Aus der Nähe betrachtet von Votani (Kakashi x Iruka.) ================================================================================ Kapitel 1: Aus der Nähe betrachtet ---------------------------------- I Kakashi ist nicht komplett überzeugt von seiner Idee, als er die Tür öffnet und die kleine Buchhandlung betritt. Das helle, einladende Läuten der Glocke am oberen Ende der Tür signalisiert sein Eintreten und die Verkäuferin schenkt ihm ein freundliches Lächeln, ist jedoch gerade dabei, die Bücher eines Kunden abzukassieren. Das ist Kakashi jedoch ganz recht, denn er möchte keine Beratung und wird wahrscheinlich ohnehin nichts kaufen. Mit einer Hand in der Hosentasche schlendert Kakashi durch die verschiedenen Reihen an Bücherregalen, den Blick über die kleinen Schildchen wandern lassend, die Genre-Informationen geben. Viel sagen ihm diese nicht, denn obwohl Kakashi ein Leser einer speziellen Buchreihe ist, kann er nicht behaupten, dass er ein leidenschaftlicher Leser ist. Andererseits wiegt Ankos abwertender Kommentar, dass Kakashi doch nicht ständig dasselbe Buch rauf und runter lesen kann, noch immer schwer auf ihm. Obwohl sie betrunken gewesen ist und ihre Worte mit dem Mund voll von Dango kaum verständlich gewesen sind, hatte ein Körnchen Wahrheit in ihrem Kommentar gelegen. So viel, dass es Kakashi auch jetzt noch verfolgt, obgleich es ihm eigentlich egal sein sollte. Trotzdem fühlte er sich ein wenig ertappt. Ein Seufzen liegt auf seinen unter seiner Stoffmaske verborgenen Lippen, als er vor einer Reihe von Fachbüchern zum Stehen kommt. Er sieht verschiedene Bände über die Geschichte von Konohagakura und das Reich der Blätter, aber es gibt auch Geschichtsbücher über das Wellenreich und andere Orte, die Kakashi schon oft aufgrund seiner Missionen besucht hatte. Allerdings ist er an Geschichte und anderen Lehrbüchern nicht sonderlich interessiert. Immerhin soll das Lesen eine Ablenkung von seinen alltäglichen Pflichten sein. Andererseits weiß er nicht, ob es die Sorte Buch, die er gerne liest, tatsächlich in dieser kleinen Buchhandlung gibt. Kakashi schlendert weiter, vorbei an Kunden, die an Regalen stehen und Bücher durchblättern oder gar das Vorort lesen. Er durchquert die Abteilung für Fantastik, bis er in den hinteren Teil des Ladens gelangt. Dort sind die Gänge enger und versteckter, da die Regale bis zur Decke hinaufreichen, gefüllt von weiteren Büchern. Kakashi erreicht den Romance-Teil der Bücherabteilung. Seine Schritte verlangsamen sich, als er hier und da ein aufrecht stehendes Buch im Regal sieht, das Titelbild gut sichtbar aufgestellt. Auf einem befindet sich eine Kunoichi in einem hautengen Anzug, die geschminkten Lippen zu einem anzüglichen Lächeln verzogen, während auf einem anderen Cover zwei männlichen Shinobi mit gekreuzten Kunai aneinander gepresst sind und es offensichtlich sind, dass sie zweideutige Motive haben. Vielleicht hat sich Kakashi geirrt, was die Auswahl angeht. Zwar ist er noch immer skeptisch, aber es scheint, als gebe es Bücher für so einige Geschmäcker. Unschlüssig bleibt er vor dem Regal stehen, noch immer nicht sicher, ob er tatsächlich bereit dafür ist, etwas aus der Feder eines anderen Autors zu lesen, der nicht Jiraiya heißt und es irgendwie schafft, genau seinen Geschmack zu treffen. Es kommt ihm ein wenig wie Verrat vor, denn immerhin erscheint auch bald das erste Band von “Flirt-Wildness”, einer Ablegerserie von seinem geliebten Flirt-Paradies. Bevor Kakashi eine Entscheidung treffen kann, ertönt hinter ihm ein heiteres Lachen, das sich verdächtig nah anhört und von einer recht