Die goldenen Töne des Klondike von KiraNear ================================================================================ Kapitel 3: Pfirsichtorte ------------------------ Klaas Klever hatte einen deutlichen Vorsprung. Er war ihnen bereits einen großen Schritt voraus und das schmeckte Dagobert Duck absolut nicht. Darum erhöhte er das Tempo, mit welchem er durch die Straßen seiner ehemaligen Heimat durchschritt. Seinen Neffen dagegen fiel es schwer, mit ihm Schritt halten zu können. Sie hatten bereits geahnt, dass das Auffinden der unbekannten Notenblätter sehr wichtig für ihren Onkel war. Im Normalfall genügte es Dagobert, seine Neffen mit einer sehr schmalen Finanzspritze auf den Weg zu schicken. In Normallfall nahm er sich nicht die Zeit, um einen durchschnittlichen Gegenstand oder Schatz zu besorgen. Wenn Dagobert aus diesem Anlass seinen Geldspeicher verließ, bedeutete es, dass es sich um ein größeres Geschäft oder eine sehr wertvolle Sache handelte. Musiknoten waren jedoch noch nie unter den Dingen gewesen, um deren Beschaffung sich Dagobert höchstpersönlich kümmern wollte. Zumal sie ihren Onkel nicht als musikalischen Liebhaber kannten, eher das Gegenteil war der Fall. Und doch folgten seine Neffen ihm. Sie folgten ihm durch Straßen, die sie nur aus seinen Erzählungen kannten, um Musiknoten zu bekommen, deren Bedeutung ihnen unbekannt waren. Schließlich, sehr zur Freude Donalds und dessen Beinen, blieb Dagobert vor einem Gebäude stehen. Die Fassade war mit zarten Lavendelfarben verziert worden. Kräftig genug, dass sie einem verriet, dass der letzte Pinselstrich erst vor mehreren Jahren getätigt worden war. Man hielt die Stadt und ihre wichtigsten Gebäude gut im Schuss. Doch sie waren nicht gekommen, um die Restaurationsbemühungen von Dawsons Stadtverwaltung zu loben, sondern vielmehr, um das Innere des Gebäudes aufzusuchen. „Dawson Stadtbibliothek“ stand in geschnörkelter Schrift auf dem Schild, und die vielen Bücherregale, die man durch die Fenster hindurch erkennen konnte, ließen keinen weiteren Zweifel zu. „Hier befinden sich also die Musiknoten. Vorausgesetzt, dass Klaas Klever sie bisher noch nicht gefunden hat“, sagte Dagobert. Die Finger, die seinen Gehstock hielten, verkrampften sich. Er atmete tief ein. „Finden wir es heraus“, sagte er und betrat die Bibliothek.   Seine Neffen folgten sie ihm in das Innere des Gebäudes. Überall konnten sie lesende Menschen sehen, sie schienen ihre Umgebung kaum bis gar nicht wahrzunehmen. So hatte Dagobert keine Probleme, die Theke zu erreichen und wurde auch sofort angesprochen. „Einen Augenblick bitte!“, sagte die Dame leise, womit sie Dagoberts Geduld auf die Probe stellte. Donald ging um ihn herum, um einen besseren Blick auf die Mitarbeiterin werfen zu können, seine Neffen taten es ihm nach. Seine Augen fielen auf eine Entendame mittleren Alters, welche dabei war, mehrere Karteikarten in einer Vorrichtung befestigten, die ihm vollkommen unbekannt war. Auch Dagobert entging es nicht, sein Blick wurde weicher und auf seinem Schnabel zeichnete sich ein kleines Lächeln ab. „Ein Rolodex? Sieht man heutzutage leider kaum noch, die jungen Leute wissen gar nicht, was ihnen damit entgeht“, sagte er, kaum hatte sich die Entendame zu ihnen umgedreht. Diese blickte kurz zurück auf ihren Rolodex, dann färben sich ihre Wangen rot. „Nun, man muss ja nicht immer auf das neueste Pferd setzen, nicht wahr? Bleib lieber bei dem, bei du dich auskennst, Becky, das hat mein alter Herr auch immer gesagt.