Vampire Kiss von Funkenherz (Vermouth x Jodie, (Curaçao x Kir)) ================================================================================ Kapitel 17: ------------ In der folgenden Nacht lag die junge Frau die meiste Zeit über wach auf dem Sofa und hing ihren Gedanken nach. Obwohl sie normalerweise kein Problem damit hatte, auf dem gemütlichen Dreisitzer zu schlafen, nach dem Gespräch, welches sie am Abend noch mitbekommen hatte, kreisten ihre Gedanken ganz automatisch immer wieder um das selbe Thema. ~~~ Flashback ~~~ Um sich in der Bar sehen zu lassen und keinen Verdacht zu erwecken, allerdings auch um Chris ihr Auto zurückzubringen, hatte Curaçao am Abend noch im Anwesen vorbeigesehen. Rena hatte sie selbstverständlich nicht mitgenommen, doch der Ort, an dem sie untergetaucht waren, schien sicher genug zu sein, um die Brünette für einige Stunden allein zu lassen. Da Jodie es nach Möglichkeit vorzog, die Bar abends gar nicht erst zu betreten, da sie sich an den Anblick der ganzen Vampire dort und vor allen Dingen der Menschen, deren Blut tagtäglich in den Gläsern landete, niemals würde gewöhnen können, war sie oben im Wohnzimmer der Daywalkerin geblieben. Nach einer Weile hatte diese sich, in Begleitung ihrer Bodyguards, zu ihr gesellt. Kaum, dass die Vier einige Worte miteinander gewechselt hatten, hatte ein Rumpeln aus einem der gegenüberliegenden Zimmer ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Wenig später war die Ursache für den Krach bereits entdeckt. Im begehbaren Kleiderschrank der Schauspielerin, hatte eine Kleiderstange unter der schieren Last nachgegeben und war letztlich zusammengebrochen. Natürlich hatte Chris sich nicht selbst um das Problem gekümmert - eine Tatsache, die Jodie inzwischen längst nicht mehr überraschte. Gemeinsam mit Rei hatte die Blondine sich schließlich an die Reparatur gemacht, wobei sie der Unterhaltung aus dem Wohnzimmer problemlos hatten folgen können. "...Vor mir versucht sie die Fassung zu bewahren, aber sie weint sich die Augen aus, wenn sie glaubt, dass ich es nicht mitbekomme.", hatte sie Curaçao betroffen berichten hören. "Und sie dazu zu bekommen, etwas zu trinken, ist schwerer als einer Katze eine Tablette einzuflößen." Jodie hörte wie die Silberhaarige seufzte. "Als wenn es nicht schon gereicht hätte, ständig darauf zu achten, dass du genug trinkst und deinen eigenen Kopf nicht eines Tages noch vergisst." "Na komm, so schlimm bin ich nun auch wieder nicht.", hatte sie Chris mit leicht amüsierter Stimme antworten hören, ehe sie wieder ernster wurde. "Gib ihr einfach ein wenig Zeit. Für eine ehemalige Vampirjägerin ist es härter als für jeden anderen frischgebackenen Vampir, sich an diese Art der Nahrungsumstellung zu gewöhnen." "Vermutlich hast du Recht. Vielleicht sollte ich heute mal ein paar verschiedene Blutgruppen zur Auswahl mitnehmen." "Ich glaube kaum, dass das das eigentliche Problem ist." "Das weiß ich doch... trotzdem, irgendetwas muss ich doch für sie tun können. Ich habe Angst, dass sie tagsüber noch das Fenster öffnen könnte, wenn ich für einen Moment nicht im Raum bin." "So ein Quatsch. Ich denke kaum, dass sie das tun wird. Kir braucht ganz einfach Zeit um sich mit der neuen Situation abzufinden. Sie wird schon nichts dummes anstellen, erst recht nicht, wo der Jahreswechsel nur noch einen Wimpernschlag entfernt ist und sie die Gelegenheit bekommt, uns dabei zu helfen, unseren Gästen gehörig in den Hintern zu treten.", versuchte Vermouth Curaçao derweil zu beruhigen. Jodie war sich erst der Tatsache bewusst geworden, dass sie sämtliche Aufmerksamkeit dem Gespräch der beiden Vampirinnen gewidmet hatte, als Rei sie mit einem Kleiderbügel anstupste. "Hey, Erde an Jodie.", sprach er sie mit einem schiefen Schmunzeln auf den Lippen an. "Mich interessiert das Gespräch auch, aber lassen wir die beiden am besten unter vier Augen reden." Schließlich deutete er mit einem Nicken in Richtung des auf dem Boden verteilten Werkzeugs. "Gibst du mir mal den Akkuschrauber? Die Kleiderstange repariert sich nicht von allein." Die junge Frau seufzte, schnappte sich besagte Maschine und reichte sie dem Blonden. "Glaubst du wirklich, dass das hält? Bei den ganzen Klamotten, die normalerweise hier aufgehängt werden, kracht die Stange doch in spätestens fünf Minuten wieder runter." Sie verdrehte die Augen. Das dieses verzogene Sternchen von Schauspielerin auch gefühlt den gesamten Inhalt einer mittelgroßen Boutique in ihrem Kleiderschrank lagern musste... und dabei hatte sie die ganzen Schuhe noch gar nicht mitgezählt. ~~~ Flashback Ende ~~~ Die Erinnerungen an das Gespräch zwischen Chris