Beautiful Behavior von Varlet ================================================================================ Kapitel 29: Finale ------------------ Chris wartete im Hotelzimmer. Ihr Plan hatte funktioniert und jetzt bekam sie das, was sie die ganze Zeit über gewollt hatte. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie Jefferson. Er war nicht erfreut. Kein Wunder, schließlich hatte sie ihn nicht in ihre Pläne eingeweiht und vor vollendete Tatsachen gestellt. Es war sogar ein klein wenig amüsant zu sehen, wie er in den letzten Minuten immer lauter wurde. Sie konnte sogar eine kleine Ader auf seiner Stirn sehen, die immer mehr pulsierte, je mehr sie redete. Seine Reaktion war viel authentischer als erwartet. Das konnte keiner spielen, außer er war gut in seinem Job. Chris wusste auch, wie sie die FBI Agenten um ihren kleinen Finger wickeln konnte, wodurch sie das bekam, was sie wollte. Es reichte aus, wenn sie Jodie erwähnte und eine kleine Drohung gegen ihr Leben ausstieß. Einerseits wollte sie die Agenten ein wenig vorführen, andererseits war Jodie auch nur das Mittel zum Zweck. Es wäre nicht das erste Mal und ihr Überleben sollte schließlich auch zu etwas gut sein. Selbstverständlich wusste sie auch, dass das FBI gegen die Organisation ermittelte. Sie hatten nur noch nicht die genauen Zusammenhänge verstanden. Man konnte ihnen keine Vorwürfe machen, wer käme auch schon auf die Idee, dass sie und Sharon Vineyard die gleiche Person waren. Immer wieder blickte sie auf die Uhr. Sie hatte ihnen nur ein kurzes Zeitfenster für den Deal gegeben. Es war Absicht, denn es sollte für niemanden so aussehen, als hätte sie das alles gewollt. Sie war allerdings tatsächlich überrascht, dass das FBI jemanden von der Staatsanwaltschaft mitgebracht hatte und dass der Deal so schnell wie möglich schriftlich aufgesetzt wurde. Eigentlich ging sie davon aus, dass es zwar schon ein Schriftstück gab, dieses allerdings handschriftlich ergänzt werden musste. Dass das FBI ebenfalls die ganze Zeit diesen Ausgang wollte, kam nun nicht mehr überraschend. Doch es war gut, denn es hätte auch anders enden können. Sie sah wieder zu Jefferson. Es gefiel ihm nicht, dass er nur warten konnte. Er war alles andere als glücklich mit der Reaktion der Schauspielerin. Er hatte mehrfach versucht, sie aufzuhalten, aber das FBI hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Eines ihrer Probleme war Shuichi Akai, der der japanischen Sprache mächtig war. So konnte er nicht einfach nur die Sprache wechseln. Der Manager wusste ganz genau, dass die Organisation von diesem Ausgang nicht erfreut sein würde, eher im Gegenteil. Sie würden ihm die Schuld geben. Er war schließlich dafür verantwortlich, dass Chris wieder wohlbehalten nach Japan zurückkam und niemand einen Anhaltspunkt auf die Organisation fand. Und jetzt stand alles auf dem Spiel. Aber er plante, der Organisation die Wahrheit über sie zu sagen. Sie sollten wissen, dass er nichts tun konnte, um sie aufzuhalten. Dass es ihr Plan gewesen war und sie diejenige war, die den Deal ausgehandelt hatte. Sie und nur sie war es gewesen. Jefferson ballte die Hände zu Fäusten. Er war zu langsam. Wenn er wirklich gewollt hätte, hätte er einen Weg gefunden, um sie aufzuhalten. Er hätte einfach die Sprache wechseln sollen oder er hätte den Agenten niederschlagen müssen. Vielleicht hätte er sogar Chris niederschlagen müssen. Was auch immer, er hätte mehr tun müssen. Warten war keine Option. Und dann gab es noch Irish und Calvados. Sie waren immer noch in der Nähe und warteten