Beautiful Behavior von Varlet ================================================================================ Kapitel 3: 20 Jahre später -------------------------- Der Todestag jährte sich. Seit dem unglücklichen Tag waren mehr als 20 Jahre vergangen und noch immer schmerzte der Verlust. Er war zu spät gekommen und verlor seinen besten Freund. Nur Jodie – seine kleine Tochter - überlebte, weil sie zum besagten Zeitpunkt nicht im Haus war. Aber auch sie konnte er nicht retten. James kannte sie bereits seit sie ein Baby war. Kaum das Jodie zwei Tage alt war, hielt er sie schon in den Armen. Seitdem brachte er ihr regelmäßig Geschenke mit, brachte sie zu Bett und las ihr Gute-Nacht-Geschichten vor. Er war der perfekte Onkel und gehörte schon zur Familie. Sie kannten sich von der Ausbildung in Quantico und hatten sich für die gleiche Niederlassung in New York entschieden. Aufgrund ihres guten Verhältnisses und dem gegenseitigen Vertrauen, agierten sie schnell als Partner. Egal welcher Fall rein kam, sie teilten sich die Arbeit. Während Starling eine Familie gründete, blieb James unverheiratet und kinderlos. Er hatte Starling schon immer dafür beneidet, dass er Arbeit und Familie unter einen Hut bringen konnte. Doch er selbst wollte nicht damit leben, dass sich eine Frau in ständiger Sorge um ihn befand und in Gefahr geraten konnte. Das gleiche galt für ein potentielles Kind. Auch Starling hatte diese Angst, doch anstatt kürzer zu treten, arbeitete er aktiv weiter. Er wollte für seine Frau und Tochter eine Welt schaffen, in der die Kriminalitätsrate sehr gering war. Doch letzten Endes hatte ihm dieser Wunsch das Leben gekostet. Das FBI ermittelte seit knapp 25 Jahren gegen die Organisation. Wann immer sie eine Spur hatten, sie ging wieder verloren. Erst mit Sharon Vineyard schienen sie wieder einen Anhaltspunkt zu haben. Beide Agenten wollten den Auftrag unbedingt übernehmen und hatten schließlich eine Münze geworfen, um zu entscheiden, wer verdeckt ermittelt und wer das Verbindungsglied zum FBI darstellte. Jetzt wünschte sich James, dass er vehement darauf bestanden hätte, die Aufgaben zu tauschen. Dann wäre alles anders – sein bester Freund würde noch leben, dessen Frau ebenfalls und Jodie wäre keine Waise geworden. Doch die Vergangenheit konnte nicht geändert werden, egal wie sehr er es sich wünschte. Als er an jenem Abend Jodie auf der Straße vorgefunden hatte, überkam ihn bereits ein schlechtes Gefühl. Als er das Mädchen in ihrem blutgetränkten Nachthemd sah, wusste er, dass irgendwas gänzlich schief gegangen war. Trotzdem hatte ein kleiner Teil von ihm die Hoffnung nicht aufgegeben. Doch dann sah er den Aufruhr vor der Einfahrt der Familie Starling. Die Nachbarn standen schockiert auf der Straße, die Polizei evakuierte das Gebiet und regelte den Verkehr und die Feuerwehr löschte den Brand. Alles brannte lichterloh und als zwei Leichen geborgen wurden, konnte sich James vorstellen was passiert war. Und er war sich sicher, dass Jodie es auch wusste. Dennoch wartete er auf das Ergebnis der Identifikation der Leichen. Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, wurde der Anschlag auf die Familie Starling für die Öffentlichkeit als Unfall deklariert. Beim FBI hingegen wusste jeder, dass der Agent in Ausübung seiner Pflicht sein Leben ließ. An jenem Tag hatte die Organisation auch Jodie zerstört. Das kleine Mädchen weinte ununterbrochen und immer wenn man versuchte sie zu den Begebenheiten zu befragen, entschuldigte sie sich. Es dauerte, bis sie eine Aussage machen konnte. Alle waren sich sicher, dass sich Jodie schuldig fühlte, überlebt zu haben. Und Jodies Aussage untermauerte diese These. Doch keiner hatte je erfahren, dass Jodie diejenige war, die ihren Vater erschossen hatte. Sie selbst hatte es verdrängt und erinnerte sich nur noch daran, dass sie eine fremde Frau im Wohnzimmer bei ihrem Vater sah. Den