1000 Ways to Die in the West von Hotepneith (Die Memoiren eines Flohgeistes) ================================================================================ Kapitel 4: ----------- In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod Friedrich von Logau 1604 – 1655     Ich habe heute nicht mehr die mindeste Ahnung wie lange ich da, nur unter einem Blatt versteckt, auf dem Baum saß, heulte, nach Atem rang und mich irgendwie erholte. Ich war verloren. Ohne Dorf, ohne Lehrer, ohne auch nur eine Ahnung zu haben wo ich mich befand. Und noch dazu, das wurde mir langsam an meinem schmerzenden Magen immer klarer – ich hatte mich auf der wilden Hetze so verausgabt, dass ich dringend Blut bräuchte. Säugetierblut, natürlich. Und ich hatte doch noch nie gejagt! Wie sollte das funktionieren, alleine, ohne Anleitung? Etwas wie ein Schatten, der über mich streifte, erinnerte mich daran, dass im Gegenteil ja nun ich selbst Beute war, allein, ohne die Augen der anderen. Was für ein grässliches Schicksal. Womit hatte ich das nur verdient? Ich verkroch mich tiefer unter das Blatt. Wohin nur sollte ich? Säugetiere lebten ja wohl am Boden, und, das hatte ich doch gelernt, sollte ich zunächst welche in menschlicher Obhut jagen, da die nicht so gefährlich waren. Leider, leider hatte ich allerdings weit und breit kein Dorf entdecken können, ja, nicht einmal den Rauch einer Feuerstelle, die angeblich diese Wesen immer zu erkennen gab. Wohin also? Wie? Ich war hungrig, und vollkommen erschöpft. Ich musste mich dringend ausruhen und dann auch was zum saugen suchen, nur, wie und wo? Eigentlich war nur eines klar. Wenn ich hier sitzen blieb, würde ich nicht überleben. Ach du armer Flohgeist! Behutsam kletterte ich hinunter, vermied es auch nur kurz zu springen, um keine Erschütterungen auszulösen, niemanden auf mich aufmerksam zu machen. Als ich den dicht bewachsenen Waldboden unter mir entdecken konnte, blieb ich erneut halten. Dicht bewachsen war gut, dann würde mich kein Vogel sehen können, aber vermutlich waren die in solch einem Wald auch nicht das Hauptproblem. Ich musste etwas finden, eine Maus? Aber die waren schnell und bissig, so hatte es geheißen. Andere Säugetiere waren erst recht Fleischfresser und kamen schon deshalb nur zur Flucht in Betracht. Am sichersten freilich wäre ein Oni, genauer, ein Berggeist, aber der würde zwar nicht merken, wenn ich ihn stach, aber woher sollte ich ihn in einem Wald bekommen? Und, vor allem, wenn ich einmal das Blut eines Oni getrunken hatte, würde mich das eines Säugetiers nicht mehr sättigen, das hatte Meister Mikoto doch gesagt. Armer Meister Mikoto, hoffentlich war er diesen grässlichen Vögeln entkommen und heil ins Dorf zurück gekehrt. Genau. Das war meine Chance. Ich fand es einen brillanten Einfall. Nun ja, ins Dorf zurück gehen konnte ich kaum, da ich keine Ahnung hatte in welche Richtung, aber mein Lehrer hatte doch gesagt im Nordosten läge der Hekashin, wo er gelernt hatte. Dort würde ich hoffentlich Wissen und Aufnahme finden. Ich musste nach Nordosten gehen. Das war einfach zu finden. Im Norden schien nie die Sonne und im Osten ging sie auf. Jetzt musste es Mittag sein, sie stand also im Süden. Norden war gegenüber. Ich blickte noch einmal empor, sicher, dass ich unten sie kaum mehr so zu Gesicht bekommen würde, ehe ich den weiteren Abstieg wagte. Es gab hier auch Vögel, die unter den Baumkronen flogen, aber sie schienen mich nicht wahrzunehmen. Die Rufe von Affen waren zu hören – die fanden unter Umständen jemanden in meiner Größe einen netten Imbiss. Aber es gab sicher auch Reptilien und … Nur nicht daran denken, beschwor ich mich. Ich musste ein Säugetier finden, anschleichen und trinken, das war wichtig. Überlebenswichtig, geradezu.   