Abyss von lunalinn ================================================================================ Kapitel 10: Risk ---------------- Eigentlich gibt es keinen Grund mehr für Enji, in den Club zu gehen. Nicht mehr, seitdem Hawks und er sich privat treffen. Und das tun sie oft. Enji ist sich immer noch nicht sicher, ob es richtig ist, dem nachzugeben. Es fühlt sich gut an, keine Frage. Hawks ist überraschend unkompliziert – in jeglicher Hinsicht. Ob sie nun miteinander schlafen oder einfach nur Zeit auf der Couch verbringen – Enji ist entspannter. Mit jedem Mal ein bisschen mehr. Vielleicht ist es das, was ihm Angst macht. Es ist, wie er gesagt hat, er hat es nicht verdient, glücklich zu sein. Trotzdem kann er nicht aufhören und den Kontakt abbrechen. Stattdessen kommt er am Freitagabend wieder in den Club, um Hawks nach seiner Schicht mitzunehmen. Als er Pinkys rosa Haarschopf auf der Bühne erkennt, wird ihm bewusst, dass er sich nicht mehr so sehr von ihrem Freund unterscheidet. Auch, wenn er das zwischen Hawks und ihm nicht benennen kann. Sei es drum, er will bloß einen Whiskey trinken und warten, bis sie gehen können. Da er Hawks nicht entdecken kann, geht er direkt zur Bar – und stutzt, als er dort einen bekannten Blondschopf sitzen sieht. Das ist doch jetzt nicht wahr. Für einen Moment überlegt Enji wirklich, ob er sich umdrehen und gehen soll. Andererseits muss er Hawks dann entweder absagen oder im Auto warten. Beides ist für ihn keine angenehme Option, weswegen er durchatmet und sich schließlich überwindet, sich ebenfalls an die Bar zu setzen. „Ich dachte, das wäre nicht dein Ding“, knurrt er anstelle einer Begrüßung, da Angriff die beste Verteidigung ist. Toshinori zuckt zusammen und blickt ihn verdutzt an. Gut, immerhin ist er nicht gekommen, um ihn hier abzupassen, das macht die Sache direkt weniger unangenehm für ihn. „Oh, Enji, ich…also, das stimmt schon“, stammelt dieser etwas überfordert los. „Ich…bin nicht wegen der Show hier…“ Enji hebt eine Braue, weil ihm kein Grund einfällt, wegen dem der andere sonst hier sein könnte. Diesmal hat er schließlich nicht seine Kollegen im Schlepptau, sondern scheint allein hier zu sein. Seine Ausreden kann er sich also schenken. „Und weswegen dann? Wohl kaum, weil das Wasser hier so gut schmeckt “, meint er mit gewissem Spott in der Stimme. Toshinori räuspert sich, weiß wohl nicht, was er sagen soll. Die unangenehme Stille dehnt sich aus. Jedenfalls bis Aizawa auftaucht und Enji ohne Aufforderung und mit gewohnt finsterer Miene seinen Whiskey auf den Tresen knallt. „Er ist wegen mir hier.“ Nun braucht Enji ein paar Sekunden, um sich zu fangen. Er wirft Toshinori einen langen Blick zu, dem dieser verlegen ausweicht und dabei an seinem Glas Wasser nippt. Das ist ein schlechter Scherz. Er sieht von einem zum anderen, nicht sicher, was er dazu sagen soll. Ob er etwas dazu sagen soll. Sein Ex und dieser grimmig dreinblickende Barkeeper? Irgendwie kann er sich das absolut nicht vorstellen. Kein bisschen. Hat Aizawa ihn das letzte Mal nicht beleidigt? Eben jener funkelt ihn beinahe schon herausfordernd an, doch da Enji weiterhin schweigt, wendet er sich ab, um die nächsten Kunden zu bedienen. Erst danach sieht er wieder Toshinori an, der immer noch verlegen wirkt, aber dabei nun dümmlich grinst. „…du hast was mit dem Kerl?