Queen of the Clouds von PanicAndSoul ================================================================================ Kapitel 12: Zerbrechen ---------------------- Hikari beobachtete Daisuke dabei, wie er einen Schluck aus seinem Glas trank. Sie hatte die Getränke vor einer Weile geholt und nun saß sie auf ihrem Bett und der Braunhaarige hatte ihr gegenüber auf einem grünen Ohrensessel, auf dem sie normalerweise abends ihre Kleidung für den nächsten Tag bereitlegte, Platz genommen. Sie hatten noch nicht viel gesprochen, da Hikari nicht wusste, wie sie anfangen sollte. Doch nun ließ Daisuke sein Glas sinken und sah sie an, als er sagte: „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ Überrascht sah sie zu ihm. „Ich habe mich nicht korrekt verhalten. Ich hätte deiner Mutter nichts von deinem Arzttermin sagen dürfen, das war eine Sache, die nur dich etwas angeht und ich habe dein Vertrauen missbraucht. Darum kann ich es verstehen, dass du sauer auf mich bist. Aber ich wollte dir sagen, wie leid es mir tut.“, erklärte er, als er ihren Blick bemerkte. Hikari nickt langsam. Diese Sache hatte sie schon völlig verdrängt. Irgendwie hatte sie nur noch ihre eigenen Probleme im Kopf und schämte sich nun dafür, dass sie gar nicht mehr daran gedacht hatte, warum sie sich überhaupt mit Daisuke gestritten hatte. „Danke, das bedeutet mir viel.“, erwiderte sie. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, er wirkte plötzlich deutlich weniger angespannt als noch zuvor und viel erleichterter. Hikaris Herz wurde schwer. Jetzt war der Moment gekommen, ihm die Wahrheit zu sagen. Sie atmete tief ein und wieder aus und setzte an, doch Daisukes Stimme riss sie aus ihrer Konzentration: „Ist das dein Kleid für Ken und Miyakos Hochzeit?“ Ihr Blick folgte seinem in Richtung ihres Kleiderschranks, wo das himmelblaue Kleid noch immer neben dem Kleidersack hing. Sie hatte es noch nicht wieder zurückgeräumt. „Ja, ist es.“, antwortete sie und überlegte dann wieder, wie sie eine passende Überleitung schaffen konnte. Doch da stand Daisuke auf und ging zu ihrem Schrank herüber, um es sich aus der Nähe anzusehen. Ehrfürchtig strich er über den fließenden Stoff und behielt ihn einen Moment in der Hand, ehe er sagte: „Ich wette, du siehst wunderschön darin aus. Hast du ein Foto gemacht, wie du es anhast? Ich würde es gerne sehen.“ „Ich, ähm… Ja, hab ich.“, sagte sie zögernd. Nun wusste sie wirklich nicht, wie sie auf das Thema Takeru und Trennung zu sprechen kommen sollte. Also nahm sie sich ihr Handy und öffnete den Ordner mit den Aufnahmen. Sie klickte das letzte Bild an und reichte das Telefon dann Daisuke. Lächelnd betrachtete er das Foto, welches Mimi von ihr gemacht hatte. „Wirklich atemberaubend.“, murmelte er und schaute verträumt auf das Handy. Je länger er ihr Telefon in den Händen hielt, desto unruhiger wurde Hikari. Doch Daisuke schien sich einfach nicht von ihrem Anblick losreißen zu können, also wartete sie geduldig, dass er es ihr zurückgab. „Hikari.“, hörte sie ihn plötzlich ihren Namen sagen. „Wieso schreibt Takeru Takaishi, dass er dich vermisst und sich auf dich freut?“, fragte er und als sie in sein Gesicht sah, war jegliche Zuneigung daraus verschwunden. Seine Lippen hatte er aufeinandergepresst und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Sein Blick wirkte kalt und die Wut, die sich langsam in ihm zu sammeln begann, war ihm förmlich anzusehen. „Wieso liest du meine Nachricht?“, fragte sie geschockt und wollte ihm ihr Handy entreißen, doch er hielt es einfach mit ausgestrecktem Arm von ihr fern, so dass sie keine Chance mehr hatte, heran zu kommen. „Das war keine Antwort auf meine Frage. Außerdem war das ein Versehen. Die Nachricht kam, als ich mir das Foto angesehen habe.“, sagte er. Hikari streckte sich noch einmal, um an ihr Telefon zu kommen, doch Daisuke war viel zu groß, als dass es einen Sinn gehabt hätte. „Bitte, gib es mir. Dann erkläre ich es dir.“, sagte sie und versuchte dabei so ruhig zu klingen, wie sie nur konnte. Der junge Mann musterte sie einen Moment, dann senkte er seine Hand und gab ihr das Handy zurück. „Also, jetzt erklär mir, warum ein fremder Mann meiner Freundin solche Sachen schreibt.“ Daisuke wurde mit jedem Wort, was er sprach, lauter. Hikari zuckte zusammen. „Also, ich wollte nicht, dass du es so erfährst. Es tut mir so leid…“, begann sie, doch sie wurde direkt unterbrochen. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Sag mir jetzt nicht, dass es das ist, was ich denke.“, rief er. „Ich… Ich wollte doch nicht…“, versuchte sie zu sagen. Doch plötzlich begann Daisuke zu lachen  und brachte sie damit völlig aus dem Konzept. „Hikari, du kennst ihn doch gar nicht! Und jetzt glaubst du, dass du mit ihm zusammen sein willst? Ich weiß, dass du schon oft darüber nachgedacht hast, dich von mir zu trennen. Vielleicht ist dir das gar nicht selber bewusst. Aber du musst auch mal an unsere Familien denken, an unsere Firmen. Was würde das für sie bedeuten?