bekannten Stimme gefolgt ist, die seinen Namen sagt. „Du siehst aus, als ob du vor einer lebenswichtigen Entscheidung stehst, Kakashi.” Kakashi dreht den Kopf zur Seite, um Iruka zu mustern, der mit einem Armvoll an Büchern zwischen den Regalen steht, das Gesicht zu einem breiten Lächeln verzogen. „Und du siehst reichlich beladen aus”, kommentiert Kakashi, kommt aber nicht darum herum, die Stirn zu runzeln. Er hat gehofft, dass er niemanden, den er kennt, hier über den Weg laufen würde, aber scheinbar steht das Glück in diesem Moment nicht auf seiner Seite. Wahrscheinlich hätte es schlimmer kommen können. Soweit Kakashi es beurteilen kann, ist Iruka ein recht privater Mensch, der keine privaten Dinge über seine Kameraden ausplaudert. Nicht im Vergleich zu einigen anderen Shinobi, die er kennt… „Oh. Du meinst…?”, entrinnt es Iruka, als er auf die Bücher hinunterschaut, die er bei sich trägt. „Das sind nur ein paar Lehrbücher für die Akademie, die ich bestellt habe. Was ist mit dir, Kakashi? Gibt es etwas Bestimmtes, wonach du suchst?” Irukas Blick gleitet über das Buchregal, vor dem Kakashi steht und die letzten Silben seiner Frage sind langgezogener, zögerlicher, aber da ist es bereits zu spät, denn die Frage steht bereits im Raum zwischen ihnen. Ein Schweigen breitet sich zwischen ihnen aus, indem Kakashi sein Gewicht auf den anderen Fuß verlagert, den Blick ein wenig senkt, um sich etwas mehr Zeit einzuräumen, um eine passende Antwort zu finden, die das Gespräch weniger merkwürdig gestaltet. „Nun… ich habe mit dem Gedanken gespielt, meinen Horizont zu erweitern”, sagt Kakashi schließlich und deutet ein Zucken der Schultern an, sich mit einem Finger am bedeckten Kinn kratzend. Iruka schluckt so hart, dass Kakashi es anhand seines Adamsapfels sehen kann. Das Lächeln, etwas wackeliger als zuvor, kehrt auf sein braungebranntes Gesicht zurück. „Ah, verstehe”, sagt er und steht für einen Moment unschlüssig da, ehe er erneut das Wort ergreift. „Weißt du, wenn du… wenn du möchtest, kann ich etwas empfehlen? Ich meine, du siehst etwas unschlüssig aus.” Kakashi nimmt an, dass Iruka meint, dass er etwas fehl am Platz aussieht, etwas verloren. Nun, da liegt er wahrscheinlich gar nicht so verkehrt, obwohl er das Angebot, das ihm unterbreitet wird, trotzdem als eigenartig empfindet. Er sieht zurück zum Buchregal und seine Brauen ziehen sich zusammen. „Hm, ich würde eine Empfehlung sicherlich nicht ablehnen”, gesteht er, fragt sich aber gleichzeitig auch, wie genau er in diese Situation geraten ist. Doch über Irukas Schulter hinweg kann er sehen, dass kein anderer sich so weit nach hinten verirrt und sie wenigstens einen Hauch an Privatsphäre haben, was ihre unerwartete Buchdiskussion angeht. Iruka verlagert das Gewicht seiner Bücher auf einen Arm, als er näher tritt und neben Kakashi vor dem Regal zu stehen kommt. Aus nächster Nähe kann Kakashi den feinen Schweißfilm sehen, der auf Irukas Stirn und seinen Schläfen liegt. Auch sein Gesicht wirkt etwas dunkler, fast ein wenig rot, als er angestrengt die Auswahl anstarrt, den Finger lose über die Buchtitel wandern lässt, als ob er nach etwas Bestimmtes sucht. Hat Kakashi Iruka verkannt? Jedenfalls hat er noch nie darüber nachgedacht, dass ausgerechnet Iruka eventuell romantische Erotik lesen würde. Oder dass sie jemals miteinander über solche Dinge reden würden. „Ich würde mich nicht als Experten bezeichnen”, sagt Iruka mit einem Räuspern, als er schlussendlich ein Buch aus dem Regal zieht. „Aber ich gebe zu, dass ich ein Fan dieser Buchreihe hier bin.” Er hält Kakashi das Buch hin, den Blick fest