Eine Geschichte ohne Ende von phean (Kleiner Engel lerne fliegen) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Happy End? ------------------------- „Ich bin vorischtig“, raunte er ihren Lippen entgegen. Sie schluckte, nickte aber. Ihre Arme waren um seinen Hals geschlungen und einen seiner spürte sie unter sich. Mit dem anderen stützte er sich neben ihr ab. Bei alledem musterte er sie aufmerksam, damit ihm nichts entging. Ihr Mund öffnete sich leicht und sie kam nicht umhin, dass ihre Augen leicht glänzten. Auf sie prasselten vollkommen neue Gefühle ein, das hier war immerhin nicht alltäglich. Ganz von seinem Blick eingenommen fokussierte sie sich nur darauf. So zog sie schon wenige Sekunden später die Luft scharf ein, klammerte sich stärker an ihn und zuckte leicht. Ein leiser Schmerz zog sich ihren Körper hinauf, während sie mit geschlossenen Augen darauf wartete, dass er abebbte. Erleichtert stieß sie schließlich die Luft aus und öffnete ihre Augen wieder. Sie glänzten mehr als zuvor, doch in seinem Gesicht sah sie nur dieses Lächeln, dass sie so sehr liebte. „Alles ok?“, fragte er immernoch leise und beugte sich dabei zu ihr hinunter, um die kleine Träne, die sich nun doch gelöst hatte, mit seinen Lippen aufzufangen. Seicht nickte sie. Dann bewegte er sich und ihr entwich wie zuvor bereits ein Keuchen, das sich kurz darauf in ein Stöhnen wandelte. Ein Geräusch, welches am heutigen Tag zum ersten Mal ihren Mund verlassen hatte. Doch auch er entgegnete mit einem gleichen Geräusch. Es jagte ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken und erzeugte dadurch eine Gänsehaut, was sie dazu zwang, ihre Augen zu schließen.. Gleichermaßen gefiel es ihr und sie gab sich den Empfindungen hin, die er in ihr auslöste. Es fühlte sich an, als würde sie schweben, ein ungewohntes Gefühl der Schwerelosigkeit machte sich in ihr breit. Es war, als triebe er sie immer höher hinauf, bis alles in ihr explodierte und sie sich unter ihm aufbäumte. Schwer atmend öffnete sie ihre Augen und sah sich selbst im Spiegel an. Ihre Augen waren dunkler als normal und hatten wieder diesen traurigen Schimmer. Ein Klopfen ließ sie zusammenzucken und sie schob sich ihre Haare hinter ihr Ohr. „Ja?“, über den Spiegel sah sie zu der Türe. Diese öffnete sich erst ein Stück und ein wuscheliger Haarschopf sah in den Raum. Ihre Blicke trafen sich, er wirkte erstaunt und sah sich noch einmal um, ehe er vollends eintrat und die Tür hinter sich schloss. „Ist etwas passiert?“, fragte er vorsichtig. Auf seine Frage erhielt er ein Kopfschütteln, trotzdem senkte sie den Blick und zupfte an ihren Fingern, die auf ihrem Schoß lagen. „Hikari ... spucks aus ...“, seine Stimme war noch immer weich, doch er forderte eine ehrliche Antwort. Die Jüngere sah auf ihre Finger und knetete sie weiter, bis sie zwei warme Hände an ihren Schultern spürte und sie aufblicken ließen. Ein gar trauriges Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen, was ihn nur noch weiter zu sorgen schien. Gerade als sich die Brünette auf diesem gepolsterten Hocker umdrehte, nahm er seine Hände weg und ging vor ihr in die Knie. „Also, Kleines?“, liebevoll legte der ältere Yagami seine Hände auf ihre. „Ich weiß nicht ... ob ...“ Seufzend senkte Taichi den Kopf und nickte. Er konnte sich denken, was in seiner kleinen Schwester vor sich ging. „Ach Kleines“, er hob die Hand und wuschelte ihr über den Kopf, „heute ist die Probe, noch ... kannst du zurücktreten“, er lächelte schräg. Sie schluckte, nickte aber, „na gut ...“, hauchte sie. „Na komm erstmal mit und sieh es dir an ... danach ...“, er zuckte mit den Schultern. Ihm fielen selbst keine Worte ein, die er sagen konnte. Immerhin hatte Taichi sich dieser Situation nicht konfrontiert gesehen. „Sie warten auf dich ...“, der Brünette erhob sich und reichte ihr die Hand, die sie zögerlich ergriff. Lächelnd strich er ihre Haare zurecht und deutete mit dem Kopf auf die Türe. „Es ist noch nicht der Ernstfall“, versicherte er ihr noch einmal, „und heute Abend gibts lecker Essen“, schwärmte Taichi bereits im nächsten Moment. Damit erreichte er genau das, was er wollte, sie lachte. Zufrieden nickte er. „Du denkst immer nur an das Eine ...“, amüsiert sah sie auf. „Dann weißt du ja, was auf dich zukommt“, rutschte es ihm zu schnell heraus. Nachdenklich verzog sie den Mund. Da merkte auch der Ältere, was er eben gesagt hatte, „ach ... denk nicht daran ...“ Als sie endlich durch die Tür traten, hellten sich einige Gesichter auf. Wenn bei einigen auch nur bedingt. Noch immer waren nicht alle hiervon begeistert, doch Hikari lächelte seicht. „Fangen wir an“, grinste Taichi und verhinderte jegliche Diskussion über Richtig oder Falsch. So hielten allesamt vor dieser Türe ihren Mund und nickten. „Dann gehen wir“, beschloss Yamato und Taichi war ihm wohl nie dankbarer als in diesem Augenblick. Mit einem Lächeln sprach er lautlos zu ihm und erhielt ein Schulterzucken als Antwort. Sie dachten alle das Gleiche. Trotzdem schritten sie los. Es hatte ein bedrückendes Gefühl auf die Brünette. Diese Kirche. Schwer schluckend sah sie sich um und versuchte sich daran zu gewöhnen. Das hier fühlte sich nicht richtig an. Zumindest nicht gänzlich. Etwas in ihrem Inneren, ganz tief vergraben, weigerte sich, diesem Schicksal zu ergeben. Letztlich wanderte ihr Blick nach vorn und traf den, dem sie ihr Wort gegeben hatte. Er strahlte übers ganze Gesicht, doch sie konnte es nur mit einem müden Lächeln erwidern. Oft zeigte sie es ihm, vor allem, wenn sie sich entschuldigte, so konnte er es schnell falsch verstehen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte nun auch er. „Natürlich“, nickte sie. „Dann bin ich erleichtert“, wie immer lachte Daisuke schräg und fuhr sich durch die Haare. Eine Angewohnheit. So wie sie sich ihre Haare hinters Ohr strich, wenn sie nervös war. Sie wandten sich beide dem Mann zu, der diese Kirche betreute. Wieder atmete Hikari tief durch, während sie sich die Erläuterungen des Mannes anhörten. Einen Augenblick verkrampfte sie sich, als sie die Hand des Brünetten an ihrer spürte. Seine Finger schoben sich zwischen ihre. Mit leicht geweiteten Augen sah Hikari zur Seite und erntete ein Lächeln. Sie erwiderte es, konzentrierte sich aber dann wieder auf den Priester. Es hatte noch gut eine Stunde gedauert, bis sie die Kirche wieder verlassen konnten. Mittlerweile waren sie bei dem Restaurant angekommen, ‚Augen zu und durch ... das vergeht alles wieder‘, sprach sich Hikari in Gedanken gut zu. Was sollte sie sich auch sonst groß sagen. Natürlich häuften sich die Male in letzter Zeit wieder, aber das verschwand auch wieder. „Du wirkst etwas abwesend“, mit einer Berührung holte Sora die Yagami aus ihren Gedanken. Fragend sah diese auf und blieb an deren liebevollen Augen hängen. „Ja ... vielleicht“, murmelte die Angesprochene und sah in den Raum hinein. „Du machst dir Gedanken, nicht?“, fragte sie weiter und erhielt ein Nicken als Antwort. „Dachte ich mir ... Taichi hatte vorhin schon so geschaut. Aber mach dir keine Sorgen. Ich kenne das ... letztendlich ist es ganz leicht ...“ „Wirklich?“ „Ja“, sprach Sora zuversichtlich weiter. „Mh ... ich ... weiß nicht“, hauchte Hikari und senkte den Blick. Die Rothaarige drückte ihre Hand. Doch ein besseres Gefühl bekam sie trotzdem nicht. Immerhin konnte man niemandem einfach so seine Unsicherheit nehmen. „Können wir dann nicht endlich essen?“, fragte Daisuke in die Runde. Bis eben hatte er sich noch mit Cody und Ken unterhalten, doch man sah ihm an, dass er es langsam nicht mehr aushielt und Hunger bekam. „Du änderst dich wirklich nie“, murrte Ken und fuhr sich durch die Haare, während er seine andere Hand in die Seite stemmte. „Da ist er nicht der einzige“, bemerkte Cody und verschränkte die Arme vor der Brust. Nachdenklich sah Ken zu dem Jüngeren, der wiederum seine Hand hob und mit einem Finger auf die Tür zeigte. Nicht nur Ken bemerkte die Bewegung, sie wurde auch von anderen wahrgenommen, Dadurch wandten sich zunächst Mimi und Joe um, ehe Taichi und Koushiro folgten. Die anderen folgten. Als Hikari den Kopf ebenso hob, weiteten sich ihre Augen und sie drückte unwillkürlich die Hand der Älteren. „Ich hoffe, ich bin nicht zu spät dran“, grinste Takeru und hob dabei die Hand. Als wäre nichts passiert. Kapitel 2: Kleiner Stern am Himmel ---------------------------------- Tief atmete Hikari durch. Sie brauchte einen Moment für sich und so war sie an die frische Luft gegangen. Zum Glück konnte sie das Essen vorschieben und hatte ebenso gesagt, sie würde die Toilette aufsuchen. Gerade war die Hauptspeise aufgetragen worden und sie fühlte sich jetzt schon bis oben hin vollgestopft. Dabei würde noch ein Dessert folgen, doch damit konnte sie sich noch Zeit lassen. Das eilte nicht. Die Yagami hatte sich auf einer Bank nahe des Eingangs niedergelassen. Sie lehnte sich zurück und stützte sich auf eine Hand, um dann den Blick in den Himmel zu heben. Wie automatisch hoben sich ihre Mundwinkel. „Nichts ist schöner als der Nachthimmel und seine Sterne ... naja ... du schon“, grinste er sie breit an. Doch bei Hikari sorgte es dafür, dass sie direkt rot anlief und ihn mit großen Augen betrachtete. Das brachte ihn nur weiter zum lachen. „Was soll das denn?“, fragte sie mit großen Augen. „Ach nichts ... vergiss es wieder“, lachte er und hob beide Hände zur Abwehr. „Aber du hast doch eben ...“, die Yagami trat einen Schritt weiter auf ihn zu. Dabei wich er zurück, „nein, ich hab gar nichts!“ Einige Schritte setzte sie ihm nach, vor denen er weiter zurückwich. Ihre Wangen waren noch immer gerötet. Sie hatte sich eben doch nicht verhört oder? Wusste er überhaupt, was er mit seinen Worten ausgelöst hatte? Seufzend schloss sie einen Augenblick die Augen und versuchte ihren aufgeregten Herzschlag zu beruhigen. Das war zu viel. Warum war er hier? Sie war sich bis jetzt sicher gewesen ... dachte sie. Hikaris Augen öffneten sich wieder und erneut sah sie in den nächtlichen Himmel. „Noch immer ist es so, dass nichts schöner als der Nachthimmel ist“, erklang mit einem Mal eine Stimme. Die Brünette zuckte zusammen und sah überrascht zum Eingang des Restaurants. Wieder dieses Lächeln, dass er gezeigt hatte, als er hereingekommen war. Und sie konnte jetzt bereits sagen, sie mochte es nicht. Es wirkte falsch. Trotzdem hielt Hikari den Mund – vorerst. Dabei betrachtete sie ihn erst einmal und musterte ihn genauer als sie es zuvor tat. Im Zuge dessen fielen ihr noch ein paar weitere Dinge auf. Diese blieben ihr allerdings im Hals stecken, da andere Gefühle deutlich schwerer wogen. Sie konnte sich also nicht darauf konzentrieren. Aktuell war sie hin und hergerissen. Schmerz überwog. „Es ist schön, euch alle wiederzusehen. Ich habe mich sehr gefreut, dass Yamato mich eingeladen hat“, erklärt er und trat näher, „das war wohl eine große Überraschung für euch“, er kratzte sich am Hinterkopf. Der Blick der Yagami veränderte sich und sie senkte den Blick. „Ja, es war eine Überraschung“, stimmte sie zu und sah zur Seite. Seine Augen konnte sie nicht ertragen. Immer wieder war sie darin versunken, sie hatte Sorge, dass das wieder passieren würde. „Ich sollte wieder reingehen“, murmelte sie und erhob sich. Ohne ihn erneut anzusehen trat sie an ihm vorbei, hatte aber die Rechnung ohne ihn gemacht. Blitzschnell packte er sie am Handgelenk. „Hikari, was ist los? Ich dachte ...“ „Nein ...“, unterbrach sie den Blonden und richtete ihre Augen doch wieder auf ihn, dabei versuchte sie jegliche Gefühle zurückzuhalten, „du dachtest nicht“, erklärte sie und entzog ihm ihre Hand. „Hikari-chan, da bist du ja wieder“, lachte Daisuke, als die Brünette zurück in den Raum trat. Hinter ihr folgte Takeru, der sie weiterhin im Auge behielt. Die junge Frau hingegen lächelte den Mann vor sich an und trat zu ihm. Sofort legten sich seine Hände an ihre Seiten und er zog sie an sich. Die Yagami schloss die Augen, als seine Lippen auf ihre trafen. Dabei spürte sie jedoch nur Trauer. Ihre Hände verkrampften sich an seinen Oberarmen. Doch es reichte, dass der Ring an ihrem Finger das Licht reflektierte und dem Takaichi erst jetzt auffiel. Takeru erstarrte regelrecht und konnte sich gar nicht davon abwenden. „Ich hätte es dir erzählen sollen“, raunte ihm sein älterer Bruder zu und legte eine Hand auf dessen Schulter. „Nein ... ich habe sie überrascht, dann ist das wohl einfach die Überraschung, die sie mir bereitet“, lächelte er bitter, „es ist vorbei ...“ Besorgt musterte Yamato den Jüngeren. Sie alle wussten um die Beziehung der zwei. Sie alle wussten, was damals passiert war. Das zumindest dachten sie. Doch im Grunde wussten nur Takeru und Hikari, was damals wirklich vor sich gegangen war. Und das löste eine große Schmerzwelle in seinem Inneren aus, die er nicht beschreiben konnte. „Ich sollte vielleicht gehen“, seufzte er. Nachdenklich betrachtete der Musiker ihn, doch er sagte nichts und sah ihm lediglich nach, als er ohne weitere Worte den Raum verließ. „Er wusste nichts davon, oder?“, fragte Sora ihn und griff nach seinem Arm. Dabei rutschte ihre Hand daran runter und sie verflocht ihre Finger mit seinen. „Ja ... vielleicht hätte ich ihn vorwarnen sollen ...“ „Vorwarnen?“ „Er wäre nicht gekommen, hätte er es gewusst ... und Hikari hätte ...“, Yamato unterbrach sich selbst. „Ja, irgendwas ist falsch gelaufen“, stimmte ihm Sora zu. Aus den Augenwinkeln hatte die Yagami gesehen, wie er den Raum verlassen hatte. Es schmerzte, ihn wiederzusehen. Vermutlich hatte sie das deshalb gerade so provokant gemacht. Dabei spürte sie nichts wirklich bei diesem Kuss. Es kribbelte nicht so, wie es bei ihm gekribbelt hatte. Sie fühlte sich nicht so leicht und schwerelos. „Lasst uns den Nachtisch essen“, beschloss der Braunhaarige und sah sich um, „nanu, ist Takeru gegangen?“ Hikari schlug die Augen nieder und wandte sie zur Seite. „Ja, ihm geht es nicht so gut“, warf Yamato ein, „er wollte sich früh hinlegen, immerhin hat er auch einen langen Flug hinter sich.“ Hikari hob den Blick und musterte den Älteren Bruder. Dieser erwiderte ihn. es musste kein Wort gesagt werden, sie wusste, dass es eine Lüge war. Aber sie würde sich hüten, etwas zu sagen. Es wäre besser, wenn sie das nicht tat. „Schade ... aber er bleibt ja etwas“, lachte Daisuke, „lasst uns essen und dann trinken wir noch was“, rief er feierlich. Dabei zog er sie mit sich und ließ ihr gar keine andere Wahl, so saß Hikari wenige Augenblicke später neben ihm und sah sich mit einer Bestellung konfrontiert, die ihren Appetit um Längen überwog. Ihre Aufmerksamkeit lag allerdings noch immer auf Yamato. Ohne große Schmerzen sah er einfach zurück und sprach kein Wort. Auch niemand anderes sagte etwas dazu, wobei kaum einem dieser Blick auffiel. Doch je länger sie ihn ansah, desto mehr flammte der Schmerz in ihren Augen auf, den sie beim Gedanken an Takeru verspürte. Es sollte nicht vollständig hervorbrechen und er sollte es erst recht nicht sehen. Aus diesem Grund senkte sie den Blick und hörte das Lachen Daisukes zum ersten Mal wieder neben sich. Das war jetzt ihr Leben, hierfür hatte sie sich entschieden. Kapitel 3: Ein kleiner Funke springt ------------------------------------ „Das war zu viel Essen gestern“, seufzte Sora und lehnte sich zurück. Für diese Worte erntete sie lediglich ein Lachen von allen Seiten. „Dabei musst doch gerade du viel Hunger haben und für zwei essen, aber mehr als Taichi hast du auch nicht gegessen“, neckte Mimi. Aktuell konnte man nur den Ansatz eines Bauches bei der Rothaarigen sehen, doch er war da. „Bist du dir sicher? Ich glaube Sora hat schon auch sehr reingeschlagen“, kicherte Miyako. „Jetzt hört aber auf“, beschwerte sich die Rothaarige. „Stimmt, Daisuke hat auch noch viel gegessen“, gab die Brillenträgerin nach. „Und getrunken haben sie alle ordentlich“, fuhr sich Mimi durch die Haare. „Joe jetzt aber nicht so, oder?