Rest reimten sich die Agenten zusammen und es wurde nie hinterfragt. Doch Jodies Trauma hinterließ Spuren. Beim Anblick von Blut begann sie zu weinen und zog sich danach zurück. Bis heute fragte sich James, ob er mehr hätte tun können, um Jodie zu helfen. Sie war ein kleines Kind und seine Wohnung war alles andere als kindgerecht. Dennoch nahm er sie bei sich auf, bis das FBI eine andere Bleibe fand. Danach kam Jodie zu einem netten Paar, welches Erfahrung mit traumatisierten Pflegekindern hatte. Er glaubte, dass es das Beste für sie war, aber nun war er sich nicht mehr so sicher. Jodie war schon immer eine gute Schülerin und vom Erbe ihrer Eltern konnte sie auch auf eine gute Universität gehen. Trotzdem hatte James Angst davor. Trotz all ihrer Probleme wollte Jodie die Täterin finden – ohne zu wissen, dass diese dem FBI wohl bekannt war. Leider konnten sie ihr nichts nachweisen, aber wenn Jodie die Wahrheit erfuhr, konnte es übel enden. Möglicherweise würde es nie dazu kommen. Während einer Studentenfeier in den Semesterferien wollte sie einer Kommilitonin helfen und mischte sich in einen Streit ein. Ihr Streitpartner stürzte und verletzte sich schwer. Seine Eltern gaben Jodie die Schuld und zeigten sie an. Durch einen Deal der Anwälte wurde die Anklage allerdings fallen gelassen und Jodie musste Schmerzensgeld zahlen, welches von James übernommen wurde. Als die Vorlesungen wieder losgingen, war Jodie Gesprächsthema Nummer eins. Einen Monat später erhielt James einen Abschiedsbrief von ihr und Jodie tauchte unter. Das war nun drei Jahre her und egal was James auch tat, keiner konnte Jodie finden. Da kein Verbrechen vorlag, konnte ihm auch das FBI nicht helfen. Doch er gab die Hoffnung nicht auf und war – wie jedes Jahr – sowohl an das Grab der Familie Starling als auch zu ihrem alten Haus gefahren. Da er nicht an zwei Orten gleichzeitig sein konnte, standen seine Chancen nicht gut. Aber er wollte es trotzdem versuchen. Egal wie, er wollte mit Jodie sprechen und sie in seine Arme schließen. Das Klingeln seines Handys holte James wieder in die Realität zurück. Er zog es aus seiner Jackeninnentasche und las die eingegangene Nachricht. Wir brauchen dich. Decker. Anschließend sah er auf das Grab der Familie und versuchte zu lächeln. Ich rette sie. Das versprech ich euch. Danach verließ er den Friedhof und fuhr ins Büro. Dort angekommen, machte er sich sogleich auf den Weg in sein Büro, legte die Jacke ab und startete den Computer. Es waren keine zehn Minuten vergangen da stand Agent Decker bereits in seiner Tür. „Black. Konferenzraum 3.“ James runzelte die Stirn. Normalerweise gingen sie freundlich miteinander um. Durch die kurze Aufforderung in das Konferenzzimmer zu kommen, wusste der Agent, dass es dringend oder kritisch war. Oder Beides. Er griff nach seinem Notizbuch und machte sich dann auf den Weg in den Konferenzraum. Die dort versammelten Agenten kannte er – Fallon, Camel, Akai, Montgomery und Jackson – hatte aber bisher wenig mit ihnen zusammengearbeitet. Black grüßte die Männer und setzte sich. Agent Decker blieb vorne sehen und entsperrte seinen Laptop. Anschließend rief er eine Präsentation auf und zeigte diese am großen Bildschirm im Raum. „Danke, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten“, begann er ruhig. „Sie alle sind gute Agenten und haben uns in der Vergangenheit bereits einen großen Dienst erwiesen. Aus diesem Grund haben wir entschieden, Sie in eines der düsteren Geheimnisse des FBIs zu involvieren.