“ Daisuke machte einen Schritt auf sie zu. Hikari starrte ihn nur an. Sie wusste wirklich nicht, was sie darauf erwidern sollte. Er nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen. Sie unterdrückte den aufkommenden Impuls, zurückzuweichen und hielt seinem Blick stand, als er sagte: „Ich liebe dich, Hikari. Und egal was du getan hast oder jetzt sagst, es wird nichts daran ändern. Wir haben eine Zukunft miteinander, du und Takeru, das kann niemals funktionieren.“ „Aber ich bin nicht mehr glücklich!“, erwiderte sie endlich und hoffte inständig, er würde sie verstehen. Ein trauriger Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Du kannst es aber wieder werden. Ich kann dich glücklich machen, das verspreche ich dir.“, sagte Daisuke nun fast schon flehend. Mitleid stieg in ihr auf und sie legte eine Hand an seine Wange. „Bitte akzeptier meine Entscheidung. Mach es uns beiden nicht noch schwerer, als es ohnehin schon ist.“, sagte sie sanft. Daisuke schloss seine Augen und schmiegte sich in ihre Berührung. Als er seine Lider wieder hob, sagte er mit fester Stimme: „Nein, das werde ich nicht. Ich werde um dich kämpfen. Und am Ende wirst du einsehen, dass wir zusammen gehören.“ Sie wollte noch etwas erwidern, wollte ihm sagen, dass es endgültig vorbei war, doch er beugte sich in diesem Augenblick zu ihr herunter und presste seine Lippen besitzergreifend auf die ihren. Er hatte sie so überrumpelt, dass sie sich nicht gegen den Kuss wehrte. Im nächsten Moment löste er sich auch schon wieder von ihr und verschwand, ohne noch etwas zu sagen, aus ihrem Zimmer. Erschrocken starrte Hikari ihm hinterher, presste eine Hand auf ihren Mund und brach dann in Tränen aus. Es mussten bereits einige Stunden vergangen  sein, seit Daisuke gegangen war. Die Zeit seit dem, hatte Hikari damit verbracht, sich in ihrer Verzweiflung weinend auf ihrem Bett zusammenzurollen. Sie fühlte sich einfach nur elend. Schuldgefühle, Trauer, Ekel, Scham, all diese Empfindungen vermischten sich nun mit dem altbekannten dumpfen Pochen in ihrer linken Schläfe. Die Migräne überkam sie so schnell und so heftig, dass sie überhaupt keine Chance hatte, vorsorglich zu reagieren. Das Pochen wurde immer stärker und es fühlte sich nun fast so an, als nehme jemand einen Hammer und schlage immer wieder mit voller Wucht gegen ihren Kopf. Immer, wenn sie die Lider öffnete, stellte sie fest, dass ihr linkes Auge nahezu erblindet war. Auch das Medikament, welches sie vor einiger Zeit genommen hatte, wollte einfach nicht anschlagen. Vielleicht war dies nun ihre Strafe dafür, dass sie Daisuke so betrogen hatte. Das Karma holte sie schlussendlich doch ein. Ihr Magen begann zu rebellieren und fast hätte sie sich übergeben. Sie wollte schreien, wollte nach ihrem Bruder rufen, doch sie bekam keinen Ton heraus. Alles schmerzte. Jede Bewegung ließ ihren Kopf förmlich explodieren. Hikari konnte sich nicht erinnern, wann es das letzte Mal so heftig gewesen war. Sie hatte kein Gefühl dafür, wie viel Zeit verging, doch irgendwann vernahm sie, wie aus weiter Ferne, dass jemand mit ihr sprach. Dann spürte sie, dass sie berührt wurde, sehr vorsichtig und sanft. Und danach verschwand alles um sie herum in einem dumpfen Nebel und sie ließ sich einfach nur noch darauf zutreiben. „Was ist denn mit ihr los?“, fragte Mimi und sah ihre Freundin besorgt an. Taichi erhob sich von der Bettkante seiner Schwester und entfernte sich einige Schritte von ihr. So leise er konnte, sagte er: „Wir müssen einen Arzt rufen. So habe ich sie seit sehr langer Zeit nicht mehr erlebt, ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Taichi holte bereits sein Telefon hervor und suchte nach Jos Nummer. Es klingelte nur einen Augenblick, dann ging er auch schon ran und er schilderte dem jungen Arzt die Sachlage. „Ja, das machen wir, okay.“, sagte Taichi. „Oh Gott, Hikari.“, rief Mimi plötzlich und lief zu ihr hinüber. Die junge Frau begann, sich am gesamten Körper zu verkrampfen. Ihr Bruder, der noch immer das Telefon in der Hand hielt, eilte zu ihr und fragte panisch: „Sie hat auf einmal angefangen, zu krampfen und zu zittern. Was sollen wir machen?“ „Ja, ist gut. Wirklich? Machen wir. Bis gleich.“ Dann legte Taichi auf und sah Mimi an. Die junge Frau versuchte Hikari beruhigend über den Arm zu streicheln, das Zittern hatte bereits nachgelassen, aber ihre Körperhaltung war immer noch angespannt. „Sie hatte vermutlich einen epileptischen Anfall. Wir sollen einen Krankenwagen rufen, Jo kommt in die Klinik.“, sagte Taichi knapp und verließ dann das Zimmer, um wieder zu telefonieren. Mimi sah ihm nach. So voller Sorge, hatte sie ihren Freund noch nie gesehen. Sie warf einen Blick auf die junge Frau vor ihr und begann wieder, ihr über den Arm zu streichen. „Alles wird gut.“, murmelte sie, doch im Moment waren die Worte eher ein schwacher Versuch, sich selber zu beruhigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)