und Curaçao waren es, die die junge Frau wach hielten. Sie machte sich Sorgen um Sternenstaubs Jägerin. Nach dem, was Curaçao berichtet hatte, erst recht. Hoffentlich behielt Chris Recht und Rena brauchte wirklich nur etwas Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen, so katastrophal sie auch sein mochte. Die Blondine hatte nicht lange geschlafen und war bereits früh am Morgen wieder wach. So früh, dass sie den Wecker der Schauspielerin diesmal klingeln hörte. Jodie streckte sich, gähnte hinter vorgehaltener Hand, schlug die Decke zurück und setzte sich auf. Als sie gerade ihre Brille vom Wohnzimmertisch gegriffen und aufgesetzt hatte, wurde die Tür zum Wohnzimmer bereits geöffnet. Die Jägerin wandte den Blick und spürte, wie ihre Lippen sich zu einem amüsierten Schmunzeln verzogen. Der Anblick, der sich ihr bot, war genau so ungewöhnlich wie goldig. Normalerweise war die Schauspielerin stets top gestylt und modisch gekleidet... gerade jedoch... Die Daywalkerin wirkte noch nicht ganz wach, die Haare vom Schlafen noch ganz durcheinander. Ungeschminkt, verschlafen und gekleidet in einen plüschigen, weißen Bademantel und den dazu passenden Hausschuhen, tappte sie ins Wohnzimmer. Natürlich tat sie das, immerhin musste sie das Zimmer durchqueren, wenn sie ins Bad wollte. Chris hatte augenscheinlich damit gerechnet, Jodie wie immer noch schlafend auf dem Sofa vorzufinden. Beim Anblick der bereits wachen jungen Frau, blieb die Schauspielerin kurz stehen und stutzte merklich. "Du bist schon wach?", hakte sie erstaunt nach. "Und du allem Anschein nach noch nicht wirklich.", antwortete Jodie ihr belustigt. Angesprochene gähnte hinter vorgehaltener Hand, ehe sie schließlich weiter in Richtung Bad lief. "Der Wecker hat mich aus dem Schlaf gerissen. Aber nach einer Dusche geht es mir besser." Jodie stand vom Sofa auf, ging ebenfalls in Richtung Badezimmer und lehnte sich gegen den Türrahmen. Sie folgte Chris mit dem Blick und beobachtete, wie die Schauspielerin ihr verschlafenes Spiegelbild kurz missfallend betrachtete (von wegen Vampire hätten kein Spiegelbild!), ehe sie damit begann die Kleidung, die sie mitgebracht hatte, auf einem Schränkchen abzulegen und schließlich Handtücher, Shampoos und Duschgel in Richtung Dusche zu sortieren. Bei den ganzen Produkten, die sich hier im Bad fanden, hatte man jeden Tag aufs neue die Qual der Wahl. "Wie kommt es, dass du nicht noch im Tiefschlaf auf dem Sofa liegst? Normalerweise könnten die Einbrecher dich problemlos aus dem Haus tragen.", erkundigte Chris sich und störte sich nicht wirklich daran, dass die Jüngere im Türrahmen lehnte. "Ich konnte die ganze Nacht über nicht schlafen.", erklärte Jodie ihr und gähnte. Natürlich war sie jetzt übermüdet. Das blieb auch kaum aus, wenn man erst mitten in der Nacht überhaupt dazu kam schlafen zu gehen und dann doch nur wach lag. "Rei und ich, wir haben mitbekommen, worüber Curaçao und du gestern gesprochen habt, während wir die Kleiderstange repariert haben. Ich mache mir Sorgen um Rena.", gab die Blondine ganz offen zu. Das sie ihre Gedanken so einfach mit der Vampirin teilte, überraschte sie dabei selbst. Noch vor kurzem hätte sie das sicher nicht getan, doch ihre Beziehung zu der anderen Blondine hatte sich verändert. "Wie ich Curaçao gestern schon gesagt habe, wird sie ganz einfach eine Weile brauchen, bis sie sich mit der neuen Situation abfinden kann. Leicht wird es sicherlich nicht für sie, aber ich denke, dass sie trotz allem ihren Platz in dieser Gesellschaft finden wird." "Ich hoffe du hast Recht." Mondnebels Jägerin seufzte und beobachtete ihre Gesprächspartnerin dabei, wie diese ihre Hausschuhe ein Stück weit von der Dusche entfernt abstellte. "Chris...?", sprach Jodie die Andere erneut an, nachdem einige Augenblicke lang Schweigen geherrscht hatte. "Wie lange hast du damals gebraucht, um dich mit all dem abzufinden?" Die andere Blondine hielt inne, wandte sich Jodie zu und dachte einen Moment lang über deren Frage nach. "Ein paar Wochen vielleicht, bis ich mich an die Nahrungsumstellung gewöhnt habe. Einige Monate, bis ich begonnen habe, mich an das Leben in dieser Gesellschaft zu gewöhnen.", antwortete sie ihr schließlich. "Aber bei mir war das etwas anderes als bei Kir jetzt. Ich habe von Anfang an die Zähne zusammengebissen und mich auf dieses neue Leben eingelassen, weil ich verhindern wollte, dass einer meiner Kollegen bemerkt, dass irgendetwas anders ist. Als Schauspielerin fällt es mir leicht, ganz einfach eine Rolle zu spielen und ein wenig kann man sich damit auch selbst blenden. Aber wie ich schon sage, ich bin Schauspielerin. Ich hatte