Freunde bleiben von suugakusan ================================================================================ *** Und schon wieder ist es Montag. Das Wochenende ist leider viel zu kurz für ein zufriedenstellendes Privatleben. Aber die Arbeit ruft. Nein, sie hat sich seit Freitag leider nicht magisch aufgelöst. Alles beim Alten. Heute bin ich sogar sehr zeitig ins Büro gekommen. Es ist so verdammt früh gewesen. Bereits um 6:50 stand ich da und habe mir den ersten doppelten Espresso gemacht. Normalerweise komme ich gegen neun an. Aber heute war so ein früher Anfang unausweichlich. Wir haben nämlich eine wichtige Krisensitzung zu dieser Audit-Prüfung, die nächste Woche losgeht. Während ich nämlich mit meiner Frau fröhlich das neue Bett gebastelt habe, ist hier die Hölle ausgebrochen. Meine Kollegen haben mit Hochdruck daran gearbeitet, den Totalschaden von der Firma abzuwenden. Das saß mir schon das ganze Wochenende im Nacken und wie der Herr Zufall es so wollte, ging's nicht auf. Wie denn sonst? Sonntag spät sind ein paar unsaubere Bilanzbücher aufgetaucht. Als Lee, unser Hauptbuchhalter, mich angerufen hat, waren mein selbst auferlegtes Arbeitsverbot und mein Wochenende auf einmal futsch. So einfach ist das. Und Hinata musste mich natürlich dafür bestrafen, auf ihre Hinata-Art natürlich. Während des gesamten Telefonats hat sie mich mit wütenden Blicken zugebombt und danach war sie nicht mehr so ganz gesprächig. Ja, dieser Anruf hat irgendwo ihr Wochenende versaut, aber etwas mehr Verständnis wäre schon angebracht. In solchen Momenten wundere ich mich, dass wir immer noch zusammen sind. Was das Berufliche angeht, können wir kaum unterschiedlicher sein. Neben all dem ging's bereits ab Samstag Nachmittag um diese mysteriöse Kiste mit scheinbar fragwürdigen Unterlagen. Ich weiß nicht, was da los ist. Sonntag Abend konnte mir niemand konkret sagen, was daran so fragwürdig war. Diese Unterlagen sind so oder so nicht wirklich prüfungsrelevant. Älter als fünf Jahre zählt nicht. Trotzdem sollte ich noch diese Woche diesem Mysterium nachgehen. Allerdings keine Ahnung wann. Meine To-Do Liste hat seit Wochen kein Ende mehr gesehen. Aber jetzt sind erstmal Lee und seine Bilanzen dran. Die Krisensitzung wurde auf Lees Vorschlag so früh gelegt. Gestern dachte ich, dass es eine gute Idee ist. Nein, so frühe Besprechungen sind ein absoluter Dilettantenfehler. Zu so einer frühen Stunde wirkt der Raum gesichtslos und überhaupt nicht einladend. Ich setze mich hin. Oh Gott, waren die Stühle schon immer so unbequem? Außerdem sind sie unangenehm kalt. Mir laufen die Rückenschauer. Bäh! Lee kommt rein. Irgendwie hängt sein Gesicht so komisch durch. Sein Wochenende war überhaupt nicht entspannend. Merkt man an den tiefen Augenringen. Erschöpft kollabiert er auf den Stuhl und krammt in seiner Tasche herum. Habe ich mich ernsthaft auf Lees Kosten zurückgelehnt? Nicht gut. Ich verschränke instinktiv die Arme. Die Tür geht nochmal auf. Es ist Tenten. Sie sieht genauso ausgelaugt aus wie Lee. Sie setzt sich neben ihrem Chef und packt mechanisch ihren Laptop aus. Die beiden sehen echt fertig aus. Haben sie echt die Nacht durchgemacht? Bin ich wirklich daran schuld? Ne, oder? Tenten lächelt mich müde an und als Antwort verziehe ich eine entschuldigende Grimasse. Etwas verkrampft sich melancholisch in meiner Brust. Ich habe meine Kollegen an diesen kritischen Wochenenden allein gelassen. So eine Führungskraft bist du also, Naruto Uzumaki! Echt beschämend sowas. „Naruto-san, können wir anfangen?“, leitet Tenten etwas mechanisch ein. Irgendwie blinzelt sie ganz langsam und ihr Blick ist starr. Ihre großen braunen Augen spiegeln die ersten Sonnenstrahlen ab. „Tut mir leid, ich bin noch nicht ganz wach”, antworte ich lächelnd, in der Hoffnung, die Atmosphäre etwas zu entspannen. Lee kitzelt verhext in seinem Block und Tenten starrt weiterhin glasig ins Fenster. Keine Reaktion? Schade. Dann mache ich einfach weiter. „Was habt ihr am Sonntag genau gefunden?“ Der Satz hat die beiden zum Leben erweckt. Sie gucken zunächst einander etwas verloren an, dann mich, dann wieder einander. Lee holt tief Luft: „Die Bilanz von vor fünf Jahren enthält einige Fehler. Die Zahlen passen an einigen Stellen nicht zusammen.“ Lee runzelt leicht mit der Stirn. Der Satz hat ihn bestimmt viel Überwindung gekostet. Diesem sinkenden Schiff ist wirklich nicht mehr zu helfen. „Was würde das jetzt bedeuten?