“ Sie räusperte sich, als wäre sie viel privater geworden als ihr lieb war und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder vollkommen der Duck Familie. „Wie dem auch sei, herzlich Willkommen in der öffentlichen Stadtbibliothek von Dawson, wie kann ich Ihnen helfen?“ Jede andere Person wäre auf diese Frage eingegangen, hätte sein Anliegen vorgebracht und die Dame hätte sich dann darum gekümmert. Dagobert Duck dagegen gehörte nicht zu diesen Personen. In seinem Kopf hatte es die ganze Zeit gearbeitet, als würde er über etwas nachdenken, was ihm auf der Zunge lag … und kaum hatte die Dame ihren Namen genannt, weiteten sich seine Augen. Dabei starrte er auch immer wieder auf die große, gelbe Schleife an, die ihr Haar zierte. „Verzeihen Sie, dass ich so direkt frage, aber das muss ich wissen. Sie sagten, Ihr Name sei Becky … Sie, nein, du bist aber nicht zufällig früher in deiner Jugend Schleifen-Becky genannt worden, nicht wahr?“ Verwirrt blickte die Mitarbeiterin über den Rand ihrer Halbbrille. Anschließend kniff sie die Augen zusammen und versuchte, die Antwort in Dagoberts Gesicht zu finden. Bis ihr ein Licht aufging, ihr Gesicht sich wieder entspannte und sie ihn mehr als überrascht ansah. „Dagobert? Sag mir nicht, dass du das bist, Dagobert?“ Fröhlich glucksend sah sie ihn an und als Dagobert bestätigend nickte, schüttelte sie lächelnd ihren Kopf. „Wahnsinn, ich hätte nicht gedacht, dass ich dich nach all der Zeit mal wieder sehen würde. Wie lange ist es her? Zu lange, wenn du mich fragst – du hättest wenigstens mal eine Karte schreiben können.“ Sie zwinkerte ihn an, und stand auf, um sich Dagobert genauer ansehen zu können. „Gut siehst du aus, du bist zwar älter geworden, aber im Grunde hast du dich in den ganzen Jahren kaum verändert. Ich sehe immer noch diesen Schalk in deinen Augen, der damals unermüdlich nach Gold gesucht hat … aus dir ist ja richtig was geworden, nicht wahr?“ Wieder nickte Dagobert ihr stumm zu. Auch wenn sein Reichtum üblicherweise sein ganzer Stolz war, mit dem er bei jeder passenden Gelegenheit angab, so verzichtete er zur Überraschung seiner Neffen darauf. Stattdessen winkte er mit der freien Hand ab. „Ich muss sagen, die Zeit war auch gnädig zu dir. Und wie du weißt, bin ich stets beschäftigt, ich hatte also keine Zeit, dir eine Karte zu schicken.“ Der Gehstock wanderte von einer Hand zur anderen, und erst, als Becky ihren Blick zur Seite wandte, wurde sie sich der Anwesenheit weiterer Personen bewusst. „Ich nehme mal an, das hier sind deine Verwandten? Muss schön sein, eine Familie zu haben. Sind das dein Sohn und deine kleinen Enkel?“ Für einen kurzen Moment sah sie Donald wie auch die drei Küken nachdenklich an, dann begann sie zu lachen, als hätte sie einen besonders lustigen Witz von sich gegeben. „Ach, was rede ich denn da? Du bist nicht die Art von Mann, der sich eine Frau und Kinder ins Haus holt, absolut nicht. Lass mich raten, das sind Neffen von dir.“ „In der Tat, in der Tat. Selbst nach all den Jahren, in denen wir uns nicht gesehen habe, kennst du mich besser als ich meine Westentasche.“ Dagobert drehte sich zu seinen Neffen um und sah ihn einen nach dem anderen an. „Donald hier ist der Sohn meiner Schwester Dortel, ich habe früher sicherlich oft von ihr erzählt. Sie hat mir immer diese harten Kekse geschickt, die keiner von uns essen konnte.“ Wieder begann Becky laut zu lachen, so laut sie es sich in einer Bibliothek erlaubte. