Kagome unter Anklage von Hotepneith (Der 32 und letzte Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 2: Auftritt des Verteidigers ------------------------------------ „Sesshoumaru?“ Inu Yasha konnte es nicht fassen, zumal der sich umdrehte und ihn musterte, eine Hand bereits in der Höhe des Schwertgriffs, immerhin noch nicht darum. „Doch, Lord Inu Yasha,“ beteuerte der kleine Flohgeist eilig und sprang wieder wohlweislich auf dessen Schulter. Er kannte den Hundedämon seit der Zeit, als der ein kaum metergroßer Welpe gewesen war, und konnte sich dessen Stimmungslage mühelos vorstellen. Mörderisch war vermutlich noch untertrieben. Das hatte er selbst nun davon, seinem Auftrag nachkommen zu wollen und den Jungen zu unterstützen. „Lord Sesshoumaru hat noch jeden Mordfall gelöst, den Euer erhabener Vater ihm auftrug. Nicht wahr?“ wandte er sich an den älteren Halbbruder, der sich nicht bewegte. „Und dieser Fall ist so verzwickt, Lord Inu Yasha, dass Ihr den besten Verteidiger brauchen könnt.“ „Myouga“, sagte Sesshoumaru kühler als der Schnee auf dem Gipfel des Fuji, jedoch mit aller einem Dämonenfürsten ziemenden Selbstbeherrschung. „Ich werde niemanden verteidigen und schon gar keinen Fall übernehmen.“ „Kagome ist angeklagt“, meinte Inu Yasha mehr ehrlich als verhandlungstechnisch geschickt. „Sie soll den Schatz des Fürsten Kanouchi gestohlen haben.“ „Was interessiert mich dein Menschenweib? Bist du darum gekommen?“ „Ja, na ja…“ Der Halbdämon warf einen wütenden Blick zu seiner Schulter. „Ich soll sie verteidigen, weil irgendwer aus der Familie des Fürsten mal was mit Vater zu tun hatte. Und Myouga hier erzählte, er kenne den besten Ermittler des Landes. Wenn er mir gesagt hätte, dass er dich meint, wäre ich sicher nicht gekommen.“ Ein leiser, fast amüsierter Laut. „Du sollst die Verteidigung übernehmen?“ „Ja, eben“, griff Myouga ein, besorgt, dass sich die zwei Hitzköpfe als nächstes an den Kehlen hatten, womit Kagome sicher nicht geholfen wäre und der gute Ruf der Hundefamilie bei den Kanouchi ruiniert. Was tat man nicht für seinen verstorbenen Herrn. „Ihr wisst doch, wie schwer so etwas ist, Lord Sesshoumaru. Und da Ihr früher so fähig wart, alle Eure Fälle erfolgreich abgeschlossen habt, dachte ich…“ Er rutschte unter dem eisigen Blick noch näher zu Inu Yashas Hals, ehe er fortfuhr: „Natürlich hattet Ihr ja Hilfe von… von…“ Sesshoumaru verengte die Augen. Dieser verdammte Flohgeist wollte ihn erpressen. Entweder er selbst willigte ein die Amateurpiesterin des törichten Halbblutes zu verteidigen, da der das allein nie schaffen würde, oder Myouga würde ausplaudern, dass er jahrelang mit einem Menschenmädchen Mordfälle gelöst hatte. Sakura. Er hatte sie nie ganz vergessen, wenn auch schon lange nicht mehr an sie gedacht. Dafür sollte man den alten Floh vierteilen. Leider wusste der das und saß in Inu Yashas Haaren. Das bedeutete, ehe er an ihn herankam, müsste er mit seinem Halbbruder kämpfen. Und in dieser Zeit war Myouga sicher über alle Berge. Dem Flohgeist war der Gedankengang nur zu klar und er versuchte die Wogen zu glätten. Immerhin wollte er in die nächsten Jahrhunderte nicht in Inu Yashas Haaren verbringen. „Überdies, dachte ich, Lord Sesshoumaru, dass es Euch ein wenig… interessieren würde, ob Eure Fähigkeiten noch so brillant sind wie damals.“ „Versuche nicht, mich mit Schmeicheleien zu ködern!