auf den Buchtitel gerichtet, um Kakashi nicht anschauen zu müssen. Dieser nimmt das Buch entgegen. „Unter Fremder Flagge”, liest er den Titel vor, während er das Schiff studiert, das dort abgebildet ist. Eine Frau und ein Mann mit Säbeln sind abgebildet und stehen einem Shinobi gegenüber, der ein Katana in der Hand und ein durchgestrichenes Stirnband aus dem Feuerreich trägt. Zwischen ihnen befindet sich das Steuer des Schiffs und der Hauptmast wirft einen dramatischen Schatten über die drei Charaktere. „Ich habe noch nie von dieser Reihe gehört”, sagt Kakashi, obwohl das rein gar nichts aussagt, denn er ist nun mal kein Leser. Iruka zuckt mit den Schultern, wobei ihm das obere Buch von seinem Stapel gleitet - und von Kakashi rein aus Reflex aufgefangen wird. „Es ist nicht unbedingt einer der bekanntesten Reihen, aber - Oh, danke.” Abermals ein Räuspern und Scham schleicht sich in Irukas Gesicht, auch wenn er weiterredet. „Es gibt acht Bücher. Probiere es einfach aus und sehe, ob es dir zusagt, Kakashi.” Sein Blick kehrt zum Regal zurück, als er abermals die Buchtitel studiert. „Scheinbar gibt es nur Volume 1 hier, aber… aber ich habe alle Bände zu Hause. Ich kann sie dir ausleihen, wenn du möchtest. Lass es mich einfach wissen.” Iruka nimmt Kakashi das Buch ab, das er bis eben noch auf dem Arm getragen hat, und bewegt sich rückwärts, als hätte er Angst, sich in diesem engen Raum umzudrehen. „Ich sollte aber wirklich gehen. Diese Bücher werden langsam schwer.” Er stößt ein Lachen aus, das nervös klingt, ehe er im vorderen Teil des Buchladens verschwindet und die inzwischen leere Kasse ansteuert. Kakashi sieht ihm für eine Weile nach, bevor sein Blick zu dem empfohlenen Buch zurückkehrt und eine kitzelnde Neugier in ihm aufsteigt. II Während der nächsten Tage liegt das Buch, das Kakashi eigentlich nie vorgehabt hat, zu kaufen, auf seinem Nachttisch. Ein Band des Flirt-Paradies trägt er weiterhin mit sich herum, wenn er sich mit Team 7 trifft oder in Konoha unterwegs ist. Im Moment gibt es keine Aufträge für sie, was einfach damit zu tun hat, dass man jungen Genin noch nicht allzu viel auflasten möchte. Gelegentlich laufen sie einem weggelaufenen Haustier hinterher oder unternehmen ein paar dringende Botengänge, doch für keine dieser Missionen brauchen sie länger als einen Tag, sodass Kakashi sich jeden Abend wieder in seiner Wohnung einfindet und vor dem Nachttisch mit dem neuen Buch steht, das gelesen werden möchte. Auch jetzt steht Kakashi dort, obwohl es früher Morgen ist und die bleierne Müdigkeit noch immer von ihm Besitz hat. Sich mit einer Hand durch das graue Haar fahrend, setzt er sich auf die Bettkante und streckt die Finger nach dem Buch aus. Es ist beinahe lächerlich, dass er sich so anstellt, das weiß Kakashi. Andererseits ist er nun mal ein Gewohnheitstier, das zwar spontan auf dem Kampffeld sein kann, seinen Tagesablauf aber lieber routiniert verbringt. Er ist eben jemand, der seiner Lieblingsbuchereihe gern treu bleiben würde, aber sich doch gelegentlich, nicht allzu oft, nach etwas Neuen sehnt - und eigentlich ist es auch gar kein Problem. Jiraiya wird es nie erfahren. Niemand wird es, außer vielleicht Iruka, der ihm das Buch empfohlen hat, aber selbst nie gesehen hat, ob Kakashi es wirklich aus dem Buchladen mitgenommen hat. Im Grunde spielt es nicht einmal eine Rolle, denn es geht keinen etwas an, was er in seiner Freizeit tut und was er liest. Entschieden greift Kakashi nach dem Buch, schwingt die Beine auf das Bett und sinkt zurück in die Kissen. Das Training mit Team 7 beginnt erst in einer Stunde, weshalb er