“, fragte Hikari in die Runde, „und Cody auch nicht wirklich.“ „Ich war nur froh, dass sich keiner der Beiden im Auto noch übergeben hat. Yamato hat sich ja noch im Griff, aber bei Taichi habe ich mir schon Sorgen gemacht“, erinnerte sich Sora. „Hättest du Hilfe gebraucht, hättest du es sagen müssen. Wir hätten dir unter die Arme greifen können“, Mimi legte ihre Hand besorgt auf die ihrer besten Freundin, „Koushiro hatte auch kaum was getrunken.“ „Ach, es ging schon“, lächelte sie zurück. Einen Augenblick schmunzelten sie sich nur an, ehe sich ein seltsames Schweigen über sie legte. „Wusstest du, dass Takeru kommt?“, fragte Hikari schließlich leise. Die Frauen hielten inne und richteten erst ihre Blicke auf die Jüngste, dann auf die Älteste ihrer Gruppe. „Ja ...“, erwiderte Sora ebenso leise, „er schläft aktuell auch bei uns. Wobei er auch ein Hotelzimmer haben könnte.“ Die Brünette nickte und griff nach der Tasse, die vor ihr stand. Nach dem gestrigen Abend haben sich die vier zum Brunch in ihr Stammcafé verabredet. Derweil konnten die Männer noch ihren Rausch ausschlafen. Mimi und Miyako saßen den zwei gegenüber. Beide musterten sie und sahen sich dann an. Für alle war es unangenehm, doch ihnen brannten zu viele Fragen auf der Zunge. „Weshalb ist er denn wieder hier? Nicht, dass es nicht schön wäre, ihn wiederzusehen, aber trotzdem ...“, Mimi versuchte sich zu erklären, aber irgendwie gelang ihr das vermutlich nicht so gut wie erhofft. Sora sah zu der jungen Frau neben sich, doch die erwiderte das ebenso vorsichtig. Allerdings war da auch Schmerz zu sehen. So schluckte die Älteste, gab nach einem Seufzen allerdings nach. „Es hat ihn in die Heimat gezogen. Nach seinem Stipendium hat er lange in Paris gearbeitet und war dann durch Europa gereist, bis er zurück nach Paris ist. Doch sein Verleger meinte, dass seine Geschichten an Biss verloren haben und es ihm vielleicht gut tun würde, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Neue Kraft tanken quasi ... Das hat sich ... irgendwie gut getroffen“, zuckte sie mit den Schultern, „er wollte eigentlich in ein Hotel gehen, aber Yamato möchte das nicht, also weiht er jetzt das Kinderzimmer ein“, lachte sie. „Wie das?“, Mimi zog eine Augenbraue nach oben. Doch Sora zuckte erneut mit den Schultern, „aktuell steht dort noch das ausklappbare Sofa.“ Ein einstimmiges Nicken folgte. „Also ist er nur hier, um sich wieder zu sammeln ...“, murmelte Hikari und zog wieder die Blicke auf sich. Konzentriert las die Jüngere die Zeilen, die sie in Händen hielt. Als sie beim letzten Wort auf der Seite ankam, blätterte sie auf die nächste um. Sie schlug das aktuelle Blatt hinter den Stapel in ihrer Hand und begann von vorn. Derweil lief Takeru nervös auf und ab. Da erklang von ihr ein Rascheln, er hielt inne und sah in ihre Augen, die vorwurfsvoll zurückschreckte. „Was?“, fragte er hoffnungsvoll. „Wenn du weiterhin auf und ab läufst wie ein aufgekratzter Hase, dann werde ich nie fertig ...“, brummte die Brünette und verengte ihre Augen. Als Antwort erhielt sie ein schräges Lächeln und einen Takeru, der sich erst durch die Haare fuhr und sich dann am Hinterkopf kratzte. Also wandte er sich von ihr ab und starrte auf den See vor sich. Hikari hingegen musste sich leicht hin und her beugen, damit das Licht der Laterne neben der Bank auf das Blatt fiel. Es waren nicht unbedingt die besten Bedingungen, sich nachts im Park zu treffen, um eine Kurzgeschichte des Älteren zu lesen. Immer wieder warf sie einen Blick auf den anderen, er hatte ihr nach wie vor den Rücken zugekehrt, aber sie sah, dass er noch immer nervös war und vermutlich mit seinen Fingern spielte, seinen Armbewegungen nach zu urteilen. Abwarten und Däumchen drehen, aber da musste erjetzt durch. Hätte sie es allein in ihrem Zimmer gelesen, hätte er vermutlich alle zwei Sekunden eine Nachricht geschrieben und sie genervt, bis sie ihr Handy lautlos geschalten hätte. Schließlich konnte sie die letzte Seite umklappen und hatte wieder Ordnung in den Blättern. Einen Augenblick ließ sie sich das gelesene durch den Kopf, während sie das Papier um die Tackernadel glatt drückte. Tief atmete sie durch und hob den Blick erneut. Sie erhob sich und merkte die Wärme auf ihren Wangen. „Das in der Geschichte ...“, murmelte sie und trat hinter ihn. Sein Duft stieg ihr dabei so vertraut in die Nase, dass ihr Bauch anfing zu kribbeln. „... bist das ...“ „Ja ...“, hauchte er und lachte leicht, ehe er sich umwandte und mit der Hand durch die Haare strich. „Recht erbärmlich, nicht?“, er grinste. Nachdenklich musterte Hikari ihn und legte den Kopf schief. „Und ich dich ...“, hauchte sie schließlich. Die Augen des Takaishi weiteten sich, während er eine Hand an ihren Oberarm legte und die andere vorsichtig ihr Kinn anhob. Beschämt hatte sie den Blick gesenkt, doch jetzt wollte er ihr in ihre wunderschönen braunen Augen sehen. Nur wenige Sekunden später lagen seine Lippen auf ihren. Die Yagami hatte ihre Augen geschlossen, öffnete diese aber mit einem Seufzen wieder. „Alles ok? Du bist ganz rot“, fragte Miyako und war ebenso irritiert gewesen wie die anderen, als die Jüngste plötzlich mehrere Minuten wie weggetreten war. Nun waren ihre Wangen wohl deutlich gerötet. Hikari nickte und biss sich auf die Unterlippe, „klar“, lachte sie schließlich und griff nach ihrer Tasse. Ihr Cappuccino war mittlerweile kalt – vermutlich hatte sie es nicht anders verdient. Am gestrigen Abend war sie ziemlich abweisend zu ihm und hatte es ihm deutlich unter die Nase gerieben, wie es aktuell aussah. Allerdings hätte sie den Abend anders nicht überstanden. Er löste zu viele Gefühle in ihr aus, was noch mehr Zweifel mit sich brachte. Schließlich schwankte sie aktuell schon genug, was diese Entscheidung anbelangte. Zu Beginn hatte sie nur Trost gesucht, jetzt war es eine Situation, mit der sie nicht klar kam. Es war größer als sie für möglich gehalten hatte. Denn je näher die Hochzeit rückte, desto öfter dachte sie an die Zeit mit ihm zurück. Dabei war es Daisuke alles andere als fair gegenüber. Doch sie hatte gedacht, Takeru nie wiederzusehen. Er war gegangen und weg geblieben. Was hätte sie tun sollen? Das Leben blieb nicht einfach stehen, es ging weiter – mit oder ohne ihn. Er hatte seine Wahl getroffen. Dabei hatte sie ihn dazu gebracht, wegzugehen. Seufzend senkte sie den Blick und sah auf die letzten Tropfen in ihrer Tasse. Derweil sahen sich die anderen Frauen an. Sie konnten sich denken, was vor sich ging, aber keine wusste, was sie sagen sollte. Wie die anderen haben sie die Wahl der Jüngsten akzeptiert. Auch wenn sie es zu Anfang nicht glauben konnten. Der nächste Schock kam, als sie verkündeten, verlobt zu sein. Niemand hätte das für möglich gehalten. Genau diesen Schock hatte sie beim gestrigen Essen auch Takeru versetzt. „Sollen wir dann los?“, lenkte Mimi ein, bevor wieder jemand in irgendwelche Gedanken abschweifte. „Ja, brechen wir auf“, stimmte Sora zu und rief den Kellner zu ihnen. Dieser schenkte besonders Mimi viel Aufmerksamkeit, was sie mit einem freundlichen Lächeln erwiderte. Sie genoss solch eine Aufmerksamkeit nach wie vor. Das führte dazu, dass sie lediglich ihr Essen zahlen musste und auf ihrem Zettel eine Telefonnummer stehen hatte. Schließlich brachen sie auf und Mimi ließ den Zettel liegen. „Ihr seid aber schon irgendwie früh dran, nicht?“, Miyako hatte sich bei Hikari untergehakt. „Möglich ... Ich war aber ehrlich froh, dass Taichi, Yamato und du mit in der Kirche waren“, richtete sie an Sora. Diese nickte, „natürlich doch ...“ „Und das Essen am Abend war ja auch nur ein Essen ... Schließlich war der 1. August ausgefallen ...“, murmelte sie weiter. Es war noch eine Weile hin, trotzdem wollte Daisuke schon jetzt einige Dinge abhaken, darunter fiel das Gespräch mit dem Pfarrer. Denn er wollte nicht traditionell japanisch heiraten, es war eben eine neue Zeit. Und Hikari musste es auch nicht unbedingt. Genau aus diesem Grund steuerten sie gerade ein Brautmodengeschäft an. Vermutlich würden sie noch einige dieser Geschäfte abklappern, aber nicht alle heute, sprich, sie mussten sich wieder zum Brunch treffen und dann in andere Geschäfte ziehen. Das tat niemandem weh, immerhin trafen sich die Mädchen doch recht oft. Was natürlich auch der immer noch vorhandenen Verbindung zwischen ihnen geschuldet war. Als das erste Geschäft jedoch in Sichtweite kam, legte sich Hikaris Hand automatisch auf ihren Bauch. Sie hatte das Gefühl, dass sich alles zuschnürte. Die Zweifel wurden nicht besser, sondern mit jedem Schritt, den es auf die Hochzeit zu ging, schlimmer. Aber sie sah sich auch einer sicheren Zukunft gegenüber. Im Laden selbst wurden sie schließlich freundlich begrüßt und damit war keine Zeit mehr für irgendwelche trüben Gedanken. Oder Gedanken an eine Vergangenheit, die eben schon vergangen war. Etwas, was nicht wiederkommen würde. Natürlich war Takeru hier, doch aus Soras Worten war herauszuhören, dass es sich bei seinem Besuch lediglich um einige Tage, Wochen oder Monate ging. Er würde nicht bleiben sondern wieder verschwinden. Es war ernüchternd, denn es schmerzte, aber es zeigte ihr auch, dass es wieder leichter werden würde ihn zu vergessen. Kapitel 4: Wachsende Zweifel ---------------------------- „Wir müssen einen Abstecher machen“, informierte Hikari die anderen Frauen. Gerade hatte sie noch ein Kleid an und hatte sich eben noch im Spiegel angeschaut, als ihr Handy geklingelt hatte. Sie reichte ihr Handy wieder Miyako, damit sie es zurück in ihre Tasche steckte. Selbstverständlich war Taichi am anderen Ende und bat sie wie so oft um einen Gefallen. Er war noch im Training gefangen und schien nicht wegzukommen. „Ich denke, das ist kein Problem“, stimmten Mimi zu. „Sprich wir müssen zum Bahnhof“, redete Sora weiter, „wann sollen wir dort sein?“ „Ich zieh das Kleid aus und dann gehen wir los ...“, erwiderte die Yagami und damit war das geklärt und sie verschwand zurück in die Umkleide. Doch schon kurz darauf erklang ein Ruf mit einer Bitte an ihre Freundinnen von ihr. Sie hatte vergessen, dass sie nicht an ihren Rücken kam. „Jetzt komm schon raus, ich möchte sehen, ob es dir steht“, lachte der Blondschopf. Er zeigte äußerst viel Geduld, da er bereits seit zwei Stunden mit ihr shoppen war. „Ich brauche noch“, kam es angestrengt aus dem Inneren der Umkleidekabine. Erneut erklang ein Lachen von ihm und er trat näher heran. Dann schob er den Vorhang leicht beiseite und sah in die geweiteten Augen im Spiegel, die zurücksahen. Ein Aufschrei war im gleichen Moment erklungen. Erneut lachte er und lehnte sich dann an den Kabinenrand. „Brauchst du Hilfe?“, fragte er und hielt den Blick auf ihrem Gesicht. Hikari versuchte überflüssigerweise das Kleid oben zu behalten und damit ihre Brust zu bedecken. Denn an sich besaß das Kleidungsstück Träger und saß damit sicher auf ihren Schultern. Einen Augenblick brauchte Takeru noch, dann trat er einen Schritt nach vorn und brachte sie dazu zusammenzuzucken und ihn noch verschreckter zu betrachten. Ihre Wangen färbten sich noch dunkler dabei. Er hingegen griff zielgerichtet nach dem Reißverschluss an ihrem unteren Rücken und zog diesen nach oben. Er ließ es sich dennoch nicht nehmen, ihre zarte Haut zu streichen und zu beobachten, wie sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufrichteten. Liebevoll lächelte er und sah wieder über den Spiegel in ihre Augen. „Es steht dir ... es ist wunderschön“, sprach er ihr gut zu, „du ... bist wunderschön ...“ Tief atmete Hikari durch und öffnete ihre Augen. Sie sah sich selbst im Spiegel, an ihrem Körper lag das Hochzeitskleid. Seufzend hob sie den Kopf und versuchte zu vergessen. „Miyako ... hilfst du mir kurz? Ich bekomme den Reißverschluss nicht auf ...“, sagte sie etwas lauter gegen den Vorhang gewandt. „Natürlich ...“, trällerte die Brillenträgerin und war kurz darauf bei ihr. Ohne zu zögern öffnete sie den Vorhang soweit, dass sie den Reißverschluss öffnen konnte. Mittlerweile störte sich die Yagami gar nicht mehr so daran, dass man sie in der Umkleide sah. Hier war es zum einen etwas geschlossener, sodass niemand durch ein Schaufenster hineinblicken konnte und andererseits sahen Ausenstehende hierbei sowieso nichts. Das Kleid trug sie nach wie vor. Diese Erkenntnis hatte doch ein paar Jahre gedauert, doch eigentlich war sie sehr logisch. „Lieben Dank“, erwiderte sie, als Miyako sich von ihr löste. „Kein Proble~em“, gab sie singend zur Antwort und schloss den Vorhang. „Du hast schon etwas viel getrunken, meine Liebe“, grinste Mimi breit und hob die Flasche Sekt an. Natürlich hatten sie zu dem Sekt nicht nein gesagt, auch bei dem Kuchen hatten sie zugegriffen. Es war wie in einem dieser amerikanischen Filme. Aber keine der vier fand es wirklich schlimm. Trotzdem mussten sie nun ihre Sachen packen. Hikari brauchte ein paar Augenblicke, bis sie alle ihre Sachen wieder beieinander hatte. Aber sehr schnell kam sie mit dem Kleid heraus und reichte es der Angestellten. Sie entschuldigte sich, dass keines davon ihrem Geschmack entsprach, anschließend machten sie sich auf den Weg. „Zum Glück bist du schwanger, dann darfst du nichts trinken und kannst uns fahren“, lachte Mimi. Man sah ihr den Sekt an der Nasenspitze an, sofern man sie kannte. Für Ausenstehende war sie vielleicht gerade mal etwas albern. Miyako kicherte ebenso vor sich hin. Für Hikari und Sora war das vielmehr amüsant. Durch das Anprobieren hatte die Jüngste gar nicht wirklich die Zeit, nach einem der Gläser zu greifen. Aber das war nicht schlimm. Hauptsache sie verbrachten einen schönen Nachmittag miteinander. Während von den einen zwei lediglich Kichern und leicht zusammenhangslose Sätze erklangen, versuchte Hikari einmal mehr ihre Gedanken zu sortieren. Da war es ihr ganz recht, dass sie mit vorn saß, so blieb ihr Gesicht ungesehen. Wobei Sora es besorgt bemerkte. Sacht legte sie ihre Hand auf das Bein der anderen und lächelte ihr an einer roten Ampel aufmunternd zu. Die Wappenträgerin der Liebe wusste, wie es war zwischen zwei Männern zu stehen. Auch wenn es bei ihr nur von kurzer dauer war, so befand sich Hikari schon deutlich länger in dieser Position. Aber welcher Rat wäre jetzt der Richtige? Der Yagami war anzusehen, dass sie nicht wusste, was sie tun sollte. Ihre Gefühle für Takeru waren nach wie vor da. Das sah man an ihrer Nasenspitze. „Dort ist ein Parkplatz frei“, die Brünette war sehr erleichtert, das irgendwann sagen zu können und auf einen freien Stellplatz zu zeigen. Bei einem Blick auf die Uhr bemerkten die vier, dass sie noch früh genug waren. Aus diesem Grund beschlossen sie auch, auf den Bahnsteig zu gehen und dort zu warten. Es war zwar relativ kühl, doch noch auszuhalten. Der Herbst stand in seiner vollen Blüte. Allesamt hielten sie ihre Hände in den Jacken verborgen und stellten sich dicht nebeneinander. Das Kichern der einen zwei wurde weniger, je mehr Zeit sie an der frischen Luft verbrachten. Trotzdem waren sie dann sehr froh darüber, dass der Zug im Bahnhof ankam. „Wir hätten ein Schild malen sollen“, schreckte Mimi auf. „Ein Schild?