“ Das hatte er jetzt davon, dass er an diese Schlacht gedacht hatte, als Vater den Clan der Menschen rettete, sich hier in Ruhe an ihn erinnern wollte. Aber wie stünde er denn da, wenn dieser Narr von Floh Geschichten aus der Vergangenheit ausplauderte? Da gab es so einiges, was er garantiert nicht seinen Halbbruder wissen lassen wollte, angefangen bei gewissen … nun, Sonderaufgaben, wie bestimmte Steuerprüfungen. „Keh!“ machte Inu Yasha leise. „Das habe ich mir doch gedacht. Na schön, dann muss ich eben selbst herausfinden, wer der Dieb ist.“ „Du kannst mir auf dem Weg in das Kanouchi-Schloss erzählen, was passiert ist.“ Der Hundedämon setzte sich in Bewegung. „Oder eher, was du törichter Bastard mitbekommen hast.“ „Du hilfst mir?“ Der jüngere Halbbruder war etwas fassungslos. Hatte der Flohgeist etwa Recht gehabt und reizte Sesshoumaru einfach ein Rätsel? Das verdiente keine Antwort, beschloss der junge Fürst. Myouga seufzte erleichtert auf. Jetzt hatte Inu Yasha den besten Ermittler auf seiner Seite. Da wäre seine Freundin doch sicher bald gerettet.   Im Schloss wurden die Beiden mehr als kritisch beäugt, sie im Hof von einer ganzen Garde Samiurai umringt, die nur deshalb von einem Angriff absahen, weil keiner der doch unerwünschten Gäste seinerseits zum Schwert griff. Natürlich wurde jedoch dem Fürsten Mitteilung gemacht, dass der Sohn des Inu no Taishou zurück sei, mit noch einem Dämon. So kam Fürst Kanouchi in den Hof, wo die zwei Gäste standen. In seinem Empfangsraum hätte er doch derartige Besucher ungern gesehen. „Ja, schön, dass Ihr zurück seid. - Darf ich fragen…“ Er wandte sich an Inu Yasha, sicher, dass der der Rangniedere war. Rüstung und Kleidung des Unbekannten waren fein gearbeitet und wenn der nicht mehrere Bauernhöfe dafür gegeben hatte, hatte er sie gestohlen. Doch ein wenig unwissend, wie man Fürsten formell einander vorstellte, sagte Inu Yasha schlicht: „Das ist mein Halbbruder, Sesshoumaru.“ Der Fürst verneigte sich zuvorkommend. Ganz eindeutig war der älter, ein richtiger Dämon, aber in jedem Fall auch der Sohn des Inu no Taishou. „Ich möchte Euch in meinem Schloss begrüßen, Lord Sesshoumaru. Ich nehme an, dass Ihr die Verteidigung dieser Kagome übernehmen wollt?“ Da hatte sich Inu Yasha wohl Hilfe suchend an seinen großen Bruder gewandt. Der schien wirklich überzeugt zu sein, dass seine Freundin unschuldig war. Die Antwort kam mehr als Befehl. „Ich möchte ungehinderten Zugang zu allen Räumen im Schloss. Und ich möchte jede Auskunft, die ich bekommen will.“ Sesshoumaru warf einen raschen Blick im Kreis, überprüfte den Baustil des Schlosses, die Mauern darum. „Natürlich, wie Ihr wünscht. Wie ich schon zu Eurem Bruder sagte: ich möchte die Wahrheit herausfinden. Mir liegt nichts daran, ob irgendjemand verurteilt wird. Er soll schon der Richtige sein. Überdies hätte ich natürlich gern meinen Schatz zurück. Darf ich fragen, ob Ihr so etwas schon einmal gemacht habt?“ „Ja.“ Der Hundedämon betrachtete nachdenklich den länglichen Anbau, offenlassend, auf welchen Halbsatz sich seine Antwort bezog. „Dort ist die Küche. Und dort war auch Euer Familienschatz?“ „Ja. Wie gesagt, Ihr könnt Euch alles ansehen.“ Fürst Kanouchi bemerkte ein gewisses abschiednehmendes Nicken und fand seinen ersten Eindruck des Fremden bestätigt. Das war ein mächtiger, hochrangiger Dämon mit höfischem Benehmen. Oh, fiel ihm siedend heiß, wenngleich etwas spät ein, wenn das der älteste Sohn des Inu no Taishou war, musste er ja auch der Erbe sein. Der wahre Herr des Westens, ein Dämonenfürst und Heerführer. Niemand, den man als Mensch verärgern sollte, zumal, wenn sich die Halbbrüder an die gebräuchlichen Regeln hielten, nicht das Schloss dem Erdboden gleichmachten. Gekonnt hätten sie es sicher, zumal mit einer Dämonenarmee im Kreuz. „Darf ich Euren Lordschaften noch meinen Burgvogt, Shoji Kamura, vorstellen? Er steht Euch zur Verfügung, Lord Sesshoumaru, Lord Inu Yasha.