noch etwas Zeit hat. Da er die Buchbeschreibung nicht gelesen hat, weiß Kakashi nicht wirklich, um was es eigentlich geht. Nur das Titelbild mit den zwei Kameraden und dem Shinobi gibt Aufschluss auf einen potenziellen Plot. Neugierde, was genau es ist, was Iruka an dieser Buchreihe gefällt, lebt unwillkürlich in ihm auf, denn noch immer ist die Erkenntnis, dass ausgerechnet Iruka solche Bücher mögen könnte, überraschend und fast ein wenig unvorstellbar. Andererseits sagt man oft, dass stille Wasser tief sind, oder vielleicht hat sich Kakashi auch einfach nicht allzu oft mit Iruka beschäftigt. Ihre Wege haben sich nicht allzu oft gekreuzt, da dieser meist in der Akademie arbeitet und Kakashi grundsätzlich vor Team 7 bekannt dafür gewesen ist, Genin-Teams an ihrem ersten Tag abzulehnen. Trotzdem bewundert Kakashi fast den Mut, mit dem Iruka aufgetreten ist und ihm von diesen Büchern erzählt hat. Um sich einen ersten Eindruck von seiner neuen Lektüre zu machen, blättert Kakashi zunächst durch das Buch. Die Kapitel sind relativ kurz, mit einfachen Ziffern versehen, statt mit richtigen Kapitelüberschriften, was ihm jedoch ganz recht ist. Wenigstens können die Ziffern nichts von dem preisgeben, was in den einzelnen Kapiteln geschieht. Nachdem er das Buch einmal komplett durchblättert hat, kehrt Kakashi zur ersten Seite zurück, um tatsächlich mit dem Lesen anzufangen. Vielleicht wird er einfach das erste Kapitel lesen, um sich einen ersten Eindruck von der Geschichte zu machen. Wenn er Glück hat, gibt es ihm während des Trainings etwas zum Nachdenken, denn obwohl Team 7 eigenartig und unterhaltsam sein kann, können die Naruto, Sakura und Sasuke ihm natürlich noch nicht das Wasser reichen - außerdem amüsiert es Kakashi ein wenig, die frustrierenden Gesichter der Drei zu sehen, wenn er sie mal wieder etwas damit triezt, dass sie seiner gesamten Aufmerksamkeit nicht würdig sind. Es spornt sie an. Ein faules Lächeln breitet sich unter seiner Maske auf seinen Lippen auf, bevor er in den Anfang der Geschichte versinkt. III „Sie sind zu spät!” Obwohl sich seine drei Schützlinge selten in etwas einig sind, sind sie es, wenn es um Kakashi geht. Ein Seufzen liegt auf seinen Lippen, als er auf dem Trainingsplatz vor seinem Team auftaucht, die bis gerade eben noch entspannt, vielleicht auch gelangweilt, an einigen Bäumen gelehnt haben, deren Blätterdächer ihnen Schatten vor der brennenden Mittagssonne spenden. Nun steht jedoch Empörung auf Sakuras und Narutos schweißnassen Gesichtern, doch auch Sasukes Augenbraue zuckt irritiert. Sasuke glaubt zwar, dass man es ihm nicht ansieht, aber er ist nicht so gleichgültig, wie er es immer tut. „Was soll ich sagen?”, fragt Kakashi und kratzt sich fast ein wenig verlegen am Hinterkopf. „Manchmal verläuft man sich eben auf der Straße des Lebens?” Oder man fängt an etwas zu lesen und vergisst dabei die Zeit, bis man zur Mittagszeit noch im Bett liegt, obwohl man sich zu dem Zeitpunkt bereits woanders hätte aufhalten sollen. Das erwähnt Kakashi jedoch nicht, denn keiner der drei würde dies nachvollziehen können. Dafür sind sie einfach noch zu jung. „Aber nun, da ich hier bin, können wir ja anfa—” Doch ein langgezogenes, unheimlich lautes, fast dramatisches Magenknurren unterbricht Kakashi. Es scheint sogar das Singen der Vögel und das Zirpen der Grillen für einen Moment zu übertönen. Alle wenden die Blicke in Narutos Richtung, der mit einem Mal rot wie eine Tomate anläuft. „Was?!” faucht dieser. „Wir warten hier seit einer gefühlten Ewigkeit! Und weil ich heute Morgen zu spät dran war, hatte ich nicht einmal Zeit