Die Rumtreiber und der Fluch des Siegelrings von behrami (Slow Burn Remus/Sirius | abgeschlossen) ================================================================================ Kapitel 24: Macht kommt von machen - Juni 1976 (1/9) ---------------------------------------------------- „Das lief doch ganz solide“, sagte James, als sie am Montag in der folgenden Woche beim Mittagessen saßen. Sie hatten gerade ihre schriftliche Zaubertrank-Prüfung hinter sich gebracht. James zerstrubbelte sich seine schwarzen Haare und schielte zu Lily Evans, die einige Plätze weiter neben ihren Freundinnen saß und schon wieder über einem Buch brütete. Sie beachtete ihn nicht. Selbst Remus war ganz guter Dinge ob seiner Prüfung, denn für das schriftliche Verfahren hatte er zumindest alles auswendig lernen und niederschreiben können. Und mit Lilys kurzfristiger Nachhilfe hatte er nun die Hoffnung, durchaus annehmbar durch die praktische Prüfung am Nachmittag zu kommen. Ein großer Braumeister würde wohl nie aus ihm werden, aber man lernte ja nun einmal auch nicht für das Leben. Drei Tage später, nachdem die Fünftklässler auch noch ihre Prüfungen für Zauberkunst, Pflege magischer Geschöpfe und Kräuterkunde abgelegt hatten, stand nachts das Examen für Astronomie an. Es war das einzige Fach, das Remus nicht belegte, sodass er bei Einbruch der Dunkelheit allein im Schlafsaal zurückblieb und zur Abwechslung einmal die Stille genießen konnte. Er war froh über einen freien Abend, denn so langsam merkte er, dass das Pensum ihm an die Substanz ging. Doch da ihm als nächstes Muggelkunde und Zaubereigeschichte ins Haus standen, machte er sich nicht allzu große Sorgen. Das war nicht viel mehr als stumpfes Auswendiglernen und das fiel ihm leicht. Danach fehlten nur noch Verteidigung gegen die dunklen Künste und Verwandlung. Und auch in diesen beiden Fächern war Remus wirklich gut. Er streckte sich auf dem Himmelbett aus und massierte sich den Nacken. Er hatte endlich angefangen, das Buch, das Lily ihm geschenkt hatte, zu lesen – seit Remus Geburtstag gehabt hatte, war so viel passiert… – doch es gelang ihm nicht recht, sich auf den Roman zu konzentrieren. Es war irgendwie zu still. Er fühlte sich, als liefen unter seiner Haut hunderte Ameisen. Er hatte Tatendrang. Remus' Blick fiel auf Sirius' Schnitzerei auf seinem Nachttisch und ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Züge. Die vier hölzernen Figuren schienen ihm verschwörerisch zu zu grinsen. Kurzentschlossen holte Remus ein gewisses Pergamentstück, das er seit Beginn der Prüfungen praktisch gar nicht mehr angesehen hatte, aus der Nachttischschublade. James und Sirius hatten es schon vor zwei Wochen mit einem Bann belegt, der es vor unwissenden Augen schützen sollte. Jetzt musste Remus eine komplizierte, verschlungene Bewegung mit dem Zauberstab machen, um die Tintenlinien erscheinen zu lassen. Seiner Meinung nach war dieser Zauber noch durchaus verbesserungswürdig. Er faltete die obere Ecke der Karte so weit um, bis das Pergament fast nur noch halb so groß war wie ursprünglich, doch das war kein Problem: Der Grundriss des Astronomie-Turms ganz oben war ohnehin relativ schmal. Dort mussten Sirius, James und Peter jetzt sitzen und zeichneten vermutlich die Positionen von Merkur, Venus und Mars ein, oder was auch immer man in Astronomie genau tat. Aber Remus konnte nichts davon sehen… Sie waren mit dem Aufspüren von Menschen immer noch nicht vorwärtsgekommen. Er runzelte die Stirn. Remus wiederholte die komplizierte Zauberstabbewegung, nur diesmal rückwärts, und löschte die Karte, bevor er sie in die Hosentasche steckte. Dann stand er