An Even Madder Word von Hypsilon ================================================================================ Kapitel 4: Kokain ----------------- Hallo, mein Name ist Harry und ich bin Kokser und andere Probleme hab ich auch… Aber darüber rede ich erst, wenn ich weiß, dass keiner was sagt, ihr dürft doch nichts sagen? Nicht? Sehr gut… okay… also ich glaube, nun ja, ich weiß es ja nicht, aber ich glaube, ich bin schwul. Ich kann mit Frauen nichts anfangen, dabei hatte ich eine richtig heiße Freundin, zumindest haben das alle anderen gesagt und sie ist wirklich toll, sie hätte echt alles für mich gemacht, hat sie auch… aber das hat mich irgendwie nicht interessiert. Ich hab auch mit ihr d‘rüber geredet, dass ich wohl auf Männer stehe und sie wollte mich unterstützen, aber das hat nichts gebracht. Ich hab mich irgendwann meinen Freunden geöffnet… das war keine gute Idee… ihr sagt auch wirklich niemanden was? Ok… danke. Also ja… ich weiß gar nicht, was damals genau passiert ist… wir waren unterwegs, in einem Club, wahrscheinlich sogar mehr, damals hab ich schon hin und wieder Kokain genommen, nur ab und zu, wirklich nicht viel, aber an diesem Abend… Ich kann mich nur noch erinnern, dass mir irgendwann schwindelig war und dann war es schwarz, ich kann mich an nichts erinnern. Am nächsten Tag bin ich bei ‘ner Bushaltestelle aufgewacht. Meine Hose war runtergezogen und ich hab‘ mich schmutzig gefühlt, ich weiß nicht einmal, was passiert ist, ich hab auch niemanden davon erzählt… nun ja, ihr habe ich erzählt, sie hat mir zugeredet, wollte, dass ich zur Polizei gehe, aber was bringt das? Es macht nichts ungeschehen, außerdem… ich weiß ja nicht, was passiert ist, vielleicht war es nur ein dummer Streich… ich weiß nur seit dem ist es immer schlimmer geworden. Ich habe immer öfter Kokain genommen und hab mich zurückgezogen, hab mich auch nicht mehr bei ihrgemeldet, sie hasst mich vermutlich, hab bis jetzt nicht mehr mit ihr gesprochen, mir ist das alles so unangenehm, ich hab‘ die Kontrolle über mein Leben verloren… in der Zwischenzeit weiß ich auch, was damals passiert sein muss, von einer Line hab ich mir ja kein HIV geholt…. Erbarmungslos prasselte der Regen gegen die Scheiben der Fenster und irgendwann nahm Otogi es gar nicht mehr so wahr, ob es nun regnete oder nicht, das Begleitgeräusch war da, immerzu, aber er hatte sich damit abgefunden. Und irgendwann trat auch Routine ein. Er stand morgens auf, ging unter Beaufsichtigung duschen, frühstückte sogar, wenn auch sehr widerwillig und dann saß er für eine gute Stunde bei seinem Therapeuten, mal sprach er mehr, mal weniger. Vorrangig regte er sich über den Zustand dieser Einrichtung auf und darüber, wie er behandelt wurde und stritt sämtliche Vorwürfe ab, die ihn schwach dastehen ließen, auch wenn er sich danach immerzu besonders bemühte, seinen Körper nicht reagieren zu lassen, denn der zitterte immer wieder heftig, brach in Schweißergüssen aus und seine Haut wurde blass. Nach der Einzeltherapie verbrachte er die restliche Zeit zum Mittagessen vorrangig mit Reaktionen und unkontrollierten Ausbrüchen. Irgendwann warf er sich nach der Sitzung nur noch ins Bett und ließ die Entzugserscheinungen einfach nur über sich ergehen. Er wehrte sich nicht mehr, ließ das Zittern vollends zu, krampfte, drückte sich Fingernägel in die Haut seiner Oberschenkel und lag für gefühlte Ewigkeiten am Rücken und starrte die Decke an. Ein flüchtiger Blick hätte vermutet, er wäre den Folgen erlegen, genaue