Shelter from the Storm von _Delacroix_ ================================================================================ Kapitel 3: When I Saw You ------------------------- Zum zweiten Mal entdeckte sie seinen dunklen Haarschopf inmitten eines Tulpenfeldes. Dort kniete er vor einem kleinen blonden Mädchen mit Sonnenschirm und buntem Kleid. Für einen Moment spürte sie Eifersucht in sich aufsteigen, doch dann bemerkte sie, wie reglos das Mädchen dastand, und Angst ergriff von ihr Besitz. Was, wenn der Kleinen etwas zugestoßen war?   Hastig rannte sie den Weg entlang, der weiter in das Tulpenfeld hineinführte. Sie wollte die beiden schnell einholen, aber sie wagte es nicht, einfach durch das Beet zu laufen, um den Weg abzukürzen. „Mamo-chan! Geht es ihr gut?“, fragte sie, als sie endlich nahe genug an die beiden herangekommen war. Langsam hob er den Blick. Violette Augen musterten sie skeptisch. „Mamo-chan?“, wiederholte er. Bunny erstarrte. Diese Augen! Diese Stimme! Das war nicht Mamoru, das war... „Saphir?“, rutschte es ihr heraus. Verwirrung huschte über seine Züge. „Verzeihung. Kennen wir uns?“ Einen Moment lang starrten sie sich an, dann schüttelte Bunny unmerklich den Kopf. „Nein, ich glaube nicht“, flüsterte sie. „Was ist mit dem Mädchen?“ Saphir sah sie verwirrt an, dann hob er die Hand und klopfte kräftig auf den Brustkorb der Kleinen. Ein seltsames metallisches Geräusch ertönte. „Ihr ist ein Schaltkreis durchgebrannt“, erklärte er. „Ich habe ihn ausgetauscht. Jetzt sollte sie wieder winken können.“ „Winken?“, fragte Bunny und kam sich selten dumm dabei vor.   Der harte Zug um seine Augen wurde etwas weicher, als er aufstand. „Das ist ein Vergnügungspark“, erklärte er ihr. „Die Roboter winken nur. Außer den Vögeln weiter hinten auf dem Feld. Die habe ich mit einem Rasensprenger ausgestattet.“ „Du arbeitest hier“, bemerkte Bunny beeindruckt und zu ihrer Überraschung nickte er. „Seit Kurzem, ja. Mein Bruder hat mir den Job besorgt. Er meinte, es täte mir gut, ab und zu hinter meinen Bildschirmen hervorzukommen.“ „Die Tulpen hier sind wunderschön“, murmelte Bunny und warf einen vorsichtigen Blick zurück auf das Grün.   Saphir lächelte sie an. „Das sind sie wirklich“, stimmte er zu. „Aber du solltest sie in der Hochsaison sehen. Dann blüht der ganze Park in Hunderten von Farben. Rot, gelb, weiß und natürlich orange. Es ist fantastisch. Ein einziges Farbenmeer.“ „Das klingt toll“, schwärmte Bunny. „Und deine Roboter sind mittendrin. Sieht aus, als hätten sie den Jackpot geknackt.“ Saphir schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, so einfach ist es nicht“, verbesserte er sie. „Die Kleine hier sieht vielleicht aus wie eine glückliche Holländerin, aber sie ist eine Maschine. Zu viel Sonne lässt sie überhitzen, Wasser lässt die Schaltkreise zusammenbrechen und was passiert, wenn ein Nagetier ihr empfindliches Innenleben entdeckt, erzähle ich dir besser nicht. Es ist ein ständiger Kampf, sie am Laufen zu halten.“   Bunny legte den Kopf schief und betrachtete das mechanische Mädchen. Es trug einen roten Rock mit einer blauen Schürze und einen seltsam spitzen weißen Hut. „Warum tust du es dann?“, fragte sie und betrachtete die Flechtzöpfe und das seltsam starre Gesicht mit den unnatürlich großen Augen. Saphir klopfte wieder gegen den Roboter. „Weil die Besucher sie mögen“, antwortete er. „Außerdem ist es eine gute Übung. Wenn ich mit meinen Robotern Menschen helfen will, müssen sie äußeren Einflüssen standhalten können.“ „Ich dachte, deine Roboter können nur winken?“   Saphir schenkte ihr ein dünnes Lächeln und winkte sie näher heran. „Sieh mal“, begann er und drückte auf eine Stelle der Schürze, die sich daraufhin öffnete. Bunny konnte unzählige Kabel und Drähte erkennen. Jeder in einer anderen Farbe. Ami hätte vielleicht herausgefunden, wofür die alle gut waren, aber ihr blieb nichts anderes übrig, als Saphir einen ratlosen Blick zu schenken. „Das ist ihr ‚Gehirn‘“, erklärte er. „Es funktioniert wie deins oder meins. Wenn ich neue Informationen einspeise, wird sie ihr Bestes geben, um sie zu nutzen. Im Moment kann sie nur lächeln und winken, aber sie könnte lernen, einen Rollstuhl zu schieben oder einen Bus zu fahren. Die Einsatzmöglichkeiten sind fast unbegrenzt“. „Das ist ...“ „Beeindruckend“, beendete eine fremde Stimme den Satz. „So viel Arbeit für fremde Menschen. Du musst ein sehr reines Herz besitzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)