nie diesen tiefen Hass gegen Vampire, wie es bei einem Jäger der Fall ist. Außerdem bin ich mit offenen Armen empfangen und in dieser Gesellschaft integriert worden. … Und ich kann mich weiterhin problemlos bei Tageslicht draußen bewegen. Ich habe mein altes Leben nie wirklich verloren. Die Kleine hingegen..., nun, sie ist plötzlich selbst das, was sie die ganze Zeit über gejagt hat. Sie wird nie wieder echtes Tageslicht sehen können und sie weiß, dass sie ihren Beruf nicht länger ausüben kann." Chris strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und fuhr fort: "Aber sie hat Curaçao, die sie auffängt und wenn alles so läuft, wie wir es planen, dann hat sie zum neuen Jahr hin genug damit zu tun, eine Brücke zwischen Menschen, Jägern und Vampiren zu bauen. Sie findet ihren Platz schon noch." Während Jodie die Worte ihrer Gesprächspartnerin sacken ließ und darüber nachdachte, beobachtete sie, wie die Schauspielerin aus ihrem Bademantel schlüpfte und schließlich unter die Dusche stieg. Die junge Frau war nicht prüde, dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ihre Wangen sich schlagartig wärmer anfühlten als eben noch und die Bilder sich förmlich in ihr Gedächtnis brannten. "H-hey! Wie wäre es mal, wenn du mich vorwarnen würdest?!", beschwerte sie sich. Chris musterte Jodie durch das Glas der Dusche unbeeindruckt. Ein amüsiertes Schmunzeln schlich sich auf ihre Lippen. "Du bist es doch, die sich zu mir ins Bad gestellt hat. Außerdem glaube ich kaum, dass es da irgendetwas zu sehen gäbe, was du nicht auch hättest." Die Jüngere grummelte etwas Unverständliches vor sich hin und zog es vor, sich erst einmal aus dem Bad zurückzuziehen. Später am Tag, der Nachmittag wich bereits langsam dem Abend, war die junge Frau einfach nur froh, wieder zurück in ihrem vorübergehenden Zuhause zu sein. Kurz zuckten ihre Mundwinkel. Vorübergehendes Zuhause, dass ausgerechnet sie dieses Vampirnest gedanklich so betitelte, nur weil sie in den nächsten Wochen hier leben würde. Nach einem weiteren eisigen Tag am Set, waren die Dreharbeiten am Strand vorerst beendet. Vermutlich war Jodie ähnlich froh darüber wie das Filmteam. Nach der Arbeit waren Chris und sie in die Stadt gefahren, um sich mit Akai zu treffen, wie sie es am Vortag vereinbart hatten. Zuvor hatten die beiden Frauen einen kurzen Zwischenstopp in einem etwas unbelebteren Teil der Großstadt eingelegt, um der Schauspielerin die Gelegenheit zu geben, einmal mehr in eine Verkleidung zu schlüpfen. Nicht, damit Mondnebels Trumpfkarte sie nicht erkannte, sondern viel mehr, damit New Yorks Zivilbevölkerung sie nicht ständig belagerte. Einerseits verstörte es Jodie immer noch, wie leicht die andere Blondine in der Lage war, in eine andere Rolle zu schlüpfen und sich dabei selbst nicht mehr ähnlich sah, andererseits war es beinahe auch ein wenig amüsant, dass Chris sich auf diese Art und Weise unerkannt durch die Stadt bewegen konnte und die Jägerin die Einzige war, die in diesem Moment wusste, um wen es sich bei ihrer Begleiterin handelte. Was hingegen weniger amüsant gewesen war, war die Tatsache, dass Akai und die Schauspielerin in diesem Leben wohl keine Freunde mehr werden würden. Als sie sich mit dem Scharfschützen in der Stadt getroffen hatten, hatte es nur wenige Sätze gebraucht, bis die beiden sich einmal mehr feindselig angefunkelt hatten. Jodie seufzte. Sie hatte schon gewusst, warum sie ebenfalls an dem kurzen Treffen teilgenommen hatte. Immerhin bei der Übergabe, der als Ohrstecker getarnten Kamera, war es zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen. Chris hatte sich die kleine Spionagevorrichtung noch am Treffpunkt angesehen und war der Meinung, dass es tatsächlich klappen könnte. Die Jägerin hoffte es. Außerdem konnte sie nicht leugnen, dass sie schon ein wenig neugierig war, den Boss der amerikanischen Vampirgesellschaft endlich zu Gesicht zu bekommen, und sei es auch nur auf einer Videoaufnahme. Nachdem die beiden Frauen zurück im Anwesen waren, welches zu dieser Uhrzeit noch so gut wie ausgestorben war, hatte Jodie sich zurück ins Wohnzimmer der Schauspielerin begeben und den Fernseher eingeschaltet, während die Ältere in Richtung des begehbaren Kleiderschranks verschwunden war. Halbherzig verfolgte Jodie die Nachrichten und tippte nebenbei auf ihrem Handy herum. Sehr zu ihrer Zufriedenheit, hatte Amerikas stellvertretende Anführerin es nach dem Gespräch mit Mondnebel gestern, nicht länger für nötig befunden, das Smartphone der Jägerin einzukassieren, während sie sich im Anwesen aufhielten. Genug mit der Geheimniskrämerei. Sogar den Weg zurück zum Anwesen, bei dem