“,Hikari hob eine Augenbraue. „Sie weiß doch, wie wir aussehen, wieso sollen wir dann ihren Namen auf einen Karton schreiben, damit sie weiß, wohin sie muss?“, schüttelte Sora den Kopf. „Was?“, Miyako versuchte den Worten zu folgen. Ihre Gedanken schienen immer noch leicht benebelt. „Stimmt“, lachte Mimi, „ich hätte mich immer gefreut, hättet ihr ein Schild mitgebracht.“ Die Frauen sahen sich an und kicherten, das konnten sie sich gut vorstellen. Wie gut, dass einer das immer gemacht hatte. „Meimei, hier sind wir“, begann Mimi irgendwann wild zu winken und brachte die anderen dazu, in die Richtung zu blicken. Die Angesprochene hob suchend den Blick und lächelte dann zurück, ehe sie zu ihnen trat. Bei ihnen angekommen ließ sie den Griff des Rollkoffers kurz los und schob die Träger ihrer Tasche wieder ordentlich auf ihre Schulter. Viel Zeit war dafür jedoch nicht, da fiel ihr Mimi schon um den Hals. „Wie schön dich wiederzusehen“, erklärte die Brünette. „Ja, es ist schön wieder Zuhause zu sein“, lächelte sie ebenso und nahm dann auch die anderen in den Arm. Dabei sah sie zu Sora, „ich war doch gar nicht so lange weg“, lachte sie. „Naja ... sowas geht manchmal schneller als man denkt“, gab diese ebenso zurück. „Zudem waren es drei Monate“, merkte Mimi an und hielt dabei einen Finger gehoben. „Oni-chan wird sich freuen“, lächelte Hikari. „Ja, ich dachte er wollte mich abholen“, wunderte sie sich dann auch. „Hat er sich nicht gemeldet? Er hatte angerufen, weil er noch im Training feststeckt. Aber bestimmt ist er dann gleich Zuhause ...“ „Ja, das hoffe ich auch. Ist es denn ein großes Chaos?“ Die Jüngste zuckte mit den Schultern, „es ist eine Woche her ... da kann viel passieren.“ Ein einstimmiges Seufzen erklang, doch kurz darauf wurde es zu einem Kichern. „Na los, sehen wir es uns an“, Mimi hakte sich an der einen Seite unter, während Miyako ihren anderen Arm nahm. Sora verdrehte etwas die Augen, nahm jedoch ohne ein weiteres Wort den Koffer, auch wenn sie sich bei den Stufen von Hikari helfen ließ. Es war eben jedes Mal das Gleiche. Miyako und Mimi hingen beide sehr an Meiko. Kapitel 5: Chaos ist allgegenwärtig ----------------------------------- „Puh ...“, Mimi winkte mit ihrer Hand vor dem Gesicht herum. Auch Sora verzog das Gesicht, während Meiko und Hikari eher seufzten. „Er hat nur darauf gewartet, dass ich wieder da bin“, murmelte die Schwazrhaarige und trat in den Wohnraum. „Er wird sich nie ändern ... wenn doch, Hut ab und dann fress ich einen Besen“, kicherte die Jüngste. „Ja ... ich auch“, stimmte die Angesprochene zu. „Wir alle tun das vermutlich“, ergriff Mimi die Initiative und trat an die Balkontüre, um diese weit aufzureißen, „Himmel, diese Luft ist so frisch“, rief sie erfreut aus und wandte sich herum. Die anderen grinsten und Meiko ging direkt los, alle Fenster zu öffnen. Hier musste dringend frische Luft rein. Sie war so aufgeatmet und stickig, was nicht zuletzt an all den Sportklamotten lag, die hier überall verteilt waren. Anschließend begann sie, diese aufzusammeln und bat die anderen gar nicht um ihre Mithilfe, immerhin mussten sie die Sachen nicht anfassen. Gesammelt wurden sie auch direkt in die Waschmaschine gesteckt und das passende Programm ausgewählt. Ein Klick ertönte und das altbekannte Geräusch. „Ich pack mal schnell meine Sachen aus, damit ich das anschließend auch noch waschen kann und spring kurz unter die Dusche, ich saß zu lange im Zug“, erklärte sie und deutete auf das Schlafzimmer, „ihr wisst ja, wo alles ist.“ „Natürlich“, erklang Miyakos Stimme aus der Küche. Sie holte bereits Gläser heraus und stellte sie auf den Couchtisch, ehe noch Mineralwasser, Multivitaminsaft und eine Zitronenlimonade folgten. Die Frauen machten es sich auf der Couch bequem und nahmen sich allesamt ein Glas. „Heute will ich einfach nichts machen ... mein Kopf ist voll“, murrte Takeru und erhielt ein glockenhelles Kichern. Sofort schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen und er wandte sich dem Mädchen neben sich zu. Während er sich quer auf die Couch gelegt hatte und einfach nur den Schultag versuchte hinter sich zu lassen, hielt sie ein Buch in der Hand und sah ebenso quer auf dem nahen Sessel. Sie lehnte mit dem Oberkörper an der einen Armlehne und über der anderen baumelten ihre Beine. Sie war viel zu sehr in ihren Lesestoff vertieft, sodass er einfach seinen Arm ausstreckte und seine Finger über ihre Fußsohle gleiten ließ. Im selben Augenblick ging ein Zucken durch ihren Körper und sie zog instinktiv ihren Fuß weg. Da jedoch hatte sie die Rechnung ohne ihn gemacht. Takeru war nun wieder hellwach, drehte und streckte sich, damit er ihren anderen Fuß zu packen bekam. Wieder erschall ein Lachen von ihr und sie trat nach ihm mit ihrem freien Fuß, während er sie weiter kitzelte. „Hör auf“, brachte sie gepresst hervor und versuchte sich nun mit den Armen gegen den Sessel zu stemmen, damit sie von ihm fortkam. Leider ließ er es nicht zu, sodass ihr irgendwann das Buch aus der Hand fiel, während sie sich weiter drehte und versuchte zu befreien. Ihr Lachen wurde immer gequälter und Tränen glänzten in ihren Augen. Bis sie nicht mehr konnte und den Halt verlor. Mit einem Schrei landete sie seltsam verdreht auf dem Fußboden. „Autsch ...“, entfuhr es ihr und sie versuchte die Welt um sich wieder in die richtige Ordnung zu bekommen. Irgendwie stand diese Kopf und unbequem spürte sie ihre Hand unter ihrem Oberkörper begraben, während sie sich mit der anderen noch hatte abfangen wollen. „Hey, ist alles noch heil?“, besorgt beugte sich der Blonde über sie und musterte sie. Jetzt tat es ihm wirklich leid. „Nein ...“, brummte sie, und hob ihren Oberkörper leicht an, damit sie ihre Hand herausziehen konnte. „Autsch“, ließ sie nochmal verlauten. Hikari lag noch immer auf dem Boden, mittlerweile aber auf die Seite gedreht, sodass ihr Rücken an dem Sessel lehnte. Takeru erkannte, was war und nahm ihre Hand in seine. Ohne groß nachzudenken hob er das Handgelenk an seine Lippen und küsste es vorsichtig. Viele kleine Küsse verteilte er rundherum. Mit großen Augen und geröteten Wangen musterte Hikari das, konnte ihren Blick jedoch nicht abwenden. „Besser?“, fragte er. Wie in Trance schüttelte sie den Kopf. „Ok, wo tuts noch weh?“, erneut betrachtete er sie besorgt und versuchte selbst herauszufinden, wo es sie noch schmerzen könnte. Doch er kam nicht drauf und sah wieder in ihr Gesicht. Die Jüngere deutete derweil mit einem Finger auf ihre Lippen. Nun war es Takeru der lachte. Ohne Widerworte beugte er sich zu ihr und knabberte an ihrer Unterlippe, ehe er ihr den gewünschten Kuss schenkte. „Erde an Hikari~“, Miyako winkte mit der Hand vor dem Gesicht ihrer Freundin herum. Diese zuckte zusammen und sah sich um. Dabei bemerkte sie, dass Meiko zurück war. Um ihre Schultern trug sie ein Handtuch und hatte sich deutlich bequemere Klamotten angezogen. „Ja? Was?“, konnte sie lediglich erwidern. „Du bist in letzter Zeit wirklich komisch“, murrte die Brillenträgerin und seufzte, „wir wollten Essen bestellen.“ „Meimei hat keine Lust für uns zu kochen“, Mimi sah gespielt empört zu der Schwarzhaarigen, diese grinste. „Ich weiß nicht, ob ich jetzt schon in den Kühlschrank sehen möchte.“ „Ja, können wir machen“, lenkte Hikari ein, bevor sich noch eine längere Diskussion anbahnte – auch wenn sie nicht ernsthaft schlimm wäre. Für den Prospekt musste auch niemand aufstehen, da Taichi diese sowieso unter dem Couchtisch bunkerte. Also holte Meiko ein paar davon hervor. Und als hätten sie es heraufbeschworen, drehte sich in diesem Moment der Schlüssel im Schloss. Ein erleichtertes Seufzen war aus dem Gang zu hören, ebenso wie eilig die Schuhe ausgezogen wurden, die Tür viel zu laut ins Schloss fiel und ein breit strahlender Taichi das Wohnzimmer betrat. Er war dabei deutlich enthusiastischer in seiner Geste als Meiko, trotzdem ließ sie sich in seine Arme ziehen und die Vielzahl an Küsse über sich ergehen. Bis er ihr doch ein leises Lachen entlockte. „Hör auf ...“, bat sie mit geröteten Wangen. „Nein ... niemals“, erklärte er streng und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals, „du riechst gut“, murmelte er, „oh Gott, wie ich das vermisst habe.“ Um das nochmal zu unterstreichen bewegte er seinen Kopf leicht und küsste ihren Hals. „Wir sind nicht allein“, lachte sie wieder. „Ist mir egal ...“ „Könnt ihr das vielleicht trotzdem im Schlafzimmer machen?“, brummte Mimi und blätterte in der Karte des Lieferdienstes, „ich hab Hunger ...“ Da horchte auch der Brünette auf und hob den Kopf, „perfektes Timing würde ich sagen“, grinste er wieder und löste sich von der Schwarzhaarigen, um hinter Mimi zu treten. Meiko verdrehte seufzend amüsiert die Augen und erhielt auch von Sora und Hikari Zustimmung. So war er eben. „Zeig mal her“, er griff schon nach der Karte, allerdings streckte Mimi ihren Arm aus, damit er nicht gleich rankam. Taichi lehnte sich jedoch weiter auf die Rückenlehne, um weiterhin danach zu greifen. „Jetzt warte doch mal“, giftete Mimi. „Nein, jetzt gib her ...“ Die Jüngere lehnte sich noch weiter vor und rutschte an die Kante um weiter die Gerichte durchzugehen, da verlor Taichi auch schon das Gleichgewicht und stürzte nach vorn. Von Mimi war noch ein überraschter Aufschrei zu hören, da landete sie auf dem Boden und Taichi lag halb auf der Sitzfläche. „Ihr zwei ...“, erneut seufzte Meiko, konnte sich das Lachen über den Anblick trotzdem nicht verkneifen, wie die anderen drei auch. Mimi hingegen fand das gar nicht witzig und funkelte finster über ihre Schulter. Taichi sah unschuldig auf und erkannte seine Chance, ihr nun doch die Karte aus der Hand zu stibitzen. Grinsend richtete er sich wieder auf und drehte sich um, um sich mit dem Hintern an der Lehne abzustützen. „Hey“, beschwerte sich Mimi erneut und richtete sich auf. Sie stellte sich kurzerhand auf die Couch, ging es nun jedoch anders an und lehnte sich einfach an den Älteren. Ihren Kopf legte sich auf seine Schulte, während ihre Arme links und rechts um seinen Oberkörper lagen, damit sie nicht umfiel. „Nicht so schnell“, hielt sie ihn auf und wedelte seine Hand beiseite. Taichi schnaubte, gehorchte aber. „Gut, ich nehm die Vier Käse ...“, erklärte sie, löste sich und ließ sich zurück auf die Couch fallen, „und ich hab gehört, Taichi lädt mich ein, immerhin hat er mir weh getan“, um ihre Aussage zu untermauern, rieb sie sich am unteren Rücken.. Der Angesprochene wandte sich halb um und hatte dabei eine Augenbraue gehoben, „ich mache was?“ „Das hab ich auch gehört“, nickte Sora und unterstützte ihre beste Freundin, dabei streckte sie die Hand nach der Karte aus. Schnaubend reichte er ihr diese und löste sich, „na meinetwegen“, winkte er ab und ging in Richtung Küche. „Halt ... Mister ... räum erst deine Tasche aus, ich hab vorhin schon deine stinkenden Sachen in die Waschmaschine gepackt“, hielt ihn Meiko streng auf. Der Älteste zuckte zusammen und grinste entschuldigend, „ich wollte noch aufräumen bevor du zurück kommst, ich schwöre“, er hob seine Finger, „aber ich bin nicht aus dem Training weggekommen ...“ „Jaja ... dann machs jetzt, bevor du dir ein Bier holst“, sie erwischte ihn auf frischer Tat. Nachdenklich verfolgte Hikari das Miteinander der zwei. Das war es, was sie auch wollte, was sie aber nicht bekommen würde. Daisuke war liebevoll, keine Frage, doch er war nicht er. Es gab niemanden, der so wäre wie er. Aber das wollte sie auch gar nicht, denn Takeru war einzigartig. Sie spürte das aufkommende Herzklopfen, wenn sie an ihn dachte, aber sie musste sich zusammenreißen. Sie hatte ihn damals fortgeschickt, sie hatte geahnt, dass er nicht zurückkommen würde. Aber nur weil sie das getan hatte, hieß das nicht, dass sie das schmerzfrei überstand. Jeder einzelne Tag ohne ihn hatte geschmerzt. Der Schmerz war nie vergangen, er war lediglich abgestumpft. Jetzt war er allerdings wieder so frisch wie am Anfang. Kapitel 6: Der Spiegel zu einem anderen Selbst ---------------------------------------------- Wie viel Zeit war schon vergangen? Wie lange starrte sie schon auf den See vor sich? Sie merkte nicht einmal, dass ihre Finger taub wurden und sie auch das Gefühl in ihren Zehen verlor. „Du erkältest dich noch“, erklang eine sanfte Stimme von der Seite. Eine Stimme, die ihr eine Gänsehaut bescherte und schmerzte. Sie biss direkt die Zähne aufeinander, da sie Angst hatte, dass erst ihre Unterlippe und dann ihr gesamter Kiefer zu zittern anfangen würden. Und danach würden ihr die Tränen in die Augen steigen. Und dann könnte sie nicht mehr mit ihren Gefühlen umgehen. Sie war auch so schon kurz davor durchzudrehen. Seine Anwesenheit machte es nur noch schlimmer und beschleunigte den Vorgang. „Na und ...“, ihre Stimme war kaum vorhanden und sie zwang sich dazu, ruhig zu bleiben, dadurch klang sie allerdings eher verbissen, als natürlich. In ihrem Augenwinkel sah sie ihn und wie er die Lippen aufeinander presste. Seine Hände hatte er bis dato in seinen Jackentaschen gehalten, doch jetzt zog er sie heraus. Sie sah auf seine Hände, die in Handschuhen steckten. Doch schnell wandte sie sich wieder ab. Sie wollte es nicht sehen. Ihn nicht sehen. Das hier war falsch. Doch ehe sie irgendeine Bewegung machen konnte, bemerkte sie eine ungewohnte Wärme an ihrem Hals. Daneben stieg ihr dieser altbekannte Duft in die Nase, den sie so sehr vermisst hatte. Er legte ihr seinen Schal um und ließ seine Finger über ihre Schultern gleiten. Sie wusste nicht, was Takeru empfand, wie er sich aktuell fühlte. Hikari allerdings verfing sich gerade in ihrem eigenen Chaos ihrer Gefühlswelt. „Fröhliche Weihnachten“, grinste sie breit und hielt ihrem besten Freund ein Päckchen entgegen. Skeptisch musterte Takeru das Geschenk in ihren Händen. Es war so sauber eingepackt, wie er es von ihr kannte. Vermutlich hatte sie sich noch mehr Mühe gemacht, denn alles schien äußerst sauber und perfektioniert. Bei seinen Gedanken hob sich eine Augenbraue. Aber er nahm es entgegen. „Du weißt aber, was ausgemacht war?