Blicke erkannten das Heben und Senken der Brust. Eine der jungen Schwestern, die noch nicht lange hier war – sie hatte kurzes aschblondes lockiges Haar und dunkelbraune Augen, etwas pummelig war sie, aber besaß die Ausstrahlung eines Engels. Eines Engels, den Otogi gar nicht sehen wollte. Sie kam am ersten Tag, als Otogi so reglos da lag, vollkommen außer sich in das Entgiftungszimmer geschossen und schüttelte den jungen Geschäftsmann wild durch. „Hey… ich bin noch da, ich bin noch da“, sagte er ihr wiederholt ehe sie ihn endlich losgelassen hatte. „Bitte entschuldigen Sie, aber das sah bis eben noch ganz anders aus“, erklärte sie sich, ihr Gesicht war rot vor Scham, denn sie gestand ihm gerade, dass sie ihn für tot hielt. „Fühlt sich auch anders an… ich fühl‘ mich tot… innerlich tot“, gab er zu und legte sich wieder genauso niedergeschlagen und erschöpft vom Leben, hin, wie vor dem Moment, als ihn die junge Frau durchgeschüttelt hatte. Sie seufzte und sah ihn mitleidig an. Mitleid, davon wollte er nichts wissen, er hasste Mitleid. „Sie befinden sich in der Crashphase“, wollte sie wissen. Otogi schloss die Augen. Es war ihm vollkommen egal, wie das hieß, wo er war, es war ihm egal, ob es schlechter oder besser wurde, er wollte einfach nur in seinem Elend alleine gelassen werden und hatte nicht einmal die Energie, sie wegzuschicken. Etwas in ihm wusste, dass er sich mit einer kleinen Dosis Heroin wieder arbeitsfähig machen konnte. Er könnte sich pushen, könnte arbeiten und ein normales Leben führen, aber diese Quacksalber hier untersagten es ihm. Das gehörte zum Entzug, dass man entzog. Später an diesem Tag, tatsächlich dämmerte es bereits und die Schicht wurde getauscht, da stand Tanya an seinem Bett. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu ihm hinunter. „Du siehst ganz schön scheiße aus“, nahm sie kein Blatt vor den Mund. Otogi stöhnte genervt auf. Er hatte seinen Unterarm über seine Augen gelegt gehabt und wartete darauf, dass dieser Tag, diese Nacht, dieser Monat vorbei war. Doch so schnell ging das nicht. „Bin sicher, du siehst nicht besser aus“, murmelte er, ohne die Schwester gesehen zu haben. Sie lachte. „Dennoch bin ich diejenige mit dem Schlüssel, magst du also raus oder nicht?“, fragte sie ihn mit einem verspielten Unterton, dem er beinahe folgen wollte. „Nein“, sagte er und blieb liegen. Er hatte keinen Antrieb auch nur irgendetwas zu machen. Vermutlich wäre er nicht einmal aufgestanden, hätte ihm Seto Kaiba persönlich gesagt, er habe ein Zimmer für die Nacht seines Lebens gebucht. Er hätte dankend abgelehnt und sich wie jetzt umgedreht, mit dem Gesicht zur Wand geschaut und hätte nicht einmal die Augen geöffnet. „Wie wärs, wenn wir einen Deal machen? Du gehst mit mir spazieren und ich schulde dir einen Gefallen“, schlug Tanya vor. Otogi wollte nur trocken wissen, welche Art von Gefallen sie sich vorstellte. „Ich könnte ein gutes Wort für dich einlegen, dass man freundlicher mit dir umgeht“, schlug sie vor, doch er lehnte ab. „Die können ruhig grob mit mir sein“, sagte er. Dann spürte er zumindest noch, dass er am Leben war, wenn sich schon sein ganzer Körper so kaputt anfühlte und ihm seine Gedanken streiche spielten. „Dann…“, Tanya überlegte und ihr kam eine Idee. Rasch griff sie nach Otogis Handgelenk, drückte fest zu und zog ihn ruckartig in ihre Richtung, doch Otogi entriss ihr den Arm wieder. Der Blick, den sie dafür kassierte war mit so viel Kälte und Verachtung gefüllt, dass sie zurück wich. „Es… es tut mir leid…“, stammelte sie hervor. „Ich dachte nur“, sie wurde je unterbrochen. „Du dachtest, du kannst den notgeilen hoffnungslosen Fall einfach mit ein paar Neckereien und groben Berührungen aus seinem Schneckenhaus holen?