“ Der Burgvogt kam heran, verneigte sich höflich, wenn auch ein bisschen besorgt. Immerhin waren das Dämonen. „Ich möchte die Angeklagte sprechen“, sagte Sesshoumaru sachlich. „Inu Yasha, du kannst dir inzwischen den Trakt ansehen in dem der Diebstahl begangen wurde.“ „Äh…“ machte der. Er wusste nicht, was er sich vorgestellt hatte, aber eigentlich ganz sicher nicht, dass der Hundedämon allein mit seiner Freundin reden wollte. „Kommt, Lord Inu Yasha“, drängte Myouga leise. „Blamiert Euch nicht!“ Das war ein guter Einwand, dachte der Halbdämon. Und wenn Sesshoumaru immerhin mitmachte, und auch noch Ahnung hatte, sollte er vielleicht wirklich ausnahmsweise das tun, was der sagte. So meinte er nur: „Schon gut“, ehe er sich abwandte, zu dem Trakt ging. Auf was er wohl aufpassen musste?   Kagome lehnte an der Wand in einem dunklen, selbst für eine menschliche Nase mies riechenden, Raum, den kleinen Shippou im Arm. Ihnen war klar, dass es nur zwei Möglichkeiten gegeben hatte: sie ergaben sich und Inu Yasha übernahm in einem ordnungsgemäßen Prozess die Verteidigung, oder sie hätten sich den Weg aus dem Schloss freikämpfen müssen. Dies hätte sicher Tote unter ihren menschlichen Gastgebern bedeutet – und das widerstrebte ihnen. Gleich zweimal, da Fürst Kanouchi ein sehr ehrenhafter Mann zu sein schien. Allerdings – was Inu Yasha wohl herausbringen würde? Das war der Grund für ihre Besorgnis. Kagome stand auf, als sie von draußen Geräusche hörte, jemand hektisch sagte: „Wenn Ihr Euch nur einen winzigen Augenblick gedulden würdet, edler Herr….“ Wer kam da? Der Riegel an der Tür wurde weg geschoben, und ein Samurai sah hinein. „Der gnädige Herr hier soll dich verteidigen und will daher mit dir sprechen.“ Er öffnete die Tür ganz, sich gleichzeitig bis zum Boden verneigend, eine geradezu akrobatische Übung.   Ein neuer Verteidiger? Was war mit Inu Yasha? War ihm etwas passiert? Hatte sich der Fürst Kanouchi doch nicht ehrenhaft verhalten? Aber als sie den Neuankömmling erkannten, rangen Dämonenkind und menschliche Priesterin gleichermaßen nach Luft. „Sesshoumaru!“ brachte Kagome hervor. „Du…du willst mich verteidigen?“ Shippou presste sich ein bisschen näher an sie. Wollen war zu viel gesagt. Aber der Hundedämon sah nur zu dem Samurai. „Geh.“ „Ja, wie Ihr wünscht, edler Herr.“ Anscheinend kannte die Gefangene den Dämon, und das wohl gut, hatte ihn das Mädchen doch gerade geduzt, etwas, das ihm selbst nur in seinen Albträumen eingefallen wäre. „Wo ist Inu Yasha?“ fragte Kagome prompt besorgt. „Er soll sich den Tatort ansehen. Aber natürlich bin ich dir keine Rechenschaft schuldig.“ „Nein, natürlich nicht“, erwiderte sie hastig. „Es… es ist nur so überraschend.“ Einmal, dass die Halbbrüder zusammenarbeiten wollten und zum Zweiten, dass sich der Hundedämon in ein Menschenschloss begeben hatte. Und Menschen reagierten auf Überraschungen immer erstaunlich mental retardiert. „Du sollst den Schatz der Kanouchis gestohlen haben.“ Es war besser, das hier schnell hinter sich zu bringen. Er hatte vergessen gehabt wie sehr es in menschlichen Kerkern stank. „Ja, aber ich habe es nicht getan.“ Sie sah zu ihm auf. Warum auch immer er sich auf ihre Seite schlagen wollte, wie auch immer Inu Yasha ihn dazu gebracht hatte … das konnte ihre Chance sein. Sie nahm überdies keinen Augenblick an, dass ihr Halbdämon nicht irgendein Opfer hatte bringen müssen. So war es sicher richtig mit dem Halbbruder zusammenzuarbeiten. Unwillkürlich drückte sie Shippou wie schützend näher an sich, was sich der kleine Fuchs gefallen ließ. So fühlte auch er sich sicherer unter dem kalten Blick. „Was hast du genau getan?