“, brummt er, als er sicher sein kann, dass Aizawa nicht mithört. Er möchte nämlich wirklich nicht, dass dieser ihm doch noch ins Glas spuckt. Zuzutrauen wäre es ihm. „Hat letztens nicht den Eindruck gemacht, als könnte er dich leiden“, fügt er noch an, woraufhin Toshinori schmunzelt. „Nun, wir sind an dem Abend noch mal ins Gespräch gekommen und ich denke, da hat er festgestellt, dass ich gar nicht so scheiße bin.“ „…hat er das so gesagt?“ „Mir gefällt seine Ehrlichkeit.“ Und damit ist die Frage wohl beantwortet, auch wenn Enji findet, dass Aizawa seine Ehrlichkeit nicht jedem direkt ins Gesicht knurren muss. Aber gut, wenn Toshinori meint, dass er das braucht, soll er halt machen. Es ist nicht sein Problem. „Ich bin jahrelang von Menschen umgeben gewesen, die lieber hinter meinem Rücken geredet haben“, fährt der Blonde fort. „Es ist erfrischend, Menschen zu begegnen, die mir ihre Meinung direkt sagen können.“ „Hat dich keiner gezwungen, wegzugehen, um erfolgreich zu werden“, erwidert Enji vielleicht etwas zu schnippisch. Vielleicht ist da doch noch ein Teil von ihm, der das persönlich nimmt und es Toshinori missgönnt. Er weiß, dass es unsinnig und unfair ist, aber er ist ebenfalls niemand, der Leuten Honig ums Maul schmiert. Anscheinend hat er ihn damit getroffen, denn seinem Gegenüber entgleisen kurzzeitig die Gesichtszüge. Er öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, zögert dann aber. Vielleicht, weil er befürchtet, dass er etwas Falsches sagt – oder die Wahrheit, die Enji vermutlich ebenso wenig gefallen wird. „Du weißt hoffentlich, dass mir das nicht leicht gefallen ist“, erwidert er schließlich bemerkenswert ruhig. „Ich hatte ein Ziel…einen Traum, den ich mir erfüllen wollte…und…nun, du wärst nicht mitgekommen. Nicht wahr?“ Enji sieht bei der Frage stur in sein Glas; nein, Amerika ist nie eine Option gewesen. Das ist Toshinoris Traum gewesen, nicht seiner. Ohnehin wäre das mit ihnen beiden wohl nicht ewig gut gegangen, dazu sind sie einfach zu verschieden. Wobei ihm der Gedanke kommt, dass das bei Hawks nicht anders ist. Der Whiskey hat plötzlich einen miesen Beigeschmack. „Nein“, antwortet er nach ein paar Sekunden. „Wäre ich nicht.“ Toshinori nickt nur, wie er aus den Augenwinkeln erkennen kann. Scheinbar findet auch er, dass es keinen Sinn macht, weiter darüber zu diskutieren. Es ist Vergangenheit. „Bist du wieder wegen Hawks-kun hier? Ihr wirktet beim letzten Mal sehr vertraut.“ Enji weiß nicht, wie er darauf reagieren soll; es zu leugnen macht wohl keinen Sinn mehr. Vor allem, da es noch beschämender wäre, nur wegen der Shows hier zu sein. Eigentlich will er gar nicht darüber reden. „Und wenn?“, knurrt er zurück. „Willst du mir dann ins Gewissen reden?“ Toshinori schüttelt langsam den Kopf. „Ich denke, dass du deine Gründe haben wirst“, meint er schließlich. „Nach allem, was passiert ist…es muss sehr hart für Rei und dich gewesen sein. Geht es ihr…inzwischen besser?“ Enji packt sein Glas fester, während er nicht weiß, was er bei der Frage fühlen soll…oder generell was er darauf antworten soll. Ja, es ist hart gewesen. Ja, Enji hat viel dazu beigetragen, dass die Situation heute so festgefahren ist. Er fühlt sich schuldig und daher ist es schwer, sachlich auf diese Frage zu antworten. Er bemüht sich. „Nicht wirklich.