Kriegerin bei Nacht von Anna_Lotta ================================================================================ Kapitel 6: Coco --------------- Kira und Koray hatten sich auf eine kleine Mauer gesetzt, um sich zu unterhalten. „Was machst du denn hier?“, fing Kira an. „Ich bin Hausmeister nebenan im Gebäude“, erwiderte Koray. Kira stutzte. „Moment mal… bist du nicht eigentlich Schauspieler? Ich hab im Internet von dir gelesen.“ „Ja, aber nur tagsüber! Ich wollte früher schon gerne schauspielern, und nachdem ich Krieger geworden war…na ja, hatte ich sozusagen eine zweite Chance bekommen. Und es hat ja auch ganz gut geklappt!“ „Beeindruckend!“, meinte Kira. „Na ja… die Organisation hat auch ein bisschen geholfen. Sie meinten, wenn ich bekannt bin, hab ich mehr Verbindungen, die nützlich sein könnten.“ Kira wollte gerade etwa erwidern, als plötzlich eine Stimme von oben kam. „Oh, wie mutig. Bist du heute mal ohne deinen Aufpasser unterwegs?“ Kira sprang auf. Vor ihr auf einer Mauer stand Wanda und schaute sie frech an. „Was willst du schon wieder?“, fragte Kira. „Na, was wohl?“, sagte Wanda und hob ihre Arme. Hinter Kira holte Koray seinen Bumerang aus der Tasche, doch bevor er etwas machen konnte, rief Kira: „Coco, jetzt!“ Coco schoß hinter einer Mauer hervor und umkreiste Wanda in der Luft. Diese schaute Coco verwirrt nach. Coco kreiste, scheinbar grundlos, immer weiter um Wanda. Kira musste daran denken, was Alon ihr über den Plan erzählt hatte. „Wandas Waffen sind dünne Fäden aus einem speziellen Material, mit denen sie die Gedankenjäger kontrolliert. Mit Cocos Hilfe können wir sie gegen sie verwenden“, hatte er gesagt. „Was soll das?“, rief Wanda langsam ungeduldig, doch da bemerkte sie, dass sie die Fäden, mit denen sie Gedankenjäger herbeiholte, nicht länger kontrollieren konnte. Coco hatte sie in der Luft eingesammelt und wickelte Wanda nun damit ein. Wanda saß auf der Mauer, ihr Gesichtsausdruck war eine Mischung aus verdutzt und trotzig, während Alon nun auch hervorkam und auf sie zuging. „Ihr seid gar nicht mal so dumm“, sagte sie, als sie sich ihrer Situation bewusst wurde. Alon stellte sich mit verschränkten Armen vor Wanda, während Kira einen sicheren Abstand hielt. „Warum hast du es auf Kira abgesehen?“, fragte er. Wanda lachte auf. „Ihr wisst es wirklich nicht? Erzählt euch die Organisation denn gar nichts?“ Alon und Coco sahen sich verwirrt an. „Ich kann euch nur eins sagen.“ Ihr Ausdruck verfinsterte sich. „Gedankenjäger verbreiten nichts als Schmerz.“ Bei diesen Worten zuckte Koray zusammen und setzte zum Reden an, doch Wanda kam ihm zuvor. „Aber, sag mal… du da!“ Wanda zeigte, so gut wie sie sich bewegen konnte, auf Coco. „Müsstest du nicht eigentlich auch bei der Organisation sein, anstatt hier mitzumischen?“ Kira und Koray sahen Coco fragend an, während Alon Wanda anfunkelte. „Das tut nichts zur Sache.“ „Nicht? Ich kann mir vorstellen, dass das auch für Kira interessant ist.“ Kira schaute Coco an. „Was meint sie?“, fragte sie vorsichtig. Coco seufzte und fing an zu erklären: „Weißt du, eigentlich müsste ich bei der Organisation gemeldet werden. Aber… ich möchte lieber hier bleiben.“ Sie schwebte nach vorne und nahm Kiras Hände in ihre. „Besonders jetzt, wo ich euch getroffen habe.“ Kira nickte und lächelte Coco an. „Da fällt mir auf…“, sagte sie, „Bist du gewachsen, Coco?“ Coco nickte. „Ich bin noch sehr jung, da wachse ich schneller.“ „Da fällt mir ein…“, sagte Kira zögerlich, „Was genau…seid ihr eigent-…“ „Moment mal!“, unterbrach Alon sie auf einmal, „Wo ist Wanda?“ Kira und Coco schauten auf die Stelle, wo Wanda zuvor gesessen hatte. Anscheinend hatte sie die Zeit genutzt um unbemerkt abzuhauen. Kira setzte sich seufzend auf die Mauer. Sie schaute zu Alon und Coco, die sich leise unterhielten, so als ob sie nicht wollten, dass Kira und Koray vom Inhalt etwas mitbekommen. Kira schwirrte immer noch der Kopf. Anstatt Antworten hatte das Treffen mit Wanda nur noch mehr Fragen hervorgebracht. Sie schaute zu Koray. Er stand mit dem Rücken zu ihr und hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt. Die Sonne ging gerade vor ihm auf und tauchte die Szene in ein warmes Licht. Auf einmal schimmerte seine Silhouette. Kira kniff die Augen zusammen. Die Gestalt des älteren Mannes verschwamm und nahm langsam seine junge Gestalt an. Kira sah, wie Koray sich umdrehte und seine Augen sich weiteten, als er bemerkte, dass sie zur gleichen Zeit verwandelt waren. Nach einer Weile ging er auf sie zu und sagte: „Wie…kann das denn sein?“ „Das ist wirklich bemerkenswert“, sagte Alon, der auf einmal neben Kira auftauchte. „Ist das normal so?“, fragte Kira, „Ich dachte, wir seien nie zur gleichen Zeit verwandelt…“ Alon überlegte kurz. „Ich frag mal bei der Organisation nach“, sagte er und schwebte ein Stück nach oben. Doch bevor er ging, drehte er sich noch kurz zu Kira und Koray um und sagte: „Ach, übrigens: Gute Arbeit heute.“ Kira und Koray kamen gerade bei dem Gartentor von Kiras Grundstück an. Koray hatte darauf bestanden sie nach Hause zu bringen. „Woher kanntest du mich eigentlich?“, fragte er, während sie durch den Garten gingen. „Also…“, überlegte Kira, „Das erste Mal hab ich dich bei der Bäckerei am Rand der Stadt gesehen.“ „Ah, ja, da habe ich Autogramme gegeben! Ich bin morgen… nein, heute auch wieder dort, wenn du Lust hast, schau doch mal vorbei.“ „Gerne!“ Kira nickte. „Obwohl ich nicht weiß, wie müde ich dann bin. Ich mein, es wird ja schon hell“, grummelte sie. „Ah, vielleicht weißt du das noch nicht, aber wir Krieger brauchen nicht so viel Schlaf. Ein paar Stunden und du bist wieder fit.“ „Echt? Wie praktisch!“ Sie waren am Haus angekommen, wo Kira die Tür öffnete. Sofort kam Nox angerannt und begrüßte sie stürmisch. Sie drehte sich zu Koray um. „Dann… bis morgen- ach ne, bis später. Oh Mann, ich komm ganz durcheinander.“ Koray lachte. „Bis später!“, sagte er und drehte sich um. Er ging durch den Garten und aus dem Tor auf die Straße. Kira sah ihm hinterher. Gerade als Koray hinter den Rhododendronbüschen verschwand, verwandelte sie sich zurück in ihr 59-jähriges Ich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)