Slytherins Skriptorium von Anastasya (A Hogwarts Legacy Story) ================================================================================ Kapitel 2: Im Labyrinth ----------------------- Camilla folgte Sebastian auf dem Fuße und Ominis bildete das Schlusslicht. Die Dunkelheit war dicht wie finsterste Nacht, weshalb die drei jeweils die Spitzen ihrer Zauberstäbe aufleuchten ließen. Sie befanden sich auf einer schmalen Treppe, die weit nach unten führte und kein Ende erkennen ließ. Nach nur wenigen Schritten war ein lautes Poltern zu hören. Zeitgleich drehten die drei Fünftklässler sich um und konnten gerade noch sehen, wie die Mauer hinter Ominis, der geheime Eingang zu was auch immer sie hier gerade betraten, und vielleicht auch der einzige Ausgang, sich langsam, aber unbarmherzig schloss. Ominis machte ein paar Schritte rückwärts, streckte die Arme aus und stieß an den Stein. Er schob und klopfte dagegen, aber nichts rührte sich. „Wir sind eingeschlossen.“, hauchte er tonlos, während Sebastian ganz unbekümmert antwortete: „Wahrscheinlich ist der Aufbau wie eine Schleuse. Und erstmal wollen wir ja eh nicht raus, sondern rein.“ Ominis schien das nicht zu beruhigen und auch Cami fühlte sich nicht ganz wohl dabei, so eingeschlossen zu sein. Trotzdem hatte Sebastian auch nicht ganz Unrecht. Also setzten die Drei ihren Weg fort. Sie folgten der Treppe eine ganze Weile, ohne, dass sich irgendetwas änderte. Zwischendurch hatte Cami das Gefühl, dass ihr Abstieg niemals enden würde. Es gab nur Dunkelheit und Stufen. Irgendwann blieb Sebastian stehen. Cami war allerdings zu sehr in ihre Gedanken vertieft, um das zu bemerken und prallte gegen seinen Rücken. Ominis stoppte direkt hinter ihr und sie konnte seinen flachen Atem hören. Sie hatten eine riesige Kerkeranlage erreicht, zumindest sah es so aus. Camilla schob sich an Sebastian vorbei und sah zahllose steinerne Gänge und Gittertüren. Es war sehr kalt und roch nach abgestandenem Wasser. Irgendwo hörte sie ein leises Tropfen. „Unglaublich.“, murmelte Sebastian beeindruckt. „Wer weiß, wie groß das hier ist - riesig. Wie ein Labyrinth.“ „Wir müssen unfassbar weit unter der Schule sein.“, fügte Cami hinzu. Ominis sagte kein Wort. Die Drei verteilten sich, um sich das Ganze näher anzusehen. Sebastian war der Erste, der an einem Türgriff rüttelte, dann an einem zweiten. „Aber alle Gänge sind versperrt.“, stellte er fest und machte ein unzufriedenes Gesicht. Cami schritt auf eine der Türen zu und schwang ihren Zauberstab. „Alohomora!“, versuchte sie ihr Glück, doch nichts geschah. Ominis schnaubte kurz. „Wäre ja auch zu einfach gewesen.“ Sie probierten verschiedene Zauber und verschiedene Türen, hatten aber keinen Erfolg. Alle Türen blieben verschlossen. „Das kann doch nicht wahr sein!“, polterte Sebastian los, trat gegen eines der Gitter und feuerte 'Bombarda' darauf. Die Explosion, die dann folgte, war ohrenbetäubend. Schutt regnete von der Decke und kleine Gesteinsbröckchen brachen herunter. Eines davon traf Cami hart am Kopf, der Boden schien zu vibrieren und ein schriller Piepton bahnte sich den Weg durch ihren Gehörgang. Alles wurde in Staub gehüllt, sodass man nicht mehr wusste, wo oben und wo unten war. Die blonde Gryffindor versuchte, ihren Kopf mit den Armen zu schützen und gab sich die größte Mühe, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Als Staub und Schutt sich lichteten und das unerträgliche Piepen abflaute, packte Cami Sebastian, der nicht weit neben ihr stand, am Umhang und riss ihn zornig zu sich herum. „Geht's noch?!