zum Frühstücken.” Sakura seufzt, während Sasuke sich an die Stirn fasst. „Hört zu”, sagt Kakashi, da nun doch ein kleines Gefühl von Schuld in ihm aufsteigt. „Wenn ihr euch Mühe beim Training gebt, lade ich euch danach zum Abendessen an.” Es ist wohl das Mindeste, was er tun kann. Außerdem weiß er, dass dieses Angebot zumindest bei einem seiner Schüler sogleich anschlägt. Narutos Augen werden groß vor Vorfreude und ein Grinsen breitet sich sogleich auf seinem Gesicht aus. Es reicht von einem Ohr zum anderen und auch auf Sakuras Lippen breitet sich ein Lächeln aus. Da Sasuke keinen Einspruch erhebt, nimmt Kakashi an, dass auch sein stoischer Schützling sich ihnen anschließen wird. „Gut, fangen wir an”, sagt Kakashi daher und zieht die zwei Glöckchen von ihrem allerersten Training und sein Flirtparadies hervor. Unter Fremder Flagge liegt zu Hause auf seinem Nachttisch und wartet bereits auf seine Rückkehr. IV Die Sonne neigt sich dem Horizont zu, sodass Dunkelheit sich wie Wasser in den schmalen Straßen Konohas ausbreitet. Hier und da sind bereits Laternen und Lampen in den Fenstern entzündet, als Kakashi sich mit Sasuke, Sakura und Naruto unter den Vorhang in den Ramenshop hinein duckt. Der Geruch von frisch zubereiteten Nudeln und den verschiedensten Gewürzen liegt in der Luft und ist bereits auf dem Weg hierher aufzuschnappen gewesen. Naruto steuert direkt den schmalen Tresen an, schiebt sich auf einen der hohen Stühle, wobei er mit dem Oberkörper halb auf besagtem Tresen liegt, den Kopf schwer auf den Armen gebettet. „Ich dachte schon, wir schaffen es nicht mehr, bevor der Laden schließt." „Also, Naruto”, mahnt Kakashi halbherzig, als er sich neben Naruto setzt und Sasuke und Sakura auf den zwei Stühlen auf Narutos anderer Seite Platz nehmen. „Ich würde doch nicht vorschlagen, euch zum Essen einzuladen und euch dann bis nach Ladenschluss auf dem Trainingsplatz festhalten…“ Naruto wirft ihm einen skeptischen Blick zu. „Also, ich weiß ja nicht. Manchmal sind Ihre Trainingsmethoden ziemlich skrupellos, Kakashi-sensei.” Seitens Sakura folgt ein eifriges Nicken, auch wenn ihre Wangen gerötet sind, als sei ihr diese Zustimmung unangenehm, während Sasuke sich entschieden heraushält. „Wenn Sie wenigstens nicht ständig lesen würden, Kakashi-sensei”, sagt Sakura schließlich und wendet den Blick von ihm ab. „Es ist etwas erniedrigend, dass Sie Ihr Buch nie aus der Hand legen”, fügt Naruto hinzu, als Sakura ihre Aussage nicht weiter begründet. „Aber—” Bevor Kakashi Proteste einlegen kann, dass die Trainingseinheit vollkommen fair und sogar vergleichsweise sogar ziemlich gut gelaufen ist, legt sich eine Hand von hinten auf seine Schulter. Eine weitere sieht er auf Narutos Schulter, ehe eine bekannte Stimme in sein Ohr dringt. „Na, hältst du Kakashi wieder auf Trapp, Naruto?”, fragt Iruka mit einem rauen Lachen, der gerade ebenfalls den Ramenshop betreten hat und sogleich um Kakashi herumläuft, um sich auf den letzten leeren Platz neben ihm niederzulassen. „Iruka-sensei!”, ruft Naruto aus, während Kakashi ihre Bestellungen aufgibt. „Wer hält hier wen auf Trapp? Viel eher Kakashi-sensei uns!” „Aber, Naruto, so soll es doch auch sein”, mahnt Iruka, wobei das Lächeln auf seinen Lippen zwar erheitert bleibt, aber etwas Sanftes annimmt, wie es oft in der Gegenwart seiner Schüler geschieht, soweit Kakashi das beobachtet hat. „Wie sollt ihr sonst etwas lernen? Gerade du würdest doch sonst auf fauler Haut liegen.” Naruto schnappt empört nach Luft, aber protestiert nicht. Viel eher scheint ihn diese nackte Wahrheit die Sprache verschlagen zu haben, während