Sengoku-Jidai I [Remake] von firelady (Tōunamento) ================================================================================ Kapitel 1: Liza Higurashi ------------------------- »Brrrr«, dringt der Laut einer jungen Frau von frischen siebzehn Jahren aus dem Mund. Sanft drückt sie ihre blubbernden Lippen gegen den Bauch eines Babys, welches sie auf den Armen hält und verursacht auf diese Weise ein Kitzeln. Babygelächter erklingt vom Säugling, während sie wild mit den Armen und Beinen wedelt. »Also nein Mama. Kagome ist so unfassbar süß! Ich könnte sie glatt auffressen«, spaßt die Teenagerin herum, ehe sie ihre Prozedur noch einmal wiederholt. Midori, oder auch von allen Mama Higurashi genannt, kommt mit einem sanften Lächeln aus dem Bad des Krankenhauses, wo sie ihre letzten Sachen holt. Mit einem warmen Blick beobachtet sie das Bildnis vor sich, wie ihre älteste Tochter mit ihrer Jüngsten umgeht. Kagome ist gerade mal ein paar Tage alt und wird von ihrer Schwester schon so geliebt. Heute ist der Tag, an dem Mutter und Tochter endlich nach Hause dürfen. »Pass aber auf, dass du sie nicht so sehr verhätschelst, sonst glaubt sie noch, du bist ihre Mutter«, witzelt die frisch gewordene Mutter herum. Natürlich ist ihr bewusst, dass Schwestern – gerade ältere – ihre jüngeren Geschwister gerne verwöhnen und das würde sie auch nicht unterbinden. Nicht nachdem Midori während der gesamten Schwangerschaft Angst gehabt hat, dass Liza ihre Schwester nicht akzeptieren würde, sowie sie ihren Stiefvater nicht an ihrer Seite duldet. »Ach was. Babys sind schlauer, als wir alle denken. Kagome wird schon verstehen, dass ich nur ihre Halbschwester bin«, gibt sich Liza durch die vielen gelesenen Ratgeber schlauer und grinst das Baby in ihren Armen an, was ihr in der Babysprache etwas vorbrabbelt. Midori nimmt die Aussage lediglich mit einem Lächeln hin und packt den Rest ein. Es erfreut sie wirklich zu sehen, dass all ihre Ängste und Sorgen unbegründet gewesen sind. »Freust du dich schon aufs Wochenende?«, fragt die Ältere lächelnd. »Ja, natürlich. Du bist endlich zu Hause«, antwortet die Jugendliche, während sie sich weiter um ihre Schwester kümmert. »Nein, ich meine, weil wir da deinen Geburtstag von heute nachfeiern. Vormittags werden du und ich uns schön im Spa verwöhnen lassen, ein bisschen shoppen und dann ein schönes Mutter-Tochter-Fotoshooting veranstalten«, erzählt sie den Plan für Samstagvormittag. »Oh, das klingt echt mega super!«, freut sich der Teenager. »Danach möchte Haru gerne mit dir Zeit im Freizeitbad oder in einem Klettergarten verbringen, bevor wir dann am Abend grillen.« Der wenig erfreute Blick von Liza lässt Midori zunächst stoppen, aber sie führt dann doch fort. »Ich weiß, du magst ihn nicht sonderlich, aber du weißt er ist nicht übel. Und im Gegensatz zu mir ist er sportlicher.« »Als ehemaliger Trainer, der zu einem Personal Coach aufgestiegen ist, wäre das sonst sehr blamabel«, lächelt das Geburtstagskind des Tages, während sie ihre Nase an der ihrer Schwester reibt. »Liza«, seufzt Midori resigniert. »Es wäre auch für mich eine Entlastung. Gerade jetzt nach der Geburt deiner Schwester ist für mich solch ein Tag noch sehr anstrengend und so ein Baby braucht ja auch sehr viel …« Der Teenager unterbricht einfach seine Mutter. »Ja, ich weiß. Babys brauchen viel Aufmerksamkeit.« Laut ausatmend setzt sich die junge Frau auf einen der Stühle. Das Baby setzt sie behutsam auf den rot karierten Faltenrock ihrer Schuluniform. Entspannt lehnt das Baby an der weißen lockeren Bluse mit der gleich gemusterten Krawatte, wie der Rock. Die schwarze Jacke mit dem Wappen der Schule hängt über den Stuhl auf den sie sich hingesetzt hat. »Aber okay Mama. Ich verspreche, ich werde mich benehmen.« Beruhigend für das Baby wippt sie mit ihren Beinen auf und ab. »Immerhin würde mir es Spaß machen gegen ihn zu klettern oder zu schwimmen.« Die zweifache Mutter lächelt unweigerlich. »Du willst mir doch nicht sagen, dass du beginnst ihn zu mögen?« Sofort schießt das Blut in die Wangen der Jugendlichen und sie schaut verlegen zur Seite. »Ach was. Bild dir bloß nichts dabei ein. Für mich ist er immer noch nichts mehr, als ein Sportpartner.« Über diese offensichtliche Lüge lächelt Midori ein weiteres Mal, ehe sie sich nach dem Zuhause erkundigt. »Und ist zuhause wirklich alles in Ordnung, oder soll ich nicht doch noch was machen, Schätzchen?«, erkundigt sich die zweifache Mutter. »Nein, Mama«, antwortet ihre Tochter. »Ich habe mich zu Hause um alles gekümmert, während Großvater sich auf die Priesterversammlung vorbereitet hat und sich dein Göttergatte lieber um den neuen Job kümmert, anstatt auch mal was zu tun«, dringt es nun wieder verbittert aus dem Mund der jungen Frau in Schuluniform. Sorgenvoll schaut Midori ihre älteste Tochter an. »Liza …« »Er ist mir einfach zuwider. Wie alle Männer. Er glaubt, nur weil er jemanden schöne Augen macht und ein bisschen nett ist, muss man sich ihm als Frau unterwerfen! Ich hasse das! Außerdem wird er niemals meinen Vater ersetzen«, erklärt sie ihrer Mutter ohne Umschweife die Gründe. »Ich mag ihn wirklich nicht. Ich akzeptiere ihn nur an deiner Seite.« Noch immer erschöpft von den Strapazen der Geburt setzt sich Mama Higurashi nun aufs Krankenhausbett. »Er hat auch nicht vor deinen verstorbenen Vater zu ersetzen, aber gib ihm doch die Möglichkeit sich mit dir anfreunden zu können.« »Zum Glück kann ich mir meine Freunde selbst aussuchen«, bleibt Liza stolz. »Freunde, die du nicht hast?«, ist es die junge Mutter, die einen zaghaften Konter wagt. Daraufhin schweigt die Jüngere und blickt stur ins Nichts. Ja, sie hat keinen einzigen Freund. Doch sie weiß genau, dass sie lieber einsam und allein ist, als sich mit falschen Leuten zu umgeben, die über Themen reden, die sie nicht mal im Ansatz interessieren. »Musst du nicht in die Schule?«, hört sie dann schließlich die Worte ihrer Mutter an ihre Ohren dröhnen und bekommt den Schreck ihres Lebens. »Oh ja, stimmt! Dann bis heute Nachmittag zu Hause, Mama«, kommt es hastig von ihr, ehe sie ihre Schwester vorsichtig in die Obhut ihrer geliebten Mutter gibt – zusammen mit einem Kuss auf die Wange. Anschließend schnappt sie sich Jacke und Tasche und hastet aus dem Krankenhaus, wo ihre Mutter nur noch darauf wartet von ihrem Mann abgeholt zu werden. ~~~*~~~ Lizas Leben ist komplizierter, als es die meisten denken. Von Geburt an trägt sie die besondere Fähigkeit in sich das Feuer kontrollieren zu können. Diese Fähigkeit hat sie von ihrem Vater bekommen, der sie auch schon in jungen Jahren trainiert hat. Sie ist das, was die meisten Menschen, mit unterschiedlichen Beleidigungen bezeichnen. Feuerhexe. Drache. Feuerdämon. Höllenkreatur. Feuerteufel. Alles hat sie schon gehört, doch verletzen kann sie nur noch das Wort "Monster". Sie hat dem Feuer nie übel genommen, dass es sie auserwählt hat. Auch ihrem Vater, der vor zehn Jahren bei einem Unfall starb, hat sie nie einem Vorwurf daraus gemacht, weil sie durch ihn diese Gabe erhalten hat. Das Feuer ist ein Teil ihres Lebens – in jeder Hinsicht. Geboren im Jahr des Feuerdrachen trägt sie dieses Element mit Stolz in sich. Ihrer Meinung nach sollen die anderen Menschen in ihrer kleinen oberflächlichen Welt leben. Dann kam aber dieser neue Mann ins Leben ihrer Mutter. Ein augenscheinlich netter Mann, der gut zu ihrer Mutter passt. Trotzdem hat er einfach etwas an sich, was Liza nicht mag. Er ekelt sie an, wie alle Männer. Alle sind gleich. Keiner sondert sich in irgendeiner Weise ab. Was ihre Mutter an dem Mann gefunden hat, den sie schließlich auch geheiratet hat und nun sogar die kleine Kagome bekommen hat, weiß sie bis heute nicht. Haru, ihr Stiefvater, ist kein schlechter Mensch, aber bei ihm sträuben sich ihr sämtliche Nackenhaare auf. Auch wenn Liza es nicht gerne zugibt, aber er hat etwas an sich, was ihn von anderen Männern unterscheidet. Er ist nicht ganz so oberflächlich, wie die meisten anderen. In solchen Momenten, wie diesen, nimmt sie sich immer wieder vor, sich ihm doch anzunähern und ihm eine Chance zu geben. Kommt es dann dazu, ist es ihr stolz, der sie daran hindert. Nach einigen Minuten kommt sie dann vor dem Eingang ihrer neuen Schule an. Das ist jetzt die dritte Schule innerhalb eines Monats. Sie hat es immer wieder versucht sich nicht gehen zu lassen, doch das Feuer in ihr kommt immer wieder hoch. Es ist, als hätte sie nicht die Kontrolle über ihr Element, wie sie sich es wünscht. Es ist beinahe so, als tue das Element, was es will. Überhaupt ist es in letzter Zeit ziemlich ungehalten in ihr. Liza spürt, wie die Flammen in ihr schneller hochkochen, als sie es sonst getan haben. Sie begreift nur nicht warum. In der ersten Schule ging eine ganze Turnhalle in Brand auf und bei der Zweiten der Chemieraum. Von der dritten und letzten Schule ist sie haushoch rausgeflogen, weil nicht nur einige Räume explodiert sind, sondern auch ein paar Schüler, mit denen sie sich zuvor immer angelegt hat, spurlos verschwanden. Später sind sie Tod und verbrannt aufgefunden worden. Das sie in Verbindung mit dem Feuer gebracht wird, spricht sich rum. Sogar einige Schulen nehmen sie aufgrund dieser Gerüchte nicht mehr auf. Selbst ihre Mutter hat ihr schon vorgeschlagen in Zukunft von einem Privatlehrer unterrichtet zu werden. Schämt sie sich mittlerweile etwa für mich?, fragt sie sich unweigerlich. Von den Feuereskapaden abgesehen ist Liza nie eine junge Frau gewesen, wie es wohl ihre Familie erwartet hat. Sie prügelt sich. Gibt Konter. Lässt sich von nichts und niemanden etwas sagen. Will immer die Führung haben. Nie hat sie sich für das normale Hausfrauenleben interessiert oder sich einem Mann unterwerfen wollen. Stattdessen will sie immer über allem stehen – auch über einem Mann. Er muss sich ihr unterordnen. Mal sehen, was der Tag heute so bringt, schießt es ihr letztlich durch den Kopf, während sie das Eingangstor betrachtet. Der erste Tag ist immer furchtbar – zumindest für sie. Angespannt schließt ihre Hand sich enger um den Griff der braunen Schultasche, während sie tief ein- und ausatmet. Konzentriert sammelt sie sich gerade noch, als sie einen Hilferuf hört. Sofort erhebt sie ihren Kopf, blickt nach links und rechts, doch sie sieht niemanden. Also beschließt sie dem Ruf zu folgen und rennt in die Richtung, wo sie es hört. Schon von weitem erkennt sie eine ganze Schülerschar, die etwas zu begaffen scheinen. »Tze!