“ Otogi hatte sich aufgerichtet und schleuderte ihr die giftigen Worte entgegen. Natürlich wusste er, was sie vor hatte. Vielleicht hätte es vor einer Stunde auch was gebracht, vielleicht sogar in einer Stunde, aber jetzt in diesem Moment fühlte er sich wie ein Spiel, dessen nächstes Rätsel sie geknackt hatte und er wollte nicht so durchschaubar sein. „Ryuji“, sagte sie einfühlsam und machte wieder einen Schritt auf ihn zu. „Ich will dir nur helfen“, erklärte sie und ging vor dem Bett in die Hocke, dass ihr Gesicht mit seinem auf Augenhöhe war. Er schien durch sie hindurch zu sehen. Sein Blick war leer, sein Gesicht ohne Ausdruck. „Dann gib mir irgendwas…“, sagte er und fasste sich mit der Hand an die Stirn. Er war noch gar nicht lange da und hielt es einfach nicht mehr aus. Er war den ganzen Tag hier eingesperrt mit seinen Gedanken, die so wirr waren wie ein Zehntausender Puzzle, dessen Puzzlestücke alle mit dem Bild nach unten am Boden lagen. Als hätte jemand die Stücke zu seiner Seele vom Tisch gefegt und nun lag alles zerstreut zu seinen Füßen. Dieser Psychiater machte sich wie verrückt drauf und dran die Teile langsam wieder zusammenzustecken, erst starrte er lange darauf, dann sortierte er zumindest. Tanya versuchte soeben einfach auf gut Glück zwei Stücke zusammen zu setzen. Ein Versuch, vergebens. Aber sie wollte sich Zeit nehmen. „Ich kann dir nur meine ungeteilte Aufmerksamkeit geben“, sagte sie und stand dann auf. Otogi seufzte. „Und dir zuhören, du kannst mir alles sagen, was dir durch den Kopf geht, ich sags niemanden“, sprach sie weiter und deutete liebwollend zur Tür. Sie meinte ,frische Luft würde ihm gut tun. Er ließ sich überreden und ging ihr trottend nach. Wenig später blies ihm der kühle Wind durchs Haar und fast wirkte es, als würde er die negativen Gedanken verwehen, ein bisschen zumindest. Es tat gut, nicht mehr von Wänden umzingelt zu sein, auch wenn er wusste, dass er hier im Garten ebenso eingesperrt war und nicht flüchten konnte. Dem engen Raum aber konnte er mit Tanya für einen Moment entfliehen. „Wie fühlst du dich?“, fragte Tanya und Otogi lachte. „Beschissen“, war seine Antwort, sie steuerte ihm bei und gestand ihm zu, dass er immer noch genau so aussah. Sie sagte nicht, dass sie alle so aussahen, auch wenn es so war, sie sagte ihm aber, dass sie ahnte, wie attraktiv er wohl war, wenn er sich beisammen hatte. Otogi grinste. „Ich hab sie alle um den Finger gewickelt“, sagte er und Tanya lächelte. „Das glaub ich dir und das wirst du wieder, wenn du dich endlich zusammenreißt“, sagte sie direkt. Hätte es Dr. Carter gesagt, wäre er an die Decke gegangen, bei Tanya aber fühlte es sich wie das Gespräch mit einem Vertrauten an, als spräche er mit Honda oder Jonouchi oder sogar mit Yugi. Der Gedanke an seine Freunde machte ihn traurig, aber irgendetwas machte es mit ihm. Ab dann wurden die Sitzungen bei seinem Therapeuten anders. „Wie kann ich wieder ein normales Leben führen?“, fragte er ihn und Dr. Carter huschte ein triumphierendes Grinsen über die Lippen. Er notierte etwas in seinem Block, Otogi wollte wissen, was es war, doch er verriet es ihm nicht. „Sie müssen uns vertrauen“, antwortete der Doktor. Otogi seufzte. „Was kann ich gegen das Zittern tun?