How To Save A Life von Hypsilon (Haikyuu Krankenhaus AU RairPairs on the Run) ================================================================================ Kapitel 8: Tell me more ----------------------- Atmen. Einatmen und Ausatmen. Schwäche und Kraft. Wird Luft eingenommen, ist der Körper schwach, wird sie wieder ausgestoßen, zeigt er Stärke. Erschreckt sich der Mensch, holt er Luft, hält sie gar an. Ist der Mensch wütend, schreit er, stößt Luft aus und macht seiner Stimme Gebrauch. Kraftvoll. Der Mensch spricht mit dem Ausatmen. Die allgemeine Richtung ist nach vorne. Im Schrecken japst er. Die allgemeine Richtung ist nach hinten. Ein Stoß, ein Tritt, ein Schubsen wirft uns weiter zurück, wenn wir einatmen, atmen wir aus, stellen wir uns dagegen. Kraft. In der Stimme liegt Kraft. Sie vermittelt. Stimme und das überbrachte Wort können verletzen, schwächen. Die Reaktion: Ein Einatmen. Stimme kann auch Trost spenden und Freude bereiten. Die Reaktion: Ein Seufzen – Ausatmen. Worte. Reden. Kommunikation. Des Menschen wertvollste Gabe, auch schrecklichste Waffe. Reden kann heilsam sein. Nicht umsonst ist Gesprächstherapie ein so gängiges Behandlungsmedium psychischen Schmerzes. Reden, eine liebe Stimme zuvördest, denn der Ton mach die Musik, wirkt wahre Wunder bei Komapatienten. Dabei scheint es, egal zu sein, worüber man spricht. Es ist wie bei einem Hund. Sagst du ihm nur süß genug, er sei ein Trottel, er wird sich freuen – Hecheln, ausatmen. Schrei ihn an, dass du ihn liebst und er wird sich fürchten – Zurückfahren, einatmen. Vertraute Stimmen, besonderer die von Verwandten, wirken beruhigend. Wie viel vom Inhalt des Gesagten tatsächlich auch beim Patienten ankommt, ist von Mensch zu Mensch verschieden. In der Regel beschränkt sich die Erinnerung auf das Gefühl. Also sprich. Immer. Mit Liebe und Bedacht. Mit Wärme und sprich mit einem Lächeln, denn man hört es, auch am Telefon. Und hole vor dem Reden einmal tief Luft um dir deinen Raum zu nehmen. Denn wenn du sprichst, soll man dir zuhören. *** „Hallo Kawanishi-kun. Heute war eine richtig verrückte Nachtschicht“ Kenma konnte im Vorbeigehen gerade noch sehen, wie sich Yachi an das Bett des Koma-Patienten setzte. Sie hat einmal tief Luft geholt und begann zu sprechen, da gewahr sich Kenma selbst auch einen Moment der Ruhe. Er blieb stehen, gewahr seiner Kollegin ihren Raum und lauschte ihren Worten. Die Nachtschicht stand kurz vor ihrem Ende, es galt nur noch ein paar Momente auszuharren um schließlich mit der Frühschicht zu wechseln. Für Kenma hieß das heute, mit Terushima abzutauschen, der ihm eine Speziallasagne versprochen hat. Kuroo war auch zuhause, dass er nicht damit rechnete, etwas gar zu Ausgefallenes vorzufinden. Richtig ausgefallen war dafür Yachi, die Kawanishi von ihrem Tag erzählte. Ein zartes Seufzen verließ Kenmas Lippen, denn wie Yachi sprach, tat sie das wohl regelmäßig, vermutlich sogar seit dem Unfall von vor ein paar Wochen täglich. „Aber ich fange einfach von ganz vorne an, denn heute hab ich Eri kennengelernt, sie ist schon das zweite Jahr hier und richtig nett auch wenn sie mich Anfangs richtig erschrocken hat und… naja…“, kicherte sie und erzählte munter von ihren Eindrücken der vergangenen Nachtschicht. - Yachi war überpünktlich, wie so oft, denn sie kam nicht wie alle anderen von zuhause, sie schlich sich aus einem der Räume des Krankenhauses selbst. Aus Kawanishis Krankenzimmer, der seit Wochen schon schlief und künstlich beatmet wurde. Seit er vor ein paar Tagen endlich die lebensnotwendige Transplantation erhalten hat, hing sein Leben nicht mehr ganz so sehr an einem seidenen Faden, aber Yachis Dasein verknüpfte sich immer mehr mit seinem. Sie saß nach ihrer Schicht noch lange bei dem jungen Mann und erzählte von ihrem Arbeitstag, so lange, bis sie mit dem Kopf auf ihren Armen auf dem Bett abgestützt einschlief. Zu ihrem Glück gab es im Krankenhaus Duschen und die Möglichkeit, Wäsche zu waschen und sie zu trocknen. Es fiel auch kaum auf, dass sie seit Wochen nicht zuhause war, ihrer Mutter schrieb sie regelmäßig, redete sich auf unpassende Schichten aus und dass sie viel zu tun hatte. Auch Yachis Mutter hatte viel zu tun. „Hey! Du bist doch die Kleine von Dr. Iwaizumi oder?“, wurde die Blondine in Angst und Schrecken versetzt. Sie kam gerade in ein Handtuch gewickelt aus der Dusche und hat gar nicht bemerkt, dass sich noch jemand in den Umkleiden befand. „Oh, entschuldige bitte, ich wollte dich nicht erschrecken“, kicherte die andere Ärztin. Sie war größer als Yachi, wie die meisten Menschen und trug ihre schwarzen Haare zu zwei Zöpfen gebunden, was sie freundlich aber auch kindlich wirken ließ. Yachi schüttelte sofort den Kopf, wenngleich ihre piepsige Stimme nicht von Überzeugung sprach. „Alles gut, ich dachte nur… ich… ich hab nicht gedacht, dass noch jemand hier ist und ähm… aber ich bin niemandes Kleine“, sie klammerte sich fest an ihr Handtuch und sah sich um, ob sich vielleicht noch jemand hier aufhielt. Und um Himmels Willen, wie kam diese fremde Ärztin auf die Idee, dass sie etwas mit Dr. Iwaizumi hatte? Hatten sie etwa zufällig oft dieselben Schichten? Selbst die, die seine Assistenzärzte anders hatten als er oder war das Gerücht aufgekommen, weil sie durch ihren Aufenthalt hier immer zu Zeiten gewisse Wege ging, in denen es der Stationsarzt auch tat, ohne, dass Yachi es plante, wusste oder gar ahnte. Des Schocks der Erkenntnis, dass sie vielleicht bereits im ganzen Krankenhaus als Konkubine des gutaussehenden Arztes ihren Ruf hatte, ließ sie beinahe das Handtuch fallen lassen, ihre Kinnlade lag metaphorisch bereits am Boden, viel mehr Worte des Widerspruchs konnte sie gar nicht deutlich herausbringen. Außerdem wurde nun gelacht. Yachis Gegenüberüber lachte und in Yachi stieg die Scham hoch direkt in ihr Gesicht, das von normal auf weiß gewechselt hat und nun eine übergesunde Röte zierte. „Oh nein! So hab ich das doch gar nicht gemeint. Entschuldige, ich hätte dich nicht auf deine Größe eingrenzen sollen, ich kenne nur deinen Namen noch gar nicht und weiß nur, dass du eine von Dr. Iwaizumis Assistenzärzten bist und… nun ja… recht klein bist. Ich bin Eri Miyanoshita“, sagte die Kollegin aus dem zweiten Jahr mit einem zuckersüßen Lächeln, dass ihr die Augen für einen Moment zudrückte. Darauf sah sie Yachi aber mit einem entschuldigenden Blick an, der an einen kleinen Hund erinnerte, der sich dessen bewusst war, etwas angestellt zu haben. Aber sonst hatte Eri nichts mit einem Hund gleich. Eine angenehme Person, wie Yachi nun schnell entschieden hat. Vermutlich auch eine sehr treue Seele und somit einem Hund doch nicht so unähnlich, dazu die Zöpfe, die wie Schlappohren wirken konnten. Yachi bemühte sich wirklich, ihre Kollegin nicht mit einem Hund zu vergleichen, das war unhöflich. „Hitoka Yachi“, stellte sie sich auch vor, ihre Finger hatte sie immer noch fest um das Handtuch geschlossen. Nichts wäre peinlicher als vor einer Kollegin blank zu ziehen. „Schön, dich kennenzulernen, treibst du dich öfter hier rum zwischen den Schichten?