, sie hatten einfach noch nie das Wort Berührungsängste gehört, ein besonders hysterisches Mädchen versuchte doch glatt, ihm ein paar Haare auszureißen. Vermutlich als eine Art besonderes Andenken. Normalerweise freute sich Die immer, wenn die Fans ihn auf der Straße entdeckten und um Autogramme baten, doch er hatte zum Teufel noch mal andere Sorgen, und das laute Gekreische der einzelnen Mädchen trampelte unerbittlich auf seinen zur Zeit sehr schwachen Nerven herum. Über vierzig Minuten stand er vor ein und demselben Café herum und schrieb sich an seinem eigenen Namen die Finger wund, dann endlich verebbte der Andrang auf seine Person und Die fand eine Möglichkeit, den Mädchen zu entwischen, die ihn pausenlos mit Fragen gelöchert hatten. Er fragte sich immer wieder, ob die Dir en Grey Fans immerzu einen Fotoapparat mit sich trugen, da er soeben mal wieder unzählige Male geknipst worden war. Und das, wo er doch so fertig aussah... Das war den Fans in ihrem Glück scheinbar gar nicht aufgefallen. Später erreichte er endlich den Vorgarten zu Kaorus Haus und klingelte an der Tür. Dann stieg er, wie es sich für die Höflichkeit der Japaner gehörte, die kleinen Stufen der Veranda wieder hinunter und wartete darauf, dass die Tür sich öffnete. Aber eigentlich rechnete er nicht damit, dass sich diese Tür ausgerechnet für ihn öffnen würde. Umso mehr hellte sich seine Miene dafür auf, als die Tür ein paar Zentimeter aufgezogen wurde. "Ka- Chibi?" Er starrte Shinya erstaunt an. Shinya begrüßte ihn vorsichtig, ein deutliches Zeichen dafür, dass er Bescheid wusste. Die stieg eine der Treppenstufen hinauf in der Hoffnung, Shinya würde ihn einlassen, doch Shinya erklärte: "Es... es tut mir leid, Die. Er will nicht, dass ich dich reinlasse." Die erstarrte. "Aber es ist wichtig.", protestierte er. Shinya seufzte. Man merkte ihm genau an, wie gerne er Die hereinlassen würde, doch er hielt sich an das, was Kaoru ihm gesagt hatte. "Die, ich darf dich nicht reinlassen. Geh nach Hause und versuch morgen, mit ihm zu reden. Das hat jetzt keinen Sinn.", fing er mit einem psychologenähnlichen Ton an, doch Die schüttelte stur den Kopf. "Nein. Ich kann nicht nach Hause gehen. Ich muss unbedingt mit Kaoru reden." Er stand jetzt direkt vor dem kleineren Drummer und sah ihn flehend an. "Lass mich schon rein." Shinya schüttelte mindestens genauso stur den Kopf, da erklang plötzlich eine weitere Stimme: "Schon okay, Shishi, lass ihn ruhig reinkommen." Shinya drehte sich erstaunt zu Kaoru um. "Sicher?" Kaoru nickte leicht. Shinya zuckte die Schultern und zog die Tür ganz auf, damit Die eintreten konnte. Die schluckte und kam, schon wieder so zaghaft wirkend, was überhaupt nicht zu ihm passte, in den Flur. Kaoru warf Shinya einen Blick zu. Dieser nickte. "Ich geh dann mal, sayonara, Kao, sayonara, Die." Er gab Die einen aufmunternden Stoß in die Seite, schnappte sich seine Jacke und verschwand dann. Die sah ihm entsetzt nach. Hätte er nicht bleiben können...? Kaoru hatte das Wohnzimmer betreten. Die folgte ihm zögernd. Vielleicht hätte er doch erst mal eine Nacht über die Sache schlafen und morgen mit Kaoru reden sollen... Er unterdrückte ein Seufzen und ließ sich auf der Couch nieder, auf der er schon so oft gesessen hatte. Kaoru stand am Fenster und zeigte keinerlei Regung. Das machte Die Angst. "Was willst du?" Die hörte auf, nervös mit seinen schlanken Fingern zu spielen und räusperte sich. "Reden...?" Kaoru stand immer noch mit dem Rücken zu ihm, es war dem rothaarigen Gitarristen demnach nicht möglich, auszumachen, was Kaoru von diesem Vorschlag hielt. "Ich denke nicht, dass das der richtige Moment ist, Die. Es gibt eine ganze Menge zu bereden, aber meinst du nicht, dass wir damit zumindest bis morgen warten sollten?" Kaorus Stimme klang so sachlich und ruhig. Wieder so etwas, das Die unangenehm berührte. Wieso war Kaoru bloß so stark und er so schwach? Es müsste umgekehrt sein, schließlich war er derjenige, der den Bockmist gebaut hatte... "Nein, ich kann nicht bis morgen warten. Ich musste unbedingt heute noch mal versuchen, mit dir zu reden." "Falls du versuchen willst, etwas an meinem Entschluss zu ändern... Du beißt in der Beziehung auf Granit bei mir, das weißt du." Die nickte langsam (unnötigerweise, Kaoru sah es ja doch nicht). "Hai... Aber ich kann das nicht akzeptieren." "Ich kann momentan auch einiges nicht akzeptieren.", erwiderte Kaoru mit dieser ruhigen Stimme. Die zuckte unwillkürlich zusammen. Das hatte gesessen. //Ich bin so ein Baka. Was erwarte ich von ihm? Er weiß, dass ich ihn liebe, egal, was ich gemacht habe. Aber er kann das nicht verzeihen. Ich könnte es auch nicht. Egal, wie sehr es weh tut. Wieso denke ich bloß nie nach, bevor ich etwas tue? Jetzt sitze ich hier und erwecke am Ende noch den Eindruck, dass ich mir selbst leid tue. Irgendwie ist es auch so. Ich tu mir leid. Nur nicht auf die Weise, wie andere sich in meiner Situation vielleicht leid täten. Ich will doch einfach nur retten, was noch zu retten ist. Und wenn nicht unsere Beziehung, dann wenigstens unsere Freundschaft. Und Dir en Grey. Das ist das Wichtigste. Wegen meiner Dummheit darf Dir en Grey sich nicht auflösen. Auf keinen Fall.// "Ich verstehe es. Du kannst mir nicht verzeihen, ich an deiner Stelle würde wohl genauso handeln. Aber es hängt so vieles von uns ab... Ich will doch bloß verhindern, dass nur wegen meinem Handeln alles kaputtgeht.", versuchte Die, das auszudrücken, was in ihm vorging. Kaoru sah lange Zeit schweigend aus dem Fenster. "Manchmal muss erst alles kaputt gehen, damit man weiß, was man vorher hatte... Ich will genauso wenig wie du, dass alles zerbricht. Und es gibt Dinge, die wir retten können und müssen. Wir haben eine Verpflichtung gegenüber so vielen Leuten. Gegenüber Shin, Kyo und Totchi, unseren Fans... allen, die an uns glauben und uns unterstützen. Dir en Grey darf nicht unter unseren Problemen leiden." Die seufzte erleichtert auf. Einen Moment lang hatte er befürchtet, Kaoru wolle Dir en Grey auflösen. "Das - das seh ich genauso. Diru ist das Wichtigste.", stimmte er hastig zu. "Deswegen möchte ich dich etwas bitten, was vielleicht für uns beide schwer sein wird und vielleicht auch für uns beide zu viel verlangt ist." Kaoru drehte sich nun doch zu Die um. Der sah unsicher zu ihm hoch. Was wollte Kaoru andeuten? "Ich kann verstehen, wenn du es nicht willst. Ich weiß nicht mal selbst, ob ich das kann, aber... Glaubst du, wir kriegen es hin, Freunde zu bleiben?" Dies Blick musste so entgeistert sein, dass Kaoru sofort meinte: "Aber wie gesagt, ich hab Verständnis, wenn-" "Nein, nein, nein!!! Ich war nur so baff, weil ich nicht gedacht hätte, dass du so etwas von dir aus anbieten würdest...", stotterte Die und fing wieder an, nervös seine Finger zu kneten. Kaoru lächelte gequält. "Ich will dir keine Hoffnung machen, wenn ich das jetzt sage, aber ich kann dich noch nicht ganz loslassen, das pack ich nicht. Wenn ich schon daran denke, gar nichts mehr mit dir zu tun zu haben, wird mir ganz anders. Außerdem will ich neben meiner großen Liebe nicht auch noch meinen besten Freund verlieren, den ich je hatte und haben werde." Die spürte, wie sein Herz einen Hüpfer machte. "Du - du willst also wirklich... dass wir Freunde bleiben?" Kaoru nickte leicht. "Wenn es nur irgendwie möglich ist, ja." Die fing an, in seiner Tasche herumzukramen. "Suchst du etwas bestimmtes?", fragte Kaoru mit hochgezogenen Augenbrauen. Die ächzte. "Meine Scheißkippen sind schon wieder alle..." "Auf dem Tisch liegen welche.", bemerkte Kaoru und deutete auf den Couchtisch. Die schnitt eine Grimasse. "Glaubst du, ich will diese Mild Seven Light Zigaretten rauchen?! Nee..." //Es ist merkwürdig. Ich weiß alles über ihn und er weiß alles über mich. Und trotzdem habe ich plötzlich das Gefühl, von ihm fernbleiben zu müssen, Abstand zu bewahren. Es wird schwer sein, in Zukunft normal mit ihm umzugehen. Aber das ist immer noch besser, als ganz von ihm getrennt zu sein.// Kaoru versuchte, ein Seufzen zu unterdrücken. Er wusste nicht, wie er das schaffen sollte, was er kurz zuvor selbst angeboten hatte. //Ich habe mir so viele Gedanken um uns gemacht. Und ich weiß, dass wir Dir en Grey nur aufrecht erhalten können, wenn wir beide miteinander auskommen. Aber wie soll ich mit dir auskommen, so lange ich Liebeskummer wegen dir habe? Wir müssen miteinander klar kommen und ich will unsere Freundschaft wirklich bewahren. Nur wie? Wie soll ich mit dir umgehen? Ich weiß. Stark sein. Das ist das Einzige, was hilft. Wenn wir beide stark sind, kriegen wir das auch auf die Reihe. Und irgendwann wird aus unseren krampfhaften Versuchen, wieder problemlos miteinander auszukommen, vielleicht wieder eine richtige Freundschaft werden. In der man nicht bei jedem Wort vorher überlegen muss, ob man es wirklich sagen kann oder nicht. Wir sind es den anderen schuldig, denn wenn wir im Streit auseinander gingen, wäre das Dir en Greys Ende. Außerdem will ich dich nicht ganz verlieren, egal, wie weh du mir getan hast. Ich sollte dich dafür hassen oder verachten, aber nicht mal das kann ich...// Die wusste, jetzt war der Zeitpunkt zu gehen. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, dann stand er auf und murmelte: "Vielleicht sollte ich besser gehen..." Er zwang sich dazu, zu lächeln, dann nickte er Kaoru zu und verließ das Haus des Leaders. Kaoru grub die Hände tiefer in die Hosentaschen und wandte den Blick wieder aus dem Fenster. //Wie kann das schönste Gefühl dieser Welt bloß so weh tun...?// Chapter 3: Zakuro "Du siehst nicht gut aus.", bemerkte Toshiya und sah Kaoru forschend an. Kaoru lächelte gequält. "Das bildest du dir ein." Der Leader Dir en Greys stimmte seine Gitarre und meinte dann: "Mensch, wie lange haben wir schon nicht mehr ernsthaft an Macabre geprobt?! Ich freu mich da richtig drauf. Wenn die anderen wenigstens einmal pünktlich wären... Die sind jetzt schon zehn Minuten über der Zeit!" Toshiya lächelte mitleidig. "Glaubst du eigentlich selbst an das, was du hier munter durch die Gegend plapperst? Kaoru, du kannst mir nicht erzählen, dass du gute Laune hast. Nicht nach dem, was gestern war." Kaorus Blick schweifte über den Boden. "Das versuche ich gar nicht.", flüsterte er. "Aber was brächte es mir, unsere Aufnahmeräume unter Wasser zu setzen, obwohl mir gerade danach wäre?! Ich werde nicht zulassen, dass meine persönlichen Probleme die Gruppe oder unsere Arbeit belasten." Toshiya ergriff seine Hand. "Ich weiß schon, warum du unser Leader bist. Aber meinst du, dass du auf Dauer so weitermachen kannst?" Kaoru zuckte die Schultern. "Ich mache mir keine Gedanken mehr darüber, was später einmal sein wird. Wenn man plant, kommt ja doch alles anders. Im Moment komme ich am besten zurecht, wenn ich versuche, mich zusammenzureißen und stark zu sein. Das war schon immer meine Art, Probleme zu verarbeiten." //Du machst mir Angst, Kao. Versuche doch nicht immer, deine Probleme zu unterdrücken und stark zu sein. Das letzte Mal, als du so viel Kummer hattest, dass er sich nicht mehr unterdrücken ließ, bist du zusammengebrochen. Es war nichts weiter schlimmes, aber wenn du so weitermachst, bringt dich das noch mal ins Grab.// "Heyho! Da bin ich!!!", verkündete eine laute Stimme vom Eingang. Kaoru grinste nachsichtig und rief zurück: "Wer hätte es erwartet, Kyo?" Kyo kam breit grinsend in den Raum gestürmt. Nicht, dass er wirklich so unglaublich gut gelaunt wäre, aber er würde seine Bandkollegen auf seine Weise aufheitern. Und das war nun mal seine freche Art, denn so hatte er bisher noch jeden zum Lachen gebracht. Kyo zerzauste Kaoru sein heißgeliebtes, violettes Haar und ließ sich dann auf Toshiya nieder. "Na du?" Kyo bleckte die Zähne und sah Toshiya herausfordernd an. "Willst du nicht eventuell von mir runtergehen? So klein du auch bist, du bist verdammt schwer." Der blauhaarige Bassist schob seinen Freund von sich herunter und rückte ein wenig weg. Kyo schob diese Reaktion darauf, dass Toshiya einfach bloß ganz besonders rücksichtsvoll mit Kaoru umgehen wollte und wandte sich nun selbst an den Leader. "Ist nicht wahr, ich bin schon zu spät und trotzdem noch nicht der Letzte?" "Tja, du kennst doch die anderen. Wenn mal was wichtiges ansteht, kommt keiner pünktlich. In Zukunft werden die anderen wohl sogar zu unseren eigenen Konzerten zu spät kommen...", scherzte Kaoru. Da flog die Tür auf und Shinya kam hereingespurtet. "Kami...", stöhnte er und sank ächzend auf den weichen Ohrensessel. "Ich bin unschuldig." "Wie lautet deine Entschuldigung?" Shinya dachte kurz darüber nach, wie er am besten auf Kyos Frage antworten sollte. "Lass es mich so sagen: Massen von "SHINYA" kreischenden Mädchen und niemand weit und breit in der Nähe, der mich da hätte rausholen können?! Die steht übrigens immer noch in der Menge und lässt sich niederkreischen. Ich konnte ja entkommen, aber sie hatten ihn richtig eingekesselt. Der wird wohl noch ne Weile Autogramme schreiben können..." Kyo gackerte schadenfroh los. "Kyo!", rief Shinya vorwurfsvoll. Doch Kyo war sich keiner Schuld bewusst. "Wer den Schaden hat..." Wenig später hörte man die Tür erneut auf- und wieder zufliegen und ein Fluchen kündete Dies Auftauchen an. "Chikusho kuso, Shin, was sollte das? Wieso hast du dich einfach aus dem Staub gemacht und mich allein mit dieser Meute gelassen? Alle, die unbedingt ein Autogramm von dir haben wollten, sind nach deinem Verschwinden dann auch noch zu mir übergewechselt. Ein Mädchen hat mir tatsächlich meine Sonnenbrille von der Nase weggeklaut!!! Ich glaub, die hatten Tollwut, alle miteinander..." Die setzte sich auf die Lehne und zog Shinya beleidigt an den Haaren. "Heeey!!!", heulte Shinya auf und strich sich die Haare glatt. Scheinbar empfand Die das als Strafe genug und rieb sich die Finger. Seine rechte Hand fühlte sich an wie abgestorben vom ganzen Autogramme geben. Und das zwei Tage hintereinander in diesen Massen... Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und traf mit dem Kaorus zusammen. Schnell richtete Die seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Hände und versuchte, sein Herz zu ignorieren. Es schlug unnatürlich schnell, aber auf eine schmerzhafte Weise. Normalerweise hätte er sich jetzt erst einmal mit Kaoru unterhalten, mit ihm gelacht oder was auch immer, aber nun traute er sich nicht mal mehr, ihm in die Augen zu sehen. SO würde das mit einer Freundschaft nichts werden... Kyo sprang auf und meinte dynamisch: "Ich bin dafür, dass wir anfangen. Sonst kommen wir heute gar nicht mehr aus dem Studio." Kaoru warf ihm einen erleichterten Blick zu und stimmte zu. "Ja. Womit fangen wir an?" Kyo zuckte die Schultern. "Machen wir es nach der Aufnahmeliste? Da muss ich zwar ein bisschen warten, bis ich endlich Hydra singen darf, aber so ist's am Einfachsten." "Und außerdem haben wir dann länger was von deiner Stimme.", stichelte Die. "Das letzte Mal war nach Hydra ja Sense..." "Hahaha, kreisch du mal ununterbrochen ,Dead Born' durch die Gegend, dann sehen wir weiter, du Megabaka.", meuterte Kyo. "Kein Streit!", verlangte Shinya und zog Die hinter sich her in den Aufnahmeraum. "Also legen wir mit [kr] Cube los.", stellte Toshiya fest. Einige Minuten später, die letzten Töne von Cube waren verklungen, drehte sich Kyo gut gelaunt zu seinen Bandkollegen um. "Das klappt ja noch ganz gut!", freute er sich. Kaoru nickte beeindruckt. Die grinste Shinya schräg an. "Hast du was genommen, dass du plötzlich so auf dein armes Schlagzeug eingedroschen hast?" Shinya zog eine Schnute. "Nein, hab ich nicht. Ich hab mir meine Kräfte bloß fürs Proben aufgehoben und sie nicht schon vorher für Autogrammschreiben verbraucht...", konterte er beleidigt. "Miststück...", brummte Die. "Lasst uns weiter machen.", mischte Kyo sich hastig ein. "Mit Zakuro?" Die starrte den blonden Wirbelwind entgeistert an. Erst verstand Kyo nicht, was dieser Blick zu bedeuten hatte, doch als auch Toshiya und Shinya ihm vorwurfsvolle Blicke zuwarfen, wurde ihm bewusst, dass Zakuro vielleicht nicht das beste Lied zum Proben war, wenn man zwei liebeskummergeprägte Gitarristen in der Gruppe hatte. "Ich Trampeltier...", knurrte er. "Lassen wir das besser au-" "Nein." Alle drehten sich erstaunt zu Kaoru um. "Wieso sollten wir Zakuro auslassen? Wir haben es bei den Proben immer als zweiten Track gespielt. Oder hat jemand ein Problem damit?" //Verdammt Kao, hör auf! Tu nicht so, als ließe dich dieses Lied kalt. Tu nicht so, als ob dir bei den Lyrics nicht die Tränen kommen könnten. Oder bist du wirklich so stark? Wenn ja, dann bin ich ein Weichei. Aber ich kann dieses Lied nicht spielen.// Die biss sich auf die Unterlippe. Nein, er blieb jetzt auch stark. Da somit niemand etwas gegen Zakuro einwandte, stimmte Kaoru auf drei die ersten Gitarrenriffs an, wenig später setzten auch Die mit der zweiten Gitarre und Toshiya am Bass sein, zuletzt auch Shinya, der seinen Drums mit besonderer Sanftheit leise Töne abverlangte. Nach dem Intro begann Kyo mit leiser, trauriger Stimme die ersten Worte in sein Mikrofon zu hauchen. //Eine Stimme, die deinen Namen ruft. Meine Stimme. Sie wird dich sicherlich nicht erreichen...// Plötzlich brach eins der Instrumente ab. Die legte hastig seine Gitarre ab, murmelte erstickt: "Ich komm gleich wieder..." und verschwand aus dem Raum. Kaoru starrte ihm nach und presste die Lippen aufeinander. Er konnte Big Red zu gut verstehen. "Zum Fuck noch mal, dieses bekloppte Lied...", fluchte Kyo und folgte Die. Toshiya suchte Kaorus Blick. "Nicht sehr taktvoll von dir, Leader-san.", bemerkte er und zupfte gedankenverloren an seinem Hemd herum. Kaoru ballte die Hände zu Fäusten. "Ich finde nicht, dass das was mit Taktgefühl zu tun hat. Ich versuche nur, Privatleben und Beruf voneinander zu trennen, bis ich besser zurechtkomme." "Aber so kannst du das nicht durchziehen. Damit machst du Die fertig." //Ich mache Die fertig? Das will ich nicht, aber hast du dir mal Gedanken darüber macht, wie es mir geht? Ich kann nicht immer nur auf Die Rücksicht nehmen. Und mir selbst hätte es nun mal geholfen, das Lied zu spielen, das hätte mir gezeigt, dass ich es schaffen kann, stark zu sein...// Kyo ließ sich neben Die auf der Mauer nieder. "Es tut mir leid, wir hätten dieses Lied nicht anstimmen sollen. Nicht heute.", sagte er geradeheraus. Die hob den Kopf an und sah Kyo in die Augen. Seine eigenen glitzerten, doch Tränen hielt er mühsam zurück. "Es ist nicht das Lied. Es ist einfach alles... Alles ist so - so merkwürdig. Ich war so unglaublich dankbar dafür, dass Kaoru mir von sich aus angeboten hat, Freunde zu bleiben, aber jetzt bin ich es, der damit nicht zurecht kommt. Es ist so scheiße, als ich eben reingekommen bin und er mich nicht so angelächelt hat wie sonst immer, ist mir erst so richtig bewusst geworden, was ich überhaupt alles verloren habe. Und ich weiß nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Wie können wir Freunde sein, wenn ich mir wünsche, dass er zu mir zurückkommt?" Kyo reagierte nicht mit Worten. Er legte den Arm um Dies Schulter und zog ihn fest an sich. "Ich kann dir nicht helfen, ich weiß nicht, wie. Wüsste ich, wie du dich verhalten sollst, würde ich es dir sagen, glaub mir. Aber du weißt, dass ich trotzdem versuchen werde, dir zu helfen, so gut es möglich ist.", flüsterte er in Dies roten Haarschopf. "Lass es langsam angehen. Wir alle haben Verständnis dafür." Die nickte langsam und wischte sich über die Augen. "Wie kann man eigentlich so verständnisvoll sein, wenn man so scheiße ist wie du?", fragte er mit einem schrägen Grinsen. Kyo zeigte ihm seine Zunge. "Du unterschätzt mich, ich bin schrecklich sensibel...", flötete er. "Was hältst du davon, wenn wir nach den Proben ins Jokers Paradise absteigen? Ne Runde Automaten plündern und die Rekorde bei den Kleinkindspielen brechen? Die haben angeblich neue Videogames." Die sah Kyo auf diesen Vorschlag hin erstaunt an. "Willst du nicht lieber was mit Totchi unternehmen?" "Du hast mich durchschaut, Totchi hat mich versetzt und jetzt weiß ich nix mit mir anzufangen." Kyo grinste breit. "Nein, ganz im Ernst, ich will was mit dir unternehmen, und was gibt es besseres, als sich in Videospielen zu bekämpfen und dabei einen Haufen Spaß zu haben?!" Die lächelte leicht und gab Kyo einen Rippenstoß. "Wieso machst du dir so viel Mühe um mich, obwohl ich selbst Schuld an meinen Problemen bin?" "Weil du trotzdem mein bester Freund bist. Du magst ganz schön viel Scheiße gebaut haben, aber ich finde, dass das nichts mit unserer Freundschaft zu tun hat. Egal, ob du nun selbst Schuld bist, ich hab trotzdem Mitleid mit dir und ich will, dass es dir besser geht als momentan.", entgegnete Kyo ernst. Plötzlich grinste Die los und umarmte den blonden Vokalisten stürmisch. "Du bist immer wieder für ne Überraschung gut, weißt du das? Okay, ich komm mit." "Schön, aber wir machen das nur unter zwei Bedingungen.", knurrte Kyo irgendwo an Dies Schulter. "Erstens: wir machen gleich ernsthaft weiter mit den Proben. Und zweitens: LASS MICH LOS!" Die kicherte, als Kyo anfing, sich gegen seine Umarmung zu wehren, gegen den viel größeren Gitarristen allerdings nicht ankam. "Och Kyooo, sei nicht so unromantisch..." "Doji, nimm deine blöden Pfoten von mir und such dir was anderes zum Begrabbeln, ich bin kein Plüschtier!", jammerte Kyo. "Na gut. Ausnahmsweise." Die ließ Kyo los. Dieser ächzte und gab Die einen Schlag in die Seite. "Blöder Wichser... Da meint man es mal gut, und was kriegt man zum Dank?" "Gratisknuddeleien vom bestaussehendsten Kerl weit und breit.", beendete Die seinen Satz und raffte sich dann auf. "Na komm schon, ich dachte, wir wollen weitermachen." Kyo nickte und sprang auf. "Daidai?" "Hm?" "Geht's dir wieder besser?" "Für den Moment ja." Die sah seinen Kumpel dankbar an, hakte sich bei ihm ein und zog ihn mit sich zurück ins Haus... "STRIKE!!!" Kyo rammte den Ellenbogen in die Luft. Die verdrehte die Augen. "Es macht einfach keinen Spaß. Tust du in deiner Freizeit eigentlich nichts anderes, als dein Talent in Videospielen zu perfektionieren? Ich hab keine Lust, dauernd zu verlieren...", jammerte er. Kyo zeigte ein zahnreiches Grinsen. "Kann ich was dafür, dass du 'n Loser bist?" "Shiri." Die ließ die Konsole sinken und setzte sich zurück an den Tisch, den die beiden belegt hatten. "Och komm schon, noch eine Runde!" "Vergiss es, ich lass mich nicht noch mal von dir wegputzen." Kyo ließ sich neben ihm nieder und setzte eine Engelsmiene auf, wie er es nur tat, wenn er etwas wollte. "Glaub ja nicht, dass dieser Blick bei mir zieht.", erklärte Die gelassen. "Damit kannst du Totchi vielleicht zum Schmelzen bringen, bis er nachgibt, aber nicht mich." Kyo Engelsmiene verschwand. Als Die ihn musterte, musste er feststellen, dass Kyo bedrückt aussah. "Voice? Stimmt irgendwas nicht?" Kyo sah ihn erstaunt an. "Was sollte nicht stimmen?" "Das frage ich dich. Hast du Ärger? Etwa mit Totchi?", hakte Die beunruhigt nach. Sollte sein Kumpel etwa auch Beziehungsprobleme haben? Kyo schüttelte energisch den Kopf. "Nein, hab ich nicht.", beharrte er. "Oder hat Totchi dir gegenüber etwas verlauten lassen?" //Sag nein. Komm schon, sag nein.// "Er hat nichts gesagt, nicht das ich wüsste. Deine Reaktion eben war bloß so seltsam... Sei ehrlich, ist wirklich alles in Ordnung?" Kyo dachte nach. Sehr lange. "Es ist wirklich nichts. Totchi ist nur... ein wenig komisch. Aber das legt sich wieder, mach dir keine Gedanken drüber." Die zog am Strohhalm seiner Cola und schwieg. "Wie definierst du komisch?" Kyo zuckte die Schultern. "Was weiß ich, er wirkt halt ein bisschen abwesend. Ich hab manchmal das Gefühl, dass ich ihn nerve. Das beunruhigt mich einfach ein wenig. Es ist aber wirklich nichts schlimmes, da bin ich mir sicher." //Er redet seine eigenen Befürchtungen runter. Ich glaube, er macht sich viel mehr Sorgen, als er zugeben will. Vermutlich will er mich einfach nicht beunruhigen.// "Rede mit ihm." "Das tut bestimmt nicht Not.", widersprach Kyo. "Mach es, bevor sich Ärger anstaut und ihr euch streitet. Ich will nicht, dass ihr auch noch..." Die brach ab. Kyo seufzte. "Genau aus dem Grund wollte ich dir nichts erzählen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, wir haben keine Probleme, ja? Merk dir das. Wir haben momentan einfach zu viel um die Ohren. Das wird sich wieder legen." Augenblicke lang schwiegen die beiden Musiker und schlürften schweigend an ihrer Cola herum. "Ich lass ne Runde Bier springen.", schlug Kyo vor und sah sich suchend nach einer Kellnerin um. "Vergiss es, ich trink nichts.", kam es sofort von Die. Kyo nickte. "Gomen... Darüber hab ich nicht nachgedacht." "Trampel." Die grinste und stand auf. "Was hältst du davon, wenn wir doch noch eine Runde Fighten? Vielleicht mach ich dich jetzt ja mal alle!" Kyo prustete los. "Davon träumst auch nur du..." Chapter 4: Das Problem mit dem Loslassen Toshiya hob gähnend den Hörer ab. "Hm?" "Morgäään." Auf diesen Kommentar hin versuchte Toshiya, die Augen aufzubekommen und sah auf die Uhr. "Kyo...", stöhnte er. "Es ist neun." "Jau, Zeit, um aufzustehen. Wie wäre es mit einem richtig leckeren Frühstück im Café?" Toshiya grummelte etwas vor sich hin. "Kyo-chan, ich bin müde... Hab gestern bis spät in die Nacht an meinen Kompositionen weitergebastelt. Bist du mir böse, wenn ich lieber noch ein bisschen penne...?" Einen Moment herrschte Stille. "Du hast keine Lust?" Der blauhaarige Bassist unterdrückte ein Seufzen. "Sei mir nicht böse." Tut, tut. "Kyo?" Toshiya sah den Hörer an. Erst Sekunden später wurde ihm bewusst, dass Kyo aufgelegt hatte. "Wunderbar. Jetzt ist er sauer auf mich..." Er ließ sich wieder in die Kissen fallen und starrte an die Decke. //Kapiert er wirklich nicht, was los ist?// "Was machst du denn schon hier? Probe ist erst in einer Stunde." Kaoru warf Shinya einen überraschten Blick zu und nahm einen Zug von seiner Zigarette. Der Drummer war gerade in den Aufenthaltsraum gekommen und dort auf den Leader Dir en Greys getroffen. "Dasselbe könnte ich dich fragen." Kaoru lächelte matt auf diesen Kommentar hin. "Mir ist zu Hause die Decke auf den Kopf gefallen. Ich wollte herkommen und ein bisschen arbeiten. Eigentlich dachte ich ja, dass es gut ist, dass im Moment keine Lives anstehen und wir nicht jeden Tag von A nach B reisen müssen, aber wenn ich ehrlich bin, wäre ich froh drüber, wenn es doch so wäre." Shinya legte seinen Mantel ab und ließ sich in seinen Stammsessel nieder. "Weil du dann keine Zeit hättest, an Die zu denken?" //Du hast es mal wieder erfasst.// "Ja. Aber da die Fotoshootings erst in einem Monat wieder losgehen, werde ich mich halt hier im Tonstudio mit Arbeit zudecken und eine Schnulze nach der anderen schreiben." Kaoru setzte ein mehr gezwungenes als gekonntes Lächeln auf und fing an, in seinen Papieren zu blättern. "Aber wenn du schon mal da bist... Ich hab da noch irgendwo Noten rumfliegen, die du dir mal angucken solltest..." "Wann sagt ihr der Presse eigentlich Bescheid?" Kaoru hielt inne in seinem Blättern und stöhnte. "Danke, dass du mich dran erinnerst. Mir graut jetzt schon davor... Wir warten vielleicht besser noch ein paar Tage. Bis - bis wir beide besser klar kommen. Sobald die Presse Wind davon bekommt, wird sie uns in der Luft zerreißen, und danach steht mir momentan ganz sicher nicht der Sinn. Ich denke auch nicht, dass Die wild darauf ist, von lauter Reportern belagert zu werden... Davon mal ganz abgesehen müssen wir uns noch auf eine pressetaugliche Version einigen." Shinya hob die Augenbrauen an. "Pressetaugliche Version?! Was soll das denn bitte sein?" Kaoru grinste. "Natürlich die, bei der wir beide am besten wegkommen. Wenn die Presse die ganze Wahrheit gesteckt bekommt, werden sie Die sowieso jedes Wort im Mund umdrehen und ihn vor den Fans schlecht machen, das geht nicht. Ich schätze mal, es wird auf eine "Trennung im Einverständnis, wir sind immer noch Freunde, alles ist Friedefreudeeierkuchen" - Version hinauslaufen. Dann machen sich die Fans keine Sorgen, die Reporter können sich keine Gerüchte über eine Trennung von Dir en Grey aus den Fingern saugen... So wird es am besten sein." //Wie kannst du bloß immer so sachlich und ruhig mit jedem Problem umgehen und Die deine Freundschaft anbieten, obwohl du derjenige bist, der betrogen wurde? Ich weiß, du bist unglaublich charakterstark, aber meinst du nicht, du solltest nicht alles nur auf dich nehmen, sondern Die auch einen Teil der Last tragen lassen? Ich mache mir Sorgen um dich, ich will einfach nicht, dass du traurig bist. Ich wünschte, ich könnte anders denken, aber jetzt, wo du nicht mehr mit Die zusammen bist, fange ich wieder an zu hoffen, dabei ist es völlig für die Katz. Du wirst nie mehr als einen Freund in mir sehen. Damals, als du mit Die zusammenkamst, dachte ich, ich könnte es nicht ertragen, ganz gleich, was ich dir gesagt habe. Du hast es mir geglaubt. Und gerade, wo ich anfing, damit zurechtzukommen, seid ihr wieder getrennt... Wie soll ich bloß je damit zurechtkommen? Warum kann ich meine eigenen Gefühle nicht unterdrücken oder vergessen?// "Aber jetzt sag mal, wieso bist du schon hier?" Kaoru sah ihn aufmerksam an und riss den Drummer damit aus seinen Gedanken. "Öh... nur so?" "Du lügst schlecht." Shinya lächelte. "Gut, ich geb es zu, ich bin nur zufällig hier vorbeigekommen und hab deinen Mini auf dem Parkplatz entdeckt. Deswegen wollte ich nachsehen, was du hier alleine treibst." Der Jüngste spielte verlegen mit seiner Kette, einem silbernen Schlüssel, herum. //Du bist ein Engel, weißt du das eigentlich? Ich wünschte, ich könnte deine Gefühle erwidern und dir endlich etwas von dem zurückgeben, was du mir an Gefühlen und Aufmerksamkeit entgegenbringst. Aber ich kann halt auch nicht aus meiner Haut, und so lange ich weiter so an Die hänge, wird das nie etwas. Ich könnte nie mehr als Freundschaft für dich empfinden, so leid es mir tut. Das Leben ist wirklich schwer.