“, fragte er fast schon verzweifelt und hielt seinem Gegenüber die flache Hand vor, die in der Waagerechten wild wackelte. „Es ist keine Empfehlung, nur eine Beobachtung. Aber viele Menschen, die sich harten Drogen oder Alkohol entziehen, rauchen. Andere bekommen Beruhigungsmittel, aber davon möchte ich absehen, es sei denn, es wäre Ihnen lieber.“ Otog schüttelte den Kopf. Nein, er wollte keine Beruhigungsmittel. Er war ja nicht verrückt. Man musste ihn nicht mit Medikamenten beruhigen. „Ich rauche auch so schon“, sagte er und Dr. Carter hob die Augenbrauen. „Tatsächlich?“, wollte er wissen und blätterte durch seine Akte. „Kaiba weiß das wohl nicht, hat mich nie dabei gesehen“, erklärte Otogi, weil er vermutete, solche Dinge habe der CEO bei der Einweisung ausgefüllt. Er hatte sicher angegeben, dass er täglich kokste, ununterbrochen Heroin spritzte, kiffte und Crack rauchte. Aber Zigaretten, die waren ihm wohl zu harmlos, die hatte er bestimmt verneint. „Sie haben nie nach Zigaretten gefragt“, stellte Dr. Carter fest. „Ich habe nach Kokain und Heroin gefragt“, sagte Otogi und zuckte mit den Schultern. Wenn sie nun Tatsachen auftischten, konnte er gerne mitspielen. Der Medikus lachte. Otogi wollte wissen, warum. Die Antwort fiel dem Anderen leicht. Er meinte, Otogi habe nach allem gefragt, was er nicht haben konnte, als wolle er später behaupten können, man habe ihm alles verneint. „Das heißt, ich hätte brauchbare Pflegeprodukte haben können?“, war die Schlussfolgerung. Er bekam die Bestätigung. „Und Zigaretten darf ich auch haben?“, wollte er weiter wissen. Wieder eine Bestätigung. Otogi schüttelte müde den Kopf. „Und was ist mit dem Regen?“, fragte er. Dr. Carter sah ihn verwundert an. „Es regnet immerzu, aber nicht wirklich, nur da oben“, sagte Otogi und deutete auf seinem Kopf. Ihm war bereits bewusst, dass er sich den Regen nur einbildete, wie einen anhaltenden Tinnitus, nur dass es nicht hoch piepste, surrte oder schrie, sondern in seinem Fall eine eigentlich beruhigende Geräuschkulisse erschuf, die ihn zur Weißglut treiben wollte. „Das ist der Stress, die Psyche. Wenn wir aufarbeiten, was Sie erst in diese Lage gebracht hat, wird sich das von ganz alleine lösen, auch ihr Suchtproblem“, sagte Dr. Carter. Beim letzten Wort verkrampfte Otogi. Er hatte es immer noch nicht geschafft, offen nach außen zuzugeben, dass er wahrhaftig ein Suchtproblem hatte. Sich selbst hatte er es bereits mehrere Male angedeutet. Er spürte zwar den Entzug, sehr sogar, aber das stand für ihn nie in Verbindung mit einem wahrhaftigen Suchtproblem. Den Entzug hatte man auch ohne Sucht, ohne Problem. Er spürte das ja auch, wenn er lange keinen Kaffee trankt. Er wusste, man würde ihn nie als Kaffeesüchtigen hinstellen, noch weniger würde man seinen Kaffeekonsum als Problem sehen, dennoch hatte er Kopfschmerzen, wenn es mal soweit kam, dass er ein paar Tage keinen trank. Das war kein Suchtproblem, das war eine deutliche Reaktion, deswegen war er nicht süchtig. Deswegen hatte er kein Problem. Zumindest nicht solange, bis er verstand, dass es wahrhaftig anders war, dass er süchtig war und dass er aus dieser Spirale raus musste, in der er zu immer härteren Drogen gegriffen hatte und weiter gegriffen hätte, hätte ihn Seto Kaiba nicht aus dieser Sackgasse gezerrt. „Wie stehen Sie zu Seto Kaiba?