“ „Wie dir Inu Yasha sicher schon gesagt hatte, war heute ein großes Fest im Schloss. Er … ihm war es in der Halle zu laut und zu… nun, es roch zu intensiv und so war er gar nicht mit hineingegangen. Ich… mich interessierte es einfach, und außerdem hatte ich Hunger, so dass ich in der Empfangshalle war, auch etwas zu essen bekam. Der Fürst hielt eine Rede und danach ging ich hinaus, machte mich auf die Suche nach Inu Yasha. Ich fand ihn allerdings nicht.“ Das musste in den Ohren eines Dämons mit derartigen Fähigkeiten ziemlich albern klingen. „Darum kehrte ich dann zu der Halle zurück.“ „Wie lange warst du weg?“ „Ich weiß es nicht, einige Zeit, da ich die Mauern um das Schloss absuchte und da auch die Wächter fragte. Ich nahm an, Inu Yasha hätte sich oben irgendwo hingesetzt.“ Sie zuckte ein wenig die Schultern. „Er sitzt ja gern oben. Jedenfalls war ich noch nicht wieder lange in der Halle, als Samurai kamen und dem Fürsten meldeten, dass sie zwei ihrer Kameraden vergiftet gefunden hatten. Und dass der Schatz der Kanouchis gestohlen worden war. So geriet ich in Verdacht. Ich war wohl die Einzige, die die Halle während des Empfangs verlassen hatte.“ Natürlich. So ein Verhalten war auch äußerst unhöflich. Aber vermutlich wusste sie das nicht, hatte keinerlei höfische Erziehung erhalten. Überdies war sie eine Fremde, vielleicht hatte auch jemand ihre spirituellen Fähigkeiten mitbekommen. Und Priesterinnen verfügten oft über ein sehr ausgedehntes Kräuterwissen. Ihre Fragerei bei den Wachen mochte auch als geniale Ablenkung gelten. „Äh, Sesshoumaru…“ Kagome zögerte, sagte dann aber doch: „Was hast du nun vor? Kann Inu Yasha mich besuchen?“ „Die Verhandlung ist in zwei Tagen.“ Sie sollte wissen, dass die Zeit drängte. „Ich habe keine Fragen mehr an dich.“ Er wandte sich um und war verschwunden, ehe die Beiden Worte fanden.   Dann erst gab Kagome den kleinen Fuchs frei, der zu Boden sprang und zu ihr auf starrte.„Immerhin scheint er dir helfen zu wollen, warum auch immer.“ „Und er macht das nicht zum ersten Mal.“ Das Menschenmädchen sah unwillkürlich zu der Tür. „Diese Fragen klangen so, als ob er genau wisse, wie man solche Verteidigung angeht.“ „Natürlich!“ piepste jemand und Myouga sprang auf Kagomes Schulter. „Lord Sesshoumaru hat in der Vergangenheit oft schwierige Rätsel gelöst, Mordfälle. Wen er verteidigt hat, kam frei, wen er überführen wollte, war überführt. Er war der Beste, den ich erreichen konnte, um Lord Inu Yasha zu helfen, dir zu helfen.“ „Warum macht er das?“ fragte Kagome. „Er ist doch nicht gerade hilfsbereit?“ Myouga hatte das dumpfe Gefühl, es könnte lebenswichtig sein, dass sie nichts von seiner kleinen Erpressung erfuhren, nicht zuletzt für Kagome. Von ihm selbst ganz zu schweigen. „Er löst gern solche Rätsel“, erklärte er. Das war sicher nicht gelogen, so schnell, wie der älteste Sohn des Herrn zu überzeugen gewesen war. „Und ich hoffe, Lord Inu Yasha kann ihm dabei unterstützen. Zwei Tage sind eine knappe Zeit.“ „Ja. Dann können wir nur hoffen, dass sie sich nicht prügeln, ehe ich freigesprochen wurde.“ Kagome seufzte ein wenig. „Aber ich muss zugeben, dass ich nun mehr Hoffnung habe, als wenn Inu Yasha allein das getan hätte. Nicht, dass ich bezweifele, dass er sich Mühe gibt…“ Aber das war allen klar.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)