«, zischt es nur sauer aus ihrem Mund. Typisch. Glotzen können sie alle, aber helfen will auch niemand!, raunt sie gedanklich über diese Meute. Die Hilferufe werden lauter. »Nein bitte! Lasst mich in Ruhe!«, dringt es immer deutlicher an ihre Ohren, bis auch sie sich bei der gaffenden Gruppe befindet. Zwischen all den Köpfen sieht sie, wie eine Gruppe einen einzelnen Schüler verprügelt. Ihren Uniformen zur Folge gehören die auch zur Schule. Ihre blauen Augen verengen sich zu schlitzen, als sie durch die gesamte Schülerschaft laut ruft. »Hey!« Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden ist ihr somit sicher. »Habt ihr es so nötig, andere kleiner zu machen, als ihr es selbst seid?«, fragt sie sogar ungeniert. »Hast du was gesagt, Schneckchen?«, fragt einer der Jungs sie überheblich, der seine Jacke über das weiße Hemd trägt, wie einen Superheldenumhang. »Ja, ich rate euch den Jungen in Ruhe zu lassen.« Komplett furchtlos drängt sie sich zwischen die Schülerschar, deren Augen respektvoll auf sie gerichtet sind. Ruhig, die Tasche über ihrer Schulter haltend, nähert sie sich der Jungengruppe, bis sie vor ihnen steht. »Sonst was? Bist du seine Freundin?«, fragt der Typ sie wieder, was die vier anderen jungen Männer seiner Gruppe in ein schallendes Gelächter wirft. Davon lässt sie sich nicht beeindrucken. Stattdessen antwortet sie selbstsicher. »Sonst werde ich eure missratene Erziehung in die Hand nehmen.« Ihr gebieterisches Lächeln sagt dem vermeintlichen Anführer, dass sie sich nicht, wie die anderen Schüler so einfach unterbuttern lässt. Überrascht über eine derartige Selbstsicherheit scheinen die Jungs sich zunächst in einer Art Scheinstarre zu befinden. Dies nutzen einige Schüler aus, um sich den verwundeten jungen Mann zu nehmen und ihn zum Krankenflügel zu begleiten. Liza blickt nach wie vor ernst zum Ansprechpartner, der sich ihr nun entschlossen nähert. Direkt vor ihr spuckt er achtlos auf den Boden. »Du hast Glück, dass ich heute ‘nen guten Tag habe. Also verzieh dich, Süße.« »Chill mal deine Base, Junge«, kontert sie gewohnt schlagfertig. Beide blicken sich unablässig in die Augen. Keiner gibt in der Entschlossenheit nach. Tatsächlich erkennt Liza jedoch, wie die ersten Zweifel und der erste Funke Angst im Blick des Jungen hoch kommt. Hochmütig bildet sich das Lächeln auf ihren Lippen. Sie liebt es, wenn ihre dominante Art siegt. »Warmduscher«, beleidigt sie ihn noch, ehe sie sich umdreht, um endlich in die Schule zu gehen. »Hey Boss. Du lässt das rotzfreche Mädel einfach gehen?«, fragt einer seiner Kumpels ihn. »Die wird später ihr Fett wegkriegen«, antwortet der Anführer nur. Dabei kann er es sich nicht mal erklären, aber der Blick in ihre blauen Augen hat ihm die bloße Angst durch Mark und Bein gehen lassen. Sie hat etwas an sich, das ihn instinktiv spüren lässt, das es eigentlich besser ist, sich nicht mit ihr anzulegen. Dennoch muss er seinen Ruf bei seinen Kumpels aufrecht erhalten. »Nach der Schule.« Das lässt die vier Jungs seiner Gruppe selbstverständlich breit grinsen. Liza ist froh, dass es dieses Mal ausgereicht hat ihre Aura zu erheben. Das ist einer der vielen Dinge, die ihr Vater ihr früh beigebracht hat. Sie hat oft die Erfahrung gemacht, dass Gegner sich manchmal schon von der Energie einschüchtern lassen. An ihrem ersten Tag will sie nicht unbedingt auffallen. Schon gar nicht negativ. Erst Recht nicht, wo sie die Uniform tatsächlich an sich mag. Der Rest des Tages vergeht schnell. Der Unterricht ist hier auch nicht spannender, als er auf den anderen Schulen, auf denen sie bisher gewesen ist. Die meisten Schüler haben ihr gegenüber die Bewunderung ausgesprochen, dass sie den Mut gehabt hat sich Kayne und seinen Freunden zu stellen. Zumindest kennt sie also den Namen des Unruhestifters. Hier wehrt sich kaum jemand gegen ihn, weil sie ihn alle fürchten. Ihn und seine Clique. Die Schwarzhaarige hat versucht sich zu integrieren. Leider hat sie aber auch schnell merken müssen, dass ihre antrainierte Energie bei vielen für Verwunderung und Angst sorgt, obwohl sie ihnen gegenüber nicht bösartig gesinnt ist. Viele haben sie gefragt, warum sie geholfen hat, obwohl sie den jungen Mann nicht mal kennt. Diese Frage erschüttert sie immer wieder und ruft gleichzeitig all ihre Abneigung über ihre eigene Spezies wach. Weil ich Ungerechtigkeit einfach hasse und Schwächere gerne beschütze, hatte sie geantwortet. Auf dem Weg nach Hause denkt sie noch einmal über alles nach, was heute passiert ist. Die überraschende Kenntnis einen halbwegs friedlichen Tag gehabt zu haben, erfreut sie. Vielleicht ist sie ruhiger geworden. »Hey, du!«, ruft die inzwischen bekannte Stimme Kaynes sie aus ihren Gedanken. Inmitten einer Wohngegend sieht sie sich ein zweites Mal an diesem Tag mit ihm konfrontiert. »Was ist?«, fragt sie ihn skeptisch mit hochgezogener Augenbraue. »Das heute war nur Glück. Das nächste Mal habe ich dann nicht so gute Laune. Für gewöhnlich mach ich nämlich keine Ausnahmen bei Mädels«, schießt die vermeintliche Warnung von ihm an ihre Ohren. Stumm und fast schon emotionslos registriert sie seine Warnung, ehe sie ein weiteres Mal mutig in seine Richtung geht. Eiskalt geht sie an ihm und seinen Jungs vorbei, bis er sie grob an ihrem Handgelenk packt. »Du könntest uns natürlich auch etwas Geld abdrücken, damit wir dich künftig gar nicht erst belästigen.« Kayne nähert sich mit seinem Gesicht dem ihrigen, bis auf wenige Zentimeter. Noch immer sinkt ihr stolzes, erhobenes Haupt nicht und sie blickt ihm entschlossen in die Augen. »Egal in welcher Hinsicht.« Ihre blauen Augen beobachten, wie er sich über seine Lippen leckt. Um sie herum stellen sich breit grinsend seine "Freunde". »Schutzgeld, hmm? Sorry, aber ich steh nicht so auf Rudelbumsen«, belächelt sie das primitive Verhalten der jungen Männer und durchschaut damit deren Absichten. »Und schon gar nicht mit Kindern.« Schneller als Kayne selbst schauen kann, tritt sie ihn mit ihrem Knie brutal an seine empfindlichste Stelle. Er sackt augenblicklich in die Knie und hält sich seinen schmerzenden Schritt. Die Jungs der Clique rennen auf sie zu, was Liza nur dazu verleitet in die Hocke zu gehen. Mit einer gekonnten Drehung tritt sie allen Jungs förmlich die Beine vom Boden weg. Haltlos, wie Bowling-Pins, fallen sie einfach auf den steinernen Boden, was sie selbst erst jetzt dazu bringt ihre braune Schultasche für den Kampf beiseite zu schmeißen. Zwei der Typen richten sich wieder auf und rennen auf sie zu. Mit einer Umdrehung ihres Körpers schlägt sie ihr Bein nach oben und schleudert ihnen ihr kraftvolles Bein um die Ohren; richtet sich gleichzeitig mithilfe des Schwunges wieder auf. Für einen Moment wirken die Jungs auf sie überrascht und desorientiert, doch als sie sich wieder gesammelt haben, versuchen sie einen neuen Angriffsversuch. Beim Versuch bleibt es. Zunächst stößt sie einem ihren Ellenbogen in den Magen. Danach schlägt sie mit ihrem Handballen gegen den Kiefer des Zweiten. Die Wucht ist so kraftvoll das die Gegner umkippen. Die anderen beiden kommen nun angerannt. Einer hält ihre Arme hinter den Rücken verschränkt, während der andere von vorn auf sie zugelaufen kommt. Sofort reagiert sie und nutzt den starken Halt des Jungen hinter sich aus. Sie springt hoch und donnert dem kommenden Typen beide Beine in die Magengrube, was ihn nicht nur zusammen sacken lässt, sondern auch gegen die steinerne Wand der Siedlung feuert. Danach tritt sie auf den Fuß von demjenigen, der ihre Arme auf dem Rücken hält. Unweigerlich lässt er sie los und humpelt schmerzhaft. Liza geht etwas in die Knie, dreht leicht ihren Oberkörper nach hinten, nur um ihm dann einen rücksichtlosen Schlag mit ihrem Ellenbogen in die Seite zu geben. Jammernd hält er sich seine schmerzende Stelle. Nun bleibt nur noch der vermeintliche Anführer. »Deine Gang ist wohl nicht in Schwung«, belächelt Liza den von angsterfüllten Typen vor sich. »Ich hab mich noch nicht mal richtig aufgewärmt.