auf weitere Anweisungen. Er hätte sie informieren müssen. Gemeinsam wäre ihnen eine Lösung eingefallen. Im Zweifelsfall hätten sie sich den Weg freischießen müssen. In seinem Kopf ging er abermals alle Möglichkeiten durch und simulierte ihren Ausgang. Er musste den Deal irgendwie unterbinden. Irgendwie. Sie hatten nur geredet und das Gespräch nicht aufgezeichnet. Er konnte immer noch sagen, dass sie irgendwas falsch verstanden hatten. Es würde Aussage gegen Aussage stehen. Wäre da nicht Chris. Erneut sah er zu ihr. Seit ihr Zeitlimit lief, war sie ruhig, sagte kein Wort und beobachtete. Dann wandte er seinen Blick zu dem FBI Agenten. Er stand immer noch an der Wand. Auch er beobachtete. Keiner sagte ein Wort. Selbst das Blickduell mit Chris scheute er nicht. Anders als viele andere, wandte er den Blick nicht ab. Er war mutig und traute sich viel. Bei jeder Bewegung reagiert er. Jefferson war sich sicher, hätte er das Handy herausgeholt – auch nur um eine Nachricht zu lesen oder zu schreiben – der Agent stünde hinter ihm, um zu beobachten. Es würde schwer werden, ihn auszuschalten. Es klopfte an der Tür und Agent Decker kam mit einem weiteren Mann in den Raum. „Bitte entschuldigen Sie, dass es so lange gedauert hat.“ Chris sah auf die Uhr. „3 Minuten übrig“, sagte sie schmunzelnd. „Sie sind innerhalb des Zeitlimits. Haben Sie den Deal aufgesetzt?“ Decker sah nach rechts zu dem anderen Mann. „Ich möchte mich kurz vorstellen“, begann er. „Ich bin Toby Rivers, von der Staatsanwaltschaft.“ Er ging zu den freien Stühlen und setzte sich. Anschließend schob er ein Stück Papier über den Tisch. „Das ist der Deal, in zweifacher Ausführung. Lesen Sie ihn sich in Ruhe durch. Sie haben zudem das Recht, einen Anwalt dazu zu holen. Sie müssen nicht sofort entscheiden.“ Chris nahm das Schriftstück. „Ich brauche keinen Anwalt und ich sagte doch, dass ich dem Deal nur zustimme, wenn er binnen einer Stunde aufgesetzt wird“, sagte sie ruhig und las sich das Dokument durch. „Chris“, begann Jefferson. „Wir sollten einen Anwalt einschalten.“ „Nein“, gab die Schauspielerin von sich. „Hier steht alles drin, was ich wollte. Ich lasse Jodie Starling in Ruhe und werde im Austausch dafür auch in Ruhe gelassen, sowohl national als auch international. Straffreiheit für das, was ich in der Vergangenheit getan habe und in Zukunft tun werde. Zudem erhalten Sie alle Informationen, die ich von meiner Mutter erhalten habe.“ „Chris, ich bitte dich, lass uns vorher in Ruhe darüber reden. Deine Mutter ist tot, du kannst nicht abschätzen, was das für Konsequenzen hat.“ Chris sah zu Rivers. „Haben Sie einen Stift?“ Der Anwalt griff in die Innentasche seines Jackett und reichte ihr einen Kugelschreiber. „Chris!“ „Ich weiß, was ich tue. Ich möchte nur in Ruhe gelassen werden, hier und in Japan.“ „Das FBI hat im Ausland keine Ermittlungsbefugnis“, warf Rivers ein. „Ich sichere mich trotzdem lieber schwarz auf weiß ab. Vielleicht ändert sich in ein paar Jahren das Arbeitsgebiet des FBIs und dann möchte ich nicht ganz oben auf der Liste stehen.“ Sie unterschrieb. „Vergessen Sie das zweite Exemplar nicht.“ Die Schauspielerin schob das erste Exemplar über den Tisch und fing an, das zweite Schriftstück zu lesen. „Es steht genau das gleiche drin“, warf Decker ein. „Davon überzeuge ich mich lieber selbst“, sagte Chris. Jefferson seufzte. „Chris, bitte…“ „Lass gut sein. Meine Fingerabdrücke waren auf der Tatwaffe. Ich habe jetzt doch keine andere Wahl.