Die Rumtreiber und der Fluch des Siegelrings von behrami (Slow Burn Remus/Sirius | abgeschlossen) ================================================================================ Kapitel 2: Die Schatten werden länger - Januar 1976 (2/5) --------------------------------------------------------- In den ersten Tagen nach den Weihnachtsferien fand Remus ungewöhnlich schlecht in seinen üblichen Schul-Rhythmus zurück. Obwohl er sich kaum mehr daran erinnern konnte, wie es war, kein Werwolf zu sein, und obwohl es nun schon sein fünftes Jahr in Hogwarts war, irgendwie war alles anders. Am Donnerstag würde wieder Vollmond sein, der erste in diesem Jahr, und anders als bisher waren die Gefühle, die seine Gedanken diesbezüglich beherrschten, nicht die Angst vor dem Schmerz und die Scham. Es war, unglaublich aber wahr, so etwas wie Vorfreude. Remus schüttelte von sich selbst amüsiert den Kopf, während er sich am Frühstückstisch Tee eingoss, Heilers Helferlein an die Milchkanne gelehnt. „Wie kannst du jetzt schon lesen?“, stöhnte Sirius und klatschte ihm, neben ihm sitzend, die Hand auf die Schulter. Remus sank unter der Berührung etwas zusammen. „Ich kann kaum die Augen offenhalten!“ „Das fragst du nach über vier Jahren immer noch? Remus ist jetzt nicht gerade dafür bekannt, viel Schlaf zu brauchen, um zu funktionieren“, kommentierte James trocken über einen Toast mit Sirup hinweg und musterte seine beiden Freunde. „Wobei… Erinnert ihr euch, wie er vor zwei Jahren während meines Spiels gegen Hufflepuff einfach auf der Tribüne eingepennt ist?“ Sirius lachte und Remus grinste beschämt. Peter, neben James, beteiligte sich nicht. Er versuchte, seine Hausaufgaben für Professor Slughorn fertigzustellen und man konnte ihm ansehen, wie er von Minute zu Minute panischer wurde. Zaubertränke war ihre erste Stunde direkt nach dem Frühstück. „Iss doch lieber was“, sagte Sirius zu Remus und schob ihm einen Teller mit herrlichen marmeladengefüllten Krapfen zu. „Ich hab‘ keinen Hunger“, sagte Remus wie aus der Pistole geschossen, ohne Sirius anzusehen, denn das war einen Tag vor Vollmond immer so. Es war, als sammle der Wolf in ihm all seinen Hunger zusammen, um dann im Licht des Mondes so richtig zuzuschlagen. „Dein Problem“, murrte Sirius und aß den Krapfen mit viel Getue selbst. Remus spürte, wie sein Magen sich verknotete. Vielleicht hatte er doch Hunger? Als sie in Professor Slughorns Klassenzimmer traten, stellten sie zu ihrem Missfallen fest, dass sie Unterricht mit den Slytherins hatten. Remus konnte schon beim Eintreten die fettige Matte namens Severus Snape in der ersten Reihe sitzen sehen. Drei, zwei, eins…, zählte er stumm die Sekunden bis – „Schniiiiiefelus!“, rief James und baute sich im Türrahmen auf. Die anderen Slytherins drehten misstrauisch die Köpfe, aber Snape blieb bewegungslos mit dem Rücken zu ihnen sitzen. Von Slughorn war nichts zu sehen und Remus spürte, wie das Vertrauensschülerabzeichen auf seiner Brust mit jedem Sekundenbruchteil schwerer zu werden schien. Er richtete seinen Umhang. „Na, schöne Ferien gehabt?“, höhnte James jetzt, während sie und weitere Gryffindors in den Kerker strömten. „Weihnachten? Schöne Geschenke von Mami und Papi?“ Jemand machte ein grunzendes Geräusch, aber Remus war zu sehr damit beschäftigt, seine Bücher auszupacken und seinen Kessel aufzubauen, um zu sehen, woher es kam. James war inzwischen, mit Sirius und Peter an seiner Seite, nach vorne getreten und beugte sich über den immer noch regungslosen Snape, die Hände neben ihm auf das abgewetzte Pult gestemmt. Es dauerte keinen Wimpernschlag, bis Snape auf den Beinen war, den Zauberstab gezückt. Sirius und James taten es ihm gleich. „Hört auf!“, kreischte eine hohe Stimme und alle drei wirbelten herum, wie junge Hunde, die dabei erwischt worden waren, wie sie Würste aus der Speisekammer stahlen. Lily Evans Wut war fast körperlich zu spüren, wie sie da mit ihrem flammend roten Haar mitten im Kerker stand und die Jungen anfunkelte. Remus hatte sie immer schon eindrucksvoll gefunden, aber seit sie gemeinsam Vertrauensschüler geworden waren, hatte er sie etwas besser kennen und schätzen gelernt. „Ach, komm schon, Evans“, versuchte James es beschwichtigend. „Wir haben doch nur nach seinen Ferien gefragt?“ „Halt den Mund!“, zischte Lily und Remus zog an seinem Tisch in der hinteren Ecke den Kopf ein. Lilys Vertrauensschülerabzeichen war nicht auf wundersame Weise zwischen ihren Umhangfalten verschwunden, sondern prangte stolz auf ihrer Brust, wo es hingehörte. Und obwohl sie fast einen Kopf kleiner war als Sirius und James, wich sie nicht zurück, als die beiden auf sie zu traten. Gerade als Sirius den Mund öffnen wollte, erschien Slughorn durch die Bürotür am Ende des Kerkers. „Guten Morgen! Guten Morgen, alle. Willkommen zurück…“, seine Worte verloren an Lautstärke, als er zwischen Lily und den drei Jungen mit gezückten Zauberstäben hin- und herschaute. „Gibt es ein Problem, Miss Evans?