es sich im übrigen um eine alte Villa mit riesigem Gelände handelte, kannte die Blondine nun. Sie legte ihr Smartphone zur Seite und dachte nach. Die junge Frau war ganz eindeutig zufrieden damit, in welche Richtung die geplante Zusammenarbeit zwischen Mondnebel und den Vampiren sich entwickelte. Die Kameraaufnahmen würden den Deal in Stein meißeln. Ganz generell war es gut zu wissen, dass die andere Blondine ihr inzwischen ein gewisses Vertrauen entgegenbrachte. Noch ehe sie weiter über die aktuelle Situation nachdenken konnte, wurde Jodie aus ihren Gedanken gerissen, als in einem angrenzenden Zimmer der Klang des Flügels ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Ganz automatisch hielt sie inne, stellte den Fernseher leiser und lauschte. Chris fand nicht täglich die Zeit dazu, das Instrument zu spielen, doch sie war gut darin und Jodie mochte es, wenn der Klang des Flügels den Trakt des Anwesens erfüllte. Nachdem sie eine Weile lang vom Sofa aus zugehört hatte, schaltete die junge Frau den Fernseher schließlich ganz aus, stand von ihrem Platz auf und tappte aus einer spontanen Eingebung heraus über den Flur. Vor der geschlossenen Zimmertür, hinter der der Flügel sich befand, hielt sie kurz inne, zögerte, klopfte dann jedoch und betrat ohne eine Antwort abzuwarten den Raum. Wie sie es bereits erwartet hatte, fand sie die Schauspielerin vor dem Flügel sitzend wieder. Chris trug ein schwarzes Kleid, die platinblonden Haare hatte sie locker zurückgebunden. Kaum, dass Jodie den Raum betreten hatte, hielt die Andere inne, wandte sich ihr zu und blickte sie fragend an. Ein wenig bedauerte die Jägerin es, dass der Klang des Flügels verstummt war. "Ich wollte dir zuhören, wenn du nichts dagegen hast.", erklärte Jodie und zog die Tür hinter sich wieder zu. "Mach das, wenn du willst." Glücklicherweise schien Chris sich nicht daran zu stören, dass die junge Frau sich zu ihr gesellt hatte um dem Instrument zu lauschen. Doch anstatt weiterzuspielen, kam der Daywalkerin eine Idee. "Willst du es auch mal probieren?" Jodie stutzte und schüttelte schließlich schmunzelnd den Kopf. "Nein, ich fürchte ich bin ein hoffnungsloser Fall, was das betrifft. Es reicht mir schon vollkommen dir zuzuhören." Mit diesen Worten schritt sie durch den Raum, betrachtete dabei den Spiegel, welcher die ganze Wand bedeckte und nahm schließlich auf dem grauen Loungesofa Platz, welches in einer Ecke des Zimmers stand. Auf dem kleinen Wohnzimmertischchen davor entdeckte sie die Kopie eines Drehbuchs und dutzende einzelne Seiten und Notizen, welche im perfekten Chaos über den Tisch verstreut worden waren. "Na wenn du meinst.", antwortete Chris ihr noch amüsiert, ehe sie sich wieder dem Flügel zuwandte und erneut zu spielen begann. Jodie lauschte der Melodie und betrachtete die andere Blondine, während diese auf dem Flügel spielte. Chris wirkte ganz entspannt, während sie vor dem Flügel saß und ihre Finger elegant und in spielerischer Leichtigkeit über die Tasten jagten, als wäre es das einfachste der Welt, jedes Mal den richtigen Ton zu treffen. Dem Notenblatt, welches auf einem kleinen Notenständer vor ihr auf dem Instrument stand, schenkte sie dabei nur mäßig viel Beachtung. Auf die Lippen der Jägerin schlich sich ein Lächeln. Das die Andere Spaß am Spielen hatte, war ihr anzusehen. Für einen Moment schien es Chris zu gelingen, den ganzen Alltagsstress auszublenden. Und auch Jodie selbst musste zugeben, dass sie den Klang des Flügels mochte. Sie lauschte der Melodie gern und entspannte sich ebenfalls. Um es gemütlicher zu haben, zog sie schließlich die Beine hoch aufs Sofa und rollte sich auf der Seite zusammen. Kurz schloss sie die Augen. Eine Weile lang lag sie einfach nur so da, ehe sie blinzelte und ihr Blick schließlich wieder auf der Daywalkerin haftete. Wieder war da dieses warme Gefühl in ihrer Magengegend. Sie konnte nicht leugnen, dass sie das aktuelle Schweigen nicht störte und sie sich wohl in der Nähe der Vampirin fühlte. Ein Lächeln schlich sich auf Jodies Lippen, während sie die andere Blondine betrachtete. Dann stutzte sie über ihren letzten Gedankengang. Sie fühlte sich wohl in Chris Nähe. Ausgerechnet. Es war nicht das erste Mal in der letzten Zeit, dass sie sich dieser Tatsache bewusst wurde, doch aktuell hatte sie die Zeit und die nötige Ruhe, um wirklich über diese Ironie des Schicksals nachzudenken. Diese Frau hatte sie bis vor kurzem noch wie ein Dienstmädchen herumgescheucht und sie mit Andres Leben erpresst. Sie hatte sich über Mondnebel lustig gemacht und hatte Jodies Nerven mehr als einmal bis zum Zerreißen strapaziert. Überraschend hatte Chris