Love and Tragedy von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Jetzt stehe ich hier und starre die Tafel vor mir an. Einer nach dem anderen verlassen meine Mitschüler das Klassenzimmer, und auch du packst deine Unterlagen zusammen. "Es tut mir leid." Ein Flüstern, mehr wage ich nicht. Noch immer ruht mein Blick auf der Tafel, starrt auf die weiße Schrift. Ob du mich überhaupt gehört hast? Du antwortest nicht, und ich drehe mich langsam, zögernd, zu dir um. Aus den Augenwinkeln sehe ich Jessica, wie sie mir aufmunternd zulächelt, bevor sie die Tür hinter sich schließt. Wir sind allein. "Es tut mir leid." Meine Stimme ist jetzt etwas lauter, mutiger. Sanft lege ich meine Hand auf deinen Arm. Diese Geste soll beruhigend wirken, doch du weichst einen Schritt zurück, als wolltest du fliehen. Fliehen vor mir, vor uns, vor deinen Gefühlen für mich. "Du solltest jetzt gehen. Die nächste Stunde fängt gleich an", sagst du. Dein Lächeln ist kalt, und du bemühst dich so neutral wie möglich zu klingeln. Und doch höre ich das leichte Zittern in deiner Stimme. Du gehst. "Ich liebe dich!", rufe ich, bevor du dir Tür ganz hinter dir schließt. Warum reagierst du nicht darauf? Zuckst nicht einmal zusammen, als hättest du meine Worte gar nicht gehört. Und das ist es, was mir am meisten Angst macht. Endlich klingelt es. Der Unterricht ist für heute vorbei. Wie habe ich den Tag überstanden? Ich weiss es nicht. Die ganze Zeit denke ich darüber nach, was du mir am abend sagen wirst. Ob du mich verlassen wirst. Genervt packe ich meine Sachen. "Gehen wir noch ins Müller? Falls du reden willst.." Wieder zeigt Jessica mir ihr aufmunterndes Lächeln. Ich winke ab. "Muss Tracy anrufen", murmle ich. "Klar", sagt Jessica und ich weiss, dass sie verletzt ist. Aber, ehrlich gesagt, ist es mir egal. Langsam verlasse ich das Schulgebäude. Kälte schlägt mir entgegen, und es beginnt schon wieder, zu schneien. Bald ist Weihnachten, sind wieder Ferien. Ob wir zusammen verreisen können? Irgendwo hin, wo uns niemand kennt? Ich sehe dich, du stapfst keine 30 Meter von mir entfernt durch den Schnee. Doch du siehst mich nicht an, scheinst mich nicht zu bemerken. Ich will zu dir gehen, deine Hand halten, doch ich tue es nicht. Ich muss mich bis zum Abend gedulden. Und dann werde ich es wieder gut machen. Werde es zumindest versuchen. Tracy ist in Amerika, als Austauschschüler für ein ganzes Jahr. Und trotzdem haben wir den ganzen Nachmittag miteinander telefoniert. Erst jetzt fällt mir ein, dass es eine Zeitverschiebung gibt. Wie spät ist es bei Tracy? Habe ich ihn aus dem Bett geklingelt? Ich kenne Tracy seit Jahren. Er weiss alles über mich, Ob er auch weiss, wie sehr er mir jetzt fehlt? Wir haben über viele Dinge geredet. Tracy hat sich verliebt. Gregory, Amerikaner, Student. Angeblich der wunderbarste Mann der Welt. Doch vor allem haben wir über dich gesprochen. Tracy weiss über dich Bescheid. Ich hätte es niemals vor ihm verheimlichen können. Und du weißt das, nimmst es hin, hast keine Probleme damit. Natürlich nicht. Er lebt in Amerika. Wie könnte er eine Gefahr darstellen? Ich stehe vor deiner Tür und traue mich nicht, zu klingeln. Was ist, wenn du mich gleich wieder weg schickst? Wenn du Schluss machst, zwischen Tür und Angel? Dann fällt mir auf, wie albern mein Verhalten ist, und strecke die Hand aus. Zögernd drücke ich den Klingelknopf. Nur Sekunden später öffnest du die Tür. Hast du etwa dahinter auf mich gewartet? "Komm rein." Zögernd betrete ich deine Wohnung. Ich war schon so oft hier, und doch sehe ich mich aufmerksam um. Das Bild über dem Sofa ist neu. Es zeigt einen Jungen, der mir ähnlich sieht. Hast du es gemalt? Ich staune immer wieder über deine Talente. "Setz dich." Du deutest zum, ich folge deinem Blick. Du hast den Tisch gedeckt. Sogar Kerzen hast du angezündet. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Du hättest dir nie solche Mühe gegeben, wenn du mich verlassen würdest. "Hoffentlich hast du Hunger? Es ist nichts großes, nur Spagetti mit Käse-Soße." Das klingt wie eine Entschuldigung. Wofür? Ich bin glücklich, wenn ich nur in deiner Nähe sein kann. Ich setze mich an den Tisch, dir gegenüber, und fange an zu essen. Hin und wieder blicke ich auf, und jedes mal blicke ich direkt in deine Augen. "Erinnerst du dich an unser erstes Treffen?", fragst du schließlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)