“ Jefferson durchschaute sie. Sie schauspielerte und drückte auf die Tränendrüse. Chris unterschrieb auch das zweite Exemplar und schob es über den Tisch. Agent Decker unterschrieb im Namen des FBIs und Rivers im Namen der Staatsanwaltschaft. „Gut“, begann Decker. „Der Deal ist unterzeichnet. Möchten Sie uns jetzt sagen, warum Ihre Fingerabdrücke auf der Waffe waren, mit der Ihre Mutter erschossen wurde?“ Chris lehnte sich nach hinten. „Ich bin ein paar Tage vor dem Tod meiner Mutter nach New York gekommen. Sie wollte mir das Set zeigen und mich hier einem Produzenten vorstellen. Sie können es gerne überprüfen. Sein Name lautet Ezra Fields.“ „Das werden wir“, nickte Decker. „Bitte erzählen Sie weiter.“ „Ich weiß nicht, was für Probleme meine Mutter mit dieser Frau hatte. Das war ihre Sache. Ich sollte nur in die Wohnung von diesem Tripton kommen und die Waffe aus seinem Safe besorgen. Das habe ich getan. Ich gab ihr die Waffe und da meine Angelegenheiten hier geklärt waren, bin ich wieder zurück nach Tokyo geflogen. Dann riefen Sie an und ich bin wieder hergekommen.“ Agent Decker runzelte die Stirn. „Sie werden verstehen, dass wir das Überprüfen werden.“ „Natürlich“, gab die Schauspielerin von sich. „Sie kann Ihnen jetzt leider nicht mehr sagen, was an dem Abend wirklich passiert ist.“ „Gut…“, murmelte der Agent. „Dann kommen wir jetzt zu den Informationen Ihrer Mutter. Überreichen Sie uns bitte alles, was Sie haben.“ Chris beugte sich nach vorne. „Allzu viel habe ich nicht. Ich weiß, dass meine Mutter mit einer Agentur zusammenarbeitet. Mr. Jefferson ist ebenfalls für diese tätig und organisiert in Amerika alles für meine Mutter. In Japan sind andere Leute dafür zuständig.“ Sie stand auf. „Sie sagte, wenn ihr irgendwas zustoßen sollte, sollte ich die Akte der Polizei übergeben. Das FBI ist ja so was wie die Polizei…“ „Wir stehen über der Polizei“, entgegnete Decker und sah ihr zu. Chris ging zu ihrem Koffer, öffnete ein Fach und zog eine dünne Akte hervor. „Das ist alles, was ich von meiner Mutter bekommen habe.“ Sie legte die Akte auf den Tisch. Decker zog diese zu sich. Er blätterte sie durch. Die Informationen waren mager. „Miss Vineyard…“ „Agent Decker, ich denke, es wäre nun das Beste, wenn Sie gehen würden. Der Deal ist ausgehandelt worden und Sie haben die Informationen, die ich von meiner Mutter bekommen habe. Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen.“ Decker, Akai und Rivers tauschten Blicke miteinander aus. „Miss Vineyard“, begann Agent Decker ein weiteres Mal. „Sie können sich vorstellen, dass wir uns natürlich mehr erhofft haben als diese dünne Akte.“ Die Schauspielerin zuckte mit den Schultern. „Ich habe nie behauptet, dass es viel wäre. Und es ist auch nicht meine Schuld, dass Sie auf den Deal eingegangen sind, ohne den Umfang der Dokumente zu kennen.“ Jefferson stand auf. „Ich möchte Sie jetzt bitten zu gehen. Ansonsten werden wir rechtliche Schritte gegen Sie einleiten. Sie haben bekommen, was Sie wollten.“ Rivers stand auf. „Agent Decker, Agent Akai? Wir sollten jetzt gehen.“ Er blickte zur Schauspielerin. „Wir werden die Dokumente prüfen. Ihnen sollte bewusst sein, dass der Deal hinfällig ist, sollten Sie irgendwas unterschlagen.“ Chris lächelte. „Das sollten Sie sich zweimal überlegen. Denken Sie an Miss Starling. Ich könnte den Mord an meiner Mutter wieder aufrollen lassen.“ „Sie spielen ein gefährliches Spiel, Miss Vineyard“, kam es von Agent Decker. „Wie Mr. Rivers gesagt hat, werden wir Ihre Unterlagen überprüfen. Halten Sie sich für weitere Fragen bereit.“ „Selbstverständlich.“ „Meine Herren, ich bringe Sie nach draußen.