sich als Verbündete entpuppt, auch wenn sie den Vampirjägern nicht aus Gutmütigkeit, sondern viel mehr aus Eigennutz einen Deal vorgeschlagen hatte. Nichts desto trotz besaß sie nicht nur einen äußerst launischen, sondern auch einen mehr als skrupellosen Charakter. Und dennoch... die andere Blondine hatte auch ihre guten Seiten. Neulich hatte sie sie sogar beschützt. Jodie seufzte lautlos und massierte sich die Schläfen, während ihr Blick auf dem Rücken der Schauspielerin ruhte. Trotz allem was vorgefallen war, sie hasste Chris nicht länger. Im Gegenteil, sie mochte sie. Sehr sogar. Irgendwie hatte dieses verzogene, arrogante Sternchen es geschafft, sich in ihr Herz zu schleichen, auch wenn sie selbst nicht wusste, wie und wann genau das passiert war. Und genau das war die Ironie an der ganzen Sache. Nicht die Tatsache, dass sie eine andere Frau mochte, verwirrte sie. Nein, das Problem war offensichtlich und eindeutig ganz anderer Natur. Sie selbst war eine überzeugte Jägerin Mondnebels, die Schauspielerin eine Vampirin. Ausgerechnet. Sie hatte so viele Kollegen durch Vampirangriffe verloren. Schlimmer noch, als Kind hatte sie ihre gesamte Familie aufgrund dieser Monster verloren und jetzt... jetzt lag sie hier seelenruhig auf dem Sofa, in einem gottverdammten Vampiranwesen und schmachtete die Daywalkerin mit dem perfekten Gesicht an. Das war doch verrückt. Sie musste eindeutig vollkommen den Verstand verloren haben. Jodie hätte sich die Haare raufen mögen. Als sie sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht strich, berührte sie dabei mit dem Zeigefinger ihre Brille. Das Brillengestell hatte ursprünglich ihrem Vater gehört. Nachdenklich strich sie erneut darüber. Vater war durch die Hände eines Vampirs ums Leben gekommen. Sie vermisste ihn noch immer jeden Tag, auch wenn die Katastrophe inzwischen schon über zwanzig Jahre in der Vergangenheit lag. Das sie Vampirjägerin geworden war, dafür hätte ihr Vater mit Sicherheit Verständnis gehabt, davon war Jodie überzeugt. Doch ob er auch Verständnis dafür aufbringen könnte, dass seine einzige Tochter ausgerechnet Gefühle für eine Vampirin entwickelt hatte? Zwar würde er ihr diese Frage nicht beantworten können, doch sie bezweifelte es. //Wann um Himmels Willen hat das angefangen?//, fragte sie sich in Gedanken selbst. Nicht erst neulich bei dem Vorfall im Weinkeller, so viel war klar. Und nicht nur das. Als würde es nicht schon reichen, dass sie die andere Blondine mochte, inzwischen gab es eine Hand voll Vampire, die Jodie als wirklich in Ordnung einstufte. Zwar war sie weiterhin ein überzeugtes Mitglied Mondnebels und brachte den meisten Vampiren eine starke Abneigung entgegen, doch in ihrer Zeit in diesem Anwesen hatte sie wohl oder übel auch gelernt, dass nicht alle Vampire grausam waren. Es gab Ausnahmen. Curaçao und Bourbon zum Beispiel und natürlich Rena, die sich diese Miesere ganz sicher nicht freiwillig ausgesucht hatte. Die Melodie verstummte und erneut wurde Jodie aus ihren Gedanken gerissen. Von ihrem Platz auf dem Sofa aus, blinzelte sie Chris fragend entgegen. "Was ist? Warum hast du aufgehört zu spielen?", wollte sie etwas träge wissen. "Weil wir schon eine halbe Ewigkeit hier sitzen, vielleicht?", antwortete die Ältere belustigt und stand auf. Sie streckte sich, räumte die Noten bei Seite und gesellte sich schließlich zu Jodie. "Hey, rutsch mal ein Stück.", forderte Chris sie auf, hatte die Jüngere doch das gesamte Sofa in Beschlag genommen, als sie sich der Gemütlichkeit halber seitlich daraufgelegt hatte. Die Jägerin stützte sich auf dem Sofa ab und brachte sich in eine halb sitzende Position. Fragend blickte sie die Schauspielerin an, doch diese nahm lediglich auf dem nun frei gewordenen Stück Sofa neben ihr Platz. Chris griff nach dem Drehbuch, welches auf dem Wohnzimmertisch gelegen hatte, blätterte darin und begann schließlich den Text darin zu studieren. "Das Drehbuch von der Serie, in der du aktuell mitspielst?", erkundigte Jodie sich. Angesprochene nickte kurz. "Genau so ist es. Ich will mich nochmal auf die Szene vorbereiten, die wir morgen drehen." Die Jüngere reckte sich ein wenig, um nun ihrerseits einen Blick auf den Text riskieren zu können. Allem Anschein nach handelte es sich dabei größtenteils um Dialoge und knappe Beschreibungen der jeweiligen Szene und Umgebung. Hier und da fanden sich handschriftliche Randnotizen in der Kopie. "Das liest sich für mich so, als würden die morgigen Dreharbeiten wieder im Studio stattfinden. Zum Glück geht es nicht wieder an den Strand." Allein bei der Erinnerung daran, gestern und heute die meiste Zeit über in der Kälte