“ Nicht, dass er sie in letzter Zeit besucht hat, doch er informiert sich regelmäßig über ihren Zustand. Es ist nicht so, wie es für Toshinori aussehen muss. Dass er seine Frau abgeschoben hat und sich mit einem jüngeren Kerl vergnügt, um alles hinter sich zu lassen. Als würde er kein Gewissen besitzen. Das tut er und es wiegt schwer, was sich auch nicht ändern wird. „Das tut mir sehr leid“, erwidert der Blonde ernst. „Du denkst also nicht, dass das mit euch wieder wird? Ich meine, manchmal wird einem durch eine Auszeit bewusst, was man aneinander hat…“ „Soweit ich weiß, hat dir deine Auszeit zur Trennung verholfen“, knurrt er zurück, da bei dem Thema sein Blut hochkocht. Toshinori verstummt kurz, sich wohl bewusst, dass Enji von David redet. „Sozusagen“, gibt er zu. „Fernbeziehungen gehen nie lange gut, wie du weißt – da waren Dave und ich uns ebenfalls einig. Wir haben uns einvernehmlich und im Guten getrennt. Was wir in den Medien erzählt haben, ist die Wahrheit. Wir sind immer noch befreundet und halten Kontakt.“ Die unausgesprochene Frage steht zwischen ihnen, doch Enji kann nichts dazu sagen. Weil er es nicht weiß. Rei ist gerade nicht dazu in der Lage, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Sie muss sich gerade um ihre mentale Verfassung kümmern und dieser würde er nur schaden. Was danach sein wird, weiß er nicht. Es ist zu viel passiert und selbst, wenn sie daran arbeiten…sie werden nicht mehr zueinander finden. Gegenseitige Akzeptanz ist alles, was er sich erhoffen kann. „Schon gut. Vergiss, dass ich davon angefangen habe. Es ist deine Sache, wie du damit umgehst“, lenkt Toshinori ein. „Wenn du aber darüber reden willst, bin ich für dich da. Ich hoffe, das weißt du.“ Enji kann und will dem eindringlichen Blick nicht standhalten. Auch, wenn es ihm widerstrebt, dem zuzustimmen, weiß er, dass Toshinori niemand ist, der einem ins Gesicht lügt. Er ist eine ehrliche Haut und einst hat er das an ihm geschätzt. „Ich komme klar“, meint er knapp und Toshinori nickt. Ihr Gespräch wird unterbrochen, als auffallend laute Stimmen ertönen, sodass er sich umdreht. Gegen die Musik anzukommen, ist eigentlich so gut wie unmöglich, von daher wundert er sich schon. Jedoch versteht er recht schnell, dass da wohl jemand gegen die Clubregeln verstoßen hat, denn er entdeckt Kans bullige Gestalt, die jemanden zum Ausgang schleift. Der Mann tobt und wehrt sich in dem groben Griff des Hünen, der ihm den Arm auf dem Rücken verdreht hat. Enji spannt sich unweigerlich an, als er den Typen als denjenigen erkennt, der Hawks seit Wochen für das Separee bucht. Das siedend heiße Gefühl der Eifersucht kocht diesmal nicht als Einziges in ihm hoch. Enji weiß, dass Hawks auf sich aufpassen kann, dennoch kann er nicht verhindern, dass er sich um den Blonden sorgt. Was ist passiert? „War abzusehen.“ Enji hält inne, als Aizawas dunkle Stimme hinter ihnen ertönt, und auch Toshinori dreht den Kopf in Richtung des Barkeepers. Ein Funkeln liegt nun in seinen Augen, die blutunterlaufen wie immer sind und unter denen tiefe Schatten liegen. „Der Herr hat wohl für Ärger gesorgt?