“ Sein Blick glitt zu James. „Vor mehr als 25 Jahren sind wir auf eine Verbrecherorganisation aufmerksam geworden. Zur damaligen Zeit hatten wir noch das Glück, mit den Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden anderer Länder in guter Kooperation zu stehen. Wir tauschten gegenseitig Informationen aus und halfen einander ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Wie wir mittlerweile wissen, begeht diese Organisation Verbrechen unterschiedlicher Art. Darunter illegale Geschäfte, Erpressung, Raubüberfälle und Auftragsmorde. Sie haben überall in der Welt Mitglieder und pflegen Kontakte zu den Reichen und Schönen. Neben ihren finanziellen Verbrechen stehen auch Spionage und Beseitigung von Bedrohungen auf dem Tagesordnungspunkt, auch wenn es sich dabei um ihre eigenen Leute handelt. Sie sind stets darauf bedacht, bei ihren Aktivitäten keine Spuren zu hinterlassen. Im Laufe der letzten Jahre haben wir in Erfahrung bringen können, dass sie sehr gerne mit Scharfschützen, Handfeuerwaffen, Feuer, Bomben und Gift arbeiten. Viel Aufmerksamkeit ohne aufzufallen. Viele ihrer Mitglieder tragen Decknamen, die auf alkoholischen Getränken basieren. Während der ganzen Zeit konnten wir keines ihrer Verstecke oder Treffpunkte in den Staaten ausfindig machen. Über ihre Ressourcen wissen wir auch nichts. Vor 20 Jahren fanden wir schließlich eine Spur zu ihnen und entsandten ein Agententeam.“ Decker blickte erneut zu James. Der ältere Agent räusperte sich. „In diesem Fall sollte ich nun übernehmen. Ich gehörte zu diesem Agententeam wie auch mein Partner Agent Starling. Während er versuchte innerhalb der Organisation zu ermitteln, war ich sein Kontaktmann. Er wurde der Bodyguard von jener Person und sammelte Informationen. Da wir unser Archiv als nicht sicher empfanden und noch nicht auf elektronische Unterlagen umgestellt waren, lagerte er die Akten bei sich zu Hause. Wir planten eine Übergabe…aber…“ James brach ab. Er brauchte einen Moment um sich zu fangen. „Sie haben es herausgefunden und meinen Partner sowie seine Frau umgebracht. Nur ihre Tochter hat überlebt. Doch danach sind sie untergetaucht und wir verloren jede Spur. Alle paar Jahre gab es neue Hinweise, aber nichts, das uns weiterhalf. Dazu muss ich einwerfen, dass diese Organisation in der ganzen Welt verteilt arbeitet und wir ihren Hauptstandort auf Japan eingrenzen konnten.“ „Wieso Japan?“, wollte Montgomery wissen. „Die Person die damals beschattet wurde, war Schauspielerin. Sie nahm damals viele Rollen in Amerika an, tauchte dann aber – wie bereits erwähnt – unter. Wir konnten sie nicht finden, aber wenn sie drehen musste, tauchte sie einfach am Drehort auf. Es gibt keine Spur, dass sie hier wohnte oder mit dem Flugzeug einreiste“, kam es von Decker. „Sie pendelte schon damals sehr oft zwischen Amerika und Japan hin und her. Außerdem hat sie dort auch eine entsprechende Fangemeinde und dreht dort ebenfalls. Deswegen sind wir uns sicher, dass dort das Hauptquartier ist. Unsere damaligen Kontakte zum MI6, BND und CSIS haben diese Annahme bestätigt.“ Agent Fallon verengte die Augen. „Wenn Sie von Schauspielerin reden, meinen Sie doch nicht etwa Sharon Vineyard?“ Mittlerweile wusste jeder auf der Welt von den schauspielerischen Fähigkeiten der Frau. Decker nickte. „Genau die meinen wir. Wir sind uns sicher, dass sie außerhalb der Drehtage eine andere Identität annahm und deswegen nicht gefunden werden konnte. Leider gibt es keine Beweise, dass sie zu dieser Verbrecherorganisation gehört. Und solange sie sich im Ausland befindet, haben wir keine Möglichkeit gegen sie zu ermitteln. Das gleiche gilt für die Organisation.“ „Ich dachte, Agent Starling hat Akten gesammelt“, warf Agent Camel ein. „Das stimmt“, antwortete James. „Wie ich bereits erwähnte, wurden Agent Starling und seine Frau ermordet. Aber nicht nur das, sie setzten das gesamte Haus in Brand. Die Spurensicherung konnte nichts finden, was Akten ähnelte, weder in Papierform noch auf der Festplatte. Es war alles weg. Sie sind umsonst gestorben…“ Agent Decker sah betroffen drein. „Wir haben damals nichts unversucht gelassen, um den Großteil zu rekonstruieren, doch es war vergebens.