Behutsam landete ich auf dem Waldboden und orientierte mich Richtung Nordost. Immerhin das war ein Vorteil, Flohgeister konnten die Himmelsrichtungen genau bestimmen,, nun ja, fast genau, auch, wenn kein Stern oder keine Sonne zu sehen war. Das hatte angeblich irgendetwas mit magnetischen, unsichtbaren Linien zu tun, aber mehr wusste ich auch nicht darüber, hatte selbst Meister Mikoto nicht gewusst. Der Waldboden war weich, roch etwas modrig von zerfallenen Blättern. Es war schwül und einige Mücken versuchten ihr Glück bei mir. Sinnlos, natürlich, ich war ja selbst blutleer. Aber es war lästig und vor allem begannen ihre Stiche zu jucken, bis ich auf den Einfall kam mein Yōki etwas zu erhöhen. Das hielt sie ab. Leider war mir bewusst, dass ich damit auch deutlich für Yōkai und Oni im Umkreis zeigte, dass ich hier war, aber ich hoffte doch, dass ein so kleiner Happen die Mühe nicht wert wäre ihn extra hier im dichten Unterholz zu suchen.   Ich weiß nicht, wie lange ich so vor mich hin hüpfte, immer die Ohren gespitzt, bereit einen weiten Sprung zu wagen, als ich selbst Yōki spürte. Die Energie, die ich doch irgendwie suchte. Ich betete, zu wem auch immer, dass es ein Berggeist sei. Dann war ich freilich an Oni als Minimum gebunden, aber Säugetiere schien es hier weit und breit nicht zu geben, zumindest konnte ich keine wahrnehmen. Wieso allerdings sollte sich ein riesiger Berggeist hier aufhalten? Ich blieb stehen, den Rücken vorsichtig an einen Baum gedrückt, und sah mich um, spürte mit allen Sinnen. Das Blätterdach der Kronen war dicht und hier unten herrschte Halbdunkel, das Unterholz war kaum lichter. Die mittägliche Hitze war nur noch angestiegen und die Feuchtigkeit ließ die Witterungen rasch verschwimmen. Vor mir schien etwas heller zu sein. Endete da etwa der Wald? Ich konnte es mir kaum vorstellen, so riesig das Tal von oben gewirkt hatte und wie dicht auch die Bäume auf den umliegenden Bergen – oder waren es Hügel? - gestanden hatten. Aber womöglich eine Lichtung? Vielleicht fand ich dort eine Witterung nach Säugetieren? Es musste hier doch auch etwas wie Rehe oder so geben, Hasen, irgendetwas! Sicher schwer zu erwischen und auch riskant, aber was blieb mir denn schon anderes übrig? Kurz darauf stand ich im Schatten des letzten Unterholzes und betrachtete vorsichtig die Lichtung vor mir. Das hier schien das Ende der Talschüssel zu sein, denn jenseits des kaum bewachsenen Gebietes stieg der Bergring auf, direkt vor mir nur bewachsen mit einzelnen Gebüschen, so gar kleinen Bäumen. Etwas musste allerdings hier passiert sein, denn alle Pflanzen auf dieser Lichtung waren geknickt, ausgerissen, als sei etwas Riesiges hier durchgefegt. War es gar ein Taifun gewesen? Aber nein, davon könnte kaum eine so relativ kleine Lichtung entstehen. Meister Mikoto hatte doch gesagt, dass sie über das Meer kamen und ganze Landstriche mit Regen und Sturm verheeren konnten. Ein Tornado? Sie sollten desaströs sein, wenngleich kleinflächig. Jedenfalls war klar zu erkennen, dass jenseits der Lichtung es felsig wurde, heller Fels, in dessen Spalten offenbar die kleineren Gewächse das Unwetter überlebt hatten. Allerdings war ich vorsichtig genug noch einmal zu spüren. Ja, ich hatte die Richtung Nordost beibehalten und es mochte als freundliches Omen erscheinen, dass der lichtere Berg vor mir genau in diese Richtung ragte. Was wohl dahinter lag? Wieder so ein feuchtheißer Wald? Oder doch ein dünnerer, durch den der Wind streifen konnte, wie ich es aus unserer Dorfumgebung kannte? Und es war so gut wie kein Yōki zu spüren. Nicht, dass ich selbst in meiner Verzweiflung und Einsamkeit annahm, das nur Oni oder Yōkai hinter mir her waren. Wenn ich über die Lichtung sprang war ich für Vögel deutlich zu sehen, auch in dem kaum bestandenen Weg nach oben war die Deckung mehr als karg. Sollte ich doch anders gehen? Aber dann würde ich womöglich die Richtung nach Nordosten verlieren und das war doch die einzige Chance, die ich in diesem Moment sah. Der mir unbekannte Hekashin erschien mir im Augenblick als die größte Hoffnung, ja, geradezu das Paradies.   