« Gerade noch überheblich gesprochen, sehen ihre aufmerksamen blauen Augen, wie alle vier Typen zu ihr gerannt kommen. Langsam hat sie wirklich die Schnauze voll ihre Zeit mit diesen Angebern zu verschwenden. Jetzt heißt es schnell sein! Sie greift sich den jungen Mann, der ihr momentan am nahsten ist und greift sich seinen Arm. Ein weiterer Tritt an seine Füße verhilft ihr dabei, ihn aus seiner festen Bodenfassung zu holen. So kann sie ihn mit Leichtigkeit über sich zu einem weiteren Kerl werfen. Beide knallen gegen eine der steinernen Wände und bleiben dort liegen. Als einer der anderen beiden Kerle sie am Kragen ihrer Bluse packt, schlägt sie auf dessen Armbeuge, was ihn sie wieder ungewollt loslässt. Brutal schlägt sie in seine Weichteile, nur um ihn später als Schutzschild gegen den letzten Angreifer zu benutzen. Der Bewusstlose bekommt für sie den Schlag in den Rücken ab. Nun schmeißt sie ihn einfach wie Dreck von sich. Kompromisslos schubst sie den jungen Mann brutal gegen das Gestein der Umzäunung ehe sie in schneller Reihenfolge ihre Hände immer wieder auf seinen Oberkörper schlagen lässt, bis er bewusstlos zu Boden sinkt. Gnade ist das letzte, was sie solchen Jungs gewährt. »Ich lass mich doch von dir nicht fertig machen, Püppchen«, vernimmt sie endlich die letzten, provozierenden Worte des Anführers. Damit rennt der Rebell auf sie zu, sowie sie auf ihn. Als er mit seinen Armen zum Schlag ausholt, greift sie sich diese und zieht sich daran, wie beim Reck hoch, bis ihre Schenkel auf seinen Schultern liegen. Mit ihren Unterschenkeln klammert sie sich unter seine Achseln, während sie sich vornüber beugt und ihn so mit sich zieht. Ihre Arme richtet sie nach vorn, um sich beim Fall, wie bei einem Rad, abfangen zu können. Erst da lässt sie ihn los und schmeißt ihn förmlich von sich, bis zur steinernen Umzäunung eines Hauses, wo er dagegen knallt, während sie sich nur belanglos wieder aufrichtet. Danach geht sie zu Kayne, zieht grob an seinen Haaren, sodass er sie mit seinem geschockten Gesicht ansehen muss. »Wenn du jemanden anderen jemals wieder ein Leid zufügst oder mir auflauert, dann werde ich dich und deine Jungs das nächste Mal einfach vor die Gleise schmeißen. Kapiert!?«, droht sie ihm leise. Sein wildes Nicken und der angsterfüllte Blick sagen ihr alles. Also lässt sie ihn los und bewegt sich zu ihrer Tasche. Andächtig klopft sie den Dreck des Bodens von der Schultasche ab, ehe sie noch ein letztes Mal das Wort an Kayne richtet. »Fühle dich geehrt. Näher als es dein Gesicht vorhin bei meinem Schoß war, wird es sonst auch kein Mann jemals erleben«, zieht sie ihn mit der offensichtlichen Erkenntnis auf, dass sein vermeintlicher Vergewaltigungsversuch in die Hose gegangen ist. Ja, sie hasst Männer. Entweder versuchen sie eine Frau ständig zu unterwerfen oder sie zwingen ihr den Willen auf. Wie so oft wird ihr beim Gehen bewusst, dass sie nie heiraten will. Die Stufen ihres heimischen Tempels erscheinen ihr an diesem Nachmittag so endlos lang, wie nie zuvor, bis sie vor dem gewaltigen Baum des Vorhofes steht. Seine Wurzeln fest verankert unter der alles umfassenden Erde. Liza kniet sich zu Boden, wo sie die Erde andächtig streichelt. Sie liebt die Erde und alles, was sie schenkt. Ihre Schönheit ist sondergleichen. Ein Hund bellt sie von der Seite an. Ihr Kopf gleitet nach links, wo sie ihn gehört hat. Er hat keine Hundemarke und wirkt auch sonst sehr verwahrlost. »Ein Streuner?«, fragt sie sich selbst und versucht sich dem Hund anzunähern, doch der knurrt sie nur bedrohlich an. Das bringt ihr ein Lächeln auf die Lippen. »Erd-Hund, hmm?« fragt sie sich laut. Hunde, geboren im Jahr der Erde sind misstrauischer als ihre Artgenossen. Also geht sie noch behutsamer vor und streckt vorsichtig und sehr langsam ihre Hand aus. »Ich tu dir nichts, kleiner Shiba. Versprochen.« Zärtlich lächelt sie ihn an und wartet geduldig, bis er von selbst auf sie zukommt. Zunächst noch vorsichtig schnüffelt er lange ihre Hand, bevor er sie friedvoll ableckt. »Ich hab was für dich, mein Kleiner«, spricht sie ihn dann lieb an und holt aus ihrer Tasche den Rest ihres Essens. Liza öffnet die Bento-Box und stellt sie dem Hund hin. Hungrig wie das arme Tier ist, stürzt es sich sofort darauf. Aufmerksam, aber ruhig und mit einem sanften Lächeln beobachtet sie ihn, während sie vor ihm knien bleibt. »Liza!«, hört sie schließlich eine ihr bekannte Männerstimme. Sofort schreckt der Hund hoch und rennt davon. »Nein! Kleiner bleib hier«, ruft sie ihm nach, doch da ist er schon weg. »Hättest du nicht ein wenig vorsichtiger sein können, Haru?«, fragt Liza schließlich genervt, packt sich die Box und steht wieder auf. Haru, der jetzige Mann ihrer Mutter, nähert sich ihr. »Streunende Hunde können Krankheiten übertragen.« Seine Stimme klingt nicht eingebildet, sauer oder gar belehrend. Es ist ein freundlicher Hinweis vom jungen Vater gewesen. Genervt rollt die Schwarzhaarige mit den Augen und will sich auf den Weg zum Haus machen. »Warte«, hält Haru sie auf. »Was denn jetzt noch?«, fragt sie nur genervt. »Dein Großvater hat mich gebeten dir das zu geben, bevor er zur Priesterversammlung aufgebrochen ist. Er fand es im alten Schuppen, als er ihn aufgeräumt hat.« Verwirrt schaut sie auf das alte, völlig verstaubte Buch und das nicht mal einen besonderen Einband hat. »Okay«, spricht sie daher wie in Trance und nimmt sich das Buch. Es ist eins der wenige Male, wo sie ihn nicht mit Abscheu, sondern mit Zurückhaltung anschaut. Fast so, wie ein kleines Kind, das schüchtern eine Frage stellen will. »Das ist … nett von dir.« Danach geht sie und Haru kann endlich etwas lächeln. Vielleicht können sie sich doch noch annähern. Das gibt ihm Hoffnung, während er an ihrer Seite ins Haus geht. »Wie geht es Mama und Kagome?«, richtet sie dann wirklich als erste das Wort an ihn. »Beide haben geschlafen, als ich gegangen bin, um Besorgungen fürs Essen zu machen.« Wie zum Beweis hält er ihr die Tüte mit Zutaten hin. »Willst du heute mal für uns kochen?«, fragt er sie neckisch. Liza beschließt es dieses Mal nicht ganz so ernst angehen zu lassen und kontert locker dagegen. »Du weißt, ich kann nicht kochen, Haru.« »Dann kochen wir zusammen.« Plötzlich hält die Menschenfrau in ihren Schritten inne. »Hör mal, ich muss noch Hausaufgaben machen und einiges im Haushalt erledigen. Ich habe dafür keine Zeit«, dringt es nun doch ernster aus ihrem Mund als ihr lieb ist. »Ach ja? Was zum Beispiel?«, fragt er sie herausfordernd, aber immer noch neckisch. Das nimmt die Schwarzhaarige an. Es gibt keine Herausforderung, die sie nicht annehmen würde. Ihr Stolz gebietet es ihr. »Die Wäsche muss zum Beispiel gewaschen und gebügelt werden. Das Bad muss geputzt werden und wenn du mit Kochen fertig bist, kümmere ich mich um die Küche. Ich will Mama so viel abnehmen, wie ich es kann.« »Das ist ja auch wirklich lieb von dir, aber glaubst du nicht, dass ich auch etwas davon tun kann?«, zeigt er sich weiter nett und einsichtig. »Warum denn jetzt so plötzlich?«, fragt sie dieses Mal aggressiver, als zuvor. »Die ganzen Tage, als Mama weg war, war es dir lieber dich in deinem neuen Job bei deinem neuen Chef einzuschleimen, anstatt mir zu helfen. Und jetzt, wo Mama wieder da ist, willst du mir von Nutzen sein?« »Du bist wirklich noch ein Kind. Du verstehst nicht, wie es ist, wenn man da draußen ist. Du hast wieder einmal die Schule gewechselt, weil du dich geprügelt hast. Glaubst du, das geht im Berufsleben so einfach? Ich habe diesen Job angenommen, um unserer Familie einen besseren finanziellen Halt geben zu können«, legt er einen offenen Konflikt mit ihr an. »Geld ist aber nicht alles Haru!«, kommt schneller als erwartet ihr Temperament in ihr hoch. »Mag sein, aber Manieren sind auch stets gefragt. Was war das neulich zum Beispiel. Der Schuldirekter hat hier angerufen und gefragt, ob es Sitte ist bei uns ist Probleme mit Schlägereien zu lösen. Dein Handeln wirft ein schlechtes Licht auf uns alle!« »Sollte ich etwa zusehen, wie ein Kind von Oberschülern gehänselt wird?«, verteidigt sie wutentbrannt ihr Verhalten. Ihre eigene Aussage lässt sie ihren Kopf senken, ehe sie traurig weiter spricht. »Ich will einfach nicht das jemand leiden muss – egal in welcher Form.« Sie ballt eine Hand zur Faust. »Ich will nur die Schwächeren beschützen.« Dieses Zerbrechliche an seiner Adoptivtochter ist Haru bisher nie so unter gekommen. Nie hat sie so vor ihm gestanden und ehrlich mit ihm gesprochen – jedenfalls nicht auf diese Art und Weise. Es fällt ihm immer wieder auf, dass sie viele Eigenschaften ihres Sternenzeichens in sich trägt. Sie ist wahrlich eine Frau geboren im Jahr des Feuer-Drachen. Impulsiv. Dominant. Spontan. Vor allem sehr rechthaberisch. Trotzdem besitzt sie auch sehr viele gute Eigenschaften, die ihn mehr an einen Hund, als an einen Drachen erinnern. Beschützerisch. Treu. Aber auch Sanftmütig denjenigen gegenüber, die ihr etwas bedeuten. Liza erschreckt sich, als sie plötzlich den sanften Griff von ihm, um ihr Handgelenk spürt. »Was soll das!? Lass mich los!«, fordert sie zugleich energisch. »Deinen Mut in allen Ehren Liza. Aber versuche es bitte das nächste Mal friedlich zu lösen«, spricht er beruhigend und vor allem sanft zu ihr. Liza gefällt das alles nicht. Was will dieser Mann nur? Er ist ihr wirklich nicht geheuer. Haru ist nicht wie die anderen Männer, die draußen in der Welt umherwandeln. Viele hätten sie schon längst abgeschrieben, doch er tut es einfach nicht. Er kämpft um sie und ihre Sympathie. Skeptisch schaut sie ihn an. »Ach ja? Und du meinst, ich werde deine Worte berücksichtigen, wenn es ein nächstes Mal geben sollte?«, fragt sie ihn frech. »Es ist ein gut gemeinter Ratschlag.« Die Antwort kommt für sie unerwartet, was deutlich auf ihrem Gesicht als Schock zu erkennen ist. Sie erholt sich davon aber wieder schnell. »Dennoch bin ich nicht gezwungen deinen Ratschlag anzunehmen.« Es verblüfft sie selbst, wie sie sich selbst dabei ertappt, dass sie offensichtlichen Spaß daran hat mit ihm rumzualbern und ihn zu necken – zumindest was sie als Foppen versteht. Voller Selbstsicherheit in der Stimme und die feste Entschlossenheit in ihren blauen Augen erkennend, weiß Haru schon längst nicht mehr, was er mit diesem Mädchen machen soll. Er ist nett zu ihr gewesen, aber auch streng. Nichts half sich ihr in irgendeiner Weise anzunähern. »Lass mich jetzt bitte los«, spricht sie ihn zunächst noch ruhig an. »Versteh mich doch Liza. Ich will nur das wir …«, hält er jedoch dagegen. »Lass mich los, verdammt!