“, fragt Toshinori, während Enji Ausschau nach Hawks hält. Er ist drauf und dran, einfach nachzusehen, doch vermutlich schmeißt Kan ihn dann als Nächstes hinaus. Es macht ihn innerlich wahnsinnig, nicht zu wissen, was mit ihm ist. Inzwischen haben sich die restlichen Leute wieder der Show von Miruko zugewandt, die Stimmung ist ausgelassen. „Wenn du damit das Schwein meinst, das seine Finger nicht bei sich behalten kann, dann ja. Kerle wie der kapieren es einfach nicht“, brummt Aizawa mit deutlich verärgertem Unterton. Dann gießt er sich selbst einen Kurzen ein und kippt diesen herunter – vermutlich zur Beruhigung. Enji könnte auch noch einen Drink gebrauchen, doch er hält an dem Gedanken fest, dass er noch fahren muss. Jedenfalls hofft er das, da er immer noch nicht weiß, wie es Hawks geht. Es muss wegen ihm gewesen sein, nicht wahr? „Also hat er die Angestellten belästigt?“ „Gibt immer Typen, die nicht verstehen, dass das hier weder ein Bordell noch die Partnerbörse ist“, erwidert Aizawa gereizt. „Hoffe, Kan verpasst ihm ein paar…“ Scheint ihm ja wirklich etwas auszumachen, wenn er so reagiert. Nicht, dass Enji es nicht nachvollziehen kann. Falls er Hawks etwas getan hat, zieht er ernsthaft in Erwägung, den Kerl zu verprügeln – und das irritiert ihn selbst. Hawks geht ihm viel zu sehr unter die Haut, dafür, dass das etwas Lockeres zwischen ihnen sein sollte. Etwas ohne komplizierte Gefühle. Leider ist Enji es gewöhnt, dass bei ihm nie etwas unkompliziert vonstattengeht, von daher sollte er sich wohl nicht wundern. Seine Anspannung bleibt jedenfalls bestehen, bis er Hawks ein paar Minuten später in Hoodie und Jogginghosen entdeckt. Ein hoch gewachsener, blonder Mann, der komplett in Jeans gekleidet ist, begleitet ihn und spricht anscheinend mit ihm, auch wenn man das wegen des hohen Kragens nicht erkennen kann . Hawks nickt jedoch immer mal wieder oder schüttelt den Kopf. „Beruhig dich, Endeavor“, kommt es von Aizawa, der seinem Blick scheinbar gefolgt ist. „Das ist nur unser Boss.“ Enji stockt. Er weiß nicht, was er erwartet hat, aber der Kerl wirkt nicht wie jemand, der einen Stripclub leitet. Er wirkt jünger, als Enji es ist, und irgendwie nicht wie die Autoritätsperson, wie er sie sich vorstellt. Der Mann legt Hawks eine Hand auf die Schulter und sagt etwas, woraufhin dieser schief lächelt und abwinkt. Dann schiebt er die Hände in die Taschen seines Hoodies und begibt sich zu ihnen an die Bar. „Bist früh dran, Endeavor-san – zum Glück ist meine Schicht heute etwas kürzer. Oi Toshi, du auch hier? Hoffe, ich störe euch nicht?“, zwitschert er sofort los und lehnt sich provokativ an seine Seite. Die gute Laune und das breite Grinsen kauft ihm Enji diesmal nicht ab. Es stört ihn, dass Hawks so tut, als wäre nichts, doch er stößt ihn nicht weg. „Hallo Hawks-kun, nein, du störst nicht, keine Sorge“, kommt es sofort von Toshinori. „Ich hoffe, es geht dir gut?“ „Blendend~!“, erwidert Hawks und strahlt ihn an. „Der kleine Zwischenfall eben, den habt ihr wohl mitbekommen? Tja, deswegen soll man immer seine Pfoten bei sich behalten, wenn’s nicht ausdrücklich anders gewünscht wird, aber na ja, so ist das Berufsrisiko. Also dann, wollen wir fahren, Endeavor-san?