“, fragte Eri neugierig, verschwand aber hinter einer der Spindreihen, um sich umzuziehen und Yachi auch ihre Privatsphäre zu gönnen. „Ich bin ja heute selbst etwas früh dran, aber ich habs zuhause nicht mehr ausgehalten“, sagte Eri noch zu ihrer Verteidigung. Yachi nutzte die Chance, ungesehen zu sein. Sie entledigte sich des Handtuches und zog sich rasch an. „Ja ich, ich bin öfter hier, aber ich treib mich nicht rum“, verteidigte sie sich sofort. Sie traute sich nicht, weiterzugehen, weil sie auch Eri ihre Privatsphäre gewahr. Die summte nur. „Naja, vielleicht ein bisschen“, gestand Yachi. Eris Kopf lugte hinter den Spinden hervor. „Achso? Erzähl mir mehr!“, forderte sie. Das Oberteil wurde über den Kopf gezogen, sie klippte ihren Dienstausweis an den weißen Mantel und hielt ihr Stethoskop abwartend in den Händen, als würde sie es gleich verwenden. „Ich weiß gar nicht, ob ich das laut aussprechen sollte“, murmelte Yachi vor sich hin, innerlich verfiel sie bereits wieder, weil es sich verboten und falsch anfühlte, dass sie ihre gesamte freie Zeit dafür aufbrachte, einem Koma-Patienten von den Geschehnissen im Krankenhaus zu erzählen. Nein nein, das würde sie Eri lieber nicht sagen, denn selbst, wenn der Worst Case nicht eintreffen würde und sie wegen dem Verstoß gegen den Ethikkodex fliegen würde, dann würde Eri sie doch mindestens für verrückt halten und dann würde sie, Yachi, auf der Psychiatrischen landen, wo sie Dr. Ukai Junior eigentlich vermutet hatte. Auch das wollte sie Eri lieber nicht sagen. Deren Blick aber blieb weich. „Du musst über gar nichts reden, worüber du nicht reden willst“, sagte sie und ging mit dem Stethoskop zum Spiegel. Sie hing sich die Ohroliven an die Ohren und drückte sich das Bruststück unter das Schlüsselbein. Die Augen wurden geschlossen und es schien, als lauschte sie für einen Moment ausschließlich ihrem eigenen Herzschlag. Yachi wagte es nicht, etwas zu sagen. Mit einem Seufzen nahm Eri das Gerät ab, legte es sich um den Hals und wandte sich mit einem freundlichen Lächeln zurück zu Yachi. „Du fragst dich sicher, was das soll, oder?“, kicherte sie. Yachi nickte. „Ehrlich gesagt, ja, aber du musst nicht“, gewahr sie ihr genauso das Recht zum Schweigen, aber Eri zuckte mit den Schultern. „Ich höre gerne, dass mein Herz noch schlägt“, sagte sie mit Wehmut in den Augen, den sie aber schnell weglächelte. „Aber du machst nichts Illegales oder? Medikamente stehlen und am Schwarzmarkt verkaufen?“, wollte sie von Yachi wissen. „Nein, nein! Natürlich nicht! Ich bin bei einem Patienten“, japste sie und Eris Augen wurden größer. „Oooh, eine Romanze?“, fragte sie weiter und klatsche euphorisch in die Hände. Yachi schüttelte sofort den Kopf, fuchtelte wild mit den Händen und presste mit hochrotem Kopf hervor, dass es nicht so war. Eris Blick wurde skeptisch. Diese Reaktion, so sagte sie, wäre verdächtig. So verdächtig, dass Yachi sprach. Sie erzählte Eri von Kawanishi und dass er ihr leid tat und dass sie sich um ihn sorgte. „Und was machst du, wenn du bei ihm rumsitzt und wartest?“, fragte Eri. „Ich erzähl ihm von meinem Tag und von den anderen Ärzten.“ - „Wirst du ihm nach der Nachtschicht von mir erzählen?“, wollte Eri wissen. Yachi formte ein sanftes Lächeln und nickte rasch. „Ja ganz bestimmt, also… außer, es stört dich. Oh mein Gott, glaubst du, es stört die anderen? Kawanishi-kun wird sich kaum erinnern können. Oh Himmel, was, wenn doch?“ Yachi schlug panisch die Hände vor den Mund. Sie überlegte, umgehend zu Kawanishi zu laufen um ihm zu sagen, dass er nichts davon weiterplaudern durfte, wenn er wieder aufwachte. Wenn… Falls. Für Yachi war es sicher, dass der junge Mann nach dem Massencrash wieder aufwachte. Alles andere wäre unfair gewesen. Sein Leben war jetzt schon so unfair. Eri kicherte vergnügt. „Ach, ich glaube auch nicht, dass er es sich merkt, er bekommt es bestimmt mit, aber was er wissen wird, wenn er aufwacht, wird sein, dass du bei ihm warst, also erzähl ihm gerne von mir und wie nett ich bin“, sagte Eri mit einem Zwinkern, damit verabschiedete sie sich von Yachi, denn sie wollte vor dem Beginn der Nachtschicht noch etwas erledigen, worauf sie nicht weiter einging. Für Yachi ging es direkt darauf etwas seltsam los. Sie hat sich gemeinsam mit Shirabu beim Schichtführenden Arzt, Dr. Sawamura, gemeldet und sich Aufgaben geben lassen. Nichts Kompliziertes, in Shirabus Augen auch nichts besonders Spannendes. Kontrollen und Datenübertragung auf der Intensivstation, da fing es auch schon an, seltsam zu werden, denn Dr. Iwaizumi saß bei der verunglückten Motorradfahrerin. Seltsam, weil er bereits Schichtende hatte, noch seltsamer, weil er ein ungewohnt liebevolles Lächeln auf den Lippen trug, während er mit ihr sprach. Yachi empfand Dr. Iwaizumi zwar nicht als unfreundlich oder gar grob, doch so gelächelt hat er, seit Yachi seine Assistenzärztin war, noch nie. „Dr. Iwaizumi? Haben Sie nicht schon Feierabend?