“, fragte er sicherheitshalber nach. Ein artiges Nicken folgte. Es durfte nicht zu groß sein und nicht zu viel Kosten. Daran hatte sie sich gehalten und war prompt bei Sora in die Lehre gegangen. Gestalterisch war sie äußerst talentiert. Unter ihrem wachsamen Auge hatte sie an dem Geschenk gearbeitet. Sie war ihr eine große Hilfe gewesen. Doch das hier war ihr erstes Weihnachten als Paar, da sollte es in ihren Augen perfekt sein. Noch perfekter als sonst, denn an sich machte sie sich schon immer voll den Kopf, was sie ihm schenken könnte. Jedes Mal überraschte er sie mit etwas, was noch besser war. Hoffentlich würde sie sich heute nicht wieder so ärgern. Natürlich hatte sie keinen Grund dafür, denn ihm schien es immer zu gefallen, trotzdem hatte sie das Gefühl, dass sie mehr geben könnte. Tief atmete sie durch und rief sich zur Ruhe. Wenn sie ihm ihr Geschenk zuerst gab, gab es zuerst die Enttäuschung und dann die Freude. Hikari erhoffte sich nicht viel, war aber dennoch aufgeregt, als er es auspackte. Aus jeder Regung in seinem Gesicht versuchte sich zu lesen, was er dachte. Aber es ging nicht. Nervös fing sie an, auf ihrer Unterlippe zu kauen. Er machte es aber auch spannend und packte es verdammt langsam aus, sodass sie kurz davor war, es ihm aus der Hand zu reißen und selbst zu öffnen, nur um es ihm dann wieder ins Gesicht zu werfen. Doch sie hielt sich zurück, krallte stattdessen ihre Hände in den Rock, den sie trug. Als er das Papier weglegte, hielt sie die Luft an, dann öffnete er die Schachtel. Sie hatte sich alle Mühe mit dem Schal gemacht. Er war in verschiedenen Blautönen gestrickt und sie hatte sich die größte Mühe damit gegeben. Die Materialkosten waren im Rahmen, den sie sich gegeben hatten, die Nadeln nicht mit eingerechnet. Er musste nicht wissen, dass sie schon im Oktober damit angefangen hatte, damit sie genug Zeit hatte um keinen Fehler zu machen. Die Augen des Takaishi weiteten sich. Er stellte die Schachtel ab und holte den Schal heraus. Er fühlte ihn zwischen den Fingern und schmiegte dann seine Wange daran. „Der war doch sicher teuer ...“, murrte er und zog einen Schmollmund. „Gar nicht ... der ist im Preislimit“, gab sie zurück, „nur die Liebe darin lässt sich nicht mit einem Preis bemessen ...“ Seine Augen weiteten sich weiter ungläubig und er starrte sie an, „den hast du selbst gemacht? Ich hätte ihm abgekauft, dass er gekauft ist.“ Ein Kichern folgte und sie schenkte ihm ein Lächeln, „das würde ich als Kompliment sehen ...“ „Ist es, er ist wunderschön, vielen lieben Dank“, er beugte sich vor und legte seine Hände, in denen er noch den Schal hielt, an ihre Wangen und küsste sie. „Da traue ich mich gar nicht, dir deines zu geben“, er grinste. „Ich will es trotzdem haben“, grinste nun auch sie breit und streckte fordernd ihre Hände aus. Sie liebte Geschenke, das gab sie offen zu und war kein Geheimnis. „Meine Liebe ...“, neckte er und erhielt einen Schmollmund. Einen Augenblick driftete die Brünette davon, als sie aus ihrer Träumerei erwachte, bemerkte sie, wie sie den Schal über ihren Mund geschoben hatte und ihr der Duft noch intensiver in die Nase stieg. Noch immer war der Schal so weich wie früher, als wäre es erst gestern gewesen. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass er ihn noch hatte. Ihr Blick glitt zur gefrorenen Wasseroberfläche. Hikari fehlten die Worte. Worüber sollten sie sprechen? Sie waren auseinander gegangen. Sie spürte den Schmerz in ihrer Brust. „Wie geht es dir?“, fragte Takeru leise. Das war schon die erste Frage, an der sie scheiterte. Ihre Finger krallten sich in den Schal, dabei fiel ihr auch erst jetzt auf, dass sie ihren eigenen wohl bei Meiko und Taichi vergessen hatte. Dann müsste sie ihn eben in den nächsten Tagen holen oder Taichi brachte ihn ihr vorbei. „Gut ...“, brachte sie erneut geprest hervor. „Und wieso glaube ich dir das nicht?“, wollte er weiter wissen. „Keine Ahnung ... weil du nicht weißt, dass ich mich verändert habe?“, stellte sie eine Gegenfrage. Sie war eine Lüge. Denn Hikari hatte sich nicht verändert. Sie spürte ihr Herz in ihrer Brust schlagen. Wild. Freudig. Schmerzhaft. Sehnsüchtig. Nicht so wie bei Daisuke. Es war falsch, dem Brünetten gegenüber, doch er war da, er liebte sie, sie mochte ihn und sie hatte nie gedacht, dass sie Takeru je wiedersehen würde. „Dann sieh mich an und sag es mir nochmal.“ Seine Stimme war sanft, aber unmissverständlich, dass er keine Widerworte zuließ. Erneut schmerzte ihre Brust. Mit jeder Sekunde, die er hinter ihr stand, wurde es schlimmer. Mit jeder Sekunde, in der sie den Schal gegen ihre Nase presste. Mit jeder Sekunde, in der sie an ihn dachte. Aber sie konnte nicht wiederstehen. Sie liebte seine Augen. Sie wusste, dass es ein Fehler war, in diese zu blicken, doch sie konnte sich nicht dagegen wehren. Ihr Körper reagierte, bevor ihr Kopf ihn davon abhalten konnte. Sofort fingen seine Augen sie ein. Noch immer klammerten sich ihre Finger, die mittlerweile eiskalt und rot waren, an den Schal. Doch den Blick konnte sie nicht mehr abwenden. Sie hatte den Fehler gemacht, hinein zu sehen. Dieses wunderschöne blau. Doch sie meinte, dass damit etwas nicht stimmte, irgendwas war an diesen Augen, die sonst immer Hoffnung ausgestrahlt haben, falsch. Schwer schluckte sie, doch das machte es nicht besser, ihr Mund fühlte sich trocken an. „Also ... wie gehts dir?“, wiederholte er Takeru seine Frage. Dabei ließ auch er sie nicht aus den Augen. Ihr Mund öffnete sich, dabei hatte sie den Schal wieder etws nach unten gezogen, krallte sich aber nach wie vor hinein. „Gut ...“, wiederholte auch sie und verzog ihren Mund zu einem schiefen Lächeln. Takeru hob eine Hand, die er zwischenzeitlich aus seinem Handschuh gezogen hatte und legte sie an ihre Wange, „und wieso weinst du dann?“ Seine Stimme war noch immer ruhig, während er ihr eine Träne von der Wange strich. Das hatte sie nicht bemerkt. Sie mussten stumm aus ihren Augen getreten sein. Alles in ihr weigerte sich, „weil es eine Lüge ist ...“, hauchte sie, das Lächeln blieb schief. „Und wieso lügst du mich an?“, der Ältere war näher gekommen, „wir konnten uns doch immer alles sagen. Waren immer ehrlich zueinander ...“ Nun war es seine Stimme, die trauriger klang, „was hat sich geändert ...?“ „Ich habe dich gehen lassen“, Hikari konnte nicht länger lügen. Bei ihren Worten, die nur sie hören konnten, sahen sie sich weiter intensiv in die Augen. Keiner konnte sich abwenden, keiner wollte etwas verpassen. Takeru kam noch näher und legte seine Stirn gegen ihre, dabei schloss er die Augen. Weiterhin musterte Hikari ihn und spürte, wie warm seine Stirn war, wie warm seine Nähe war und wie sehr sie diese vermisst hatte. „Ich bin gegangen ... das hätte ich nicht tun dürfen ...“, ließ er sie schließlich wissen, „jeden einzelnen Tag“, seine Augen öffneten sich, „jeden einzelnen Tage habe ich ...“, noch immer war er dicht vor ihr, veränderte jedoch den Winkel. Sein Blick änderte sich und auch ihrer wirkte anders. Ehe es sich einer von beiden versehen konnte, lagen ihre Lippen aufeinander. Ein Feuerwerk brach in der Jüngeren los. Sie krallte sich an den Älteren in der Hoffnung, er würde nie wieder weggehen. Bei keinem fühlte sie so. Der Kuss war liebevoll, aber intensiv, darin lagen die Gefühle, die sie füreinander empfanden, sie übertünchten den Schmerz, den sie sonst verspürte. Ihr Mund öffnete sich, als seine Zunge es versuchte. Der Kuss wurde intimer und er zog sie weiter in seine Arme. Für diesen einen Moment waren entflohen sie der Realität. Sie versteckten sich vor ihr. Trotzdem lösten sie sich nach ein paar endlosen Augenblicken voneinander. Für kurze Zeit hielt Hikari ihre Augen geschlossen und ließ diese Eindrücke, die Gefühle und diese Berührung auf sich wirken. Doch viel zu schnell drückte sich die Realität zurück in ihre Gedanken. Ihr Handy gab einen Signalton von sich, dass sie eine Nachricht empfangen hatte. Dieser Ton gehörte Daisuke. Augenblicklich riss sie die Augen auf und versuchte sie zu orientieren. Ihre Hände drückten sich gegen ihn. „Das ...“, murmelte sie und trat einen Schritt zurück, „ich muss los“, ohne ihn erneut anzusehen wandte sie sich um und rannte los. Dieses Mal jedoch spürte sie die Tränen, die aufstiegen und über ihre Wangen ließen. Eine Hand krallte sich wieder in den Schal, den sie noch immer um ihren Hals trug, die andere presste sich als Faust auf ihren Mund, als könnte sie so das Gefühl seiner Lippen auf sich behalten. Sie wollte dieses Gefühl nicht verlieren, gleichermaßen schmerzte sie. Kapitel 7: Schlaflose Nächte ---------------------------- Eng in ihre Bettdecke gekuschelt starrte Hikari vor sich hin. Mit einer Hand hielt sie die Decke fest, während sie mit den Fingern der anderen über ihre Lippen fuhr. Ihr gesamter Körper kribbelte bei dem Gedanken an diesen Augenblick. Es war einfach passiert. Ein kleiner Teil fühlte sich schuldig, doch der andere sehnte sich nach einer Wiederholung. Wie hatte sie je denken können, dass sie ihn vergessen könnte? Das war unmöglich, vor allem wenn er ihre Erinnerungen wieder derart auffrischte. Leicht zuckte die Brünette zusammen, als sie eine Bewegung hinter sich bemerkte. Sie blickte über ihre Schulter, sah aber den anderen mit offenem Mund und zufrieden lächelnd schlafen. Er murmelte vor sich hin, gab aber sonst keinen Laut von sich, das ihn als wirklich wach identifizieren ließ. Erleichtert seufzte sie, ehe die Gedanken zurückkamen und das Gefühl seiner Lippen. Leise erhob sie sich und schlich auf leisen Sohlen durch das Zimmer und schließlich durch die Tür hinaus. Behutsam schloss sie diese hinter sich. Im vorbeigehen nahm sie sich ihr Handy und setzte sich damit auf die Couch. Sie zog sich eine der Kuscheldecken zu sich heran und machte es sich gemütlich, während sie erneut einige Zeit aus dem Fenster starrte. Erst dann blickte sie auf das Display in ihren Händen. Sie drückte auf den Knopf und schob das Bild von Gatomon mit der Pfeife beiseite, sodass sie es entsperren konnte. Ihre Finger glitten wie von selbst zu einem Ordner, der versteckt unter allen Alben in der Galerie war und tippte darauf. Das Vorschaubild war irrenführen, der Ordnername „ouat“ verriet etwas, sofern man wusste, wofür es stand. „Bitteeeee ... nur noch eine Folge ...“, quengelte Hikari und versuchte an die Fernbedienung zu kommen. Leider machte es Takeru nur allzu geschickt und lehnte sich auf dem Sofa immer weiter weg von ihr nach hinten. Bald schon musste sie über ihn krabbeln, um auch nur den Hauch einer Chance zu haben. „Du hast gesagt, du möchtest nicht so spät ins Bett, weil du so früh raus musst ... also nein ... es gibt keine Folge mehr“, erinnerte er die Jüngere. „Aber ...“, ihr Mund verzog sich schmollend, während sie noch immer halb auf ihm lag. Eine Hand streckte sich nach seiner mit der Fernbedienung ab, mit der anderen stützte sie sich an seiner Schulter ab, um ihn dadurch auch daran zu hindern, weiter von ihr wegzurutschen. Fast kam sie auch schon ran, ihr Gesicht nun verbissen darauf aus, sie sich zu schnappen. Da schnappte er allerdings die Brünette. Sein Arm legte sich um ihre Mitte und zog sie ruckartig hinunter. Ihr Kopf ging neben seinem nieder und ein überraschter Laut drang aus ihrem Mund. Schon im nächsten Moment schmiegte er seine Wange an sie und auch Hikari hielt inne und schloss die Augen. Sie erwiderte es und kuschelte sich an ihn. „Morgen nach deinem Termin schauen wir weiter, ja?“, murmelte er versöhnlich und sah zur Seite. Die Jüngere hob ihren Kopf an und sah ihm in die strahlend blauen Augen, die sie so liebte, „wenn nicht, dann werde ich sauer!“, drohte sie und erntete ein herzliches Lachen. Der Blick der Yagami wurde trauriger, je länger sie die vier Buchstaben betratete. Once Upon a Time. Schnell biss sie sich auf die Unterlippe, damit ihr nicht die Tränen hochstiegen und sie sich an die langen Seriennächte erinnerte. Nein, aber dafür erinnerte sie sich jetzt wieder an den Kuss. Als sie das bemerkte, zuckte sie zusammen und fuhr sich reflexartig über die Unterlippe. Als sie die Finger hob, erkannte sie, dass sie sich aufgebissen hatte. Seufzend fuhr sie mit ihrer Zunge darüber, während Hikari gedankenverloren den Ordner öffnete, der zu Beginn – um jedweden zu verwirren – tatsächlich Bilder der Serie zeigte. Doch schon kurz darauf erschienen die Bilder von Takeru und ihr. Wie sie gemeinsam in die Kamera lächelten. Am Strand. Beim shoppen. Bei Schulausflügen. Vor dem Kino. Beim Essen. Im Vergnügungspark. Am See. Der Ordner war gewaltig. Es gab viel mehr Bilder von ihnen beiden als von Daisuke und ihr. Dieser Umstand hatte sie jedoch nie gestört. Es war einfach so und wurde von ihr nie näher hinterfragt. Der Brünette hatte zwar noch mehr Bilder von ihnen beiden auf dem Handy, doch allzuviele waren das auch nicht. Mit müdem Blick betrachtete Hikari ein Bild nach dem anderen. Bis auf einmal eine Nachricht aufleuchtete. Sie schob sich für einen Augenblick von oben in ihren Bildschirm, dann verschwand sie und das Symbol der App blieb oben zurück. Doch es reichte aus, dass sie erstarrte. Ihre Finger begannen zu zittern, als sie eine Wischbewegung machte und erneut seinen Namen las. Daneben schien das aktuelle Profilbild zu sein, mit dem er sich präsentierte. Darauf strahlte er in die Kamera, trug einen Hut und ein Hemd mit einer Weste darüber. Die Brünette biss sich wieder fester, denn das Bild sah verdammt gut aus. Dieser Gedanke erschreckte sie ebenso stark wie er nach Sehnsucht schrie. Ihr Daumen zitterte über dem Feld mit seinem Chat. Ein Zeichen zeigte ihr, dass dort eine ungelesene Nachricht auf sie wartete. Den Anfang davon konnte sie bereits sehen. Tief holte Hikari Luft, sollte er die App offen haben, müsste er sehen, dass sie online war. Es gab ihr ein komisches Gefühl, zu wissen, dass sie beide noch die gleiche Nummer hatten und einander nicht gelöscht. Irgendetwas in ihr hatte damals gesagt ‚nein‘. Sein Chat war in der Zeit immer weiter hinunter gerutscht, sodass sie ihn irgendwann aus dem Blick verloren hatte, weil sie nie so weit hinunter scrollte. Sie hatten aufgehört, sich zu schreiben. Tief atmete Hikari durch als sie darauf tippte. Zuerst fiel ihr das Datum der letzten Nachricht auf, sie war mehrere Jahre alt. ‚Egal was passiert – ich liebe dich!