«, unterbricht sie ihn dieses Mal energisch, wohlwissend, was sich in ihr anbahnt. Auf einmal spürt er eine abnorme Hitze in seiner Hand mit der er Lizas Handgelenk hält. Der Schmerz wird dabei so unerträglich, dass er sich sofort von ihr löst. Ein Schmerzenslaut dringt aus seinem Mund, während er sich seine leicht verbrannte Hand anschaut. »Was hast du …?«, will er sie fragen, doch er erkennt bereits im entsetzten Gesicht der Jugendlichen, dass sie selbst das gar nicht gewollt hat. »Wie hast du …?«, will er erneut seine Frage versuchen zu stellen, wird aber darin unterbrochen, als Liza einfach wegrennt. Für Haru ist seine Stieftochter immer noch ein Rätsel. Er weiß einfach nicht, wie er an sie heran kommen soll und ob er das auch jemals schaffen wird, wird ihm wohl für immer unklar sein. Kaum in ihrem Zimmer angekommen, muss Liza sich erst einmal wieder beruhigen. Schon wieder ist da dieses Gefühl der aufkeimenden Hitze gewesen. Das Feuer in ihrem Innern das ihr manchmal das Gefühl gibt, als wäre in ihrem Körper Lava, statt Blut. Hektisch atmet sie ein und aus, während sie panisch an ihrer geschlossenen Zimmertür lehnt. Sie hält ihr Handgelenkt vor sich und betrachtet es sich eingehend. »Was soll das? Warum? Ich hatte es doch unter Verschluss gehalten«, fragt sie sich selbst verzweifelt. Mit jedem Tag mehr wird das Feuer in ihrem Innern von selbst aktiv. Ob es daran liegt, weil sie es lange nicht mehr eingesetzt hat? Wann soll sie es auch tun? All diese Kräfte in ihr drängen von Tag zu Tag mehr danach befreit zu werden, doch sie kann nicht. Sie muss ihr Element unter Verschluss halten, auch wenn sich all das Feuer weiter in ihrem Körper anstaut und unkontrolliert herausdrängen will, wie vorhin. »Es tut mir leid«, dringt es reuevoll von ihr, während sie auf das Handgelenk blickt. Nachdem sich Liza dann endlich beruhigt hat, geht sie zum Tisch in ihrem Zimmer, legt dort das Buch hin, in dem sie gleich lesen möchte. Sie setzt sich auch auf ihren Stuhl hin und nimmt es sich. Die junge Frau schlägt das Buch auf und liest voller Interesse den Text. »Rangspiele von Meishu Higurashi.« Augenblicklich stoppt sie. Das ist der Name ihres Vaters. Schrieb er etwa dieses Buch? Ein Lächeln bildet sich um ihre Lippen, als ihr der Gedanke durch den Kopf schießt, dass das wie ein Geburtstagsgeschenk von ihrem Vater ist. Bevor sie weiter in die Tiefen der Gedankengänge versinkt, beschließt sie einfach weiter zu lesen. »Rangspiele gehörten schon immer zu den festen Ritualen all jener, welche unsere bekannte Welt formten – die großen Grundelemente höchst selbst. Wasser. Wind. Erde. Feuer. Die Rangspiele dienen dazu, die Welt immer wieder zu formen, altes Leben auszulöschen und neues zu erschaffen, wenn es sein muss. Da dies nicht allein in den Händen der Elemente obliegt, beschließen sie dies über Ableger zu Händeln.« Verwirrt blickt sie zunächst vom Buch ab, bevor sie beschließt weiter zu lesen. »Als Ableger werden jene bezeichnet, die es schaffen sich in den Rängen der Elemente hochzuarbeiten. Lebewesen mit besonderen Fähigkeiten ein ausgewähltes Element zu kontrollieren.« Dieses Wort "Lebewesen" verwirrt Liza. Warum hat er nicht einfach "Menschen" geschrieben? Schließlich gibt es nur Menschen. Es gab nie etwas anderes. Schulterzuckend liest sie einfach den Text weiter. »Es gibt insgesamt sechs Ränge. Anwärter, König, Splinter, Legende und Drache. Der sechste und höchste Rang ist dabei das Element selbst. So wären die Ränge beim Feuer demnach: Feueranwärter, Feuerkönig, Fire Splinter, Feuerdrache, Feuerlegende und das Feuer selbst.« Wehmütig denkt Liza bei diesen Worten an ihren Vater, der sie einst trainiert hat. Sie erinnert sich noch ganz genau daran, wie er mit ihr und ihrer Mutter früher in den Wald fuhr, um sie dort in der Kunst des Feuers zu unterrichten. Ja, Liza ist im Besitz des Feuers und beherrscht es. Er hatte ihr auch bereits von all diesen Rängen und ihren Besonderheiten erzählt. Der prägnanteste und auffälligste aller Ränge ist dabei der Splinter. Er ist der einzige Rang, der nicht nur anderssprachig benannt wird. Ein Elementssplitter zu werden bedeutet, dem Element das zu herzugeben, was man am meisten liebt, um sich dessen absolute Treue zu garantieren und seine eigene Stärke und Fähigkeiten mit dem Element zu verbessern. Ab hier kann man als Ableger erst so richtig mit seinem Element loslegen. Alles davor ist nur wie eine Art Kostprobe. Als Feuerkönigin hat sie vieles ihrem Vater zu verdanken. Hätte er sie nicht trainiert und ihr den Umgang mit dem Feuer beigebracht, wäre sie wahrscheinlich auch heute noch eine normale Feueranwärterin. Ihre Gedanken kreisen sich darum, ob es noch andere Menschen, wie sie gibt. Menschen, welche die Elemente beherrschen und genauso allein sind. Seufzend blickt sie vom Buch auf und schaut aus ihrem Fenster. Der blutrote Sonnenuntergang gibt ihr ein Gefühl der Entspannung und inneren Ruhe. Trotz allem gibt es eine Frage für sie, auf die Liza bis heute keine Antwort hat. Woher wusste ihr Vater überhaupt von ihren Feuerkräften? Ein ruhiges Klopfen an ihrer Tür lenkt ihre Aufmerksamkeit auf sich. »Komm rein, Mama.« Dabei ahnt die Siebzehnjährige schon, warum ihre Mutter zu ihr will und auf dieses Thema hat sie echt keine Lust. Die Dame des Hauses sieht, wie Liza das Buch ohne weiteres beiseite packt, damit sich die Frauen unterhalten können. Mama Higurashi setzt sich auf das Bett ihrer Tochter, das genau gegenüber dem Tisch ist, an dem ihre Tochter sitzt. »Liza«, beginnt die junge Mutter, wird jedoch schnell von ihrer Tochter unterbrochen. »Woher wusste Papa von meinen Kräften?«, fragt die Schwarzhaarige ihre Mutter aus heiteren Himmel. Überrascht von dieser Frage sieht Midori auf die Hände ihrer ältesten Tochter, in denen sich nach und nach ruhige Flammen, wie bei einer Kerze bilden. Freundlich deutet sie mit ihrer rechten Hand, dass sich die Jüngere neben sie auf das Bett hinsetzen soll. Ohne weiter zu zögern setzt sich Liza neben ihre Mutter und wird sofort sanft von ihr in die Arme genommen. »Dein Vater wusste es so genau, weil er selbst ein Magier war.« Die Antwort erscheint so einfach und simpel, dass Liza nie darauf gekommen wäre, was deutlich in ihrem überraschten Gesicht zu lesen ist. »All seine Vorfahren waren es. Du bist jedoch der erste weibliche Nachkomme der über diese Fähigkeit verfügt. Bisher hat es aber niemand höher geschafft, als bis in den Rang des Splitters. Ein Feuersplitter zu werden bedeutet, etwas dir sehr wichtiges aufzugeben« Voller Einfühlvermögen und Sänfte in der Stimme erklärt es die Dame des Hauses. »Und wer hat es geschafft ein Splitterstück des Feuers zu werden?«, fragt Liza ihrerseits nun neugierig und blickt zu ihrer Mutter auf. Mit einem traurigen Blick antwortet sie. »Dein Vater selbst.« Erneut blickt die Jüngere schockiert drein. »Dein Vater hat es geschafft ein Feuersplitter zu werden und ist dabei gestorben. Für seinen Wunsch im Rang aufzusteigen, um uns eines Tages retten zu können, hat er sein Leben hergegeben. Er wird immer über uns wachen. Dein Feuer wird immer ein Teil von ihm sein. Solange du an ihn denkst und an ihn glaubst, wird er immer bei dir sein.« Mama Higurashi deutet mit einem Finger auf die Brust ihrer Tochter, wo sich das Herz befindet. »Genau dort.« Die deutlich Jüngere denkt intensiv darüber nach. In all den Jahren hat ihr ihre Mutter immer erzählt, es ist ein Unfall gewesen, der ihren Vater getötet hat. Sie schiebt es darauf, weil Liza noch zu klein gewesen ist, um das bis heute zu verstehen und sie es jetzt erst erfährt, weil sie alt genug dafür ist. Eine Weile schweigen sich die beiden Frauen an, bis es Liza ist, die wieder das Wort ergreift. »Weißt du was Papa immer gesagt hat, was Higurashi bedeutet?« Wortlos, aber lächelnd schüttelt die Mutter ihren Kopf. »Papa sagte immer es steht für die zirpenden Zikaden am Abend. Er hat immer fest daran geglaubt, dass ich wieder das Zeitalter des Feuers mit einem lauten Knall anbrechen lassen würde.« Verträumt lächelt die Ältere. »Das wirst du auch ganz bestimmt. Das Leben hat einen Weg für dich vorgesehen Liza. Du musst nur fest genug daran glauben.« Nach einem sanften Kuss auf die Stirn ihrer Tochter erhebt sich die junge Mutter und geht in Richtung Tür. »Ich weiß, du hängst sehr an deinem Vater, mein Schatz. Aber versuche trotzdem auch Haru gegenüber netter zu sein. Er ist auf deiner Seite und er mag dich, sowie er unsere Kagome lieb hat.« Trotzig geht Lizas Kopf zum Fenster. Nach kurzem Zögern geht dann auch die Ältere und lässt die Siebzehnjährige mit ihren Gedanken allein zurück. Traurig blickt Liza danach zu Boden. »Und trotzdem«, flüstert sie nach einer Weile zu sich selbst, »bin ich allein.