“, fragte Shirabu. Yachi riss es den Stift vor Schreck über das Blatt Papier. „Shh-Shirabu-kun, sowas fragt man doch seinen Vorgesetzten nicht“, ermahnte sie ihn vorsichtig. Der Tadel war dem Jungarzt aber egal. „Gute Nacht, Kaede, morgen leiten wir dann alles für Ihr Einzelzimmer ein“, sagte Dr. Iwaizumi und ging, nachdem ihm auch Kaede einen guten Schlaf wünschte, zu seinen Assistenzärzten. Erst nickte er Yachi zu, aber dann zeigte er Shirabu seine ernste Miene, der die jungen Ärzte und manchmal sogar Dr. Oikawa Respekt zollten. „Bevor ich mir von dir etwas unterstellen lassen, lege ich dir Nahe auf deinen eigenen Ruf zu achten“, grollte Dr. Iwaizumis Stimme leise. Seine Augen blitzten im Bruchteil einer Sekunde an Shirabus Kragen und wieder zurück in dessen Gesicht. Yachi drehte sofort den Kopf um und erblickte unter dem festen Stoff einen roten Fleck, der gerade nicht abgedeckt war und so verdächtig aussah, dass die blonde Ärztin gleich wieder etwas rote Farbe im Gesicht bekam und ganz schnell wieder weg sah. „Natürlich, Doktor Iwaizumi“ Shirabu schluckte seinen Stolz herunter. Eigentlich war er niemand, der sich vor einem Wortgefecht drückte, da war ihm der Rang auch reichlich egal, aber in diesem Fall war es doch ein bisschen anders. Dieser Arzt war für seine Karriere zuständig und das würde er sich nicht verscherzen. „Gut, angenehme Schicht“, sagte Dr. Iwaizumi wieder mit seiner üblichen ruhigen Art und ließ die beiden zurück. Shirabu schnaubte und verließ mit Yachi, die Kaede, freundlich wie sie war, auch noch eine gute Nacht wünschte, die Station. Die anderen beiden Patienten schliefen bereits. „Shirabu-kun?“, fragte Yachi vorsichtig, doch dieser ging sofort auf Abwehr. „Das geht dich überhaupt nichts an“, fuhr er sie an, dass sie erstarrt stehen bleib und sich stotternd entschuldigte. Auch Shirabu blieb stehen. „Du könntest auch mal n bisschen mehr gerade stehen“, sagte er zu ihr und musterte sie. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und musterte sie eingehend. „Aber du wolltest gar nicht wegen dem fragen, oder?“, fragte er und richtete sich schnell den Kragen, dass sein Knutschfleck wieder verdeckt war. „Natürlich nicht! Das würde ich nie wagen. Das ist deine Sache“, sagte sie rasch und Shirabu nickte zustimmend. „Genau, ganz meine Sache und da muss sich Dr. Iwaizumi nicht wichtigmachen. Aber… was wolltest du dann fragen?“ Die beiden gingen weiter, Yachi stammelte etwas vor sich herum und Shirabu ermahnte sie ein weiteres Mal. „Du hast doch Dr. Iwaizumi gerade wegen seinem Schichtende gefragt“, legte sie einen Fakt dar, dem Shirabu ein knappes „Ja“ bekundete aber auf die wirkliche Offenbarung wartete. „Meinst du, es ist nicht gut, wenn man nach seinem Dienst noch hier ist?“, fragte sie. Shirabu hob eine Augenbraue. „Ich glaub, das kommt drauf an. Was treibst du?“, fragte er sie. Yachi war natürlich umgehend durchschaut. „Naja… vielleicht bin ich etwas öfter bei Kawanishi-kun und rede mit ihm, weil ich nicht will, dass er alleine aufwacht und auch, dass er bis dahin nicht einsam ist“, gestand sie. Shirabu schwieg. „Bitte sag es niemanden!“, bat ihn Yachi und er schüttelte schnell den Kopf. „Ne… ich bin keine Petze… aber… wie vielleicht ist dieses öfter? Du bist ständig müde und schläfst fast ein, das ist doch öfter als öfter“ sein Blick wurde etwas sanfter, seine Stimme aber blieb ernst und streng. Yachi lachte verlegen. „Ja… also…”, begann sie und Shirabu winkte ab. „Vergiss es, es geht mich nichts an, okay? Mach, was du für richtig hältst und ich sag es niemandem“. Damit ging Shirabu weiter und auch Yachi ging nun freudig hopsend neben ihm her. „Danke, Shirabu-kun“, summte sie vergnügt. Solange bis sie im Eingangsbereich angekommen waren. Dort sollte eine späte Lieferung von Medikamenten eingelangt sein, die sie gemeinsam mit Pfleger Izuru einordnen sollten. „Dr. Sawamura sieht es gerne, wenn auch die Ärzte wissen, wo die Medikamente stehen, ihr könnt euch im Notfall nicht darauf verlassen, dass immer Pflegerinnen oder Pfleger hier sind, die euch sofort zur Hand gehen können“, erklärte Izuru mit ruhiger Stimme auf Shirabus Protest, dass das nicht seine Aufgabe sei. Yachi nickte zustimmend. „Das ist wirklich klug“, sagte sie und bekam ein begeistertes „Nicht wahr?“ zurück. „Das ist wirklich klug“, äffte Shirabu sie kurz nach und schnaubte wiederholt. Als sich beide umwandten und vor allem Yachi ihn mit einem schrecklich erbarmungswürdigen Dackelblick ansah, kam ihm sogar eine knappe Entschuldigung über die Lippen und er ließ diese unliebsame Einschuldung über sich ergeben. Yachi wurde dabei das Gefühl nicht los, dass Izuru angespannt war und fragte sich, ob es Shirabu lag, der ja nicht gerade ein Sonnenschein war. - „Und ganz wichtig ist, dass ihr immer alles zusperrt. Die Kästchen einzeln und natürlich den Raum selbst. Auch im Notfall! Ihr glaub nicht, auf welche Ideen die Patienten kommen“, sagte Izuru während dem Schließen der Tür und somit zum Abschluss der Aufgabe. „Auf welche denn?“, fragte Yachi mit großen unruhigen Augen. Izuru lachte etwas verhalten. „Also… nun ja, sie erfinden Notfälle, spielen mit ihren Reizen, manchmal arbeiten sie sogar zusammen, das ist wirklich ganz schlimm, wenn man eine Sucht bekämpfen muss“, seufzte er, plauderte aber nicht besonders lange aus dem Nähkästchen, denn am Schwesternpult im Eingangsbereich wartete bereits die nächste eigenartige Begegnung. Eine junge Frau mit kurzem Haarschnitt in braun stand noch ein paar Schritte vor dem Empfangspult und wippte nervös von ihren Fußballen auf die Fersen und wieder zurück. Ihre Lippen bewegten sich, als würde sie sprechen, aber kein Ton kam dabei heraus. Yachi ahnte gleich, dass sie, was auch immer ihr Anliegen war, gerade übte auszusprechen. Izurus Angespanntheit löste sich kein bisschen und Shirabu machte gerade keine Anstalten, die Situation in Angriff zu nehmen, also ging Yachi vor. Sie erkannte, dass die Besucherin etwas in der Hand hielt, etwas Kleines, dass sie es nicht erkennen konnte. Sie räusperte sich kurz. „Kann ich Ihnen behilflich sein? Suchen Sie jemanden?“ Das Wippen stellte sich ein, der Kopf neigte sich zur Seite und haselnussbraune Augen trafen warmes Mahagoni. Yachi erkannte sofort, dass diese Frau nicht zu den Patienten gehörte, die Izuru erwähnt hatte, die Wärme ihres Blickes konnte nicht getäuscht sein. „Ich ähm“ ein weiteres Räuspern, diesmal nicht von Yachi, folgte und die Frau verneigte sich knapp. „Ja, ich suche tatsächlich jemanden. Mein Name ist Yui Michimiya und ich wollte mich bei Dr. Sawamura bedanken“, sagte die hübsche Brünette. „Oh, Dr. Sawaramura? Da haben Sie aber Glück, dass er heute in der Nachtschicht ist“, stolperte Yachi etwas über die Erkenntnis, schenkte Michimiya aber ein freundliches Lächeln. Dass sie ihr behilflich sein würde stand auch schon ganz außer Frage. Dass Shirabu es nicht tun würde, war aber genauso klar und er verabschiedete sich für einen Kaffee von den Dreien. „Izuru, weißt du, wo Dr. Sawamura gerade ist?