‘ Die Brünette schüttelte ihren Kopf und sah auf die neue Nachricht, die den Bildschirm deutlich mehr einnahm. Zunächst waren die Worte noch verschwommen, weil sie sich nicht direkt darauf fokussierte. Doch sie sollte es wohl. Takeru, 02:48 Vermutlich hätte ich mich ankündigen sollen. Aber irgendwie war dafür keine Zeit und noch viel wichtiger, ich wusste nicht, wie ich das machen sollte. Dabei hast du mich vermutlich genauso sehr überrascht, wie ich dich. Trotz allem ist es schön, dich wiederzusehen, wieder mit dir sprechen zu können. Du hast einen neuen Weg eingeschlagen, vermutlich einen, bei dem du Sicherheit verspürst. Ich hätte niemals erwarten können, dass du auf mich wartest, auch wenn ein kleiner Teil es sich gewünscht hätte. Immerhin wusste auch ich nicht, was die Zukunft mir bringt. Es tat trotzdem weh, dich mit ihm zu sehen. Auch wenn es falsch ist, er ist mein Freund. Und trotzdem ... Nie hat sich etwas so richtig angefühlt, wie heute Abend! Hikaris Magen zog sich zusammen und ein Kloß setzte sich iihr bei seinen Worten in den Hals. Er wusste genau, in welche Lage er sie brachte. Denn Takeru wusste, wie es ihr ging. Er wusste, dass sie ebenso empfand. Immerhin hatte sie ihn nicht direkt von sich gestoßen. Die Jüngere hatte den Kuss erwidert, obwohl sie ihn danach ruckartig beendet hatte. Das, was er geschrieben hatte, zeigte ihr das Gefühlschaos, in dem auch sie sich befand. Sie beide waren in ihren Emotionen verstrickt und konnte nicht damit umgehen. Es war schwer zu beschreiben. Tief atmete Hikari durch, bevor sie in das Textfeld tippte, um eine Antwort zu verfassen. Immer wieder sah sie dabei zur Tür zum Schlafzimmer und dann aus dem Fenster. Dahinter sah sie die Lichter der Stadt, die zwar nur noch vereinzelt brannten, aber sie waren da. Hikari, 03:02 Ich weiß nicht, ob es das einfacher gemacht hätte ... Egal wie, die Zeit ist nicht stehen geblieben und das wird sie auch nie. Alles geht seinen Lauf, also wäre es in jedem Fall seltsam gewesen. Sie hielt inne. Ihr Herz sprang im Viereck. Prompt begann Hikari auf ihrem Daumennagel zu kauen. Doch schon nach kurzem besann sie sich eines besseren und tippte weiter. Es war unfair, dass er von Warten sprach, denn es war nichts in der Richtung zu lesen gewesen. Die Gespräche und Nachrichten hatten mit der Zeit abgenommen. Statt schier jede Stunde, nur noch jeden Tag, jeden zweiten, zweimal die Woche, einmal alle zwei Wochen, einmal im Monat ... zum Geburtstag ... Hikari, 03:03 Die Zukunft ist unbestimmt. Niemand hatte gesagt, dass Warten eine Option ist, zumal die Dauer unbestimmt wäre. Also sag so etwas nicht so einfach ... Hikari, 03:03 Wenn er dein Freund ist, hättest du das nicht getan! Takeru, 03:03 Wenn er dein Verlobter ist, hättest du das nicht erwidert ... Hikari zuckte zusammen, als sie auf ihre Nachricht seine Antwort sah, hatte sie nicht auf ihren Nagel gebissen, sondern auf den gesamten Daumen. Natürlich ... Und doch, hatte es sich auch für sie richtig angefühlt. Als hätte sie das zurück, was sie vermisst hatte, was sie schon immer gewollt hatte. Ihn. Nie hatte Hikari sich jemand anderen an ihrer Seite gewünscht. Jetzt war es Daisuke, der diese Position inne hatte. Hikari, 03:10 Das sagt wohl alles ... Kapitel 8: Eingesperrt ---------------------- Es war einfach viel zu kalt. „Mensch, wer kommt denn bitte auf diese bescheuerte Idee?“, beschwerte sich Mimi und zog die Decke um ihre Schultern enger. Sie war eingemummelt in eine Winterjacke, unter der sie einen dicken Pullover sowie ein T-Shirt trug. Zudem waren ihre Füße in weichen und wärmenden Winterschuhen verschwunden. Ein breiter und langer Schal war um ihren Hals gewickelt und dazu trut sie noch eine gehäkelte Mütze auf ihrem Kopf. Koushiro neben ihr lachte und reichte ihr den Becher der Thermoskanne, darin dampfte der heiße Tee, den er wohlwissend zuvor gerichtet hatte. Tief sog die einstige Tachikawa den Duft ein und seufzte. Ein kurzes Nippen, doch die Stimmung blieb. „Kommt, wir machen ein Fußballspiel ... mitten ... im ... arschkalten ... Winter“, knurrte sie. Sie erntete ein amüsiertes Lachen. Hinter dem Paar saßen Hikari, Miyako und Meiko. Auch ihnen war kalt, doch sie hielten sich dann weiter zurück. Daisuke stand mit Ken ganz vorn und sie diskutierten um die perfekte Aufstellung. Hierbei waren beide in ihrem Element. Auch wenn sie sich beruflich vom Fußball distanziert hatten, so liebten sie den Sport nach wie vor. Das konnte auch von Miyako nur belächelt werden. „Sie sind und bleiben doch immer die gleichen“, seufzte die Lilahaarige, dabei zog sie sich ihren Schal enger um den Hals. Vermutlich wünschten sie sich alle einen wärmeren Ort hierfür, leider war ihnen keine Ausrede eingefallen. Zumal die zwei diskutierenden Männer hier sein wollten und Meiko hier sein musste. Sie konnten die Dunkelhaarige nicht alleine leiden lassen. „Yagami, wenn du den Scheiß nicht gewinnst, bring ich dich mit meinen erfrorenen Fingern eigenständig um ...“, holte Mimi die Freunde aus ihren Gedanken. Nicht nur die, viele weitere begeisterte Fans um die Gruppe herum starrten die Brünette erschrocken an. Es waren doch mehr als gedacht, die sich bei diesen Temperaturen hinaus wagten und einem Fußballspiel zusahen. Verrückt, dass es stattfand. Hikari rieb sich die Hände. Es war eindeutig zu kalt, die Gänge waren wärmer gewesen. „Ich geh kurz zur Toilette“, informierte sie die zwei Frauen neben sich. „Aber beeil dich, es geht gleich los.“ Nickend erwiderte sie die Worte von Meiko und wandte sich dann ab. Gerade in dem Moment kamen ihr Yamato, Sora und Takeru entgegen. Während das Ehepaar sie grüßte, aber weiter ging, blieb der Takaishi vor ihr stehen. Mit großen Augen sah sie auf. Seit den Nachrichten in der Nacht, hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen oder geschrieben. Das war nun auch wieder vier Tage her. Seither spukten so viele Gedanken in ihrem Kopf herum. Alle hingen mit den Worten ‚was wäre wenn ...‘ zusammen. Je länger sie ihn anstarrte, desto lauter und schneller begann ihr Herz zu schlagen. Schwer schluckte sie und blinzelte mehrmals, um wirklich den Blick abwenden zu können. Schnell sah sie hinter sich, ob das irgendjemandem aufgefallen war. Dann trat sie einen Schritt zur Seite und an ihm vorbei. Dabei bemerkte sie seinen eigenen Blick nicht und auch nicht das Zucken, welches durch seinen Arm fuhr. Fast hätte er sie aufgehalten. Hikari wollte dabei nur möglichst viel Abstand zwischen sie bringen. Der Kuss und die Nachrichten hatten sie aufgewühlt. Er hatte etwas geschrieben, was ihr Herz schneller hat schlagen lassen. Und es schmerzte. Hätte sie auf ihn warten können, ohne zu wissen, wie lange es dauert? Erst, als sie sich die Hände wusch, atmete sie wieder richtig durch. Sie wusste, weshalb sie öffentliche Toiletten mied. Aktuell war das hier aber eine Art Zufluchtsort. Er schützte sie vor ihm und ihrem Verlobten. Nachdenklich sah sie auf das fließende Wasser, welches über ihre Hände lief. Kurz sah sie auf und atmete erneut tief durch. Ohne weiter darüber nachzudenken, senkte sie ihren Kopf und warf es sich ins Gesicht. Ihr Vorteil war in diesem Moment, dass sie heute zu faul war, sich zu schminken. Dann käme sie nicht als Monster zurück zu den anderen. Dieser Gedanke ließ sie jedoch trotzdem lachen. Es wäre sicherlich ein schöner Augenblick, die anderen zu erschrecken, aber das wäre es nicht wert. Sie fuhr sich nochmal übers Gesicht, um alles überflüssige Wasser, wegzuwischen. Dann hob sie den Kopf wieder und griff nach den Papiertüchern. Der Ton der Tür erklang. Hikari hoffte, dass es nicht zu seltsam war, dass sie sich gerade das Gesicht gewaschen hatte. Ein weiterer Ton war zu hören, den sie nicht gänzlich zuordnen konnte. Die Toilette hier hatte vor dem eigentlichen Raum mit den Waschbecken und den Kabinen, einen kleinen Vorraum mit zwei Automaten. Die wichtigen Dinge gab es dort ... Schnell nahm sie die Tücher und warf sie weg. An sich dauerte es viel zu lange, bis die Frauen hereinkamen, vielleicht wollten sie aber auch nur zu besagten Automaten. Die Brünette hob den Blick wieder in den Spiegel. Ein Zucken ging ihr durch den gesamten Körper. Ruckartig wandte sie sich mit aufgerissenen Augen herum. „Was ...?“ „Wir müssen reden!“, erwiderte der Blonde mit festem Blick. In seinen Augen war die Entschlossenheit hinter seinen Worten zu erkennen. Das machte ihr glatt etwas Angst, denn sie versuchte diese Augenblicke zu verdrängen und zu vergessen. „Nicht jetzt ... das hier ist die Frauentoilette ...“, ihre Stimme zitterte. „Das ist nur eine Bezeichnung ...“ „Wieso tust du das?“ Takeru trat näher an sie heran. Sie selbst drängte sich gegen die Armatur, am liebsten würde sie zurückweichen, doch mehr ging nicht. Stattdessen wurde der Abstand immer kleiner. Schier verängstigt sah sie sich nach einem Fluchtweg um, doch außer der Tür sah sie nichts und dabei musste sie an ihm vorbei. Mittlerweile war er jedoch bei ihr angekommen. Sie müsste ihre Hand nur heben und leicht ausstrecken, dann könnte sie ihn berühren. „Wir müssen reden ...“, wiederholte er. „Über was?“, fragte sie möglichst gelassen. Ein Schatten rannte über sein Gesicht und sein Blick verdüsterte sich leicht. Er schien innerlich mit sich zu ringen und Hikari konnte nicht sagen, welche Gedanken gerade gegeneinander kämpften. „Du hast den Kuss erwidert ...“, wiederholte er seine Nachricht. Der Blick der Jüngeren sprang von einem Punkt zum nächsten in seinem Gesicht. Er war damals schon sehr erwachsen, doch bis zum heutigen Zeitpunkt hatten sich seine Gesichtszüge noch weiter herauskristallisiert. Erneut begann ihr Herz dabei schneller zu schlagen. Sie biss sich auf die Unterlippe und bemerkte dabei, wie sein Blick dorthin glitt. Ebenfalls hob er die Hand und befreite ihre Lippe von ihren Zähnen. Dabei fuhr sein Daumen darüber und erzeugte eine Gänsehaut. Statt eine Antwort von sich zu geben, starrte sie den Älteren lediglich an. Auch sie kämpfte innerlich um ihre Beherrschung. Seine Nähe machte sie nervös. So hatte sie sich zuletzt vor ihrem ersten Kuss gefühlt. Dann ging es viel zu schnell. Ehe sich Hikari versah, fand sie sich in seinen Armen wieder und seine Lippen auf ihren. Begierig. Keine Scheu. Keine Zurückhaltung. Auf keiner Seite. Die Finger der Jüngeren krallten sich in seine Winterjacke, während sie hungrig seine Zunge begrüßte. Dabei drückte er sie enger an sich, während er sie gleichzeitig nach hinten drängte. Kurz darauf saß sie auf der Armatur. Ihre Gedanken hatten sich komplett abgeschalten, sonst hätte die Yagami vermutlich nicht ihre Beine um ihn geschlungen, um ihn noch näher zuziehen. Es war keine Zurückhaltung mehr zu erkennen, als er seine Hände über sie gleiten ließ und sich diese unter die geöffnete Jacke der Jüngeren schoben. Erneut breitete sich eine Gänsehaut bei ihr aus und zog sich kribbelnd über ihren Körper und zwischen ihren Beinen zusammen. Es war ein Schieben, dass Hikari zurückschrecken ließ. Stimmen erklangen, als sich jemand beschwerte, dass sich die Tür nicht öffnen ließ. Sie sah zum Durchgang zum Vorraum und zu dem Blonden vor sich. „Sie ist versperrt“, erklärte er leise, in der Hoffnung, dass niemand sie hörte. Schwer atmend wandte sich Hikari ihm zu. Ihr Herz schlug bis in ihren Hals. Sie hatte Angst, gleich durchzudrehen. Das hier war falsch. Es war ... falsch. Sie war verlobt. Mit Daisuke. Aber es war Takeru. Und er senkte seinen Kopf wieder zu ihrem. Seine Hände schoben sich an ihrer Taille entlang und zogen sie näher, während seine Lippen ihre fanden. Wie konnte man diesem Drang wiederstehen? Wie konnte sie ...? Gar nicht. Ihr Herz konnte nicht aufhören ... Kapitel 9: Ein Schuss ins Schwarze ---------------------------------- „Du warst ganz schön lange fort ...“, Miyako zog eine Augenbraue nach oben, „du hast fast das erste Viertel verpasst.“ Hikari lächelte schräg, während sie sich mit dem heißen Kakao in ihrer Hand setzte. „Du glaubst nicht, wie viel dort schon los war“, lachte sie schräg, „und dann dachte ich mir, dass ich mir gleich noch einen Kakao mitbringe“, zuckte sie mit den Schultern und setzte sich. Derweil rannten die Spieler über den Platz. Der Blick der Brünetten ging derewil zurück zum Ausgang, aus dem in diesem Augenblick auch Takeru trat. Einen Moment stockte ihr Atem, ehe sie ihren Kopf einzog und an ihrem Becher nippte. Das war nicht mehr heilig, was sie da gemacht hatte. Sie waren nicht bis zum äußersten gegangen, doch ihnen beiden war klar, dass sie es beide getan hätten. Hätten sie sich nicht vorher gestoppt. Hikari hatte gespürt, wie sehr es ihn danach verlangt hatte und auch sie selbst konnte sich nur mühsam zurückhalten. Alles hatte in ihr gekribbelt und sie wäre am liebsten über ihn hergefallen. Bei den bloßen Gedanken daran, wurde ihr schon wieder warm und ihre Wangen röteten sich. Die Yagami war froh, das auf den Winter schieben zu können, sollte sie darauf angesprochen werden. Der Jubel ihres Verlobten riss sie aus den Gedanken. Ließ aber nicht nur ihren Kopf sich heben. Auch Mimi sah verwirrt auf. Es wirkte fast so, als sei sie an Koushiros Schulter eingeschlafen. Genau so brabbelte sie auch etwas vor sich hin. Damit schaffte sie es, die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich zu lenken, aber auch Joe und Koushiro lachten. Bis Mimi verstand, was los war. Die Mannschaft von Taichi jubelte. „Na geht doch“, rief sie dann und streckte ihre Faust nach oben. Wieder Gelächter. Mimi war unverbesserlich. Seit sie keine Cheerleaderin mehr war, konnte sie sich nicht mehr für Fußball begeistern. Erst recht nicht, seit sie mit Koushiro zusammen war. Sie ärgerte sich viel zu oft darüber, dass er ständig vor dem Computer saß und ihr zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Vier weitere Tore sind zugunsten von Taichis Mannschaft gefallen. Zwei haben sie selbst kassiert. Trotzdem waren sie mit sich äußerst zufrieden. Die Freunde warteten vor dem Stadion auf den Sportler. Mimi zitterte dabei wie Espenlaub. Ihr war anzusehen, dass sie so schnell es ging wegwollte. Meiko hingegen seufzte, „wenn er weiter so viel Erfolg hat, werde ich ihn nie wiedersehen ... Und er wird Fans haben, die ...“ „Die hat er schon“, grätschte Daisuke dazwischen. Meiko hielt inne und starrte ihn an, ehe sie zurück in ihren theatralischen Tonfall fiel, „die ihn anhimmeln und aufdringlicher werden. Fanpost schicken. Doch irgendwann wird das nicht mehr reichen und sie schicken ihm Fotos ... Unterwäsche ... Pralinen ...“ „Steaks ...“, erwiderte Sora. „... Steaks ... Kuscheltiere ...“, zählte Meiko weiter auf, bis ein Lachen sie unterbrach. Dann erst fiel ihr auf, was sich dazwischen geschoben hatte. „Was mich eher an dieser Aufzählung interessiert“, begann Hikari, „mal ganz davon abgesehen, dass er sich sicher über Steaks in der Post freuen würde, sofern sie noch genießbar sind ... ist die Unterwäsche frisch oder getragen?“ Die Yagami wurde angestarrt. „Diese Frage hab ich nicht kommen sehen“, war auch Yamato verblüfft darüber. Meiko hingegen überlegte, „bei-des?“, ihr Gesicht verzog sich. „Du meinst, die eine soll er tragen und zurückschicken und die anderen schicken ihre getragene für Fantasien?“, wollte Sora wissen, die sich an ihren Mann kuschelte. Die Frauen sahen sich an und gaben ein gemeinsames „iiihhh“ zum Besten, ehe sie wieder lachten. „Taichi tut mir jetzt schon leid“, Hikari wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, „aber beschweren darfst du dich nicht ... du bist auch oft unterwegs.“ Ein Augenblick der Stille, „stimmt ...