herumgesessen zu haben, zog Jodie ein Gesicht. Chris lachte leise. "Was denn? Hat da etwa jemand gefroren?", zog sie sie auf. "Nein, natürlich nicht. Ich bin lediglich dein ewiges Gejammer über Sand in den Schuhen leid.", ging Jodie grinsend auf die Neckerei ein. "Der ganze Sand erscheint mir noch das geringste Problem. Falls du es vergessen haben solltest, mein Kollege hat einen Krebs gefunden - mit dem Zeh." "Der Arme!", äußerte die junge Frau sofort, der der kleine Zwischenfall natürlich noch in Erinnerung geblieben war. Beide mussten sie nun darüber lachen und erneut stellte Jodie fest, wie angenehm die Gesellschaft der anderen Blondine sein konnte. Das sie sich jemals wohl in der Nähe dieser Vampirin fühlen könnte, noch vor einigen Wochen hätte sie so etwas für unmöglich gehalten. Und doch, nun neben Chris zu sitzen, ganz ungezwungen mit ihr zu reden und gemeinsam das Drehbuch zu studieren, fühlte sich nur natürlich und richtig an. "Du bist eine der wenigen Personen, die nicht wirklich zum Filmteam gehören und bereits einen Blick auf das Skript riskieren dürfen.", stellte Chris gerade fest. "Was du hier liest, bleibt bitte auch in diesem Raum." Jodie blickte die Ältere an und zog eine Augenbraue hoch. "Was erwartest du, was ich tue? Ich werde schon nicht in die Stadt fahren um dort den Leuten zu verraten, was sie in der neuen Staffel erwarten wird." Sie grinste. Die Beine immer noch auf dem Sofa, hatte die Blondine sich die ganze Zeit über in einer halb sitzenden, halb liegenden Position befunden, seitdem sie der Schauspielerin ein wenig Platz eingeräumt hatte. Mit einer Hand hatte sie sich auf der Sitzfläche des Sofas abgestützt und sich ein wenig in Richtung der Daywalkerin gereckt, um ebenfalls einen Blick in das Drehbuch erhaschen zu können. Die aktuelle Situation war genau so angenehm wie entspannt gewesen, bis die Jägerin schließlich mit der Hand, mit der sie sich auf dem Sofa abgestützt hatte, abrutschte und es ein kurzes Stück abwärts ging. Nun lag sie wieder auf dem Sofa, diesmal jedoch unverhofft mit dem Kopf auf dem Schoß der Schauspielerin. Diese blickte die Jüngere im ersten Moment überrascht, dann jedoch überaus amüsiert an, während Jodie selbst sich für einige Sekunden wünschte, einfach nur im Erdboden versinken zu können. Das war nun nicht beabsichtigt gewesen. In der Nähe der Daywalkerin zu sitzen, war noch einmal etwas gänzlich anderes, als deren Oberschenkel spontan als Kopfkissen umzufunktionieren. Sie spürte, wie ihre Wangen sich schlagartig wärmer anfühlten und ihr Herz von innen wie wild gegen ihren Brustkorb hämmerte. Ob die Vampirin ihren Herzschlag wahrnehmen konnte? Das Gehör der Daywalkerin war immerhin mehr als gut ausgeprägt. Nein,... darüber ob Chris ihr wie wild klopfendes Herz hören konnte oder nicht, sollte sie lieber erst gar nicht nachdenken, das machte es gleich noch viel peinlicher. Und was jetzt? Alles in ihr schrie danach, sich ruckartig wieder aufzusetzen, doch darüber würde die Schauspielerin sich sicherlich nur noch mehr amüsieren. Außerdem war die junge Frau doch kein unsicherer Teenie mehr! Chris strich ihr einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht, wobei ihre Finger leicht ihre Wange streiften. "Was denn? Plötzlich so anschmiegsam? So kenne ich dich ja gar nicht, Kätzchen.", amüsierte sie sich. "Das war ein Unfall.", murrte Jodie vor sich hin und plusterte kurz die Wangen auf, was ihr ein belustigtes Schmunzeln von Chris einbrachte. Schließlich fasste sie einen Entschluss. Nein, sie würde diesmal nicht ihrer ersten Eingebung folgen und peinlich berührt aufspringen, denn damit rechnete die Schauspielerin höchst wahrscheinlich insgeheim bereits. Stattdessen fasste sie sich ein Herz, drehte sich lediglich auf den Rücken, um ihre Gesprächspartnerin besser ansehen zu können, blieb ansonsten jedoch genau dort liegen, wo sie nun einmal eben gelandet war. "Aber wenn ich es mir recht überlege: du wolltest mich eben noch aufscheuchen, obwohl es viel gemütlicher war auf dem Sofa zu liegen. Also leb damit." So selbstbewusst und selbstverständlich ihre Stimme auch klang, innerlich war die Jägerin nicht so ruhig. Viel mehr fühlte sie sich wie eine unsichere 14-Jährige, in deren Magen gerade ein ganzer Schmetterlingsschwarm tobte. Ihre Wangen fühlten sich zudem verdächtig warm an. Hoffentlich glühte ihr Gesicht nicht ganz so offensichtlich, wie es sich anfühlte! Im Gegensatz zu ihr selbst, schien die Situation die Schauspielerin nicht im geringsten aus der Bahn zu werfen. Chris amüsierter Blick ruhte auf ihr, während sie rein gar nichts unternahm, um Jodie wieder zum aufstehen zu bewegen. "Ich