“, fragte Yachi den Pfleger, der zu ihrer Überraschung immer noch etwas angespannt wirkte. Vielleicht sogar ein klein bisschen mehr als zuvor. Er schüttelte rasch den Kopf. „Vermutlich macht er seine Runde oder ist auf der Pädiatrie, dort ist er oft“, sagte Izuru und stellte sich rasch wieder an seinen Posten. „Soll ich ihn anpagen?“, fragte er. Yachi schüttelte den Kopf, auch Michimiya tat es ihr gleich. „Bitte keine Umstände wegen mir“, sagte die junge Frau und Yachi lächelte ihr zu. „Ich hab Zeit, ich bringe Sie“, sagte sie zu Michimiya. Wenn die Runde des Oberarztes in der Pädiatrie enden würde, dann wollte sie einfach schon einmal mit ihr dort hingehen und den Grund für den Besuch und die Dankbarkeit erfragen. „Ich war vor einem Monat wegen meinem Blinddarm hier. Dr. Sawamura hat ihn entfernt und die Naht ist wirklich schön geworden. Sie ist natürlich noch ganz rot, aber ich glaube, wenn sie verheilt ist, sieht man es kaum. Bis zu meiner OP hatte ich so schreckliche Schmerzen und jetzt ist mein Leben so viel angenehmer und besser und nun ja, ich kann mich doch nicht einfach nicht bedanken, auch wenn ich jetzt das Gefühl habe, dass es übertrieben ist, ich hab… ich hab einen Talisman für ihn, dass er jeden seiner Patienten so eine Lebensverbesserung geben kann, also weiterhin, er macht das bestimmt jeden Tag. Er war ja so professionell, er ist sicher der Beste oder?“, erzählte Michimiya beim Gehen und endete schließlich in einer Frage, die Yachi einen Moment überlegen ließ. „Also, wenn ich ehrlich bin, haben wir hier nur außerordentlich gute Ärzte, aber Dr. Sawamura ist auf seinem Gebiet einer der Besten, das ist wohl wahr“ wurde die Frage beantwortet. Michimiya lächelte sanft. In Gedanken war sie bestimmt bei dem Oberarzt für allgemeine Chirurgie. „Und Sie? Was ist Ihr Fachgebiet?“, fragte Michimiya. Yachi schreckte für einen Moment auf. „Oh ich… darüber hab ich mir noch keine Gedanken gemacht, ich bin in meinem ersten Jahr hier. Also, wir sind alles ausgebildete Ärzte, aber dieses Krankenhaus hat ein Schulungsprogramm, in dem wir im ersten Jahr in alle Fachgebiete der Chirurgie eintauchen um uns ab nächstem Jahr zu spezialisieren, das dauert also noch“, sagte Yachi und MIchimiya wollte wissen, ob Yachi nicht vielleicht trotzdem schon eine Idee hatte, wo sie hin wollte. Aber das war schwer zu beantworten. Es waren alle Bereiche so unheimlich interessant. Während es in der Kardiologie und der Neurologie um die heiklen teils winzigsten Details ging, war aber auch die orthopädische Chirurgie, in der man richtig anpacken musste sehr spannend. Die plastische Chirurgie eröffnete so viele Wege und auf der Unfallstation gab es immer etwas, was es noch nie gab. Die Pädiatrie wäre für Yachi auch eine Überlegung, weil sie Kinder gerne mochte, aber vielleicht würde sie sich auch wie Dr. Sawamura allgemein halten und alles erledigen, wofür es keinen Wunderdoktor bedurfte. Wunder würden sie aber dennoch alle von Zeit zu Zeit bewirken oder zumindest beobachten dürfen. Genauso wie Dr. Sugawara es wohl demnächst mit Dr. Suna schaffen könnte. „Dr. Kuroo hat mich auf die Idee gebracht oder nun ja, man könnte fast sagen, er hat mir Dr. Suna auf dem Silbertablett gebracht“, kicherte Dr. Sugawara am Empfangspult der Station ins Gespräch vertieft mit Dr. Sawamura. Die beiden wirkten vertraut, Yachi vermutete, dass sie gute Freunde waren, wie wohl auch Dr. Suna und Dr. Sakusa, die allerdings alles andere als vertraut wirkten, denn die waren beide eher unnahbar und schüchterten dadurch ungemein ein. Dr. Iwaizumi führte aber wohl eine ähnliche Beziehung zu Dr. Oikawa, den er seit seiner Kindheit kannte, das hat Yachi am Field-Day erfahren, den Tsukishima gewonnen hat. „Er hat mir auch schöne Augen gemacht“, sagte Dr. Sugawara und lehnte sein Kinn an seiner Hand ab, mit dem Ellenbogen lehnte er am Pult und sah verträumt nach oben. Dr. Sawamura hustete einmal stark. „Was denn? Denkst du nicht, dass man mir schöne Augen macht?“, fragte der Mann mit den grauen Haaren, die aber nicht von Alter sprachen. Er richtete sich auf und stemmte die Hände bereit zum Protest in die Hüften. „Doch doch, natürlich, wer würde dir nicht schöne Augen machen wollen?“, japste Dr. Sawamura, bemühte sich aber schnell um Beherrschung. In dem Moment bemerkten die beiden aber wohl auch Yachi und Michimiya. „Oh… Michimiya, was machen Sie denn hier? Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte der begehrte Arzt. Dr. Sugawara lehnte sich direkt wieder an das Pult aber beobachtete die Szene mit einem breiten Grinsen. „Dok….Doktor Sawamura-sama… ich” Michimiya fing an zu sprechen. Yachi hob den Blick zu ihrer Seite und überlegte stark, warum die junge Frau nun so nervös wurde. Dr. Sugawara verkniff sich bereits ein Kichern. Dr. Sawamura stand dafür in aller Ruhe da und wartete, bis Michimiya ausgesprochen hatte. „Ich wollte mich bei Ihnen bedanken!“, sagte sie lauter heraus, als es ihr lieb war. Yachi staunte und wartete auf die Übergabe, die aber nicht kam. „Ach wofür denn? Dass ich meinen Job gemacht habe? Wie sieht die Narbe aus? Darf ich sehen?“ Der Oberarzt kam die Schritte auf die beiden Frauen zu. Michimiya nickte. „Natürlich, Sie dürfen alles. Also… ähm, ja, Sie dürfen sehen“, haspelte sie und nun verstand auch Yachi, dass sich Michimiya nicht nur bedanken wollte, sie wollte den Arzt, der ihr Leben erleichtert hat, noch einmal sehen und vielleicht sogar noch ein paar Mal mehr? Das hatte auch Dr. Sugawara eindeutig verstanden und winkte Yachi zu sich um ihr wohl des Alibis wegen etwas zu zeigen. Michimiya zog einstweilen ihre Bluse aus dem Rock um die heilende Narbe zu zeigen. Yachi erkannte jetzt erst an der Kleidung, dass sie wohl von ihrer Schicht kam, denn die Kleidung ähnelte der einer Kellnerin, vielleicht war sie auch Flugbegleiterin? Wenn Yachi nun genauer hinschaute, dann erkannte sie, dass – „Hey, gib ihnen doch n bisschen Privatsphäre“, zischte Dr. Sugawara und Yachi sah sofort ertappt zu dem Oberarzt der Pädiatrie. „Bitte entschuldigen Sie“, sagte sie, aber Dr. Sugawara hielt sich nicht an sein eigenes Wort. Er spickte auch. Und er erkannte auch, wie zart und vorsichtig der andere Oberarzt nach Erlaubnis seine Finger an Michimiyas Taille legte und mit dem Daumen prüfend über die sich