// "Kaoru?" "Ja?" "Ich weiß nicht, vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber kann es sein, dass Totchi und Kyo Ärger haben?" Kaoru runzelte die Stirn. Ihm kam sein kurzes Gespräch mit Kyo vor zwei Tagen wieder in den Kopf. "Das ist eine gute Frage. Mir kommt es so vor, als ob etwas nicht stimmt, aber ich kann nicht mal sagen, wieso das so ist." Shinya nickte heftig. "Ich kann es auch nur schlecht erklären. Aber Kyo ist wirklich sehr merkwürdig, Totchi erst recht, nur kann ich gar nicht erklären, was eigentlich so merkwürdig an ihrem Verhalten ist..." "Auch, wenn es sich egoistisch anhört, aber ich denke, wir sollten uns lieber um unseren eigenen Kram kümmern, so lange die beiden nicht von selbst zu uns kommen. Am Ende reden wir ihnen noch Dinge ein, die gar nicht sind." Shinya stimmte ihm zu. "Auch wenn's schwer fällt, vielleicht halten wir uns besser raus..." Die Proben des heutigen Tages waren beendet. Shinya hatte sich schon von seinen Bandkollegen verabschiedet, die anderen packten gerade ihre Taschen. Die, der schon den ganzen Nachmittag über ein wenig zerstreut wirkte, versuchte, seine Gitarre in den Gitarrenkoffer zu bekommen, doch das Instrument wollte verdammt noch mal nicht in den Koffer passen. Die stieß einen Laut des Unwollens aus und fluchte: "Sag mal, bist du gewachsen oder willst du mich heute einfach ärgern?!?" Kaoru sah von seinem eigenen Kram auf. "Redest du jetzt schon mit deiner Gitarre?" Die schnaubte. "Ach, ich bin heute zu ungeduldig, ignorier mich einfach..." Toshiya hockte sich nachsichtig lächelnd zu ihm hin und nahm ihm seine Gitarre aus der Hand. "Mensch, du bist heute aber echt konfus.", lächelte er, legte das Instrument problemlos in den Koffer und schloss ihn. Die stieß ein Stöhnen aus und hielt den Zeigefinger und den kleinen Finger in die Höhe. "Ich verschwinde, am Ende stolpere ich noch über den Kabelsalat hier und leg das ganze Studio lahm..." Mit einem Winken schnappte er seine Gitarre, seine Tasche und verdrückte sich. Kyo grinste mitleidig. "Baka... So durch den Wind war er schon lange nicht mehr." Toshiya kicherte. "Jetzt muss er sich ja auch alleine versorgen; oder futtert er sich immer noch bei dir durch, Kao-chan?" Kaoru räusperte sich. "Nein, ich koche doch tatsächlich wieder für mich alleine..." "Kann der überhaupt kochen?", wollte Kyo breit grinsend wissen. Konnte er sich nicht vorstellen. "Garantiert nicht.", platzte Toshiya dazwischen. "Doch, kann er. Er ist bloß zu faul dazu.", sagte Kaoru gedankenverloren. Jeder Gedanke an Die versetzte ihm einen Stich. Zeichen genug für den Vokalisten und den Bassisten, das Thema zu wechseln. Oder in Toshiyas Fall... "Ich geh dann auch mal. Bis morgen!" Kyo sprang auf. "He, warte doch mal... Hast du schon was bestimmtes vor heute?" "Wieso, weißt du mal wieder nicht, wo du essen sollst?" Kyo verdrehte die Augen. "Tu nicht immer so... Also, was ist?" Toshiya schien nachzudenken. Hin- und hergerissen meinte er dann: "Na ja, eigentlich...-" Kyo nickte. "Schon okay. Dann nerv ich halt Daidai.", brummte er und verschwand nach einem äußerst frostigen Abschiedsgruß an Toshiya und einem Nicken zu Kaoru. Kaoru warf Toshiya einen prüfenden Blick zu. Dieser starrte betreten auf die Tür und erinnerte den Leader dabei an ein verwundetes Reh. "He, Totchi." Toshiya drehte sich zu ihm um. "Anwesend." "Was ist los mit euch?" "Wieso?" Kaoru verdrehte die Augen. "Sei ehrlich. Da stimmt doch was nicht!" Toshiya seufzte und ließ sich neben Kaoru auf der Couch nieder. "Ich will dich nicht noch mit unseren Problemen belasten, du hast genug eigenen Kummer." Kaoru stieß ihn an. "Totchi, ich bin doch schon immer der Seelenmüllschlucker gewesen. Ein Problem mehr oder weniger macht bei mir den Kohl eh nicht mehr fett." Toshiya zögerte immer noch. "Wir haben ja nicht direkt Probleme..." "Dann rück mit was auch immer endlich raus." "Vielleicht ist dir aufgefallen, dass wir im Moment nicht viel zusammenhängen." Kaoru nickte. "Ja, deswegen hab ich ja nachgefragt." "Das... liegt an mir. Es tut mir ja leid, aber ich geh ihm andauernd aus dem Weg, und ich mache das aus voller Absicht.", sagte Toshiya und spielte unbeholfen mit einem Stift herum. "Und wieso?" "Verstehst du das nicht? Hast du Kyo in den letzten Wochen mal beobachtet?" "Wieso?" "Du weißt, ich bin eigentlich der Gefühlsmensch, der sehr anhänglich ist, aber das ist nichts gegen Kyo. Er klebt regelrecht an mir. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, nur... ich komme mir eingeengt vor. Kyo war immer so frech, vorlaut und unabhängig von anderen, aber jetzt hängt er so unglaublich an mir und macht alles von mir und meinem Handeln abhängig." Kaoru verstand, wovon Toshiya redete. "Okay, ich glaube, ich weiß, was du meinst. Mir ist auch schon aufgefallen, dass Kyo sich verändert hat." "Das denke ich gar nicht mal. Kyo war schon immer so, aber er ist in seinem Leben schon so oft von seinen Partnerinnen enttäuscht worden, dass er niemandem mehr vertrauen wollte. Doch wenn jemand es geschafft hatte, sein Vertrauen wiederzugewinnen, hat er angefangen, sich an diese Person zu klammern aus Angst, wieder enttäuscht zu werden. Ich kann ihn ja verstehen, aber er nimmt mir mit diesem Klammern jeden Freiraum, mir kommt es so langsam vor, als ob er mir jegliche Luft zum Atmen nimmt. Das kriege ich nicht auf die Reihe, so geht das nicht, verstehst du? Deswegen habe ich in den letzten Tagen versucht, ihm ein bisschen aus dem Weg zu gehen, damit er aufhört, sich so permanent an mich zu heften. Ich dachte, er würde von selbst verstehen, dass er ein bisschen mehr loslassen muss." Toshiyas blasse Wangen hatten sich während des Redens rot gefärbt, was Kaoru zeigte, dass ihn sein Problem mit Kyo viel mehr beunruhigte, als er zugeben wollte. "Ich kann gut nachvollziehen, was du meinst. Nur darfst du es Kyo nicht übel nehmen, du hast ja selbst gesagt, dass er schon so viele Rückschläge einstecken musste. Das hat ihn einfach vorsichtig gemacht, deswegen will er dich überhaupt nicht mehr loslassen." "Trotzdem. Ich brauche wenigstens ein wenig Freiraum, wieso kann er das nicht verstehen?" Kaoru strich Toshiya durch die blauschwarzen Haare und meinte sanft: "Wie soll er es verstehen, wenn du nicht mit ihm darüber redest? Auch, wenn du ihn dadurch möglicherweise verletzt, du musst es ihm sagen. Kyo ist nicht dumm, er hat längst verstanden, dass du ihm aus dem Weg gehst. Und damit verletzt du ihn noch sehr viel mehr." Toshiya seufzte tief. "Ich weiß nicht, wie ich mit ihm darüber reden soll, ohne dass er es falsch versteht. Kyo ist so schrecklich hitzig und uneinsichtig." "Das ist egal, rede mit ihm, bevor es Ärger gibt.", sagte Kaoru ernst. "Wenn du weiterschweigst, wirst du damit unweigerlich einen Streit hervorrufen." Der Jüngere stützte die Hände in den Kopf. "Du hast recht. Ich werde in den nächsten Tagen mit ihm drüber reden..." Chapter 5: Eine neue Freundschaft Shinya seufzte unterdrückt und rührte mit einem Strohhalm in seinem Getränk herum. Er saß alleine an der Bar in einem seiner Lieblingsclubs und betrachtete nachdenklich das mit violetter Flüssigkeit gefüllte Glas mit dem Titel Purple Love. //Purple Love... Schön wär's.// Der Jüngste der Dirus, heute auch offstage sehr hübsch feminin zurecht gemacht, trank einen Schluck und verzog das Gesicht. "Igitt...", murmelte er angewidert. Das war ja bitter!!! Er zog die Getränkekarte zu sich und warf einen Blick hinein. Kein Wunder, da war Bitter Lemon drin... Er hätte sich nicht von der Farbe blenden lassen sollen. "Das Zeug ist ekelig, oder?", fragte plötzlich eine Stimme neben ihm heiter. Shinya drehte sich erstaunt zu der Person rechts neben sich um und sah in das Gesicht eines jungen Mannes, vielleicht Mitte zwanzig, der ihn fröhlich anblitzte. "Was?", fragte er und bemühte sich, seine eigenen Gedanken beiseite zu schieben. "Na das Getränk. Hab ich auch schon mal getrunken, ist echt widerlich." Shinya nickte. "Sah so lecker aus...", meinte er. Dann musterte er seinen Sitznachbarn verstohlen. Der Mann hatte pinkfarbene, kinnlange Haare, die bis auf einige Ponysträhnen wild in alle Richtungen abstanden, große, glitzernd braune Augen und ein sympathisches Lachen im Gesicht. Seine Züge waren sehr fein und hübsch. Auf Shinyas Kommentar hin lachte er wieder und stellte sich gut gelaunt vor: "Mein Name ist hide. Und wer bist du?" Shinya stutzte. Kannte der ihn allen Ernstes nicht? "Ich heiße Shinya.", entgegnete er und hielt hide höflich die Hand hin. hide grinste nachsichtig und schlug ein. Shinya überlegte. Wenn dieser hide ihn wirklich nicht kannte, sollte er vielleicht eventuelle Zweifel gleich aus dem Weg räumen und klar stellen, dass er keine Frau war...? "Ich bin übrigens keine F-", fing er an, doch hide unterbrach ihn: "Frau? Ich bin nicht blind, das hab ich schon gesehen. Ich übrigens auch nicht." Er grinste breit. Auf Shinyas dummen Gesichtsausdruck hin versuchte er zu erklären: "Mich haben auch schon mehrere Leute für ne Frau gehalten. Visual Kei Probleme..." Er seufzte dramatisch. "Du bist auch ein Visu?" Shinya horchte auf. hide nickte heftig. "Klar doch. Ich spiele auch in einer Band, aber wir sind nicht gerade bekannt. Bin Gitarrist und Sänger. Spielst du auch irgendwo?" Shinya lächelte. "Kennst du Dir en Grey?" hides Gesichtsausdruck wechselte von fröhlich auf verblüfft und er bekam Augen so groß wie Suppenteller. "Jetzt kommt's mir erst... Ich Riesenschaf, du bist der Shinya? Der Drummer von Diru?" Shinya nickte und lächelte nachsichtig. Er kannte diesen hide zwar nicht, aber er kam ihm jetzt schon wie ein riesiger Chaot vor. Ein liebenswerter Chaot. hides Blick wanderte zu Shinyas Getränk und er grinste wieder. "Willst du vielleicht was anderes haben? Etwas, das man auch runterkriegt?" Shinya zuckte mit den Schultern. "Meinetwegen." hide wandte sich der Barkeeperin zu und bestellte ein anderes Getränk für Shinya, dann verwickelte er den Drummer in ein Gespräch und löcherte ihn mit Fragen. Shinya kam sich vor wie eine Zitrone, die hide gerade mit Freuden ausquetschte. hide merkte schnell, dass Shinya nicht der Gesprächigste war, also redete die meiste Zeit er, doch trotzdem schaffte er es nicht, Shinya zu nerven, obwohl dieser sich für gewöhnlich doch sehr leicht nerven ließ. Doch hides munteres Geplapper störte ihn nicht im Geringsten. Es lenkte viel mehr ab. Lange Zeit später schlenderten die beiden nebeneinander her durch die Nacht. hide schüttelte gerade verständnislos den Kopf. "Ich fass es nicht, wie kann ein so genialer Club nur um..." Er warf einen Blick auf die Armbanduhr. "Zwei Uhr morgens schon zu machen?! Da fängt die Party doch erst richtig an!" Shinya lachte leise. "Du bist ein Spinner. Um diese Uhrzeit sollte ich eigentlich schon schlafen. Morgen hab ich wieder viel zu tun." "Nee jetzt, du willst mich nicht jetzt schon alleine weiterziehen lassen, oder?" hide warf Shinya einen enttäuschten Blick zu. "Wie viel Energie hast du eigentlich?", stellte Shinya eine Gegenfrage. "Man bezeichnet mich auch als lebende Energieladestation. Ich kann feiern bis zum Umfallen und reden ohne Punkt und Komma." "Oh, das ist mir ja noch überhaupt nicht aufgefallen..." hide kicherte. "Aber wenn ich zu viel trinke - das mach ich manchmal, weißt du? - kann man mich vergessen. Ich vertrage viel zu wenig dafür, dass ich dauernd unterwegs bin..." Shinya dachte einen Moment lang nach. "Du bist echt erstaunlich." hide hielt an und legte den Kopf schief. "Wieso?" "Ich kenne dich noch keine drei Stunden und trotzdem weiß ich schon mehr über dich als von anderen Leuten, die ich schon seit Ewigkeiten kenne..." "Ich hab doch gesagt, dass ich zu viel rede.", verteidigte sich hide. "He, das war kein Vorwurf.", wehrte Shinya ab. "Dann ist ja gut. Also, wo gehen wir jetzt hin?" hide lächelte, wobei seine Augen Funken zu sprühen schienen. "Ich hab doch gesagt, ich muss nach Hause. Ich arbeite morgen wieder..." "Ich auch. Nun komm schon!" Dass hide nicht locker ließ, erkannte Shinya nun auch, also stimmte er nach wenigen weiteren Überredungsversuchen zu und ließ sich so von hide mit in den nächsten Club schleifen. //Ich hätte nicht gedacht, dass dieser Abend doch noch ein positives Ende haben könnte...// Kyo schlich sich auf Zehenspitzen näher an die Couch im Aufenthaltsraum und ließ, als er ganz dicht an der Person auf der Couch war, ein animalisches Geräusch erklingen. Shinya fuhr in einem Satz hoch und hielt sich die Hand an sein unnatürlich schnell schlagendes Herz. "KYO!", rief er empört und versuchte, sich von seinem Schreck zu erholen. "Was soll denn das, ich hab geschlafen!!!" Kyo gackerte los. "Ich weiß. Aber ich dachte mir, dass ändere ich mal, da du hier bist, um zu a-r-b-e-i-t-e-n. Nichts da mit schlafen." Shinya gähnte und warf einen Blick auf die kreisrunde Uhr über der Eingangstür. "Wie kannst du eigentlich bei dem Krach, den Kao und Totchi im Studio veranstalten, schlafen?" "Hmm... wenn du erst heute Morgen um vier in die Federn gekommen und dann um neun wieder aufgestanden wärst, könntest du das auch." "Ohoho, wird unser Chibi etwa abgefeiert haben letzte Nacht?", feixte Kyo. Shinya brachte ein halbherziges Lächeln zu Stande. "So etwas in der Art. Ich hab mich viel mehr zutexten lassen." Kyo hob die linke Augenbraue an. "Versteh ich nicht." Shinya erzählte schläfrig: "Ich war gestern im Exit und hab da so nen Typen kennen gelernt, hide heißt er-" "Geilo, soll heißen, du hast endlich mal wen abgeschleppt?" Kyo grinste schief. Die, der gerade aus dem Computerraum kam und nur den letzten Satz aufgeschnappt hatte, stieß einen Laut des Unglaubens aus. "Was? Jetzt im Ernst?! Shinya... also nein." "NEIN!", heulte Shinya. "Das stimmt ja gar nicht!!! Ich hab mich nur mit ihm angefreundet und ein bisschen mit ihm gefeiert. Na ja, soll heißen, eigentlich hat er bloß geredet und ich hab zugehört..." Er lächelte beim Gedanken an diesen verrückten Chaoten namens hide. Die und Kyo wechselten einen Blick. Dann stürzten sie sich beide wie sensationshungrige Reporter auf und Shinya und fingen an, ihn auszuquetschen (als ob Shinya das in der letzten Nacht nicht zur Genüge gehabt hätte...). So musste der Jüngste seinen beiden Freunden alles über hide berichten, und das war immerhin eine ganze Menge, wenn man bedachte, wie viele Wörter hide in den Zeitraum von einer Minute quetschen konnte. Als Shinya geendet hatte, kicherten Die und Kyo beide los. "Du Schande, das hört sich ja schlimm an. Redet der mehr als Kyo, Totchi und ich zusammen oder bilde ich mir das nur ein?" "Er redet mehr. Aber er ist wirklich richtig nett.", beteuerte Shinya. Klingel. Shinya langte unter die Couch, zog seine Tasche hervor und aus der brachte er sein Handy zum Vorschein. "Terachi?" Während der nächsten paar Minuten hörten Die und Kyo mal abgesehen von Shinyas gelegentlichen "Hm's" eine laute Stimme, die schnell und ununterbrochen redete. Dann, als Shinya wieder auflegte, sagte Kyo spottend: "Lass mich raten: das war nicht zufällig ein gewisser hide?" Shinya verdrehte die Augen. "Doch, war er." Die schnaubte. "Ich FASSE es nicht, du kennst den seit GESTERN und gibst ihm deine Handynummer? Uns hast du deine Festnetznummer nach einem halben Jahr erst gegeben!!!" Kyo seufzte melodramatisch. "Das hört sich schwer nach Verliebtheit an...", säuselte er. Klatsch. Schon war das nächst griffbereite Sofakissen an seinem Kopf gelandet. "So ein Unsinn, du weißt genau, dass ich nur K-" Shinya brach ab und richtete den Blick auf seine Hände. Die räusperte sich und stand auf. "Ich geh dann mal zurück an den PC..." Kyo fischte sich das Kissen vom Kopf und zerzauste Shinya die Haare. "Prima, Chibi. Das war sehr einfühlsam von dir." Shinya grummelte etwas vor sich hin und rutschte tiefer in die Couch. "Und, wann triffst du ihn?" Der Blonde sah Shinya forschend an. "Wen?", wollte Shinya geistesabwesend wissen. "Na hide." "Nachhe - äh, wie kommst du darauf, dass ich mich mit ihm treffe?" "Wieso sollte er dich sonst anrufen?", gab Kyo schlagfertig zurück. "Gewonnen. hide wollte unbedingt nachher hier auftauchen, ich glaub, er ist scharf darauf, euch auch mal kennen zu lernen." Kyo hielt sich die Hand vor die Stirn. "Aber der ist kein durchgeknallter Fan, hai?" "Durchgeknallt ist er sehr wohl, aber kein Fan von uns. Jedenfalls nicht so ein Fan.", erklärte Shinya und wickelte sich eine seiner längeren Haarsträhnen um den Finger. "Wie alt ist er?" "Sechsundzwanzig, soweit ich weiß." "Kami-sama sei Dank, dann wird es sich wohl nicht auf uns stürzen wie ein Wahnsinniger... Und jetzt komm aus deinen Tagträumen raus und schieb deinen nicht vorhandenen Hintern ins Studio, ich will endlich was von dir hören!" Kyo gab Shinya einen Stoß, der ihn ein paar Meter in den Raum stolpern ließ. "Jaa, schon gut.", brummte der Jüngere und verschwand im Studio, streckte seinen Kopf jedoch noch einmal in den Raum und fügte hinzu: "Und ich habe wohl einen Hintern!" Dann verschwand er endgültig. Kyo sah durch die Glasscheibe in der Wand ins Studio und beobachtete Kaoru und Toshiya, die über etwas zu diskutieren schienen. Toshiya kicherte dauernd und schien Kaoru unbedingt seine Meinung aufschwatzen zu wollen, Kaoru grinste ebenfalls breit und schüttelte immer wieder den Kopf. //Ich bin froh, dass du doch noch lachen kannst. Ich dachte schon, du hättest es verlernt, seit du so oft in meiner Nähe bist...// "Die?" Die zuckte innerlich zusammen, als Kaorus Stimme fast direkt neben ihm erklang. "Jepp?" Er sah auf und beobachtete, wie Kaoru sich ihm gegenüber auf einem Sessel niederließ. "Ich wollte dich fragen, ob wir nicht so langsam dafür sorgen sollten, dass die Presse Wind von unserer Trennung bekommt...?" Kaoru sah Die vorsichtig an. Diese Frage versetzte Die einen schmerzhaften Stich ins Herz. Es war, als würde das Einweihen der Presse den endgültigen Schlussstrich, der doch schon längst gezogen war, noch einmal dick unterstreichen. Das tat weh. Doch trotzdem zwang er sich zu einem Nicken. "Ja, wird langsam Zeit." "Was sagen wir?" Die stutzte. "Die Wahrheit?" Kaoru zeigte ihm einen Vogel. "Ist nicht dein Ernst, oder? Die, wie lange sind wir jetzt berühmt? Du weißt doch, was die Presse erst mal für einen Rabatz machte, wenn sie herausbekämen, was der wirkliche Grund für die Trennung war. Nein, ich denke, wir sollten uns auf eine Version einigen, bei der niemand in ein schlechtes Licht gerückt wird." Während Kaoru sachlich wie immer erklärte, was er sich überlegt hatte, spürte Die Verzweiflung in sich aufsteigen. Er konnte sie nicht zurückdrängen, so stark war er zur Zeit einfach nicht. Außerdem fühlte er sich matt und angeschlagen. Das machte es auch nicht besser. Als Kaoru geendet hatte, nickte er schnell. "Daijobu. Machen wir es so.", stimmte er zu. Kaoru schwieg lange. "Die?" "Ist noch was?" "Was ist los mit dir? Du siehst richtig krank aus." Die rang sich ein freches Grinsen ab. "Ich? Ich bin so gut wie nie krank. Und was mit mir los ist, wissen wir beide nur zu gut. Aber das wird schon wieder." //Was rede ich? Es wird überhaupt nichts wieder. Es wird alles nur noch schlimmer. Ich kann nichts mehr essen, Appetit ist seit der letzten Woche ein Fremdwort für mich, ganz zu schweigen von dem Schlaf, den ich seit unserer Trennung misse. Aber an Schlaf ist nicht zu denken. Kaum, dass ich nachts im Bett liege und es ruhig um mich wird, bist da nur noch du in meinem Kopf und lässt mich an nichts anderes mehr denken. Es macht mir nicht mal mehr Spaß, den Chibi zu ärgern. Und da behaupte ich, alles wird wieder?// "Du siehst trotzdem krank aus." "Kao, ohne unfreundlich sein zu wollen, aber du sahst auch schon mal besser bei Kräften aus.", erkannte Die und steckte sich eine Zigarette an. Kaoru ließ nicht locker. "Wann hast du das letzte Mal was vernünftiges gegessen?" Die verdrehte die Augen. "Hör auf, du bist doch nicht meine Mutter." "Nein, aber wir wollten Freunde sein, oder? Ich mache mir einfach Sorgen." "Das tut nicht Not. Ich bin neben der Spur, zwar durch meine eigene Schuld, aber es ist nun mal so. Ich hoffe doch schwer, dass sich das irgendwann wieder legt, und dann sehe ich auch wieder gesünder aus. In Ordnung?" Die erhob sich von seinem Sitzplatz und verschwand nach draußen, vermutlich, um dort seine Zigarette in Ruhe aufzurauchen. Kaoru senkte den Blick. Die hatte schon lange nicht mehr so gereizt auf seine Worte reagiert... //Was erwarte ich? Dass alles so ist wie früher, bevor dieser ganze Mist abgelaufen ist? Das ist zu viel verlangt. Nach einer Woche ist es wirklich zu viel verlangt. Aber ich wünsche es mir einfach so...// "Geht's dir nicht gut, Leader-san?" Shinya tauchte hinter seinem Sessel auf und strich Kaoru sanft durch die Haare. Kaoru legte den Kopf in den Nacken und lächelte. "Ich hab gerade mit Die über die Presseversion geredet." "Oh. Wie hat er reagiert?" "Ziemlich gereizt. Ich kann es nur zu gut verstehen. Aber ich musste doch mit ihm drüber reden, oder?" Shinya nickte beruhigend. "Natürlich. Du kannst nicht alles von ihm fernhalten, das weiß Die selbst. Mach dir keine Gedanken deswegen, es ist nur natürlich, wenn ihm das weh tut. Dir geht es schließlich nicht anders, oder?" "Wie kommst du darauf?" //Ich kenne dich. Außerdem sehe ich es an deinen Augen. Es ist schrecklich mit anzusehen, wie sie ihren glücklichen Glanz mehr und mehr verlieren. Hast du mit Die denn dein ganzes Glück verloren? Ich vermisse dein strahlendes Lächeln, denn wenn du lächelst, wirkt es gequält. Wenn ich nur wüsste, wie ich dich aufheitern soll...// Das Klingeln an der Tür schreckte Shinya aus seinen Gedanken auf. "Wer klingelt denn hier im Studio an der Tür?", fragte Kaoru verblüfft. "Das ist bestimmt hide!", rief Shinya und wollte in den Flur, da hielt Kaoru ihn an der Hand zurück. "Du magst ihn wirklich gerne, oder?" Shinya spürte, wie sein Gesicht heiß wurde. "Nicht so, wie du vielleicht denkst... Er ist einfach ein sehr netter und lustiger Mensch." Kaoru nickte lächelnd. "Ich bin auch schon gespannt. Was Kyo mir vorhin erzählt hat, hörte sich ja interessant an..." Shinya zog seine Hand verlegen aus der Kaorus und spurtete zur Tür. "Oi Shin!!!", quietschte hide und umarmte den Jüngeren stürmisch. Shinya knickten fast die Beine weg unter diesem plötzlichen Schwung, so dass er strauchelte. "Huch... gomen." hide ließ ihn los und grinste. "Wir sind ein bisschen empfindlich, was?" Shinya schüttelte lächelnd den Kopf und zog hide mit in den Aufenthaltsraum, wo Kaoru noch immer mit angezogenen Beinen auf dem Sessel saß. "He Kao, das ist-" "Ich kann mich selbst vorstellen, Chibi. Mein Name ist hide, aber das weißt du wahrscheinlich eh schon.", unterbrach hide ihn und streckte Kaoru munter und doch mit einem irgendwie bewundernden Blick die Hand entgegen. Kaoru war sein großes Vorbild. Kaoru sah ihn hin- und hergerissen zwischen Verwunderung und Belustigung an und schüttelte seine Hand. "Meinen Namen wirst du wohl auch wissen, aber ich stell mich trotzdem vor. Ich bin Kaoru, Bandleader und erster Gitarrist von Dir en Grey." "Möchtegernleader meinst du wohl!", posaunte Kyo plötzlich und betrat ebenfalls das Zimmer. hide strahlte auch ihn an und schüttelte begeistert die Hand des Vokalisten. Kyo grinste mit einer gewissen Genugtuung. Es war immer wieder interessant, wenn andere Musiker einem Bewunderung so offen zeigten wie hide. Dass hide sehr gesprächig war, zeigte sich bereits in den ersten Minuten. Er hatte keinerlei Probleme damit, die drei Musiker in ein Gespräch zu verwickeln, ebenso schien es ihn überhaupt nicht einzuschüchtern, dass die drei so berühmt waren. Doch das lag wahrscheinlich auch daran, dass man bei den Dirus von Starallüren wirklich nicht den Hauch einer Spur fand. "Na ja, die Probe ist zwar erst in ner Viertelstunde zu Ende, aber meinetwegen könnt ihr ruhig jetzt schon abhauen, falls ihr noch was vorhabt.", meinte Kaoru schließlich. "Prima, kommst du, Chibi?" Shinya schüttelte innerlich den Kopf über diesen hoffnungslosen Optimismus, den hide an den Tag legte, dann hatte er gerade noch Zeit genug, sich seine Tasche zu schnappen, da schleifte hide ihn auch schon mit aus dem Zimmer. "Sayonara!", rief hide, winkte Kyo und Kaoru noch einmal zu und verschwand dann aus ihrem Blickfeld. "Viel Spaß!", wünschte Kaoru ihnen noch. Als die Tür zufiel, sahen Kaoru und Kyo sich einen Moment lang schweigend an. Dann prusteten sie los. "Himmel, was für ein Spinner!!!", japste Kyo zwischen zwei Lachern. Kaoru musste sich bereits die ersten Lachtränen aus den Augen wischen. "Ich mag ihn.", stellte er fest. "Und er wird Shinya gut tun." Kyo nickte heftig. "Vielleicht schafft der es ja mal, das Schloss vor seinem Mund aufzuschließen..." Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Dabei rutschte sein linker Ärmel herunter und gab den Blick auf seinen Unterarm frei. Auf dem zeigte sich ein langer und scheinbar auch sehr tiefer Schnitt. Kaoru bemerkte diesen Schnitt sofort und als Kyo den Blick auf seinem Arm spürte, ließ er ihn ruckartig sinken. "Kyo...? Was ist das?", fragte Kaoru wachsam. Kyo grinste gequält. "Der verzweifelte Versuch, endlich kochen zu lernen? Ich hab mir gedacht, ich versuch es mal und mir dabei gleich das Küchenmesser im Arm versenkt..." Kaoru schüttelte nachsichtig lächelnd den Kopf. "Du kleiner Schussel. Tut's doll weh?" "Quark, ich spür's ja kaum noch." Kyo winkte ab. Kaoru grinste. "Dich kann man wirklich nicht alleine lassen..." Chapter 6: Razorblade Kiss "Heute Abend sagst du?" Toshiya war hin- und hergerissen. Er wollte ja, aber... "Können wir das nicht verschieben?" Stille am anderen Ende. "Kyo?" "Wäre es nicht angebracht, endlich mal Klartext zu reden?", fragte Kyo plötzlich kühl. "Wovon redest du?", fragte Toshiya unsicher. "Sag mal, willst du mich für dumm verkaufen?!", fauchte Kyo. "Ich bin nicht blöd, wenn du keinen Bock mehr auf mich hast, dann sag es mir, aber weich mir nicht andauernd aus!!!" Toshiya entgegnete verletzt: "So ist das doch gar nicht!" "Ist es wohl. Ich sag's dir noch mal: ich mag vielleicht ein wenig schräg sein, aber ich merke trotzdem, ob man mich bei jeder Kleinigkeit abwimmelt oder nicht. Vielleicht hast du es noch nicht gemerkt, aber ich habe auch Gefühle! Also verarsch mich nicht und sag mir endlich die Wahrheit!!!" "Hör auf, ich mach das doch nicht, um dir weh zu tun!", verteidigte sich Toshiya und seine Augen füllten sich mit Tränen. "Du tust mir aber weh!!!", rief Kyo mit zitternder Stimme, ein Indiz dafür, dass er sich schrecklich aufregte. "Und so lange du dir scheinbar selbst nicht im Klaren darüber bist, was du hier eigentlich abziehst, kannst du mich mal sonst wo!" Krach. Am anderen Ende hatte Kyo mit ziemlicher Heftigkeit den Hörer auf die Gabel fallen lassen. Toshiya starrte den Hörer an. Mit zitternden Fingern wählte er Kyos Nummer und lauschte dem monotonen Tuten in der Leitung. Nichts. Toshiya legte auf und wählte erneut Kyos Nummer. "Geh schon ran, bitte...", murmelte er leise und schniefte. Hätte er doch bloß früher mit Kyo geredet, dann wäre es zu dieser Auseinandersetzung nie gekommen! Nach dem fünften Versuch hob Kyo ab. "Lass mich in Ruhe!", fauchte er in den Hörer, trennte das Gespräch und legte den Hörer neben das Telefon. So blieb ihm fürs Erste wenigstens das Klingeln des Telefons erspart. Toshiya hingegen legte nun das Telefon beiseite und versuchte mühsam, nicht in Tränen auszubrechen. "Chikusho kuso...", jammerte er und suchte nach einem Taschentuch. //Ich Idiot, jetzt hab ich es geschafft, ihn so zu verletzen, dass er kein Wort mehr mit mir reden wird. Wie soll ich ihm denn jetzt noch erklären, wieso ich mich von ihm zurückgezogen habe? Er wird mir kein Wort mehr glauben...// Diese Erkenntnis trieb ihm noch mehr Tränen in die Augen. Er musste jetzt mit jemandem reden. Er griff nach dem Telefon und wählte fast automatisch Kaorus Nummer, doch sofort legte er wieder auf. Nein, Kaoru konnte er nicht mit seinen Problemen belästigen. "Shishi..." Doch als er Shinyas Nummer wählte, hörte er nur den Anrufbeantworter, nach dem Wählen von Shinyas Handynummer meldete sich die Mailbox. Also blieb Toshiya wohl oder übel nichts anderes übrig, als Kaoru anzurufen, denn Die hatte mit Sicherheit noch mehr andere Sorgen als der Leader. Außerdem war Die nicht so gut im Problemewälzen. "Niikura." "Kao? Ich bin's, Totchi." Kaoru hörte sofort am Klang von Toshiyas Stimme, dass etwas nicht in Ordnung war. "Was ist los?" "Kannst du kommen?" "Natürlich. Bin gleich da." Kaoru legte auf, schnappte sich seine Jacke, seine Tasche, Haustür- und Autoschlüssel und verließ dann seine Wohnung. Toshiya hatte eindeutig schon auf ihn gewartet, denn kaum dass der Leader an der Tür geklingelt hatte, riss sein Freund auch schon die Tür auf und ließ ihn eintreten. "Bin so froh, dass du kommen konntest!", rief er und fiel Kaoru um den Hals. Kaoru kannte derlei Gefühlsausbrüche bei Toshiya zu gut und wusste, dass man sie auf keinen Fall überbewerten durfte, denn wenn Toshiya Kummer hatte, reagierte er immer mit einem Haufen Tränen und Verzweiflung, selbst wenn das Problem gar nicht so groß war. Mit einer Hand gelang es dem Älteren, die Tür zuzustoßen, mit der anderen strich er Toshiya sanft über die Wange und flüsterte: "Ärger mit Kyo?" Toshiya nickte und vergrub sein Gesicht in Kaorus Schulter. Kaoru wartete ab, bis Toshiya aufhörte, den Kragen seiner Jacke zu durchweichen, und schob ihn dann mit sanfter Gewalt ins Wohnzimmer. "Und jetzt erzählst du mir mal in Ruhe, was passiert ist, ja?", schlug er ruhig vor und hielt dem Bassisten ein Taschentuch unter die Nase. Toshiya schnäuzte sich kräftig und wiederholte dann zaghaft, was Kyo und er sich zuvor gegenseitig an den Kopf geworfen hatten. Kaoru lauschte seinem Bericht schweigend. Als Toshiya geendet hatte und den Kopf hängen ließ, meinte er sanft: "Du kleiner Dummkopf, ich hab dir doch gesagt, du sollst mit ihm reden, bevor es Streit gibt." Er breitete die Arme aus und bedeutete Toshiya damit, sich an ihn zu lehnen. Dieser Einladung kam der Bassist nur zu gerne nach, denn Kaoru konnte unglaublich gut Trost spenden. Lange Zeit lehnte Toshiya einfach nur an seinem Freund, doch dann ließ Kaoru ihn wieder los. "Ich darf dann doch bestimmt mal meine Jacke ausziehen, ja?" Toshiya sah ihn perplex an. "Oh. Ja. Natürlich." Er lächelte hilflos. Kaoru grinste gutmütig, hängte seine Jacke im Flur auf und ging dann zielstrebig in die Küche, wo er einen Kessel mit Wasser aufsetzte. Mit dem Tee in der Hand kam er zurück in die Stube, dirigierte Toshiya in sein Schlafzimmer und stellte das heiße Getränk auf dem Nachttisch ab. "Und jetzt trinkst du den Tee, das beruhigt. Dann kannst du besser schlafen. Morgen nach der Probe krallst du dir Kyo und redest mit ihm. Und dann haben sich deine Probleme in Luft aufgelöst, okay?" Toshiya schlüpfte unter die Bettdecke und nickte. "Danke Kao. Es tut mir übrigens leid, dass ich ausgerechnet dich angerufen habe, aber..." Kaoru setzte sich an den Bettrand und strich Toshiya eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Das ist okay. Wirklich. Dafür sind Freunde da." Toshiya zögerte. "Darf ich dich noch was bitten?" "Natürlich. Was liegt dir noch auf dem Herzen?", fragte Kaoru nach und bedachte Toshiya erneut mit diesem beruhigenden Blick, mit dem er es immer wieder schaffte, Toshiyas Gefühlsausbrüche zu bändigen. "Würdest du heute Nacht bei mir bleiben?" Kaoru lächelte. "Klar doch." Er schlüpfte aus seiner Jeans und seinem Pullover und rutschte neben Toshiya unter die Decke. Dieser kuschelte sich vertrauensselig an ihn, schloss die Augen und seufzte zufrieden. Er konnte wirklich dankbar sein, einen Freund wie Kaoru zu haben... Kyo drückte seine Zigarette aus und grub die Hände tiefer in die Jackentaschen. "Verdammt noch mal, du Feigling, jetzt gib dir nen Tritt in deinen feigen Hintern und geh rein...", knurrte er sich selbst zu und trat von einer Stelle auf die andere. Er stand jetzt schon seit ungefähr einer halben Stunde vor Toshiyas Wohnung, mit dem Schlüssel in der Hand, doch jedes Mal, wenn er einen Schritt darauf zu machte, verließ ihn wieder Mut. Er verspürte einfach zu viel Angst vor dem, was möglicherweise geschah, wenn er sich auf ein Gespräch mit Toshiya einließ. //Wenn es so bleibt wie nach unserem Gespräch gestern, ist unsere Beziehung eh im Eimer...