Sakura und Sasuke vergnügt grinsen. Auch Kakashis Mundwinkel zucken unter seiner Maske, wobei ihm bewusst wird, dass er Iruka zum ersten Mal wirklich mit Naruto agieren sieht. Zwar weiß er durch den dritten Hokagen und Naruto längst, dass beide eine enge Beziehung haben, doch es ist interessant zu sehen, wie locker und vertraut Iruka mit ihm umgeht. „Ich dachte, wenigstens Sie wären auf meiner Seite, Iruka-sensei…”, murmelt Naruto, doch Iruka lacht nur, während Ayame hinter dem Tresen ihnen mit roten Wangen die Schüsseln mit den dampfenden Nudeln serviert. „Oh, Naruto, glaub mir, das bin ich”, erwidert Iruka, doch angesichts der Ramennudeln scheint Naruto die Unterhaltung bereits als nebensächlich eingestuft zu haben. Nach den Stäbchen greifend, bricht er sie auseinander und beginnt sich Nudeln förmlich in den Mund zu schaufeln. Wenn Kakashi den Kopf zur Seite dreht, sieht er noch immer den sanften Blick, den Iruka Naruto schenkt, ehe er Kakashi anschaut und ertappt lächelt. Etwas mehr Ernsthaftigkeit legt sich in die braunen Augen, vielleicht sogar ein Hauch Verlegenheit, als Iruka sich räuspert. „Ich hoffe, ich störe nicht.” Kakashi deutete ein Kopfschütteln an. „Natürlich nicht. Ich habe nur etwas gutzumachen, weshalb ich sie zum Essen einlade.” „Verstehe”, sagt Iruka und obwohl er das sagt, sieht Kakashi für einen Moment, wie sich Überraschung auf seinem Gesicht abzeichnet. Verwundert ist er darüber nicht, denn immerhin weiß Kakashi, was man über ihn als Sensei erzählt - und sie kennen einander wohl einfach nicht gut genug, da sie selten in denselben Kreisen verkehren. „Ich habe das Buch angefangen”, sagt Kakashi, während seine Nudeln abkühlen und sein Team, angetrieben von ihrem Hunger, trotzdem reinhauen. Iruka, der ebenfalls nach den Stäbchen greift, sieht auf. „Und was denkst du, Kakashi?” „Komplexer als erwartet. Der Plot ist interessant und baut die Spannung zwischen den Charakteren erst richtig auf. Ich hätte nicht erwartet, dass der Handlungsbogen so viel beinhaltet.” Es ist ungewohnt, sich über ein Buch mit einer anderen Person zu unterhalten, gerade so öffentlich, gleichzeitig ist es aber auch genau das, was Kakashi in diesem Moment so reizt. Obwohl sie mitten im Nudelshop sitzen, weiß niemand außer ihnen, worüber sie sprechen, und der feine Schweißfilm auf Irukas Schläfen, der genauso gut von der stickigen Hitze hier drinnen stammen kann, zieht Kakashis Auge auf sich. Er erinnert Kakashi an eine bestimmte Szene im dritten Kapitel, in dem zwei der Charaktere sich in einer feuchtheißen Nacht am Steuer des Schiffs einfinden und— „Wie gesagt, Kakashi, ich kann dir sämtliche anderen Bände der Reihe ausborgen”, unterbricht Iruka seine Gedanken. Kakashi stützt das Kinn auf der Handfläche ab, als er über das Angebot nachdenkt, vor allem aber über seinen eigenen, vorangegangenen Gedankengang überrascht ist. Es ist nicht so, dass seine Tagträume nicht gelegentlich hier und da in solche Richtungen wandern, doch für gewöhnlich werden diese nicht bei Irukas Anblick ausgelöst. „Ich denke, ich würde gerne auf das Angebot zurückkommen", sagt Kakashi schließlich mit einem faulen Lächeln unter der Maske. “Wenn du nichts dagegen hast, werde ich sie abholen kommen.” Iruka antwortet zunächst mit einem Lächeln. „Ich habe morgen Nachmittag zufällig frei und nichts vor. Es ist Tag der Lehrer an der Akademie, an dem wir früher gehen können." V Eine gewisse Unsicherheit lauert unter Kakashis Oberfläche, obwohl ein erfahrener Jonin, der dem Tod schon mehrfach ins Auge gestarrt hat, nicht zögernd auf einer Türschwelle eines anderen stehen