“, schrie sie ihn an. Sie selbst war ja schon kein besonnener Mensch, aber eine Explosion in diesem Kerker zu verursachen, war einfach himmelschreiend dumm! Alles hätte einstürzen können! Sie waren tief unter der Erde. Außerdem war Sebastian nicht alleine. Wie leicht sie alle jetzt unter Trümmern begraben worden sein könnten. Besorgt drehte das Mädchen sich zu Ominis um. Der lehnte zusammengesunken an einer Wand, hielt sich daran fest und atmete schwer. Voller Wut holte Cami aus und pfefferte Sebi eine an den Hinterkopf. Es war kein harter Schlag, aber wenn er so weitermachte, würde das sicherlich folgen. Vorsichtig näherte sie sich dann Ominis und griff nach seiner Hand. Jemanden, der nichts sah, der sich auf sein Gehör und seinen Zauberstab verlassen musste, konnte man einer solchen Eskapade nicht aussetzen. Da brauchte Sebastian sich nicht wundern, dass sein Freund ihm nicht helfen wollte - eigentlich. Sebastian stand noch einen Moment erstarrt da, wie ein verdammtes Reh im Scheinwerferlicht, ehe er sich zu besinnen schien. Dann eilte er neben seine beiden Freunde. „Ominis, es tut mir so leid. Ist alles okay?“ Der blinde Slytherin ließ Camis Hand los und betastete mit zittrigen Fingern sein Gesicht, seine Schläfen und dann seine Ohren. „Sebastian...", entgegnete er dann atemlos. „Tu das nicht!“ Seine Stimme klang zwar wirklich brüchig, ansonsten schien er aber unbeschadet. Cami war erleichtert und Sebastian begriff jetzt wohl, dass sein Ausraster scheiße gewesen ist. Sie hatten wirklich noch Glück gehabt. „Wir sind hier. Und wir helfen dir. Aber lass die Scheiße!“ Cami hatte sich wieder an Sebastian gewandt und sah ihm eindringlich und unnachgiebig in die braunen Augen. Er musste begreifen, wie ernst es hier war. Es war kein Späßchen in Verteidigung gegen die dunklen Künste und auch kein Troll in Hogsmeade. Wahrscheinlich war das hier viel ernster, als alles, was sie bisher erlebt hatten. Sebi nickte und stieß einen tiefen Seufzer aus. „Es tut mir leid. Ich will euch nicht in Gefahr bringen.“ Bei diesen Worten klang er aufrichtig. Es war ja verständlich, wie mitgenommen er war. Wenn er sich seinem Zorn aber zu sehr hingab, sich davon verschlingen ließ, dann würde auch Anne den Preis zahlen müssen, da war Cami sich sicher. Aussprechen tat sie das jetzt allerdings nicht. Sebastian war nicht dumm. Er musste das im Grunde selber wissen. „Ich möchte am liebsten wieder umkehren.“, meinte Ominis zögerlich. „Aber da wir jetzt wirklich hier sind... Es muss einen Weg hindurch geben. Alles andere wäre sinnlos.“ Dann runzelte er die Stirn. „Oder der Eingang ist wieder offen. Ich gehe nachsehen.“ Damit machte er kehrt und Cami und Sebi hörten seine Schritte auf der Treppe. Ominis machte sich wohl vergebliche Mühe, aber keiner wollte ihn aufhalten. Für einen Moment schauten sie sich einfach nur schweigend an. Gerade waren keine Worte nötig. Obwohl sie einander noch nicht so lange kannten, war klar, was der jeweils andere dachte. Sebastian lächelte noch einmal zurückhaltend und ging dann wieder zu einer der verschlossenen Türen zurück. Cami warf noch einen Blick auf die Treppe. Von Ominis war nichts zu sehen, was bei der Menge der Stufen kaum verwunderlich war. Kurz kam ihr der schreckliche Gedanke, dass sie sich in ihr eigenes Grab gebracht hatten. Doch dieser erschreckenden Eingebung wollte sie sich jetzt nicht hingeben. Sie trat zu Sebastian und hob langsam ihren Blick. Plötzlich stieß sie ein überraschtes Keuchen aus und kniete sich vor die verschlossene Tür. Fast schon ungläubig griff sie nach dem schmutzig-silbernen Schloss und strich darüber. „Sebastian, siehst du das?“ Ihre Stimme klang aufgeregt. Sebastian beugte sich über sie und musterte das Schloss genau. Durch Schatten und Patina getarnt, war ein kleines Schlangensymbol zu erkennen, das in das Metall eingraviert war. Cami fuhr abermals darüber und rieb vorsichtig den Schmutz ab. „Ich kann da was verschieben, warte mal.“ Etwas fahrig drückte sie ein kleines Rädchen unterhalb der Schlange nach hinten und drehte es dann nach rechts. „Daneben ist auch noch ein zwei- Au!“ Ihr entfuhr ein kleiner Schrei und sie sprang nach hinten. Sebastian verzog kurz das Gesicht, als sie gegen seine Knie prallte und versuchte zu verstehen, was geschehen war. Dann sah er Camis blutigen Finger, als sie ihm ihre Hand hinhielt und sie sich dann selber besah. Es war nicht nur Blut. Ein kleines Rinnsal schwarzer Flüssigkeit mischte sich damit und Panik kroch in Camillas Körper hoch. „Was...