« ~~~*~~~ Nachdem Abendbrot und den häuslichen Pflichten beschließt Liza noch etwas duschen zu gehen. Bei einem heißen Bad kann sie ihre Gedanken am besten sortieren und alles ordnen, wie sie es möchte - mal von der Körperhygiene abgesehen. Von draußen hört sie die typischen Geräusche, wie ihr Stiefvater mit seiner Tochter, ihrer Halbschwester, herum albert die daraufhin herzlich lacht. Ein trauriges, aber zugleich gütiges Lächeln stiehlt sich dabei auf Lizas Lippen. Ihr fehlt ihr eigener Vater. Auch er hat immer mit ihr gespielt und mit ihr rumgealbert, als er noch gelebt hat. Er war ein strenger, aber gerechter Vater. Nur zu gerne erinnert sie sich daran, wie er abends noch bei ihr gesessen hat und ihr geduldig die Geschichten über das Feuer vorgelesen hat. Wie er ihr Märchen erzählte und sie manchmal sogar mit ihrer Mutter nachspielte. Ein verträumtes Lächeln kommt auf ihre Lippen, als sie sich daran erinnert, doch den erlösenden Kuss aus den Märchen schenkte er immer ihr - seinem kleinen Feuerdrachen. Gleichzeitig weiß die Menschenfrau auch noch, wie streng er als Lehrer war. Ging es ans Training für ihre Feuerkräfte zeigte er selten erbarmen. Wenn sie am Boden lag, half er ihr nicht aufzustehen, aber er ermutigte sie und baute sie jedes Mal wieder auf. Wenn sie Fehler machte, zeigte er sie ihr, korrigierte sie und verlangte, dass sie es gleich noch mal versuchte. Wenn sie nicht mehr konnte, zeigte er ihr, wie gnadenlos Gegner das ausnutzen können. Vielleicht soll sie Haru doch eine Chance geben. Immerhin war er ja bisher nie schlecht zu ihr und irgendwann wird es schließlich auch Zeit für sie mal über ihren Schatten zu springen. Sie kann ja auch nicht ewig böse auf ihn sein, nur weil ihr Vater für sie und ihre Mutter gestorben ist. Ein Feuersplitter zu werden bedeutet, etwas dir sehr wichtiges aufzugeben. Die Worte ihrer Mutter schießen ihr durch den Kopf. Vielleicht würde es ja auch schon reichen, wenn sie ihren eigenen Stolz über den Haufen wirft. Die Schwarzhaarige steigt aus der Wanne, trocknet sich ab und zieht sich an. Erst ihre Unterwäsche und anschließend ihre schwarze Sporthose, die sich wie eine zweite Haut, eng an ihre Schenkel schmiegt. Zum Schluss zieht sie sich ihr rotes, lockeres Oberteil mit den Fledermausärmeln an. Im Spiegel betrachtet sie sich mit ihren meeresblauen Augen den Goldrand am oberen Rand des schulterfreien Shirts. Sie mag diese Farbe und streichelt andächtig darüber. Noch einmal tief ein- und ausatmend geht sie dann aus dem Bad. Zumindest würde sie es versuchen das Gespräch mit diesem Mann zu suchen. Gerade so liebevoll und herzlich wie er mit ihrer Schwester umgeht. In diesem Vorhaben wird sie schneller gehindert, als sie vor der Schlafzimmertür ihrer Mutter steht, die sich in ihrem Innern mit ihrem Stiefvater unterhält. Gerade als Liza anklopfen will, um auf sich aufmerksam zu machen, hört sie seine Stimme, die zur Dame des Hauses spricht. »Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Liza verweigert sich mir einfach immer noch.« »Du wirst sehen. Wenn sie sich an dich gewöhnt hat, dann wird sie dich auch akzeptieren«, hört sie liebevoll ihre Mutter sprechen und damit Partei für sie ergreifen. »Es sind jetzt schon fünf Jahre Liebling. Fünf Jahre, die wir uns kennen und sie mich auch. Wie lange soll ich noch warten? Midori, ich«, scheint Haru dann doch etwas hilflos zu beginnen, »ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber«, er unterbricht sich selbst, als würde er zögern, »als ich sie vor fünf Jahren kennen gelernt habe, dachte ich, sie sei ein Monster.« Das hat Liza einen kompletten Schock in die Magengrube gegeben. Sie und ein Monster? Warum? Wie kann er nur so von ihr denken? »Aber Liebling. Das ist doch völlig übertrieben. Wie kannst du nur so von ihr denken?«, spricht ihre Mutter genau das aus, was Liza gern wüsste. »Ich bitte dich. Allein die Art, wie sie einen ansieht. Als könnte sie mich mit ihren Blicken durchbohren. Ihre ganze Art, als wäre sie etwas Besseres als ich. Selbst als Kind hat sie nicht auf mich hören wollen, weil ich ihr nicht autoritär genug bin. Und es ist nicht nur damals so gewesen, sondern auch noch heute so. Ich fürchte mich vor ihr. Liza hat etwas an sich, das mir den Schrecken in die Glieder fahren lässt. Ihr bezeichnet es beide als ihre antrainierte "Aura", aber … Es ist … Ich meine …«, hadert er offensichtlich weiter zu sprechen, bis er sich doch durchringen kann. »Welche junge Frau kann im tiefsten Winter die gleichen Klamotten tragen, wie im Sommer? Oder welcher Teenager ist schon in der Lage seinen Körper so heiß werden zu lassen, das man sich die Hand verbrennt?« Auch wenn Liza selbst es nicht sehen kann, aber er zeigt seiner Frau seine leicht verbrannte Hand, um die ein Verband gelegt ist. »Oder wer kann seine Hände spontan entflammen lassen? Keiner! Oder was ich neulich sah und selbst du bis heute versuchst mir auszureden. Du weißt schon. Als sie die Fackeln des Tempels ausmachen sollte. Ich bin mir sicher, dass ich gesehen habe, wie sie ihre Hand in die Fackel gesteckt hat und das Feuer von dort einfach auf ihrer Handfläche getragen hat, als wäre es ein Dekorationsgegenstand. Das sind Kräfte des Teufels.« Lizas Kopf geht immer weiter nach unten, so dass ihr Pony ihre Augen verdeckt hält. Ihre Hände zu Fäusten geformt, entwickeln sich nach und nach immer deutlicher die Flammen um ihre Hände. Erst Monster, jetzt Teufel? Und ich wollte dir eine ehrliche Chance geben, schießt es ihr durch den Kopf. »Vielleicht hast du ja Recht«, kann sie zum ersten Mal hören, wie ihre Mutter auf der Seite des Mannes ist. »Ich denke, es wird Zeit für sie sich langsam mehr wie eine junge Frau zu verhalten. Ich meine, sie muss doch nicht kämpfen. Ich habe ohnehin nie begriffen, warum ihr Vater ihr all das beigebracht hat. Wir befinden uns schließlich in einer so harmonischen und friedvollen Zeit.« Die Schwarzhaarige kann nicht glauben, was sie zu hören kriegt. Nicht nur, dass ihre Mutter plötzlich die Methoden ihres geliebten Vaters in Frage stellt, sondern auch allgemein an seinen Vorhaben zweifelt. Die Schwarzhaarige steht treu hinter ihrem Vater und glaubt fest daran das alles, was er getan hat, einen Sinn ergibt und nicht ohne Grund geschehen ist. Wut steigt in ihr auf, als sie glaubt, dass ihre Mutter nun völlig unter der Fuchtel Harus steht. Das schlimmste daran wird auch noch, als sie vernimmt, wie ihre eigene Mutter anfängt zu weinen. »Ich weiß nicht mehr, was ich noch machen soll. Diese Brandanschuldigungen in den letzten Jahren rauben mir noch den Verstand. Diese Prügeleien, diese ständigen Schulwechsel, selbst das sie dich nicht akzeptieren kann …« Liza sieht es zwar nicht, aber ihre Mutter wird von Haru tröstend in den Arm genommen. »Nachdem ich ihren Vater kennen gelernt habe, wusste ich, dass es nicht einfach mit ihr wird, doch er hatte sie immer unter Kontrolle. Sie liebt ihn heute noch, wie früher. Als ihr Vater starb habe ich von Jahr zu Jahr immer mehr das Gefühl bekommen, dass sie sich mir entfremdet. Sie ist einfach viel zu sehr eine Kriegerin geworden, als wirklich eine junge Frau.« Midori weiß, dass das normal ist. Immerhin ist ihre Tochter ein Teenager. »Und jetzt wo ich unsere Kagome habe, habe ich Angst, dass sie vielleicht genauso wird. Ich will einfach nicht, das sich keine meiner Töchter von mir entfremdet. Ich liebe sie doch schließlich beide«, schluchzt sie in den Armen des Mannes. »Ich denke, wir sollten Liza auf eins von diesen Internaten schicken. Dann gewinnen wir alle Abstand zu einander und können uns neu formieren«, schlägt der junge Vater sogar vor. Die Zähne aufeinander pressend, geht sie einfach von der Tür weg auf ihr Zimmer. Wie kann sie nur so dumm sein und glauben, jemand wie er würde verstehen wollen, wer oder was sie ist. Das aber auch ihre Mutter nicht mehr hinter ihr zu stehen scheint und beide sie loswerden wollen, versetzt ihr einen so tiefen Stich ins Herz, dass es sich anfühlt, als wäre sie aufgespießt worden. Sie ist eben doch ganz allein. Egal wie sie es dreht und wendet. Liza gehört einfach nicht hierher - in keinster Weise. Noch immer den Kopf gesenkt, setzt sie sich niedergeschlagen auf ihr Bett. »Ich habe wohl doch keine andere Wahl«, haucht sie wehmütig. »Wenn ich schon gehen soll, dann wenigstens dorthin, wo ich hin will.« Damit hat sie sich einen Entschluss gefasst und wird es noch heute Nacht in die Tat umsetzen. ~~~*~~~ Bei tiefster Dunkelheit, weit nach Mitternacht, schleicht sich Liza in das Schlafzimmer ihrer Mutter, die Seite an Seite mit Haru liegt. Auf deren Nachttisch stellt sie ganz vorsichtig einen Brief hin. Noch immer in ihren Sachen, trägt sie zusätzlich einen gelben Rucksack auf den Schultern mit etwas Wäsche, Pflegeutensilien, Proviant und Geld. Vorsichtig kniet sie sich vor ihre schlafende Mutter und betrachtet sich eingehend ihr Gesicht, bevor sie ihr einen Kuss auf die Stirn gibt. »Es tut mir leid, Mama«, flüstert sie. »Ich wollte immer so sein wie du, aber ich kann es nicht. Ich muss meinen eigenen Weg finden. Ich liebe dich, Mama.« Nach den leisen Worten erhebt sich die Schwarzhaarige und geht in Richtung Kinderwiege von wo sie leise Laute vernimmt. »Wirst du langsam wach, Kagome?«, flüstert sie dem Baby zu, das verschlafen ihre ältere Halbschwester anschaut. Vorsichtig nimmt sich Liza ihre jüngere Halbschwester auf ihre Arme und schenkt ihr einen gütigen und vor allem sanften Blick mit ihren blauen Augen. »Versprich mir, dass du Mama keine Sorgen bereiten wirst, ja?« Müde reibt sich die jüngere Halbschwester ihre Augen. »Ab jetzt musst du der ganze Stolz der Higurashis werden, Kagome. Lass dich nicht unterkriegen - egal von wem oder was. Auch wenn wir uns vielleicht nie wieder treffen oder sehen werden, aber denk daran, ich hab dich lieb, kleine Schwester. Das Feuer wird dich beschützen, wenn ich es nicht kann. Daran glaube ich ganz fest.