“ „Hey Leute“, grinste der Star des Tages und trat näher. „Taichi“, Meiko fiel ihm um den Hals und bekam direkt einen ausgedehnten Kuss auf die Lippen. „Nehmt euch ein Zimmer“, Hikari streckte ihnen die Zunge raus. „Hättest du das nicht schneller gewinnen können, Yagami?“, murrte Mimi wieder. „Ne ... sorry Prinzesschen, ich wollte sehen, wie lange es dauert, bis du zur Eiskönigin wirst“, grinste der und wich lachend dem Schneeball aus, der geflogen kam. „Wollen wir was essen gehen? Du bist doch sicher am Verhungern ...“, schlug seine Frau vor. Der Wuschelkopf hob die Hand und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, „ja ... was das anbelangt ... die Jungs wollen den Sieg feiern“, grinste er schräg. „Das ist natürlich wichtiger, als deinen Freunden zu danken, die sich hier die Füße abgefroren haben“, keifte Mimi den Älteren an. Koushiro legte beschwichtigend seine Hände auf ihre Schultern, „dadurch wird es aber auch nicht besser.“ „Aber ich fühle mich besser!“, knurre sie dann ihren Mann an, ehe sie nach Luft schnappte. Ihr gesamter Ausdruck änderte sich, sie wandte sich ihm zu und legte ihre Hände an seine Wangen, „entschuldige ...“, hauchte die Brünette. Doch der schüttelte den Kopf, „schon in Ordnung.“ Er kannte das bereits. Diese Ausraster waren nicht gegen ihn gerichtet, er bekam es nur ab und an ab. Er spurte dadurch nicht, er nahm es nur nicht so eng. Es wäre reine Zeitverschwendung und würde unnötig Kraft kosten, sich aufzuregen. Mimi nickte und zog ihn zu sich. Lächelnd betrachtete Hikari das. Sie bewunderte die Beziehungen ihrer Freunde. Sie unterschieden sich gänzlich zu dem, was sie mit Daisuke hatten. Dieser legte wie aufs Stichwort einen Arm um ihre Taille, „Nehmt euch ein Zimmer“,rief er und wiederholte Hikaris Worte. Diese sah kurz zur Seite zu ihm auf, dann aber weg. Ihr Blick fiel instinktiv auf den Takaishi. Dieser wiederum sah auf die Hand an ihrer Taille. Der Unmut war deutlich zu erkennen. Für einen Moment erwiderte er den Blick, ehe er ihn gar frustriert abwandte. „Dann geh ruhig“, lächelte Meiko verständnisvoll. Taichi begann zu strahlen. Direkt zog er sie nochmal in seine Arme und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. „Später zeige ich dir, wie dankbar ich dir bin, dass du da warst“, nuschelte er – leider etwas zu laut. Meiko lief leicht rot an, als sie das Kichern hinter sich vernahm. „Flüstern üben wir nochmal, Yagami.“ „Ach halt die Klappe, Ishida.“ Der Musiker zuckte grinsend mit den Schultern, während sich Sora weiter an ihn kuschelte. Auch sie fror, aber beschwerte sich deutlich weniger als Mimi. An sich waren sie auch keine Kinder mehr, konnten auch über solche Themen sprechen, aber Hikari war nicht unbedingt scharf darauf, solche Geschichten zu hören beziehungsweise Vorstellungen dieser Art in den Kopf gepflanzt zu bekommen. So schloss sie die Augen und atmete tief durch. „Bist du eigentlich auch irgendwann mal dabei, wenn Meimei dabei ist?“, warf Mimi gereizt in die Runde. „Aber klar ...“, erwiderte Taichi. „Irgendwann bleibt ihr nur noch Hikari-chan ...“ Die beiden Frauen sahen sich an und schmunzelten. „Nein, sie hat mich auch ...“, Taichi richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Frau, „wir sehen uns später, Süße“, er raubte ihr noch einen Kuss, ehe er sich grinsend verabschiedete und zu seinen Teamkollegen zurückging. Dort legte sich direkt ein Arm um die Schultern des Stürmers. „So kann man sich auch aus der Affäre ziehen“, murrte Mimi und wandte sich um. „Ich will ins Warme ... können wir bitte gehen?“, rief die ehemalige Tachikawa, während sie bereits in Richtung Auto ging. Koushiro schmunzelte, folgte ihr jedoch. Hikari löste sich von Daisuke und trat zu Meiko, um sich bei ihr unterzuhaken. „Ich hab ja dich“, grinste die Brillenträgerin und ließ sich von ihr mitführen. „Genau ...“, nickte die Yagami. „Aber nicht mehr lange, dann ist sie mein Mädchen“, lachte Daisuke. Die Brünette reagierte wie beim ersten Mal, als der Ältere das gesagt hatte. Sie blieb stehen und sah ihn an, „was heißt hier ‚dein Mädchen‘?“ „Naja ... wir ... äh ...“, seine Stirn legte sich in Falten, „wir ... sind zusammen ... und verlobt ... und ...“ Nervös kratzte sich der Motomiya am Hinterkopf. Diese Besitzansprüche klangen bei ihm falsch. Allerdings klangen sie allgemein falsch – sie mochte das nicht. „Äh ...“, noch immer wirkte der Lockenkopf etwas verwirrt und senkte den Blick etwas. Die Braunhaarige richtete ihren Blick nach vorn und bemerkte den des Takaishi. Dieser hatte sie über seine Schulter beobachtet und ihr blieb das leichte Grinsen nicht verborgen. Ihr Mundwinkel zuckte, ehe Hikari dann doch den Kopf bedrückt senkte. Das war eigentlich nicht ihre Art und vor allem nicht die Feine. Aber auch sie musste sich eingestehen ... es war eben so ... Kapitel 10: Links oder rechts ----------------------------- Unschlüssig starrte Hikari auf die Nachricht. Das Essen am Tag des Spiels war friedlich verlaufen. Es war sogar schön. Bewusst hatte sie sich zwischen Sora und Meiko gesetzt. Zumal Daisuke sowieso mit Ken zu diskutieren begann. Beim Fußball waren sie eben doch in ihrem Element. Die Szene auf dem Parkplatz hatte er direkt wieder vergessen. Das war nun auch schon wieder zwei Tage her. Seufzend senkte Hikari den Blick, der bislang noch durch den Raum geschweift ist. Natürlich passte sie auf die Kinder vor sich auf, trotzdem sah sie dann wieder auf die Nachricht. Bislang war sie unbeantwortet, dabei hatte sie diese schon vor fünf Stunden erhalten. Seit diesen fünf Stunden starrte sie immer wieder darauf. Währendessen hatte sie den Kindern etwas vorgelesen, mit ihnen gespielt, hatte ihre Mittagspause eingeläutet und sie danach wieder aufgeweckt. Aber sie war aktuell noch zu keinem Schluss gekommen. Es wäre eine Entscheidung, die sie auf dem Heimweg treffen musste. Links ... oder ... Rechts ...? „Und wo sollen wir jetzt lang?“, Takeru sah zu der Jüngeren. Diese sah auf den Plan, der neben dem Weg aufgestellt war. Nachdenklich legte sie sich einen Finger an ihr Kinn, während sie die Karte studierte. „Also? Wohin ...?“, er trat neben sie und besah sich ebenfalls der Karte. Sein Kopf legte sich schief, während sie weiterhin überlegte. „Naja, nach rechts gehts zum Riesenrad, aber da möchte ich erst zum Abend hin ... Immerhin können wir dann den Sonnenuntergang betrachten ...“, Hikari stockte, sie bemerkte, dass sie von der Seite angestarrt wurde, „was?“, fragte sie und wandte sich dem jungen Mann zu. „Nichts ... ich finde es interessant, dass du jetzt plötzlich die romantische Planung übernimmst“, grinste der Blonde sie an. Da zuckte sie schon und versteifte sich willkürlich, zusätzlich verfärbten sich ihre Wangen und sie senkte den Blick. Lachend legte er eine Hand an ihren Rücken und strich auf und ab, „gut ... also wir gehen erst später zum Riesenrad ... also dann nach links ... dort haben wir noch zwei Achterbahnen, eine Wasserbahn und dann noch das Horrorhaus und die Geisterbahn ... damit könnten wir bis abends fertig sein. Selbst wenn wir mit einem oder zwei eine zweite Runde drehen. Sonst haben wir noch eine Pause zwischendurch um durchzuatmen“, überlegte der Ältere weiter. Vorischtig sah die Brünette auf. Sie hatte nichts gegen Horror, aber trotzdem erschreckte sie sich bei jedem kleinen bisschen. So glitten ihre Hände zaghaft zu seinem Arm, als er die Geisterbahn und das Horrorhaus erwähnte. Grinsend sah er sie an, „keine Sorge ... ich lass dich vorgehen, dann weiß ich, wo ich aufpassen muss.“ Nachdenklich war Hikari an der Kreuzung stehen geblieben. Ihr Mundiwnkel hob sich leicht, als sie an den Besuch im Vergnügungspark zurückdachte. Das war eine andere Zeit. Eine Zeit, in der sie wirklich glücklich war. Doch jetzt ... Ihr Blick hob sich und wandte sich dem linken Weg zu. An sich würde sie dort in den Park gelangen und dann nach Hause gehen. Sie machte bereits einen Schritt darauf zu, ehe sie erneut stehen blieb und zögerlich über die Schulter nach rechts sah. Takeru, 08:46 Uhr Hättest du nach der Arbeit einige Minuten für mich? Ich möchte gerne mit dir reden. Du findest mich im Hotel XXX auf Zimmer 502 ... Schreib mir doch kurz. Die Nachricht war unbeantwortet geblieben. Sieben Stunden lang. Denn noch immer gab es keine Antwort für sie. Sie musste diese Entscheidung treffen. Es gäbe niemand. Doch ihr Herz und ihr Kopf kämpften gerade gegeneinander. Das, was im Fußballstadion geschehen war, konnte nicht real sein. Das sollte ein Traum sein. Ein wunderschöner Traum. Unwillkürlich zog eine leichte Röte auf ihre Wangen und ihr wurde warm. Wieder sah sie auf den Weg vor sich. Traurig schlug sie die Augen nieder. Das war Daisuke gegenüber nicht fair. Doch um das klarzustellen sollte sie vermutlich wirklich mit dem Takaishi sprechen. Er musste das verstehen. Und sie musste damit abschließen. Aus diesem Grund holte die Yagami tief Luft und wandte sich doch dem rechten Weg zu. Dieser führte in Richtung Hauptstraße und schließlich zu dem Hotel, in dem der Ältere eigentlich untergebracht war. Dabei hatte Sora gemeint, dass er bei ihnen schliefe. Ob er das wirklich tat, wusste sie natürlich nicht. Genauso gut könnte er sie einfach dorthin bestellen und nicht dort sein. Was eventuell auch an der fehlenden Antwort liegen könnte, doch darüber machte sie sich vorerst keine allzu großen Gedanken. Sollte er nicht da sein, wäre es mit Sicherheit ein Wink des Schicksals. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf atmete sie tief durch, als sie an der Straße ankam und ihren Blick auf das Gebäude richtete. Es wirkte leicht bedrohlich, aber sie merkte auch, wie ihr Herz schneller schlug. Kurz fuhr sie sich mit ihrer Zunge über ihre Lippe. Es brachte nichts. Sie musste mit ihm sprechen und das richtige machen. Etwas unsicher sah sich Hikari um und fragte sich, ob sie beobachtet wurde. Sie fühlte sich so. Wurde sie verfolgt? Von ihren Freunden? Würde das hier jemand Daisuke erzählen? Aber bestimmt würde es falsch erzählt werden. Nervös rieb sie sich den Arm und senkte den Kopf. Schon wenige Augenaufschläge später fragte sie sich, wie sie so schnell in die Lobby kommen konnte. Die Rezeptionisten ignorierte sie und trat direkt an den Fahrstuhl heran. Sie drückte die Taste für den fünften Stock und wartete. Die Zimmernummer hatte sie, das würde sie schon finden. Die Hand der Yagami erfasste erneut ein Zittern, als sie sie erhob um an der Tür zu klopfen. Es dauerte, bis Hikari es schaffte, einen Ton zu erzeugen. Anschließend wartete sie. Erneut glitt ihr Blick den Gang hinauf und hinunter. Irgendwie kam sie sich schon seltsam vor. „Du bist doch gekommen ...“ Augenblicklich zuckte Hikari zusammen, sah erschrocken auf und stolperte nach hinten. Eine Hand packte ihr Handgelenk und hielt sie von einem Sturz ab. „Vorsicht ...“, lachte er und zog sie zurück auf die Beine und in seine Richtung, „komm doch rein, anstatt dich mit dem Boden aufzuhalten“, zwinkerte er. Die Brünette war von seiner Stimmung erstaunt. Als würde wieder ein anderer junger Mann vor ihr stehen. Perplex folgte sie ihm hinein. Das Zimmer war gemütlich. Nichts Besonderes. Ein Hotelzimmer eben. Eine Couchgarnitur dominierte den Raum, der andere Platz wurde von dem großen Bett eingenommen. Ein Fernseher, ein Schrank, ein Schreibtisch, eine Kommode. Das Zimmer hatte sogar einen kleinen Balkon. Noch etwas staunend sah sich die Yagami um und konnte es kaum fassen. Sie war nun doch hier und er auch. Es dauerte, bis die junge Frau wieder ansprechbar war. Als sie sich zu dem Älteren wandte, schmunzelte dieser und lehnte an der Rückenlehne der Couch. „Was mache ich hier?“, fragte sie ihn. Der Mundwinkel des Blonden zuckte, „muss es Sinn ...“ „Takeru ...“, bat sie erneut nachdrücklich. Seufzend senkte der andere den Kopf und sah zur Seite. Seine Hand fuhr in seinen Nacken und knetete diesen einen Augenblick. Tief atmete die Brünette durch und suchte ihren Willen wieder, der sie dazu veranlasste, ihre Arme vor der Brust zu verschränken. Nach einer gefühlten Ewigkeit hob er den Kopf leicht an, „weißt du, wie es sich anfühlt, wenn du nicht weißt, ob du vor oder zurückgehen sollst?“ Überrascht weiteten sich ihre Augen. Natürlich kam ihr das bekannt vor. Als würde er es wissen. Als Antwort konnte sie nur ihre Lippen aufeinanderpressen. Das schien im gar zu reichen, dass er es sich selbst beantworten konnte. „Ich wollte zurück ... aber ich wusste nicht wie ...“, erklärte er sich, „verstehst du mich?“ Seine Hände krallten sich in die Rückenlehne der Couch. Hikari erwiderte seinen Blick. Gegen ihre Gedanken wurde er schmerzlicher. Sie woltte das nicht hören. Die Yagami hatte damit abschließen wollen. Ihr Kopf schrie, ihm zu sagen, dass er es lassen sollte. Sie war verlobt. Sie hatte ihr Leben weitergeführt. Ohne ihn. „Willst du mir ein schlechtes Gewissen machen?“, fragte Hikari. Nun war es der Träger der Hoffnung, der seine Lippen aufeinanderpresste. „Was soll das hier?“, möchte sie wiederholt wissen, „bin ich hier, damit ... damit ...“ Ihr Gesicht verzog sich schmerzlich. Ihr Herz flehte nach einer Berührung von ihm, doch ihr Kopf versuchte klar zu bleiben. So unauffällig es ihr möglich war, krallten sich ihre Nägel in die Haut ihrer Arme. Takeru hob den Blick und musterte sie ebenso stumm, wie sie es auf einmal war. Der Atem der Jüngeren ging schwer. Ihre Selbstbeherrschung bröckelte. Dabei hatte sie Daisuke ein Versprechen gegeben. Sie hatte ... Sie ... Tränen keimten auf und prompt biss sich Hikari auf die Unterlippe. Sie befürchtete, dass ihr ein Schluchzen entweichen könnte. Es schmerzte einfach nur noch. Wieso tat er das? Langsam ging sie einen Schritt zurück und wollte sich umdrehen, als sich seine Hand um ihr Handgelenk schloss. „Hikari ...“, bat er. Die Brünette hielt inne und senkte den Kopf. Langsam lief die erste Träne über ihre Wange. „Tu das nicht ... bitte ...“, kam es leise aus ihrem Mund. Erneut wandte sie sich um, während die Tränen mehr wurden und sie aufsah. „Ich wollte das hier abschließen ... Weil du nicht wiedergekommen bist und jetzt auch nicht bleiben wirst ... Ich kann das nicht ... Du bist weggegangen, ich hätte gewartet, aber du ...“, erklärte sie sich, „es tut weh ...“ „Ich weiß ...“, er trat näher, hob die Hand und fuhr mit seinem Daumen über ihre Wangen, „als ich den Ring gesehen habe, hätte ich ihn am liebsten geschlagen“, gestand Takeru. Unwillkürlich schmunzelte Hikari, „das würde nicht zu dir passen“, noch immer schimmerten Tränen in ihren Augen. „Stimmt ... aber für dich hätte ich es getan“, liebevoll musterte der Blonde sie. „Hikari ...“ „Takeru, ich hab ihm mein Wort gegeben ... ich kann das nicht ...