sollte. Trotzdem fühlt er sich merkwürdig fehl am Platz, als er in der Dämmerung an Irukas Tür klopft und dessen dumpfe Schritte nach einigen Sekunden wahrnimmt, die stetig anschwellen, bis ihm geöffnet wird. Obwohl es verabredet ist, zeichnet sich im ersten Moment Überraschung auf Irukas Gesicht ab, ehe das übliche Lächeln folgt, das zu ehrlich und unbefangen ist, als dass es Kakashi komplett erleichtern kann. „Kakashi”, begrüßt Iruka und öffnet die Tür weiter, um Kakashi mit einer Geste des Arms hineinzubitten. „Komm’ rein. Ich habe gerade heißes Wasser aufgesetzt. Ich hoffe, du hast nichts gegen einen Tee.” „Überhaupt nicht”, erwidert Kakashi, als er eintritt. Sein Blick wandert durch die kleine Wohnung, die Iruka bezogen hat. Die Eingangstür mündet im Wohnraum, dessen Esszimmer- und Wohnzimmertisch unter Unterlagen und Büchern vergraben liegen. Iruka folgt seinem Blick, sich verlegen am Hinterkopf kratzend. „Entschuldige die Unordnung.'' Als ich letztens durch das Archiv gegangen bin, habe ich alte Baupläne für Konoha gefunden, die ich gerade durchgehe. Du kannst es ein albernes Hobby nennen.” Er lacht leise auf, ehe er in der angrenzenden Küche verschwindet und Kakashi am Tisch Platz nimmt. Einige der Unterlagen liegen aufgeschlagen vor ihm, sodass er eine einladende Sicht auf die genannten Baupläne hat. Kakashi weiß nicht, welchen Teil des erstmaligen Konohas er sich anschaut, doch es wirkt wie eine der äußeren Nachbarschaften. „Das ist durchaus ein interessantes Hobby”, kommentiert Kakashi, da er nicht einmal wusste, dass die ursprünglichen Baupläne für das Dorf überhaupt noch existieren und ausleihbar sind. „Erst wollte die Sekretärin mich nicht mit ihnen gehen lassen”, beichtet Iruka, als er mit einem feinen Tablett wiederkehrt, das aus Bambus und Glas hergestellt ist. “Aber ich habe vielleicht meinen Status als Lehrer an der Akademie etwas missbraucht, um sie zu überreden." Eine feine Röte steigt Iruka in das braungebrannte Gesicht, das Kakashi unter seiner Maske zum Schmunzeln bringt, als Kakashi einige Unterlagen beiseite zieht, damit dieser das Tablett abstellen kann Iruka füllt die beiden braunen Tassen mit dampfender Flüssigkeit und tunkt die Teebeutel hinein, ehe bereits der Geruch von Kräutern in Kakashis Nase steigt. Zudem stellt Iruka zwei kleine Teller hin, da er eine Schale mit gebackenen Äpfeln ebenfalls serviert, die noch vor Wärme dampfen und süßlich riechen. „Ich hoffe, du hast etwas Appetit mitgebracht, Kakashi.” Kakashi zieht den kleinen Teller näher, um seine Zustimmung zu zeigen, woraufhin das Lächeln auf Irukas Lippen sanfter wird. „Aber ich rede die ganze Zeit von mir”, sagt er nur und schüttelt den Kopf, als er sich Kakashi gegenüber an den Tisch setzt und ihm auffüllt. „Sag mir lieber, wie sich Naruto in deinem Team macht, wenn du nichts dagegen hast. Ich gebe zu, dass ich etwas neugierig bin.” Kakashis Blick kehrt zu den Bauplänen zurück. „Er kann ein echter Clown sein, aber ich glaube, da sage ich dir nichts Neues." „Oh, nein, ganz sicher nicht”, erwidert Iruka sogleich und nippt an seiner Teetasse. „Aber ich sehe Potenzial. Er hat das Herz am rechten Fleck. Ich verstehe, warum du dich für ihn eingesetzt hast.” Immerhin ist das kein Geheimnis im Dorf, dass Iruka Naruto schlussendlich unter seine Fittiche genommen hat. „Ich bin froh, dass du so denkst, Kakashi”, sagt Iruka mit einem dankbaren Blick, den Kakashi hält. „Es bedeutet mir viel, das zu wissen. Naruto sicherlich noch mehr, auch wenn ich annehme, dass wir es ihm nicht sagen sollten. Es würde sein Ego nur zum Explodieren bringen.” Kakashi