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie sich wieder beruhigt hatte. „Verstehe, verstehe, alles andere hätte mich auch gewundert. Dann nehme ich an, die drei kleinen Jungs hier sind wohl Donalds Nachwuchs?“ „Nein, mein Neffe hat keine Nachkommen und ich bin mir bis heute unsicher, ob ich diesbezüglich traurig oder dankbar sein soll“, antwortete Dagobert sofort. Dabei ignorierte er Donalds stark irritierten Blick. „Jedenfalls, bei den Drillingen handelt es sich um meine Großneffen, die Kinder seiner Schwester. Man sieht es ihnen nicht an, aber sie sind sehr gewitzt und schlau. Da kommen sie ganz nach ihrem Großonkel“, sagte Dagobert und er konnte nicht verhindern, dass seine Brust ein wenig anschwoll. „Ich verstehe. Nun, ich muss zugeben, dass sie alle einen sehr aufgeweckten Eindruck auf mich machen“, sagte Becky freundlich, bevor sie Dagobert wieder in die Augen sah.   „Bertel, ich freue mich natürlich, dich mal wieder zu sehen. Aber ich kann mir vorstellen, dass du nicht für ein einfaches Pläuschen gekommen bist oder um mit deiner Verwandtschaft anzugeben. So wunderbar sie auch sein mag, keine Frage.“ Sie rückte die Schleife auf ihrem Kopf zurecht, als wüsste sie nicht, wohin mit ihren Händen. Und auch Dagobert reagiert zunächst zögerlich, geradezu wortkarg auf ihre Bemerkung. „Dir kann ich absolut nichts vormachen, nicht wahr? Gut, um es auf den Punkt zu kommen, ich bin hier, weil ich etwas finden möchte, was ich damals vergessen habe.“ Jetzt war es Becky, die verwirrt ihr Gegenüber ansah. „Vergessen? Was hast du denn hier vergessen? Hast du etwa einen Goldklumpen unter dem Kopfkissen liegen gelassen, oder wie darf ich das verstehen?“ Die Hände in die Hüfte gestemmt, blickte sie Dagobert mit einem amüsierten Lächeln an. Dagobert dagegen schien immer mehr und mehr über seine nächsten Worte nachzudenken. „Mit dem Goldklumpen liegst du gar nicht mal so verkehrt. Genauer gesagt, es ist kein richtiges Gold, das ich damals hier zurückgelassen habe. Vielmehr geht es um ein bestimmtes Set an Notenblättern. Die Goldnoten, um es mal ganz präzise auszudrücken“, sagte er und kaum hatten die letzten Worte seinen Schnabel verlassen, wich das Lächeln aus Beckys Gesicht. „Natürlich, das hätte ich mir denken können. Zumal du nicht der Erste bist, der heute danach gefragt hat. Es gibt keine Zufälle, das hat mir der heutige Tag mit Nachdruck bewiesen.“ Sie nahm die Hände wieder herunter und stützte sich auf dem Tresen vor ihr ab. „Du redest von ihren Notenblättern, nicht wahr? Damit erwischst du mich eiskalt, bei dir macht es ja noch Sinn, dass du danach frägst, aber dieser Fremde …“ Erschrocken zuckte sie zusammen, als Dagobert ihre beiden Hände nahm und sie fest mit seinen eigenen drückte. „Klaas Klever war also tatsächlich hier! Er ist auch hinter den Blättern her, du hast es mir so eben bestätigt …“ Sein Gesicht wurde fahl und seine Arme zitterten wie Espenlaub. Selbst seine Stimme klang nicht mehr so selbstbewusst wie noch wenige Augenblicke zuvor. „Sag mir, hast du ihm die Blätter ausgehändigt? Hast du sie ihm gegeben? Ich muss es wissen, bitte, sag es mir!