Ich zuckte zusammen und sprang. Oh nein, nicht nach vorne, nach oben, schnurstracks ...ich wusste in diesem Moment nicht einmal wohin und hielt mich dann zitternd an irgendeinem Zweig fest. Ich hatte es nur aus den Augenwinkeln gesehen, nichts gehört, nichts gerochen, nichts gespürt. Hatte ich mich geirrt? Verfiel ich nun schon in absolut sinnlose Panik, auch, wenn gar nichts da war? Aber, als ich nach unten blickte, erkannte ich einen schuppigen Körper schmal, mit einem sehr langen Schwanz, genauso gefärbt wie der Waldboden, der langsam eine sehr lange Zunge wieder einzog und mit dunklen Augen sich umsah, wo ich wohl abgeblieben war. Mein Herz schlug bis zum Hals. Der hatte mich auffressen wollen! Das war eine Langschwanzeidechse, freilich, nur ein Tier, aber für unsereins eine ebenso tödliche Gefahr, der man nur durch eben die durch das Yōki gesteigerten Fähigkeiten entkommen konnte. Ich musste aus diesem dichten Wald weg, beschloss ich noch immer an allen Gliedern zitternd, während ich mich hektisch umsah. Eidechsen, Vögel, Yōkai, wer wusste, was hier noch alles verborgen auf der Lauer lag. Eine kleine Stimme in mir warnte allerdings, dass es auch auf einem offenen Berghang nicht unbedingt sicher sein mochte. So überlegte ich, als ich wieder einigermaßen denken konnte, also, nicht eher, als bis die Eidechse unter mir weitergekrochen war und nicht etwa den Baum empor stieg, dass es wohl am Besten wäre, sich nur sehr kurz, so kurz wie irgend möglich, auf offenen Flächen zu bewegen, immer wieder tunlichst in dem doch relativen Schutz der Bäume und Büsche zu bleiben. Fragte sich nur, was sich dort wieder verbarg. Ach, hatte ich denn eine Wahl, müde und hungrig wie ich war, erschöpft? Ich hätte fast wieder zu weinen begonnen, als mir auffiel, wie spät es bereits geworden war. Ich musste dringend einen Unterschlupf für die Nacht finden, ja, am besten eine Höhle. Und die gab es ganz sicher nur da drüben in dem ansteigenden Berg. Hastig blickte ich hinüber und suchte nach etwas ähnlichem. Genug Spalten und Risse schien es ja zu geben, aus denen die Pflanzen wuchsen. Das sollte doch auch tief genug für einen kleinen Floh wie mich sein, wenngleich dort auch andere Schutz gesucht haben mochten. Das war ein Risiko, das ich eingehen musste, denn als ich mich so langsam beruhigte schien es mir, als würde ich die Nähe einer Energie spüren. Schwer zu deuten, dazu war ich ja viel zu ahnungslos, aber ich hatte gehört, dass Yōkai, vor allem Daiyōkai, auch ihr Yōki verbergen konnten. Deckung, Schutz! Ein Teil von mir fand mich lebensmüde und verrückt, als ich mit weiten Sätzen vom Baum über die flach gedrückte Lichtung hastete, hinauf den Fels, zwischen die Wurzeln eines Baumes. Erst dort hielt ich inne. Die Höhle war, noch war ja Tag, überschaubar groß. Überschaubar, vor allem. Hier war niemand außer mir. Über mir, um mich woben sich dickere Wurzeln mit feinen Fäden daran, die fast wie Haare wirkten. Hier würde mich so leicht niemand finden, glaubte ich. Kein Vogel. Und selbst eine Eidechse käme nur so mühsam durch das Wurzelgeflecht, dass ich an andrer Stelle hinaus hüpfen könnte. Eine gute Stelle für eine einsame Nacht. Meine Familie, mein Lehrer! Sie mussten ja glauben, ich sei gefressen worden und würde nie wieder zurück kommen. Ach, es war einfach nur schrecklich. Und ich hatte nicht nur Hunger, ich war langsam ohne jede Energie. Die Flucht vor der Eidechse und jetzt hier herüber hatten mich den letzten Rest Kraft gekostet. Leider würden mir diesbezüglich die Wurzeln in keiner Weise helfen, da sie definitiv nichts für Flohgeister waren, ja, womöglich sogar giftig.   