auf. Er ging hinüber zu James‘ Bett, öffnete den Schrankkoffer und holte den silbrigen Stoffumhang heraus. Als er ihn sich zur Sicherheit um die Schultern legte, verschwand sein gesamter Körper bis auf seinen Kopf. Der Tarnumhang funktionierte also noch einwandfrei… Remus nahm ihn wieder ab, kontrollierte aber, ob sein Vertrauensschülerabzeichen deutlich zu sehen war, und stopfte den Umhang möglichst flach unter seinen abgewetzten Pullover. Nur für den Fall der Fälle. Dann verließ er den Schlafsaal, durchschritt den Gemeinschaftsraum und sprang aus dem Portraitloch. Die Bibliothek lag still und dunkel dar. Es wirkte nicht so, als wäre jemand da, nicht einmal Madam Pince. Das Mondlicht leuchtete schwach durch die Buntglasfenster und tauchte die Bücherregale in geisterhaftes Licht. Es war unheimlich. Stell dich nicht so an, dachte Remus streng und straffte die Schultern, Du hast schon ganz andere Horrorgeschichten erlebt. Er hob den Zauberstab, entzündete ihn mit Lumos und lief auf leisen Sohlen weiter. Die ungefähre Richtung, in die er wollte, kannte Remus. So oft schon hatte er für Zauberkunst irgendwelche nützlichen kleinen Zauber nachgeschlagen. Und wenn Flitwick ihm nicht half, dann half Remus sich eben selbst: Bei einem Regal, das mit «Herumschnüffelei» gekennzeichnet war, hielt er inne. Das klang doch genau richtig. Er musterte die alten Buchrücken und blies hie und da Staub von den verblichenen Aufdrucken. Wer hören will, muss fühlen und 100 Gründe, deinem Nachbarn nicht zu trauen von Aurelia Cabbage sowie Misstrauisch wie ein Knarl von Lurch Scamander ließ Remus links liegen, doch dann zog Verteidigung von Haus und Hof – Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung seine Aufmerksamkeit auf sich. Er zog den schweren, staubigen Band aus dem Regal und trug ihn zu einem nahegelegenen Arbeitsplatz hinüber. Als er das Buch aufschlug, musste Remus ein Husten unterdrücken. Das Inhaltsverzeichnis nannte ihm allerlei nützliche Zauber, um das eigene Zuhause in eine magische Festung zu verwandeln (Fidelius, Repello Muggeltum, …), aber auch widerliche Vorschläge wurden unterbreitet: Eine besonders bösartige Variante des Schildzaubers war Protego Diabolico, das ein blaues Feuer um das Gebäude heraufbeschwor, um sämtliche Eindringlinge bei lebendigem Leib zu verbrennen. Er verzog angewidert das Gesicht und wollte das Buch gerade wieder schließen, als sein Blick auf die Kapitelüberschrift Feinde aufspüren fiel. Remus schlug die entsprechende Seite auf und entdeckte nach den ersten zehn Seiten endlich, was er suchte: Homenum Revelio. Er las die Beschreibung der Zauberstabbewegung aufmerksam durch, schaute aus Erfahrung nach, ob es eine Fußnote gab, die schreckliche Nebenwirkungen ins Kleingedruckte verschoben hatten (nein), und dann sah er seinen Zauberstab auffordernd an. „Homenum revelio!“, flüsterte Remus. Es fühlte sich an, als wäre sein Herzschlag plötzlich ganz laut geworden. Als könnte er, wie eine Fledermaus, das Echo, das sein Herz erzeugte, auffangen und orten. Und zu Remus‘ großem Entsetzen war da etwas, das das Signal zurückwarf. Mit aufgerissenen Augen musterte Remus den Zugang zur Verbotenen Abteilung. Irgendjemand musste direkt hinter dem ersten Regal stehen. Stehen oder sitzen. Er schluckte hart und flüsterte seinem Zauberstab auf der Stelle Nox zu. Das bläuliche Licht an seiner Zauberstabspitze erlosch und Remus zog sich in den Schatten eines Regals zurück, bevor er den Tarnumhang unter seinem Pullover hervorzog und ihn sich überwarf. Inzwischen war das Gefühl des Echolots verschwunden, aber er war sich immer noch ganz sicher, dass er die Anwesenheit