// Mit diesem Gedanken fasste er endlich genug Mut, nahm seinen Zweitschlüssel zu Toshiyas Wohnung und schloss leise die Tür auf. Toshiya schlief bestimmt noch. Wie auf Samtpfoten schlich er zum Schlafzimmer und zog vorsichtig die Tür auf. Noch in der Bewegung erstarrte Kyo. Dieses Bild... es brannte sich in Sekundenschnelle in sein Gedächtnis ein. Toshiya, der in Kaorus Armen schlief. Auf seinem Gesicht ein glücklicher Ausdruck. Kyo machte einen Schritt rückwärts. Toshiya und Kaoru? Das durfte nicht wahr sein... The Voice drehte sich um und verließ mit schnellen Schritten die Wohnung. //Das war also der Grund für deine abweisende Haltung. Du hast dich ja wirklich schnell über unseren Streit hinweggetröstet. Schön, dann leidest du wenigstens nicht mehr unter meiner launischen Art...// Kyo riss seine eigene Haustür auf, ließ sie laut ins Schloss fallen und blieb dann stehen, unschlüssig, was er nun tun wollte. Er biss die Zähne zusammen. Nein, er wollte nicht leiden. Nicht schon wieder. Er musste etwas gegen das Leid unternehmen. Mit viel langsameren Schritten schleifte er sich ins Badezimmer und blieb vor dem Waschbecken stehen, stützte sich auf den Rand auf und schluckte. //Du regst dich nicht auf. Du kannst deinen Kummer anders bewältigen.// Kyo hob den Blick an und starrte in den Spiegel. Starrte in seine eigene, ausdruckslose Miene. Dann hob er den Arm an und öffnete das kleine Medizinschränkchen, das sich hinter dem Spiegel verbarg. Auf dem gläsernen Bord im Inneren lag nicht viel herum, doch das Erste, was er sah, war die blutverschmierte Rasierklinge. //Die ist noch vom letzten Mal.// Kyo betrachtete seinen linken Unterarm kritisch. Der lange Schnitt verheilte so langsam. //Es tat gut. Es fühlt sich immer besser an als mein Seelenmüll. Der Schmerz ist viel schlimmer als meine Beziehungsprobleme. Das hilft.// Mit der linken Hand griff Kyo nach der Rasierklinge, schob den rechten Ärmel seines viel zu großen, weißen Hemdes hoch und setzte die Klinge auf dem Unterarm an. Als Bluttropfen aus dem ersten kleinen Schnitt hervorquollen, stiegen Kyo Tränen in die Augen. //Siehst du, Totchi? Das tut mehr weh als das, was du mir antust. Aber ich verstehe dich. Ich hielte es auch nicht mit mir selbst aus, könnte ich einen Partner wählen, würde ich mich auch nur als letzte Lösung aussuchen. Aber jetzt ist Kaoru ja frei. Ist es schöner mit ihm? Ja, natürlich ist es das. Er hat viel mehr Charakter als ich. Er sieht besser aus als ich. Er ist im Gegensatz zu mir wirklich perfekt. Ich mache dir keinen Vorwurf, es konnte nicht lange gut gehen. Wer sollte es mit mir schon lange aushalten? Es war nur eine Frage der Zeit, bis du erkennen würdest, wie unerträglich ein Leben an meiner selbstzerstörerischen Seite ist. Du musstest dich von mir lösen. Aber du hättest wenigstens ehrlich zu mir sein können. Macht es Spaß, mir mein Herz zu zerreißen? Du machst genau dasselbe mit meinem Herzen wie ich mit meiner Haut. Du zerschneidest es mit deinem Verhalten wie ich meine Haut mit dieser Rasierklinge. Aber ich tue mir mehr weh als du. Das ist das einzig Gute daran. Mir wird nie wieder jemand mehr weh tun als ich mir selbst.// Kyo beobachtete, wie das Blut seinen Arm entlang lief und ins Waschbecken tropfte. Sechs kleine, aber tiefe Schnitte zogen sich nun über seinen rechten Unterarm. Das reichte noch nicht, um den Schmerz in seinem Herzen zu übertreffen. Noch längst nicht. //Deine Liebe ist wie der Kuss einer Rasierklinge, siehst du?// Kaoru stieg aus seinem Mini und hielt sich unwillkürlich die Hände an die Ohren. Was war das denn für ein unerträglicher Krach, der aus dem Haus vor ihm dröhnte? Der Leader hatte sich entschlossen, selbst ernsthaft mit Kyo zu reden, bevor Toshiya das nach der Probe tat und es durch seine unbeholfene Art am Ende noch versaute. Doch nun stand er am Gartentor und lauschte eine Sekunde lang der lauten Musik, die eindeutig aus Kyos Wohnung kam. Der Älteste der Dirus schüttelte den Kopf und öffnete das Gartentor, da stieß er beinahe mit einer ziemlich ärgerlich aussehenden, älteren Frau zusammen. "Da brauchen Sie gar nicht erst hingehen, der macht nicht auf. Ich habe es gerade versucht um ihn zu bitten, die Musik herunterzudrehen, aber nein, der Herr reagiert nicht. Immer dasselbe mit diesem Nachbarn... Das reicht mir jetzt, ich rufe die Polizei an...", schimpfte sie. Kaoru verkniff sich ein Grinsen und sagte höflich: "Das ist nicht nötig, ganz sicher. Ich sorge dafür, dass die Musik in spätestens fünfzehn Minuten aus ist, in Ordnung?" Die Frau sah ihn an, sich sicher, dass niemand es schaffen konnte, diesen infernalen Lärm in so kurzer Zeit abzustellen, doch dann nickte sie. "Fünfzehn Minuten. Sonst rufe ich doch die Polizei." Nachdem sie verschwunden war, klingelte Kaoru selbst mehrfach an der Tür, doch wie bei Kyos Nachbarin zuvor machte der blonde Sänger auch bei ihm nicht auf. Wobei Kaoru sich sicher war, dass das gar nicht mal so am Unwillen Kyos lag, der Sänger hörte die Türklingel schlicht und einfach nicht. //Tut mir leid, Kyo. Wenn du nicht so reagierst, muss ich halt anders in dein Haus kommen. Für mich ist das ein Notfall, schließlich hast du sonst gleich die Polizei am Hals...// Mit dieser Überlegung stellte Kaoru sich auf die Zehenspitzen seiner Plateauschuhe und tastete den oberen Türrahmen ab. Da! Der Leader griff nach dem Schlüssel und betrat so wenig später die Wohnung. Einen Augenblick lang lauschte er der Musik. Erst jetzt erkannte er, dass es ihre eigene Musik war, dass Wake hier durch alle Räume dröhnte. Die Badezimmertür stand sperrangelweit offen, so dass Kaoru einen Moment lang glaubte, Kyo befände sich in diesem Zimmer. Deswegen trat er schnell ein und sah sich um. Nein, Kyo konnte er nicht entdecken, aber dafür etwas ganz anderes... //Was zum Teufel... Kyo!!!// Kaoru starrte in das Waschbecken. Die vielen feinen Blutspuren, die das helle Porzellan herabgeperlt waren, die blutverschmierte Rasierklinge, die darin lag. Und dazu Wake im Hintergrund. Already this is the end... //Nein.// Kaoru stürzte aus dem Badezimmer und rief laut: "KYO! Wo bist du?! Sag was!!!" Fast automatisch war sein Weg der ins Schlafzimmer des Vokalisten. Und dort wurde Kaoru fündig. Kyo saß an die Wang gelehnt da, den Kopf hielt er gesenkt, sodass Kaoru sein Gesicht nicht sehen konnte. Doch was er einwandfrei erkannte, war, dass Kyos weißes Hemd an mehreren Stellen blutdurchtränkt war. Doch zuerst langte Kaoru nach dem Lautstärkeschalter der Stereoanlage und drehte die Musik auf Null herunter. Kyo zeigte keinerlei Regung auf diese Handlung hin. Kaoru verspürte einen dicken Kloß im Hals, als er vor Kyo auf den Boden sank und den Blick seines Freundes suchte. "Kyo, was hast du gemacht?", fragte er mit zitternder Stimme. Doch weiterhin kam keine Reaktion von Kyo. "Kyo, hey!" Kaoru streckte die Hand aus und wollte das Kinn des Blonden anheben, da fuhr plötzlich Kyos eigene Hand hoch und stieß die des Gitarristen weg. "Kyo?" "Lass mich in Ruhe...", murmelte Kyo kaum verständlich und drehte den Kopf zur Seite. Kaoru dachte nicht daran, dieser Aufforderung nachzukommen, sondern griff nach Kyos rechtem Arm. Zuvor hatte er ihn in Kyos ruckhafter Bewegung nur kurz gesehen, doch was er darin zu erkennen glaubte, gefiel ihm nicht. Vorsichtig schob er den Ärmel hoch und entdeckte so die vielen, kleinen Einschnitte in der Haut seines Freundes. Kaoru stiegen Tränen in die Augen. "Warum hast du das gemacht?", fragte er tonlos. Kyo stieß eine bittere Lache aus. "Das weißt du doch wohl am besten..." "Wegen eurem Streit gestern? Aber Kyo, das wird sich doch wieder einrenken, deswegen kannst du doch nicht-" "Ja, das könnte sich wieder einrenken. Aber ich meinte nicht diesen verdammten Streit." "Aber was denn dann?" Endlich sah Kyo auf, doch Kaoru war erschrocken über den kalten, feindseligen Ausdruck in seinen Augen, mit dem er ihn selbst bedachte. "Für wie blöd hältst du mich eigentlich?", flüsterte er sehr, sehr leise. "Ich habe euch gesehen. Heute morgen. Hat er dir noch nicht erzählt, dass ich einen Wohnungsschlüssel habe? Jetzt verstehe ich, wieso Toshiya sich so von mir zurückgezogen hat..." Kaoru stand der Mund offen. "Aber das war doch gar nicht-" "Ach nein?", rief Kyo mit plötzlicher Heftigkeit. "Hat es dir nicht gereicht? Du hattest Die, und du könntest ihn immer noch haben, aber nein, es musste auch noch Totchi sein, hab ich recht? Wieso musstest du ihn mir wegnehmen, ich hatte doch nur ihn!!!" Kaorus Reaktion verblüffte Kyo. Er wehrte sich nicht, er verteidigte sich auch nicht. Er schlang einfach nur fest die Arme um ihn und flüsterte: "Du Baka. Du Riesenbaka." "Lass mich los.", verlangte Kyo, tat jedoch nichts, um sich aus der Umarmung zu befreien. Kaoru ignorierte auch diese Aufforderung, sondern fing ruhig an, etwas zu erzählen: "Ich werde dir jetzt eine Geschichte erzählen. Gestern Abend, kurz nachdem Toshiya immer wieder versucht hatte, dich zu erreichen, klingelte bei mir das Telefon. Dran war Totchi. Er war völlig fertig, weil er sich mit dem wichtigsten Menschen in seinem Leben gestritten hatte. Ich bin zu ihm hingefahren, um ihn zu trösten. Toshiya hat den ganzen Abend nur über dich geredet. Und er hat mich gebeten, über Nacht zu bleiben, weil er Angst vor dem Alleinsein hatte. Er wollte nicht allein sein, damit er sich keine Vorwürfe über euren Streit machen konnte. Ich hatte nichts dagegen und bin deswegen geblieben. Ende der Geschichte." Es herrschte lange Stille in dem Raum. Kaoru wartete ab, doch Kyo sagte nichts. Doch die Nässe an seiner eigenen Schulter, auf der Kyos Kopf lag, sagte mehr aus als tausend Worte. //Du bist so ein Idiot. Verletzt dich selbst und gehst fast ein vor Kummer, anstatt mit irgendwem über deine Probleme zu reden. Und dann auch noch wegen Dingen, die du völlig falsch interpretiert hast. Eigentlich bist du selbst Schuld. Wenn ich nicht wüsste, was du schon alles erleiden musstest, würde ich jetzt sagen, du bist einfach ein störrisches Kind. Aber diese Art der Selbstzerstörung hat nichts mit Störrigkeit zu tun, hab ich recht? Bei dir sitzen die Ursachen und die Wunden viel, viel tiefer.// "Gomen, Kaoru. Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe.", sagte Kyo plötzlich. Kaoru gab Kyo einen Kuss auf den blonden Schopf und murmelte: "Ist schon okay, du darfst das." Dann löste er sich von seinem Freund und fuhr vorsichtig über die Schnittwunden am Arm. "Aber damit musst du aufhören." Kyo starrte auf die Wunden. "Es tat so weh. Ich musste irgendwas machen..." Kaorus Blick fiel auf den anderen Arm. "Dieser Schnitt da, der ist nicht vom Küchenmesser, hab ich recht? Oder zumindest nicht durchs Kochen entstanden." Kyo lächelte bitter. "Nein. Das war dieselbe Rasierklinge wie die, mit der ich mir den rechten Arm zerschnitten habe. Und den Oberkörper." Kaoru atmete tief durch. "Das darfst du nie, nie wieder tun. Ist dir nicht klar, dass diese Sucht genauso gefährlich ist wie jede andere auch?" "So ein Unsinn, was ist denn das bitte für eine Sucht, bei der man sich die Haut aufritzt?", wehrte Kyo ab. "Und wieso tust du es dann immer wieder? Du hast es machen müssen, als du vorhin heim kamst, hab ich recht? Du brauchtest diesen Ausgleich, um nicht zu ersticken oder auszuflippen. Kyo, wenn du mir erzählst, dass der Zwang, sich selbst zu verletzen, keine Sucht ist, bist du viel abhängiger, als ich dachte." Kyo betrachtete den rechten Arm nachdenklich. //Doch, du hast wie immer recht. Es ist eine Sucht. Seit Totchi anfing, mich dauernd auf Distanz zu halten, hab ich mir wieder und wieder die Arme aufgeritzt. So doll, dass das Blut nur so daraus hervorgeschossen ist. Ich weiß, ich bin ein Sadist, wenn ich das sage, aber es tat gut. Es tat besser als der Schmerz in meinem Herzen. Ich wollte mich lieber selbst quälen, als von anderen gequält zu werden. Der Gedanke, dass ich selbst es bin, der mir die schlimmsten Schmerzen zufügt, war besser als der Gedanke, dass Totchi es tut.// "Es stimmt. Es ist eine Sucht. Aber ich hör damit auf. Ich kann nicht noch mehr Narben gebrauchen." //Wahrlich nicht. Die in meinem Herzen reichen mir völlig aus.// Kaoru drückte ihn erneut an sich. "Ich bin so froh, dass du mir glaubst..." "Es war kindisch zu glauben, du und Totchi... Wie immer. Ich bin davongelaufen, anstatt euch zur Rede zu stellen und habe etwas hirnverbranntes gemacht, was mir selbst am meisten schadet. Manchmal glaube ich, ich bin wirklich noch ein kleines Kind." Kyo presste die Lippen zusammen. Wieso war es immer er, den andere wegen seiner eigenen Dummheit bemitleideten? Kaoru schüttelte energisch den Kopf. "Ich kann es verstehen. Wer möchte nicht davonlaufen, wenn es Ärger gibt? So viele Menschen tun das. Es ist nur normal. Und bei dir erst recht. Aber du musst trotzdem lernen, dass man seinen Ärger nicht lösen kann, in dem man sich selbst Verletzungen zufügt. Verstehst du das?" Kyo nickte leicht. "Ja, das verstehe ich. Ich werde es lernen, das verspreche ich dir." "Nein, versprich es nicht mir. Versprich es Totchi." "Daijobu." Kyo lehnte sich an ihn und seufzte. //Wieso kann ich nicht auch so stark sein wie Kaoru?// //Ich kann die Probleme meiner Freunde so leicht lösen, ihnen so viel Stärke geben. Aber wieso fällt es mir dann so schwer, mein eigenes Leben in den Griff zu bekommen?// Chapter 7: Versöhnungsgespräche "Dir liegt sehr viel an deinen Freunden, oder?" hide sah hoch zu Shinya, auf dessen Schoß er sich breit gemacht hatte. Der Rest des jungen Mannes füllte die Couch in Shinyas Wohnzimmer aus. Shinya nickte. "Natürlich. Sie sind das Wichtigste, was ich habe." hide lächelte. "Das ist niedlich. Aber sie sind dir nicht nur wichtig, hab ich recht?" Shinya hob die Augenbrauen. "Was meinst du?" "Ich bin vielleicht ein bisschen extrem durchgeknallt, aber mein Hirn ist trotzdem vollkommen funktionsfähig und Augen hab ich auch im Kopf. Du willst was von eurem Leader, oder?" Shinya spürte, wie sein Gesicht rot anlief, er konnte nichts dagegen unternehmen. Er antwortete darauf nicht. "Dachte ich's mir doch. Aber er ist mit Die zusammen, richtig?" Shinya schüttelte den Kopf. "Iie. Nicht mehr. Die zwei haben sich vor ungefähr acht Tagen getrennt. Morgen wird unser Manager voraussichtlich der Presse Bescheid geben." hide räusperte sich. "Ups... Es ist immer scheiße, wenn man mit den Leuten zusammen ist, mit denen man arbeitet. Wenn's dann zu einer Trennung kommt, leidet das ganze Umfeld drunter." Shinya stimmte ihm zu. "Kaoru und Die sind aber vernünftig genug, um sich jetzt nicht die Augen auszukratzen. Im Gegenteil, sie versuchen viel mehr krampfhaft, wieder ihre alte Freundschaft aufzubauen. Aber zur Zeit sind es halt nur Versuche. Man muss wirklich aufpassen, was man sagt, dauernd versetzt man einem von den beiden unwillkürlich einen Schlag in die Seite." hide grinste mitleidig. "Kenne ich. Bei uns in der Band gab's auch mal so einen Fall. Unser Sänger hat sich dann verabschiedet und ist ausgestiegen. Seitdem bin ich Sänger und Gitarrist." Shinya lächelte. "Multitalent, was?" "Na ja, wer so viel redet wie ich, muss schon singen können. Aber das, was wir mit Auftritten verdienen, reicht lange nicht, um davon zu leben. Deswegen arbeite ich nebenbei noch in einer Sushibar." hide ächzte. "Tja, so ist das Leben. Die einen werden berühmt, die anderen nicht. Wie kommst du mit Kaoru zurecht?" Shinya zuckte die Schultern. "Oberflächlich betrachtet sehr gut." "Aber wenn man hinter die Oberfläche guckt nicht. Na prima. Weißt du was? Du musst mehr auf Party gehen, sonst lernst du nie jemanden kennen und wirst immer an jemandem hängen bleiben, der dich nicht liebt.", schlug hide geradeheraus vor. Shinya lachte unterdrückt. "Ich bin zur Zeit viel zu sehr damit beschäftigt, meine letzte Clubbekanntschaft wieder loszuwerden...", stichelte er und fing sich einen beleidigten Blick von hide ein. "Wenn das so ist... ich habe auch eine eigene Couch, auf der ich liegen kann, nur, dass du's weißt." Er machte einen Schmollmund, doch seine Augen glitzerten fröhlich, was Shinya zeigte, dass hide nicht ernsthaft beleidigt war. "Nicht doch. Ich will dich gar nicht loswerden. Du bist in den wenigen Tagen echt ein ziemlich guter Freund für mich geworden. Das hätte ich nie gedacht, ich vertraue Leuten für gewöhnlich nicht so schnell..." hide grinste. "Ich weiß. Jeder, der ein bisschen in Sachen J-Rock bewandert ist, hat die Story mit deiner Telefonnummer gehört, die du den anderen erst nach sechs Monaten gegeben hast..." Shinya verdrehte die Augen. "Das war ganz anders!", verteidigte er sich. "Ich hatte einen neuen Anschluss, aber mich hat nun mal niemand danach gefragt... Und ich hab halt nicht dran gedacht, es den anderen zu sagen." "Wie soll dich jemand nach deiner neuen Nummer fragen, wenn er nicht weißt, dass du eine neue hast, du Megabaka?", fragte hide belustigt. "Oh... Ist's okay, wenn ich auf die letzte Frage nicht antworte?" Shinya grinste. //Es ist schön, mit dir zusammen zu sein. Du lenkst mich von meinen Gefühlen ab und bringst mich zum Lachen. Nicht viele Leute können das. Schon gar nicht nach drei Tagen. Aber du hast so eine vertrauenserweckende Art an dir, dass man dich einfach mögen muss, egal, wie wenig man dich kennt. Den anderen ging es genauso. Sie mochten dich alle. Aber ich werde dich nicht zu oft mit zu den anderen Dirus nehmen. Ich möchte, dass du mein Freund bleibst, du sollst nicht jetzt schon in unsere Clique aufgenommen werden, denn das passierte zweifelsfrei, wenn du öfters mit uns rumhingest. Vielleicht ist das egoistisch, aber ich will dich als Freund für mich alleine haben.// hide legte den Kopf schief. "Worüber denkst du gerade nach?" Shinya suchte seinen Blick. "Was?" "Du hast gerade über etwas wichtiges nachgedacht, oder?" //Woher weißt du das denn jetzt? Bin ich so leicht zu durchschauen? Ich dachte immer, ich wäre ziemlich undurchsichtig.// "Nö, ich war nur ein bisschen in Gedanken.", widersprach der Drummer und wedelte mit der Hand. hide hielt seine Hand fest und drehte das Handgelenk so, dass er auf Shinyas Armbanduhr sehen konnte. "Himmel!" hide fuhr hoch und ächzte. "Ich muss weg, schließlich hab ich da auch noch eine Gruppe, die auf mich wartet..." Er grinste. "Und du gehst heut Abend mit mir weg, hai?" "Ich habe nie gesagt, dass ich mit dir weggehe." "Nein, aber ich. Ciao." hide drückte Shinya einen Kuss auf die Wange, schwang sich vom Sofa und grinste fröhlich. "Ich hol dich um zehn ab, wehe, du bist nicht fertig." Damit verließ er die Wohnung des Drummers. Shinya schüttelte lächelnd den Kopf über diesen kleinen Spinner. Hatte er eigentlich überhaupt nichts mehr zu sagen? Toshiya trommelte nervös mit den Fingern auf dem Tisch im Aufenthaltsraum herum. Die, der schon die ganze Zeit versuchte, sich zu konzentrieren, stieß ein genervtes Stöhnen aus und maulte: "Könntest du aufhören, mich wahnsinnig zu machen?! Was soll das?" Der Bassist sah gedankenverloren auf. "Wovon redest du?" "Von diesem unerträglichen ,Ich bin nervös' Getue. Hast du irgendeinen Grund dazu, nervös zu sein?" Toshiya nahm einen Zug von seiner Zigarette und seufzte. "Na ja, ich hab gestern Zoff mit Kyo gehabt und jetzt hab ich Angst, dass er mir nicht zuhört. Zumal er schon viel zu spät dran ist..." Die ließ seine Komposition liegen und rutschte zu Toshiya hinüber. "Schlimmer Streit?" "Irgendwie schon. Ich hab dauernd versucht, bei ihm anzurufen gestern Abend, aber er hat den Hörer danebengelegt. Und er wollte in nächster Zeit kein Wort mehr mit mir reden, das hat er mir vorher noch gesagt..." Toshiya senkte bedrückt den Blick. Die wollte ihn gerade fragen, ob der Streit etwas mit dem zu tun habe, was Kyo ihm Tage zuvor berichtet hatte, doch dazu kam er nicht mehr, da es ein Knurren im Eingang gab und wenig später The Voice himself im Aufenthaltsraum erschien. "Schweißwetter... Irgendwas in meiner Karre ist eingefroren, sonst wär sie bestimmt nicht liegengeblieben... Oi Die-kun." Kyo gab Die einen liebevollen Schlag auf den Hinterkopf, dann blieb sein Blick an Toshiya hängen. Der guckte mal wieder wie Bambi persönlich, wie immer, wenn er jemandem zum ersten Mal nach einem Streit begegnete. Kyo kämpfte mit sich selbst. Schließlich rang er sich dazu durch, Toshiya zu fragen, ob er kurz Zeit habe. "Natürlich!!!" Toshiya sprang auf und ging voraus nach draußen. Die sah den beiden grinsend hinterher. Das sah ihm schwer nach einer Versöhnung aus. Toshiya setzte sich neben Kyo auf die Mauer und fing sofort an: "Kyo, es tut mir so leid, aber du musst mir wirklich glauben, dass ich dich nicht verletzen wollte! Ich kann dir erklären, wieso ich dir dauernd aus-" Kyo grinste und hielt ihm den Zeigefinger an den Mund. "Darf ich vielleicht trotzdem anfangen?" "Äh... natürlich." Toshiya starrte ihn erstaunt an. //Okay, Kyo, jetzt zeig mal, dass du auch Fingerspitzengefühl besitzt. Und denk an das, was du mit Kaoru besprochen hast...// "Ich... hab einen Fehler gemacht. Einen Fehler, den ich selbst viel zu lange nicht als Fehler empfunden habe. Und ich verstehe jetzt auch, wieso du mir in der letzten Zeit dauernd ausgewichen bist. Ich habe zu sehr geklammert, du wusstest nicht mehr, wie du damit umgehen solltest... An der Stelle hast du einen Fehler gemacht. Du hättest mit mir drüber reden sollen. Dann war ich wieder dran mit den Fehlern. Ich habe sehr wohl bemerkt, dass du mir aus dem Weg gegangen bist, aber ich habe versucht, es zu ignorieren, weil ich nicht wahrhaben wollte, dass nicht alles glatt lief. Wir waren beide zu dämlich, um miteinander zu reden und jetzt haben wir den Salat. Aber... wenn du mir versprichst, in Zukunft mit mir zu reden, anstatt zu schweigen und ich dir verspreche, dir mehr Freiraum zu lassen... Glaubst du, wir kriegen das gemeinsam auf die Reihe?" Toshiya sah Kyo mit großen Augen an. War das gerade sein Kyo gewesen, der so vernünftig und überhaupt nicht hitzig über ihr Problem geredet hatte? Doch dann wurde ihm bewusst, dass Kyo auf eine Antwort wartete. "Ja natürlich kriegen wir das hin!!!", rief er überzeugt und nickte zur Bestätigung noch. Dann schlang er die Arme um Kyo und drückte ihn. "Es tut mir leid. Ich hätte mit dir reden müssen." //Danke Kao. Ohne das, was du mir gestern ins Gewissen geredet hast, hätte ich das nie hinbekommen...// Kyo nickte. "Wir haben beide Fehler gemacht. Typisch menschliche Rasse halt." Er grinste und atmete erleichtert auf. Toshiya hatte ihn verstanden, ein Glück. Aber da war noch etwas, das er Toshiya zeigen musste... Kyo machte sich aus Toshiyas Umarmung los. "Ich muss dir noch was sagen." "Was denn?" Toshiya sah ihn aufmerksam an. "Ich will dich nicht erschrecken, das soll auch kein Vorwurf sein, ja? Aber jedes Mal, wenn du mir in den letzten Wochen ausgewichen bist, hab ich angefangen..." Kyo schob den rechten Ärmel seines Hemdes hoch und hielt Toshiya den Unterarm entgegen. Sein Gegenüber betrachtete entsetzt die Schnitte und fuhr mit seinen kalten Fingerspitzen sanft über die Haut. "Oh Kyo, das ist nicht dein Ernst, oder?" Kyo murmelte: "Ich weiß, es war falsch... Aber ich wusste mir anders keinen Rat." Toshiya schüttelte den Kopf und zog ihn wieder an sich. "Du Dummerchen... Ich liebe dich doch so. Und in Zukunft passe ich besser auf dich auf, damit du nie wieder nicht weißt, zu wem du mit deinen Sorgen kommen sollst. Das verspreche ich dir..." Kyo lehnte sich dicht an seinen Gegenüber und atmete tief den Geruch Toshiyas ein. Er schloss die Augen und seufzte zufrieden. Jetzt konnte endlich wieder alles besser werden... Shinya saß auf dem Barhocker und sah sich mit großen Augen um. Wo hatte hide ihn hier bloß hingeschleppt? Dieser Club war riesig, dunkel und voll bis zum Platzen. Doch trotz der lauten Musik und den bunten Scheinwerfern, die ihr Licht über die Tanzfläche warfen, hatte der Club irgendwie eine angenehme Atmosphäre. Bloß... hide war wie vom Erdboden verschluckt. //Mann, wo bist du denn hin? Ich hab keine Lust, hier alleine rumzusitzen...// Doch schon wenig später wäre es Shinya bestimmt lieber gewesen, doch alleine zu sein. Als sich nämlich ein riesiger Typ Format Höhe mal Breite vor ihm aufbaute, wurde es dem schmalen Drummer ganz anders. Der Mann vor ihm zeigte ein zahnreiches Grinsen und überschüttete Shinya damit mit einer gehörigen Alkoholfahne. "Na Hübsche?" Shinya seufzte innerlich. Nix da Hübsche... "Wie wär's mit nem Tänzchen?" Hiecks. Shinyas Gegenüber hatte eindeutig schon ein paar Gläser über den Durst getrunken. Shinya lächelte adrett, meinte aber: "Tut mir leid, vielleicht ein anderes Mal..." "Was? Wieso denn nicht? Nun komm schon, Kleine..." Er griff nach Shinyas Handgelenk und zog ihn vom Barhocker. "Hey!" Shinya spürte, wie eine leichte Panik in ihm hochstieg. Gegen so einen Kleiderschrank von Kerl kam er unter Garantie nicht an... "Entschuldigung, aber die Hübsche ist mit m-i-r hier. Pech gehabt.", erklärte da plötzlich eine andere Stimme neben ihnen. Shinyas Herz machte einen Hüpfer, als hide neben ihm auftauchte. Der Ältere legte seine Arme um Shinyas Taille, nutzte den Moment der Überraschung von Shinyas aufdringlichem Verehrer und zog den Drummer so mit sich weg von der Bar. Der glotzte ihnen hinterher. War das eben nicht auch eine Frau gewesen? Nachdem sie aus dem Blickfeld des Typen verschwunden waren, meinte hide grinsend: "Meine Güte, dich darf man aber auch nicht mal für fünf Minuten zum aufs Klo Gehen alleine lassen... Hängen dir die Typen immer so leicht an den hohen Hacken?" Shinya verzog das Gesicht. "Ich fand das überhaupt nicht lustig... Der Typ hat mir echt Angst gemacht. Wenn du nicht plötzlich aufgetaucht wärst, hätte der mich wahrscheinlich wirklich noch mit sonst wo hingeschleppt...", jammerte er. Er bekam einen mitleidigen Blick von hide. "Okay, ab jetzt bin ich dein persönlicher Bodyguard." Shinya versuchte, sich einen Lachanfall zu verkneifen. "Du?", prustete er. "Hey!!! Immerhin hab ich den Typen da eben auch von dir ferngehalten, oder?" "Ja, aber das war mehr Glück als Können. Hätte der sich mit dir angelegt, hättest du ganz schön alt ausgesehen.", fügte Shinya hinzu. hide zuckte die Schultern. "Dann halt nicht." Er warf einen Blick an die Bar. "Ist nicht wahr, der Doji steht immer noch an der Bar! Ich hab Durst..." Shinya hob die rechte Augenbraue an. "Du becherst aber auch nicht gerade wenig, was?" "Noch geht's mir prima." Diese Antwort schien hide zu genügen. "Wollen wir noch wo anders hin?" Shinya warf einen Blick auf die Uhr. Es war nach Eins. "Morgen werden wir wahrscheinlich einen Haufen Reporter im Haus haben, du weißt schon, wegen der Trennung. Und dann muss ich ausgeschlafen sein." hide machte einen Schmollmund. "Keine Chance für mich?" Shinya lächelte und schüttelte den Kopf. "Ein anderes Mal gern, ja?" "Hai..." hide seufzte. "Schlaf gut, Shishi. Ich bleib noch ein bisschen. Oder soll ich dich nach Hause bringen?!" Shinya verneinte. "Bleib ruhig noch. Aber pass auf dich auf." "Jaa, Mama Shinya." "Blödmann." Shinya winkte hide lachend zu und verließ den Club. Draußen machte er sich auf die Suche nach seinem Auto. hide im Inneren des Clubs traute sich dann doch wieder an die Bar (der Typ war letzten Endes doch verschwunden) und bestellte sich noch etwas zu trinken. //Ich wünschte, du wärst nicht immer so vernünftig...// Chapter 8: Der Ärger mit der Presse Kaoru hob die Zeitung vom Boden unter dem Postschlitz auf und schlurfte in die Küche. Er war schrecklich müde, der gestrige Tag war hart gewesen. Er konnte gar nicht mehr sagen, wie oft er immer wieder dasselbe hatte erzählen müssen. Derlei Pressearbeit war doch wirklich das Letzte... Der Leader trank einen Schluck Kaffee und durchblätterte dabei die Zeitung. Doch bereits an der Schlagzeile der zweiten Seite blieb sein Blick hängen. "Dir en Grey vor dem Aus? Der wahre Grund für die Trennung?", murmelte Kaoru und schnaubte. "Scheißpresse..." Er vertiefte sich in den zwei seitenlangen Artikel, der größtenteils von Die und ihm handelte, dramatisch alles aufbauschte, was Kaoru und Die gestern von sich gegeben hatten und vor allem noch eine gehörige Menge Gerüchte innehatte. Kaoru gab einen unwilligen Laut von sich, als er geendet hatte und schlug die Zeitung zu. Das musste er mit dem Manager besprechen, wenn diese Zeitung diesen Artikel nicht zurücknahm, gab es Ärger... Das Klingeln des Telefons riss ihn in die Wirklichkeit zurück. "Ja?", fragte er leicht gereizt. "Hui, so wie du dich anhörst, erzähl ich dir wohl nichts neues, wenn ich dich bitte, mal Seite zwei deiner Zeitung aufzuschlagen...", meldete sich Die am anderen Ende. "Nein, nicht wirklich." "Hast du das schon intensiv durchgelesen oder nur überflogen? Wenn nicht, lass es bleiben." "Zu spät. Au mann, ich sag dir, den Artikel nehmen die zurück, da sorg ich für..." Die lächelte den Hörer an. "He, du regst dich ja richtig auf." "Ist doch klar, die ziehen uns total durch den Dreck, ist dir das noch nicht aufgefallen?" "Doch. Aber ich glaube nicht, dass du daran etwas ändern kannst. Unsere Fans glauben den Schwachsinn doch nie im Leben. Die meisten glauben eh nur noch das, was sie aus unserem Mund hören." "Das ist auch gut so. Am besten sollten wir ein Interview geben, das aufgezeichnet und nicht abgedruckt wird. Da kann man uns nicht so die Worte im Mund umdrehen. Hättest du etwas dagegen?", schlug Kaoru vor. Diese Gerüchte wollte er so schnell wie möglich aus der Welt schaffen... Die zögerte. Ein Auftritt fürs Fernsehen? "Na ja... Aber glaubst du nicht, dass die uns da genauso leicht die Worte im Mund umdrehen können?" "Der Interviewer vielleicht, aber nicht die Zuschauer." "Meinetwegen. Ja, wenn du willst, können wir das machen. Aber ich darf vorher noch frühstücken, oder?" Die grinste schief. Kaoru am anderen Ende lachte. "Baka. Doch nicht gleich heute." "Weiß ich doch." "Dann wünsch ich dir nen guten Appetit. Bis nachher." "Jau. Bis dann." Kaoru legte auf und trank noch einen Schluck Kaffee. Plötzlich war seine Laune wieder besser. Und ihm war auch genau bewusst, woran das lag. //Das war das erste Gespräch seit unserer Trennung, bei dem ich mich nicht total beschissen gefühlt habe. Vielleicht können wir jetzt wirklich wieder Freunde werden...