“, werfe ich planlos in die Runde ein. Eigentlich will ich es gar nicht wissen. Irgendwie ahne ich, dass die Antwort mich nicht glücklich machen wird. „Das kann ich noch nicht genau sagen. Wir müssen auf jeden Fall die fehlerhafte Bilanz und alle Nachfolger noch unbedingt berichtigen…” „Boah, das ist ja praktisch alles! Wann sollen wir das jetzt noch machen?!” Ja, ich bin wütend ausgebrochen. Das verdient einen saftigen Facepalm. Komm, Naruto, reg dich ab. Atme. Tenten und Lee sind ja nicht daran schuld, dass es aktuell so stressig ist. Wenigstens versuchen sie, diese schwierige Situation konstruktiv zu lösen. Ich sollte mich eher darüber freuen. Und überhaupt, warum rege ich mich jetzt auf? In den letzten Monaten wurde hier mehrmals das unmögliche Tief erreicht. Mit neu gefundener Ruhe versuche ich das Gespräch fortzusetzen. Meine Kollegen sind ausgelaugt. Deswegen müssen wir weitermachen, damit das hier nicht unnötig lange dauert. Vielleicht können sie ja so etwas früher Schluss machen. Ich nehme das Gespräch wieder auf: „Tut mir leid, diese Prüfung macht mich einfach nur fertig. Es wird ein Problem nach dem nächsten aufgedeckt. Es ist echt anstrengend zur Zeit.” Tenten guckt mich verständnisvoll an und Lees Mundwinkel gehen leicht nach oben. Seufzend fahre ich fort: „Außer der Korrektur muss da irgendwas anderes gemacht werden?“ „Kommt drauf an, was genau der Fehler ist. Wir konnten ihn bis jetzt nicht finden.“ Endlich bewegt sich was in Tentens Gesicht. Sie presst die Lippen zusammen und die Falte zwischen ihren Augenbrauen kommt zum Vorschein. „Tenten, du bist doch ein Ass, wenn's um Statistiken geht. Kannst du nicht deine Programme drüber laufen lassen?“ „Gestern ging nicht. Die Verbindung zum Internet war übel. Ich mach das heute.“ „Klingt gut. Am besten wäre es, wenn wir's schon heute wissen.“ „Ich geb mir Mühe”, versichert sie mir. Ich lächele sie kurz an, aber das bemerkt sie nicht. Dieser Fehler beschäftigt sie zutiefst. Ihre nachdenkliche Miene verrät alles. „Ich bereite schon mal parallel die Korrektur vor", wirft Lee ein. „Bis Ende der Woche sollte das klappen.“ Das sind genau die Worte, die ich jetzt dringend hören musste. Und auf Lee ist immer Verlass. „Leute, vielen Dank. Dass ihr damit so souverän umgeht, bedeutet mir echt viel. Ich musste letzter Zeit einiges schlichten. Eine Zusammenarbeit ist in diesen Zeiten nicht selbstverständlich.” Sie gucken mich perplext an. War das etwa zu direkt? Ach, kommt schon, nehmt auch etwas Lob an! Wenn bei uns nichtmal das funktioniert, dann können wir gleich morgen dicht machen. Nach einem Augenblick leuchtet Tentens Gesicht buchstäblich auf. Und Lee zeigt auch eins seiner berühmten Grinsen. Wow, so viel Zusammenhalt gab's hier seit Monaten nicht mehr. Nach diesem flüchtigen Augenblick ist die Besprechung zu Ende. Die beiden packen ihre Laptops ein und ich tue dasselbe. „Haltet mich bitte am Laufenden, okay?” „Machen wir”, kommt knapp von der Seite. Wir haben den Besprechungsraum verlassen. Beim Fahrstuhl haben sich unsere Wege getrennt. Sie müssen in den sechsten Stock und ich bin ins Treppenhaus abgebogen. Hmm, an sich sind die Bilanzfehler nichts Ungewöhnliches und passieren tatsächlich öfter. Es ist bei weitem kein absoluter Weltuntergang. Alles nachfolgende zu berichtigen kostet nur extrem viel Zeit. Trotzdem beunruhigt mich das Ganze. Tenten hat über Nacht per Hand die Bücher überprüft und nicht auf Anhieb den Fehler gefunden. Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, es ist ein böser Omen. Ich weiß, solche Gedanken sind absurd. Vielleicht war sie einfach nur übermüdet und mein Gefühl ist unbegründet. Erstmal die automatische Prüfung abwarten, dann ausrasten. Danach kann ich noch Shikamaru um Rat bitten. Tenten ist richtig gut, aber in Sachen Buchhaltung ist Shikamaru ein echter Zauberer. Eigentlich ist das Problem mehr oder weniger geklärt. Zwei schlaue Köpfe arbeiten daran und zur Not habe ich ein Ass im Ärmel.Trotzdem bereitet mir die gesamte Situation große Bauchschmerzen. Als ob das Kartenhaus sehr bald zum Einsturz gebracht wird. Und dann gibt's noch diese mysteriöse Kiste. Warum wurde sie überhaupt ausgerechnet jetzt herausgeholt? Was ist an ihrem Inhalt so fragwürdig? Ich muss heute unbedingt reinschauen, am besten so bald wie möglich. Wer hat sie nochmal? Takahashi? Wenn's wirklich so ist, dann brauche ich da nicht vor und zehn auftauchen. Ich rufe ihn gleich an. Obwohl es für die Prüfung irrelevant ist, will ich schon wissen, warum alle so einen Aufriss darum gemacht haben. Ist es wirklich so schlimm? Vielleicht klärt das die Fehler in den Büchern? Eher unwahrscheinlich. Aber was klärt es dann? Wahrscheinlich etwas, nach dem überhaupt niemand gefragt hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)