“ Dagoberts unsichere Miene passte perfekt zu seinen Worten. eine Augen zuckten wild, als er Beckys Gesichtszüge genau studierte. Welche erst hart, dann wieder weicher wurden. „Natürlich nicht. Als ob ich so einem dahergelaufenen Fremden etwas mitgebe, was ein wichtiger Teil unserer Vergangenheit ist. Ein wichtiger Teil deiner Vergangenheit“, sagte sie und Dagoberts Blick wich ihr aus. Er ließ seinen Kopf hängen und doch konnte Donald ganz klar erkennen, dass sich dessen Wangen tiefrot färbten. Beckys wissendes Grinsen dagegen wurde immer größer. „Um dein kleines, goldliebendes Herz zu beruhigen: Ich habe diesem Fremden gar nichts erzählt. Nur, dass die Noten ein lokaler Schatz sind, den wir nicht jedem dahergelaufenen Unbekannten in die Hand drücken würden. Das kann er gleich vergessen.“ Becky schnalzte mit dem Schnabel, bevor sie Dagobert mit einer wohlwollenden Miene ansah. „Bei dir ist es jedoch völlig anders. Für dich haben diese Notenblätter eine Bedeutung, nicht wahr? Immerhin…“ „Schon gut, das ist jetzt hier nicht die richtige Zeit, um über solche Dinge nachzudenken. Sie liegen in der Vergangenheit und da liegen sie ganz gut, finde ich.“ „…“   Becky sah ihn für einen kurzen Moment schweigend an, Reue lag in ihrem Blick und sie schien sich ihre nächsten Worte wohl zu überlegen. Schließlich trat sie hinter dem Tresen hervor und blieb direkt neben Dagobert stehen. „In Ordnung, dann möchte ich mich auch nicht weiter in Angelegenheiten einmischen, die mich nichts angehen“, sagte sie und rückte ein weiteres Mal ihre Schleife zurecht. „Dennoch, dir kann ich es ja sagen. Was denkst du, wo die Notenblätter nun sind?“ Dagobert erwiderte den Blickkontakt, den sie mit ihm aufbaute. Seine Neffen, komplett mit der Situation überfordert, dagegen hörten nur aufmerksam zu. „Wir haben uns im Saloon erkundigt, in dem die Notenblätter oft gespielt wurden. Dort wurde uns gesagt, dass man sie vor langer Zeit der Bibliothek übergeben hat. Auch wurde mir gesagt, dass Klaas Klever ebenfalls in dieser Stadt sei und nach den Notenblättern gefragt hat.“ „Ach, so hieß dieser unfreundliche Erpel also? Klaas Klever? Also sonderlich clever scheint er nicht sein, wenn er meint, dass ich für ihm für eine großzügige Spende Dinge verrate, die ihn absolut nichts angehen.“ Sie schritt zum Tresen zurück, blieb jedoch auf der Besucherseite, lehnte sich mit dem Rücken am Holzgestell und sah Dagobert spöttisch an. „Du hast Glück, dass wir uns von früher kennen, denn sonst hätte ich es dir auch nicht verraten wollen. Der Ort, an dem die Notenblätter sich nun befinden.“ Fragend sahen Dagobert und seine Neffen sich an. „Willst du damit andeuten, dass sie vor vielen Jahren hierhergekommen sind und sich nun woanders befinden? Du meintest ja, dass du es mir sagen würdest … also sag es mir bitte, wo kann ich die Notenblätter finden?“ Ein großes Lächeln zierte Beckys Gesicht, ihr Ton triefte vor Zufriedenheit, als sie ihren Schnabel öffnete. „In der Tat. Als uns die Notenblätter damals gestiftet wurden, hatte ich gerade meinen Jahresurlaub in der Karibik, war ganz nett, nur ein bisschen … naja, man hatte zu der Zeit dort gerne Partys gefeiert, das ist nicht so meins, wie du dir denken kannst.“ Sie räusperte sich, ganz so, als wäre ihr die Bemerkung unangemessen erschienen. „Zu meinem Glück hatte meine damalige Kollegin genug Weitsicht besessen, um die Notenblätter nicht einfach in unseren Bestand aufzunehmen. Stattdessen hat sie damit bis zu meiner Rückkehr gewartet. Natürlich habe ich die Notenblätter sofort wiedererkannt, wie hätte ich es nicht können? Schließlich hatte ich Nelly diese Lieder oft genug spielen hören können. Ganz genauso wie alle anderen, die damals regelmäßig im Saloon anwesend waren.