“ „Dein Kopf kämpft gegen dein Herz“, stellte er fest. Hikaris Mund schloss sich und sie nickte. Kapitel 11: Unser Geheimnis --------------------------- Sacht drängte Takeru die Jüngere gegen die Wand. Seine Lippen lagen auf ihren und wurden fordernder. Es fühlte sich anders an als sonst. An sich war ihr schon den gesamten Tag, eigentlich die gesamte Woche bewusst gewesen, was hier passieren würde ... oder zumindest könnte. Ihre Eltern waren bei ihren Großeltern zu Besuch und kümmerten sich dort um einige Dinge. Und Taichi war zu Meiko gefahren, es waren seine letzten Ferien vor dem Studium. Das wollte er nutzen. Meiko hätte noch ein Jahr, dann würde sie für ihr Studium nach Tokyo zurückkommen. Sie überlegten bereits, wo sie am besten eine gemeinsame Wohnung beziehen konnten. Damit hatten sie alle überrumpelt. Doch Hikari freute sich für beide und Mimi war glücklich, ihre Freundin wieder hier zu haben. Sie hingegen hatte sich dazu entschieden, einige Zeit mit Takeru zu verbringen. Während ihre Eltern dachten, Miyako würde hier schlafen, dachte seine Mutter, er würde bei Cody übernachten. Kein Elternteil wäre erfreut hierüber. Aber ihre Freunde hielten ihnen den Rücken frei. Miyako war außer sich vor Freude gewesen und war noch extra mit ihr einkaufen gegangen. Mimi hatte ziemlich viel Einfluss auf sie und färbte ab. Wie Cody darüber dachte, wusste sie nicht, was dieses Thema anbelangte, war er noch immer etwas zurückhaltend. Sacht drängte Takeru die Jüngere gegen die Wand. Zunächst waren seine Lippen noch zärtlich, doch schon bald verlangte Hikari mehr. Sie wollte mehr von ihm. So ergriff sie die Initiative und knabberte an seiner Unterlippe. Er kam ihrem Wunsch nach. Seine Zunge drang noch sanft in ihren Mund ein, doch schon kurz darauf konnte auch er sich kaum mehr beherrschen. Hikari konnte sich nicht erklären, wie es hierzu gekommen war. Es war einfach zu viel. Ihr Herz schrie lauter als ihr Kopf sie zurückhielt. Wohlig seufzte sie, als sich seine Hände unter ihre Jacke und diese von ihren Schultern schoben. Kurz darauf drängte er sie wieder zurück gegen die Wand. Sein Körper passte perfekt an den ihren. Hitze stieg in der Yagami auf. Eine Hitze, die sie schon lange nicht mehr in dieser Form verspürt hatte. Die intimen Momente mit Daisuke hatten sich nie so angefühlt. Die Hände Takerus wanderten über ihren Körper. Sie glitten an ihren Seiten hinab, schoben sich unter den Pullover der Jüngeren und den warmen Körper hinauf. Hikari stöhnte in den Kuss, als sich der Ältere wieder an sie drückte. Ihre Finger in seinem Nacken krallten sich an ihn. Doch er verlangte, dass sie sich von ihm löste, da lag kurze Zeit später ein weiteres Kleidungsstück am Boden. Die Yagami nutzte die Gelegenheit und sah schwer atmend zu ihm auf. Ihre Augen hatten sich verdunkelt. Durch die leicht geöffneten Lippen atmete sie und ihre Wangen waren gerötet. Takerus Augen schienen auch verhangen. Keiner der beiden konnte den Blick abwenden. Hikari konnte nur die Hitze spüren, die in ihrem inneren entflammte. Ihre Hände hoben sich wieder an seine Seiten und krallten sich in das Shirt, zogen daran. Wieder trafen ihre Lippen aufeinander. Ihre Zungen tanzten umeinander und wieder pressten sie ihre Körper aneinander. Takeru zog die Jüngere von der Wand weg, um sich mit ihr zu drehen. Wieder glitten ihre Hände über den Körper des anderen. Hikari stolperte rückwärts, bis sie das Hotelbett an ihren Beinen bemerkte. Ein weiterer sanfter Druck und sie lag mit dem Rücken darauf. Der Blonde lehnte sich über sie, drückte wieder seinen Körper auf ihren, was nun auch ihn aufstöhnen ließ. Instinktiv hatte sie ihre Beine geöffnet. Die Hitze stieg ihm zu Kopf ebenso wie ihr. Seine Hand glitt über ihren Körper und suchte ihre Brust, um diese zu massieren und ihr noch weitere liebliche Töne zu entlocken. Doch auch ihn verlangte es immer weiter nach mehr. Als er sich aufsetzte, zog er sich das Shirt über den Kopf. Musternd sah Hikari ihn an und ließ ihren Blick über seinen Oberkörper schweifen. Unwillkürlich glitt ihre Zunge über ihre Lippen. Sie streckte ihre Hand nach ihm aus, während er sich direkt zu ihrem Hals senkte. Seine Lippen legten sich auf die weiche Haut und saugten daran. Er bedeckte ihn mit Küssen und ließ seine Zunge darüber fahren. Wohlig seufzte sie. Es fühlte sich an, als würde sie schweben, ein ungewohntes Gefühl der Schwerelosigkeit machte sich in ihr breit. Takeru bewegte sich immer weiter in ihr. Immer öfter entglitt ihr ein ungewohntes Stöhnen. Alles in ihr zog sich zusammen. Hikari stieg die Hitze in den Kopf. Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust. Sie krallte sich an den Älteren. Seine Lippen dicht an ihrem Ohr. Sie hörte seine Stimme ganz dicht, was all die Gefühle nur noch weiter verstärkte. Seine Bewegungen wurden immer ungestümer und heftiger. Ihr Innerstes zog sich immer weiter zusammen. Bis es sich bündelte und explodierte. Hikaris Körper bäumte sich unter seinem auf. So drückte sich Takeru ein letztes Mal an sie und verblieb in seiner Position. Schwer atmend lag Hikari unter ihm und fühlte sich mit einem Mal sehr erschöpft. Ihr Blick richtete sich auf den jungen Mann über sich. Dieser stützte sich mit den Händen links und rechts von ihr ab. Seinen Kopf ließ er hängen, sodass ihm die Haare wie ein Vorhang vors Gesicht fielen. Die Augen hielt er geschlossen, bis er eine Hand auf seiner Wange spürte. Seine blauen Iriden suchten ihre Rehaugen. Als er sie fand, lächelte sie zu ihm auf. „Ich liebe dich“, flüsterte sie und brachte so auch ihn zum Lächeln. Schwer atmend lag Hikari an seiner Brust. Takeru hatte sie an sich gezogen und starrte die Decke an. Seufzend schmiegte sie sich weiter an ihn und strich mit ihren Fingern über die Muskulatur seines Oberkörpers. „Du bist hergekommen, um das zu verhindern ...“, murmelte der Blonde. Hikari hielt in ihrer Bewegung inne und verkrampfte sich. „Ta-keru ... ich ...“ „Hikari ... ich kann nicht ohne dich ...“, sprach er weiter und ließ sie gar nicht zu Wort kommen, „bitte mach das nicht ...“ „Aber ...“, die Brünette setzte sich auf, während sie sich die Decke vor die Brust hielt. „Hikari ... du hättest das die gesamte Zeit beenden können ... du willst ihn doch gar nicht ...“, Takeru setzte sich ebenfalls an. Ihr Gesicht verzog sich schmerzlich, „ich habe ihm mein Wort gegeben ... es ...“ „Ich liebe dich, Hikari ... die gesamte Zeit über ...“, sprach er nachdrücklich. Mit jedem Blinzeln spürte sie die Tränen weiter aufkeimen. Sie schloss ihre Augen und versuchte ihre Gedanken zu sortieren. Sanft legte er seine Hand an ihre Wange, „bitte ...“ „Ich ... muss darüber ... nachdenken ...“, seufzte sie. Ihr Herz schrie nach ihm, aber ihr Kopf stand dazwischen. Kapitel 12: Schreiende Gedanken ------------------------------- Nervös kaute Hikari auf ihrem Nagel herum. Mit leerem Blick starrte sie aus dem Fenster. Und wieder stand sie hier. Unruhig. Verwirrt. Vollkommen abwesend. So fiel ihr gar nicht auf, dass sie beobachtet wurde, erst als sich zwei Hände an ihre Oberarme legten, zuckte sie zusammen. Die Blase zerplatzte und alles prasselte wieder auf sie ein, was sie soeben versucht hatte auszusperren. „Ist aktuell etwas nicht in Ordnung?“, erklang eine Stimme hinter ihr. Seine Finger sorgten für eine unangenehme Gänsehaut, die sich über ihren Körper zog. „Sonst bist du doch nie so schreckhaft ... aber du hast mich auch nicht gehört ...“, Daisuke klang verwirrt über ihr Verhalten, was sie ihm nicht einmal verübeln konnte. Wobei das an sich nichts neues war. Sie war schon oft so gewesen, aber da stand sie ihm nicht so nah. „Hikari ...“, bat er und trat auf sie zu, sodass sie seinen Oberkörper in ihrem Rücken spürte. Seine Hände glitten an ihr vorbei nach vorn und umschlossen sie. Seinen Kopf legte er an ihren. „Was ist los?“, fragte er erneut. „Nichts ...“, kam es gebrochen von ihr. Ihre Hände lösten sich und legten sich auf seine Arme. Ein Seufzen direkt neben ihrem Ohr. Daisuke senkte den Kopf leicht, „wenn etwas ist, dann sag es mir bitte ... Wir sind ein Team“, nuschelte er und küsste ihren Hals. Ein fester Kloß setzte sich in ihren Hals und schien ihr schier die Luft abzuschnüren. Ihr wurde warm, unwohl und sie spürte aufkeimende Tränen. Ihr Körper verkrampfte sich weiter. Ein tiefes Ausatmen erklang. „Es ist schon spät, ich gehe noch flink duschen und dann ins Bett ...“, richtete der Brünette noch an sie, ehe er sich löste und umwandte. Noch immer waren ihre Hände in Position vor ihrem Körper, dass sie auf seinen Armen liegen könnten, wenn er nicht gegangen wäre. Hikari wandte den Kopf leicht herum und sah gerade noch den Knöchel im Bad verschwinden, ehe sich die Tür schloss. Nun war nur noch der Atem der Yagami zu hören. Und je mehr sie blinzelte, desto stärker spürte sie die Tränen, die sie kaum mehr zurückhalten konnte. Sofort legte sich eine Hand vor ihren Mund. Betreten senkte sie den Kopf und dämpfte das Schluchzen. Tief atmete sie durch, blinzelte mehrfach und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Was sollte sie nur machen? Takeru brachte ihre ganze Welt durcheinander – so wie er es früher schon getan hatte. Doch damals war alles einfacher gewesen. Damals konnte sie mit ihm zusammen sein und was war nun? War das noch möglich. Aber sie ... Hikaris Blick glitt zu der Wand des Zimmers, an der etliche Bilder hingen. Langsam trat sie darauf zu und strich über einen der Bilderrahmen. Ein Foto von ihnen in der Stadt des ewigen Anfangs. Ihre Lippen pressten sich aufeinander. Auf diesem hielt sie ein Ei in ihren Händen und Takeru stand direkt neben ihr. Nur wenige Sekunden später war es geschlüpft. Ein neues Digimon war geboren. Wehmütig betrachtete sie die lachenden Gesichter. Ihr Bruder, ihre Freunde und die Digimon sowie Genai, die sie getroffen haben. Schnell biss sie sich auf die Unterlippe, während wieder das Rauschen des Wassers an ihr Ohr drang. Das war alles nicht fair. Ihr Gesicht verzog sich wütend, da wandte sie sich ab und lief in den Flur, ehe sie noch das Bild nahm und auf den Boden warf. Wut keimte in ihr auf und sie konnte diese nicht wirklich zuordnen. Sie war unkontrolliert und schien schier aus ihr herauszuplatzen. Die gesamte Situation frustrierte sie und machte die Yagami dadurch wütend. Eilig schlüpfte sie in ihre Schuhe, griff nach ihrem Schlüssel sowie ihrer Jacke und ließ achtlos hinter sich die Tür ins Schloss fallen. Schnellen Schrittes eilte sie zum Aufzug, drückte den Knopf und trat ein. Gerade als sich die Türe schloss, hörte sie noch Daisukes verwirrte Stimme. Doch dafür hatte sie gerade keinen Kopf. Sonst würde sie ihn noch anschreien, dabei hatte er nichts mit dieser Situation zu tun. Er war unschuldig und mitten in ihrem Gefühlschaos verwickelt. Sie spürte, dass sie ihm nicht die gleichen Gefühle entgegenbrachte, die sie für Takeru empfand. Aber bei Takeru sah sie nicht die Sicherheit, die sie sich wünschte. Ohne wirklich auf den Weg zu achten, trugen ihre Füße die Brünette durch die Stadt. Einige U-Bahn-Stationen weit, bis sie aufblickte und sich auf einem Aussichtspunkt mitten im Park wiederfand. Verwundert über den Umstand, dass sie es nicht wirklich bemerkt hatte, sah sie sich um. Sie war weit abseits der Wohnhäuser. Früher war sie öfter hier gewesen, wenn sie es nachts hier jedoch zu gruselig gefunden hatte, war das jetzt anders. Hikari atmete durch und trat an das Geländer heran. Ihre Hände umgriffen das kalte Metall. Tief holte sie Luft, schloss die Augen und ließ einen langgezogenen Schrei erklingen. So wie die Luft aus ihrer Lunge entwich, verflog auch die Wut, die sich hauptsächlich gegen sich selbst richtete. Derweil traten ihr Tränen in die Augen, die prompt über ihre Wangen liefen. Kraftlos fiel sie auf die Knie, als kein Ton mehr über ihre Lippen kam. Noch immer hielt sie sich am Geländer fest. Ihre Hände hatten sich verkrampft und es kostete sie Mühe, diese zu lösen. Doch da legte sich eine Hand auf ihren Mund, während sie sich weiterhin ihren Tränen ergab. Etwas anderes war ihr im Augenblick nicht möglich. Hikari spürte, wie sie unter diesem ganzen Chaos erdrückt wurde. Ihre Gefühle spielten vollkommen verrückt, zumal sie sich wohl nicht von Takeru lösen konnte. Die junge Yagami wusste, dass sie ihn brauchte, aber sie hatte Daisuke ihr Wort gegeben, an dem sie aktuell zweifelte. Zudem wusste sie nicht, ob ihr Herz noch ganz zurechnungsfähig war, so wie sich alles anfühlte. Wie konnte sie das lösen, wenn sie selbst nicht wusste, worauf sie sich einlassen sollte? Kapitel 13: Spaßbremse ---------------------- Ein paar Tage waren vergangen. Tage, in denen sich Hikari zurückgezogen hatte. Daisuke verstand nicht, was an diesem einen Abend geschehen war. Weshalb sie plötzlich die Wohnung verlassen hatte. Aber er drängte sie auch zu keiner Antwort. Stattdessen spürte sie seine Blicke auf sich. Als würden sie jede kleine Bewegung, Mimik und alle Worte zusammenfügen, um seine Antwort auf die Fragen, die er nicht stellte, zu bekommen. Da wünschte sie sich lieber, dass er sie mit Fragen löcherte. Doch das tat er nicht und sobald sie dazu ansetzte, schnürte sich ihr Hals komplett zu. Kein Wort kam über ihre Lippen und sie musste sich beruhigen, damit sie normal atmen konnte. In diesen Tagen hatte Hikari ihr Handy nur in den nötigsten Fällen zur Hand genommen. Ein Anruf von der Arbeit. Nachrichten von ihrem Bruder. Oder auch Mitteilungen ihrer Eltern, die sie beantworten sollte. Alles andere ignorierte sie. Sofern es nicht wichtig war, antwortete sie gesammelt auf alles. Die ungelesenen Nachrichten von Takeru häuften sich und sie mied einen zu langen Blick darauf. Sonst würde sie doch noch in Versuchung kommen, seine Worte zu lesen. Sie verkraftete das nicht mehr. Stattdessen atmete sie tief durch, während sie sich im Spiegel ansah. Sie strich sich eine verirrte Haarsträhne hinter ihr Ohr und versuchte zu lächeln. Es ging nicht. Sie fühlte sie kraftlos und sah das in ihrem Gesicht. „Du siehst wunderschön aus ... Ich mag das Kleid an dir“, lächelte Daisuke und trat hinter sie. Seine Arme legten sich um ihren Bauch. Hikari zog einen Mundwinkel nach oben, während er seinen Kopf an ihren drückte. „Ich liebe dich ...“, sagte er. Tief atmete die Brünette durch und nickte, dabei senkte sie den Blick. Es kam ihr nicht über die Lippen und sie hatte die Befürchtung, er wusste es. Ihre Hände hoben sich und verkrampften sich um seine Arme. „Lass uns gehen, sonst kommen wir zu spät“, nuschelte er in ihre Haare. Daisuke ließ es sich nicht anmerken, sollte er es wissen. Eilig nickte Hikari, es war eine schöne Ablenkung. Meiko war pünktlich zu ihrem Geburtstag zurückgekommen. Natürlich hatte Taichi sie angefleht, ja rechtzeitig da zu sein. Der Yagami ließ es sich nicht nehmen, er wollte ihr unvergessliche Erinnerungen schenken und für ihn waren Geburtstage äußerst wichtig. Tatkräftige Unterstützung hatte er von Mimi erhalten, die mit Freude die Planung übernommen hatte. In einer solchen Arbeit blühte die einstige Tachikawa regelrecht auf und Taichi war froh, wenn er das abgeben konnte. So war bereits die Wohnungstür reich geschmückt, als Hikari und Daisuke ankamen. Die Brünette drückte auf die Klingel, während sie die Hand ihres Verlobten an ihrem Rücken verspürte. Nach einem Lachen und hörbaren Schritten, öffnete sich die Türe vor ihnen. „Hey ihr zwei“, erklang die freudige Stimme der früheren Tachikawa. Sie grinste über beide Ohren und trat etwas flapsig zur Seite. Ein Kichern der Älteren war zu hören, was auch direkt Hikari zum Schmunzeln brachte. Sie erkannte, dass die andere wohl schon ein Weilchen hier war. Ihre Wangen waren gerötet und sie kicherte mehr als üblich. „Kommt rein ... es gibts Punsch“, lachte sie und hüpfte tanzend zurück in das Wohnzimmer. „Mimi, ich glaube du hast genug“, meinte Koushiro nachdenklich. „Ach quatsch ... ich hab doch noch gar nichts getrunken“, lachte sie und ließ sich quer über die Armlehnen des Sessels fallen und lag somit quer auf dem Schoß des Rothaarigen. Sie grinste ihn breit an, während er seufzend lächelte und ihr die Haare aus dem Gesicht strich, damit sie diese nicht aß. „Scheint, als hätte sie sich hier eingerichtet“, lachte Daisuke, als sie in den Wohnbereich traten. „Sie fühlt sich hier zu wohl“, seufzte Taichi, „mir scheint fast, als wäre sie ständig hier, wenn Meiko hier ist ...