// Drei Tage vergingen, drei wirklich ereignislose Tage, in denen es keinen neuen Streit gab, Kaoru das Gefühl hatte, besser mit Die klarzukommen und Shinya dauernd mit hide zusammenhing. Dass ihr Jüngster nicht mehr so viel mit ihnen feiern ging, sondern viel öfter mit hide unterwegs war, blieb den anderen Dirus natürlich nicht verborgen, doch jeder deutete diese Tatsache anders. An diesem Probenachmittag saßen Shinya und Toshiya gerade bei einer Tasse Kaffee zusammen, als plötzlich Kyo hereingeschneit kam. "So Chibi, jetzt lies mal schön. Viel Vergnügen wünsch ich dir.", flötete er und hielt Shinya ein Jugendmagazin unter die Nase. "Hä? Ich lese keine Jugendzeitschriften mehr, aus dem Alter bin ich raus!", protestierte Shinya. "Dann guck doch mal aufs Cover.", riet Kyo. Toshiya und Shinya betrachteten das Cover der Zeitschrift neugierig. Shinya war darauf abgebildet, nichts wirklich neues, denn wenn in den gewöhnlichen Jugendmagazinen, die nichts über J-Rock brachten, überhaupt einer von ihnen mal auf dem Cover abgebildet war, dann war es Shinya. Doch der Untertitel brachte Shinya zum Stirnrunzeln. "Ein neuer Partner an Shinyas Seite?", wiederholte er. "Was haben die denn jetzt wieder für einen Schwachsinn ausgegraben?" Er schlug das Heft auf Seite sechs auf. Toshiya kicherte auf Anhieb los, als er erkannte, wer dort auf einigen Fotos mit Shinya gemeinsam zu sehen war. "Haben die eigentlich nichts besseres zu tun, als Fotos zu schießen, auf denen du mit deinen Freunden zu sehen bist, um dir dann anzuhängen, dass du ne neue Beziehung hast?", prustete er und schnappte sich heiter die Zeitung. Shinya verdrehte die Augen. "Ich will selbst lesen!", jammerte er und versuchte, die Zeitung zurück zu ergattern. Doch Toshiya fing übermütig an, Zeitungskommentare mit einer gehörigen Prise Übertreibung zu zitieren: "Immer wieder wurde der attraktive Drummer der J-Rock Gruppe Dir en Grey Shinya Terachi in Begleitung eines jungen Mannes gesichtet, der nach Angaben anderer ebenfalls Musiker in einer Band ist, doch bis auf seinen Künstlernamen hide ist nichts über diesen jungen Mann bekannt. Er-" "Hör auf, Totchi!!", flehte Shinya und machte einen Schmollmund. Kyo grinste breit und entschloss sich dann doch, Shinya ein wenig zu helfen. "Flossen weg.", kommandierte er und zog Toshiya das Heft aus den Händen. "Also, im Großen und Ganzen bringen die eigentlich nur eine schauerliche Theorie nach der nächsten, wer hide wohl ist und wieso der dauernd bei dir rumhängt. Ganz nebenbei haben die noch ein paar hübsche Fotos von euch geschossen, besonders das hier solltest du dir mal genauer angucken, ich glaub, das Foto hat den Leuten den Rest gegeben..." Kyo deutete auf das Foto ganz links in der Ecke, wo Shinya und hide gemeinsam in einem Club zu sehen waren. hide gab Shinya auf diesem Bild einen Kuss auf die Wange. "Das ist doch nur ein Abschiedskuss gewesen!", verteidigte Shinya sich. Kyo verdrehte die Augen. "Brauchst du mir nicht zu erzählen. Aber einem ganzen Haufen verknallter Mädchen, die nach dem Lesen dieses Heftes wahrscheinlich Suizidpläne schmieden..." Toshiya schüttelte einen Kopf. "Unsinn, wer glaubt so einen Schrott denn? Kein vernünftig denkender Mensch..." "Denken Teenager zwischen zwölf und siebzehn denn normal, solange sie in einen Musiker verknallt sind?", stichelte Kyo weiter. Shinya schnaubte und schlug das Heft zu. "Lass das. Ich kann mir jetzt erst mal überlegen, was ich den ganzen Reportern erzähle, wenn sie mich auf diesen Artikel ansprechen." Toshiya grinste mitleidig. "Freu dich vor allem schon mal auf die Reporter dieser Teeniemagazine, die dich neben der Frage über hide über deine Lieblingsfarbe, Lieblingstier und ähnliches ausquetschen werden... Einmal zurück in den Kindergarten bitte." Shinya stöhnte und rutschte tiefer in die Couch, richtete sich jedoch sofort wieder auf. "Und was, wenn die sich jetzt auf hide stürzen?!" "Das wär ein bisschen kuso, was? hide hat doch keinerlei Ahnung, wie man sich die Presse vom Hals hält, geschweige denn, wie viel man denen erzählen darf.", erkannte Kyo goldrichtig. Shinya wollte gerade etwas erwidern, als sein Handy klingelte. "Terachi." "He Shishi, ich bin's. Weißt du was? Ich musste gerade vor einem Haufen wildgewordener Reporter fliehen, irgendwie waren die plötzlich ziemlich heiß darauf, mich zu interviewen... Kann es sein, dass du mich in einem Interview erwähnt hast?", plapperte hide sofort munter los. "Oh weh, die sind schon auf dich losgegangen? Mist. Ich wollte dich gerade vorwarnen. Kyo hat mir gerade eine Zeitschrift unter die Nase gehalten, da sind ein paar Bilder von uns beiden drin. Hat wohl ein Reporter geschossen, als wir vorgestern unterwegs waren. Die glauben - soll heißen, sie behaupten jetzt - wir wären ein Pärchen.", erklärte Shinya ruhig. Das nächste, was die drei der Dirus hörten, war ein lautes Kichern am anderen Ende. "Wie kommen die auf so was? Ich meine, nicht, dass das nicht ein Kompliment für mich wäre, aber haben die bestimmte Gründe, solche Gerüchte in die Welt zu setzen?" //Ein Kompliment?// "Bloß deine nichtvorhandenen Kenntnisse im Abstandhalten.", quakte Kyo, nachdem er Shinya das Telefon aus der Hand weggeschnappt hatte, weil dieser es bloß angestarrt hatte. "Hä? Hallo übrigens." "Na du böser Kerl, du, du hast Shinya einen K-u-s-s auf die Wange gegeben, für ein Teeniemagazin ist das eine bessere Liebeserklärung als ein Strauß roter Rosen bei Mondschein.", verkündete Kyo grinsend. "Wenn ich das gewusst hätte...", seufzte hide melodramatisch. "Also darf ich das in Zukunft nicht mehr tun?" "So weit kommt's noch, Shin-chan wird diese blöden Zeitungsfuzzis aufklären und damit hat sich's." Shinya schnappte Kyo wieder das Handy aus der Hand und meinte: "So, da bin ich wieder, ne, Kyo?" Er sah Kyo böse an. Mein Gespräch!, hieß das. hide ließ sich noch von Shinya impfen, was er sagen durfte, was auf keinen Fall ausgesprochen werden durfte und wie man der Presse am Leichtesten entwischen konnte. "Daijobu, ich glaub, ich leg mir eine Liste an...", witzelte der Gitarrist und verabschiedete sich dann von seinem Freund. "Sayonara!!!" "Sayonara." "Wow, da hätte ich aber auch blöd geguckt, wenn ich als normaler Passant plötzlich von einer Meute Reporter angequatscht werde, die scheinbar alle eine ganze Menge mehr über mich wissen als ich selbst..." Toshiya schüttelte den Kopf über diese dämliche Presse. "Presse ist scheiße, wenn sie zu neugierig ist, das wissen wir doch schon länger. Oder spätestens seit dem letzten netten Artikel über Die und Kaoru.", erklärte Kyo und stand dann von seinem Platz neben Shinya auf. "Ich muss noch einen Text auf nen neuen Song von Kao abstimmen... Dabei hab ich jetzt gar keine Lust, deprimierende Liedertexte zurechtzuschnipseln." Toshiya zuckte die Schultern. "So ist das Leben..." "Ist auch mal was neues, wenn der Interviewer die Gäste warten lässt.", erkannte Kaoru und lehnte sich an die Lehne des Sofas. Jetzt war dieser Reporter schon eine viertel Stunde über der Zeit. Die schnaubte. "Mann sollte meinen, dass die bei einer Aufzeichnung mit uns beiden zu diesem Thema pünktlich sein könnten, oder?" Big Red streckte seine Hand nach seiner Zigarettenpackung, die auf dem Tisch lag, aus. Doch noch bevor er sie zu fassen bekam, griff Kaoru nach seiner Hand und legte sie zurück auf Dies Knie. "Hör auf." "Was denn, du rauchst doch selbst!", rief Die entrüstet, den Blick auf die Zigarette in Kaorus linker Hand gerichtet. Kaoru lächelte. "Aber nicht so wie du. Du hast in der Zeit, in der wir jetzt hier sind, fast diese ganze Packung leergeraucht, und die war noch voll, als wir angekommen sind." "Und?" Die zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Ist das schlimm?" //Wieso bist du so nervös, dass du ununterbrochen rauchst? Hegst du so viel Unbehagen vor diesem Interview? Warum hast du denn nichts gesagt, dann hätte ich es alleine durchgezogen.// "Hast du Angst vor diesem Interview?" "Angst? Quatsch." "Demo?" "Mir ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken. Ich kann nicht gut lügen, ich weiß nicht, wie lange ich während einer Aufzeichnung diese Friedefreudeeierkuchen-Geschichte durchziehen kann. Es gefällt mir nicht, dass wir eine Presseversion erfunden haben." "Das war nun mal das Beste für uns." "Ich weiß. Darum geht es mir auch nicht, mir müsste es ja gefallen, wenn ich besser dabei wegkomme, aber ich lüge in so wichtigen Dingen wirklich nicht gerne...", versuchte Die, seine Gedanken zu erklären. Kaoru nickte verständnisvoll. "Trotzdem. Du ziehst keine plötzliche Heldentaten ab, in denen du die Wahrheit erzählst oder so einen Schrott, klar?" Die stimmte zu. "Natürlich nicht. So dumm bin nicht mal ich." Die Tür öffnete sich und eine junge Dame sagte ihnen freundlich, dass der Interviewer nun da sei und sie ihr doch bitte folgen sollten. Kaoru drückte kurz aufmunternd Dies Hand und ging dann voran. Die atmete tief durch. Nun wurde es ihm ganz anders. Wenn das mal gut ging... Doch es ging gut. Ihr Gegenüber war nett und stellte höflich und ruhig seine Fragen. Das meiste beantwortete eh Kaoru, so war es immer, wenn Kyo nicht dabei war (denn dieser erzählte immer unglaublich gerne unglaublich viele Dinge, die auf eine unglaubliche Weise nie stimmten), Die gab immer nur noch kurze Kommentare dazu. Das Interview war schon fast vorbei, als der Interviewer plötzlich fragte: "Diese Frage mag jetzt ein wenig unverschämt klingen, aber in einigen Zeitungen ging das Gerücht um, der wahre Grund für eure Trennung sei ein Seitensprung gewesen. Was ist da dran?" Die starrte seinen Gegenüber entgeistert an. Kaoru schwieg einen Moment. Auf so eine Frage war er nicht vorbereitet. "Das Gerücht hab ich noch gar nicht gehört.", erklärte er schließlich. "Aber das ist natürlich nicht der Wahrheit entsprechend. Das haben wir ja im bisherigen Interview lang und breit erklärt." Kyo, Shinya und Toshiya, die in einem der weiteren Backstageräume saßen und der Aufzeichnung zusahen, stießen ein synchrones Ächzen aus. "Ich fass es nicht...", hauchte Kyo kopfschüttelnd. "Der Kerl hat doch so die Ruhe weg!!! Ich hätte mir an seiner Stelle sonst was abgestottert." Toshiya nickte beipflichtend. "Ich wäre gestorben. Und er? Lügt sich da souverän das blaue vom Himmel herunter, ohne rot zu werden..." Shinya schnitt eine Grimasse. "Wenn man Die richtig gut kennt und ihn jetzt genau beobachtet, weiß man, dass an dem Gerücht wohl was dran ist. Er sollte sich Mühe geben, ein bisschen weniger unangenehm berührt auszusehen. Ich möchte jetzt wirklich nicht in seiner Haut stecken." "Ach, außer uns kennt Die niemand gut genug, um ihm das anzusehen. Aber ich find es wirklich dreist, diese Frage so kurz vorm Schluss zu stellen." Toshiya verschränkte die Arme vor der Brust. Er war diesem Interview von Anfang an skeptisch gegenüber gewesen. Als der Interviewer auch noch anfing, Fragen über die anderen Mitglieder Dir en Greys zu stellen, schnaubte Kyo. "Wie frech sind die eigentlich? Fehlt ja nur noch, dass die über Shishi und hide Fragen stellen, dann würde ich dem Typen an Kaorus Stelle eine auf die Nuss geben..." "Kyo, hör erstens auf zu unken, und zweitens kann der Typ da doch nichts für die Fragen, die er stellen muss.", erkannte Shinya ruhig. "Trotzdem! Das Interview hat so gut angefangen, wieso packen die in die letzten Minuten so gemeine Fragen?" Toshiya legte ihm beruhigend die Hand aufs Knie. "Reg dich nicht auf, Kaoru macht das schon." "Jaja, ich weiß, Kao macht immer. Aber das ist trotzdem nicht gerade toll für ihn." Shinya betrachtete Kaorus Gesicht auf dem Bildschirm. Der Leader erzählte ruhig und souverän etwas, er wirkte dabei nicht im Geringsten angespannt oder unangenehm berührt. //Du hättest Schauspieler werden sollen. Wieso kannst du anderen Leuten bloß so glaubhaft Dinge verkaufen, die nie der Wahrheit entsprechen könnten? Ich fange an selbst zu glauben, dass es dir gut geht. Aber dir geht es nicht gut, oder? Ich habe mir in den letzten Tagen gar keine Gedanken mehr darüber gemacht. Wieso eigentlich nicht?// "Na, von wem träumst du jetzt schon wieder?", flüsterte Kyo ihm plötzlich grinsend ins Ohr. Shinya riss erstaunt die Augen auf. "Wieso?" "Du guckst immer so drollig geistesabwesend, wenn du über etwas bestimmtes nachdenkst. Wo warst du gerade mit deinen Gedanken?!", beharrte Kyo auf seiner Frage. Toshiya kicherte. "Das geht dich aber gar nichts an, Kyo-chan." "Nenn mich nicht dauernd Kyo-chan, ich bin doch nicht kawaii!", empörte sich Kyo sofort. "Oooch, du bist wohl kawaii, mehr kawaii geht gar nicht.", stichelte Toshiya daraufhin und fing sich damit einen Angriff von Kyo ein. "Hilfeee!!!" Shinya grinste nachsichtig. Die zwei Spinner, die... Durch ihre ständigen Sticheleien war ihm doch glatt mal die Antwort auf Kyos Frage erspart geblieben... hide grinste Shinya spottend an. Der Drummer und er saßen gemeinsam in einer kleinen Sitzecke in Shinyas Lieblingsclub, doch inzwischen hatte Shinya so viel getrunken, dass er nicht mehr wirklich vernünftige Sätze über die Lippen brachte. "Ich hab mich schon immer gefragt, ob du wohl besoffen mehr redest als nüchtern.", bemerkte er. Shinya sah ihn verblüfft an. "Ich? Ich... bin nicht besoffen." "Nein, du doch nicht." "Wie kommst du darauf?", protestierte Shinya weiter. "Du redest ohne Punkt und Komma." Das schien hide als Antwort zu reichen. "Äh-äh, stimmt ja nicht.", widersprach der Drummer erneut. hide lächelte. Noch so ein Indiz. Niemand konnte es einschätzen, ob er betrunken war oder nicht, wenn man so weit war wie Shinya. Also übernahm hide wieder das Reden und passte nebenbei auf, dass Shinya nicht zu oft nach dem Glas griff. "Hey! Das is ja Kasumi...", unterbrach Shinya ihn plötzlich strahlend (ß man bedenke: strahlend). "Sollte man es an deiner Stelle nicht gewöhnt sein, wenn die eigene Musik durch die Disco dröhnt?" "Ich freu mich trotzdem immer wieder." Shinya sprang auf und war eindeutig auf den Weg zur Tanzfläche. hide unterdrückte ein Ächzen nur schwer. Wollte dieser Schussel etwa im Ernst tanzen, wo er nicht mal mehr gerade gehen konnte?! Der Gitarrist folgte Shinya und hielt ihn auf der Tanzfläche an. "He, du kannst gar nicht mehr tanzen, schon bemerkt?" "Och, das musst du nicht so eng sehen... Du kannst ja auf mich aufpassen." Shinya grinste fröhlich. hide verdrehte die Augen. Das war ja schlimm mit Shinya, wenn er zu viel getrunken hatte! Da musste man sich am laufenden Bande Sorgen machen... Shinya legte seine Arme um hides Hals und zog ihn weiter mit sich auf die Tanzfläche. "Hee, du hast echt genug, weißt du das, Shin?", wehrte hide sich und machte sich aus Shinyas Umarmung los. Shinya sah ihn erstaunt an. "Was hast du denn?" "Komm mit, ich bring dich nach Hause." hide fasste Shinya sanft am Handgelenk und schob ihn vor sich zum Ausgang. "Sonst willst du doch immer noch bleiben...", maulte Shinya. "Sonst bist du ja auch noch klar hinter der Mattscheibe.", konterte hide erbarmungslos. "Aber du hast gar kein Auto." "Wir sind ja auch mit einem Taxi gekommen, erinnerst du dich noch? Und damit werden wir dich jetzt auch schön nach Hause kutschieren." Resolut wählte hide die Nummer des nächsten Taxistandes und bestellte ein Taxi zur Disco, während Shinya neben ihm sehnsüchtig wieder zum Eingang der Disco schielte. Wenn man mal gut gelaunt war und feiern wollte, musste aber auch grundsätzlich jemand dabei sein, der einem den Spaß verdarb... Auf der Fahrt heim schien die Wirkung des Alkohols scheinbar nachzulassen, Shinyas Rededrang stellte sich wieder ein und bald schlief der Jüngere auf hides Schulter ein. hide lächelte gutmütig, musste in Gedanken aber den Kopf schütteln über seinen Freund. Shinya sollte wirklich nichts über den Durst trinken, da war er sich inzwischen sicher. Vermutlich tat der Drummer das deswegen auch so selten. //Mensch Shishi, du verträgst wirklich gar nichts. Auf dich muss man echt aufpassen, mit dir kann man ja alles anstellen, wenn du nicht mehr ganz klar bist. Na ja, in Zukunft kann ich ja auf dich aufpassen.// hide strich Shinya gedankenverloren durch die Haare, während das Taxi durch die trotz der späten Uhrzeit überfüllten Straßen fuhr. Gelegentlich kamen sie an Straßenlaternen vorbei, die das Auto für Bruchteile einer Sekunde mit Licht füllten und die goldbraunen Haare des jungen Mannes zum Glänzen brachten. //Du hast hübsche Haare. Hat dir das schon mal jemand gesagt? Du siehst sowieso aus wie eine Puppe, vor allem, wenn du schläfst. Deine Augen haben so eine schöne Farbe und deine Züge sind wie die eines Engels. Ich wäre auch gerne so hübsch.// Das Stoppen des Autos holte hide zurück in die Wirklichkeit. "Shinya?", flüsterte er und weckte den Schlafenden sanft. Shinya stöhnte und setzte sich auf. "Aussteigen, du bist zu Hause.", verkündete hide und stupste ihn an. Shinya nickte und stieg zuerst aus, hide folgte ihm. Der Ältere nahm Shinya die Schlüssel aus der Hand und schloss die Tür auf. "Rein da. Und stell keinen Blödsinn an, ja?" Shinya nickte brav und wünschte ihm eine gute Nacht, beobachtete noch, wie hide zurück ins Taxi stieg und schloss dann die Tür hinter sich. hide lehnte sich in den Autositz und schloss die Augen. //Oyasumi, Shinya. Träum was schönes.// Chapter 9: Party Das Leben von Kaoru fing an, langsam wieder seinen normalen Lauf zu nehmen. Nicht jeder zweite Gedanke war mehr, wie die jeweilige Situation mit Dies Gesellschaft verlaufen wäre, ebenso empfand er es nicht mehr als so schwierig, Die in die Augen zu sehen oder sich normal mit ihm zu unterhalten. Für zwei Wochen nach der Trennung fand Kaoru das sehr positiv. Auch wenn dem Leader sonst nichts entging, dass Die das alles nicht so leicht fiel, bemerkte er nicht. Im Gegenteil, Kaoru war sich sicher, dass es Die ebenso erging wie ihm. Natürlich, Kaoru log, wenn er behauptete, dass Die ihm nicht fehlte oder das alles problemlos ablief zwischen ihnen, doch er freute sich einfach über die Besserung in ihrem Verhalten gegenüber einander. Wahrscheinlich wünschte er sich zu sehr, dass das mit ihrer Freundschaft funktionierte, um zu erkennen, dass Die immer noch unter ihrer Trennung litt. Doch Kaoru war nicht der Einzige, in dessen Leben anfing, sich etwas zu ändern. Auch Shinya musste sich eingestehen, besser mit Kaoru klarzukommen. Gewiss, er war immer gut mit dem Leader ausgekommen, doch dass das, was er dem Älteren immer wieder versichert hatte, auch der Wahrheit entsprach, konnte man wirklich nicht glauben. Shinya hatte lange Zeit stumm vor sich hingelitten, sich niemandem anvertraut außer seinem Hündchen Miyu. Doch in der letzten Zeit war die Lockerheit, die er Kaoru immer wieder vorgespielt hatte, Wirklichkeit geworden. Er verspürte nicht mehr diese verfluchte Verlegenheit in seiner Nähe und den Wunsch, doch endlich Platz eins in Kaorus Herzen einzunehmen. "Es muss wirklich langweilig sein, was ich erzähle.", sagte Kaoru plötzlich und wedelte energisch mit der Hand vor Shinyas Gesicht herum. "Du hast mit mir geredet?" Schuldbewusst sah Shinya dem Leader ins Gesicht. Kaoru schnitt eine Grimasse. "Magst du mir nicht mal erzählen, wo du dauernd mit deinen Gedanken bist? Zwar warst du schon immer geistig nie ganz anwesend, aber in den letzten Tagen wird's immer schlimmer. Du hörst mir überhaupt nicht mehr zu.", beschwerte er sich. "Tut mir leid. Ich weiß auch nicht, wo ich dauernd mit meinen Gedanken bin. Eigentlich bin ich überall und doch wieder nirgends.", murmelte Shinya und spielte mit seiner Kette herum. Kaoru grinste. "Wenn ich dich nicht so gut kennen würde, wüsste ich an dieser Stelle, was mit dir los ist." Shinya sah ihn fragend an. "Was willst du mir gerade unterstellen?" "Nun ja... Kann es sein, dass es jemanden gibt, der dir nicht ganz gleichgültig ist?" //Natürlich gibt es diesen jemanden. Ich frage mich nur, ob du das wirklich noch bist...// "Das weißt du doch." Kaoru schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein. Das weiß ich nicht. Das habe ich in der letzten Woche bemerkt. Vielleicht ist es dir selbst nicht aufgefallen, aber du hast mich losgelassen. Jetzt guck nicht so, ich weiß genau, dass das, was du mir die ganze Zeit versucht hast vorzuspielen, nicht der Wahrheit entsprach. Aber jetzt ist es wirklich so. Vielleicht geht es mich nichts an, doch ich würde trotzdem gerne wissen, woran das liegt." Shinya sah ihn bedeppert an. "Du weißt mal wieder mehr über mich als ich selbst." Kaoru lachte los. "Typisch Küken, man muss dir alles erst erklären, bevor du es selbst checkst. Also, was für ein Geheimnis hast du vor mir?" //Ich habe keine Geheimnisse. Ich rede nur nicht über Dinge, über deren Ursachen ich mir selbst nicht im Klaren bin.// Shinya schüttelte den Kopf. "Ich habe wirklich kein Geheimnis. Ich bin nur froh, dass ich wieder besser mit dir umgehen kann. Du warst zu lange Zeit mehr als ein guter Freund für mich, aber jetzt bist du wieder das, was du sein solltest: mein bester Freund, für den ich unglaublich viel empfinde, aber mehr auch nicht." Kaoru erleichterten Shinyas Worte, doch gleichzeitig versetzten sie ihm einen Stich. Nicht, weil Shinya das gesagt hatte, im Gegenteil, darüber war er ja froh, doch ein anderer Gedanke drängte sich ihm unweigerlich auf. //Wird Die mir das eines auch Tages sagen? Ich komme mir so dumm vor, aber ich habe Angst davor, dass er es tun wird. Wenn ich ehrlich bin, will ich gar nicht aufhören, ihn zu lieben, und ich will auch nicht, dass er mich nicht mehr liebt. Das ist mein größtes Problem, warum kann ich nicht einfach aufhören damit? Tja, ich habe es wohl doch noch nicht geschafft, ihn loszulassen, sondern mir was vorgemacht. So lange ich nicht will, dass unsere Liebe wieder rein freundschaftlich ist, wird sie es auch nie werden. Warum kann mein Herz nicht das tun, was mein Verstand von ihm verlangt? Die endlich loszulassen...// "Ne Party sagst du?" Die rubbelte sich die Haare während des Telefonierens weiterhin trocken. Kyo hatte aber auch ein Talent dafür, immer im unpassendsten Moment anzurufen! "Jau, ich hab auch gedacht, Kao will mich verarschen, als er es vorgeschlagen hat, aber scheinbar war das sein voller Ernst.", plapperte Kyo drauflos. "Wo und wann? Und wer kommt?", fragte Die misstrauisch. Wenn Kaoru vorschlug, eine Party zu besuchen, musste doch etwas dahinterstecken?! "Mensch du Pappnase, Kao will die Party veranstalten!", entgegnete Kyo ungeduldig. "Also, noch mal zum Mitschreiben für dumme Gitarristen: Kaoru hat was von einem kleinen Treffen in seiner Bude erzählt, allerdings hab ich noch im gleichen Atemzug rausfinden können, dass vermutlich Alkohol in Litern fließen wird, soll heißen, eine Mini-Party in Leader-sans Bude. Nur für VIPs. Soll heißen, für alle Dirus." Die nickte. "Wie kommt er darauf, eine Sauforgie abzuziehen; und das dann auch noch in seinem Tempel der Ordnung?" Kyo am anderen Ende lachte. "Die zweite Frage würde ich auch gerne beantworten können... Aber was die erste angeht: das ist doch eindeutig. In letzter Zeit ist ziemlich viel Scheiße abgelaufen, findest du nicht? Unser guter Kao will wahrscheinlich mal wieder einen richtig lustigen Abend mit uns allen zusammen abziehen, damit wir diese nicht so nette Zeit gemeinsam ad acta legen können, ne?" "Seit wann hast du so viel Hirn?", lachte Die. "Nein, schon okay, du hast recht. Also, wann steigt unsere VIP Party?" "Morgen Abend." "Prima, weiß Kao schon, ab wann er sich die Bude verwüsten lassen will?" "Jau, wir sollen gegen zehn auftauchen. Und was das mit den VIPs angeht... Kao hat die Regeln gelockert und hide-chan eingeladen." "Hä? Ich mein, ich hab nichts gegen ihn, der Typ ist echt cool, aber was hat hide denn mit unserer Band zu schaffen?", wunderte sich Die. "Frag mich nicht, das ist dann sogar für mein hochentwickeltes Hirn zu undurchsichtig... Frag Kao-chan halt selbst." "Och, ich werd's auch so überleben...", meinte Die und verabschiedete sich von Kyo. //Die Idee ist spitze, Kao. Es wird wirklich Zeit, dass wir die Spannungen innerhalb der Gruppe ablegen und mal wieder zusammen etwas durchziehen. Vielleicht können wir zwei nach morgen auch wieder besser miteinander umgehen...// "Hey Kao-chan!" hide stand strahlend vor der Tür und hielt Kaoru gleich einige Flaschen Alkohol unter die Nase. "Ich dachte mir, wenn ich schon als Nicht-Mitglied auf eine Feier eingeladen werde, kann ich auch ein bisschen was beisteuern..." Kaoru grinste. "Damit du selbst mehr trinken kannst, ne." hide kicherte los. "Du hast mich durchschaut." Der pinkhaarige Mann sah sich interessiert in Kaorus Wohnzimmer um. Niemand da. "Bin ich zu früh?" "Nein, die anderen sind bloß mal wieder zu spät. Tut mir übrigens leid, dass es hier so chaotisch aussieht, aber ich hab die Möbel ein bisschen umstellen müssen, damit wir hier alle zusammenhocken können...", fing Kaoru an. Er hasste es, wenn nicht alles an seinem Platz war. hide jedoch hob erstaunt die Augenbrauen. Chaotisch? Wo? In dieser blankpolierten Hütte?! "Oooch, das stört mich nicht, weißt du? Ich bin schlimmeres gewohnt..." "Vermutlich deine eigene Bude.", erkannte Kaoru goldrichtig und verschwand in die Küche, wo er die Flaschen im Kühlschrank deponierte. "Ich muss dich übrigens vorwarnen. Wenn wir erst mal zu viel intus haben, kann's ganz schön nervig werden, in unserer Nähe zu sein..." hide grinste verständnisvoll. "Ich werde es überleben. Weißt du, erst mal hab ich Shin-chan schon breit zu Hause abgeliefert, und schlimmer als der kann's eh nicht werden, zweitens werde ich zu diesem Zeitpunkt eh nichts mehr mitkriegen, so wie ich mich kenne und drittens... ist ja nicht meine Bude, die morgen früh nicht mehr so hübsch aufgeräumt aussehen wird. Du musst sie wieder in Gang kriegen und nicht ich." "Oh, hat dir das niemand gesagt? Bei uns ist es Sitte, dass die Gäste aufräumen." Auf hides dummes Gesicht hin prustete Kaoru los. "Deine Miene hättest du sehen müssen...", kicherte er und schnappte nach Luft. Ein Bild für die Götter. "Haaahaaa..." hide verdrehte die Augen, als es jedoch klingelte, jumpte er vor Kaoru weg zur Haustür und riss sie übermütig auf. "Oi!!!", trompete er und begrüßte Shinya stürmisch. Kaoru grinste Shinya mitleidig an. Er kannte den Jüngeren gut genug um zu wissen, dass dieser es für gewöhnlich überhaupt nicht leiden konnte, wenn jemand ihn so begrüßte. Umso mehr wunderte es ihn, dass Shinya hide nicht schon längst mal zurechtgewiesen hatte. "Hübsch siehst du aus.", bemerkte Kaoru und schob Shinya vor sich her ins Wohnzimmer. Der Drummer trug eine weiße Bluse mit ausgestellten Ärmeln, einen braunen Minirock und schwarze Stiefel. "Hast du dich etwa für uns so hübsch gemacht?" Shinya zeigte dem Leader einen Vogel. "So weit kommt's noch... Das mach ich ausschließlich für mich selbst." Er sah sich im Wohnzimmer um. "Was hast du eigentlich angestellt?! Stand hier für gewöhnlich nicht bloß eine Couch?" Kaoru nickte beipflichtend. "Jetzt sind's halt drei, damit wir's auch schön bequem haben, ne? Ich bin ein toller Gastgeber, ich weiß... Ich hab die zwei Sofas aus dem Gästezimmer rübergeschoben." Die drei Sofas waren so aufgestellt, dass man in einer Art Kreis zusammensaß, in der Mitte stand noch der Couchtisch, der sich bereits beinahe bog unter lauter Gläsern, Schalen mit Knabberzeugs und Flaschen voll von verschiedensten Inhalten. "Meine Herrn, man könnte meinen, du hättest dir wirklich Mühe für uns gegeben...", staunte Shinya, als es erneut klingelte. "Aloha!!!" In der Tür standen, alle sichtlich gut gelaunt, Kyo, Toshiya und Die, wobei Kyo voran in die Wohnung marschiert kam, da er einen Getränkekasten mit sich schleppte. "Wir haben uns überlegt, dass du vielleicht ein bisschen flüssige Unterstützung gebrauchen könntest.", erklärte der Vokalist schief grinsend und drückte Kaoru den Kasten in die Hand. Allerdings ließ er los, bevor Kaoru ihn richtig zu fassen bekam. Gewiss hätte es an dieser Stelle bereits gescheppert, wenn da nicht noch Die gewesen wäre, der den Kasten in letzter Sekunde mit anpackte und somit ein Alkoholbad auf den Fliesen verhinderte. "Mensch Kyo, du Baka, du weißt doch, dass unser Kao nicht schwer tragen kann...", flötete Die und grinste. "Wohin mit dem Zeug? Gleich ins Wohnzimmer oder erst in die Küche?", wollte er dann von Kaoru wissen. "Äh... Erst mal in die Küche.", murmelte Kaoru und verdrückte sich ins Wohnzimmer. "Aye, aye." Die verschwand zielstrebig in die Küche und folgte den anderen dann ins Wohnzimmer, wo er sich zu Kyo aufs Sofa fallen ließ. Jegliche andere Plätze waren bereits belegt, Toshiya und Kaoru hatten sich auf dem einen Sofa breitgemacht, Shinya und hide auf dem anderen. Die Party war bereits im vollen Gange, die Stimmung ausgelassen und locker. Bisher hatten die Dirus und hide nicht viel unternommen (außer einiges zu trinken und viel Unsinn zu erzählen natürlich), doch jetzt kam Kyo ein Einfall. Er grinste plötzlich extrem schräg, schob ein paar Schalen aus der Mitte des Tisches beiseite und legte eine leere Bierflasche in die Mitte. "Was haltet ihr von einer Runde Flaschendrehen?", fragte er mit blitzenden Augen. "Jau! Das ist klasse!" hide nickte begeistert und auch Toshiya stimmte sofort zu. Wobei man dem eigentlich nicht so viel Beachtung schenken durfte, da seine Entscheidungsfähigkeit bereits stark eingeschränkt war. "Neeein, bitte nicht...", protestierte Shinya. "Och mann, jetzt sei keine Spaßbremse, Flaschendrehen ist toll!" hide gab Shinya einen sanften Rippenstoß. "Aber nicht, wenn Kyo und Die mitspielen...", maulte Shinya weiter. Auch Kaoru wirkte nicht sonderlich begeistert, doch die Mehrheit entschied nun mal, und da Die und Kyo eh bereits tuschelnd die Köpfe zusammensteckten, waren Shinyas Einwände niedergemacht. Die betrachtete amüsiert seine Freunde. Er selbst hielt sich schon den ganzen Abend über eisern an seiner Cola fest, daher war es zu interessant, mal zu sehen, wie peinlich sie eigentlich waren, wenn man wirklich gänzlich nüchtern blieb. Klar, betrunken bis zum Umfallen waren nie alle von ihnen, doch so ganz trocken... Kyo und Die lieferten sich während des Spiels einen kleinen Privatkrieg, der darin bestand, sich in gemeinen und peinlichen Aufgaben immer wieder zu überbieten. hide war sich nach einer Weile auch sicher, dass er nicht dran sein wollte, wenn einer von den beiden die Flasche drehen durfte. Bisher war der Kelch immer wieder an ihm vorbeigegangen. Kyo drehte soeben an der Bierflasche. Kaoru, Toshiya, Shinya, hide, Die, Kyo selbst, Kaoru, Toshiya... Shinya... hide. "Iie, wieso ich?", maunzte hide und sank tiefer ins Sofa. Der blonde Vokalist grinste breit. "Ich glaube, du hast Glück... Mir fällt gerade gar nichts fieses mehr ein. Aber... Kao-chan, hast du Eiswürfel?" Kaoru hob die linke Augenbraue an. "Öh... Ja?" "Herholen." Kaoru ächzte und schlurfte in die Küche. hide sah Kyo forschend an. "Was willst du mit Eiswürfeln?" Kyo sah ihn unschuldig an. "Ich? Ich gar nichts. Aber du hast dafür gleich Verwendung. Shinya, dich brauchen wir übrigens auch." Shinya starrte ihn entrüstet an. "Mich? Er ist dran, nicht ich!" "Du bist nun mal Mittel zum Zweck und hast somit keinerlei Mitspracherecht.", befahl Kyo und wandte sich wieder an hide. "Du wirst gleich einen kleinen Eiswürfeltausch mit dem Chibi machen.", verkündete er. hide starrte ihn verständnislos an, während Toshiya und Die losprusteten. Sie kannten diese Art Aufgabe beim Flaschendrehen, Kyo hob sie sich grundsätzlich für die Leute auf, die sie noch nicht kannten. "Kann mich mal einer aufklären, was du darunter verstehst?" Shinya verschränkte die Arme vor dem Körper. "Unter einem Eiswürfeltausch versteht Kyo es, dass zwei Leute einen Eiswürfel nur mit Hilfe der Zunge von Mundhöhle zu Mundhöhle schieben dürfen. Nicht sonderlich spektakulär, aber scheinbar hat Kyo einen Höllenspaß daran, anderen Leuten dabei zuzusehen, wie sie sich halb die Zunge verknoten bei dem Versuch, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Verloren hat der, auf dessen Zunge der Eiswürfel zerschmilzt." hide grinste wenig begeistert. "Das ist ja zuckersüß... Sag mal, geht's dir zu gut, Kyo-chan? Glaubst du im Ernst, ich leck hier freiwillig zu deiner Erheiterung mit Shin rum?" Kyo streckte ihm die Zunge raus. "Du kannst natürlich auch dein Hemd lassen, wenn dir das lieber ist..." (ß eine weitere Regel des Flaschendrehens à la Diru: weigerte sich jemand standhaft, eine Aufgabe zu erfüllen, musste er sich mit jeder weiteren Verweigerung eines weiteren Kleidungsstückes entledigen.) "Sooo, da hätten wir die Eiswürfel. Wer sind heute die Glücklichen?", fragte Kaoru glucksend und stellte eine kleine Schale mit Eiswürfeln vor hide ab. "Wie reizend von dir..." "Der Chibi muss herhalten.", verkündete Kyo und grinste erfreut. Das fand er scheinbar wirklich klasse. "Kann ich mich auch weigern?", jammerte Shinya. "Klappe, du hast dich überhaupt nicht zu weigern.", erkannte Die. hide ächzte und warf Shinya ein gequältes Grinsen zu. "Ich wünsch uns viel Vergnügen..." Damit griff er in die Schale (kaaalt...) und schob sich einen möglichst kleinen Eiswürfel in den Mund. Kyo kicherte bei Shinyas Miene vorher schon mal los. Dieses Kichern hielt die gesamte Aufgabe über an, was es bestimmt nicht viel angenehmer für hide und Shinya machte, doch er war nicht der Einzige, der sich scheckig lachte. Eigentlich lachten außer den beiden Betroffenen alle. Nach einer Weile fragte Shinya sich, ob dieser Eiswürfel eigentlich nie schmelzen wollte, als hide auch schon wieder ein Stück von ihm wegrutschte und trompete: "Gewonnen!!!" "Was, nein, ich hab gewonnen!" "Nix da, der Eiswürfel ist eindeutig in deinem Mund weggeschmolzen.", widersprach hide ernsthaft. Toshiya japste nach Luft vor lauter Lachen. "Wir würden nur zu gerne mitreden, aber da können wir leider nichts zu sagen... Waren eure Zungen, nicht unsere." "Wie auch immer. Ich finde, ich hab die Aufgabe bestanden." hide grinste ein Siegerlächeln. "Hai, das gilt. Jetzt dreh schon.", forderte Kyo ihn auf. Doch hide schüttelte den Kopf. "Mach du mal, Shishi. Ich muss mal wo hin..." Damit sprang er auf, wobei Kaoru ihm noch ein "Erste Tür rechts auf dem Flur!" hinterher rief. hide verriegelte die Badezimmertür hinter sich, lehnte sich dagegen und atmete tief durch. //Stell dich nicht so an. Das war doch bloß ein Kuss. Nein, nicht mal das. Es war nur eine dämliche Wette, das hatte rein gar nichts mit Gefühlen zu tun. Es war einfach nur Spaß.