“ Neugierig blickten die vier Neffen ihren Onkel an, der Name Nelly war ihnen kein unbekannter. Dennoch besaßen sie genug Respekt, um ihre Fragen, die ihnen unter den Federn brannten, nicht auszusprechen. Dagobert dagegen bemühte sich, keinerlei Reaktion zu zeigen. Jedoch konnte er es nicht verhindern, dass sein Mundwinkel ein wenig zuckte und seine Augen sich für einen Herzschlag lang weiteten. Für Becky war es Reaktion genug. „Versteh mich nicht falsch, selbstverständlich hatte ich Kontakt zu ihr aufgenommen, um ihr die Notenblätter zurückzugeben… aber sie hatte kein Interesse daran. Warum, wollte sie mir nicht erklären, aber ich habe auch gar nicht weitergefragt. Allein ihr Blick, das war einer, bei dem weitere Worte überflüssig sind. Als Frau versteht man das sofort.“ Dagobert, mit einer gewissen Ungeduld in der Stimme, sah sie eindringlich an. „Was hast du danach mit den Blättern gemacht? Du hast sie doch nicht etwa…?“, wollte er von ihr wissen, doch die Worte wollten ihm nicht aus dem Schnabel kommen. „Welcher Gedanke dir auch gerade durch den Kopf rauscht, das habe ich garantiert nicht damit gemacht. Ich bin doch kein Banause, der alles gleich in den Müll wirft. Nein, die Blätter habe ich eins nach dem anderen fein säuberlich in eine Folie verpackt und sie mit nach Hause genommen. Letzten Endes sind es gewöhnliche Notenblätter und all die Jahre zuvor hat niemand danach gefragt, daher dachte ich, wären sie in diesem Haus nicht gut aufgehoben. Warum genau ich das getan habe, konnte ich mir lange nicht erklären.“ Sie fuhr mit dem Finger über den Tresen und als ihr Blick zurück zu Dagobert ging, lächelte sie ihn bedeutungsschwanger an. „Wer weiß, vielleicht habe ich auch nur darauf gewartet, dass du vorbeikommst und sie abholen möchtest? Immerhin… ach, ich sehe schon, ich rede zu viel. Verzeih, das kommt mit dem Alter.“   Ein weiteres Mal räusperte sie sich, rückte ein letztes Mal ihre Schleife zurecht und sah Dagobert tief in die Augen. „Wie dem auch sei, ich möchte euch gar nicht lange aufhalten. Im Grunde ist damit meine Aufgabe beendet, auch wenn sie mir erst jetzt so richtig bewusst wurde. Bitte schön“, sagte sie und reichte Dagobert einen kleinen Schlüssel. „Leider kann ich euch nicht begleiten, aber wir kennen uns von früher, Dagobert. Daher vertraue ich euch, dass ihr keinen Unfug in meinem Haus anstellen werdet. Die Notenblätter sind oben in meinem Schlafzimmer, im Schrank in der Mitte. Müsste die mittlere oder oberste Schublade sein, ich bin mir sicher, dass ihr die Blätter schnell finden werdet. Achja, ich kann mir sicher sein, dass ihr meine Privatsphäre weitestgehend respektieren werdet, nicht wahr?“ Dagobert nahm den Schlüssel entgegen und steckte ihn in eine Tasche seines Gehrocks. „Bitte, was du uns hier unterstellst, als wären wir irgendwelche dahergelaufenen Ganoven ohne Anstand und Ehre.“ Becky gab ein kleines Lachen von sich. „Ich wollte dich nur necken, ich weiß doch, dass ich es hier mit einem ganz feinen Gentleman und seiner ehrenwerten Verwandtschaft zu tun habe.“, sagte Becky amüsiert. „Es ist immer noch das alte Haus unter der Linde, nicht wahr? Das in dieser fürchterlich blauen Farbe?“, fragte Dagobert. „Oh, jetzt verletzt du aber meine Gefühle“, sagte Becky mit einem Lächeln. „Dieses furchtbare Blau, wie du es nennst, schimpft sich Skyblue, mein Lieber.“ „Der Name ist irrelevant, das ändert nichts daran, dass die Farbe dein Haus verschandelt“, sagte Dagobert mit einem kurzen Kopfschütteln. „Was auch immer dich nachts schlafen lässt, Bertel!