langsam erholende Narbe strich. „Wirklich schön“, sagte er. „Äh… D-Danke Dr. Sawamura“, japste Michimiya mich hochrotem Kopf. Der Blick des Allgemeinchirurgen nach oben übermittelte ihm ein Missverständnis. „Oh! Ich meinte die Narbe, sie wächst schön zusammen“, klärte er auf. Die Situation wurde so unangenehm, dass Yachi nun ganz freiwillig wegsah und sich auch hinter ihren Händen versteckte. „Ah! Entschuldigen Sie das-“ – „Nein, bitte entschuldigen Sie! Oh was ist-“ – „Autsch“ – „Verzeihung“ – „Pardon… das ist ein Talisman, ich wollte Ihnen den geben, für gutes Juju“ Die Szene, in der Michimiya der Talisman hinuntergefallen war und ihr und Dr. Sawamuras Kopf zusammen stießen sah Yachi nicht, aber Dr. Sugawara war sich nicht zu schade, das Ganze nach einer peinlichen Verabschiedung, in der sich der Oberarzt zwar aufrichtig bedankte, aber von den wahren Absichten der jungen Frau rein gar nichts verstand, wieder und wieder zu wiederholen. Michimiya hat sich auch von Yachi verabschiedet, den Weg zurück hätte sie ganz schnell gefunden. Es war auch wirklich gut beschriftet, denn auf dem Boden des Krankenhauses waren Linien und Pfeile in verschiedenen Farben zu den unterschiedlichen Stationen gezeichnet und so auch zum Ausgang. „Also dir muss man auch mit Schildern und blinkenden Farben deutlich machen, dass jemand mit dir flirtet, was? Ach Mann, Daichi, wie willst du so jemals jemanden finden?“, fragte Dr. Sugawara. Dem anderen Arzt fiel beinahe die Kinnlade hinunter. Er sah zu Yachi, als wollte er Bestätigung und die nickte sogar. Auch ihr war klar, dass Michimiya wohl nichts dagegen gehabt hätte, den Oberarzt näher kennenzulernen. „Soll ich?“ – „Na klar laufst du ihr jetzt nach! Ich kümmer mich um die junge Dame hier“, sagte Dr. Sugawara und scheuchte Dr. Sawamura regelrecht weiter. Yachi drehte den Kopf langsam zu Dr. Sugawara und der grinste sie nur breit an. „Wir beide werden jetzt auch Spaß haben, magst du Kinder?“, fragte er doch Yachi konnte gar nicht antworten, da schrie ihr Pager los. „Huch“, rief sie, zückte das Ding aus ihrer Manteltasche und besah den Notfall. „Ein Unfall“, japste sie. „Na dann los“, scheuchte sie Dr. Sugawara weiter. Sein Pager ging nicht los, was bedeutete, dass es sich schonmal nicht um ein Kind handelte. - „Und dann sind wir in die Notfallaufnahme gekommen, also auch Kenjiro und da war schon Dr. Tendou, er ist wohl öfter in der Nachtschicht da“, plauderte Yachi weiter, was für Kenma nun auch verständlich machte, warum er den verrückten rothaarigen Arzt so selten sah. Er kannte fast nur Erzählungen von Kuroo und ist ihm erst zwei Mal über den Weg gelaufen. Diese Begegnungen waren beide unterschiedlicher Natur. Das erste Mal war an Kenmas erstem Tag in diesem Krankenhaus, wo er sich vorgenommen hat, nicht über ihn zu urteilen, weil er keinen besonders seriösen Eindruck gemacht hat und das zweite Mal war bei dem Unfall, wo die Notfallaufnahme im Chaos versunken war und der Arzt mit den roten Haaren absolute Kontrolle über die Situation hatte, wenngleich auch seine Gesichtszüge dem Irrsinn näher waren als der Ordnung. Aber Kenma hat auf der Notfallstation auch erkannt, dass Ordnung dort schwer zu meistern war, wenn man in strikten Linien dachte und handelte. „Es ist alles so schnell gegangen. Dr. Tendou ist den Sanitätern sofort entgegen gelaufen und dann hab ich erst gesehen, dass da ein Mann war. Er hat sich den Bauch gehalten. Blut war überall auf seinen Händen und der Kleidung und sein Gesicht… er muss solche Schmerzen gehabt haben, er hat schrecklich ausgesehen. Ich hab mich gar nicht richtig rühren können, aber Dr. Tendou hat uns zu sich gerufen und ich hab einfach gehandelt, weil es ja mein Job ist! Und Taichi- oh… ich wollte nicht… aber… ich darf doch Taichi sagen oder? Ich meine… du kennst schon so viel von mir und naja, ich hab schon so viel von dir gesehen und oh mein Gott! Bitte glaub nicht, dass ich dich so gesehen habe! Ich bin keine Perverse! Oh nein, jetzt denkst du von mir wohl wie ich von Dr. Ukai Junior anfangs und nein, bitte sag ihm das nicht!“ Yachi schien im Krankenzimmer zu eskalieren, dass Kenma gar nichts anderen übrig blieb. Er ging die wenigen Schritte von draußen in den Raum und versuchte, seine Kollegin zu beruhigen. „Yachi? Ich glaube nicht, dass er dich für eine Perverse hält, erzähl lieber weiter von der Notfallaufnahme, ich glaub, das tut ihm gut“, sagte Kenma und deutete auf den Bildschirm, der den Herzrhythmus aufzeichnete. „Kozume-san?!“, japste Yachi erschrocken der Tatsache, dass sie nicht alleine mit Kawanishi war, aber folgte dem Finger zum Monitor. „Das ist gut“, seufzte sie leise. „Also, was war mit dem blutenden Mann?“, fragte Kenma und setzte sich auf den freien Stuhl bei der Tür des Zimmers. Seine Augen hafteten auf der Szene vor ihm, die eigentlich nichts mit der einer Arzt-Patienten-Beziehung gemein hatte. Yachis Stuhl war nah an das Krankenbett geschoben, eine ihrer Hände lag auf Kawanishis Arm, die andere ruhte auf der Decke und ihre Körperhalterung zeugte von emotionaler Nähe. Oh Yachi. „Oh ja, also der Mann wurde angeschossen! Könnt ihr euch das vorstellen?“ Yachi sah zuerst Kenma entgeistert an, dann Kawanishi. Ihre weiteren Worte waren wieder mehr dem Patienten zugetragen. „Er ist schon richtig blass gewesen und hat fast nicht mehr sprechen können. Er ist uns direkt in der Notfallaufnahme zusammengebrochen und dann ist alles ganz schnell gegangen. Wir waren in dem Not-OP. Dr. Tendou hat die Schusswunde aufgeschnitten. Er hat meine Hand geführt, dass ich die Blutung stoppe. So wie bei dir damals, ich hab ganz fest gehalten, dass nicht noch mehr Blut verloren geht. Kenjiro hat mit Tüchern das überschüssige Blut weggemacht und Dr. Tendou hat alles getan um die Kugel rauszubekommen, aber die war so schwer zu erreichen. Es war so hektisch, ich hab versucht Platz zu machen, aber das war das mit dem Zudrücken nicht mehr so leicht und dann hat sich die Kugel verschoben und schließlich hat auch Dr. Tendou nichts mehr tun können“, erzählte Yachi. Ihre Stimme wurde immer hastiger und zitterte regelrecht. Ihre Hand um Kawanishis Unterarm drückte sich fester zusammen. „Er ist verblutet… obwohl ich nichts falsch gemacht habe und auch Dr. Tendou hat nichts falsch gemacht.