// Der pinkhaarige Mann versuchte zu ignorieren, wie sein Herz immer noch raste. Zögernd fuhr er mit den Fingerspitzen über die Lippen. Wie konnte er bloß so dumm sein? //Ich wünschte, ich könnte mich besser beherrschen. Das ist doch lächerlich. Ich kriege Herzklopfen, weil ich mit meinem Kumpel rumsabbere?! Was soll das? Ich habe mich doch sonst so gut im Griff. Aber das ist etwas anderes. Er bedeutet mir so viel. So viel mehr als normal. Hoffentlich hat es mir niemand angemerkt. Verdammt. Habe ich mich tatsächlich in ihn verliebt?// hide sah sich selbst zweifelnd im Spiegel an. //Spinner. Du hast zu viel getrunken, das ist alles. Wenn du wieder klar im Kopf bist, lachst du dich über deine eigenen Gedanken schrott.// Der Gitarrist schloss die Tür wieder auf und spurtete im Rekordtempo wieder zurück an den Ort des Geschehens, schwang sich über die Lehne zurück aufs Sofa und fragte dynamisch: "Hab ich was verpasst?!" "Nö, wir haben bloß Totchi mit nem Bacardi-Exer noch ein bisschen mehr abgefüllt.", erklärte Kyo gelassen grinsend und wandte sich dann wieder der Flasche zu, die gerade gefährlich in seine Nähe schwankte. hide warf Shinya einen Seitenblick zu. Dieser sah ebenfalls gebannt auf die Flasche, die sich immer noch drehte, und schien seinen Blick nicht zu bemerken. //Er wird mich nie bemerken. Nie so.// Shinya gab ein leises Knurren von sich. Das Licht fiel hell durch die halb heruntergelassenen Jalousien hinein und kitzelte ihn unter den geschlossenen Augenlidern. Dem Drummer stand überhaupt nicht der Sinn nach Aufstehen. Deswegen kuschelte er sich wieder tiefer ins weiche Sofa. Dabei kam ihm ein Gedanke, der ihn misstrauisch werden ließ. War Kaorus Sofa nicht immer so grässlich hart gewesen? Und... seit wann hatte dieses Sofa einen Herzschlag? Als Shinya bewusst wurde, dass das unter ihm garantiert kein Sofa war, fuhr er hoch und starrte verlegen auf hide hinunter, auf dem er soeben noch gelegen hatte. Aber unter hide war in der Tat das Sofa. Der Jüngste im Raum sah sich mit leicht verengten Augen um. Auf dem Sofa ihm gegenüber lagen in je einer Ecke Kaoru und Toshiya, neben sich konnte er Kyo entdeckten, der sich scheinbar im Laufe der eher kurzen Nacht Die zum Kissen umfunktioniert hatte und nun in einer merkwürdigen Pose zwischen der Sofalehne und Die hing. Das leichte Schnarchen kam eindeutig von Die. Typisch für ihn, der schnarchte sogar, wenn er zuvor keinen Alkohol getrunken hatte. Shinyas Blick wanderte über den Tisch. Leere Gläser, viele, seeehr viele leere Flaschen und in der Mitte eine liegende Bierflasche. //Haben wir Flaschendrehen gespielt? Wahrscheinlich. Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern...// Shinya gähnte und stand leise auf. Er musste jetzt einen Kaffee haben. Und, so nebenbei bemerkt, sahen die anderen auch so aus, als könnten sie eine geballte Ladung Koffein gebrauchen, wenn sie erst einmal wach waren. Später, inzwischen hatte der Drummer alle aufgeweckt und mit Kaffee versorgt, saßen die sechs zwar wieder halbwegs munter beisammen, wirklich viel geredet wurde jedoch trotzdem nicht. "Ich bin müde...", knurrte Kyo und rieb sich ein wenig Schlaf aus den Augen. "So siehst du auch aus, du Alkoholleiche.", stichelte Die neben ihm. "Pah, guck mal in den Spiegel, du siehst auch nicht gerade besser aus, obwohl du den ganzen Abend über nicht einen Schluck getrunken hast.", feuerte Kyo sofort zurück. "Na, woran das wohl liegt?! Vielleicht, weil du mich heute Nacht als Kopfkissen benutzt hast?" hide räusperte sich lautstark und meinte: "Also bitte, Die, Kyo hat dich wenigstens nur als Kissen benutzt und nicht gleich als ganze Couch, ne, Shishi?" Er gab Shinya einen sanften Stoß in die Seite. Dieser verschluckte sich an seinem Kaffee und fing sofort an, Entschuldigungen durch die Gegend zu stottern, woraufhin hide wieder zu lachen begann. "Hee, schon gut, das war ja bloß ein Witz..." "Wenn du schon so ein gutes Sofa abgibst, solltest du mal drüber nachdenken, dich mieten zu lassen. Gibt bestimmt Leute, die gerne ein lebendiges Sofa hätten.", bemerkte Kyo leicht grinsend, doch hide schnitt bloß eine Grimasse. "Hahaha... Man merkt, dass du noch müde bist, du bist doch sonst nicht so lahm in deinen Sprüchen." Shinya stellte seinen Kaffee auf dem Tisch ab und fragte: "Was genau haben wir eigentlich letzte Nacht gemacht?" Kaoru blinzelte erstaunt. "Das weißt du nicht mehr?" "Nein...?" "Was haben wir gemacht? Gesoffen und Flaschendrehen gespielt. Viel mehr auch nicht.", erkannte Kyo. Die grinste erfreut. "Willst du damit sagen, du hast einen Filmriss und weißt so rein gar nichts mehr von dem, was du letzte Nacht angestellt hast?" Shinyas Miene fror ein. "Was hab ich angestellt?!" Die überlegte. "Hm. Mal abgesehen von dem kleinen Tabledance, den Unmengen an Zigaretten, die du geraucht hast, den-" Die hielt inne. Als er Shinyas Blick sah, konnte sich nicht mehr beherrschen und prustete lauthals los. "Du Pflaume, hast du mir das im Ernst abgekauft?" "DIE!", fauchte Shinya und zog eine Schnute. "Du Shiri..." "Arigato." Kyo grinste Shinya an. "Filmrisse sind was schönes, ne. Aber du hast überhaupt nichts schlimmes gemacht. Dafür hatten wir ja Totchi..." Toshiya kicherte und warf dem Vokalisten ein Sofakissen an den Kopf. hide musterte Shinya von der Seite. //Gar nichts mehr? Weißt du im Ernst gar nichts mehr?// Während Kyo und Die anfingen, Shinya nicht der Wahrheit entsprechende Schauermärchen über die vergangene Nacht aufzutischen, die dieser ihnen inzwischen allerdings nicht mehr abkaufte, beobachtete Kaoru hide schweigend. Der Jüngere war ihm letzte Nacht schon so anders vorgekommen, fast so, als sei seine Fröhlichkeit nicht ganz echt gewesen. //Manchmal habe ich das Gefühl, du bist genau wie ich. Du verhältst dich, wie man es von dir erwartet. In dem Punkt unterscheiden wir uns zwar, denn du bist ein viel offenerer und frecherer Mensch als ich, aber ich glaube nicht, dass du wirklich immer so gut gelaunt bist. Du funktionierst einfach genauso gut wie ich, hab ich recht?// Chapter 10: Ernste Gespräche Shinya riss die Tür auf und wollte hide schon ein gutgelauntes "Oi!" entgegenschmettern, als er feststellen musste, dass hide gar nicht vor der Tür stand. "Oh. Was machst du denn hier?" Kaoru grinste schräg. "Man könnte meinen, ich sei unwillkommen." "Nein, nein, nein!", wehrte Shinya ab und machte eine einladende Geste. "Ich hatte bloß jemand anderes erwartet. Obwohl, dann er wäre er doch glatt mal zu früh, und das, wo hide für gewöhnlich eher zu spät kommt..." Kaoru lächelte nachsichtig. "Ist dir schon mal aufgefallen, dass du reden kannst wie ein Wasserfall, wenn es um hide-chan geht?" Shinya drehte ihm erstaunt den Kopf zu. "Hä? Nö. Na ja, vielleicht ein wenig. Gibt nun mal viel zu erzählen bei Leuten wie hide, ne." Kaoru nickte langsam. "Da könntest du recht haben..." "Hat dein Besuch einen bestimmten Grund?", wollte Shinya wissen, während die beiden nebeneinander her in die Küche marschierten, eins der gemütlichsten Zimmer in Shinyas Wohnung. Die Küche war klein und voll, aber, ganz Shinya entsprechend, immer blitzblank und ordentlich. Davon ganz abgesehen standen bei Shinya immer leckere Sachen herum, da der Drummer sich des Öfteren ans Backen herantraute. Auch heute hatte Kaoru Glück, eine Schale voll Keksen lachte ihn an, als er sich in einen Küchenstuhl sinken ließ. "Nimm dir ruhig." Shinya deutete seinen Blick richtig. Eine gewisse Genugtuung konnte er dabei nicht aus seiner Stimme verbannen. Es machte ihn immer wieder stolz, dass die anderen Bandmitglieder seine Back- und Kochkünste anerkannten. "Ich hätte eigentlich auch anrufen können, aber ich war eh gerade auf dem Weg, da dachte ich mir, ich sag dir so Bescheid. Nächsten Montag heißt es Koffer packen." Shinya runzelte die Stirn. "Wofür?" "Ne Mini-Promotour. Wir müssen uns zuerst zwei Tage in Nagoya aufhalten und da von einem Fotoshooting zum nächsten, die wollen ein neues Photobook illustrieren, da sollen wir dann gleich noch bei nem Pressetermin die Werbetrommel für rühren, noch ein, zwei Fernsehauftritte sind auch mit eingebaut worden..." "Na prima. Ich hab ja nichts gegen Fotoshootings, aber wieso müssen wir dafür unbedingt nach Nagoya? Können wir das nicht hier machen?", maulte Shinya. Kaoru nickte verständnisvoll. "Sieh es positiv, wir dürfen ein paar Nächte in Hotels schlafen, werden uns Hotelfraß vorwerfen lassen, mit dem Tourbus von einem Stau in den nächsten rasseln... Nein, im Ernst, es wird bestimmt lustig." Shinya wollte gerade noch eine Frage stellen, da klingelte es an der Tür. Der Jüngste Diru sprang auf und riss die Tür erneut auf, diesmal stand wirklich hide davor. hide strahlte nicht so überzeugend wie sonst und wirkte auch ansonsten sehr kleinlaut und zaghaft. Seine rechte Hand war zu einer Faust geballt, dazwischen konnte Shinya eine Tageszeitung erkennen. "hide? Alles okay?" hide trat ein und murmelte: "Wie man's nimmt... Die Presse hat in meiner Vergangenheit rumgeschnüffelt und ist auf genau das gestoßen, was man für einen schööönen, spannenden Artikel über dich und mich gebrauchen kann. He Kao." Kaoru war im Türrahmen aufgetaucht und sah Shinya, der hide die Zeitung weggeschnappt hatte, neugierig über die Schulter. "Wie gefährlich ist Shinyas Umgang für den Erfolg des beliebten Rockmusikers?", las Shinya verblüfft vor und sah auf. "Hä?" hide nickte auf den Artikel. "Lies." Shinya folgte seiner Anweisung und vertiefte sich wie Kaoru in den Artikel. Er handelte größtenteils von hide, dem in dieser Kolumne Drogengeschichten und Verurteilungen angehängt wurden, ebenso wurde ihm nachgesagt, auch heute noch in Drogengeschäfte verwickelt zu sein. Kaum war Shinya durch mit Lesen, gab er ein Schnauben von sich und sah auf. "Ist nicht deren Ernst, oder?" hide presste die Lippen aufeinander. "Auch auf die Gefahr hin, dass du mich gleich vor die Tür setzt, aber so ziemlich alles, was da drin steht, ist wahr. Bis auf das wichtige Detail, was die Gegenwart angeht. Das stimmt nämlich nicht. Wenn ihr erlaubt, erzähl ich euch die ganze Geschichte so, wie es wirklich war." Kaoru sagte bestimmt: "Natürlich erlauben wir das, ne, Shinya? Das würde mich jetzt wirklich brennend interessieren..." Wenig später saßen die drei wieder in der Küche und hide fing zögernd an mit seinem Bericht: "Wie gesagt, einiges davon entspricht in veränderter Form der Wahrheit. Ich hab Drogen genommen. Mit ungefähr siebzehn hab ich damit angefangen, ich habe nie viel genommen, jedenfalls nie so viel, dass es lebensgefährlich für mich wurde, aber Sucht ist Sucht. Ein halbes Jahr später hatte ich dann aber Pech. In dem Club, in dem ich gerade war, hielt die Polizei plötzlich eine Drogenrazzia ab und ich hatte ein paar Gramm Koks zu viel in der Tasche... Dafür stand ich dann auch vor dem Gericht. Ich war noch Jugendlicher und hatte verdammt viel Glück mit dem Richter, er hat mich mit ner Verwarnung und einem Haufen Sozialstunden davonkommen lassen. Was mich allerdings nicht davon abgehalten hat, weiter Drogen zu nehmen. Bis ich dann mit ungefähr einundzwanzig eines Tages in die Wohnung meiner Freundin kam und sie da fand. Tot, die Spritze noch im Arm. Das hat mich auf Lebzeiten kuriert, das könnt ihr mir glauben. Ich habe nie wieder etwas angerührt und werde es auch nie wieder tun. Das ist Vergangenheit. Und das war's auch schon." Shinya und Kaoru wechselten einen schnellen Blick. "Reicht auch fürs Erste...", meinte der Leader, Shinya sah hide betreten an. "Das ist traurig." hide grinste gequält. "Ich war selbst Schuld, du brauchst dafür kein Mitleid zu haben. Es tut mir viel mehr leid, dass du jetzt wegen meiner Scheißvergangenheit schlechte Presse hast." Kaoru zeigte ihm einen Vogel. "Kannst du was dafür, dass die in deiner Vergangenheit herumgeschnuppert haben?! Das ist so widerwärtig von der Presse, nur, weil die nichts zu schreiben haben, wühlen sie in längst vergangenen Privatangelegenheiten herum und ziehen die Leute durch den Dreck. Ich frage mich sowieso, wen es interessiert, was Shishis Freunde vor zig Jahren mal für einen Mist gebaut haben..." hide entgegnete sofort: "Ist doch klar, die können jetzt einen Riesenwirbel darum machen, ob ich nicht vielleicht einen schlechten Einfluss auf Shinya habe und nebenbei wird man ihnen die Zeitungen aus der Hand reißen, weil jeder wissen will, was mit Shin ist und ob er in ,Gefahr' ist." Er schnitt eine Grimasse. Shinya gab ein Geräusch des Unwollens von sich. "Weißt du was? Es ist mir scheißegal, was die über dich schreiben, mit solchen Schmierblättern sollte man den Mülleimer auslegen. Und das werde ich jetzt auch tun." Kurzerhand ließ der junge Mann die Zeitung im Mülleimer verschwinden. Damit brachte er hide zum Strahlen. "Bin froh, dass du das so siehst." "Hast du etwa ernsthaft geglaubt, dass wir wegen diesem Schrott die Verbindung zu dir abbrechen?", fragte Shinya entrüstet. hide sank ein bisschen tiefer in den Stuhl. "Hätte doch sein können..." "Baka. Du hast doch selbst gesagt: es ist Vergangenheit und dabei bleibt's dann auch. Keiner konnte ahnen, dass die hochverehrte Presse auf die Idee kommen würde, einen Artikel über dich zu schreiben, mach dir darüber keine Gedanken mehr. Morgen denkt kein Mensch mehr über diesen Artikel nach.", sagte Shinya ruhig. "Dass dem nicht so ist, weiß ich zwar selbst, aber trotzdem Arigato." hide grinste zum ersten Mal an diesem Tage richtig und visierte mit den Augen die Schüssel auf dem Küchentisch. "Ich darf ja mal, ne." Shinya verdrehte die Augen. Dieser Typ war unverwüstlich wie das Wetter, aber hallo... Doch Kaoru betrachte hide genauer. //Stört dich dieser Artikel wirklich so wenig? Es muss weh getan haben, wieder an die Vergangenheit erinnert zu werden, gerade auf diese Weise. Ich glaube dir nicht, dass du so abgebrüht bist. Du kannst deine Gefühle nur unglaublich gut hinter dieser unbekümmerten Art verstecken.// Keine Sekunde später ging das Gebimmel eines Handys los und hide griff in seine Hosentasche. "Moshi moshi." Eine Weile herrschte Schweigen. "Hm. Muss das sein?", fragte hide schließlich zögernd. Eine ziemlich laute Stimme, die man problemlos ohne Telefon verstand, fauchte los: "HIDE, du bist unser Sänger UND unser Gitarrist, NATÜRLICH muss das sein!!!" hide hielt das Handy einige Zentimeter vom Ohr weg und starrte es erschrocken an. "Ist ja gut, ich komme...", gab er klein bei. "DAS will ich wohl meinen, schwing deinen Hintern her, und zwar sofort!" "Jaja, brüll doch nicht so! Ich bin schon fast da." hide legte auf und grinste entschuldigend. "Das war unser Leader. Er muss etwas mit uns bequatschen, wahrscheinlich mal wieder was völlig unwichtiges, aber alle müssen antanzen. Denkt euch nichts dabei, wenn er schlechte Laune hat, brüllt der Gute zu gerne mal ein wenig..." Shinya lächelte mitleidig. "Au weh, da haben wir es doch ganz gut. Kaoru brüllt nur, wenn's wirklich gar nicht mehr anders geht... Aber nun hau schon ab, sonst klingelt es am Ende gleich wieder." "Stimmt auch wieder. Bis bald!" hide sprang auf und schon war er zur Tür heraus verschwunden. Kaoru lachte leise. "Dieser Typ lebt auch im kompletten Chaos, oder?" Shinya nickte beipflichtend. "Jau, aber täte er es nicht, wäre er nicht hide, ne." "Dieser Artikel ist echt eine Frechheit. In letzter Zeit kriegen wir nur noch Ärger mit denen, oder?" "Ja. Ich bin nur froh, dass hide so gut damit klar kommt. Andere Leute hätten sich jetzt fürchterlich aufgeregt.", entgegnete Shinya und wickelte sich nachdenklich eine Haarsträhne um den Finger. "Glaubst du ihm denn, dass es ihn nicht stört?" "Natürlich wird es ihn stören, allerlei Leute werden ihn jetzt anstarren nach dem Motto: das ist der, der in der Zeitung stand, weil er mal Drogen genommen hat. Ich hoffe nur, dass er sich das nicht zu doll zu Herzen nimmt..." "hide ist wirklich ein guter Freund. Ich freu mich, dass du endlich auch mal jemanden hast, dem du mehr Vertrauen entgegenbringst als uns." Shinya, nun völlig aus seinen Gedanken herausgerissen, rief: "Ich bringe euch genauso viel Vertrauen entgegen!!!" Kaoru schüttelte lächelnd den Kopf. "Iie. Tust du nicht. Du verschweigst uns zwar nichts mehr wie früher, aber zu wem würdest du gehen, wenn du Probleme hast? Zu mir?" Shinya dachte nach. "Nein, das täte ich nicht. Aus einem ganz einfachen Grund: ich bin der Auffassung, dass du genug eigene Probleme hast, mit denen du dich auseinandersetzen musst. Da kann ich dir nicht noch mit meinem Müll kommen. Mit Die ist es dasselbe. Kyo könnte mir bei meinen Problemen nie im Leben helfen, das weiß ich. Er ist vielleicht um einiges sensibler, als er zugibt, aber trotzdem. Deswegen ginge ich damit entweder zu Totchi oder eben doch zu hide, weil der einfach viel objektiver an die Sache ranginge, denn er kennt euch nicht so genau wie wir uns untereinander. Aber davon mal ganz abgesehen habe ich im Moment keine Probleme. Und du hast recht, hide ist wirklich ein prima Freund." "Und so praktisch...", fügte Kaoru grinsend hinzu. Shinya stieß ein genervtes Stöhnen aus. "Spielst du schon wieder auf diese blöde Sofageschichte an?! Ich kann's nicht mehr hören, Die liegt mir jetzt seit drei Tagen damit in den Ohren..." Kaoru lachte los. "Och Shin, nimm's ihm nicht übel. Es passte einfach zu schön. Erst diese Aufgabe während des Flaschendrehens, danach das..." Shinya runzelte die Stirn. "Von welcher Aufgabe sprichst du gerade? Du weißt doch, ich weiß so gut wie gar nichts mehr." "Na von der Eiswürfelaufgabe. Kyos Spezialität, du kennst das doch." Shinya sah Kaoru groß an und deutete mit dem Zeigefinger auf sich selbst. "Hat er mich das schon wieder abziehen lassen?" Kaoru nickte. "Hat er. Wusstest du nicht mal mehr das?" "Iie. Mit wem?", hakte Shinya sofort nach. "Na mit hide-chan, sonst wär's doch nichts neues gewesen." //Ich und hide? Daran kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern. Aber jetzt versteh ich erst, wieso die es alle so lustig fanden, wenn Die mich in den letzten Tagen mit hide aufgezogen hat...// "Shin? Noch anwesend?" Kaoru wedelte mit seiner Hand vor Shinyas Gesicht herum. "Du fängst schon wieder an, mir nicht zuzuhören. So langsam nehme ich das persönlich." "Och mann, ich habe gerade mein Gedächtnis durchforstet auf der Suche nach dem Fetzen einer Erinnerung. Aber ich weiß gar nichts mehr. Ich weiß nicht mal mehr, wieso ich eigentlich nichts mehr weiß.", verteidigte sich Shinya. "Das kann ich mir zu gut vorstellen. Die hat dich ein paar Runden lang ein Bacardiglas nach dem nächsten exen lassen.", erklärte Kaoru kurz und schmerzlos. "Dieser W... Blödmann. Hätte es wissen müssen. Dann ist's kein Wunder, dass ich so zu war. Er weiß doch ganz genau, dass ich Bacardi nicht gut vertrage!" "Deswegen hat er's ja gemacht. Er wollte dich wahrscheinlich dazu bringen, Dinge zu tun, die du später bereut hättest. Aber vom Schlimmsten konnten wir ihn abhalten." Kaoru grinste nachsichtig. Shinya jedoch hatte eine Schmollmiene auf dem Gesicht und eindeutig vor, sich im Nachhinein doch noch einmal künstlich über Die aufzuregen. "Wieso muss der mich immer abfüllen? Er ist einfach ein Riesenshiri." "Ist er nicht.", widersprach Kaoru überzeugt. Shinya betrachtete seinen Freund einen Moment lang, dann lächelte er plötzlich sanft. "Du hängst immer noch genauso an ihm wie noch vor vier Wochen." Kaoru schnitt eine Grimasse. "Darf man seine Freunde nicht mal mehr vor Beschimpfungen verteidigen?" "Doch, natürlich. Wenn ihr Freunde wärt, dürftest du das.", sagte Shinya geradeheraus. Kaoru zuckte innerlich zusammen. "Wären? Wir sind-" "Freunde? Nennst du das Freundschaft? Die hat in den letzten vier Wochen nicht eine Sekunde lang den Gedanken aufgegeben, wie er dich zurückkriegen kann, du hast nicht eine Sekunde lang aufgehört, dir einzureden, dass er dir nichts mehr bedeutet. Ist das wirklich Freundschaft?" Kaoru senkte den Blick ein wenig. "Ich weiß, es stimmt, was du sagst. Aber was sollen wir sonst tun? Klar, Die könnte so langsam mal versuchen, damit aufzuhören, aber kann man mit Liebe so einfach aufhören? Nein, kann man nicht. Ich rede mir in der Tat immer wieder ein, dass ich stark bin, dass ich ihn nicht brauche und ohne ihn auskomme, aber das stimmt genauso wenig. Aber ich muss es mir weiter einreden. Wenn ich damit aufhöre, kriege ich die Krise, das weiß ich ganz genau." "Wenn du womit aufhörst? Deine eigenen Gefühle zu unterdrücken?" Shinya suchte Kaorus Blick. Kaoru war irritiert. Shinya hatte noch nie so ernsthaft mit ihm über seine Beziehung zu Die geredet. Schon gar nicht aus eigenem Antrieb. "Nein, wenn ich aufhöre, mir einzureden, dass ich stark bin. Ich bin nicht stark, aber wenn ich es zulasse, schwach zu sein, flippe ich aus.", murmelte Kaoru und kramte in seiner Tasche herum. "Vergiss es, hier ist rauchfreie Zone angesagt." Auf dieses Verbot hin ließ Kaoru seine Suche bleiben. "Jaa... Jedem seine Macke." "Vielleicht ist es dreist von mir, das zu sagen, aber ich finde, dass du dich ziemlich dämlich anstellst.", sagte Shinya plötzlich. Kaoru sah wieder auf. "Wie bitte?!" Dass Shinya so etwas im vollen Ernst zu ihm sagte, war der Leader nicht gewöhnt. "Du machst dich selbst kaputt wegen Dingen, die du selbst ändern könntest. Ich weiß genau, wie weh er dir getan hat, und dafür hat Die wirklich mehr als einen heftigen Arschtritt verdient, nur... du liebst ihn so und gehst daran kaputt. Er leidet ununterbrochen unter eurer Trennung und geht auch dran kaputt. Wieso macht ihr es euch so unglaublich schwer, wo ihr doch glücklich sein könntet?!" Kaoru schüttelte den Kopf. //Wenn es nur so einfach wäre. Ja, natürlich ist es, wie du sagst, er liebt mich, ich liebe ihn, aber es gibt nun mal Dinge, die man nicht so leicht verzeihen kann. Gut, ich habe Die verziehen, weil wir Freunde sind oder es sein wollen, aber mein Herz hat ihm nicht verziehen. Ich kann es nicht vergessen. Vielleicht ist es auch einfach nur gekränkte Eitelkeit. Chikusho kuso, ich kann nicht ohne ihn leben. Aber ich weiß einfach nicht mehr, wie ich mit ihm leben soll...// "Ich kann dir darauf keine Antwort geben, Shinya. Ich kann es nicht erklären. Solltest du jemals in meine Situation kommen, verstehst du es vielleicht. Auch wenn ich nicht hoffen will, dass du jemals so eine Scheiße erleben musst.", sagte Kaoru nun plötzlich wieder völlig gefasst und ruhig. So, wie er immer war. Der Leader nahm seine Tasche hoch. "Ich gehe dann mal, die anderen sollten vielleicht auch noch erfahren, dass wir in vier Tagen auf Promotour gehen, ne." Er grinste. Shinya nickte. "Wär nicht schlecht." Kaoru war schon auf dem Weg zu seinem Mini, als Shinya ihm hinterher rief: "Leader-san?!" Der Angesprochene drehte sich um. "Bist du mir böse, weil ich das eben so offen gesagt habe, obwohl ich gar nicht genau nachvollziehen kann, was in dir vorgeht?" Kaoru lächelte gutmütig. "Natürlich nicht. Es ist gut, zu sagen, was man denkt. Du solltest das viel öfter tun. Sayonara!" Shinya winkte und lehnte sich gegen den Türrahmen. //Egal, wie sehr er dir weh getan hat. Du bist trotzdem ein Dummkopf...// Chapter 11: Geständnisse "Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, wie beschissen du aussiehst?" Die sah auf und machte eine beleidigte Miene. "Wie aufmerksam von dir. Ich weiß selbst, dass ich nicht mit deiner unermesslichen Bishonenschönheit mithalten kann." Toshiya verdrehte die Augen. "Das meinte ich doch nicht.", erklärte er ungeduldig. "Ich rede davon, dass du einige unschöne Merkmale aufweist in letzter Zeit." "Was heißen soll?" Toshiya betrachtete seinen Freund noch einmal genau. "Du hast Augenränder. Viel tiefer als normalerweise. Du bist dünner geworden. Wie viel Kilo hast du in den letzten Wochen abgenommen? Egal wie viel, es sind zu viele. Aber was viel schlimmer ist: das Glitzern ist weg." Die zog die linke Augenbraue hoch. "Welches Glitzern?!?" "In deinen Augen. Ich habe eins an dir immer ganz besonders außergewöhnlich und schön gefunden. Das war dieses fröhliche Funkeln in deinen Augen. Und das ist erloschen. Verdammt, sieh zu, dass du es wieder kriegst, es fehlt mir!", sagte Toshiya ernsthaft und griff nach Dies Hand. Big Red lächelte. Ein trauriges Lächeln. "Um dich zu beruhigen: Augenräder habe ich, weil ich seit Wochen nicht mehr richtig geschlafen habe. Abgenommen habe ich auch, da ich momentan ein bisschen zu wenig Appetit habe. Und das Glitzern... das wird schon wiederkommen. Hoffe ich doch. Genau wie alles andere auch." Toshiya drückte seine Hand fester. "Es quält dich immer noch, stimmt's?" "Natürlich. Ich kann so vielleicht wieder ganz normal sein, ich mache wieder Witze, nerve Shinya bis zum Gehtnichtmehr, kann Kao wieder in die Augen sehen. Aber es macht keinen Spaß mehr. Mir macht zur Zeit gar nichts mehr Freude. Jedenfalls nicht auf Dauer. Ich vermisse mein altes Leben so. Ich vermisse Kaorus ganze Nähe, seine Berührungen, sein Lächeln. Das Lächeln, das immer nur ich bekommen habe. Warum kann es nicht endlich aufhören weh zu tun, Totchi? Warum?" Dies Augen glänzten schon wieder verdächtig, als habe er nur darauf gewartet, sich das endlich mal von der Seele reden zu können. Toshiya drückte ihn schweigend an sich. "Ich fürchte, es wird dauern, bis das wieder aufhört. So leid es mir tut." Die presste die Lippen aufeinander. "Ich versteh nicht, wie Kao immer so gelassen und distanziert sein kann. Wieso kommt er so viel besser mit seinen Problemen klar als ich? Wenn ich mir nur vorstelle, dass er vielleicht irgendwann wieder eine neue Freundin oder einen neuen Typen hat, könnte ich die Krise kriegen..." Toshiya strich ihm besänftigend durch das flammendrote Haar. "Schätz Kaoru nicht falsch ein. Er leidet mindestens genauso sehr wie du. Aber er ist einfach besser in der Lage, es zu verstecken. Unser Leader-san halt.", flüsterte er in den Haarschopf seines Freundes. "Und egal, wie dreckig es dir momentan geht, du musst dich wieder fangen. Es kann nicht sein, dass du immer dünner und dünner wirst und aussiehst, als wärest du dauerhaft krank oder so. Man könnte meinen, du hättest gerade eine wochenlange, richtig schlimme Krankheit hinter dir." Die verzog das Gesicht. "So schlimm? Meine Güte, ich muss ja wirklich scheiße aussehen..." Toshiya lachte leise. "Nein, so meinte ich das doch nicht. Aber wenn man dich so gut kennt wie ich oder die anderen drei Pappnasen, sieht man es dir halt doch an. Andere merkten es wahrscheinlich gar nicht." Die erhob sich und steckte die Hände in die Hosentaschen. "Ich geh dann mal wieder in den Computerraum." Toshiya nickte und sah zu, wie er verschwand. Kaum war er weg, sprang er auf und gesellte sich zu Shinya und Kyo, die gemeinsam im Tonstudio standen. Von Kaoru war nichts zu sehen. "Leute, wir müssen endlich was unternehmen.", sagte er sofort. Kyo und Shinya nickten zustimmend, als wären sie bereits mitten in einem Gespräch. Die beiden wussten natürlich, wovon Toshiya redete. Kyo spielte ein paar Sekunden lang nachdenklich mit seinem Piercing herum. Plötzlich grinste er und meinte: "Ich hab da auch schon so eine Idee..." Shinya lauschte dem gleichmäßigen Tuten in der Leitung. Plötzlich wurde das Tuten unterbrochen und eine Stimme japste: "Moshi moshi!" in die Leitung. "He hide. Shinya desu." Einen kurzen Moment herrschte Schweigen. "Oh. Hi." Shinya legte die Stirn in Falten. "Das nenne ich herzlich." "Ach, gomen, so war das nicht gemeint. Ich hatte bloß gehofft... ich dachte, jemand anders wäre dran.", sagte hide hastig. "Wer denn?" "Das kann ich am Telefon schlecht erklären.", murmelte hide. Shinya fragte verwirrt: "Stimmt etwas nicht?" "Hmm... so in der Art." hide wickelte nachdenklich das Telefonkabel um den Finger. "Du bist noch bei der Probe, ne." Shinya nickte wie aus Gewohnheit. "Hai." "Kann ich kurz mal stören und vorbeikommen?" "Komm ruhig.", stimmte Shinya zu. "Ich mach eh gerade Pause." "Okay. Bis gleich." hide legte auf. Shinya sah den Telefonhörer noch einen Moment an, dann hängte auch er ein. "Kommt hide gleich vorbei?", fragte Kaoru geistesabwesend und strich mit dem Flip über seine Gitarrenseiten. "Hai... Er hörte sich bedrückt an." "Hat er Ärger?" "Das wird er mir hoffentlich gleich erzählen." Kaoru ließ seine Hand von der Gitarre sinken und sah hoch. "Klang es nach was Ernstem?" Shinya zuckte die Schultern. "Kann man bei hide schlecht einschätzen. Aber wenn er sich nicht mal freut, dass ich durchklingele..." Kaoru grinste nachsichtig. "Gewöhn dich nicht zu doll dran, dass