« Noch bevor Liza das Ende ihrer Worte erreicht hat, wenngleich es so leise wie möglich ist, um die Eltern nicht zu wecken, ist Kagome schon eingeschlafen. Dennoch mit einem sanften Lächeln gibt Liza auch der jüngeren Schwester einen Kuss auf die Wange, bevor sie das Baby wieder vorsichtig in die Wiege legt. Mit einem letzten traurigen Blick auf ihre Mutter verschließt die Schwarzhaarige leise die Tür der frischen Eltern und geht schleichend durch das Haus. Dabei kommt sie auch am Zimmer ihres Großvaters vorbei. Liza tut es leid, ihn nicht auch noch einmal gesehen zu haben, doch aufgrund dieser Priesterversammlung ist er nicht im Haus. So hinterlässt auch sie ihm einen Brief. Noch weiß sie nicht genau wann und wo sie überhaupt anfangen soll, aber die Schwarzhaarige hofft, dass sie willkommen sein wird, wenn sie wieder da ist. Nach einem Rundumblick im Zimmer ihres Großvaters hat sie hier nichts weiter verloren. Vor dem Haus blickt sie noch einmal zurück. Wie lange würde sie dieses Anwesen wohl nicht mehr sehen? Noch einmal überlegt sie, wo und wie sie überhaupt anfangen soll, während ihre blauen Augen den Schrein ihrer Familie sehen. Der einzige Ort, vom dem sie weiß, dass sie dort ungestört trainieren kann, ist genau jenes Fleckchen Erde zu dem ihr Vater früher immer mit ihr hingefahren ist. Dort würde sie auch hinreisen. Eigentlich hat sie nie zu den Göttern gebetet, aber heute am ersten Tag ihres neuen Lebens, will sie zumindest ein Zeichen von sich geben lassen. Also beschließt sie in die Zeremonienhalle zu gehen. Nachdem sie ihren gelben Rucksack dafür am Eingang absetzt, wirft die Siebzehnjährige fünf Yen in den Holzkasten hinein, läutet einmal die Glocke und klatscht zum Schluss zweimal in ihre Hände. Liza bittet um nicht sehr viel, nur dafür, dass ihre Familie Schutz, Halt und Geborgenheit haben wird. Selbstverständlich hofft sie auch, dass sie schon sehr bald den Weg erkennen wird, der ihr gegeben worden ist. Mehr wünscht sie sich nicht. Noch während sie ihr Gebet gedanklich spricht, dringt auf einmal ein starkes Leuchten aus dem Holzkasten. »W-Was …!«, beginnt sie, wird jedoch noch im gleichen Atemzug Zeuge davon, wie eine gewaltige Schere, wie von einem Krebs, aus dem leuchtenden Kasten heraus kommt und sich Liza ohne weiteres schnappt. Ohne ein weiteres Lebenzeichen wird die Feuerkönigin einfach in den Gabenkasten hineingezogen, dessen unheilvolles Licht so plötzlich verschwunden ist, wie es gekommen ist. Kapitel 2: Sengoku-Jidai ------------------------ Eine riesige Schere taucht plötzlich aus dem Holzkasten auf und greift sich die davor stehende Liza. »Aaahhh!«, schreit sie erschrocken auf, ehe sie eingezogen wird. Das unheilvolle Licht aus dem Kasten verschwindet und somit auch die Schwarzhaarige. Nur ihr gelber Rucksack ist alles, was noch übrig bleibt. Als wäre sie unter Wasser nimmt ihr die neue strahlende Umgebung förmlich die Luft zum Atmen. Schock zeichnet sich auf ihr Gesicht, als sie erkennen kann, wem diese gewaltige Schere gehört - ein gigantischer Krebs! »Lass es mich tun, Menschenweib!«, hört sie ihn sprechen und ist verwirrt. »Lass mich dich töten!« Wie um seiner Forderung einen deutlicheren Nachdruck zu verleihen, drückt er sie mit seiner gewaltigen Schere stärker, was ihr eine Fuhr Schmerzen verleiht. Einen Scheiß werde ich!, schießt es wütend durch ihren Kopf. Ihr Körper beginnt in einem vollständigen Rot zu leuchten. Das Wasser um sie herum brodelt unheilvoll auf. Schon bald sieht sich der gewaltige Krebs gezwungen sie loszulassen, da er selbst in seiner steinharten Schere die abnormale Hitze spürt. Vielleicht wird Liza unter Wasser keine Feuermagie einsetzen können, doch im gewaltigen Mund des Krebses schon. Zielstrebig schwimmt sie daher dort hin. »Du Närrin! Du wirst sehen, was du davon hast!«, sagt er noch zu ihr und nimmt sie tatsächlich in einem Stück in sich auf. Zunächst holt die Jugendliche wild hustend Luft, bevor sie auf ihren Handflächen binnen weniger Sekunden Flammenbälle erscheinen lässt. »Jetzt mach ich dich fertig, du halbe Portion!«, kommt es zuversichtlich von ihr. Sie verbindet ihre Hände miteinander um größere Flammen zu erzeugen, die sie umschließen. Liza holt aus und anschließend schlägt sie mit ihren verbundenen Fäusten genau unter sich. Die Wucht und Stärke ist dabei so hart, dass sie es schafft den kompletten Unterkiefer abzutrennen. Damit hat sie den Kampf auch schon gewonnen. Sie sieht nur noch, wie der Körper des Krebses plötzlich hell erstrahlt, nur um schließlich in einem Haufen voller Sterne zu verpuffen und nach oben entweicht. Ziellos nun im Wasser treibend, weiß sie nicht, wo sie hin soll. Es gibt nirgendwo einen Hinweis, an den sie sich wenden kann. Liza glaubt bereits hier und jetzt zu sterben, aber dann bildet sich wie aus dem Nichts ein Strudel, der sie, zusammen mit dem Wasser einzusaugen scheint. Inmitten dieses heftigen Strudels und des unvermeidlichen Luftmangels verliert sie das Bewusstsein. ~~~*~~~ Als Liza wieder in einem schwarzen Nichts zu sich kommt, vernimmt sie wirre Stimmen um sich herum. »Wie sieht es aus, Priesterin Kaede?«, hört sie eine Frauenstimme besorgt fragen. »Hmm«, vernimmt die zu sich kommende Menschenfrau wenig später einen zustimmenden Laut, nur kurz darauf gefolgt von einer älteren Frauenstimme. »Sie müsste bald wieder zu sich kommen.« Noch immer geschwächt vom Wasserstrudel schlägt die junge Frau nur müde ihre Augen wieder auf und erkennt das Gesicht einer alten und jungen Frau. »Wo«, beginnt sie, »bin ich?« Sofort scheint sich das Gesicht der alten Frau zu erhellen. »Du bist aufgewacht. Wie schön«, sagt sie anstatt zu antworten. »Du bist hier in unserem bescheidenen Dorf im Lande von Musashi«, erklärt sie freundlich lächelnd. Liza kommt sich zunächst vor wie im falschen Film. Ist sie vielleicht wirklich in der Zeit zurück gereist, wenn ja wie lange? Oder ist sie vielleicht auf einer Larp-Convention? Ihre Frage beantwortet sich schon bald von selbst, als ein Mann mit Haarknoten ins Haus gestürmt kommt. »Priesterin Kaede! Ist sie wach? Wenn ja, sollten wir sie verhören!«, brüllt er aufgebracht. Die Schwarzhaarige erhebt sich nur schwermütig und blickt den Mann an der Eingangstür trotzdem mit einem bösen Blick an. »Wie bitte?«, fragt sie nur gereizt. »Keine Sorge, mein Kind. Ich werde mich schon um dich kümmern«, wendet sich die alte Priesterin an sie, bevor sie sich dann an den jungen Mann wendet. »Makabaro. Ich habe sie bereits sorgfältig untersucht. Diese Frau stellt für unser Dorf keinerlei Bedrohung dar.« »Ja aber das Zeichen …«, will er widersprechen. »Was für ein Zeichen?«, fragt Liza dann doch verwirrt die Alte. »Weißt du es etwa nicht. Du trägst das Zeichen der Sterne auf deinem linken Handrücken«, erklärt die Priesterin ihr. Verwundert schaut sie sich ihren linken Handrücken an. Tatsächlich sieht sie dort das Abbild vom Anfang ihres Sternzeichens in roter Farbe. »Waaa~!!!«, schreit sie völlig entsetzt. »Aber wie? Warum? Weshalb? Wieso? Ich versteh gar nichts mehr!«, ist Liza nun völlig außer sich vor Entrüstung und Verwirrung. »Keine Sorge, mein Kind«, vernimmt sie die beruhigende Stimme der Priesterin neben sich. »Es ist lediglich das Tōunamento.« Die alte Frau sieht das immer noch verwirrte Gesicht der deutlich jüngeren und schickt die anderen beiden aus dem Haus. »Komm erst mal wieder zu dir. Dann erkläre ich dir alles in Ruhe.« ~~~*~~~ Stunden später ist bereits die Nacht eingezogen. Mittlerweile hat sich die Jugendliche auch wieder aufgerafft. Nach einem freundlichen Angebot der Priesterin hat sie sich in einer Holzschale ihr Gesicht und Hände waschen können. Noch immer ist ihr diese rote Linie mit dem Anfang ihres Sternzeichens ein Rätsel. Woher taucht es so plötzlich auf? Was bedeutet es? Hat es vielleicht was mit diesem Tōunamento zu tun? Mit einer Holzkelle rührt die Priesterin durch den Eintopf, während sie sagt: »Verzeih uns bitte, mein Kind. Doch in unseren kriegerischen Zeiten ist es nun mal nicht so leicht Fremden Vertrauen entgegen zu bringen. Alle hier sind furchtbar ängstlich und fürchten stetig Angriffe.« Die Schwarzhaarige schüttelt nur sanft lächelnd ihren Kopf. »Es ist alles in Ordnung, Kaede. Man kann es ja auch irgendwie verstehen. Ich bin selbst auch nicht gerade offen Fremden gegenüber.« Noch immer ist ihr all das ein absolutes Rätsel. Wurde sie wirklich ins mittelalterliche Japan gezogen? Fragen über Fragen, die sie sich selbst beantworten muss. Zumindest scheint sie hier in keiner schlechten Gesellschaft gelandet zu sein. »Eintopf?«, fragt die Priesterin sie freundlich. »Oh ja, sehr gern. Ich hab nämlich schon einen großen Hunger«, antwortet Liza höflich, was der alten Frau ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, bevor sie ein Schälchen mit dem Essen rüber reicht. »Der unstillbare Hunger des Feuers«, flüstert die Priesterin leise. »Wie bitte?«, fragt Liza sie. »Ich habe mich gefragt, von wo du eigentlich herkommst? Deine Kleidung ist sehr ungewöhnlich«, stellt die Priesterin schließlich die Frage, statt ihre vorherigen Worte zu wiederholen. Sofort wird Lizas Miene traurig. »Von sehr weit weg und ich gehe davon aus, auch nie mehr dorthin gehen zu können.« Diese Antwort tut der Erfahreneren so leid. Dann ist diese junge Frau also heimatlos - ganz egal, was je passiert ist. »Du könntest hier bleiben, wenn du magst«, bietet Kaede schließlich an. »Wir sind zwar ein armes, aber sehr liebevolles Dorf. Du könntest hier sicher gut leben, arbeiten und vielleicht einen geeigneten Mann finden. Bei solch einer Schönheit wie deiner, sollte es sicherlich nicht schwer sein.« Das Angebot schmeichelt der Schwarzhaarigen wirklich sehr, doch beim nachfolgenden Teil schießt ihr das Entsetzen direkt ins Gesicht. »Und wir können dich hier vor Dämonen beschützen.« »D-Dä-Dämo-Dämonen?«, ist Liza deutlich schockiert. »Ja, Dämonen. Du tust ja so, als wäre es für dich ein Fremdwort«, ist die Priesterin dann doch etwas fassungslos über das Unwissen. »Na ja, also … Sagen wir mal so …«, stammelt Liza etwas herum. »Von dort, wo ich herkomme, gibt es keine Dämonen. Ich habe noch nie welche gesehen.