“ Mit diesen Worten sah sie zu Kenma auf, der mit den Schultern zuckte. „Manchmal kann man eben nichts mehr tun“, sagte er. „War die Polizei da?“, wollte er wissen und Yachi bestätigte. -Playlist- Die Polizei war da, aber sie haben nur noch Daten aufgenommen. Der Mann wurde in einer Kneipenschlägerei mit seiner eigenen Pistole angeschossen. „Wenn man zu dumm ist, auf seine eigene Waffe aufzupassen…“, knurrte Shirabu. Er stand am Waschbecken des Notoperationssaales und versuchte das Blut so gut wie möglich aus seinem weißen Mantel zu waschen. Yachi stand neben ihm. Sie trug immer noch die blutigen Handschuhe und war bleich vor Schock. Der Mann war vor ihren Augen gestorben. Das laute durchgehende Piepgeräusch der Maschine, die den Herzschlag aufzeichnete, hallte noch in ihren Ohren, obwohl es längst abgedreht war. „Wie sagt man? Den ersten vergisst man nicht“, sagte Shirabu. Yachi rührte sich immer noch nicht. Shirabu schnaubte. „Jetzt sei nicht so, das ist die Natur des Lebens, wir können sie nicht alle retten“, schnauzte er sie an. Yachi drehte den Kopf langsam zu ihm. „Und Kawanishi liegt im Koma“, flüsterte sie. Shirabu legte den Kopf schief. „Was hat er damit zu tun?“ „Zwei Unfälle, zwei Patienten und keiner von ihnen lebt, also nicht richtig“, erklärte Yachi. Shirabu zog ihr endlich die Handschuhe aus, warf sie in den Müll und wusch sich sogleich das Blut wieder von den Fingern. „Kawanishi wird das schon durchstehen, wenn er keine Chance hätte, hätte er keine neue Lunge bekommen“, schlussfolgerte Shirabu und schob nun Yachi zum Waschbecken. Wie in Trance gab auch sie sich dem Akt des Händewaschens hin. Aber ihre Gedanken rasten. Die beiden Patienten, die ihr Leben in ihre Hände gelegt haben, noch nicht einmal freiwillig. Sie mussten! Weil ihnen nichts anderes übrig blieb. Sie waren nicht bei Bewusstsein, oder kläglich, und Yachi war da. Sie war diejenige, die verantwortlich war. „Dr. Tendou hat alles getan, ich hab gesehen, wo die Kugel eingedrungen ist, wie sie verrutscht ist und dass es zu spät war, noch bevor der Kerl mit der Rettung hier angekommen ist, also mach dich nicht fertig, es ist nicht deine Schuld“, sagte Shirabu und reichte Yachi. „Wie geht’s Koma-nishi eigentlich?“, fragte er, da gab ihm Yachi den zärtlichsten Rempler, den er je erfahren hatte. „Nenn ihn nicht so! Das ist nicht nett!“, beschwerte sie sich. Shirabu sprach eine karge Entschuldigung ab, forderte aber auch eine Antwort. „Er ist stabil, unverändert. Aber manchmal zucken seine Muskeln, dann hebt sich ein Finger oder seine Mundwinkel. Es sieht dann aus, als würde er kurz lächeln“, sagte Yachi selbst mit einem zarten Lächeln auf den Lippen. „Dir liegt wirklich was an ihm, hmm?“ Yachi wurde ertappt und sie wusste selbst nicht einmal so recht warum. „Was ist das?“ Shirabu nahm beim Vorbeigehen eine kleine blaue Entenfigur vom Kästchen mit dem Feueralarmknopf. Yachi war sofort abgelenkt. „Das ist eines der Entchen, die Dr. Komori verrückt machen!“ Shirabu hob die Augenbrauen an, Yachi schlug sich die Hände auf den Mund. „Das wollte ich nicht sagen! Dr. Komori ist nicht verrückt“, japste sie. Shirabu musterte das Entchen. „Und wie machen ihn die Entchen verrückt?“, fragte er und Yachi erzählte vom Field-Day an dessen Nachmittag sie vor Kawanishis Transplantation eine Seite von Dr. Komori gesehen hat, die sie nicht kannte. „Und ich hab auch eine“, schloss sie ab und griff rasch in die Brusttasche ihres Arztmantels. Sie stockte. Das Fummeln in der kleinen Tasche wurde hastiger. Yachi riss die Finger wieder heraus, weitete die Tasche und starrte von oben mit verzweifeltem Blick hinein nur um zu erkennen, dass sie leer war. Gleich darauf sah sie Shirabu panisch an. „Ja und? Hast du sie halt verloren, wenn die hier eh überall rumstehen, kannst du jederzeit ein neues einstecken, hier nimm das“, sagte er und reichte Yachi das blaue Entchen. „Nein! Das ist nicht das Problem! Ich hatte sie vorhin noch. Ich hatte die Ente bevor wir in die Notfallaufnahme gekommen sind“, sagte sie. Ihre Stimme wurde brüchig. „Nein!“, sagte Shirabu etwas lauter und schüttelte den Kopf. Yachi zog die Augenbrauen zusammen, ihre Augen wurden glasig und selbst Shirabu hatte einen unsicheren Gesichtsausdruck. „Wir müssen sofort zurück“, sagten sie zeitgleich und drehten um. Sie betraten die Notfallaufnahme und stellten zu allererst den kleinen Not-OP auf den Kopf. Alle Mülleimer wurden durchsucht, die Pfleger wurden befragt, auch das Reinigungspersonal hat die kleine rosarote Ente nicht gesehen. „Sie ist in dem Mann drinnen“, hauchte Yachi einem Nervenzusammenbruch nahe. „Das kann nicht sein“, log Shirabu, der seinem bleichen Gesicht zur Folge auch davon überzeugt war, dass die Ente mit dem Patienten in die Pathologie geschoben worden war. Die beiden tauschten einen Blick aus. Ein Moment der Stille waltete, aber so wussten beide, dass sie in die Pathologie mussten. „Was, wenn die Ente ihn umgebracht hat?“, presste Yachi unter Tränen heraus. „Der Schuss hat ihn umgebracht! Die Ente hat damit nichts zu tun“, verweigerte Shirabu jegliche Selbstanschuldigungen. „Was, wenn ich es schlimmer gemacht hab?“ Yachi war außer sich. „Hast du nicht! Du hast gesehen, wie viel Blut er schon verloren hat und die Kugel ist verrutscht“ – „Was, wenn es nicht die Kugel war, sondern die Ente?“ Die Schritte wurden schneller. Yachi machte sich Vorwürfe, in ihrem Kopf waren sie bereits in der Leichenhalle und haben ihren Patienten gefunden, wieder aufgeschnitten und kramten nervös in dessen Innereien nach der rosaroten Ente. Ihre Vorstellung war so bildlich, dass sie augenblicklich stehen bleiben musste und gegen den Drang, sich übergeben zu müssen, kämpfte. „Was ist los, Yachi? Komm schon!“ Shirabu war nervöser als sie ihn je gesehen hat. Yachi schluckte alles hinunter, was ihr hoch kommen wollte und sie folgte ihm weiter in das unterste Geschoss des Krankenhauses. „Warum ist das Pathologische Institut immer im Keller?“, fragte sie mit einer weiteren anderen Nervosität in der Stimme. „Vermutlich, weil es dort von Haus aus kalt ist“, vermutete Shirabu. Warum die Lichter hier unten aber flackern mussten und die Gänge noch ausgestorbener waren, als der Rest den Krankenhauses in der Nachtschicht, ließ sich damit nicht erklären. Auch das mulmige Gefühl, das sich in ihrer beider Eingeweide ausbreitete war anderer Natur und dennoch hatte es einen direkten Zusammenhang damit, dass sie sich im Tiefgeschoss befanden. „Shirabu-kun?