hide immer strahlt, wenn du den Raum betrittst. Er hat schließlich auch ein eigenes Leben." Shinya nickte. "Natürlich. Ist nur mal was neues, sonst sprudelt er immer gleich los, deswegen kann man immer gleich erkennen, ob er gut gelaunt ist oder nicht. Nur nicht, inwiefern seine Laune schwankt." Kaoru musste ein Lachen unterdrücken. "hide - das unerforschte Mysterium..." Shinya rollte mit den Augen. "Hahaha..." Kaum hatte es geklingelt, sprang Shinya auch schon auf und lief in den Flur. hide grüßte lächelnd, doch sein Lächeln wirkte wie am Vortag ein wenig gezwungen. Shinya dachte kurz nach. "Wollen wir nach draußen gehen?" hide zuckte mit den Schultern. "Meinetwegen." Er ließ sich auf der "Rauchermauer", wie Shinya sie immer spöttelnd bezeichnete, nieder und steckte sich eine Zigarette an. Shinya setzte sich trotzdem zu ihm hin und fragte: "Was ist denn los? Du wirkst so bedrückt..." hide erzählte: "Ich war gestern doch noch bei dem Bandtreffen, ne." "Jau. Das ach so wichtige Gespräch.", fügte Shinya lächelnd hinzu. "Tja, es war ausnahmsweise wirklich mal wichtig. Shin... die wollen mich aus der Band schmeißen.", murmelte hide bitter. Shinya riss die Augen weit auf. "Was?! Wieso denn das?" "Verschiedene Gründe. Die anderen haben sich fürchterlich über diesen Artikel aufgeregt. Ich kann es ja verstehen, für eine nicht so bekannte Band sind derart heftige Beschuldigungen nicht gerade gute Publicity. So werden wir's nie schaffen. Deswegen hat unser Leader mich vor die Wahl gestellt. Entweder, ich seh zu, dass nie wieder Artikel über mich und dich erscheinen, soll heißen, ich breche den unmittelbaren Kontakt zu dir ab, oder ich gehe." "Aber... das... Soll das heißen, wir müssen unsere Freundschaft jetzt beenden? Einfach so?", fragte Shinya bedrückt. hide schnaubte. "Pah! Traust du mir im Ernst zu, dass ich das auf mir sitzen lasse? Nie im Leben lasse ich mir verbieten, mit wem ich mich in meiner Freizeit treffe. Und ich lasse mir schon gar nicht sagen, dass ich meinen besten Freund nicht mehr sehen darf. Iie, ich werde wohl oder übel die Band verlassen müssen..." Der Pinkhaarige presste die Lippen aufeinander und starrte geradeaus, die Zigarette in seiner Hand war vergessen. Shinya strich ihm zögernd über den Rücken. "Das renkt sich doch bestimmt wieder ein. Ich meine, das können deine Freunde nicht machen, oder? Sie brauchen dich doch, wie sollen sie denn ohne Gitarristen UND Sänger auskommen? Das macht doch die ganze Band kaputt!" hide brachte ein düsteres Lächeln zu Stande. "Ich versichere dir, sie werden mich ersetzen. Ich bin nun mal nicht so ein Ausnahmetalent wie die Leute in deiner Band, sondern einfach nur jemand, der ein Instrument beherrscht und sich als Sänger versucht. Jedenfalls niemand, der unersetzbar ist." Shinya schüttelte energisch den Kopf. "Ich habe dich bisher zwar nur einmal spielen hören, aber das war toll! Du beherrschst deine Gitarre total und das weißt du auch. Dich könnte niemand ersetzen. Rede noch mal mit eurem Leader. Wie ich dich kenne, wirst du nicht lange geredet haben, sondern hast gleich einen Abgang gemacht. Wenn du vernünftig mit ihm redest, wird er einsehen, dass er das so nicht machen kann." "Meinst du?" Shinya nickte überzeugt. "Sicher!!!" hide dachte nach. "Die Band war immer das Wichtigste für mich. Aber ich kann doch nicht den Kontakt zu meinen Freunden abbrechen, weil es jemand aus der Band von mir verlangt, oder? Das ginge einfach zu weit. Wenn das der Preis für Ruhm sein soll, arbeite ich nebenbei lieber weiter in der Sushibar und versuche, eine neue Band zu finden. Auch wenn das nicht dasselbe wäre..." Shinya lächelte zuversichtlich. "Das wird wieder. Mit deinen Idealen wirst du es schaffen. Außerdem sind die Leute in deiner Band doch deine Freunde. Sie werden dich nicht hängen lassen." hide seufzte unterdrückt. "Das ist der springende Punkt. Meine Freunde. Ich schätze, das ist der wirkliche Grund für diese Forderung. Ich habe meine Freunde in letzter Zeit wohl ein bisschen eifersüchtig gemacht, weil ich mich um dich mehr gekümmert habe als um sie. Klar, die Arbeit innerhalb der Band habe ich erledigt wie immer, auch wenn ich ansonsten ein Chaot bin, aber das nehme ich sehr ernst. Aber in meiner Freizeit hab ich mich nun mal mehr um dich gekümmert als um sie. Das nehmen sie mir wohl übel." "Das ist vielleicht etwas, das du ändern solltest.", meinte Shinya. Ihm gefiel dieser Vorschlag zwar nicht, aber wenn hides Zukunft in der Band davon abhing... "Aber ich hänge nun mal lieber mit dir rum als mit den anderen. Die seh ich doch eh jedes Mal, wenn wir proben.", protestierte hide. "Apropos sehen...", fiel es Shinya plötzlich ein. "In drei Tagen fahre ich weg. Auf Promotiontour. Für ungefähr eine Woche." hide sah ihn entsetzt an. "Ein Woche ohne Shin? Oh weia..." Er grinste schief. //Ich vermisse dich ja schon, wenn ich dich einen halben Tag nicht sehe. Wie soll ich da über eine Woche ohne dich auskommen? Es ist zum Verzweifeln. Wie konnte ich mich bloß Hals über Kopf in dich verlieben, obwohl ich doch von Anfang an wusste, dass du nichts von mir willst...?// Shinya sah auf die Uhr. "Ich muss mal wieder rein, sonst faltet Kao mich zusammen, weil ich schon seit einer halben Stunde Pause mache." Er stand auf und wartete darauf, dass auch hide sich regte. hide zögerte. Dann griff er nach Shinyas Hand und murmelte: "Ich muss... dir noch was sagen." "Okay." Der Drummer setzte sich wieder zu ihm und sah ihn aufmerksam an. //Chikusho Kuso, was mach ich?! Was soll ich denn jetzt sagen? Die Wahrheit? Das kann ich nicht! Aber jetzt fällt mir garantiert keine vernünftige Ausrede ein...// hides Blick wanderte über seine Hände (wo er inzwischen nur noch den abgebrannten Zigarettenstummel zwischen den Fingerspitzen hielt) wieder hoch zu Shinya. //Viel Spaß, jetzt kannst du es nur noch versauen... Fuck off, wieso denke ich eigentlich nie nach, bevor ich meine Klappe aufreiße?// hide wurde wieder bewusst, dass Shinya auf einen Kommentar von ihm wartete. Nun musste er wohl oder übel doch das tun, was er eigentlich nie zu tun gedacht hatte... "Wahrscheinlich mach ich gerade einen Riesenfehler, aber ich muss es dir sagen." hide holte tief Luft. "Ai Shiteru, Shinya..." Er gab sich einen Ruck, dann rutschte er ein Stück näher an seinen Gegenüber heran und küsste ihn. Einen Augenblick lang ließ Shinya es geschehen, doch plötzlich wich er zurück und starrte hide mit großen Augen an. "Aber..." hide biss sich auf die Lippe. "Es - das tut mir leid, vergiss es. War ne blöde Idee...", murmelte er, sprang auf und verschwand um die Hausecke. Shinya sah ihm sprachlos nach. Ungläubig fuhr er mit den Fingerspitzen über seine Lippen. Sie fühlten sich ganz warm an, fast so, als wären hides Lippen noch an den seinen. //hide...// "Shinya? Wieso sitzt du denn hier draußen? Mutierst du am Ende doch noch zum Raucher?" Toshiya lehnte sich grinsend gegen die Mauer und sah Shinya fragend an. Shinya saß, wie vor einer halben Stunde auch schon, immer noch auf der Mauer und starrte gedankenverloren durch die Gegend. "Ist was passiert?" Der Ältere beobachtete seinen Freund forschend. "Ich hab ihn verletzt...", murmelte Shinya und seufzte. "Wen hast du verletzt?", wollte Toshiya verblüfft wissen. "Na hide..." "Wie hast du das denn geschafft?" Shinya erzählte leise: "Er hat mich geküsst. Und ich hab ihn abgewiesen." Toshiya räusperte sich. "Ups... Vielleicht hab ich was verpasst, aber ich wusste gar nicht, dass er auch was von dir will." "Wieso auch?" Shinya sah auf. "Na ja, willst du mir etwa erzählen, dass du so ganz und gar nicht an ihm interessiert bist?", fragte Toshiya ungläubig. "Ich - ich weiß nicht..." //Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Bis jetzt habe ich nur drüber nachgedacht, wie ich das wieder geradebiegen kann.// "Du weißt es nicht?", hakte Toshiya sanft nach und gab sich Mühe, Shinya so viel Ruhe wie möglich zu vermitteln. Der Jüngste war für seine Verhältnisse ziemlich aufgewühlt. "Mein Kopf ist wie leer.", erkannte Shinya und seufzte. "Hattest du denn wirklich was gegen den Kuss?" //Du stellst mir lauter Fragen, über deren Antworten ich mir selbst nicht im Klaren bin. Ich weiß, dass hide mir sehr viel mehr bedeutet als nur ein guter Freund. So weit bin ich mir im Klaren über meine Gefühle. Aber dann hört es auf. Ich habe keinerlei Ahnung, ob es Liebe ist, warum ich mich gegen den Kuss gewehrt habe und was ich überhaupt will.// Shinya zuckte mit den Schultern. "Totchi, ich habe keine Ahnung mehr, was ich will und was in mir abgeht. Ich... zuerst hab ich es zugelassen, aber dann kam es mir plötzlich so falsch vor. Deswegen hab ich mich dann gewehrt. hide ist mir so unglaublich wichtig. Nur... ich kann nicht sagen, was das für ein Gefühl ist. Ich kann bei hide nicht mehr einschätzen, wo Freundschaft aufhört und Liebe anfängt." Toshiya lächelte herzlich und legte Shinya den Arm um die schmalen Schultern. "Weißt du was? Was auch immer in deinem Herzen abgeht, irgendwann wirst du es wissen. Bitte hide, dir Zeit zu lassen, um dir darüber klar zu werden. Er wird sie dir geben." Shinya lehnte sich an seinen Freund. "Glaubst du?" "Ganz sicher.", versprach der blauhaarige Bassist und legte seinen Kopf auf Shinyas. "Mein kleiner Shishi... Hör einfach auf dein Herz, dann wird alles so, wie es sein muss. Ich wünsche dir so sehr, dass du endlich mal richtig glücklich wirst mit der Liebe." Diese Aussage brachte Shinya zum Lächeln. "Ich hab dich gern.", sagte er leise. "Ich mich auch.", gluckste Toshiya und fing sich damit einen beleidigten Blick von Shinya ein. "Idiot." "Tja, Idioten wie mich kann man nur gern haben. Und jetzt komm, wie lange machst du eigentlich schon Pause?!" Shinya zwang sich zu einem Grinsen. "Länger als ihr alle zusammen. Das nennt man künstlerische Exzentrizität..." Toshiya folgte ihm ins Haus und fragte: "Künstlerische was?" "Exzentrizität. Das ist ein Fremdwort." "Ach nein? Hört sich an wie ne Krankheit... bist du dir sicher, dass das so richtig ist?" "Ja." "Hast du nen Duden verschluckt?" "Nein, Toshiya, das ist Bildung.", erklärte Shinya kurz und fing sich damit einen vernichtenden Blick seines Freundes ein. "Die hat recht, du bist ein Miststück...", meuterte er. Shinya lachte. //Danke Totchi. Ohne dich bliese ich jetzt immer noch Trübsal da draußen und wüsste überhaupt nicht, wie ich die Sachen anpacken soll...// Chapter 12: Sanfte Gefühle hide schloss gerade die Tür zu seiner Wohnung auf, als von innen eine Stimme erklang. Seine eigene, denn der Anrufbeantworter war angesprungen. "hide? Shinya desu. Ich wollte mit dir reden... wenn möglich, noch heute oder morgen. Auf jeden Fall noch, bevor wir übermorgen auf Promotour fahren. Es ist wichtig. Melde dich bei mir, hai?" hide starrte auf das Telefon hinunter. Dann gab er sich einen Ruck und hob ab. "Shin?" "Du bist ja doch zu Hause!" "Bin gerade in die Tür gekommen." Stille. "Kann ich vielleicht vorbeikommen?" hide sah sich einmal kurz um. Chaos... "Zu mir?" "Wenn es dich nicht stört..." "Äh, okay. Wann?" Er schielte auf die Uhr am Videorekorder. Siebzehn Uhr. "Gleich? Es sei denn, du hast noch etwas anderes zu tun." "Nein, nein, das geht schon. Bis gleich..." hide legte auf und ächzte. Das konnte ja was werden... Eine viertel Stunde später stand Shinya vor der Tür. hide begrüßte ihn (reichlich gezwungen) fröhlich und wies ihn durch einen kleinen, vollgestellten Flur ins Wohnzimmer. Auch das wirkte sehr vollgestopft und durch das Chaos, das herrschte, noch viel kleiner. "Bin nicht mehr wirklich zum Aufräumen gekommen...", entschuldigte hide die Unordnung. Shinya lächelte nachsichtig. "Ich bin das gewöhnt. Hast du schon mal Kyos oder Dies Wohnung gesehen?" hide stand ein wenig hilflos im Raum herum. "Willst du was trinken? Tee?" Shinya nickte zustimmend. "Gerne." Er folgte hide in die Küche, die - wenn möglich - noch kleiner und noch vollgestellter war, aber trotzdem etwas gemütliches an sich hatte. Vielleicht auch gerade deswegen. Der Drummer beobachtete schweigend, wie hide mit zwei gläsernen Tassen, Teebeuteln und einem mit Wasser gefüllten Kessel herumhantierte. hide fühlte sich gerade ganz und gar nicht wohl. Er spürte, dass Shinya ihn beobachtete, was ihn nervös machte. So nervös, dass er die Glastasse die Arbeitsfläche hinunterkullern ließ. Im letzten Moment fing hide sie wieder auf und stellte sie zurück. "Was für Reflexe...", murmelte Shinya grinsend. hide lachte. "Muss man haben, wenn man nur noch die zwei besitzt, weil man die anderen alle zerdeppert hat." Nach dieser kurzen Unterhaltung herrschte wieder Schweigen. hide war regelrecht erleichtert, als endlich der Kessel pfiff und er Shinya zurück ins Wohnzimmer dirigieren konnte. Da saßen die beiden nebeneinander auf dem Sofa und keiner wusste so recht, was er von sich geben sollte. "Was ist jetzt mit deiner Band?", fiel es Shinya plötzlich ein. Rettung... hide fing an zu erzählen: "Ich bin gestern noch bei der Probe aufgetaucht. Das hätte keiner von ihnen erwartet, sie dachten wohl, mich in nächster Zeit nicht so schnell wiederzusehen. Na ja, erst hab ich gehörig meine Meinung gesagt. Dann hab ich eine vierfache Meinung zurückgekriegt. Unser Leader hat mich so zusammengefaltet, dass ich gleich zwei Köpfe geschrumpft bin, aber dann tat's uns plötzlich allen leid und die große Entschuldigungsrunde ging los. Na ja, im Endeffekt konnten wir uns jedenfalls nach einem ewig langen Gespräch wieder einigen und ich bleibe letzten Endes doch in der Band." Shinya seufzte erleichtert. "Das freut mich." "Und mich erst... Aber du bist doch nicht im Ernst hier, weil du das wissen wolltest, oder?" hides Frage ließ Shinya unwillkürlich zusammenzucken. "Nein. Ich bin wegen gestern hier." hide senkte den Blick auf die Teetasse in seinen Händen. "Hätte es wissen müssen. Kuso, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so überrumpeln und-" "He, lass mich doch erst mal ausreden!", unterbrach Shinya ihn. hide verstummte. "Gomen, natürlich." //Ich will gar nicht hören, was du mir zu sagen hast. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, wenn du mir jetzt sagst, dass du mich nicht liebst.// Shinya spielte mit dem Silberring an seinem rechten Daumen herum. "Ich muss mit dir über gestern reden. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das, was ich sagen will, in Worte fassen soll. Ich hoffe, du verstehst trotzdem, was genau ich dir sagen will. Gestern hast du mich wirklich... überrascht. Dabei war es nicht mal so die Tatsache, die mich überrascht hat, sondern mehr, dass du so plötzlich gehandelt hast. Ich hätte es bemerken müssen. Vielleicht sogar bemerken können, wenn ich es gewollt hätte. Aber ich war zu egoistisch, um mir Gedanken über deine Gefühle zu machen. Ich wollte einfach nur, dass du weiterhin so an mir hängst und immer für mich da bist, ohne mir Gedanken darüber zu machen, warum es eigentlich so ist, sondern habe es einfach genossen. Das war unfair und dumm von mir. Aber noch viel dümmer war, dass ich mir nicht mal Gedanken um meine eigenen Gefühle gemacht habe. Vielleicht hast du gedacht, ich hätte dich gestern abgewiesen, weil ich entsetzt oder so war, aber das war es nicht. Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, aber ich... habe Gefühle für dich, die über Freundschaft hinausgehen. Es mag nicht unbedingt das klassische große Liebesgefühl sein, aber da ist etwas, das nichts mehr mit Freundschaft zu tun hat. Vielleicht ist es noch nicht genug, um zu sagen, dass ich dich liebe, aber das kann ich lernen. Wenn du es mir erlaubst, werde ich lernen, dich zu lieben. Aber ich brauche noch ein wenig Zeit. Gibst du sie mir?" Shinya suchte fast ein wenig schüchtern nach hides Blick. Der starrte zur Abwechslung mal ihn mit großen Augen an. "Ist das... ich meine, meinst du das wirklich ernst?!" Shinya nickte ernst. "Natürlich meine ich das ernst." hide umarmte ihn und zog ihn sanft an sich. "Ich geb dir alle Zeit dieser Welt.", flüsterte er. "Versprochen. Aber lass mich nicht unnötig lange warten, hai?" Erneut nickte Shinya. "Das würde ich nie tun. Danke, dass du mich verstehst.", antwortete er leise. //Ich habe das Richtige getan. hide ist es wert, geliebt zu werden. Aber er hat aufrichtige Liebe verdient. Und die kann ich ihm momentan noch nicht geben. Das werde ich aber lernen. Das weiß ich.// "Duu?" Shinya sah hide fragend an. Der grinste. "Wenn du Montag wegfährst, darf ich dich dann zum Abschied küssen?" Shinya lachte und küsste hide auf die Wange. "Mal gucken." //Natürlich darfst du. Ich möchte niemanden lieber küssen als dich.// "Shiiin, wir sind jetzt schon zu spät dran, nun mach schon!!!" Shinya drehte sich zu Kyo um, der gegen den Tourbus lehnte und ungeduldig mit dem Fuß auf der Stelle klopfte. "Och Kyo, noch fünf Minuten!" Kyo gab ein genervtes Geräusch von sich. "Chibi, er kommt nicht mehr. Du kennst doch hide, der hat sich mal wieder eine falsche Zeit gemerkt und wird sich später wundern, warum hier keiner mehr ist." Shinya schüttelte überzeugt den Kopf. "hide wird kommen.", sagte er mit Nachdruck. Toshiya, der gerade eine seiner Taschen in den Bus einlud, lächelte Shinya wissend an. Er war der Einzige, dem Shinya in etwa berichtet hatte, was zwischen hide und ihm war. "Ich denke auch, dass wir noch kurz warten können, Kyo-chan.", zwitscherte er und schob Kyo in den Bus. "Du kannst ja schon mal mit reinkommen." Shinya sah sich um. Die saß auch schon im Bus, Kaoru stand beim Busfahrer und diskutierte mit ihm, scheinbar versuchte er ihn zu überreden, noch ein paar Minuten zu warten. "Herr Niikura, wir sind schon zu spät dran! Wir können nicht noch Ewigkeiten warten." Kaoru redete höflich auf ihn ein und überzeugte ihn schließlich doch noch, ein paar weitere Minuten abzuwarten. Doch die Minuten verstrichen und schließlich wollte auch Shinya gerade als Letzter in den Bus einsteigen, als ein Ruf erklang: "HAAALT!!!" Shinya stieg den Eingang wieder hinaus und ein Lächeln schlich sich auf sein ernstes Gesicht. hide spurtete auf ihn zu und kam kurz vor dem Drummer zum Stehen. "Tut - mir - so - leid... Ich bin aufgehalten worden...", keuchte er und rang nach Atem. "Ist in Ordnung, du hast es ja noch geschafft." "Ich dachte schon, ich verpasse dich am Ende doch noch.", erklärte der Pinkhaarige und kramte in seiner Jackentasche herum. "Musst du jetzt unbedingt noch rauchen?", jammerte Shinya. "Nix da rauchen...", widersprach hide und zog ein kleines, verschlossenes Tütchen hervor. "Das ist für dich." Shinya sah hinunter auf die Tüte, die hide ihm entgegenhielt. "Für mich?" "Hai." Shinya wollte sie gerade öffnen, da protestierte hide: "Halt, erst aufmachen, wenn du im Bus sitzt!" Der Drummer hob die Augenbrauen an. "Was ist da denn drin?" "Lass dich halt überraschen.", meinte hide und grinste. "Bist doch sonst nicht so neugierig." "Na gut..." Shinya steckte das kleine Tütchen in seine eigene Jackentasche. "Tut mir wirklich leid, aber du bist so spät dran, dass wir gleich los müssen." hide nickte. "Schade... Na ja, dann... sayonara, ne. Meldest du dich ab und zu mal?" "Klar doch!!!" hide griff nach Shinyas kalten Händen und zog ihn ein wenig dichter an sich heran. "Pass auf dich auf, klar?" Shinya lächelte. "Sicher. Ist doch nur eine Woche." "Ich weiß..." hide stellte sich auf die Zehnspitzen (dabei war er für gewöhnlich der Größere, was bei Shinyas Plateauschuhen allerdings leicht in Vergessenheit geraten konnte) und gab Shinya einen sanften, aber sehr langen Kuss. "Meine Herrn, die sehen sich in ein paar Tagen wieder, was gibt es da draußen denn so groß zu bequatschen?!", jammerte Kyo und rutschte tiefer in seinen Sitz. Toshiya ihm gegenüber grinste verhalten. "Lass ihn doch. Gibt halt viel zu erzählen." Kaoru neben Kyo streckte sich ein wenig und murmelte: "Ich hab jetzt schon keine Lust mehr auf die Fahrt. Gerade in den Verkehrsnachrichten hörte es sich schon wieder an, als sei die Strecke voller Staus und Baustellen..." Die machte sich neben Toshiya lang und meinte schläfrig: "Ach, lass doch die Staus Staus sein. Wir werden es schon überleben." "Find ich auch.", stimmte Shinya zu, der soeben eingestiegen war und die Seitentür hinter sich schloss. Dann ließ er sich neben Kyo nieder und zog eine Zeitschrift aus seiner Tasche. Kyo musterte ihn einen Augenblick lang kritisch, dann fragte er mit einem merkwürdigen Unterton: "Was habt ihr da draußen gemacht ?" Shinya runzelte die Stirn und ließ seine Zeitschrift ein wenig sinken. "Wieso?" "Kurz bevor hide gekommen ist, hast du dir Lipgloss auf die Lippen gemacht. WO ist der so schnell hin?!" Kyo sah Shinya durchlöchernd an. Der zuckte scheinbar desinteressiert die Schultern, murmelte etwas wie: "Der wird jetzt wohl auf hides Lippen sein..." und wendete seine volle Aufmerksamkeit wieder seiner Zeitschrift zu. Die vier bohrenden Blicke von allen Seiten missachtete er dabei einfach. Wobei eigentlich nur drei der Blicke bohrend waren. Toshiya fuhr viel mehr in seinem Sitz hoch und rief erfreut: "Ehrlich? Ist ja cool, soll das heißen, ihr seid jetzt richtig zusammen und nicht nur so halb?" Dies Blick schwankte von Toshiya zu Shinya und wieder zurück. "KÖNNTE es angehen, dass hier etwas läuft, von dem wir eventuell auch mal etwas erfahren sollten?!" Shinya schüttelte den Kopf. "Nein.", meinte er mit einem unschuldigen Augenaufschlag und versteckte sein Gesicht hinter dem Artikel, den er aufgeschlagen hatte, damit niemand den belustigten Ausdruck bemerken konnte. Es war zu schön, die anderen mal auf die Folter spannen zu können. "SHINYA TERACHI, auf der Stelle nimmst du diese dämliche Zeitschrift vor deiner Nase weg und wirst uns erzählen, was hier abgeht!!!", donnerte Die und schnappte Shinya die Fool's Mate weg. Der erbarmte sich letzten Endes doch noch und berichtete seinen Freunden, was in den letzten drei Tagen gewesen war. "Cool. Gehört hide also endlich offiziell zur Familie.", freute sich Kyo und zerzauste Shinya gut gelaunt die Haare. "Hey, wieso musst du mir immer die Haare zerzausen?!", maulte Shinya und strich sich die goldbraunen Strähnen wieder zurecht. "Und außerdem laufen wir noch nicht unter dem Begriff Familie, ne. Noch sind wir bloß eine Band." "Pah, ich sag's dir, irgendwann lassen wir uns doch noch in den Familienregister eintragen...", verkündete Toshiya überzeugt und warf Kyo einen Blick zu. "Obwohl das vielleicht nicht die beste Idee wäre." Er zwinkerte verschmitzt. Die verdrehte die Augen und wandte den Blick ab. So viel schmachtende Blicke, das hielt man ja im Kopf nicht aus... Er blätterte nun selbst in Shinyas Zeitschrift herum. Hier ein paar Bilder von Gackt, Pierrot waren auch dabei, da ein Artikel über Baroque... Und da eine Doppelseite nur über Kaoru. Sogar sehr hübsche Bilder von Kaoru. Die warf Shinya einen verstohlenen Blick zu. Der sah gedankenverloren aus dem Fenster. ,Gomen Shin, die Zeitschrift siehst du nicht wieder...', überlegte Die und betrachtete verzückt die Doppelseite. "Was interessantes zu lesen?" Die sah auf. Kaoru wartete auf eine Antwort. "Äh... na ja, doch... Ist ganz nett." "Zeig mal her, was gibt's denn da so interessantes?", wollte Toshiya wissen und schnappte Die die Zeitschrift weg. Er grinste unterdrückt, schlug die Zeitschrift zu und reichte sie wieder Die. "Netter Geschmack, Big Red...", flötete er und fing sich einen vernichtenden Blick von Die ein. Kaoru sah von Toshiya zu Die und wieder zurück. Hä? Shinya währenddessen fiel plötzlich wieder ein, dass er ja noch das Geschenk von hide in der Tasche hatte. Vorsichtig zog er die Tüte aus der Jackentasche und öffnete den kleinen Verschluss. Etwas silbernes und ein Zettel fielen dem jüngsten Diru in die Handfläche. Das silberne Etwas entpuppte sich als eine wunderschöne, silberne Kreuzkette mit hellen Glitzersteinen. Shinyas Augen leuchteten auf, als er die Kette betrachtete. Dann wandte er sich dem kleinen Zettel zu. 'Die Kette ist für dich. Ich werde in Zukunft immer auf dich aufpassen, aber wenn du mal unterwegs bist und ich nicht bei dir sein kann, soll sie dich an meiner Stelle beschützen. hide' Shinya lächelte sanft und legte sich sofort die Kette um. //Arigato, hide. Du machst es einem wirklich leicht, dich zu lieben...// "Argh, noch eine Stunde länger und meine Gliedmaßen wären völlig im Eimer.", klagte Kyo und stieg ächzend aus dem Bus aus. Toshiya kicherte. "Da hab ich ja Glück gehabt, dass wir endlich da sind." Die und Kaoru tauschten einen Blick. "Die sind so nervig...", maulte Die und streckte sich. Kaoru lächelte. Er wusste, dass Die das nicht wirklich ernst meinte. "Lass sie doch. Ich find's zu kawaii." "Ich bin nicht kawaii!", protestierte Kyo, der Kaorus letzten Satz aufgeschnappt hatte. "Natürlich nicht, Kyo-chan.", zwitscherte Die und zog Kyo mit sich zum Eingang des Hotels. "Nenn mich nicht Kyo-chan, ich heiße Kyo!" "Totchi nennt dich doch auch immer so!", entrüstete sich Die. "Heißt du Totchi?" Shinya folgte seinen Freunden und schüttelte lächelnd den Kopf. Manchmal waren Die und Kyo doch wirklich einfach nur kindisch... Während Kaoru sich an der Rezeption mit der Empfangsdame unterhielt, betrachteten die restlichen Dirus die Eingangshalle. Voll. Das war das erste Wort, dass ihnen dazu einfiel. Das gesamte Hotel sah sehr voll aus. Überfüllt, um genau zu sein. "Es darf nicht wahr sein!" Kaoru tauchte wieder neben ihnen auf und schnaubte. "Lass mich raten: die Reservierung der Zimmer ist schiefgelaufen?", erkannte Die. "Wie kommst du bloß darauf? Es ist sogar so extrem schiefgelaufen, dass wir jetzt anstatt fünf Einzelzimmern zwei Doppelzimmer haben. Und da das Hotel bis unters Dach ausgebucht ist, können sie uns auch kein weiteres Zimmer mehr anbieten, sondern wollen in eins der beiden Doppelzimmer ein Zusatzbett stellen.", erklärte Kaoru genervt. Was war bloß so schwer daran, eine Reservierung richtig aufzunehmen? "Also ich und Kyo gehen in ein Zimmer.", verkündete Toshiya sofort. Shinya rief: "Was? Aber ich will nicht mit Die in ein Zimmer, der schnarcht mir viel zu laut!" "Pech für dich." Kyo zeigte die Zähne. "Nein, Pech für euch. Dann beziehe ich nämlich das Zusatzbett in eurem Zimmer.", erklärte Shinya kurz und schmerzlos. "Nervensäge...", knurrte Kyo sichtlich wenig begeistert, doch Toshiya meinte strahlend: "Das geht schon in Ordnung, Chibi, kommst du halt zu uns mit ins Zimmer." Die starrte die drei fassungslos an. Wollten die ihn etwa im Ernst mit Kaoru alleine in einem Zimmer lassen? Das konnten sie doch nicht machen!!! Kaoru reagierte da weniger kompliziert, sondern gab Shinya den Schlüssel mit der Nummer 47 und behielt selbst die Nummer 46. "Daijobu, dann beziehen wir jetzt erst mal unsere Zimmer, ne. In zwei Stunden müssen wir wieder los zum ersten Fotoshooting." Damit ging er voran zielstrebig in Richtung Zimmer. Die betrachtete Kyo. Der sah ihm verdächtig gut gelaunt aus. Als auch der Sänger sich in sein Zimmer davonmachen wollte, hielt Die ihn zurück und zog ihn am Kragen zu sich hin. "Erzähl mir jetzt n-i-c-h-t, dass das auf deinen Mist gewachsen ist!" Kyo sah ihn unschuldig an. "Boku? Was hab ich denn damit zu tun, dass die Zimmerreservierung nicht rechtens ist?" "Mach mir nichts vor, ich kenne dich.", knurrte Die und verschränkte die Arme. Kyo gab sich geschlagen: "Jaa, schon gut, wir drei haben das mit den Zimmern ausgeheckt und schon vorher geplant, euch ins selbe Zimmer abzuschieben." Die schnaubte. "Ich fasse es nicht, geht's dir zu gut?!" "Ja, mir geht's gut, aber euch nicht. Und da wollten wir Abhilfe schaffen. Eins sag ich dir: ich will nicht umsonst Ewigkeiten per Telefon auf die Tussi an der Rezeption eingeredet haben, bis sie tatsächlich die falsche Reservierung vorgenommen hat. Also sieh gefälligst zu, dass du was auf die Reihe kriegst, hast schließlich zwei Nächte Zeit dafür.", erklärte Kyo geradeheraus. Die fragte sich, ob er lachen oder weinen sollte. Schließlich entschied er sich fürs Lachen und hakte sich bei Kyo ein. "Ihr seid mir ein paar Bakas... Danke, Kyo." Kyo grinste schräg. "Glaub ja nicht, dass ich das für dich ausgeheckt habe. So was mach ich nur aus reinem Egoismus." "Hä?" "Ich will, dass du glücklich bist, damit du endlich aufhörst, so beschissen zu spielen wie in den letzten Tagen.", behauptete Kyo und fing sich damit einen leichten Tritt in den Hintern ein. "Autsch." "Selbst Schuld. Shiri. Aber wie auch immer, ich bin dir trotzdem dankbar. Selbst wenn ich glaube, dass diese Aktion sinnlos ist, es ist total kawaii von dir, was du damit bezwecken wolltest." Ein lautes Geräusch ließ die Gäste in der Umgebung zusammenschrecken. Kyo gab ein erneutes kyotisches Geräusch von sich und stürzte hinter Big Red der, der es jetzt vorzog, sich zu verdrücken. Die stürzte in sein Zimmer und ließ die Tür hinter sich zukrachen. "Gerettet...", ächzte er. Kaoru, gerade damit beschäftigt, in seinem Koffer herumzukramen, sah auf. "Wovor?" "Kyo." Die grinste gequält. "Er wollte mir an die Gurgel." "Was hast du wieder angestellt?", wollte der Leader grinsend wissen. "Hab ihn zu oft kawaii genannt." Kaoru lachte. "Dann ist's kein Wunder. Dabei ist er das doch wirklich." Die hob zweifelnd die Augenbraue. "Na ja..." "Jedenfalls find ich's ziemlich kawaii, was er hier angestellt hat." Die stutzte. "Was meinst du?" "Ist doch eindeutig, dass das mit den falschen Zimmern nur auf Kyos Mist gewachsen sein kann, ne? Besonders, weil mir die Rezeptionsdame erzählt hat, dass jemand vor vier Tagen oder so anrief und die Zimmer umbestellt hat." Auf Kaorus Gesicht zeigte sich ein nachsichtiges Grinsen. "Der Typ ist so blöd...", ächzte Die und hielt sich die Hand vor die Stirn. "Ich find es einfach bloß lieb. Auch, wenn er sich hätte denken können, dass wir das durchschauen würden." Kaoru ließ sich in den Fernsehsessel fallen und gähnte. "Ich bin todmüde. Keine Ahnung, wie ich das beim Shooting nachher machen soll." "Dann solltest du zusehen, dass du wieder wach wirst, sonst wird unser neues Photobook noch hässlich deinetwegen." Kaoru streckte ihm herzhaft die Zunge heraus. "Ich bin von Natur aus eine Schönheit, erst durch meine Anwesenheit wird das Photobook überhaupt etwas.", prahlte er grinsend. "Sicher. Einbildung ist auch eine Bildung. Durch mich werden unsere Bücher erst was.", widersprach Die. "Na gut, einigen wir uns darauf, dass wir beide einen Teil zur Schönheit unserer Fanartikel beitragen.", lenkte Kaoru lachend ein. Die zuckte die Schultern. "An mir soll's nicht liegen, ne." "Und ich bin doch schöner." //Bist du ja auch. Wenn die Situation nicht so wäre, wie sie ist, hätte ich das jetzt gesagt. Kuso, warum kann ich einfach nicht aufhören, dich zu lieben?!