soll damit leben? Nun, dann kann ich wohl kaum etwas dagegen sagen, was?", scherzte die andere Blondine. Sie strich Mondnebels Jägerin erneut einige Strähnen aus dem Gesicht, fast so, als würde sie einer echten Katze über den Kopf streicheln. Unter der Berührung der Älteren kribbelte Jodies Haut, der Schmetterlingsschwarm in ihrem Bauch tobte. Sie musterte für einen Moment die smaragdgrünen Augen der Anderen, in denen sich nach wie vor der kleine, blaue Sprenkel befand, der dort bis vor Kurzem eindeutig noch nicht gewesen war. Täuschte sie sich, oder wirkte das neckische Funkeln im Blick der Schauspielerin derzeit etwas sanfter als gewöhnlich? Anstatt das Gespräch weiter fortzuführen, suchte auch Chris sich eine gemütlichere Sitzposition. Mit der rechten Hand hielt sie das Drehbuch und begann wieder darin zu lesen, mit links strich sie der Jüngeren weiterhin geistesabwesend übers Haar. Langsam normalisierte Jodies Herzschlag sich wieder. Chris schien sich ganz auf das Drehbuch und die Vorbereitung auf ihre Rolle morgen zu konzentrieren, während es sich für sie selbst langsam normaler anfühlte, den Schoß der Älteren als Kopfkissen umfunktioniert zu haben. Das sie sich einmal in dieser Position wiederfinden würde, die sie sich zudem auch noch selbst und ganz freiwillig ausgesucht hatte... Sie fühlte sich wie im falschen Film, wobei es ein gutes Gefühl war, welches neben der derzeitigen Verwirrung in ihrem Magen kribbelte. Es wunderte sie ehrlich gesagt, dass Chris diese Nähe überhaupt zuließ und ganz komfortabel damit wirkte. Die andere Blondine hatte vollkommen gelassen und selbstverständlich reagiert. Auf Jodies Lippen legte sich ein Schmunzeln. Nun, Chris war eben nicht immer das verzogene Sternchen, wie sie sie gern nannte. Sie konnte es sein, musste es aber nicht zwingend. Sie beobachtete die Andere, wie diese konzentriert die Dialoge überflog. Es sollte sie gar nicht wundern, wenn die Schauspielerin sich bereits jetzt einen Schlachtplan zurechtlegte, wie sie ihre Rolle morgen ganz besonders gut spielen konnte. Auch wenn sie Chris derzeit nur alibihalber täglich zur Arbeit begleitete, so konnte Jodie dennoch nicht leugnen, dass sie ihr gerne beim Schauspielern zusah. In einigen Magazinen hatte sie in der Vergangenheit bereits gelesen, wie gut die Schauspielkünste der Blondine waren, sie in Realität dabei zu beobachten, wie sie mit spielender Leichtigkeit in ihre Rolle schlüpfte und dieser so viel Charakter und Leben einhauchte, war jedoch in der Tat noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Eine Weile lang blieben die beiden Frauen auf dem Sofa sitzen. Während Chris las, hatte Jodie es sich erlaubt ein wenig vor sich hin zu dösen. Erst als die Daywalkerin das Drehbuch schließlich wieder zurück auf den Tisch legte, blinzelte die Jägerin und sah hoch zu der anderen Blondine. "Na, sitzt der Text für Morgen?", erkundigte Jodie sich nicht ganz ernst gemeint und schmunzelte. "Ich denke." Chris streckte sich. "Aber du hast inzwischen ja selbst gesehen, wie chaotisch es beim Dreh teilweise zugeht." "Ich weiß gar nicht was du hast. Ich finde die Outtakes sehr amüsant.", amüsierte die Jüngere sich. Wieder blieb ihr Blick eher zufällig an dem kleinen blauen Sprenkel im linken Auge der Schauspielerin hängen. Erneut kam sie zu dem Schluss, dass dieser dort noch nicht ewig sein konnte, sonst wäre er ihr mit Sicherheit schon vorher aufgefallen. Und dann wäre da ja noch der Fleck in ihrem eigenen Auge, den sie sich nicht erklären konnte und den sie ganz sicher noch nicht ihr Leben lang mit sich herumschleppte. "...Chris?" Fragend blickte Jodie sie an. Der Tonfall der Jägerin sorgte dafür, dass die Daywalkerin ihr Gegenüber ein wenig aufmerksamer ansah. "Mh?" "Sag mal...", begann Jodie und fragte sich, wie sie das Thema jetzt eigentlich am sinnvollsten zur Sprach bringen sollte. Der Themenwechsel kam immerhin ein wenig plötzlich, doch gleichzeitig bot es sich gerade auch an und bislang war sie nicht dazu gekommen, die seltsamen Flecken anzusprechen, auch wenn sie sich bereits zu Genüge den Kopf darüber zerbrochen hatte. "Sag mal, ist dir der kleine grüne Fleck in meinem Auge aufgefallen?", wollte sie schließlich wissen. "Ich habe diesen Sprenkel neulich im Badezimmerspiegel bemerkt und bin mir ziemlich sicher, dass meine Augen vorher rein blau waren." Von jetzt auf gleich wirkte die Vampirin plötzlich unkomfortabel. In ihrer derzeitigen Position konnte Jodie sogar spüren, dass Chris sich anspannte. Dennoch redete sie weiter, nun wo sie das Thema bereits angeschnitten hatte. "In deinem rechten Auge ist ein ganz ähnlicher blauer