“ Yachis Stimme flackerte genauso wie das Licht hier. „Bei dem, was wir gleich machen werden, kannst du Kenjiro sagen“, sagte Shirabu und packte sie am Oberarm um mit ihr gemeinsam ans Ziel, der Aufbewahrungshalle, zu kommen. „Okay“ Yachi nickte schnell, hielt Schritt und drückte sich gemeinsam mit ihrem Kollegen an der großen Glastür an die Scheibe um zu sehen, ob jemand dort drinnen war. „Mein Vorname ist Hitoka“, flüsterte sie. Ihre Augen huschten durch den verzerrten Raum. Das Licht dort war stabiler. Kein Flackern. „Gut, Hitoka, dann gehen wir mal hinein“, sagte Shirabu, tat den ersten Schritt aber noch nicht. Auch Yachi tat ihn nicht. Keiner von beiden tat ihn, eine Weile nicht. Bis das Licht im Gang schließlich vollkommen ausfiel und Yachis Aufschrei Shirabu zur Flucht nach vorne getrieben hat. „Was zur Hölle?!“, blaffte er sie an, sichtlich erschrocken. Yachi konnte das nachempfinden, hatte sie sich eben auch herzhaft erschreckt und war ihm Flott in die Halle gefolgt. „Ich hab mich erschrocken?“, fragte Yachi. Shirabu schnaubte. „Vor was? Der Dunkelheit? Oder hat dich was angegriffen?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, schnaubte noch einmal und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. „Ich hoffe nicht“, sagte Yachi und drehte sich rasch um. Nein, sie hatte tatsächlich nichts gespürt und es war auch niemand hinter ihnen. Nur die Panik war da, dass da vielleicht jemand sein konnte. Oder vielleicht sogar das Gegenteil? Denn wie sie sich wieder zu Shirabu wandte, erkannte sie wie er, dass auch hier drinnen niemand war. „Wir sind alleine“ „Dann lass ihn uns schnell finden, die Ente rausschneiden, wieder zumachen und ganz schnell zurück nach oben gehen“, drängte Yachi Shirabu weiter in den Raum zur nächsten Glaswand. Dahinter verbarg sich die Leichenhalle, so wie sie sie auch schon aus dem Studium kannten. Zwei Aufbahrungstische standen in der Mitte mit hohen Lampen und ähnlichen Bestecktischen, wie sie sie in den Operationssälen hatten, nur dass es hier nicht mehr darum ging, ein Leben zu retten, sondern darum, herauszufinden, was eines gekostet hat. Einer der Tische war leer, auf dem anderen lag eine Person unter einem weißen Tuch. Yachi schluckte stark. „Das ist er, oder?“, fragte sie und Shirabu nickte. Dass er es nicht war, war ausgeschlossen. Dennoch interessierte ihn gerade etwas anderes mehr. „Was hier wohl sonst noch so rumliegt?“, fragte Shirabu und ging zu den Kühlladen. Er legte die Hand auf eine, betätigte den Zug und wollte bereits anziehen, doch Yachi hielt ihn auf. „Bitte lass uns das ganz schnell erledigen ja?“, flehte sie ihn regelrecht an. Shirabu seufzte. „Gut, vielleicht komm ich ein andermal noch hier her und schau mich um.“ Er trat näher an den Tisch heran. Yachis Hand bewegte sich bereits, ehe ihr etwas auffiel. „Hast du das gesehen?“, fragte sie mit hoher Stimme. „Was gesehen?“ Yachis Hand zitterte und sie deutete mit dem Finger auf den Körper unter dem Tuch. „Das da! Das bewegt sich“, fiepte sie. Shirabus Blick wandte sich kritisch auf den Tisch. „Tatsache“, sagte er und schluckte. „Der Kerl atmet wieder? Und hat deine Ente drinnen?“ Nun wurde auch Shirabu wieder blass. Yachis Gesicht trug dafür wieder Farbe auf. „Das heißt, dass ihn die Ente nicht umgebracht hat“, freute sie sich. „Das bedeutet, dass wir ihm die Ente nicht einfach rausschneiden können“ „Fuck!“ – „Fuck? Hast du gerade Fuck gesagt?“ Yachi begann mit den Händen herumzufuchteln. Dahin war ihre gesunde Farbe wieder. „Was machen wir denn jetzt?“, fragte sie aufgelöst. „Ich weiß nicht. Zuerst. Ruhe bewahren?“, fragte er und Yachi nickte. „Genau. Ruhe bewahren“, wiederholte sie. Gesagt, getan, nicht getan, denn sie lief umgehend nervös um den Tisch herum. Auf und ab, hin und her. Shirabu blieb stehen und besah den sich rührenden Körper unter dem Tuch. „Und wenn‘s wer anderes ist?“ – „Wer sollte es sein? Ist gerade noch jemand gestorben?“ Beide überlegten. Nein, das ging sich nicht aus. Es gab keine Operationen in der Nacht, bis auf die in der Notfallaufnahme, weil eben das waren: Notfällte. Und sie hatten nur diesen. Sonst war es ruhig. Zu ruhig, wie Yachi gerade auch wieder bemerkte. Diese Halle war so gruselig. „Dann sollten wir ihn aufwecken und fragen, ob wir die Ente rausschneiden sollen?“, fragte sie Shirabu. Der schien sogar zu überlegen, ob das eine Option. „Nein!“ war es offenkundig doch keine gute Idee. „Aber aufwecken und ihn fragen, ob es ihm gut geht?“ – „Der Mann wurde angeschossen, dem geht’s nicht gut“ – „Mir geht’s auch nicht gut“ Yachi ließ sich auf den Boden nieder. Sie raufte sich die Haare und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, doch das war unmöglich. Der Mann würde sie verklagen, sie, Yachi, nicht das Krankenhaus, weil Yachi ihm eine Ente eingesetzt hatte und er nun damit leben musste. Vermutlich würde sie sich entzünden und Beschwerden bereiten, weswegen er noch mehr klagen würde. Yachi war ihren Job los. Da war sie sich ganz sicher. Sie könnte gleich ihre Sachen packen und Heimkehren zu ihrer Mutter und Kawanishi würde sie noch ein schönes Leben wünschen und sich bei ihm entschuldigen, dass sie nicht tanzen gehen könnten, weil sie kein Geld mehr hatte und vermutlich auch noch im Gefängnis sitzen würde, wegen fahrlässiger Entenimplantation. Sie hätte auch gerade all ihre Energie in einen Nervenzusammenbruch gesteckt, hätte ihr Shirabu nicht die Hand vor den Mund gelegt und sie auf Geräusche hingewiesen, die weder von ihnen noch der Nicht-mehr-Leiche kamen. Ihre Augen wurden größer. Man wollte Angst haben, sie fielen ihr jeden Moment heraus. „Da-da-das sind Schritte“, wisperte Yachi zwischen Shiarbus Finger hindurch, der nickte angespannt. „Jetzt sind wir am Arsch“, sagte er, von dem man es durchaus schon Mal gehört hatte, dass er fluchte. Yachi war auch gleich wieder nach fluchen, doch sie brachte keinen Ton mehr heraus. Die Geräusche – es waren Schritte und leises Gerede – kamen immer näher. Yachis Herzschlag wurde schneller, sie drückte sich nach hinten und drückte sich so nah an Shirabu, dass sie sogar seinen beschleunigten Herzschlag hörte. Eine Entschuldigung dafür, dass sie sie beide in diese Lage gebracht hatte, blieb ihr im Halse stecken. Das Gerede verstummte. Die Schritte wurden weniger, aber sie kamen dennoch näher. Yachi presste die Augen zusammen, drehte sich zu Shirabu um und wartete mit ihm auf ihre Entlassung. Sie würde aber dementieren, dass Shirabu auch nur im Ansatz damit zu tun hatte. Am besten würde sie sagen, dass er von nichts wusste und einfach nur da war. „Yachi?