« Der Schock über diese Aussage steht der Priesterin ins Gesicht geschrieben. »Keine … Dämonen?« Die Schwarzhaarige nickt. »Für mich ist es also nicht so alltäglich darüber zu sprechen.« In der Tat fühlt sich das Gespräch sehr seltsam für die Moderne an. Nachdem Kaede dann wieder ihre Fassung gefunden hat, räuspert sie sich einmal kurz. »Wenn du aber willst, kannst du hier bleiben. Wir haben gute und ehrliche Menschen hier und sind füreinander da.« Als die Menschenfrau ihren Bissen ordentlich gekaut und runter geschluckt hat, antwortet sie. »Fürs Erste kann ich hier bleiben. Vielleicht finde ich hier einen Weg wieder zurück zu kommen.« In vollkommener Manier trinkt sie einen Schluck vom Eintopf aus der Schale. »Und ich beschütze euch im Gegenzug vor den sogenannten Dämonen.« Das ruft auf dem Gesicht der Priesterin einen fragenden Blick wach. »Ich beherrsche das Feuer und kann kämpfen. Das ist mein Anteil, den ich für euch tun kann, solange ich hier bleibe. Ich selbst brauche keinen Schutz.« Die Priesterin selbst setzt sich ihr gegenüber. »Du bist eine starke Frau. Nicht umsonst hättest du dieses Zeichen auf deinem Handrücken.« Nach ihren Worten blickt Liza auf das Abbild des angefangenen Sternzeichens auf ihrem Handrücken. »Apropos … Dieser Mann vorhin … Er hatte wohl offenbar Angst vor dem hier.« Sie erhebt ihre Hand und deutet damit auf das Zeichen. »Was hat das zu bedeuten?« »Du musst wirklich von sehr weit herkommen, wenn du noch nichts vom Tōunamento gehört hast«, antwortet die Priesterin zunächst, bevor auch sie sich einen Bissen vom Eintopf gönnt. »Das Tōunamento ist eine Art Turnier bei dem die Dämonen teilnehmen, um ihre Rangmachtspiele neu zu formieren.« Liza denkt an das Buch ihres Vaters, dass sie erst noch vor wenigen Stunden in den Händen hielt. Das Ganze klingt so ähnlich, wie in seinen Schriften. »Beim Tōunamento nehmen all jene Elementsableger teil, die sich derzeit auf der Erde befinden. Es gibt dabei nur eine Regel - gewinne oder sterbe.« »Elementsableger?«, unterbricht die Jüngere die Erzählung. »Solche wie du. Dämonen oder Menschen, die einem Element angehörig sind. Meistens natürlich Dämonen. Das Turnier dient für solche wie dich im Rang aufzusteigen.« Das klingt für Liza perfekt. Sie will doch schließlich im Rang aufsteigen und ein Fire Splinter werden. Vielleicht kann sie sogar den höchstmöglichen Rang erreichen. »Dann kann ich doch da mitmachen«, zeigt sich gleich entschlossen. »Oh nein, mein Kind. Das halte ich für keine gute Idee. Meinem Wissen nach nehmen nur Dämonen daran teil. Ein Mensch wie du, hätte dabei keine Chance, auch wenn du eine Feuerkönigin bist.« Der fragende Gesichtsausdruck verrät der Priesterin, dass Liza keine Ahnung hat, woher sie das weiß. »Dein Symbol verrät es. Es zeigt nicht nur das du ein Elementsableger bist, sondern auch deinen Rang. Je mehr von deinem Sternzeichen vervollständigt ist, desto höher ist dein Rang. Mal davon abgesehen könntest du sowie so nicht teilnehmen.« »Warum?« »Du brauchst einen Lehrer. Einen anderen Elementsableger, der im Rang höher ist als du. Vielleicht sogar schon den höchsten Rang erhalten hat. Er muss dich unterrichten und beschützen.« »Und wozu?«, fragt Liza weiter neugierig. Die Priesterin seufzt. »Genau kenne ich die Regeln leider nicht mein Kind. Ich weiß nur, dass du ihn brauchst, sowie er oder sie dich. Um nämlich auch daran teilnehmen zu können, brauchen die starken Krieger die Rangniedrigeren. Mehr ist mir leider nicht vertraut, aber glaube mir Liza … Kein Dämon wird einen Menschen, noch weniger eine Frau, an seiner Seite akzeptieren wollen. Eher würden sie dich töten und deine Fähigkeiten aufsaugen.« Bei dem Gedanken läuft Lizas Gesicht ganz blau vor Ekel an. »Also das hört sich wirklich … nun ja … Iiiiihhhh an«, lächelt sie gestellt und isst den Eintopf auf. Ihre blauen Augen schauen traurig auf die leere Schale. »Dennoch«, beginnt sie mit einem Hauch von Wehmut in der Stimme, »ich habe mir selbst ein Versprechen gegeben. Das Versprechen so stark zu werden, das ich alles und jeden beschützen kann, der mir etwas bedeutet. Ich will nie wieder jemanden verlieren, den ich liebe.« Nachdenklich dringt ein grummelnder Laut aus dem Hals der Alten, während sie weiter lauscht. »Ich muss daran teilnehmen, um zu einem Fire Splinter aufzusteigen. Was mein eventuell künftiger "Lehrer" für Ziele hat, ist mir völlig egal. Ich vertraue auf meine Stärke und mein Wissen, das einst mein Vater an mich weiter gegeben hat.« Auch wenn sie lächelt, verdeckt ihr Pony ihre traurigen Augen. Nach einem längeren Moment des Schweigens, nimmt Kaede wieder das Gespräch auf. »Ich kann dir dennoch nicht sagen, wo das Tōunamento stattfindet oder wie man daran teilnimmt. Die Kämpfe finden willkürlich überall und zu jeder Zeit statt. In der Zeit, wo wir hier reden, können zum Beispiel zwei Dämonen gerade gegeneinander kämpfen und versuchen sich zu töten.« Alles nur für die Macht. Die Menschenfrau stimmt das nachdenklich. »Trotzdem«, erhebt sie dann ihren Kopf und blickt Kaede lächelnd an. »Ich bleibe fürs Erste hier, bis ich einen Lehrer gefunden habe oder ich wieder nach Hause komme.« ~~~*~~~ Gesagt, getan. Liza ist geblieben. Zunächst eine Woche. Dann wurde daraus eine zweite Woche, bis schon recht schnell ein Monat geworden ist. Liza ist alle Möglichkeiten durchgegangen, die sie hätte durchgehen können. Angefangen mit dem Gerücht über den alles verschlingenden Knochenfresser-Brunnen, in dem die Gebeine von Dämonen spurlos irgendwo hin verschwinden. Ohne zu zögern sprang sie rein und … nichts. Liza ist immer noch im mittelalterlichen Japan. Dann stürzte sie sich in ein Gewässer, doch außer das sie fast ertrunken wäre, brachte auch das nichts. Sie hat vieles ausprobiert, doch nichts hat geholfen. In der Zwischenzeit hat sie, wie es die Priesterin geahnt hat, viele Bewunderer und Verehrer, die an ihr zu hängen scheinen, wie jeder gute Sekundenkleber. Sie wird mit Geschenken und aufrichtigen Worten umworben, doch all das interessiert sie nicht. Auch wenn die Männer in dieser Zeit netter und ehrlicher zu sein scheinen, als in ihrer modernen Epoche. Diese Männer sind außerhalb ihrer Interessen und der Neid der Frauen ist ihr so Gewiss, wie der Gestank des Sumpfes. Trotzdem beschützt sie die Dorfbewohner, wenngleich sie von Dämonen bisher nichts gemerkt hat. Es sind Räuber und Banditen, die eine offensichtliche Bedrohung für die Dorfbewohner darstellen. Für sie und ihr Element jedoch kein Problem. Vielleicht bilden sie sich das aber auch alles ein. Ich meine, gerade die altertümlichen Leute glauben schnell an so etwas, wie Dämonen, Geister oder sonstiges in der Art, versucht sie sich den Irrglauben zu erklären. »Hier bist du«, ist es schließlich die Stimme der alten Priesterin, die sie vernimmt. »Kaede«, begrüßt Liza sie freudig und sieht, wie sie sich neben sie auf die Wiese setzt. Auf einem Hügel, etwas weiter weg vom Geschehen hat die Schwarzhaarige hier den besten Ausblick auf Dorf und Bewohner. »Bisher gibt es keine Dämonenangriffe.« »Hmhm«, stimmt die Priesterin ihr zu. »Noch ist es friedlich, weil sich alle Lehrer ihre Schüler suchen und die Schüler sich ihren Lehrern beweisen.« »Wenn es nach mir geht, befinde ich mich schon in einem Dämonennest«, offenbart Liza ihre Gedanken der Priesterin gegenüber. »Wie bitte?«, fragt diese nur entsetzt nach. Fast so, als wäre sie in tiefen Gedanken gefangen, erzählt sie: »Von da, wo ich herkomme habe ich nur das schlechte Gesicht der Menschen gesehen. Wenn jemand schikaniert wird, wird nur zugeschaut. Ist jemand in den Flammen eines Gebäudes gefangen, wartet man lieber auf Hilfe, anstatt selbst schon etwas zu tun. Menschen jagen zum Spaß und vernichten alle Schönheit der Natur, nur um selbst mehr Lebensraum zu haben oder seine Besitztümer zu erweitern. Frauen erblassen schneller vor Neid als ein Chamäleon seine Farbe wechseln kann und Männer greifen sich oft das, was sie wollen – egal ob es ihnen gehört oder nicht.« Ihre Miene verfinstert sich zunehmend. »Für mich ist der Mensch das schlechteste aller Wesen und das obwohl ich noch nie einen Dämon getroffen habe.« Kaede schweigt zunächst und blickt auf das friedvolle Dorf unter ihnen. »Das klingt alles sehr verbittert für so einen jungen Menschen, wie dich«, teilt sie ihre Meinung mit. Sie erkennt, wie Liza bei dem Wort "Menschen" förmlich zusammenzuckt. Sie muss ihre eigene Abstammung wirklich hassen. »Ich bin eine Priesterin, Liza. Ich besitze heilige Kräfte, die alle auf der Magie des Lichtes basieren. Auch das Feuer, das du in dir trägst basiert auf dieser Kraft. Das habe ich durch deinen starken Beschützerinstinkt erkennen können.« Kurz pausiert die Priesterin, um die frische Brise des Sommerwindes einzuatmen. »Feuer kann aber auch - im Vergleich zu meinen Kräften - durch Finsternis Existent sein. Deine Kräfte bewegen sich momentan in einem sehr guten Gleichgewicht dazwischen. Dein Feuer ist in einem sehr guten Zwielicht. Pass auf, dass es nicht zu sehr der Finsternis ausgesetzt ist.« Die junge Frau schweigt und blickt ernst zum Dorf. »Ich denke, es ist besser wenn ich gehe. Einen Monat bin ich schon hier und ich habe weder eine Möglichkeit gefunden von hier nach Hause zu kommen, noch war ein Lehrer des Turniers hier. Ich vergeude meine Zeit in diesem Menschendorf.