Sprenkel.", sprach sie ihre Entdeckung an. Amerikas Nummer Zwei zog unbewusst ein Gesicht, an dem ganz leicht abzulesen war, dass ihr das eben angesprochene Thema nicht gefiel. Kurz schwieg sie, schließlich nickte Chris jedoch. Den kleinen Flecken im Auge zu leugnen, hätte immerhin auch nicht all zu viel Sinn gemacht. "Ja, der Fleck ist mir aufgefallen.", bestätigte sie. "Aber der Sprenkel ist so klein, dass die meisten ihn übersehen werden. Wenn er dich trotzdem stört, wären farbige Kontaktlinsen eine Option. Ich kann dir ein paar Marken empfehlen, wenn es dich interessiert." Jodie zog eine Augenbraue hoch. "Darum geht es doch gar nicht.", stellte sie kopfschüttelnd fest. "Mich interessiert viel mehr, ob du weißt, was es damit auf sich hat. Solche Flecken in den Augen sind so plötzlich doch nicht normal." Weiterhin sah die Vampirin so aus, als würde sie sich nicht unbedingt wohlfühlen. Jodie konnte beobachten, wie die Mimik ihrer Gesprächspartnerin zusehends verschlossener und kühler wurde. "Das ist... nichts.", wich Chris aus. "Es beeinträchtigt deine Gesundheit nicht. Diese Sprenkel... haben nur so viel Bedeutung, wie du ihnen zumisst. Zerbrich dir am besten nicht weiter den Kopf darüber." Jodie runzelte die Stirn. Sie sollte sich nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen? So wie Chris das sagte, erreichte sie bei der Jägerin eher das komplette Gegenteil. Vielleicht waren diese Sprenkel gesundheitlich wirklich unbedenklich, doch irgendetwas musste es damit auf sich haben und sie wurde das Gefühl nicht los, dass Chris ganz eindeutig mehr wusste und nur nicht mit der Sprache herausrücken wollte. Gerade als sie den Mund geöffnet hatte um noch einmal nachzuhaken, wurde die Tür geöffnet und zog die Aufmerksamkeit der beiden Frauen auf sich. "Chris? Hast du die Zeit vergessen? Sagtest du nicht vorhin noch, dass der Boss dich sehen wollte? Du solltest los, wenn du nachher wirklich noch diese verrückte Idee in die Tat umsetzen und unsere Gäste in die Stadt begleiten willst." Bourbon stand in der Tür und hatte zu sprechen begonnen, kaum das er in den Raum gesehen hatte. Nun hielt der Blonde jedoch inne und stutzte merklich. Die Schauspielerin stupste die Jüngere auffordernd an. Jodie verstand und setzte sich wieder auf, auch wenn sie sich um eine möglichst normale Mimik bemühen musste, nun wo der Bodyguard der Schauspielerin das Zimmer betreten hatte. Die junge Frau tat so als wäre nichts und blickte Chris fragend an. "Du willst Gin und seine Leute in die Stadt begleiten?" Hatten die beiden hochrangigen Vampire darüber neulich noch gesprochen? "Ich weiß ja nicht-", begann Jodie zweifelnd, doch Chris unterbrach sie. "Ich will mir selbst ein Bild davon machen, was unsere Gäste anstellen, wenn sie hier in New York unterwegs sind.", erklärte sie nur. "Und ich komme mit. Die ganze Sache gefällt mir nach wie vor nicht.", stellte Rei sogleich klar. Chris stand vom Sofa auf, streckte sich und zauberte ein Päckchen Zigaretten unter dem Chaos auf dem Wohnzimmertisch hervor. Während sie in Richtung Tür ging, fischte sie eine Zigarette aus dem Päckchen und steckte sie sich zwischen die Lippen, während sie nach ihrem Feuerzeug suchte. "Mach das, wenn du willst." Sie nickte ihrem Bodyguard zu, ehe sie stehen blieb und ihre Zigarette anzündete. Die beiden Vampire tauschten einen Blick aus und zum ersten Mal stellte die Jägerin fest, dass es sie wurmte, dass die beiden so vertraut miteinander wirkten. "Erstmal sehe ich jetzt aber nach dem Boss und bringe ihm etwas zu Trinken mit.", entschied die Daywalkerin. Etwas zu Trinken. Bei dem Gedanken schauderte Jodie, doch recht schnell riss sie sich wieder zusammen. "Hey Chris, vergiss die Ohrringe nicht.", erinnerte sie die Schauspielerin lieber noch einmal. Die Ältere strich sich eine der platinblonden Haarsträhnen zurück und deutete mit einer raschen Geste auf ihr linkes Ohr. Jetzt erst bemerkte Jodie, dass Chris die rubinroten Ohrringe bereits trug. Sie musste die Kamera darin nur noch aktivieren. "Showtime.", stellte die Schauspielerin schmunzelnd fest und nickte Rei und Jodie zu, ehe sie den Raum verließ. "Und du solltest vielleicht zurück ins Wohnzimmer gehen und die Tür geschlossen halten. Solange Chris und ich nicht hier sind, ist das sicherer.", sprach Bourbon sie an, während er sich ebenfalls bereits zum Gehen wandte. Zum ersten Mal wirkte der Blick des Bodyguards, mit dem er sie musterte, alles andere als freundlich. Jodie ahnte bereits, worum es hier ging, doch sie sparte sich einen Kommentar und sah ihm lediglich nach, als auch Rei den Raum verließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)