“ Er räusperte sich. „Weswegen ich Sie alle hier zusammengerufen habe: Wir haben Hinweise, dass Sharon Vineyard wieder nach New York kommt. Es wurde in den Medien groß angekündigt. Sie wird hier wieder einen Film drehen. Die Dreharbeiten gehen mindestens ein halbes Jahr. Ein Mehrteiler, der komplett abgedreht werden soll.“ James sah schockiert aus. „Wir gehen allerdings davon aus, dass sie bereits hier ist und den Rummel um sich beobachtet. Ihre Anwesenheit könnte uns helfen, wieder gegen die Organisation zu ermitteln. Vielleicht schaffen wir es dieses Mal, sie zu Strecke zu bringen.“ Wir gehen allerdings davon aus, dass sie bereits hier ist… James gingen diese Worte nicht aus dem Kopf. War die Schauspielerin möglicherweise sogar am Grab und verhöhnte damit das FBI? „Wir müssen alles dafür tun, sie zu überführen.“ „Was ist mit dem Mädchen?“, fragte Akai. „Was?“ James blickte den Agenten an. „Sie sagten, dass die Tochter überlebt hat. Wurde sie damals befragt?“ „Das wurde sie. Sie weiß, dass es eine Frau war, aber nicht wer. Wir haben ihr während der Befragung ein paar Bilder von Frauen gezeigt, darunter auch von Sharon Vineyard. Sie konnte sie nicht identifizieren.“ „Verstehe“, murmelte Shuichi. „Gab es seit jenem Tag Anschläge auf das Mädchen.“ „Nun…das ist kompliziert“, antwortete James. „Es gab einige…Zufälle, aber nichts, was wir als Anschlag deklarieren würden. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass sie auch eines der Ziele der Organisation darstellt.“ „Obwohl so viel Zeit vergangen ist?“, wollte Camel wissen. „Wie ich erwähnte, eines der Ziele der Organisation ist es, Bedrohungen zu beseitigen. Vielleicht haben sie sich damals noch nicht als gefährlich eingestuft und vielleicht wollten sie ausreichend Gras über die Sache wachsen lassen. Wir wissen es nicht, müssen aber vom Schlimmsten ausgehen“, gab Decker von sich. „Ausgerechnet heute… Heute jährt sich der Todestag. Wir glauben nicht an Zufälle. Es ist, als würden sie uns verhöhnen, indem sie uns ausgerechnet heute die Rückkehr von Sharon Vineyard mitteilen.“ „Wie gehen wir jetzt weiter vor?“ „Recherche und verdeckte Ermittlungen“, entgegnete Decker. „Wir müssen wissen wann sie dreht und mit wem. Wer ihre Bodyguards sind, Stylisten, Manager und mit wem sie sich sonst trifft. Sie darf nicht dahinter kommen, das wir ihr auf den Fersen sind.“ „Wer kümmert sich um die junge Frau? Sie sollte vorerst nicht alleine draußen rumlaufen“, kam es von Akai. James runzelte die Stirn. „Was?“ „Sie ist vor drei Jahren verschwunden.“ „Die Organisation?“ „Nein, es gab einen Abschiedsbrief. Es war ihre Handschrift. Es sieht nicht nach einem Verbrauchen aus. Wir…ich suche nach ihr.“ „Jodie, so heißt sie, ist auch ein Punkt auf unserer Liste.“ Decker sah in die Runde. „James, du hältst dich erst einmal im Hintergrund und koordinierst die Aufgaben. Ich werde das Sprachrohr zu oben sein. Jackson und Fallon, Sie kümmern sich um die Dreharbeiten. Wenn es sein muss, geben Sie sich als Fans aus und versuchen in Erfahrung zu bringen, was dort passiert. Sie haben freie Hand. Wenn Sie feststellen, dass es Probleme gibt, ziehen Sie sich zurück. Montgomery, Sie übernehmen den Flughafen, alle Einreisemöglichkeiten und die Aktivitäten, die aus dem Ausland kommen können. Notfalls holen Sie sich Unterstützung von Akai oder einem anderen Agenten. Camel, Sie übernehmen die ganzen Hintergrundrecherche und unterstützen die anderen Kollegen. Akai, Sie versuchen Jodie ausfindig zu machen. Wir wissen, dass Sie ein paar Kontakte im Untergrund haben. Nutzen Sie sie. Mindestens einmal die Woche fertigen Sie alle einen Bericht an. Wir dürfen nicht wieder alle Ergebnisse verlieren, außerdem treffen wir uns wöchentlich zur Besprechung. Wenn Sie fern bleiben, dann nur mit gutem Grund. Also gut, wenn es keine weiteren Fragen gibt, begeben Sie sich an die Arbeit.“ James atmete tief durch. Sie hatten eine zweite Chance bekommen und würden diese nutzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)