“ „Das fällt dir jetzt erst auf?“, grinste Hikari und ging zu ihrem Bruder. Sie legte für einen Augenblick ihre Arme um ihn und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Für den Moment war ihr Chaos vergessen. Dann sah sie zu Meiko und trat an diese heran. „Alles gute zum Geburtstag“, sie streckte ihr die Hände mit einem Geschenk entgegen. Meiko lächelte, „das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Auch die zwei Frauen nahmen sich für einen Augenblick in den Arm. „Wollt ihr was trinken?“, fragte die Brillenträgerin nach. „Das was sie hat“, kicherte Hikari und deutete auf Mimi, die zufrieden auf Koushiros Schoß saß und sich an diesen schmiegte. Etwas absurd war dieser Anblick. In diesem Zustand war die Brünette etwas stimmungsschwankender. Nachdem sie sich mit einem Drink zu den anderen gesellt hatten, trudelten langsam auch die anderen ein. Hikari sah auf, als der Musiker eintrat und ihm kurz darauf der kleine Bruder folgte. Ihre Augen weiteten sich, ehe sie den Blick mit geröteten Wangen abwandte. Nachdenklich wurde sie dabei betrachtet. Daisuke musterte sie abwechselnd fragend und presste dabei mitten im Satz die Lippen zusammen. In ihm machte sich ein mulmiges Gefühl breit. Er war nicht blöd! Ken entging das nicht, auch er betrachtete das mit Sorge – Sorge um seinen Freund. Takeru wollte sich derweil normal benehmen und trat auf sie zu. Hikari sah vorsichtig auf, gerade als er ansetzte, wandte sie sich Meiko zu und meinte, frische Luft schnappen zu müssen. Kurzerhand griff sich nach ihr und zog sie mit hinaus auf den Balkon. Sora und Miyako folgten den zweien, ehe Taichi sich dazu entschied, den Frauen ebenfalls zu folgen. Zum Glück gab es zum Schlafzimmer hinaus auch einen Balkon, der etwas ungesehener war. Hier atmete Hikari tief durch und spürte den schnellen Herzschlag. Besorgt wurde zunächst ihr Rücken gemustert. Da wandte sie sich um. Ihr Blick fiel auf die anderen und mit jedem Blinzeln, während sie die anderen musterte, stiegen ihr mehr und mehr die Tränen auf. Ohne Worte trat Taichi an den Jüngeren vorbei und nahm sie in den Arm. Ihre Hände krallten sich in das Shirt ihres Bruders. „Was ist passiert?“, fragte Sora. Ein Schluchzen war die Antwort. Sie hatte Sorge, vor ihrem Bruder davon zu sprechen. Sora sah das auch mit Skepsis, doch die Geschwister waren schon immer eng miteinander verbunden. „Hikari ...“, nuschelte er in ihre Haare und strich ihr sanft über den Rücken. „Ich kann nichts dafür ... es ... doch ... es ...“, schluchzte sie und versuchte, erst eine Ausrede dafür zu finden, dass sie nichts für das Chaos konnte. Dass es Takerus Schuld war, aber das war es eben nicht. „Ich ...“ Die Gesichter der Frauen verzogen sich leidend. „Was ist passiert?“, fragte Taichi noch einmal ruhig. „Ich ... er ... es war ... ich wollte das nicht ... glaub ... ich ...“, murmelte sie gegen seine Brust, „aber ... es ist passiert ... und ich ...“ „Es gab nie wirklich einen Abschluss ...“, murmelte Miyako, „ihr könnt beide nichts dafür. Gegen eure Gefühle könnt ihr nichts machen.“ „Ich hab mich schon immer gefragt, wieso das so leicht mit Daisuke ging ...“ „Taichi“, zische Meiko und schlug gegen seinen Oberarm. Hikari sah aufgrund dieser Bewegung auf und zu ihrer Schwägerin. „Was? Ist doch wahr ... das haben wir uns alle gefragt ...“, zuckte er mit den Schultern. „Ja, aber das sagt man nicht auf diese Weise ...“, murrte sie erneut. „Aber er hat doch Recht“, stimmte auch Hikari zu, „ich hätte ... das nicht so schnell machen sollen. Es war falsch. Ich hab ihn verletzt.“ Die Hand des Yagami wanderte höher und kraulte ihren Kopf. Darauf konnte wohl keiner mehr etwas sagen. Es war nie gut. „Also habt ihr ...?“, Miyakos Stimme war leise. Sie kam näher und strich ihrer besten Freundin über den Arm. Als Antwort verbarg Hikari ihr rotes Gesicht und schmiegte sich enger an ihren Bruder. Sora seufzte und fuhr sich durch die Haare, „und ... jetzt?“, wollte sie wissen. Doch darauf hatte Hikari keine Antwort. Vermutlich konnte sie es nicht mehr lange für sich behalten. Ihr Gewissen machte es ihr schließlich schon seit einiger Zeit schwer. Seit Takeru hier war, hatte sie Daisukes eindeutige Annäherungsversuche abgelehnt. Sie hatte es nicht über sich gebracht oder mit sich vereinbaren können. „Du musst es ihm sagen ...“, murmelte Taichi. „Aber du bist nicht allein ...“, stimmte Meiko zu. Sora nickte zustimmend. Als Wappenträgerin der Liebe war es ihr wichtig, dass Hikari das bereinigte und zu diesem Vorfall stand. Daisuke musste es wissen, anders ging es in ihren Augen nicht. Er hatte die Wahrheit verdient, sonst zerstörte Hikari nicht nur sich und lebte eine Lüge, sondern machte es auch Daisuke nicht leicht. Hikari nickte und löste sich. Sie hob den Blick und spürte die kühlen Finger ihres Bruders, „und dann wäschst du dir das Gesicht“, grinste er. Leider war vom Schlafzimmer aus kein Zugang zum Badezimmer, sie musste also durch die Höhle der Löwen. Nacheinander und nach gefühlt einer Ewigkeit ging die Gruppe zurück zu den Anderen. Mehrere Blicke hoben sich. Daisuke war unschlüssig, wie er reagieren sollte. Sein Blick glitt über Hikari und dann zu Takeru. Noch waren einige im Gespräch, während die Musik im Hintergrund lief. „Da seid ihr ja endlich wieder“, lachte Mimi laut und wirkte noch betrunkener als zuvor. Koushiro hatte sie nicht aufhalten können. Die Frauen verzogen das Gesicht. Sora ging bereits auf sie zu und versuchte sie noch aufzuhalten. Mimi torkelte entgegen und grinste breit, „und was musstet ihr so Geheimes besprechen? Was da zwischen Takeru und Hikari ist?“ Sofort erstarrte Hikari und wurde kreidebleich. Ihr Blick irrte zunächst zu Takeru. Dieser wirkte sogar recht gelassen. Dann ging er zu Daisuke, der ebenso schockiert erschien, dabei war es ihm bereits unterbewusst klar gewesen. Zumindest dass da irgendwas war, was es zu bewältigen gab. Doch auf diese Weise hätte wohl nichts herauskommen sollen. Gegen Mimi konnte man jedoch nichts mehr unternehmen. Alles verstummte, nur die Musik lief weiter. Während Hikari noch immer hilflos zu Daisuke sah und ihren Mund öffnete, doch es kam nichts hervor. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Daher wandte sie sich ab und stürmte zur Tür hinaus. Schwer atmend sah Daisuke ihr nach, bevor er zu Takeru sah, der ebenfalls in Richtung Flur blickte. Da setzte sich der Brünette in Bewegung. Kapitel 14: Herzschmerz ----------------------- Eine hässliche Schwere lastete auf Hikaris Brust. Seit dem Geburtstag konnte sie nicht mehr richtig atmen. Meiko hatte ihr vor Kurzem eine Möglichkeit gegeben, Hilfe zu erhalten. Seither starrte sie auf ihr Handy, auf dem viele ungelesene Nachrichten zu sehen waren. Sie wollte nicht darauf klicken. Zwischen ihr und Daisuke war es merkwürdiger geworden. Sie hatten darüber gesprochen. Hikari hatte ihn verletzt, er gab ihr nicht einmal wirklich Schuld. Vielmehr verstand er, was geschehen war. Das hatte sie nicht erwartet – musste sie gestehen. Sie hatte ehrlich damit gerechnet, dass er aufgesprungen wäre, um seinen Frust auszulassen. Doch um ihretwillen schien er ruhig geblieben zu sein. Trotzdem kam es, dass sie sich voneinander entfernten. Tag für Tag. Hikari tat es unheimlich leid. Sie versuchte ihre Gefühle in Worte zu fassen, konnte sich aber nicht komplett erklären. Aktuell kämpfte die Yagami mit der Möglichkeit, Meikos Angebot anzunehmen. Dieses lief heute ab. Als eine Nachricht von eben dieser auf ihrem Display erschien, sah sie auf. Am anderen Ende des Raumes saß Daisuke am Küchentisch und hob bei dem Geräusch ebenfalls den Kopf. Sie hatte es ihm erzählt – es wäre falsch, es ihm nicht mitzuteilen. Meiko, 13:50 Uhr Hast du dich entschieden? Wir stehen unten ... Hikaris Blick hob sich weiter und traf auf den ihres Verlobten. Langsam erhob sie sich und er wusste, dass die Entscheidung gefallen war. So erhob auch er sich und beobachtete mit schmerzendem Herzen, wie sie sich den Verlobungsring vom Finger zog. Ein Kloß setzte sich in seinem Hals ab, „Hi-kari ...“, murmelte er und verfolgte die Bewegung, wie er auf dem Küchentisch liegen blieb. Sie sah ebenso schmerzlich zu ihm auf. Da wandte er sich tief atmend um und ging in den Flur, um sich seine Schuhe anzuziehen. Er griff nach dem Koffer der Jüngeren und sie folgte ihm langsam. Ihre Winterjacke sollte sie eigentlich wärmen, doch aktuell fühlte sich alles kalt an und nichts schien dagegen zu helfen. Unten angekommen, standen Taichi und Meiko neben einem Auto, in dem noch ein Fahrer saß. Die Älteren lächelten schwach, während Taichi den Koffer entgegennahm und diesen in den Kofferraum zu den Sachen seiner Frau packte. Derweil wandte sich Hikari ihrem Ex-Verlobten zu. „Es tut mir leid ...“, murmelte sie. Resigniert nickte Daisuke. Unschlüssig sah sie zu ihm auf. „Bitte sei vorsichtig“, bat er dann doch. Lächelnd nickte sie nun und fasste den Mut, ihre Arme um ihn zu legen. Daisuke zog sie an sich und vergrub seine Nase in ihren Haaren. „Ich liebe dich“, hauchte er und war den Tränen nahe. Die Jüngere nickte, „ich dich auch ...“, murmelte sie – aber eben nicht auf die gleiche Weise ... Seine Finger vergruben sich in ihren Haaren, sodass sie sich noch etwas mehr an ihn schmiegte. Es linderte den Schmerz etwas. Leicht löste er sich und suchte ihre Augen. Da beugte er sich noch einmal zu ihr hinunter und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, „nimm dir Zeit.“ Erneut nickte sie und lächelte. Dabei wussten sie wohl beide, dass es nicht weitergehen würde. Es war auch ausgemacht, dass Taichi ihre Sachen aus der Wohnung holte und sie sie bei ihm zwischenlagern konnte. Es war vorübergehend, um hoffentlich alles etwas leichter zu machen. Dann folgte sie Meiko auf die Rückbank und winkte dem jungen Mann, der einsam zurückblieb. Zunächst würde sie Meiko begleiten. Diese war wieder unterwegs und so würde sie auf jeden Fall Abstand von allem gewinnen und ihr Leben regeln können. Eine Reise sollte helfen – hoffte sie. Von ihrer Arbeit hatte sie sich freistellen lassen und auch sonst war alles geklärt. Zumindest fast. Seither hatte sie nicht mehr mit Takeru gesprochen oder geschrieben. Auch das müsste sie früher oder später in Angriff nehmen. Es war zwar unausgesprochen, doch auch ihm musste klar sein, welches Chaos er ausgelöst hatte. Ihre Gefühle waren durch ihre Reaktion klar gewesen. Bevor sie das in Angriff nahm, musste sie nachdenken. Epilog: -------- Suchend blickte sich Hikaru um. Sie war nervös und konnte nicht abschätzen, was passieren würde. Sie hatte sich in einem kleinen Café niedergelassen. In den letzten Monaten hatte sie sich wirklich eine Auszeit genommen. Sie hatte es anders nicht geschafft. Konnte sich zu Beginn nur mit Mühe aus den Gedanken heraushalten und hing dabei sehr an ihrer Schwägerin. Sie half ihr damit und so konnte sie sich bald mit ihren Gefühlen auseinandersetzen. Verschiedene Meditationsformen, Yoga und einfach nur das Gefühl von Freiheit halfen ihr dabei. Sie bekam einen klaren Kopf und begann ihr Herz zu ordnen. Trotzdem nahm sie sich eine weitere Auszeit. Sie reiste alleine weiter und fand Gefallen daran, sich durch Kulturen zu kämpfen. Dabei entdeckte sie neue Wege, sich auszudrücken. Sie nahm auch Gelegenheitsjobs an, um sich das alles finanzieren zu können und dokumentierte ihre Reise online. So blieb sie auch mit ihren Freunden in Kontakt. Sie konnten dort direkt nachlesen, was gerade passierte und dass sie sich keine Sorgen machen mussten. Hikari entdeckte ihre Leidenschaft für das Fotografieren wieder und schrieb in einem Blog. Daneben skypte sie regelmäßig mit ihrem Bruder, ihren Eltern und Freundinnen. Ab und an überkreuzte sich ihr Weg mit dem von Meiko und manchmal war auch Taichi dabei. Doch nun hatte sie sich nach Paris gewagt. Eine Stadt, deren Trubel wie neu auf sie wirkte. Und wie aufs Stichwort entdeckte sie den Blondschopf, auf den sie gewartet hatte. Sie hielt die Luft an und musterte ihn. Er hatte sich erneut etwas verändert und sie spürte ihr Herz schneller schlagen. Es schien, als hätte er an Größe gewonnen, gleichzeitig aber auch etwas nachdenklicher. Was er wohl in den letzten Monaten durchlebt hatte? Immerhin hatte sie sich nicht bei ihm gemeldet. Kein Wort von sich gegeben und war einfach verschwunden. Als würde er es merken, wandte er den Kopf herum. Seine Augen weiteten sich und er hielt in seiner Bewegung inne. Beide sahen sich an, während sie sich erhob und nicht wusste, ob er sauer auf sie war oder was er überhaupt sagen könnte. Er konnte ihrem Blick nicht ausweichen und trat langsam näher. Als er direkt vor ihr stand, stieg ihr sein Duft in die Nase und sie sog so viel wie möglich davon ein. Denn es könnte jeden Moment soweit sein, dass er sich einfach umwandte und verschwand. Verschwand und nie zurückkam. Sein Blick senkte sich leicht und schien suchend über sie zu gleiten. Für einen Augenblick hellte sich sein Gesicht auf. Da klappte auch ein Schalter um und seine Hand legte sich in ihren Nacken, während er sie an sich zog und seine Lippen auf die ihren legte. Ihre Finger krallten sich in seine Seite, während sie diesen Kuss erwiderte. Die Außenwelt blendete Hikari vollständig aus und ergab sich ihren Gefühlen. Ihr Herz hüpfte freudig auf und ab. Als würden sich hunderte von Schmetterlingen darin tummeln. Mit dieser heftigen Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Doch es schien, als hätte sich nichts in ihrer beider Gefühlsleben verändert. Egal was auch passieren würde, es war, als würden sie immer wieder zueinander finden. Etwas, was ihr gerade in diesem Moment sehr gefiel, zuvor jedoch ihr Herz ständig hatte schmerzen lassen. Schwer atmend lösten sie sich voneinander. Wenige Zentimeter. „Ich dachte, ich seh dich nie wieder“, hauchte er ihr entgegen. Seine Hände wanderten über ihren Körper, krallten sich in ihre Haare. Er lächelte dabei, was sie mit Tränen in den Augen erwiderte. Das hatte sie auch gedacht. „Ich liebe dich!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)