“ Sie schaute sich das Schloss noch einmal genauer an, wollte wissen, was da gerade passiert war, konnte aber nichts erkennen. Plötzlich schrie sie wieder auf, dieses Mal lauter, warf den Kopf nach hinten und war wie betäubt von dem stechenden Schmerz, der sie wie ein Blitz durchfuhr und ihre Knochen zu zerquetschen drohte. In der nächsten Sekunde war es vorbei. Sebastian kniete vor Cami, umfasste ihr Handgelenk und ihre Schulter. Schwer atmend starrte sie ihn an. „Wieso passiert mir das und du kannst hier den ganzen Laden in die Luft jagen und alles ist gut?“ Sie grinste, konnte die Wahrheit aber nicht ganz aus ihrer Stimme verbannen - wollte sie auch gar nicht. Sebastian ließ aber keinen seiner dummen Sprüche los, sondern musterte wieder ihre kleine Verletzung, drehte ihre Hand und sah dann in ihr Gesicht. In seinen Augen lag echte Sorge. „Was ist passiert?“ Ominis' Stimme drang zu ihnen. Er stand im Treppenaufgang und sein blinder Blick starrte in die Richtung, in der Cami und Sebastian hockten. „Ich... Die Tür...“, begann Cami, ohne recht zu wissen, was eigentlich gerade geschehen war. Sebastian fuhr fort: „Die Tür dort hat ein seltsames Schloss, eine Art Mechanismus. Der ist aber nicht ohne. Cami hat sich... Verletzt. Und vielleicht... Da ist noch irgendein schwarzer Sabsch. Vielleicht ein Gift oder so. Eben...“ „Eben war es kurz ganz schmerzhaft.“, grätschte Cami ihm dazwischen. Was hatte er überhaupt sagen wollen? Sie verstand es ja selber kaum. „Wahrscheinlich eine Art Schutz. Aber irgendwie müssen wir diese Türen öffnen können.“ Ominis trat näher an sie heran. Die Nachfrage, ob der Durchgang oben offen war, war definitiv überflüssig. „Vielleicht kann uns Parsel wieder weiterhelfen?“, mutmaßte Sebi und man könnte förmlich sehen, wie Ominis in sich zusammenschrumpfte. Allerdings widersprach er nicht, sondern stellte sich mit einem guten Meter Abstand vor die Tür, die eben noch Cami verletzt hatte. Dann gab er wieder die unheimlichen zischenden Laute von sich. Das Echo der kalten Wände ließ einem Schauer über den Rücken laufen. Doch ansonsten geschah nichts. Sebastian seufzte genervt. Er hatte sich neben Ominis gestellt und das silberne Schloss genau beobachtet. Cami saß noch immer auf dem Boden. Sie hatte ein Stück ihres Umhangs um ihren Finger gewickelt, um damit die Blutung zu stoppen. Das schwarze Zeug machte ihr immer noch Sorgen. Dieser Schmerz eben war überwältigend gewesen, aber jetzt fühlte sie sich wieder normal, vielleicht ein wenig ausgelaugt, doch das schob sie kurzerhand auf den Schock von gerade. Sie sah zu ihren Begleitern auf. Das Schloss hatte sich nicht gerührt. Keines der kleinen Rädchen ruckte, kein Symbol leuchtete auf. Die Symbole! Cami rappelte sich auf und tippte Sebastian auf die Schulter. „Sebi... Die Symbole. Wenn wir die richtig einstellen, dann lässt sich die Tür bestimmt öffnen.“ Der Slytherin strahlte sie an. „Du bist genial! Warum ist mir das nicht aufgefallen? Okay, Moment, wir sehen uns kurz um und schauen, ob wir Hinweise finden.“ Ominis zog eine Augenbraue hoch und tat eine Schritt nach hinten. „Das überlasse ich gerne euch.“ Sebastian wand sich wieder an Cami: „Die Lösung muss hier irgendwo sein. In die Wand geritzt oder sonstwie verborgen, was weiß ich.“ Wieder tasteten sie die Wände ab. Es musste doch eine Art Logik geben, nach der sie sich richten konnten. Aber welche? Genervt kickte Cami ein Steinchen aus dem Weg. Musste Salazar Slytherin so den Rätselmeister mimen? Hoffentlich lohnten sich ihre ganzen Mühen und sie fanden hier nicht noch ihren Tod. Plötzlich meldete sich Sebastian zu Wort. Er war so laut, dass sowohl Camilla, als auch Ominis zusammenzuckten. „Das seh' ich ja jetzt erst. Diese Schlange hier.