“, wollte der Therapeut irgendwann wissen. Otogi konnte nicht sagen, die wievielte Sitzung es war, ob er noch immer hier saß oder schon wieder, die Tage verschwammen ineinander, es gab keine klaren Grenzen mehr. Eine trübe Wolke schien ihn immerzu zu begleiten, dass er nicht sagen konnte, ob es dunkel oder hell war draußen, einzig das kecke Gesicht der Nachtschwester ließ ihn erahnen, dass die Abendstunden angebrochen waren und das unverschämte fröhliche Lächeln dieser Blondine. Mary. Sie läutete den Tag ein. „Wir hatten ein paar Mal richtig guten Sex… oder darf ich das gar nicht sagen? Schadet das seinem Ruf?“, kam es mit einem spöttischen Unterton. „Sie dürfen alles sagen, was Sie für richtig und wichtig halten“, erwiderte Dr. Carter und erklärte Otogi, dass selbst, wenn er ein Minderjähriger wäre, alles, was er ihm sagte unter der ärztlichen Schweigepflicht stehen würde. Bei einem Minderjährigen zumindest bis zu einem gewissen Grad. „Sie sind ein Arschloch“, sagte Otogi dann ganz locker. Dr. Carter zuckte mit den Schultern. „Das ist Ihre objektive Meinung, ich schätze, sie würden mich mögen, würden wir uns auf eine andere Art und Weise kennen“, sagte er und schüttelte dann lachen den Kopf. „Nun gut, das kann ich nun wirklich kein bisschen glaubhaft rüber kommen lassen, Sie würden mich auch unter allen anderen Umständen nicht mögen, deswegen bin ich genau der Richtige für Sie“, sprach der Arzt weiter und notierte wieder ein paar Dinge, die Otogi unbedingt wissen wollte, aber nie erfahren würde. „Sex also, wie war er?“, fragte Carter und Otogi grinste breit. „Würden wohl gerne ran, nicht wahr?“, stellte er die Gegenfrage und der Arzt schüttelte unbeeindruckt den Kopf. „Ich frage mich, ob Sie einen Minderwertigkeitskomplex haben oder ob Ihre Wahrnehmung gestört ist“, erklärte sich der Arzt, dass sich Otogi abermals erzürnt gab. Für diese Sitzung waren sie also wieder in die Trotzphase gekommen. Dr. Carter notierte die Zeit. Er lächelte. Tatsächlich beobachtete er, dass es immer länger dauerte, bis Otogi ins Schweigen verfiel und den Rest der Stunde wortlos verstreichen ließ. „Ich schätze, morgen dürfen Sie umziehen“, sagte er als er zum Ende der Stunde die Kapsel auf seinen Kugelschreiber steckte und den Block zu machte. Otogi hob die Augenbrauen. Er durfte tatsächlich endlich in ein normales Zimmer? Endlich alleine ohne notgeile Gaffer duschen und sich frei durch die Anlage bewegen? Er musste nicht mehr darauf warten, dass ihn Tanya abholte und mit ihm wie mit einem kleinen Hund eine Runde ging, dass er sein Geschäft verrichtete und er konnte endlich diese schrecklichen täglichen Sitzungen mit den anderen Patienten wahrnehmen. An diesem Tag aber sollte er noch seine Ruhe haben, nun ja, zumindest soweit man das so nennen konnte. Irgendwann war es Zeit fürs Mittagessen, zu dem er sich nach starken Zitterattacken und krampfhaften Zuckanfällen in seinem Bett auf bemüht hatte. Zu einem späteren Zeitpunkt konnte er gar nicht mehr sagen, was es gab, es war irgendwie immer Einheitsbrei. Nichts Hervorragendes, nichts besonders Scheußliches. Das reichte Otogi in der Verfassung, in der zu dem Moment war. Der Nachmittag verstrich ähnlich wie der davor und der davor und der davor: Langsam, ruhig, immerzu beherrscht von einem starken Drang sich jede Substanz einzuverleiben, an die er rankommen könnte. Doch es gab keine, er kam an nichts ran und diese Unerfülltheit wollte ihn regelrecht in den Wahnsinn treiben. Er wollte drüber stehen. Erbarmungslos prasselte der Regen gegen die Scheiben der Fenster. Hallo, mein Name ist Harry und ich bin Kokser und HIV positiv. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)