“ „Fragen Sie doch mal die hier“, sagte sie unwirsch, was einem Lehrer gegenüber so gar nicht zu ihr passte. Remus hielt mit eingezogenem Kopf seinen Blick fest auf sein Zaubertrankbuch gerichtet, spitzte jedoch die Ohren. „Severus, mein Junge?“, fragte Slughorn, von dem alle wussten, dass Slughorn ihn aufgrund seiner Zaubertranktalents in den Slug Club aufgenommen hatte, genau wie Lily Evans. „Es ist… nichts“, hörte Remus Snapes leise, schnarrende Stimme und dann ein lautes frustriertes „URGH!“, das eindeutig von Lily kam. Verschiedene Schritte auf dem bloßen Steinboden, dann das Kratzen von Stuhlbeinen, als sich jemand setzte. „Ja, wir haben nur…“, sagte Sirius und Remus hörte den üblichen Schalk aus seiner Stimme, „unsere Zauberstäbe verglichen.“ Slughorn schien diese Antwort auszureichen und begann die Stunde in dem Moment, als James, Sirius und Peter sich neben Remus an den Tisch setzten. Laut genug, dass es alle Gryffindors und sicherlich auch einige Slytherins hören konnten, fügte James an Sirius‘ letzte Worte an: „Und wir wissen ja alle, dass Schniefelus gewinnt, wenn es um den Längsten geht… den längsten Zinken.“ Die Stunde verlief größtenteils ereignislos, da Snape ganz vorne und die vier Freunde ganz hinten im Kerker saßen. Lily teilte sich einen Tisch mit Mary Macdonald und einem Slytherin-Mädchen, dessen Namen Remus nicht wusste. Im nächsten Moment fiel ihm auf, dass ohnehin nur ein einziges Slytherin-Mädchen im Raum war. Offenbar waren die beiden anderen, Ashe und Cross, die bisher in ihrem Jahrgang gewesen waren, nicht mehr da… Als sie nach der Doppelstunde auf den Korridor traten, war ein Teil der Slytherins schon in Richtung ihres Gemeinschaftsraums im Kerker verschwunden. Ein anderer Teil jedoch schien sich auf den Weg zu weiterem Unterricht zu machen, wie die Gryffindors, die als nächstes Arithmantik oder Muggelkunde hatten. Lily Evans war mit einem letzten vorwurfsvollen Blick auf Remus bereits den Korridor entlang nach oben gestürmt, sodass sie nicht, wie sonst, gemeinsam zu Muggelkunde gingen. James und Sirius hatten Arithmantik, Peter eine Freistunde. Remus biss sich auf die Unterlippe. Er hatte das Bedürfnis, mit Lily zu sprechen, aber er wusste auch nicht, was er sagen sollte: Sorry, ich kann mir nicht leisten, die einzigen Freunde, die ich je hatte, vor den Kopf zu stoßen, indem ich sie darauf hinweise, dass sie sich benehmen wie Trolle? Lily würde ihn auslachen. Sie würde ihn verhöhnen. Und das zurecht. Er war so ein jämmerlicher Vertrauensschüler. Eigentlich hatte er das Abzeichen überhaupt nicht verdient. Wieso hatte Dumbledore es ihm gegeben? Natürlich waren seine Eltern ausflippt vor Stolz, als im Sommer die Eule eingetroffen war, aber gleichzeitig hatte Remus auch den Zweifel in ihren Augen gesehen: Bekam ihr Sohn einen Trostpreis? Er fummelte den ganzen Weg durch den Korridor und die Treppe hinauf an seiner Schultasche herum, um seine drei Freunde nicht ansehen zu müssen. Kurz bevor sie die letzte Tür zur Eingangshalle erreicht hatten, sagte James jedoch mit einer ausladenden Handbewegung: „Was ist eigentlich das hier?“ Vor ihnen im offenen Türrahmen zur Eingangshalle stand Snape, hinter ihm im Luftzug der Halle flatterte sein Schulumhang. Anders als die der meisten anderen Schüler war er nicht mehr mitternachtsschwarz. Er war gräulich verfärbt, als wäre er schon zu oft in der Wäsche gewesen und Remus sah, dass sich einige Nähte bereits auflösten. Snape fuhr herum und als er sah, dass James seine Hand in die Hosentasche gesteckt hatte, zückte er erneut seinen Zauberstab. Doch James hatte offenbar gar nicht vor, ihn anzugreifen. Stattdessen holte er ein paar silberne Münzen heraus und warf sie Snape klimpernd vor die Füße. „Hier, damit du dir auch mal was Ordentliches zum Anziehen kaufen kannst. Verstehe sowieso nicht, wieso irgendjemand sich mit dir abgibt, so, wie du rumläufst.“ Snape wollte, rot im Gesicht vor Wut – oder war es Scham? –, etwas erwidern, doch just in dem Moment tauchte Filch, der Hausmeister von Hogwarts, auf. „Zauberstäbe auf dem Korridor? Zaubern auf dem Korridor?!“, fauchte er. „Das ist verboten!“ Er drängte Snape an die Wand und forderte ihn auf, ihm seinen Namen und Hauslehrer zu sagen. Kichernd führte James seine Freunde am Hausmeister vorbei. Als die vier Freunde sich in der Eingangshalle trennten, um zu ihren unterschiedlichen Bestimmungsorten zu gehen, mied Remus die Blicke der anderen und verabschiedete sich nicht. Auch er war in einen geflickten, fadenscheinigen Umhang gekleidet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)