“ Sebi kniete sich wieder vor die abgesperrte Tür und nun war es Cami, die hinter ihn trat, um zu sehen, was er meinte. Aber was war ihm aufgefallen? Was sollte sie sehen? Er drehte den Kopf und sah sie begeistert an. Als er dann bemerkte, dass sie noch immer keine Ahnung hatte, deutete er nach unten, kniff die Augen zusammen und triumphierte dann. Cami begriff einfach nicht, was er meinte, kniete sich dann neben ihn und erkannte endlich, was er entdeckt hatte; was die Lösung sein musste! Sebastian strich mit seinen Händen über den schmutzigen Boden und legte drei kleine Symbole frei. Eines der Symbole erkannte Camilla vom giftigen Türschloss wieder. Sie hob ihren Blick. „Das ist die Reihenfolge.“, hauchte sie und Sebi nickte. „Aber wie...?“ Sie starrte ihn an und er antwortete sofort: „Die Schlange... Sie schaut nach unten. Zu den Symbolen!“ Das machte natürlich Sinn! Sebastian richtete sich auf und besah sich unsicher die kleinen Rädchen, als würde ihn etwas zurückhalten. „Und jetzt hast du Schiss, oder was?“, fragte Cami ihn und schob sich dann selber vor das Schloss, um die Rädchen in die richtige Reihenfolge zu bringen. Vermutlich war das sowieso besser. Wenn sie falsch lagen, war es sicher sinnvoll, wenn nicht direkt zwei von ihnen vergiftet werden würden. „Pass bloß auf. Wir müssen immer mit Hinterlistigkeit rechnen.“, meldete Ominis sich wieder zu Wort und machte Cami damit noch ein wenig nervöser. Sie schaute sich die vermeintliche Lösung noch ein letztes Mal an und griff dann ohne weiteres Zögern nach dem ersten Rädchen. Rasch klickte sie es ein und drehte es in einem Zug auf das erste Symbol am Boden, ein kleines, schnörkeliges Dreieck. Dieses Mal stach sie nichts. Alles bliebt unbewegt. Rasch verfuhr sie auf die gleiche Weise mit den beiden anderen Rädchen und fühlte unfassbare Erleichterung, als es leise klickte. Sie stieß mit ihren Fingern gegen die Tür und sie schwang nach hinten auf. Sofort schritt Sebastian ungeduldig hindurch. Auch Ominis trat heran. „Unglaublich.“, flüsterte er. Der nächste Gang führte nicht sehr weit und endete an zwei Türen. Und in dem Moment, in dem Ominis wieder etwas sagte, durchfuhr Cami der gleiche Gedanke. „Es gibt nicht nur die eine Tür.“ Alle Drei sahen sich an. „Nein, es sind mehrere.“, meinte Sebi. "Hier sind es zwei. Im ersten Raum gab es drei.“ Die Stille, die nun herrschte, war unheimlich, wie die Ruhe vor dem Sturm. Keiner hatte einen Plan, welchen Weg sie nehmen mussten. Sie waren völlig ahnungslos. Wie viele Türen und Abzweigungen gab es noch? Hatten sie vielleicht bereits den falschen Weg eingeschlagen? Die Gittertür hinter ihnen schwang quietschend ins Schloss. Als Cami hinsah, entdeckte sie, dass auch diese Seite der Tür ein Rätselschloss hatte. Rasch löste sie es und erntete dafür einen skeptischen Blick von Sebastian. „Wieso willst du zurück?“, fragte er und sie schüttelte den Kopf. „Wir sollten die Tür offen halten, damit wir wissen, wo wir hergekommen sind.“ Anscheinend reichte ihm das als Erklärung, denn er schritt ohne weitere Nachfragen zu den beiden neuen Türen. Etwas missbilligend senkte Ominis den Kopf zu Cami herab. „Warum hast du sie überhaupt wieder geschlossen?“, wunderte er sich. „Habe ich nicht.“, erwiderte sie verdutzt. „Ich dachte, sie hätte noch Schwung oder so?“ Mit einem unguten Gefühl sah sie auf. Dann öffnete sie die Tür weit und stellte dieses Mal sicher, dass sie ganz still stand. Doch als Cami den Griff losgelassen hatte, fiel sie wieder zurück. Das war gar nicht gut! Ein genervter Sebastian tauchte hinter ihnen auf. „Lasst doch die dämliche Tür. Die nächste ist schon offen.“ Cami und Ominis zischten ihn gleichzeitig an. Besonders die Gryffindor war arg genervt. Sie musste hier anscheinend wirklich die Besonnene mimen, etwas, das so gar nicht ihrem Wesen entsprach. „Willst du in spätestens drei Türen komplett verirrt sein?“, motzte Ominis. Er und Cami versuchten jetzt, die Tür mit einem Zauber zu sichern, aber all ihre Versuche scheiterten. Sebastian, der unruhig mit den Füßen scharrte, war auch keine Hilfe. „Ich vermute, dass Salazar Slytherin das so geplant hat. Ein Labyrinth. Keine Orientierung.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)