Buße tun von Kerstin-san ================================================================================ Kapitel 1: Buße tun ------------------- Am Anfang dachtest du wirklich, dass du die drei Aufgaben überleben würdest. Du hast geglaubt, dass dein Lebenswille größer als Deans ist und dass du deshalb bessere Chancen hast, aus dieser Sache herauszukommen, als dein desillusionierter, großer Bruder. Relativ schnell bist du aber auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden. Was als quälender, blutiger Husten angefangen hat, hat sich zu Fieberattacken entwickelt und zu zunehmender körperlicher Schwäche geführt. Und so, wie du dich jetzt fühlst, glaubst du nicht mehr daran, dass du die dritte Aufgabe lebend überstehen wirst. Aber das spielt auch keine Rolle. Hier geht es nicht um dich, sondern um das Allgemeinwohl. Was ist schon ein einziges Leben im Vergleich zu den vielen, die gerettet werden können, wenn die Tore der Hölle geschlossen werden? Auch Mr. Spock würde dir da zustimmen. Und Dean. Auch ohne seine Star Trek-Leidenschaft.   Abgesehen davon, dass es das Richtige ist, diese einzigartige Gelegenheit zu ergreifen, um zukünftiges Leid zu verhindern, gibt es dir auch die Möglichkeit, dich reinzuwaschen. Es ist eine Chance, Buße für deine begangenen Sünden zu tun. Und davon gibt es mehr als genug.   Während du dich im Beichtstuhl auf den blanken Boden kniest, weil du der morschen Kniebank vor dir nicht recht traust, und dir verzweifelt die richtigen Worte zurechtlegst, versuchst du gleichzeitig Crowley auszublenden, der nur wenige Meter von dir entfernt ist. Tief einatmend bemühst du dich, deine hektischen Gedanken zu sortieren und dich nur auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. „Okay“, murmelst du, ehe du dich nervös räusperst und deine Hände faltest. „Falls mir jemand zuhört, es geht los.“ Du leckst dir fahrig über deine Lippen, schaffst es aber nicht, deine Gedanken konkret in Worte zu fassen. Die Sekunden verrinnen, während du fieberhaft nach einem Anfang suchst. Angesichts deiner eigenen Unfähigkeit, deine Missetaten klar zu benennen und dafür um Vergebung zu ersuchen, überkommt dich ein Gefühl tiefer Frustration und Unzulänglichkeit. Warum fällt es dir so schwer, in Worte zu fassen, was du dir sonst sowieso regelmäßig vorwirfst und was andere dich immer und immer wieder hören lassen? Weil du zu viele Fehler gemacht hast und nicht weißt, wo du anfangen sollst? Weil du dir nicht sicher bist, ob dir jemals vergeben werden kann? Aber geht es denn nicht genau darum? Dass man sich seine Fehler eingesteht, sie bedauert und dafür Vergebung empfängt? Du versuchst in deinem Gedankenwirrwarr eine Antwort auf die Frage zu finden, ob du deine Fehltritte bedauerst - etwas, das du definitiv bejahen kannst. Bei der Frage, was genau du beichten sollst, gerätst du allerdings erneut ins Stocken. Einfach unreflektiert, für alle begangenen Sünden um Vergebung zu bitten, kommt dir nicht richtig vor. Eine Beichte sollte schließlich dazu führen, dass man in sich geht und sein Verhalten überdenkt. Unsicher beißt du dir auf deine Unterlippe. Was, wenn es der falsche Weg ist, alle begangenen Fehler einfach aufzulisten, ohne vorher darüber nachzudenken, in wie weit es ein Muster gibt, das man zukünftig durchbrechen muss? An was man arbeiten muss, um zu verhindern, dass man wieder auf Abwege gerät?   Unruhig rutschst du auf deinen Knien hin und her. Die Kälte des Steinbodens ist mittlerweile durch deine Hose gedrungen und der harte Untergrund verhindert, dass du deine derzeitige Position als angenehm empfindest. Etwas, das dir angesichts der Gesamtsituation nur passend vorkommt. Du knetest nervös deine Finger und rufst dir Dean und seine Vorschläge für deine Beichte ins Gedächtnis: Ruby. Lilith. Luzifer. Deine verlorene Seele. Nicht nach Dean gesucht zu haben, als er im Fegefeuer war. Deine Gedanken gleiten anschließend zu dem Fall zurück, als Dean unter dem Einfluss des Pennys stand und dir Vorhaltungen gemacht hat. Über das Dämonenblut. Darüber, dass Benny ihm ein besserer Bruder war, als du. Dass du ihn hängen gelassen hast. Allein der Gedanke daran schmerzt. Dean hat zwar gemeint, dass er sich nicht einmal daran erinnert, was er damals zu dir gesagt hat, aber der Penny hat ihn nur Sachen aussprechen lassen, die er insgeheim bereits gedacht hat. Es ist nicht so, als hätte der Penny neue Empfindungen in ihm geweckt, er hat sich nur zu Nutze gemacht, was schon da war. Was immer noch da ist. Die Wahrheit ist, dass Dean dir nie für deine Fehler vergeben hat. Egal, wie oft er schon etwas anderes gesagt hat und dir gegenüber von Pauschalentschuldigungen gesprochen hat. All deine Rechtfertigungen, Entschuldigungen und Versuche, deine Taten wieder gutzumachen, haben ihn nicht dazu gebracht, dir verzeihen zu können. Manche Enttäuschungen wiegen wohl einfach zu schwer. Dass ausgerechnet Dean, der wichtigste Mensch in deinem Leben, immer und immer wieder unter dir und deinem Verhalten zu leiden hat, trifft dich ganz besonders.   Und plötzlich weißt du, was du beichten sollst. Mit einem Mal siehst du das Muster. Dir wird klar, dass sich alles, was du getan hast und so sehr bereust, unter einem einzigen Punkt zusammenfassen lässt. Zuversicht durchströmt dich, du senkst den Kopf und starrst auf den Steinboden, der dir mit einem Mal nicht mehr ganz so kalt und unbequem vorkommt. Dann schließt du konzentriert die Augen, blendest deine Umgebung aus und fängst an zu sprechen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)