// Chapter 13: Fotoshooting Kaoru sah auf die Uhr. "Kommst du heute noch mal raus da?", rief er hinter den Vorhang, der kleine Umkleidekabinen von einander teilte. "Neeein, das sieht hässlich aus!!!", jammerte Toshiya auf der anderen Seite des Vorhangs und sah unglücklich an seinen Klamotten herunter. Grääässlich... "Komm schon raus, damit ich es angucken kann." "Genau, zier dich nicht so, du bist doch kein Weib.", gluckste Die und zupfte an seinem Hemd herum. Irgendwie fand er, dass er damit zu tuntig aussah. Als er Kaoru mit dieser Sorge kam, sagte dieser beruhigend: "Unsinn, es steht dir prima. Da ist überhaupt nichts tuntiges dran. Und du komm endlich raus da!" Jammernd und sichtlich unzufrieden schob Toshiya den Vorhang beiseite und stellte sich Kaoru mit Schmollmiene gegenüber. "Hm.", machte dieser. "Du siehst so... so..." "Blöd aus.", beendete Die grinsend seinen Satz. Toshiya schnaubte beleidigt. Kaoru hingegen umrundete den Bassisten und zog hier an dem Oberteil, da am Gürtel und dort an diesem etwas, das sich weder als Rock noch als Hose identifizieren ließ herum und sagte schließlich: "Also, die Accessoires passen nicht zum Oberteil, der Rock... oder ist das ne Hose?" "Ist ein Rock.", erklärte Toshiya düster. "Der passt irgendwie schon gar nicht. Sagt mal, was für ein Stylistenteam ist denn hier an diesem Set im Gange? Komm mit, ich such dir etwas vernünftiges raus..." Kaoru griff nach Toshiyas Hand und zog ihn mit zu einer der unzähligen Kleiderreihen. Toshiya wirkte jetzt schon viel zufriedener. Kaoru hatte ein glückliches Händchen in der Kleiderauswahl, der fand schon etwas Gutes... Die betrachtete Shinya, der ebenfalls vor dem Spiegel stand und sich kritisch begutachtete. Der hübsche Drummer trug enge Lackklamotten, die seinen schönen, schlanken Körper perfekt betonten und ihn unglaublich gut aussehen ließen. "Nicht schlecht, Chibi.", erkannte auch Kyo gerade angetan. Kyo saß bereits vor dem Schminktisch und hantierte mit verschiedensten Schminkutensilien herum. Die fünf Dirus schminkten sich grundsätzlich lieber selbst, doch Kyo war meist der Einzige, der diesen Wunsch auch sturköpfig durchsetzte, da er niemanden an seinen Kopf heranlassen wollte. Lediglich bei den Haaren ließ er sich ab und an helfen. Shinya ächzte. "Das Ding ist so... eeeng." Die kicherte los. "So sieht's auch aus. Kriegst du überhaupt noch Luft in dieser Latexhülle?" Shinya erklärte: "Das ist erstens Lack und zweitens: nein. Ich brauch das ne Nummer größer, wenn ich mich damit hinsetzen soll, macht's unter Garantie ratsch und aus ist's mit dem Fummel..." Die suchte am inneren Kragenrand von Shinyas Kleidung nach einem Nummernschild. "Ist aber deine Größe. Hast du vielleicht zugenommen?", stichelte er. "Halt deine Klappe, Big Red. Kann sich nicht jeder so mager hungern wie du. Ich schätze mal, die Hose, die du da anhast, ist auch deine normale Konfektionsgröße, und trotzdem schlabbert die rum, als wäre sie zwei Nummern zu groß. Sieh gefälligst zu, dass du mal wieder was zwischen die Zähne kriegst.", knurrte Kyo, inzwischen dabei, sich die Haare anzutoupieren. Die ließ das Schild an Shinyas Kragen los und sah an sich hinunter. "Das soll so sitzen!", verteidigte er sich und sein Outfit. "Wer's glaubt... Du machst dich selbst zum Hungerhaken, so blöd muss man erst mal sein. Weißt du überhaupt noch, wie man essen buchstabiert?", entgegnete Kyo dickköpfig. "Oder warum sonst hab ich dich seit Ewigkeiten nichts mehr essen sehen?" Die steckte die Hände in die Hosentaschen und entgegnete mindestens genauso stur: "Vielleicht, weil wir nie zusammen essen?" "Auf Kaorus Party hast du nicht einmal in die Schalen mit den Knabbersachen gegriffen, obwohl alle deine Lieblingschips dabei waren. Das ist für mich Beweis genug.", kam prompt die Antwort vom Vokalisten. Shinya sah zwischen Die und Kyo hin und her. Wenn die so weitermachten, krachte es gleich gehörig. "Komm mit Die, ich muss Kao suchen, er soll mir sagen, wo ich das Ding ne Nummer größer herkriege." Der Drummer zog Die an der Hand mit sich weg, wobei Kyo noch hinterher rief, dass Die ja gleich noch erkunden konnte, ob man seine Hose nicht auch noch ein paar Nummern kleiner hatte. "Dieser blöde Wichser, was kann ich denn dafür, wenn ich ein bisschen abnehme?", murrte Die, kaum dass Kyo außer Hörweite war. Shinya hielt an und sagte ernst: "Du weißt genau, wieso Kyo das macht. Das ist seine Art, dich zur Vernunft bringen zu wollen." "Wieso zur Vernunft bringen, es ist doch alles okay!" "Nichts ist okay bei dir, oder willst du mir sagen, dass es normal ist, wie viel du in letzter Zeit abgenommen hast?" "Shishi, mir ist der Stress ein wenig auf den Magen geschlagen, was macht das schon? Der Appetit kommt schon wieder...", wehrte Die ab. Shinya verschränkte die Arme vor dem Körper (kaum möglich, da das Lack sich sofort über den Rücken spannte). "Die, ich bin mir sicher, dass das nichts mehr mit Appetitlosigkeit zu tun hat. Du machst das mit voller Absicht. Ich habe dir zwar versprochen, nie mit den anderen darüber zu reden, aber trotzdem nicht vergessen, wie du lange Zeit mit Stress umgegangen bist. Du kannst nicht wieder mit diesen verdammten Radikaldiäten anfangen, das bringt doch nichts! Wo soll denn das aufhören?!" Die wandte den Blick ab. "So ein Unsinn, ich weiß noch, wo es das letzte Mal fast geendet hätte, ich mach das nicht mehr. Das habe ich dir doch versprochen..." "Versprich es nicht mir. Versprich es dir selbst.", verlangte Shinya und suchte besorgt Dies Blick. "Ich will nicht und ich kann nicht zulassen, dass du dich wieder halb zu Tode hungerst. Zumal das mit Sicherheit die dümmste Art ist, Probleme zu verarbeiten." Die gab ein genervtes Stöhnen von sich. "Du tust gerade so, als würde ich mit dem festen Vorsatz nichts mehr zu essen leben. Dabei kommt meistens einfach was dazwischen und ich hab keine Zeit, oder es passt gerade halt nicht. Oder ich habe mal keinen Hunger." Shinya schüttelte den Kopf. "Du musst aufhören. Oder viel mehr wieder vernünftig anfangen." "Womit muss er wieder anfangen?" Kaoru kam auf die beiden zu und betrachtete Shinya. "Sieht umwerfend aus. Demo... soll ich dir das eine Nummer größer besorgen?" Shinya nickte dankbar. "Ich kann es aber auch selbst holen. Wo hängt es?" Kaoru deutete auf die zweite Kleiderreihe. "Da irgendwo." "Arigato!" Shinya lächelte und verschwand. Kaoru wandte sich wieder Die zu und wiederholte seine Frage. "Nicht so wichtig, der Chibi nervt mich bloß ein wenig." Kaoru betrachtete Die lange. //Du versuchst, vor mir zu verbergen, was so offensichtlich ist. Glaubst du, ich merke nicht, wie du immer mehr abnimmst? Wenn man dich mit einem Bild vergleicht, das vielleicht ein halbes Jahr alt ist, könnte man erschrecken. Es tut mir weh, dich leiden zu sehen. Und ich kann dir nicht einmal helfen, weil ich es bin, wegen dem du leidest. Du bist vielleicht selbst Schuld, aber es macht mich trotzdem traurig, dich so zu sehen.// "Kao?" Kaoru drehte sich zu Toshiya um, der jetzt eine viel hübschere Kleiderkombination trug und wirklich kawaii darin aussah. "Geht das so?" Kaoru überprüfte die Kleider noch einmal, dann nickte er zufrieden. "Prima. Ab zum Stylisten, damit deine Frisur und deine Schminke noch fertig werden." Toshiya nickte gehorsam und verdrückte sich wieder. Kaoru wollte sich wieder Die zuwenden, doch der hatte die Gelegenheit genutzt und war abgehauen. //Soweit ist es schon zwischen uns. Du läufst vor mir davon, um nicht mit mir reden zu müssen...// Das wilde Knipsen der nächsten Stunden war nichts neues, genauso wenig wie die Tatsache, dass immer wieder verschiedene Leute des Teams an ihren Haaren herumzupften, ihnen mit der Puderquaste die Nase puderten oder sie von A nach B schoben, weil sie dort in einem besseren Licht standen. "Okay, wir haben für heute genug Gruppenbilder im Kasten. Könnten wir noch mit den Portraitbildern anfangen?", fragte der Fotograf und wechselte den Film in seiner Kamera. Kaoru nickte. "Natürlich können wir noch damit anfangen. Wer soll zuerst?" "Fangen wir gleich mit dir an. Rüber zu Set zwei.", dirigierte der Fotograf und deutete nach links. Gehorsam schlenderte Kaoru hinüber zum Set zwei, während die restlichen vier Members sich in der Sofasitzecke niederließen. Kyo steckte sich als Erstes eine Zigarette an und stieß ein wenig Rauch in die Luft. "Hab ganz vergessen, wie anstrengend dieses ganze Posieren ist...", klagte er und lehnte sich gegen das weiche Polster des Sofas. Toshiya nickte verständnisvoll. "Geht mir genauso. Ich bin auch ganz schön kaputt." "Frag mich bloß nicht... Ich fühl mich wie gerädert. Wir waren zu faul die letzten zwei Monate. Nur im Studio rumsitzen und proben ist halt nicht dasselbe wie Fotoshootings, Fernsehauftritte und Promotouren...", gähnte Shinya und wedelte mit der Hand vor dem Gesicht herum, um den Rauch, den Kyo absichtlich immer wieder in seine Richtung blies, verschwinden zu lassen. Die hingegen beobachtete Kaoru nachdenklich. Kaoru poste professionell vor der Kamera, genauso, wie der Fotograf es haben wollte. Seine schwarzen Kleider saßen perfekt wie immer, das einzige Bisschen Farbe an ihm waren seine lilafarbenen Haare und das Weiß seiner Haut. //Du bist wie immer. Professionell, beherrscht und perfekt. Ein richtiger Workaholic eben. Ich wünschte, du könntest einmal einfach wieder du sein, ohne diese perfekte Beherrschung, die dich immer erst nachdenken lässt, bevor du handelst. Du bist so ein gefühlvoller und sensibler Mensch, wie kannst du da so gelassen und kühl dein Ding durch ziehen, ohne jegliche Regung zu zeigen?// "Hey Big Red, ich weiß, es ist schwer, aber könntest du deine Aufmerksamkeit vielleicht trotzdem mal für fünf Minuten von unserem Leader abwenden und sie mir schenken?" Die, wieder in die Wirklichkeit zurückgerissen, wandte sich Kyo zu und legte den Kopf schief: "Was denn? Willst du mir noch ein paar Vorwürfe machen?" Toshiya verzog das Gesicht. So gab es bloß noch mehr Krach... Doch Kyo ignorierte diese Spitze und sagte schlicht und einfach: "Iie, im Gegenteil. Ich wollte dir sagen, dass ich 'n Arsch bin und dich vorhin nicht angreifen wollte. Du hast mich irgendwie angepisst, ich weiß auch nicht. War jedenfalls nicht fair, das an dir auszulassen. Aber du kennst mich ja, ich und Fairness... Kannst du mir noch mal verzeihen?" Die überging das Detail, dass Kyos letzte Frage schon wieder extrem nach Verarsche klang, und nickte gnädig. "Einmal noch. Ich hätte ja auch nicht drauf eingehen müssen." "Stimmt allerdings.", erkannte Kyo und bekam dafür einen warnenden Stoß von Seiten Toshiyas. Kaoru kam auf sie zugeschlendert und setzte sich auf die Sofalehne zu Toshiya. "Die, der Chef will jetzt dich vor der Linse haben." Die nickte, erhob sich und schlurfte recht lustlos zum Set hinüber. "Den kann man vielleicht knicken zur Zeit... er hat ja sogar meine Entschuldigung gleich angenommen, kann mich gar nicht erinnern, wann er das letzte Mal so wenig nachtragend reagiert hat...", sagte Kyo fast ein wenig deprimiert. Kaoru legte die Stirn in Falten. "Ihr hattet Streit?" Toshiya und Shinya sahen Kyo strafend an. "Ach, Streit ist vielleicht das falsche Wort... Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.", versuchte Kyo, seine eigenen Worte runterzuspielen. "Worum ging es denn?" "Nichts weltbewegendes, ich hab ihm nur ein bisschen die Meinung gesagt...", redete Kyo um den heißen Brei herum. Kaoru wedelte mit der Hand. "Zu welchem Thema wollte ich wissen." "Nun jaa... Ich hab ihn ein bisschen runtergemacht, weil ich das Gefühl habe, dass er absichtlich hungert, das hat mich halt ein wenig aufgeregt und das hab ich ihn dann auch spüren lassen...", druckste der Vokalist herum. "Wie bitte? Kyo, ist das dein Ernst?" //Sag, dass du das nicht gemacht hast. Du hast nicht im Ernst noch auf Dies Problemen herumgetrampelt, obwohl er so schon empfindlich genug ist und nicht mehr weiß, wie er mit sich selbst klar kommen soll?! Da kannst du ihm doch nicht noch die Fehler, die er bei seinen Versuchen zurechtzukommen macht, unter die Nase reiben und ihm den Mut nehmen!// "Doch...?" Kaoru seufzte unterdrückt. "Es ist bestimmt nicht der richtige Weg, Die herunterzumachen. Damit erreichst du doch höchstens das Gegenteil.", sagte der Gitarrist in einem Ton, der die anderen an ein Lehrer-Schülergespräch erinnerte. "Ich hatte ja auch nicht die Absicht, ihn anzumachen, das hat sich mehr so... ergeben.", murrte Kyo kleinlaut. "Außerdem war's ja auch gar nicht so dramatisch." Shinya räusperte sich. Natürlich war es nicht so dramatisch gewesen, dennoch war sich der Jüngste sicher, dass Kyo Die mehr damit verletzt hatte, als der vielleicht glaubte... "Ich bin tot.", ächzte Toshiya und ließ sich in den Sitz des Busses fallen. "Nein, du hast immer noch einen Puls.", erkannte Shinya und drückte an Toshiyas Handgelenk herum. Der Bassist grinste matt und kuschelte sich an Kyo. "Na gut, dann halt bloß todmüde." Kyo fuhr ihm durch die blauschwarzen Haare und gähnte. "Ich habe das Gefühl, heute Nacht werden wir alle schlafen wie die Steine.", bemerkte Kaoru lächelnd. Beinahe wäre Kyo ein "Das will ich bei dir doch nicht hoffen!" herausgerutscht, doch in letzter Sekunde verkniff er es sich und zuckte die Schultern. "Vielleicht, vielleicht auch nicht. Kommt drauf an, wie lange Shinya heute Nacht noch mit hide zu telefonieren gedenkt." Shinya sah ihn empört an. "Was soll das denn heißen? Ich habe nie gesagt, dass ich noch mit hide telefonieren werde." "Aber du hast schon so einen Blick, ist fast so, als würden immer wieder vier pinke Buchstaben in deinen Augen aufblinken.", stichelte Kyo. Daraufhin bedachte Shinya ihn mit einem so verachtenden Blick, dass der Vokalist ein wenig schrumpfte. "War nicht abwertend gemeint, keine Panik." "Seit wann ärgerst du den armen Chibi so viel?", fragte Toshiya ohne dabei die Augen zu öffnen. "Irgendwer muss doch für Die einspringen. Am Ende gewöhnt Shin-chan sich noch dran, dass ihn keiner ärgert, das geht doch nicht..." "War das gerade eine Aufforderung an mich, Shishi wieder ein bisschen mehr zu quälen?", fragte Die im Halbschlaf. Der große Rothaarige lehnte gegen die Seitenwand des Busses und hatte die Augen geschlossen. Draußen war es bereits dunkel, das Shooting hatte sich Ewigkeiten hingezogen, da der Fotograf nach den Portraitbildern noch auf die Idee gekommen war, ein paar Knuddelbilder von jeweils zweien von ihnen zu schießen, was sich ebenfalls wieder hingezogen hatte. An diesem Abend hatte tatsächlich keiner von ihnen mehr Lust, noch in der Hotellobby oder der Bar abzuhängen, sondern kehrten gleich in ihren Zimmern ein. Toshiya und Shinya saßen gemeinsam auf dem Doppelbett und lieferten sich noch ein kleines Kartenspielmatch, Kyo hingegen hockte seltsamerweise alleine auf dem Zustellbett an der Wand und schien die Ohren gespitzt zu haben. "Seid doch mal ein bisschen leiser...", zischelte er. Shinya runzelte die Stirn. "Was um Himmels Willen tust du da?" "Na ich horche, was denn sonst?!" "Das seh ich, aber w-a-s horchst du?" "Was da im Nebenzimmer abgeht natürlich! Aber wenn ihr die ganze Zeit kichert, versteh ich kein Wort, obwohl die Wände dünner als dünn sind!", klagte Kyo nun wieder lauter. "Und, was geht ab?", fragte Toshiya und legte eine Karte. "Ja nichts, das ist ja die Scheiße! Die reden bloß und ich kann nicht mal verstehen, worüber!" "KYO, lass deine Lauscher gefälligst von der Wand! Ich hab genau gehört, dass du uns belauschst, die Wände sind nämlich wirklich dünn!!!", kam plötzlich ein lauter Ruf scheinbar direkt aus der Wand. Eindeutig von Die. "Huch..." Kyo starrte verlegen die Wand an. Das war nun wirklich nicht seine Absicht gewesen. Toshiya und Shinya lachten schadenfroh. "Selbst Schuld." "Daijobu!!!", rief Kyo hinüber. Eine erneute Antwort: "Und ich warne dich, wenn du das noch mal machst, kannst du was erleben, wir sind hier nicht bei Big Brother!" Die schüttelte ärgerlich den Kopf. "Warum hat der uns nicht gleich verwanzt?" Kaoru lachte und schlüpfte unter die Bettdecke. "Lass ihn doch, wenn's ihn glücklich macht, uns beim Schlafen zu belauschen..." Die verdrehte die Augen und ließ sich auf sein Bett fallen. "Der Typ ist manchmal echt eine Krankheit. Schlimmer als die Pest, diese Neugierde..." Er griff nach unten in seine Tasche und holte Shinyas Fool's Mate wieder heraus. "Ist das nicht Shinyas?" "Hm?" "Die Zeitschrift." Die richtete den Blick wieder auf seine Zeitschrift. "Äh, ja... Hab ich mir gezockt, da sind so hübsche Bilder drin." Kaoru setzte sich wieder auf. "Ehrlich? Zeig mal her! Von wem denn?" Kaoru griff nach dem J-Rock Magazin. Die stöhnte innerlich auf. Neeein... Kaoru schlug die Zeitschrift wieder auf und landete sofort auf der Doppelseite in der Mitte. "Oh. Wirklich, ganz entzückend, dieser Mensch... Ist dir schon mal aufgefallen, dass du mich täglich stundenlang angucken kannst?" Kaoru musste sich ein Grinsen verkneifen. //Du bist so kawaii... Klaust anderen Leuten ihre Zeitschriften, weil Bilder von mir drin sind. Du kleiner Spinner.// "Was denn, soll ich dich den ganzen Tag angaffen und dein Ego noch mehr verstärken? Das ist ausgeprägt genug...", brummte Die und sah sich um. War hier nicht irgendwo ein Mauseloch zum Verkriechen?! "Darf ich dir eine Frage stellen?" Kaoru suchte nach Dies Blick. Der zuckte scheinbar desinteressiert die Schultern. "Meinetwegen." "Ich habe aus dem, was die anderen gesagt haben, etwas rausgehört, was mir überhaupt nicht gefallen hat. Die, kann es sein, dass du Essstörungen oder etwas in der Art hast?" Die drehte Kaoru den Kopf zu und schüttelte ihn dann bestimmt. "Nein. Habe ich nicht. Ganz ehrlich. Ich geb zu, dass ich die letzten Wochen nicht gerade viel und auch nicht gerade sehr regelmäßig gegessen habe, wenn ich es überhaupt mal getan habe, aber ich habe mir vorgenommen, das wieder zu verbessern. Ich hatte nicht viel Appetit und es deswegen meistens gleich ganz bleiben lassen, aber das bringt's auch nicht. Will schließlich nicht als Magerquark enden..." Kaoru betrachtete Die lange Zeit schweigend. //Du tust es schon wieder. Du spielst alles herunter und weichst mir aus. Du brauchst mich nicht mehr. Das tut so weh. Aber es ist gut, wenn du deine Probleme ohne meine Hilfe regelst. Es ist sogar besser so... Ich muss aufhören. Am Ende bin ich, der immer stark sein will, es, der nicht klar kommt und weiter auf dich angewiesen ist und nicht andersherum, wie es sonst immer war. Ich hätte nie gedacht, wie abhängig ich von dir bin.// "Freut mich, wenn du alleine zurecht kommst.", zwang sich der Leader schließlich, doch etwas zu sagen. "Ich komme nicht allein zurecht, sondern hab mit Shin drüber geredet. Der hat mich wieder zur Vernunft gebracht. Aber alleine hätte ich wahrscheinlich immer noch nicht eingesehen, dass ich zu wenig esse." //Früher wäre ich es gewesen, der dich zur Vernunft gebracht hätte.// "Find ich ziemlich stark von dir, zuzugeben, dass du allein nicht gut zurecht kommst.", murmelte Kaoru. "Es kann sich nicht jeder einreden, stark zu sein und alleine klarzukommen, wie du es tust. Ich bin nicht stark, bin ich noch nie gewesen, aber ich weiß das und kann es zugeben. Nur muss ich mir so langsam abgewöhnen, mich drauf zu verlassen, dass du jedes Problem für mich regelst, und das fällt mir verdammt schwer." Die legte sich richtig hin und fragte: "Können wir das Licht ausmachen?" Kaoru nickte schweigend, knipste seine Nachttischlampe aus und drehte sich auf die Seite. //Ich sollte drüber mich freuen. Ich sollte froh sein, dass du dich von mir lösen willst. Aber ich will es gar nicht. Ich will dich nicht verlieren...// Kapitel 14: Ein Happy End in der Liebe? "Find ich ja nett, dass wir das Frühstück gleich aufs Zimmer kriegen.", meinte Kaoru und betrachtete verzückt das riesige Tablett auf ihrem Doppelbett, das sich unter den verschiedensten Brötchensorten, Kaffee, Tee, Aufstrich und Obst nur so bog. Die ihm gegenüber brummte: "Ich find es nur richtig so. Schließlich haben die bei unserer Reservierung ja auch einiges verbockt. Das ist die richtige Entschädigung dafür." Kaoru lachte. "Mal daran gedacht, dass wir die falsche Reservierung unseren werten Herren Bandkollegen zu verdanken haben? Wenn Kyo-kun mich ewig lange bequatscht hätte - und wir wissen, wie er das drauf hat - hätte ich am Ende wohl auch was falsches notiert." Die zündete sich eine Zigarette an und nickte. "Stimmt auch wieder... Warum guckst du schon wieder so strafend?!" Kaoru visierte die Zigarette in seiner Hand. "Ich habe wirklich nichts gegen's Rauchen, ich mach es ja selbst nur zu gerne, aber meinst du nicht, dass ein Brötchen als Frühstück sinnvoller wäre als eine Zigarette?" Die gab ein genervtes Stöhnen von sich und deutete auf seinen Teller. "Das da ist ein halbes Brötchen, ne. Und das werde ich gleich auch essen." Kaoru verschränkte die Arme vor dem Körper. "Ein halbes Brötchen? Das ist zu wenig. Wir müssen in einer Stunde los zum nächsten Fotoshooting, heute Nachmittag geht's dann gleich weiter zu einem Pressetermin und morgen früh heißt es wieder Koffer packen und los zum nächsten Fernsehauftritt. Dafür braucht man Kraft. Du wirst mir jetzt helfen, das ganze Tablett leer zu futtern, klar?" Die schnitt eine Grimasse bei dem Anblick des noch sehr vollen Tabletts. "Du willst mich zum Platzen bringen, gib's zu." "Natürlich, das passiert bei deiner Körperfülle ja auch so leicht.", gab Kaoru spöttisch zurück und nahm die Teekanne vom Stövchen, schenkte sich ein wenig Tee ein und wollte gerade einen Schluck trinken, da griff Die nach seiner Hand und stellte die Tasse wieder ab. Auf Kaorus fragenden Blick hin erklärte er grinsend: "Wie oft willst du dir eigentlich noch das Maul verbrennen, bis du dir endlich merkst, dass Tee HEIß ist, wenn man ihn vom Feuer nimmt?!" Kaoru lachte unterdrückt. "Das ist mein Ernst, wie macht sich ein verbrannter Mundraum denn auf den Fotos, die wir gleich machen werden?" "Danke Die. Du bist mein Held.", spottete Kaoru weiter, doch im gleichen Moment stockte er. "Ein. Ein Held." Die umging die letzten Sätze einfach und trank gedankenverloren einen Schluck Kaffee. //Wenn es nach mir ginge, hättest du dich nicht zu verbessern brauchen. Bisher haben wir so ein vernünftiges Gespräch geführt, wieso musstest du jetzt wieder so etwas sagen? Es war keine Absicht, ich weiß... Aber so lange du dich immer wieder selbst korrigierst, wenn du etwas sagst, was nicht hundertprozentig distanziert war, komme ich mir dumm vor. Entweder wir sind jetzt wirklich Freunde oder wir sind es nicht. Was genau willst du wirklich?// "Hm-hm... Nein, jetzt gleich müssen wir noch ein paar Fotos machen lassen, aber später sind wir dann bei der Pressekonferenz. Wir-" Shinya machte eine kurze Pause, als die Stylistin an seinen Haaren herumzupfte. "Wo war ich? Ach ja, die Konferenz. Also, soweit ich weiß, wird sie heute Abend gegen neunzehn Uhr oder so ausgestrahlt... Moment mal-" Shinya legte das Telefon kurz beiseite, als ein weiterer Stylist sich um seine Aufmerksamkeit bemühte. "Sind Sie sicher, dass Sie die Kette zum Outfit beibehalten wollen? Das Kreuz ist ja sehr hübsch, aber ich hätte da noch-" Shinya schüttelte energisch den Kopf. "Iie, das Kreuz bleibt um." Der Stylist gab ein unterdrücktes Ächzen von sich und verschwand wieder. "hide? Ich glaube, im Moment ist es schlecht mit telefonieren." Ein Lachen am anderen Ende. "Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Für die letzten fünf Sätze hast du aufgrund der ganzen Unterbrechungen ungefähr vier Minuten gebraucht." "Tut mir leid." "Ist kein Problem, heut Abend kann ich dich ja im Fernsehen bewundern. Wo müsst ihr morgen hin?" "Tokyo. Oder, Kao? Morgen sind wir in Tokyo, ne?" Kaoru auf dem Stuhl neben ihm nickte. "Jau, morgen geht's ab nach Tokyo. Schöne Grüße." "Gehört? Du, ich muss jetzt wirklich Schluss machen..." "Daijobu. Ich vermiss dich." Shinya lächelte. "Ich dich auch. Ich ruf später irgendwann noch mal an. Sayonara." "Freu mich drauf. Sayonara." Der Drummer legte auf und seufzte. Er vermisste hides Nähe wirklich. Kaoru lächelte mitleidig. "Er fehlt dir, was?" Shinya nickte leicht. "Irgendwie schon. Ich hab mich so dran gewöhnt, dass er immer da ist..." Kaoru wollte etwas antworten, als Kyos Stimme quer durch den ganzen Raum trompetete: "NE, auf KEINEN Fall!!!" Kaoru suchte alarmiert den Raum nach Kyo ab und entdeckte den Vokalisten an einem anderen Schminkspiegel. Der kleine Blonde hatte die Arme vor dem Körper verschränkt und zog eine Schnute. Ein Stylist versuchte, ihn zu überreden: "Aber ich habe die Anweisung, die Haare SO zu machen..." Er deutete auf ein Bild. Kyo zeigte ihm nicht sonderlich höflich einen Vogel und grummelte: "Ich kann meine Haare selbst machen, aber garantiert nicht so. Ich hab doch nicht in der Steckdose geschlafen..." Kaoru lachte nachsichtig und kam auf Kyo zu. "Gibt's Ärger?", fragte er gelassen. "JA! Der will mich verunstalten!", beschwerte sich Kyo und deutete (wieder äußerst unhöflich) auf den Mann neben seinem Stuhl. "ICH habe nun mal auch Anweisungen, und die lauten, dass ich diese Frisur machen soll. Und das werde ich jetzt auch tun." Kaoru betrachtete das Bild (Himmel, wer hatte sich das denn ausgedacht?!) und redete zu gleicher Maßen besänftigend auf Kyo und den Stylisten ein. Kyo pochte dickköpfig weiter auf sein Recht, sich selbst fertig zu stylen, doch sein Friseur war hartnäckiger als manch anderer, sodass Kaoru wirklich alles an Überredungskunst aufbringen musste, um ihn schließlich endlich von Kyo wegzuschaffen. "Jedes Mal dasselbe Theater mit Kyo.", bemerkte Die neben Toshiya und grinste. Toshiya lächelte gequält. "Dass er aber auch niemanden an seinen Kopf lässt... Ich versteh ihn ja, aber die Stylisten tun mir immer wieder leid." Die zuckte mit den Schultern. "Der Kurze ist halt eine richtige Diva, da lässt sich nichts dran drehen..." "DAS HAB ICH GEHÖRT, DU ARSCHLOCH!", fauchte es von weiter links und ließ Die zusammenzucken. Big Red sah sich nach dem Sänger um. Kyos Mittelfinger war ihm entgegengestreckt und seine Miene drückte Gewitter aus. "Prima, dein Liebling hat ja wieder eine wunderbare Laune...", maulte Die und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. "Findest du nicht auch, dass ich mit dem Kajal aussehe wie ein Panda?" Toshiya kicherte los. "Ein bisschen vielleicht. Wieso regst du dich über Kyo-chan denn überhaupt noch auf, du weißt doch, wie er ist, wenn er seine launischen fünf Minuten hat... Gib ihm ne viertel Stunde, dann ist er wieder so kawaii wie immer." Die rollte mit den Augen. "Dass du da ewig für Verständnis aufbringen kannst, ist mir ein Rätsel. Ich hätte ihn schon längst gegen die Wand geklatscht. Bester Kumpel hin oder her." Toshiya lächelte gutmütig. "Manchmal könnte man das wirklich, aber er braucht bloß so drollig gucken, dann kann ich ihm schon nicht mehr böse sein... Zum Heulen ist das." "Das nenn ich Verliebtheit.", brummte Die und schnitt seinem eigenen Spiegelbild eine Grimasse. "Das ist zu viel schwarz, ich bin kein großes, fettes, schwarzweißes Tier..." Er erhob sich und suchte nach seiner Stylistin, damit sie seine Schminke ein bisschen verringerte. //Du reagierst auf Liebe im Moment ziemlich gereizt, ist dir das schon aufgefallen? Wenn ich oder Kyo unsere typischen Witze reißen, bist du genervt, jedes Mal, wenn Shinya in den vergangenen vierundzwanzig Stunden hide angerufen hat, hast du die Augen verdreht... Soll das jetzt immer so bleiben? Wirst du jetzt wieder zu dieser Art Menschen, die für Beziehungen nicht zu gebrauchen sind und sich bloß nehmen, was sie brauchen? Ich war so froh, als du endlich mal eine funktionierende Beziehung hattest. Doch nun hast du aufgehört, um ihn zu kämpfen. Die plötzliche Kälte, die dich umgibt, macht mir Angst...// "Was guckst du so besorgt?" Kyo schwang sich auf den Schminktisch vor Toshiyas Stuhl und fegte dabei mehr oder weniger versehentlich ein paar Schminkutensilien vom Tisch. "Kyooo, pass doch auf...", heulte Toshiya und sammelte seine Sachen wieder vom Boden auf. "Hee, ich hab eine Frage gestellt." "Ich mache mir Sorgen um Die." "Zur Abwechslung mal. Zur Zeit kann man sich um den Typen nichts anderes mehr machen.", schnaubte Kyo und fixierte Die am anderen Ende des Raums genervt. Toshiya legte ihm die Hand auf den Oberschenkel. "Sei nicht gemein. Es geht ihm nun mal schlecht." "Jaja, ich weiß, nur so langsam kotzt es mich an. Die tut mir auch leid. Ich kann es bloß einfach nicht ab, wie er mit seinen Sorgen umgeht. Soll er entweder stark sein wie Kao oder heulen, weil er schlecht drauf ist, aber diese "ich esse nix mehr" Nummer ist zum Reihern, genauso wie dieses ewige "mir geht jegliches Rumturteln auf den Keks", wenn er dürfte, würde er es doch selbst tun! Mal ist er fertig und dann macht er wieder den Coolen, das geht mir tüchtig wohin..." "Ich komm bei ihm auch nicht ganz mit, doch ich vermute mal, er kommt mit der bisherigen Art der Verarbeitung nicht mehr klar und versucht es jetzt mit der coolen Nummer. Nur gelingt ihm das nicht wirklich." "Baka. In welcher Klasse hat sein Gehirn eigentlich aufgehört, sich weiterzuentwickeln?", knurrte Kyo. Toshiya legte den Kopf schief. "Was muss ich machen, damit du wieder gute Laune hast?" Kyo stöhnte. "Jedenfalls nicht gucken wie ein neugeborenes Kätzchen... Außerdem kannst du gerade gar nichts mehr tun, du bist bereits fertig geschminkt und Kao bringt mich um, wenn ich das jetzt verwische..." Er grinste und streckte Toshiya verschmitzt die Zunge heraus. Toshiya lachte ebenfalls und zwickte Kyo in die Wange. "So gefällst du mir schon vieeel besser, Kyo-chan.", flötete er und verdrückte sich dann, bevor Kyo ihn für die letzte Verniedlichung bestrafen konnte. Kyo schnaubte. Dieser Kerl... "Wääh, der Tag war zu lang.", maunzte Kyo und ließ sich auf dem Barhocker nieder. "Jaa...", murmelte Kaoru verträumt und blätterte durch die ersten Abzüge vom Vortag, die sie heute zum Begutachten mitbekommen hatten. Kyo lugte ihm über die Schulter. "Das Pic ist ja geil geworden!", rief Kyo begeistert und zog das Heft näher zu sich heran. "Mensch Leader-san, warst du schon immer so hübsch?" Kaoru sah Kyo unbeeindruckt an. Dieser rollte mit den Augen. "Ist ja gut, war bloß 'n Witz, ich weiß, du bist sowieso der Schönste von uns allen..." Kyo blätterte an Kaorus Stelle weiter. Ein hübsches Bild von Toshiya, eins von Shinya und ihm... "Das ist ja süß.", bemerkte Kyo und deutete auf Shinya. Kaoru nickte. "Haben sie hübsch hingekriegt. Ich finde, das brauchen wir unbedingt fürs Photobook." "Wenn's danach ginge, müssten wir die alle nehmen, die sind unglaublich gut geworden dieses Mal.", erkannte Kyo und blätterte weiter. Er stieß einen leisen Pfiff aus. "He Big Red, das Bild ist klasse...", murmelte er. "Hat der schon immer so geguckt auf Bildern?" Kaoru lächelte. "Hm... Manchmal. Du hast recht, das Bild ist wirklich schön." Kyo warf Kaoru einen Seitenblick zu. Dieser Blick, mit dem der Leader das Bild von Die betrachtete, brachte den Sänger zum Grinsen. "Soll ich dich mit den Bildern alleine lassen?!" Kaoru sendete ihm einen mehr als vernichtenden Blick. "Wozu solltest du das tun?" Kyo klatschte sich die Hand vor die Stirn. "Frag nicht so dämlich, du weißt genau, worauf ich anspiele. Wieso sabberst du eigentlich seine Bilder an, wo du gleich das Original begaffen könntest?" Kaoru gab ein genervtes Geräusch von sich. "Ich sabbere seine Bilder gar nicht an, ich gebe lediglich meine Kommentare dazu ab wie zu jedem anderen Bild auch." "Sicherlich. Deswegen auch die ganzen Sternchen in deinen Augen...", brummte Kyo und blätterte dann weiter. "Wie hast du es eigentlich ausgehalten, dieses Bild zu machen?", fragte er zweifelnd und deutete auf das Bild von Kaoru und Die, auf dem sie kuschelnd posierten. "Gar nicht.", murmelte Kaoru und schlug die nächste Seite auf. "Find ich taktlos von dem Fotografen, euch beide auch für diese Fummelbilder zu benutzen.", sagte Kyo schlicht. "Wie reizend von dir." Kaoru stützte den Kopf in den Händen ab. "Kyo?" "Ich bin immer noch da." "Darf ich dir eine Frage stellen?" Kyo warf dem Leader einen erstaunten Blick zu. "Wenn du meinst, dass ich dir eine Antwort auf deine komplexe Art zu denken geben kann..." "Wenn mir überhaupt jemand eine Antwort geben kann, dann du." "Muss ich das verstehen?" Kaoru lächelte leicht. "Nein." //Egal, wen ich sonst fragte, jeder würde erst nachdenken, ob er das Richtige sagt, bevor er mir eine Antwort auf meine Fragen gäbe. Jeder außer dir. Du würdest mir einfach klipp und klar sagen, was du wirklich denkst, und es käme aus dem Herzen. Deswegen bist du der Einzige, der mir vielleicht helfen kann.