“ Jefferson ging zur Tür und öffnete diese. Die beiden Agenten und der Anwalt verließen das Zimmer. Er schloss die Zimmertür und lehnte sich gegen diese. Wenn Blicke töten könnten, wäre Chris auf der Stelle umgefallen. Er seufzte, öffnete dann die Tür erneut und spähte nach draußen. Danach schloss er die Tür. „Sie sind weg. Wir sind wieder allein.“ Die Schauspielerin kramte in ihrer Handtasche. Sie blickte auf das kleine rechteckige Gerät. Ein Störsender. Es war während des gesamten Gesprächs aktiviert und funktionierte immer noch. Sie zog eine kleine Dose hervor und hielt sie in der Hand. „Chris! Verdammt noch mal! Was hast du dir dabei gedacht?“ Sie sah zu Jefferson. „Reg dich nicht auf. Sie haben nicht viel bekommen.“ „Du hast mit Ihnen einen Deal gemacht. Herrgott nochmal. Bist du wahnsinnig? Das war nicht abgesprochen“, warf er ein. „Was steht in diesen Akten?“ „Die Wahrheit“, antwortete sie ruhig. „Das FBI hat nun Informationen darüber, wie Sharon mit der Schauspielerei anfing und wie sie mit der Organisation in Kontakt kam. Es steht alles über den Tod ihrer Mutter darin und ein paar kleine Aufträge, die sie für die Organisation erledigen musste. Es stehen auch ein paar Sachen zu Agent Starling drin. Nichts, was sie nicht schon geahnt haben.“ „Chris! Bist du von allen guten Geistern verlassen? Weißt du eigentlich, was das für Konsequenzen haben wird? Ich bin der Manager, sie werden mich dann ebenfalls im Visier haben.“ Sie öffnete die kleine Dose und steckte sich eine Pille in den Mund. Anschließend nahm sie eine Wasserflasche vom Tisch in die Hand. „Das werde ich der Organisation melden. Der Boss wird nicht erfreut darüber sein.“ Er zog sein Handy aus der Hosentasche und ließ es fallen, als Chris ihn gegen die Wand drückte. „Chri…“ Er kam nicht dazu, noch mehr zu sagen. Sie küsste ihn. Aber dem Kuss fehlte die Leidenschaft und als sie ihn löste, hustete er. Jefferson fasste sich an den Hals. „Was hast du getan?“ Sie schmunzelte und reichte ihm die Wasserflasche. „Trink oder trink nicht. Es ist egal. Du hast gerade das neue Gift der Organisation zu dir genommen. APTX 4869. Es tötet innerhalb von wenigen Minuten und ist im Blut nicht nachweisbar.“ Er sah sie entgeistert an. „Chris…du…“ „Mach dir keine Sorgen. Die Organisation wird von deinem Verrat erfahren. Immerhin hast du den Deal mit dem FBI ausgehandelt und ich armes Ding konnte nichts dagegen tun.“ Sie schmunzelte. „Die Wanzen, die du hier installiert hast, habe ich durch einen Störsender deaktiviert. Und jetzt stirb endlich. Ich kann keine weiteren Mitwisser gebrauchen.“ Jefferson sackte auf den Boden zusammen. „Du Mist…stück…“ Sein Körper fühlte sich heiß an, die Krämpfe und sein Todeskampf begannen. Er versuchte aus dem Zimmer zukommen, doch sein Körper reagierte nicht. Das Mittel wirkte und er sackte vollständig in sich zusammen. Vermouth stupste ihn mit dem Fuß an. Er regte sich nicht mehr. Sie ging zurück zu ihrer Tasche und zog das Handy heraus. Sie wählte die Nummer von Irish. „Ja?“ „Ich bins. Wir haben ein Problem. Jefferson hat einen Deal mit dem FBI ausgehandelt. Das FBI lässt mich in Ruhe, wenn ich Ihnen Informationen von Sharon zur Organisation gebe. Er hat mich unter Druck gesetzt und ich habe unterschrieben. Aber keine Sorge, ich habe nicht gesagt, dass sie untergetaucht ist. Die Informationen, die ich ihnen auf die schnelle geben konnte, sind nicht verwerflich. Ich musste mich um Jefferson kümmern.“ Sie sah zu dem Mann. „Ihr müsst die Leiche wegschaffen.“ „Verstanden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)