“ Die junge Ärztin versteinerte augenblicklich. Diese Stimme kannte sie. Angespannt ließ sie von Shirabu ab, der überraschend ruhig blieb, und blinzelte ein paar Mal als sie die Ärztin aus dem zweiten Jahr erkannte. „Eri-san! Er kann nichts dafür. Er hat nichts damit zu tun, ich wars, es ist nur meine Schuld! Der Mann wurde angeschossen und ich hab was in ihm verloren, aber er ist gestorben, aber er atmet noch“, platzte es aus ihr heraus. „Du hast Matsukawa erschossen?!“ Eri schlug sich schockiert die Hand vor den Mund. „Warum?!“ „Wer?“ „Wer hat Issei erschossen? Ich hab keinen Schuss gehört. Was zur Hölle ist hier los?“ eine weitere Person kam in die Halle mit den zwei Tischen. Er war sehr groß, hatte kurze helle Haare mit einem gewissen Rosastich und Yachi meinte, ihn bereits in der Radiologie schon einmal gesehen zu haben. „Dr. Hanamaki?“, fragte sie. „Ha, Dr. Iwaizumis Kleine!“ lachte der kurz auf aber machte umgehend eine ernste Miene. „Was ist jetzt mit Issei?“, fragte er. Yachi war in ihrer Aufregung nicht drum herumgekommen, den Namen des vermeintlichen Patienten zu kennen und heulte ihre Geschichte aus. „Er wurde angeschossen, ich hab nicht geschossen, wir haben mit Dr. Tendou die Kugel rausschneiden wollen, aber er hat schon so viel Blut verloren, es war vergebens! Und ich hab meine Ente verloren und jetzt atmet er noch und ich weiß nicht, was ich tun soll und Ken- Dr. Shirabu trifft keine Schuld! Das ist alles an mir!“ „Was für ne Ente? Wer hat Enten im Krankenhaus?“, fragte Hanamaki. Yachi merkte, wie es um sie herum dunkel wurde. Sie ahnte, dass sie nun einen Schwächeanfall erleiden würde, doch dem war nicht so. Neben ihr tauchte eine Hand mit der rosaroten Ente auf und eine tiefe ernste Stimme fragte: „Diese Ente?“ Die vermeintliche Leiche hat sich aufgerichtet. Ein spitzer Schrei erfüllte die Leichenhalle und vermutlich auch das gesamte Kellergeschoss. - „Tja, es hat sich herausgestellt, dass die kleine rosa Ente gar nicht in dem Schussopfer drinnen war und dass Dr. Matsukawa aus der Pathologie sie neben der Leiche gefunden hat und Dr. Matsukawa hat einen Powernap auf dem Tisch gemacht und Dr. Hanamaki und Eri, also Dr. Miyanoshita wollten ihn für einen Mitternachtssnack besuchen und er war wirklich tot… also der aus der Notaufnahme, nicht Dr. Matsukawa, der lebt, auch wenn er irgendwie ein bisschen tot aussieht, aber ich glaube, das kommt daher, dass er da unten arbeitet. Das könnte ich nicht. Aber er wirkt so, als wäre es für ihn okay und Dr. Hanamaki ist sehr oft bei ihm, ich glaube ja, das läuft was. Eri hat auch immer so geguckt“, löste Yachi die Geschichte ihrer Nachtschicht auf. Kenma war selbst so gefesselt, dass er sich auf seinem Stuhl nach vorne gelehnt hat und wie an den Lippen seiner Kollegin hing. „Ach ja und ich hab mir Gedanken über meine Spezialisierung gemacht. Ich glaube, ich will mich auf Transplantate spezialisieren, wie Dr. Romero. Er hat dein Lungentransplantat gemacht. Er ist ziemlich cool, Terushima-kun hat ihm noch keinen komischen Spitznamen gegeben, also… ich würde ihn Dr. Rockstar nennen“, kicherte Yachi. Sie seufzte leise und lächelte den schlafenden Kawanishi an. „Du erzählst ihm wirklich alles, was du hier erlebst und erfährst oder?“, fragte Kenma. Yachi sah sich ertappt zu ihm um. „Ja… schon… ich hab das Gefühl, dass ich bei ihm ganz offen sein kann“, sagte sie, zog aber ihre Hände nun auch zurück, da sie Kenmas prüfenden Blick bemerkt hat. „Ich hab das Gefühl, es hilft euch beiden“, sagte Kenma und stand auf. Natürlich hatte Kawanishi auch keine andere Wahl, aber Kenma wusste, dass Reden, Musik und Nähe bei Komapatienten helfen konnte. Bei Yachi merkte er dafür, dass sie unbekümmert war, wann sie mit ihm sprach, als würde sie mit einem alten Freund sprechen. Ob ihre Beziehung auch so sein würde, wenn Kawanishi aufwachte? „Aber Yachi? Mach das nicht alleine, ich kann auch mal eine Schicht übernehmen und ihm ein Videospiel zeigen oder so“, schlug Kenma vor. „Das hat Kenjiro auch gesagt, ihr seid wirklich nett“, sagte Yachi. Sie stand auf und umarmte Kenma einfach. „Danke“, flüsterte sie. Kenma rührte sich kaum und ließ diese Geste erst einmal über sich ergehen. „Schon gut“, sagte er angespannt und fühlte sich erst wieder richtig wohl, als sie ihn losließ. „War das nicht okay? Entschuldige bitte. Ich wollte dir nicht zu nahe treten“, sagte sie sofort, als sie Kenmas schiefes Gesicht sah. „Nein, es ist okay. Ich bin es nur nicht gewöhnt“, sagte er und steckte seine Hände in die Hosentaschen. „Sag mir einfach, wann ich mal übernehmen soll, okay?“, fragte er und ließ Yachi mit Kawanishi wieder alleine. Am Gang bereute er aber sogleich, dass er nicht noch ein paar Minuten gewartet hatte oder eher, dass er nicht schon eher gegangen war. „Er war der Erstbeste, den ich in die Finger bekommen hab, hättest dich ja anstellen können. Ich wüsste aber nicht, seit wann du Anspruch hättest“, keifte Shirabu im Vorbeigehen, hinter ihm jagte Dr. Semi von der Anästhesie her. „Heutzutage darf man nicht mal mehr neugierig sein, ohne eifersüchtig rüber zu kommen, was? Du sitzt ganz schön weit oben auf deinem hohen Ross.“ Kenma blieb wie angewurzelt stehen und ließ die beiden an sich vorbei wüten. Ob es um Terushima ging? Oder um Futakuchi? Nein, Futakuchi hatte ja etwas mit Terushima, wobei… ach, er würde einfach Kawanishi fragen, wenn dieser wieder wach war, denn so wie es schien, waren Yachi und Shirabu durch ihr kleines Abenteuer enger miteinander befreundet und somit würde der schlafende junge Mann davon erfahren, zumal Shirabu genau dieses Zimmer gerade anvisierte. „Halt doch einfach deine Klappe, Semi-san, ich muss jetzt zu Kawanishi und Yachi ablösen, dass sie schlafen gehen kann“ – „Wow, was für eine nette Ausrede… soll ich jetzt auch noch gerührt sein?“ Kenma hat genug gehört. Er entschied, dass er auch einfach Terushima fragen könnte, wenn er ihn traf, würde es ihn noch interessieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)