eines Menschen gespürt hatte. Ob es wohl Madam Pince war? Oder vielleicht Filch? Remus war nicht sonderlich erpicht darauf, von einem der Erwachsenen mitten in der Nacht in der Bibliothek erwischt zu werden, Vertrauensschüler hin oder her. Doch gleichzeitig war da auch die Neugier. Er hatte nicht den Eindruck, dass Filch oder Madam Pince sich im Dunkeln verstecken würden. Gerade die Bibliothekarin hatte doch überhaupt keinen Grund zur Heimlichtuerei und würde sicherlich Licht anmachen. Mit zittrigem Gefühl in der Magengegend schlich Remus vorwärts. Als er die Kordel, die die Verbotene Abteilung vom Rest der Bibliothek trennte, erreichte, hob er den Zauberstab auf Augenhöhe und flüsterte, so leise er konnte, noch einmal: „Homenum Revelio.“ Die menschliche Silhouette war noch immer da. Jetzt war Remus sich sicher, dass sie an einem Pult saß, über ein Buch oder etwas anderes gebeugt. Und es war die Figur eines Mannes. Damit fiel Madam Pince mit ihrer korsettbewährten Taille schon mal aus dem Raster. Remus hob vorsichtig einen Fuß und setzte ihn lautlos über die Kordel. Dann folgte der zweite Fuß, immer in der Hoffnung, kein Geräusch zu machen und die versteckte Person nicht aufzuschrecken. Er lauschte intensiv, doch Remus hörte keinen Mucks, also schlich er auf das Ende des Regals zu, das er nur noch umrunden musste, um den Mann zu sehen. Die Ecke, in der er saß, war stockdunkel. Hierher fiel aufgrund der dicht beieinanderstehenden Regale kein Mondlicht mehr und weder hatte er eine der funzeligen Tischlampen angeschaltet, noch war sein Zauberstab erleuchtet. Remus runzelte die Stirn und die Vorahnung von Gefahr durchschoss ihn wie Hitze. Er ging zwei weitere Schritte vor, dann konnte er den Mann erkennen. Helles, schulterlanges Haar bedeckte das Gesicht, das mit einer Wange auf einem aufgeschlagenen Buch lag. Der Mann war offensichtlich ein älterer Schüler. Und er war vollkommen regungslos. Panik schoss in Remus hoch, doch dann konnte er das unverkennbare Geräusch von schlafendem Atem hören. Eine Woge der Erleichterung durchflutete ihn – für einen Moment hatte er Angst gehabt, einer Leiche gegenüberzustehen. Was sollte er jetzt tun? Ihn einfach weiterschlafen lassen? Dann war fast garantiert, dass Filch ihn noch vor Ende der Nacht aufgabelte. Schließlich rückte Remus lautlos zur Seite, um den kürzesten Weg hinaus aus der Bibliothek freizumachen. Dann zog er sich den Tarnumhang vom Gesicht, nur vom Gesicht, und pustete dem Jungen in die Haare. Sobald er sich regte, beeilte sich Remus, sich wieder vollständig zu bedecken und kein Geräusch mehr von sich zu geben. Der Junge hob den Kopf und stöhnte, als er seinen Nacken streckte. Es war David Alinac. Remus war drauf und dran, sich selbst an die Stirn zu schlagen, weil er ihn nicht sofort erkannt hatte – er wusste doch, dass der ehrgeizige Ravenclaw beinahe rund um die Uhr für seine Semesterarbeit büffelte. Remus hatte ihn vor der Zauberkunst-Prüfung mit Professor Flitwick darüber sprechen hören, dass er sich mit seinen UTZen auf eine Stelle im Ministerium bewerben wollte. Alinac schauet sich mit verwirrter Miene um, zog seinen Zauberstab, ließ ihn wortlos aufleuchten und warf einige Pergamentrollen und ein zugedrehtes Tintenfass in seine Schultasche. Dann schulterte er sie, schlug das Buch auf der Tischplatte zu und machte sich mit schnellen Schritten davon. Remus lächelte zufrieden. Gerade, als der Lichtschein von Alinacs Zauberstab zwischen dem letzten Regal hindurchflackerte, fiel Remus‘ Blick auf den Titel des Buches, das Alinac zurückgelassen hatte: Gar böse Zauberey Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)