“ Enji fixiert ihn argwöhnisch, weiß nicht, was er noch dazu sagen soll. Er will darüber aber auch nicht vor Toshinori sprechen. Generell möchte er ebenso wie Hawks einfach fahren. Ihm entgeht nicht, dass Aizawas Blick nicht gerade vor Begeisterung sprüht. „Melde dich, wenn du etwas brauchst“, sagt dieser noch, woraufhin Hawks den Kopf neigt. „Ja klar, mach ich. Aber der Große hier sorgt schon für mich, nicht wahr? Bin in besten Händen! Euch beiden noch einen schönen Abend – tut nichts, was ich nicht auch tun würde! Wobei…dann steht euch die Welt offen, haha…“ „Hawks…“ Während Aizawa nun genervt wirkt, räuspert sich Toshinori verlegen. Okay. Das reicht. Er will hier weg. Zum Glück muss er da nicht lange bitten, genau genommen gar nicht, denn Hawks hakt sich bei ihm ein und winkt noch mal, ehe er mit ihm nach draußen geht. Dort lächelt er Kan fröhlich an und muss auch ihm noch mal bestätigen, dass alles in bester Ordnung ist – erst dann dürfen sie ins Auto steigen. Eigentlich ist das nicht verkehrt. Die Leute im Club achten auf Hawks, gehen gegen Übergriffe vor. Enji wirft Hawks einen Blick zu, als dieser sich angeschnallt hat. Das Lächeln ist verschwunden und er wirkt müde, lehnt sich zurück. „Jetzt sieh mich nicht so an“, murmelt er und streckt sich leicht. „Ist nichts Wildes passiert. Wie ich sagte, Berufsrisiko. Gibt immer mal solche, die die Grenzen überschreiten. Ich werde es überleben und wir werden gleich genialen Sex haben, so wie immer.“ Er zwinkert ihm zu, doch es beruhigt Enji nicht. Vielmehr fühlt es sich so an, als würde Hawks denken, dass er etwas von ihm erwartet. Er will nicht, dass der Jüngere denkt, dass er ausschließlich darauf aus ist, dass sie Sex haben werden. Sicher, so ist das zwischen ihnen gedacht, aber unter solchen Umständen würde er das niemals einfordern oder ihr Treffen deswegen absagen. „Sag das nicht so“, knurrt er schlecht gelaunt und Hawks hebt eine buschige Braue. „Dass wir genialen Sex haben? Ist doch die Wahrheit?“ „Ich meine, sag das nicht so, als…würde ich dich sonst rausschmeißen. Ich weiß nicht, was da vorhin passiert ist, aber wenn du nicht in Stimmung bist, holen wir etwas zu essen und verbringen den Abend vor dem Fernseher. Waren doch deine Worte? Von wegen kein Druck?“, fährt er fort und wird verdutzt angesehen. Ist Hawks sprachlos? Jedenfalls wirkt es so, doch dann fasst er sich und setzt ein schiefes Grinsen auf. „Ne, ist schon richtig. Hab nur irgendwie nicht erwartet, dass du dir Sorgen um mich machst. Das ist...unerwartet und lieb von dir. Ehrlich, ich bin geschmeichelt. Aber so schlimm ist es wirklich nicht gewesen. Der Kerl ist die letzten Male schon zudringlicher geworden. Diesmal hat er die Hand in meine Hose geschoben und ich meine Faust in sein Gesicht. Daraufhin hat er mich niveaulos beleidigt und wollte mich verprügeln – ich habe aber eine gute Abwehr drauf. Außerdem war Kan echt schnell da und hat ihn rausgeschmissen. Chef meinte, der Typ hat jetzt Hausverbot, und er hat mir angeboten, frei zu nehmen. Wie du siehst – alles im Lot.“ Enji hört ihm zu, doch die Wut in seinem Bauch verschwindet nicht. Weil es um Hawks geht. Hawks, der ihm wichtig geworden ist und den er gern hat. Verbissen starrt er auf seine Finger, die um das Lenkrad verkrampft sind. Hawks bemerkt es wohl, denn er legt seine Hand auf seine rechte und drückt diese leicht. „Alles in Ordnung. Lass uns einen schönen Abend haben, hm?