kann es sich bildlich vorstellen, weshalb er nickt. „Oh, ja, auf keinen Fall.” „Lass mich dir die restlichen Bücher von Unter Fremder Flagge holen”, sagt Iruka und steht auf, um das Zimmer zu verlassen. Aufgrund des freundlichen Lächelns und dem Blick, der zum Tee und zu den Desserts wandert, ist sich Kakashi fast sicher, dass er ihm damit die Chance einräumen möchte, in Ruhe zu essen. Dies bestätigt sich nur, wenn Iruka mehrere Minuten verschollen bleibt und Kakashi unbesorgt seine Maske runterziehen kann. Der Tee ist heiß auf seiner Zunge, während Kakashi den gebratenen Apfel auf seinem Teller mit der Gabel zerteilt und die Stücke in seinem Mund zergehen und einen zuckrigen Geschmack hinterlassen. Er wusste nicht, dass Iruka so gut backen kann, aber ihm wird wieder mal bewusst, dass er praktisch rein gar nichts über Iruka außerhalb seiner Karriere als Lehrer weiß und das alles, was er über Iruka herausfindet, diesen nur interessanter für ihn macht. Als Iruka schließlich mit einem Arm voller Bücher zurückkehrt, ist der kleine Teller vor Kakashi leer, nur ein paar Krümel hinterlassend, und die Tasse ebenfalls bis zur Hälfte geleert. „Das sind alle. Insgesamt sind es acht Bücher, aber ich bin sicher, dass du die schnell durchgelesen haben wirst. Jedenfalls scheinst du ein schneller Leser zu sein”, sagt Iruka mit einem knappen Seitenblick auf Teller und Tasse, von dem er sich wahrscheinlich erhofft, dass Kakashi ihn nicht bemerkt. „Es kommt wohl auf die Materie an”, gesteht Kakashi und nimmt Iruka die Bücher ab, um sie neben sich auf der Tischkante zu stapeln. „Danke. Es macht es einfacher, als ständig in der Bücherhandlung vorbeizuschauen und zu hoffen, dass sie die restlichen Bände ebenfalls im Angebot haben. Ich schätzte, ich könnte sie auch einfach vorbestellen und hinterlegen lassen.“ Anstatt eines Lächelns erhält Kakashi daraufhin nur Stille. Eine unerwartete Ernsthaftigkeit legt sich auf Irukas Gesicht, die sich Kakashi nicht erklären kann. „Kakashi, ich habe da eine Frage. Bevor du gehst, versteht sich”, sagt Iruka schließlich, noch immer vor Kakashi am Tisch stehend, ihn so ernst anschauend, dass Kakashi die Augenbraue fragend zusammenzieht. „Manchmal verabredete ich mich mit Naruto zum Ramen essen. Oder manchmal sehe ich euch als Team dort ebenfalls essen. Ich dachte nur, dass es letztes Mal sehr angenehm war. Daher wollte ich fragen, ob du… nun, ob du Interesse hättest, dich ebenfalls irgendwann einmal dort zum Essen zu treffen.” Iruka zuckt mit den Schultern, als wollte er im allerletzten Augenblick die aufgebrachte Ernsthaftigkeit und Bedeutung seiner Worte überspielen. Kakashis sichtbares Auge weitet sich trotz allem, da er nicht erwartet hat, dass Iruka ihn fragen würde, ob er mit ihm ausgehen will. Jedenfalls kann Kakashi seine Worte nicht anders auslegen. „Du meinst, eine echte Verabredung?”, bringt Kakashi es auf den Punkt, da er Missverständnisse vermeiden und nicht von sich auf andere schließen möchte. Sogleich kehrt der Rotschimmer auf Irukas Wangen zurück und er macht einen Schritt rückwärts. „Ja”, sagte er trotzdem. Kakashi lächelt unter seiner Maske. „Ich denke, das lässt sich einrichten." Immerhin haben sie scheinbar denselben Geschmack, was ihre Bücher angeht. Wer kann da schon sagen, ob sie nicht auch in anderen Sachen einen ähnlichen Geschmack haben werden? „Team 7 bricht morgen auf eine Kurzmission auf, aber sobald ich wieder im Dorf bin, können wir einen Tag und eine Zeit ausmachen.” Iruka nickt. „In Ordnung, dann werde ich auf dich warten, Kakashi.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)