Ich ließ mich verzweifelt auf den Boden nieder und lehnte mich gegen die Wand. Was sollte, was konnte ich nur tun? Nirgendwo gab es etwas zu trinken, nirgendwo Sicherheit. Der einzige Trost, der mir blieb, war, das ich wohl schon ein gutes Stück weiter in den Nordosten gelangt war, näher zu dem Hekashin und Meister … Meister Nekohiko. Meine Gedanken waren schon nicht mehr klar, bemerkte ich. Es war alles so aussichtslos. Ich bildete mir sogar schon ein wieder Yōki zu spüren, nah und doch fern, wie Nebel, ja, wie eine Illusion. Jetzt begann ich auch noch zu halluzinieren. Es sah wirklich nicht gut aus, nein. Yōki. Verborgenes Yōki, dachte ich dann. War etwa ein Daiyōkai hier in der Nähe? Aber, nein. Ich war einfach zu schwach und müde und die Wand hinter mir zeigte ihre Energie nur matt … Myōga! Ich beschimpfte mich selbst, als ich aufstand. Ich würde es vermutlich als anderes Lebewesen auch schaffen unter einem Wasserfall zu verdursten, wenn ich mich jetzt erst umsah, die Höhlenwände mit allen vier Händen abtastete. Yōki, ich konnte es spüren. Ohne es zu ahnen, aber woher hätte ich auch wissen sollen, dass Berggeister auch bewachsen sein konnten, hatte ich mich in eine Hautfalte eben eines solchen geflüchtet. Manche Oni, gerade Berggeister, verstanden es sich zu tarnen, ihre Energie vollständig zu verstecken. Nun ja, fast, denn gegen einen Flohgeist, der von ihnen lebte, half das nur bedingt. Es hätte diesem hier jedoch fast geholfen – und mich umgebracht! Vorsichtig suchte ich eine schwächere Stelle in der festen, felsigen Haut, bis ich mit aller Kraft meinen Rüssel hineinstieß. Litt ich an Halluzinationen, würde ich mir nicht nur gehörig meinen Rüssel verbiegen, sondern auch ihn nicht mehr herausziehen können. Irrte ich mich freilich nicht…. Ich hatte mich nicht geirrt, dachte ich, als ich glücklich das magische Blut spürte, das meine Kehle hinabrann. Blut. Yōki! Ich war gerettet.   Ich habe heute keine Ahnung mehr wie lange ich trank, bis ich satt war und rund wie eine Kugel zu Boden sank. Mir war schlecht und ich brauchte noch einmal eine gehörige Zeit um kleiner zu werden, alles zu verdauen. Inzwischen war es draußen Nacht geworden. Und mir wurde klar, dass genau das passiert war, vor dem Meister Mikoto doch gewarnt hatte. Als junger, absolut unerfahrener Floh hatte ich kein Training an Säugetieren gemacht, sondern das Blut eines Oni getrunken. Fortan würde ich mindestens wieder das Blut eines solchen benötigen um mich sättigen zu können. Gleich, dachte ich in seltsamer Euphorie. Ich hatte es hier geschafft, warum nicht noch einmal? Und danach wären Yōkai dran, danach Daiyōkai…. Ich versank in einen tiefen Schlaf.   Als ich erwachte drang von oben Tageslicht unter die Wurzeln. Mühsam versuchte ich mich zu erinnern. Hatte ich es nur geträumt, dass ich in einem Berggeist war, ja, von ihm getrunken hatte? Nein. Ich war satt und fühlte meine Energiereserven vollständig aufgefüllt. Was leider nur bedeutete, dass meine Jagd künftig schwerer wurde, denn wenn ein Flohgeist sich an Wesen mit Magie gesättigt hatte, langte ihm kein Blut einer minderen Art mehr. Kein Mensch, kein Säugetier würde mir künftig helfen können, nur noch Oni und Yōkai. Irgendwo kam mir die vage Idee, dass ich gestern Abend noch geglaubt hatte mich zukünftig an Daiyōkai zu wagen, was für ein Irrsinn! Das war wohl das gewesen, was die Älteren gemeint hatten, wenn sie von einem Blutrausch sprachen.   