“ Sie drehte sich auf der Stelle, ging um den Tresen herum und setzte sich wieder auf ihren Platz zurück. „Wenn ihr fertig seid, sperrt doch bitte wieder die Tür zu und bringt mir den Schlüssel vorbei, ja? Wenn ihr bitte noch nachsehen könntet, ob das Wohnzimmerfenster offen ist, das wäre nett. Oft genug klettert die Nachbarskatze dort rein und findet ihren Weg nicht mehr hinaus, das dumme Ding.“ Dagobert, der es offensichtlich nicht mehr abwarten konnte, das Zuhause seiner früheren Bekanntschaft zu besuchen, nickte zu jedem ihrer Worte. „Du wirst gar nicht bemerken, dass wir dein Haus jemals betreten haben“, sagte Dagobert und drehte sich zu seinen Neffen um. Diese schlürften die letzten Reste aus ihren Blubberlutsch-Flaschen. „Nun gut, ihr habt die Dame gehört, lasst uns zu ihrem Haus gehen, bevor sie es sich noch einmal anderes überlegt …“   Kaum war die Familie Duck in Richtung des Ausgangs aufgebrochen, als sie schnelle Schritte hörten und sahen, wie sich Becky ihnen wieder näherte. Offensichtlich hatte sie ihnen noch etwas zu sagen und wollte es nicht quer durch den Raum rufen, um keinen unnötigen Lärm zu verursachen. Sie war durch und durch eine Vollblut-Bibliothekarin, das war ihnen allen sofort bewusst. „Achja, Dagobert, es gibt da noch eine Sache, die ich euch geben kann und ihr würdet mir damit auch einen großen Gefallen tun, fällt mir ein. In der Küche habe ich eine Pfirsichtorte stehen, wenn ihr möchtet, könnt ihr sie euch gerne mitnehmen. Eigentlich habe ich sie für ein Treffen der… ach, nicht so wichtig, jedenfalls habe ich jetzt eine Torte zu viel und…“ Zufrieden wackelte Dagobert mit dem Kopf. „Wenn das so ist, eine Einladung zu einer der einer berühmten Torten, da kann man schlecht nein sagen. Zumal es ein Geschenk ist und damit kostenlos. Kostenlose Dinge sind mir die liebsten“, und auch Donald, wie auch die drei Neffen schienen von dem Geschenk begeistert zu sein. „Dachte ich es mir doch. Und ich habe eine Sorge weniger, die mir Falten verursacht. Lasst sie mir aber ja nicht auf den Teppich fallen, der war teuer“, sagte sie, zwinkerte ihnen zu, bevor sie endgültig wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte. „In Ordnung, dann sollten wir aufbrechen. Aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ Einen Neffen nach dem anderen sah er mit einem ersten Blick an, während sie das Gebäude verließen und wieder die Straße entlangliefen. „Wir sind kurz vor unserem Ziel. Glücklicherweise haben wir nun einen gewaltigen Vorsprung, den Klaas Klever nicht hat. Wer weiß, wohin er gegangen ist und ob er nicht wieder zurückkommt. Diesen Vorsprung müssen wir ausnutzen, verstanden?“ Vierfaches Nicken war ihm Antwort genug. Zufrieden lockerte sich sein Griff um den Gehstock. „In Ordnung, dann folgt mir. Ich kenne Beckys Haus und weiß noch ganz genau, wo es damals stand“, sagte er, ohne auch nur einen Blick auf seine Karte zu werfen. Dabei deutete den Vieren an, ihm ein weiteres Mal durch die Straßen von Dawson zu folgen. Dass nicht nur Donald und die Drillinge versuchten, mit Dagobert Schritt halten zu können, sondern auch zwei gewisse andere Personen, war niemandem von ihnen bewusst. Finsteres Lächeln lag auf den Lippen der Verfolgern. Sie mussten nur noch auf die richtige Gelegenheit warten, um zuschlagen zu können. Eine Gelegenheit, die sich ihnen in den nächsten Minuten bieten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)