// "Was soll ich tun?" Kaoru drehte ihm wieder den Kopf zu und suchte den Blick des Jüngeren. Kyo verstand ihn sofort. "Hör auf, dich zu quälen, schmeiß diese verfickte Vernunft in die Tonne und mach, was du machen musst, um glücklich zu sein." Kaoru lächelte bitter. "Das kann ich nicht." Kyo fauchte leise. "Chikusho kuso, ist es so schwer, glücklich zu sein? Vielleicht bist du sauer, wenn ich dir das jetzt sage, aber dieses ewige "Ich liebe ihn, aber kann nicht mit ihm zusammen sein" Getue geht mir so was von auf den Sack! Du hast tausend Mal deine Gedanken hin- und hergewälzt, und, was hat es gebracht? Außer nem Haufen konfuser Gedanken gar nix. Wenn du ihn so sehr liebst, dass du ihn selbst nach fünf Wochen nicht für eine Sekunde nicht aus deinem Hirn kriegst, dann sieh zu, dass du ihn dir zurückangelst und pfeif auf deine Scheißvernunft!!! Wieso musst du dir das Leben damit so unnötig schwer machen?!" Kaoru hatte die Hände zu Fäusten geballt, so sehr, dass seine Fingerknöchel weiß wurden. "Weißt du, ich hab ihm von Anfang an versucht zu verzeihen. Ich habe auch gesagt, ich hätte es ihm schon längst verziehen, aber das war nicht so. Ich war so schrecklich enttäuscht und verletzt... Doch so langsam hört der Gedanke an das, was er gemacht hat, auf, weh zu tun. Und damit kann ich nicht umgehen. Das Einzige, was mir noch weh tut, ist, dass wir getrennt sind. Aber ich kann doch nicht so einfach wieder mit ihm zusammen sein, oder...?" Seine Stimme zitterte leicht, als er das sagte. Kyo strich Kaoru durch seine lilafarbenen Haare. "Du hattest Grund genug, dich von ihm zu trennen. Ganz gleich, wie gern ich Die habe, er hat es verdient. Aber wenn du schon selbst sagst, dass zwischen euch nichts mehr ist, was eine Beziehung störte, weiß ich gar nicht, wieso du hier sitzt und fast das Heulen anfängst und nicht oben bei Die bist und sonst was anstellst. Die ist ein Arschloch, wie wir alle, aber er ist nicht blöd. Er hat bestimmt schon längst gemerkt, dass du ihn eigentlich zurückhaben willst. Und dieses ewige Hoffen und wieder enttäuscht werden, das hat er nun bei aller Liebe wirklich nicht verdient. Denk drüber nach, Kaoru. Manchmal solltest du einfach das tun, was deine Pumpe sagt und nicht das, was dein sonst so verlässliches Hirn dir vorschreibt. Tu uns allen einen Gefallen und beende diese schlechte Lovestory." Kaoru umarmte seinen Freund fest. "Ich kann dir nicht versprechen, dass ich das tun werde, aber trotzdem Arigato für dieses Gespräch. Jetzt habe ich neuen Stoff zum Nachdenken." Er grinste ein wenig. "Vielleicht gibt es ja doch noch mal ein Happy End für euch beide.", schlug Kyo vor. Hey, dieser Gedanke gefiel ihm wirklich... Kaoru schüttelte den Kopf. "Egal, wie es ausgeht, ein Happy End wird es nicht geben, Kyo-kun. Du weißt doch, bei der wahren Liebe gibt es nie ein Ende." Kyo hob den Zeigefinger. "Weise Worte, Kao-chan. Na los, hau ab und sieh zu, dass du was vernünftiges anstellst heute Nacht." Er gab seinem Freund einen Schubs. "Ich glaube kaum, dass wir unter "etwas vernünftigem in der Nacht" das Gleiche verstehen, aber trotzdem danke für den Ratschlag.", spottete Kaoru und verschwand. Kyo sah ihm stirnrunzelnd nach. Was dachte dieser Baka eigentlich schon wieder perverses von ihm? Kaoru öffnete leise die Tür zu seinem Zimmer und steckte den Kopf hinein. Ob Die noch wach war? Es war spät und der Tag hatte sich viel zu lang hingezogen. Beide Nachttischlampen brannten, doch Die lag, noch bis zu den Schuhen angezogen, auf der Tagesdecke und schien zu schlafen. Kaoru schloss die Tür geräuschlos hinter sich und betrachtete Die einen Augenblick lang nachdenklich. //Wenn du schläfst, sind deine Züge richtig sanft und brav. Kaum zu glauben, was für ein Mensch sich hinter diesen Zügen verbirgt.// Kaoru setzte sich vorsichtig an den Bettrand und wollte eigentlich die Nachttischlampe ausknipsen, doch dann überlegte er es sich anders und sein Blick wanderte wieder zurück zu Dies Gesicht. Der rothaarige Gitarrist lag auf der Seite und gab leise Schnarchgeräusche von sich, womit er Kaoru zum Lächeln brachte. Zögernd streckte er die Hand aus und strich Die ganz leicht über die Wange. //Ich würde so gerne mal wieder richtig mit dir lachen, ohne dabei so verkrampft zu sein und über jedes Wort nachzudenken. Geht es dir genauso?// Kaoru bemerkte schon gar nicht mehr, wie er ununterbrochen Dies Wange streichelte, während er immer tiefer in seine Gedanken versank. //Früher war es ganz normal, wenn wir uns gegenseitig geneckt haben oder dass wir unsere Probleme gemeinsam gelöst haben. Das war schon immer so, auch bevor wir zusammen waren. Der einzige, richtig heftige Streit, an den ich mich erinnern kann, war in der High School. Damals haben wir uns um ein Mädchen, dessen Namen ich nicht mal mehr weiß, gestritten. Ich dachte wirklich, unsere Freundschaft würde daran kaputt gehen. Doch dann ist uns beiden klar geworden, dass unsere Freundschaft wichtiger war als irgendein Mädchen. Manchmal wünschte ich, ich hätte nie solche Gefühle für dich entwickelt. Dann wäre alles wie früher. Natürlich, ich war noch nie in so einer glücklichen Beziehung wie mit dir, aber dafür ist es jetzt umso schlimmer.// Die gab ein leises Geräusch von sich, das Kaoru dazu veranlasste, seine Hand zurückziehen. Doch als Die weiterhin seelenruhig pennte, streckte er sie wieder nach seinem Gesicht aus. //Nein, egal, was jetzt ist. Ich möchte die Zeit mit dir nicht missen. Aber ich fange an zu glauben, dass Kyo recht hat. Warum wehre ich mich die ganze Zeit dagegen? Wieso wehre ich mich gegen mein eigenes Glück? Ich habe dir verziehen, ich habe dir alles verziehen. Du hast es verdient, dass man dir verzeiht.// Kaoru wollte seine Hand zurückziehen, als Die sich plötzlich regte und seine Hand festhielt. Der Leader fühlte sich wie ertappt und sah zögernd in die fragenden Augen Dies. "Ich... äh-", stammelte er. //Kuso, was soll ich denn jetzt machen?!// Die setzte sich ein wenig auf. Immer noch lag dieser fragende Ausdruck in seinen Augen. "Ich hab schon gedacht, ich hätte es bloß geträumt.", stellte er fest und sah auf Kaorus Hand hinab, die immer noch in der seinen lag. Der Ältere starrte seine Hand ebenfalls an. "Ich wollte dich nicht aufwecken.", sagte er schließlich. //Ich wollte dich nicht aufwecken? Heiß, was intelligenteres konnte dir auch nicht einfallen...// Die sah ihn durchdringend an. "Was sollte das?", fragte er leise und wedelte mit Kaorus Hand herum. Kaoru schluckte. "Das war bloß... Ich wollte nur..." //Du versaust es, was machst du denn?!// Die lächelte plötzlich (für Kaoru völlig unverständlicher Weise) und ließ seine Hand los. "Schon okay." Kaoru musste selten dumm aus der Wäsche geguckt haben, da er noch hinzufügte: "Du darfst das." "Und wenn ich es nicht dürfen will?", flüsterte Kaoru, den Blick auf den Boden gerichtet. "Warum hast du's dann gemacht?" Schweigen. Langes Schweigen. Und plötzlich eine Frage, die Die völlig aus dem Konzept brachte: "Liebst du mich noch?" Die blinzelte verwirrt. "W-Was? Wieso - wieso fragst du mich so was?" "Vielleicht..." Kaoru hob den Blick wieder an. "Weil ich wissen will, ob du dich genauso beschissen fühlst wie ich?" //Was willst du eigentlich? Du hältst mich auf eine grausame Weise Ewigkeiten lang auf Abstand, und auf einmal stellst du mir solche Fragen! Was bezweckst du damit? Willst du mir unbedingt weh tun?// "Was willst du, Kao?" Kaoru spielte mit seiner Kette herum. "Etwas, das ich mir selbst nicht erlauben kann." "Könntest du dich ein bisschen verständlicher ausdrücken? Es sind Leute in diesem Raum, die ein bisschen langsamer denken als du.", klagte Die. "Wenn ich das jetzt sage, mach ich wahrscheinlich einen Fehler, doch ... Ich habe sehr, sehr lange nachgedacht. Über alles. Und ich halt das nicht mehr aus. Ich halt es nicht mehr aus, ewig den Starken zu spielen und so zu tun, als käme ich klar. Und ich kann mir nicht mehr einreden, dass ich auch ohne dich leben kann. Ich kann es eben nicht." //Jetzt habe ich es gesagt. Vermutlich wirst du mir gleich sagen, dass ich mir das hätte früher überlegen können und dich nicht so lange hätte quälen sollen. Mit anderen Worten: dass du mich nicht mehr willst. Und dann hab ich ein echtes Problem.// Die sah ihn schweigend an. "Bist du dir sicher, dass das dein Ernst ist? Und dass du nicht morgen früh bereust, was du gerade gesagt hast? Wenn du dir darüber nämlich nicht hundertprozentig sicher bist, dann nimm es gleich zurück. Ich halte es nicht aus, wenn du mir jetzt Hoffnungen machst, nur um dich morgen früh dafür zu entschuldigen, weil morgen früh wieder die Vernunft bei dir Trumpf hat." Kaorus Augen glitzerten leicht. "Traust du mir im Ernst zu, ich könnte dir Hoffnungen machen, wenn sie nicht berechtigt wären? Ich könnte nie etwas tun, dass dich verletzt." "Nicht weinen, bitte...", murmelte Die und schlang die Arme um ihn. "So meinte ich das nicht..." Kaoru unterdrückte ein Schniefen und flüsterte: "Ich kann nicht mehr vernünftig sein. Und ich will es auch nicht mehr." //Was soll das heißen?// "Willst du damit sagen... du gibst uns eine neue Chance?", fragte Die vorsichtig. Er wagte kaum mehr zu atmen. Kaoru sah auf. "Wenn du noch willst, ja. Willst du denn?" Die starrte einen Moment in die tiefbraunen Augen seines Gegenübers. Dann zog sich ein Lächeln über sein Gesicht und er murmelte: "Ich find diese Frage zwar ziemlich überflüssig, aber trotzdem: natürlich ja!!!" Kurze Zeit herrschte Schweigen, dann machte Die den Mund auf, um etwas zu sagen, doch Kaoru legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen, beugte sich dichter an ihn heran und küsste ihn. //Jetzt lasse ich dich nie wieder gehen...// "Wo bleiben die denn? Hat Kao-chans Wecker seinen Geist aufgegeben oder haben die im Ernst verpennt?", fragte Toshiya ungeduldig und warf einen Blick auf die Armbanduhr. Kyo, Shinya und er hatten gerade ihre Taschen in den Tourbus geladen, doch weder von Kaoru noch von Die war auch nur der Hauch einer Spur. Dabei wollten sie in einer halben Stunde losfahren! "Ich kann ja mal gucken gehen, ob die wirklich noch pennen.", schlug Shinya vor und wollte schon wieder in die Hotelhalle gehen, da quiekte Kyo: "HALT, ich mach das." Damit stürmte er auch schon am Jüngsten vorbei in Richtung ersten Stock davon. Shinya hob die Augenbrauen an und Toshiya fragte verblüfft: "Was war denn das jetzt?" "Dein Schatz, nicht meiner. Du solltest ihn verstehen." "Pah, versteh einer Kyo mit seinen hundert verschiedenen Launen..." Die gähnte und überlegte sich, ob er jetzt wirklich die Augen aufmachen sollte. Lust hatte er nicht. Außerdem war dieser warme Körper direkt neben ihm so schön weich! Verschlafen blinzelte der zweite Gitarrist Dir en Greys und warf einen Blick auf den Radiowecker auf seinem Nachttisch. "Erst zehn... ZEHN!" Die fuhr senkrecht hoch und riss dabei noch äußerst unsanft Kaoru mit aus dem Schlaf. "Hmm... Wasmassufürngrach?", gähnte der Leader und stütze sich auf die Ellenbogen. "Es ist zehn." "Ja und?" "Ja und?! In einer halbe Stunde sollten wir eigentlich schon auf dem Weg nach Tokyo sein!!!" Das wirkte. Kaoru gab ein genervtes Stöhnen von sich. "Neeein, Scheißwecker... Wieso hat der denn nicht geklingelt?" Die grinste. "Weil wir ihn nicht gestellt haben, nehme ich mal an.", sagte er trocken. "Guten Morgen übrigens.", fügte er dann noch hinzu und gab Kaoru einen Kuss auf die Nasenspitze. Klopf. Ohne erst mal eine Antwort abzuwarten, riss Kyo die Zimmertür auf und trompetete: "WEEECKDIENST..." Als er enttäuscht feststellen musste, hier überhaupt niemanden zu wecken und auch nichts von dem sehen zu können, was er gerne gesehen hätte, zog er eine Schnute. "Ihr seid ja wach.", stellte er beleidigt fest. Kaoru lachte. "Ja, seit ungefähr zwei Minuten." "Wisst ihr schon, wann wir los wollen?", stichelte Kyo. "Jau, und deswegen verpiss dich, damit wir uns fertig machen können und stell vor allem diese neugierig-spannernden Blicke ein, hier gibt's nichts für dich zu sehen.", befahl Die und deutete auf die Tür. "Da hat der Mauermann das Loch gelassen." "Frechheit, da will man was nettes tun und euch wecken-", fing Kyo an, doch Die beendete seinen Satz: "Und wie ich dich kenne nebenbei noch ein bisschen spannern... Wieso auch immer du auf die Idee kommst, dass es hier was zu bespannern gibt." Kyo warf Kaoru einen enttäuschten Blick zu. "Flasche.", brummte er. "Daijobu, ich hau schon ab. Wir warten am Bus auf euch, seht zu, dass ihr in die Hufe kommt." Damit verließ er das Zimmer wieder. "Wieso Flasche?", fragte Die und grinste. Armer Kyo... Wäre er fünf Minuten früher gekommen, wäre er vermutlich zufriedener gewesen. "Na ja, weil wir gestern Abend noch ein kleines Gespräch hatten." "Du meinst vor unserem kleinen Gespräch?" Die kicherte und duckte sich unter dem Kissen weg, das Kaoru gerade nach ihm geworfen hatte. "Und deswegen Flasche. Er hat mir gestern Abend schon unmissverständlich zu verstehen gegeben, was er von mir erwartet." Kaoru schnitt eine Grimasse und konnte sich endlich dazu überwinden, aufzustehen. Er ließ seine Ordnung ausnahmsweise mal Ordnung sein und schlüpfte tatsächlich in die Klamotten vom Vortag und wendete sich dann, wie immer mit großer Sorgfalt, seinen Haaren zu. Zwischendurch drehte er sich immer wieder zu Die um. "Sag mal, wie wär's denn, wenn du dich auch mal fertig machst?" Die stöhnte. "Und wenn ich keine Lust habe?" "Kriegst du heute nicht einen Kuss mehr von mir." Die zog sich die Decke über den Kopf. "Wie kannst du mir jetzt schon wieder mit Drohungen kommen?", kam es von unterhalb der Decke. Kaoru grinste und zog unsanft die Decke weg. "Ist doch die einzige Möglichkeit, wie man dich mal in Gang kriegt. Jetzt steh schon auf." "Was krieg ich dafür?" Kaoru schüttelte lächelnd den Kopf. Er gab Die einen Kuss und meinte: "Besser so?" "Hm... also irgendwie hat das noch nicht gereicht, find ich..." "Och du Spinner, sieh zu, dass du deinen Hinter aus dem Bett bewegst!", maulte Kaoru und machte den Reißverschluss an seinem Koffer zu. "Und hilf mir lieber, diesen Sechstonner nach unten zu kriegen." "Dass ihr Weiber immer so viel Zeug mit euch mitschleppen müsst...", kicherte Die und zog sich in Rekordzeit an, kämmte seine Haare und warf einen kritischen Blick in den Spiegel. "Na ja, ihr müsst mich ja angucken..." Kaoru umarmte ihn, meinte: "Nur zu gerne." und kuschelte sich an ihn. Wenn in Zukunft wieder jeder Morgen so anfing, war er zufrieden... "Da kommen die Schlafmützen der Nation ja...", quakte Kyo grinsend, als Die, gleich zwei Koffer durch die Gegend schleppend, gefolgt von Kaoru in seinem Blickfeld auftauchte. "Oder auch einfach Leader-san und sein Gepäckesel...", ächzte Die und öffnete die Klappe zum Kofferraum. "Oooch, jetzt fang bloß noch an, dich zu beschweren, ich glaub, es hakt. Wer wollte denn unbedingt meinen Kram durch die Gegend schleppen?", verteidigte sich Kaoru. Die grinste breit. "War doch nur 'n Witz. Jetzt hol ich mal meine eigenen Sachen, ne." Kaum war er verschwunden, trafen drei sensationshungrige Blicke Kaoru. "Wieso hat der so gute Laune? Und wieso redet ihr so locker miteinander?", fragte Kyo sofort. Kaoru legte den Kopf schief. "Ich weiß nicht, wovon du redest." "KAORU NIIKURA!!!" Kaoru zog den Kopf ein. "Hai, Kyo-chan, ich hab deinen Rat befolgt und hab... wie hast du es so nett gesagt? - auf meine Pumpe gehört und nicht auf meinen Verstand." Toshiya und Shinya verstanden nicht wirklich, wovon Kyo und Kaoru redeten, doch als Kyo daraufhin ein arg lautes Freudengeräusch ertönen ließ und Kaoru begeistert um den Hals sprang (woraufhin beide auf dem Boden landeten), wurde auch den beiden klar, dass diese merkwürdige Art der Kommunikation etwas Gutes bedeuten musste. Kaoru, immer noch unter einem plötzlich sehr fröhlichen Kyo begraben, murrte: "Ich glaub dir ja, dass ich bequem bin, aber geh bitte trotzdem von mir runter, Kyo. Oder willst du Die eifersüchtig machen?" "Mit dir? Ne danke." Kyo rümpfte die Nase und setzte sich auf, blieb allerdings weiterhin auf Kaoru sitzen. "Run.Ter." "Iie, die Strafe muss nach den letzten ätzenden Wochen mit euch zwei Trauerklößen von Gitarristen echt sein.", konterte Kyo. "Eigentlich sollten Totchi und Shin sich noch gleich mit auf dich draufpacken, aber da ich das für extrem widerwärtig halte, lassen wir das besser bleiben, ne, Leute?" Shinya und Toshiya nickten heftig und versuchten beide krampfhaft, dieses schrecklich breite Grinsen von ihren Gesichtern zu bekommen, doch scheinbar war es festgewachsen. Es war einfach zu schön, mal wieder eine gute Nachricht über Kaorus Liebesleben zu hören zu bekommen. Ihnen war natürlich klar, dass zwischen Die und Kaoru noch einiges geklärt werden musste, doch trotzdem waren einmal alle zufrieden mit der Situation, denn nun war sich jeder sicher, dass sich alles wieder zum Guten wandte. "He, runter da, wenn, dann ist das mein Platz, Kyo!", befahl Die plötzlich hinter ihnen, zog Kyo mit einem Handgriff auf die Füße und streckte dann Kaoru grinsend die Hand hin. Der ächzte erleichtert und ließ sich aufhelfen. "Dachte schon, Kyo käme jetzt doch noch dazu, mich zu ersticken...", röchelte er. Kyo zeigte ihm einen Vogel. "Also BITTE, seit wann kann man einen Menschen ersticken, wenn man auf dessen Hüfte sitzt? Wusste noch gar nicht, dass das geht..." Ein plötzliches Schniefen ließ sich alle erstaunt zu ihrem Bassisten umdrehen. "Totchi, was hast du denn?!", fragte Shinya besorgt und wischte seinem Freund eine Träne aus dem Auge. Dass Shinya ihm am Nächsten stand, war in diesem Moment sein Pech, Toshiya schmiss sich ihm um den Hals und posaunte in einer Mischung aus Glückseligkeit und Rührung: "Ich freu mich sooo..." Die restlichen Dirus starrten ihn einen Moment entgeistert an, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus, Toshiya eingeschlossen... Kapitel 15: Einmal alles wunderbar... "Wow. Diese Bühne ist... groß." Kyo riss die Augen auf und sah sich gespannt um. "Groß ist ein bisschen untertrieben. Wie viele Leute werden heute Abend eigentlich hier sein?" Toshiya betrachtete interessiert die riesige Halle, in der sie sich befanden. "Verdammt viele. Na ja, was will man von einem J-Rock Festival schon anderes erwarten? Letztes Jahr haben die uns niedergebrüllt, bis man nicht mal mehr Shishi richtig gehört hat..." Toshiya nickte heftig. "Aber letztes Jahr war die Halle trotzdem kleiner... Allein bei dem Gedanken an den Krach nachher krieg ich schon Angst." Er grinste leicht. "Verarsch mich nicht, du legst es doch drauf an, dass die Fans noch lauter kreischen, als sie es eh schon tun. Sonst würdest du nicht immer wieder ins Publikum jumpen und dich fast zerfetzen lassen...", entgegnete Kyo kopfschüttelnd und betrachtete den Mikrofonständer. "Das ist ja wohl ein Witz, wie soll ich denn da rankommen?", maulte er und stellte das Mikrofon ein paar Zentimeter tiefer. Dass man ihn aber auch immer wieder auf seine fehlende Größe hinweisen musste... "Ich glaube nicht, dass wir gleich die erste Band sind, hat Kaoru nicht gesagt, wir kommen erst ziemlich am Schluss?" "Ist mir gleich, das Mikro bleibt jetzt erst mal so. Ist der erste Sänger größer, kann er's ja wieder höher stellen...", murrte Kyo. "Wo ist überhaupt der Rest? Ich dachte immer, wir wären zu fünft." Toshiya schnippte ein wenig Asche von seiner Kippe und sah sich suchend um. Kyo erklärte sofort: "Ist doch eindeutig, der Kleine hängt an der Strippe und lässt sich von hide zutexten und wo die anderen beiden Pflaumen sind... Was weiß ich, vermutlich überbieten sie sich gerade irgendwo an Liebeserklärungen." Toshiya lachte leicht und zerstrubbelte die blonden Haare seines Gegenübers. "Lach für mich.", verlangte er und klimperte mit den Augen. Kyo verdrehte die seinen und meinte: "Ich bin schlecht gelaunt, ich kann nicht lachen." "Och mann, wieso hast du denn jetzt schon wieder schlechte Laune?!", jammerte Toshiya. Kyo zog die Nase kraus. "Weiß nicht. Bin müde. Und ich hab Hunger. Außerdem ist das Hotelzimmer scheiße." "Da sagst du was...", stimmte Toshiya zu. "Da ist man schon berühmt und muss trotzdem in so dämlichen Hotels übernachten. Aber gegen deinen Hunger können wir was unternehmen. Komm mit." Toshiya zog Kyo an der Hand mit sich. "Du hast nicht gerade vor, mich zum Catering zu schleppen, oder?" "Doch, oder glaubst du im Ernst, dass ich dich sogar bekoche, während wir auf Promotour sind?!" Kyo gab ein genervtes Stöhnen von sich. "Ich mag die Sachen nicht, die man im Catering bekommt." "Oooch, ist Kyo-chan mal wieder am Motzen?" Auf einem der unzähligen Flure hinter der Bühne tauchte plötzlich Die auf. In der Hand hielt er einen Plastikteller, auf dem etwas zu erkennen war, dass Kyo und Toshiya dunkel an Essbares erinnerte. "Ist nicht wahr, du hast das Essen wieder für dich entdeckt.", brummte Kyo spitz. Die streckte die Zunge heraus. "Wenn man es denn als das bezeichnen kann... Wollt ihr vielleicht?" Toshiya betrachtete den Teller angewidert. "Nein danke." Kyo schüttelte den Kopf. "Ich hab gerade auch so gar keinen Hunger...", log er. "Wieso isst du dieses komische Zeug überhaupt?" Die schob die Unterlippe vor. "Kao erpresst mich. Irgendwie erpresst er mich mit allem, was ihm gerade so in den Kopf kommt." Toshiya nickte angetan. "So kann man seinen Willen auch durchsetzen. Ich glaube, ich lass mich mal von ihm beraten..." "Untersteh dich! Ich bin nicht so leicht zu handhaben wie unser kleines, rotes Plüschtier.", stichelte Kyo und fing sich einen Schlag an den Hinterkopf ein. "Das kleine, rote Plüschtier hustet dir gleich was. Noch so einen Spruch und ich mach dich noch einen Kopf kürzer.", knurrte Die. "Willst du nicht was dagegen sagen, Totchi?", jammerte Kyo. Toshiya grinste. "Nö, dich kann man ja doch nicht mehr erziehen..." "Wie kawaii ihr heute wieder seid.", seufzte Die theatralisch und marschierte dann wieder ab auf der Suche nach einer Möglichkeit, diese Mahlzeit so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden zu lassen, ohne dass Kaoru es bemerkte... Toshiya lächelte zufrieden. //Jetzt kann endlich alles wieder gut werden...// "WAS GEHT, TOKYO?", brüllte Kyo ins Mikro und sprang auf eine der vorderen Lautsprecherboxen. Ohrenbetäubendes Brüllen. Während Kyo das Publikum anheizte (ß völlig unnötig, das Publikum war alleine beim Anblick von Dir en Grey schon total ausgeflippt), betrachtete Kaoru die Fans begeistert. Die Halle war voll bis unter die Decke und die verschiedensten Plakate mit den Namen ihrer Lieblinge wurden in die Höhe gehalten. Alles war wie auf jedem anderen Konzert auch, doch heute kam ihm jedes winzige Detail viel beeindruckender und toller vor. Kyo gab seinen Bandmitgliedern ein Zeichen und plötzlich dröhnten die ersten Töne von Child Prey aus den Boxen. Der blonde Wirbelwind von einem Vokalisten sprang mit einer Energie über die Bühne, dass es Shinya schon vom Zusehen schwindelig wurde, doch Die machte ihm wirklich Konkurrenz. Während der rothaarige Gitarrist für wenige Sekunden nichts zu spielen hatte, machte er einen Sprung von der Bühne und direkt in die Menge. Mal ganz davon abgesehen, dass sämtliche Sicherheitsbeauftragte in diesem Moment vermutlich einen mittelschweren Herzinfarkt durchlebten, fiel in den nächsten Takten die zweite Gitarre gänzlich weg, da Die andere Probleme hatte, als sich auf sein Spiel zu konzentrieren: ein paar Mädchen, die sich hysterisch an ihm festkrallten und nicht daran dachten, das wieder einzustellen. Die kämpfte einen Moment lang allein gegen die Massen an, bis ihm endlich ein wenig unter die Arme gegriffen wurde von zwei Securities, und rannte teils ächzend, teils breit grinsend wieder zurück auf die Bühne. "Kami, noch alles dran?", kicherte Toshiya und versetzte seiner Bassgitarre einen besonders heftigen Schlag. Dies Antwort war das Deuten auf seine Kleidung. "Sieht es so aus?!" Dir en Grey überzogen den Auftritt, für den eigentlich eine viertel Stunde eingeplant war, auf eine halbe, damit brachten sie zwar den Terminplan des Abends durcheinander, doch ihre Fans machten sie damit überglücklich. Kyo setzte noch einen drauf, in dem er das Hemd, das er eh nur noch auf halbacht getragen hatte, ins Publikum warf und erst dann hinter den anderen herspurtete. Dass sich nun seinetwegen zig Mädchen um ein Stück Stoff stritten, bedachte er dabei nicht weiter. In der Umkleidekabine deutete Die auf sich selbst. "Jetzt guckt euch mal an, was die aus meinem T-Shirt und meiner Baggy gemacht haben!" Kyo warf ihm einen prüfenden Blick zu. "Ach sooo, das war mal ein T-Shirt? Ich dachte, das wären bloß Stofffetzen, die du dir um Oberkörper und Hüfte gehängt hast..." Toshiya stupste Kyo in den Bauch. "Wo hast du überhaupt dein Hemd gelassen?" Kyo grinste zufrieden. "Im Publikum." "Was für ein Wohltäter...", grummelte Die und suchte in seinem Koffer nach Sachen, die weniger ramponiert waren. "Du bist doch selbst Schuld, wenn nach solchen Extraeinlagen nicht mehr alles an dir dran ist.", kicherte Kyo und betrachtete Die prüfend. "Solltest vorsichtiger sein, sonst ist am Ende nichts mehr an dir dran, was Kao noch benutzen könnte." Die umging den letzten Kommentar und grinste ebenfalls. Heute war doch einfach ein wunderbarer Tag... Kyo trat auf den Balkon und sah sich um. Direkt neben seinem Zimmer lag das von Shinya, und siehe da, der Drummer saß auf einem kleinen Gartenstuhl auf seinem Teil des Balkons und starrte in den Himmel. "Yo Chibi!" Kyo schwang sich kurzerhand über die Absperrung zu Shinyas Balkon und ließ sich aufgrund fehlender Sitzgelegenheit gleich auf Shinya nieder. Shinya unterdrückte ein Grinsen und schlang die Arme um Kyo. "Hallo...", murmelte er leicht verschlafen. Er sah müde aus, kein Wunder, war es doch bereits später Abend. "Was machst du hier draußen ganz alleine?" Der Jüngere entgegnete: "Hab den Mond angeguckt." Kyo schnitt eine Grimasse. "Nee, du bist aber nicht melancholisch, oder? Sonst geh ich gleich wieder." Shinya lächelte leicht. "Iie, hab nur nachgedacht und dabei mehr zufällig den Mond angeschaut." Er lehnte sein Gesicht gegen Kyos Schulterblatt. "Aha, versteeehe... Dein Mond ist pink." Kyo grinste anzüglich. Shinya lachte unterdrückt. "Vielleicht ein bisschen rosa. Du?" "Hai? Willst du mir jetzt etwa auch tiefschürfende Fragen stellen ?" "Auch?" "Das letzte Mal, als mir jemand mit du bzw. Kyo eine Frage stellen wollte, kam auch etwas wichtiges bei heraus.", erklärte Kyo. "Ah, verstehe, kyotische Logik. Ich wollte eigentlich bloß wissen, was du an Toshiya so magst." Kyo drehte Shinya sein Gesicht zu und sah ihn erstaunt an. "Ich? An Totchi?" Er dachte nach. "Eigentlich macht Totchi dauernd Dinge, die ich nicht leiden kann. Er läuft ewig vor mir, das nervt mich tierisch. Außerdem schimpft er dauernd mit mir, wenn ich mich über andere Leute lustig mache, was ich noch viel nerviger finde. Und er versucht ewig mich zu besänftigen, wenn ich mich mal schön aufregen will. Dabei rege ich mich ab und zu mal ganz gerne auf. Aber irgendwie liebe ich gerade diese ganzen Sachen an ihm, weißt du? Das zeigt mir, dass er sich Gedanken um mich macht. Außerdem hat er das süßeste Lächeln auf der ganzen Welt." Shinya lächelte zufrieden und drückte Kyo fester an sich. "Das ist so süß.", meinte er glücklich. "Wieso fragst du überhaupt?" "Es hat mich halt interessiert." Kyo nickte langsam. "Wie läuft's mit hide?" "Prima. Weißt du, ich bin echt froh, dass wir ausgerechnet jetzt auf Promotour fahren mussten. Dadurch konnte ich in den letzten Tagen erst mal richtig merken, wie sehr er mir fehlt. Und dass ich mich wirklich richtig entschieden habe." Jetzt war auch Kyo zufrieden. Er strubbelte Shinya sanft durch das halblange, goldbraune Haar und meinte: "Na siehst du. Bilde ich es mir nur ein oder ist wirklich mal alles geil momentan?" Shinya schüttelte den Kopf. "Das bildest du dir nicht ein. Es ist wirklich alles wunderbar..." Kapitel 16: Saikai Die stieg gähnend als Erster aus dem Tourbus. Endlich wieder zu Hause... Er betrachtete einen Moment das Studio (na gut, war halt mehr sein zweites Zuhause), als habe er es noch nie gesehen, dann stutzte er. Da sprang etwas sehr pinkefarbenes von der Mauer und begrüßte ihn strahlend. "He Die- san!!" Die staunte. "Was machst du denn hier? Äh, gomen, hallo." hide grinste. "Was mach ich wohl hier? Euch erwarten natürlich." "Aber Shinya hat dir doch gar keine Uhrzeit sagen können, wir wussten ja bis heut früh selbst noch nicht, wann wir kommen...", wandte Die ein. "Na ja, heut ist Samstag, also konnte ich mir sicher sein, dass ihr irgendwann im Laufe des Tages kommen würdet, hai?" Die lachte los. "Soll das heißen, du sitzt schon den ganzen Tag hier?!" hide nickte. "Klar, Wochenende, da muss ich nicht arbeiten..." Big Red schüttelte grinsend den Kopf und gab hide einen freundschaftlichen Stoß in die Seite. Dann wandte er sich zum Tourbus um, wo die anderen immer noch drin waren, und rief laut: "HEY SHIN, ich hab was für dich!!!" "Komme gleich...", kam die Antwort. "Nicht gleich, SOFORT!", brüllte Die zurück. Kaoru stieg aus und ... grinste. Er kam auf die beiden zu und grüßte hide fröhlich. "Hab mich schon gewundert, was Die jetzt wieder vom Chibi will... Hey Shishi, nun komm schon!" "Was denn?", jammerte Shinya zurück. "Ich muss noch meine Klamotten zusammensuchen..." "Aber ich will endlich begrüßt werden!", posaunte hide. Das wirkte. Die Tür wurde erneut aufgeschoben und Shinya tauchte mit einem ungläubigen Blick auf dem Parkplatz auf. Wuuusch. hide schoss an Die und Kaoru vorbei und umarmte Shinya stürmisch. Dass der Kleinere dabei fast das Gleichgewicht verlor, war ihm ziemlich egal. Während die zwei sich strahlend über irgendetwas unterhielten, wechselten Die und Kaoru einen Blick. "Sind die zwei kawaii...", seufzte Kaoru und umarmte Die glücklich. //Jetzt ist die Welt wirklich wieder in Ordnung für mich...// ~OWARI~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)