Gleich, beschloss ich dann. Der Trank hatte mich gestärkt und ich würde so einige Tage nichts mehr benötigen, länger, als je Säugetierblut reichen würde. Das war die Gelegenheit möglichst rasch in den Nordosten zu gelangen. Ich blieb allerdings vorsichtig und krabbelte nur behutsam, immer unter dem Wurzelwerk bleibend, hinauf, guckte gerade hinaus, als ein riesiger Schatten über mich flog. Ich zuckte hastig zurück und erkannte mit schreckgeweiteten Augen etwas wie eine gigantische Hand, die den Baum über mir ausriss, samt den Wurzeln und mich damit weg schleuderte. Noch während ich eilig den Berg, nein, den Rücken des Felsgeistes, empor hastete, wurde mir klar, dass mein Stich ihn gejuckt und er sich gekratzt hatte. Bei der enormen Grüße hatte es gedauert bis das Empfinden im Gehirn angekommen waren und seine Hand sich bewegt hatte. Größe konnte durchaus auch von Nachteil sein, erkannte ich. Als Floh war man winzig und hilflos, dafür jedoch wenig und schnell. Jetzt war mir jedenfalls auch klar, wie diese Lichtung entstanden war – er hatte wohl ein Bein ausgestreckt gehabt. Ich wagte erst wieder inne zu halten, als ich auf eindeutig anderem Boden stand, kiesig auf Gestein, ja, aber definitiv weit und breit kein Yōki. Oder? Ich spürte noch einmal lieber nach und witterte, dann erst sprang ich auf einen Baum und blickte mich um, wo ich nun wieder war.   Es war kein großes Tal, das vor mir lag, aber es schien dünner bewachsen. Nun ja, sehr hohe Bäume, aber nur Gras oder so etwas darunter. Allerdings würde dieses weiche Gras einem Menschen wohl bis zum Knie gehen, ich wäre darin verschwunden – und alle anderen möglichen Lebewesen, die sich darin verbergen konnten, auch. Dahinter jedoch stieg ein steiler Felsrand auf, der irgendwie seltsam wirkte. Jedenfalls, wie kein Berg, den ich je gesehen hatte, aber, das musste ich zugeben ,was hatte ich denn schon auch gesehen. Jedenfalls schien dahinter Rauch aufzusteigen. Lag dort etwa ein Menschendorf, das man ja daran erkennen konnte und sollte? Möglich, aber das würde mir kaum weiterhelfen, nachdem ich das Blut des Oni getrunken hatte. Jedenfalls lag es in meiner Richtung, Nordosten, und so machte ich mich wieder auf den Weg, in der festen Absicht vorsichtig zu sein und der noch festeren Absicht jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen, um den Hekashin zu erreichen, ehe mir das Blut ausging.   Als ich den Talboden erreichte, wurde mir klar warum es hier kein Unterholz gab sondern nur Gras, wenngleich hohes. Die Erde war weich, gab sogar unter mir nach, und als ich nach tastete, fühlte ich, dass es sich nicht um fruchtbaren Boden, aber auch kein Gestein handelte. Später erfuhr ich, dass es Sandboden war. Ob ich auf dem Boden im hohen Gras hüpfen sollte? Hier würde mich jemand nur aus Zufall sehen – ich ihn allerdings auch. Die Bäume standen zwar weiter auseinander, aber das sollte für mich als frisch voll getrunkenen Flohgeist kein Problem darstellen. Dachte ich, bis ich ein großes Nest entdeckte, das ein Stück vor mir in einem großen Baum hing und aus dem lebhaftes Vogelgezwitscher klag. Jungtiere, wohl. Mehrere Elternvögel flogen geschäftig hin und hinaus. Instinktiv machte ich mich kleiner. Direkt in eine Nistkolonie zu springen war sicher kein Einfall, der mir ein langes Leben bescheren würde. Womöglich gab es hier mehrere davon? Also, es half nichts, durch das Gras – und nach oben permanent Ausschau halten. Immerhin schienen diese Vögel weiter weg zu fliegen, nicht direkt in der Nähe des Nestes zu jagen. Was für ein Flohleben!     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)