“, meint er und diesmal wirkt sein Lächeln ehrlich. Enji atmet tief durch, doch dann nickt er, denn das will er auch. Einen schönen Abend haben und vergessen. Das wollen sie heute vermutlich beide. Irgendwie hat es sich eingespielt, dass sie zusammen Marvel-Filme schauen, so auch an diesem Abend. Sie schauen den ersten Teil der Avengers . Enji liegt rücklings auf der Couch, Hawks auf ihm, wobei er sich eigentlich nur bewegt, um ein paar der mittlerweile kalten Pommes zu ergattern. Mehr ist vom Fast Food nicht übrig geblieben. „Dachte, du bist satt“, brummt er, ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen. „Bin ich auch. Aber ein paar Pommes als Snack gehen immer.“ „Ah ja.“ „Schiss, dass ich fett werde?“, fragt Hawks amüsiert und sieht zu ihm auf. „Keine Sorge, ich bewege mich viel und der Stoffwechsel läuft auch!“ „…du kannst essen, so viel du willst“, erwidert Enji genervt. Immerhin lässt er sich auch nicht vorschreiben, wie viel er trinkt. Auch wenn es seit Hawks‘ Anwesenheit weniger geworden ist. Weil ihm nicht entgeht, dass es den Jüngeren stört, auch wenn er nichts sagt. Außerdem ist er nicht mehr ständig allein. Hawks schmunzelt nur und nimmt sich noch eine Pommes, ehe er sich wieder an ihn lehnt, den Film weiterverfolgt. „…welche Superkraft hättest du am liebsten?“, fragt er nach einer Weile und Enji stutzt. Früher hätte er wohl auf eine starke Kraft gesetzt, irgendein Element kontrollieren oder so etwas in der Art. Heute weiß er, dass diese Kraft wohl bei ihm nicht in den besten Händen wäre. Wenn er es schon schafft, sich als normaler Mensch alles zu ruinieren… „Also ich würde mir echte Flügel wünschen“, meint Hawks, als Enji zu lange schweigt. „Es muss richtig cool sein, zu jedem Ort der Welt fliegen zu können. Einfach weg…und mit so viel Schnelligkeit lässt sich bestimmt auch viel Gutes tun, oder? Hm…und zu dir passt irgendwie Feuer, finde ich. Oder Hulk-Kräfte. Auch wenn du schon ohne Verwandlung voll der Muskelprotz bist.“ Enji hebt eine Braue bei seinen Worten. „Ich denke nicht, dass so eine Kraft bei mir gut aufgehoben wäre“, erwidert er ehrlich. Hawks runzelt die Stirn, mustert ihn ein paar Sekunden nur. Dann zuckt er mit den Schultern und lehnt den Kopf wieder gegen seine Brust. „Ich glaube, du bist zu hart zu dir selbst. Wenn du aber darüber reden willst, warum du so ein schlechter Mensch bist, dann höre ich dir zu. Oder wir unterbrechen den Film kurz und ich helfe dir dabei, diese finsteren Gedanken für ein paar sehr intensive Minuten aus dem Kopf zu kriegen. Deine Entscheidung, Endeavor-san.“ Enji schnaubt. „Du willst das wirklich?“ Auf das Angebot eines Gesprächs geht er nicht ein. Reden will er nicht darüber. Jedenfalls nicht jetzt. „Sex mit dir? Immer. Wie gesagt, das heute pisst mich an, aber nicht genug, dass es mich davon abhält, eine gute Nacht mit dir zu haben.“ Enji kann schlecht nein sagen, wenn Hawks sich zu ihm herumdreht und ihn mit diesem Ausdruck ansieht, der deutlich macht, dass es sein Ernst ist. Eigentlich hat er nicht damit gerechnet, dass heute etwas in der Richtung zwischen ihnen laufen wird, aber gut, wenn der Jüngere es will, wird er nicht ablehnen. Weil er es auch will. Ihn will. Daher besteht seine Antwort darin, eine Hand in Hawks Nacken zu legen und ihn zu küssen. Er spürt das zufriedene Grinsen gegen seine Lippen…und es lässt sein Herz rasen. Ihm wird abermals bewusst, dass das hier in eine Richtung geht, die er eigentlich nicht hatte einschlagen wollen – und er weiß, dass es längst zu spät ist, um zurückzukönnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)