« »Es ist deine Entscheidung. Ich halte dich davon nicht ab. Ich möchte aber, dass du weißt, du bist immer hier willkommen«, zeigt sich die Priesterin verständnisvoll. Lächelnd dreht die Jüngere das Gesicht zur Priesterin. »Das ist nett von dir. Du, meine Mutter und meine frisch geborene Halbschwester Kagome seid die einzigen Menschen, die mir etwas bedeuten. Und genau für solche Menschen wie dich will ich stärker werden. Deswegen muss ich meinen Lehrer suchen und finden gehen.« »Das ist ein kluger Gedanke. So jemanden wie dich können wir hier wirklich gut …« Die Priesterin wird unterbrochen, als die Erde beginnt zu beben. »Was ist das?!«, fragt Liza total überrascht. Die Frage beantwortet sich von selbst, als sie schon in weiter Ferne einen gewaltigen Wurm sieht. So groß, wie sämtliche Hochhäuser aus ihrer Zeit. Alle Farbe entweicht ihr aus dem Gesicht, als sie das rote Ungetüm dabei beobachtet, wie es durchs Dorf rauscht. »Das ist ein Dämon.« Diese kurze Antwort von Kaede schockiert Liza auf so viele verschiedene Arten und Weisen. »DAS«, ruft sie fassungslos aus, »ist ein DÄMON!?« »Ein Ōmukade! Sie sind sehr gefährlich und aggressiv«, erklärt Kaede der Jüngeren. »Und offensichtlich sehr dumm«, fügt Liza hinten dran, als sie sieht, wie der Wurm sich ihnen nähert. »Kaede Achtung!«, warnt sie noch die Priesterin, packt sie sich und springt mit ihr zur Seite, um sie zu retten. Schmerzhaft stöhnt die alte Frau auf, da der Aufprall für sie ziemlich unsanft gewesen ist. »Ich danke dir. Du hast mich gerettet«, zeigt sie sich zunächst noch dankbar, doch bei einem Blick ins Gesicht der Schwarzhaarigen sieht die Priesterin sofort den entschlossenen Blick. »Und jetzt werde ich dich rächen.« Gleich löst sie sich von ihr und stellt sich mutig dem gewaltigen Dämon. Sofort springt sie zum gewaltigen Wurm, der ihr jedoch rechtzeitig ausweicht, indem er sich unter die Erde buddelt. Gute Reflexe und wahnsinnig schnell, macht sie sich ihr erstes Bild von einem Dämon. Das nächste folgt zugleich, als er direkt unter ihr wieder rauskommt und sie sich zwischen den kraftvollen Kieferklauen befindet. Er versucht sie auf diesem Wege in sein Maul zu drücken. Mit großer Anstrengung und mächtigen Kraftaufwand kann sie sich gerade noch so halten. Und unwahrscheinlich stark. Alle Wehr von ihr bewahrt Liza nicht davor, doch im Maul vom Wurmdämon zu landen, der sie anschließend sofort runter schluckt. »Liza, nein!«, ruft die alte Priesterin nach ihr. Damit weckt sie wieder das Interesse vom Wurm, der sie prompt angreifen will. Die Frau sieht sich schon Tod, doch es ist der Dämon selbst, der Innehält. Ein lautes Grummeln dringt aus der Mitte seines Körpers. Dann viele immer wieder kehrende Beulen die im Verhältnis zu seiner gewaltigen Körpergröße eher wie Pickel wirken. Das Grummeln wird lauter, bis der Ōmukade selbst in Flammen aufgeht und schließlich ein gewaltiger roter Strahl, ähnlich wie eine Peitsche, aus seinem Körper schießt und ihn an der Stelle teilt. Die Schwarzhaarige, gehüllt in Flammen, springt heraus, triefend von den Körpersäften des Wurms. Und offensichtlich eine viel stärkere Verteidigung als jeder normale Mensch. Sich vor Schmerz auf dem Boden windend und seine quälenden schrillen Töne hinausschreiend, tut es Liza zum ersten Mal richtig leid, jemanden Leid zu zufügen. Traurig erhebt sie ihre Hand. Die Fingernägel leuchten in einem strahlenden Rot auf, während ihre kraftvollen blauen Augen auf den Dämon gerichtet sind. »Ich lasse dich nicht mehr leiden«, flüstert sie, bevor sie ihre Hand schwingt und viele rote Sicheln aus purem Feuer sich im Körper des Wurmdämons festhaken; nur um zu explodieren. Sein Körper sprengt sich auf und zersplittert in viele Fleischbrocken. Elegant landet Liza vor den Überresten ihres Gegners. Ihre Haare verhüllen ihren traurigen Blick, während sie im Stillen die Götter um Segen für diese arme Kreatur bittet. »Oh Gott, Liza. Ist alles in Ordnung?«, fragt die Priesterin sie sogleich besorgt und nähert sich ihr. »Ich muss mich waschen«, ist es die einzige Antwort, welche die Jüngere geben kann und verschwindet sofort in den ihr bekannten See. Dieses Verhalten macht Kaede Sorgen. Die junge Frau ist abweisender, als jemals zuvor gewesen. ~~~*~~~ Bis zum Sonnenuntergang verweilt sie in dem stillen Gewässer und badet darin. Ihre Sachen hat sie zuvor gewaschen, bevor sie baden ging, sodass diese in der Zeit der Sonne trocknen können. In aller Form ihrer Nacktheit schwimmt sie durch den See und versucht dieses furchtbare Bildnis des sterbenden Dämons aus ihrem Kopf zu kriegen. Warum nur macht es ihr so zu schaffen? Nie zuvor hat ihr ein Mensch leidgetan. Auch dann nicht, wenn sie welche in den heißen Flammen ihres Feuers elendig sterben ließ. Vielleicht weil sie wusste, dass diese Menschen es nicht anders verdient hatten. Schließlich waren das Leute der übelsten Sorte. Mobber. Vergewaltiger. Kinderschänder. Tierquäler. Und noch einige mehr, die abgrundtief böse waren. Liza ist schon immer sehr konsequent und hart gewesen, doch im Grunde ihres Herzens ist sie weicher, als jede Blume. Mit dem Kopf voran taucht sie wieder auf und bedeckt sich ihr Gesicht mit den Händen. Nicht um das Wasser zu reiben, sondern um ungesehen zu weinen. Zuletzt hat sie bei der Beerdigung ihres Vaters geweint. »War es dein erster Mord?«, erschrecken sie die sanften, aber auch zögerlichen Worte der alten Frau. Sofort taucht sie wieder tiefer ins Gewässer, um vor den Blicken der alten Frau gesichert zu sein. »Hast du mich erschreckt!«, fährt die junge Frau in sich zusammen, schwimmt sogar noch einmal komplett unter Wasser, um sich das Gesicht von ihren Tränen zu reinigen. Danach taucht sie auf und geht zu ihrer einzigen Freundin, die sie jemals kennen gelernt hat. »Nein. Aus meiner Heimat habe ich schon einige bösartigen Menschen getötet, aber …« Mit Hilfe ihres inneres Feuers kann sie sich innerhalb weniger Sekunden Haare und Körper trocknen. »… dieses kreischen und winden dieser Kreatur hat mir so ein stechen in meiner Brust gegeben. Zum ersten Mal tat es mir leid, dass ich jemanden töten musste.« Mit ihren Händen überprüft sie, ob ihre modernen Sachen trocken sind. Ihre Unterwäsche ja, aber das rote Oberteil und die schwarze Hose noch nicht. Ein weiteres Mal benutzt sie das Feuer und konzentriert es in ihren Händen, die sie über ihre Sachen gleiten lässt. Es macht sie glücklich ihr Element endlich frei nutzen zu können, wenn es auch erst einmal nur für solche Dinge ist. Nachdem alles getrocknet ist, zieht sie sich an und lauscht den Worten der Priesterin. »Nun, das erste Mal einen Dämon zu töten, macht jedem zu schaffen. Auch ich hatte damals damit zu kämpfen.« Das Liza lässt über ihre Schultern blicken. »Wirklich? Warum?«, fragt sie. »Nun ja, ich habe mich immer um Tiere und Menschen gekümmert. Ihnen zu helfen ist genau das, was mir am meisten Freude bereitet hat. Dämonen haben oft animalische Gestalten und einen von ihnen zu töten war so, als hätte ich ein Tier getötet.« Angezogen nähert sie sich der erfahrenen Priesterin. »Und wie hast du das überwunden?« »Die Zeit. Ich habe mit der Zeit lernen müssen, dass Dämonen keine Tiere sind, sondern Monster.« Dieses Wort lässt die Menschenfrau aufzucken. Monster. Auch zu ihr hat man oft genug gesagt, dass sie ein Monster ist, obwohl sie wirklich kein Dämon ist. »Ich bin«, zögert sie zu sprechen, »mir da nicht so sicher.« »Liza, du …«, will Kaede dagegen kontern, doch sie verschluckt den Rest des Satzes, als sie sieht, wie die Schwarzhaarige urplötzlich in die Ferne starrt. Zunächst wendet sich die Priesterin um und schaut hinter sich, doch sie sieht niemand. »Was ist?«, fragt sie deshalb direkt die Jüngere. Ihre Augen weit aufgerissen, starrt diese weiter nach vorn. »Ich kann etwas fühlen. Da ist eine«, kurz unterbricht sie sich, um zu überlegen, wie sie es benennen kann, was sie fühlt, »Aura. Sie ist von gewaltiger Stärke.« In der Hoffnung, es könnte sich vielleicht um einen "Lehrer" handeln, will sie sofort losrennen. Kaede hält sie jedoch auf, in dem sie den Ärmel von Liza greift. »Bitte mein Kind. Gehe da nicht hin. Die Dämonen sind viel zu stark für einen Menschen wie dich.« Liza lächelt die alte Frau freundlich an. »Das mag sein, aber trotz allem sollte man mich auch nicht unterschätzen. Wenn es so sein soll, dann werde ich dort sterben. Ich gehöre momentan nirgendwohin, Priesterin Kaede. Vielleicht zeigt mir dieses Turnier den Ort, wo ich sein will und zu wem ich gehöre.« Mit diesen gut gemeinten Worten verlässt die Schwarzhaarige anschließend die Priesterin. Noch in weiter Ferne kann Liza die alte Priesterin rufen hören, doch sie kann nicht stehen bleiben und warten. Sie muss dem Ganzen auf die Spur gehen. Die Schwarzhaarige weiß nicht, wohin der Weg sie führt und wie lange sie ihm folgen wird, aber sie würde ihm unbeirrt Folge leisten. Ihre Schritte haben sie zu einer gewaltigen Waldlichtung geführt. Von einem Fluss durchzogen, zeigt sich ihr eine Wiese, inmitten des Waldes. »Bin ich hier noch«, beginnt sie sich selbst zu fragen, »in Musashi?« Noch während sie sich mit ihren Augen umschaut, hört sie eine Stimme. Eine männliche Stimme, die eindeutig am Schimpfen ist. »Wie konnte er nur? Meister Sesshomaru ist wirklich manchmal grausam. Ich mein, wie soll sich hier - im absoluten Nichts - so plötzlich ein Ableger einfinden? Die Wahrscheinlichkeit liegt doch garantiert bei …« Der kleine Krötendämon, mit einem Holzstab in seinen Händen, unterbricht sich selbst, als er diese junge Menschenfrau vor sich knien sieht, die ihn seltsam mustert. »Hey! Aus dem Weg niederes Menschenweib!«, fordert er sofort schroff. »Bist du auch ein Dämon?«, fragt sie ihn nur. Der blanke Schock zeigt sich auf seinem Gesicht. »Ja, natürlich bin ich ein Dämon! Das sieht man doch!«, schreit er sie an. »Entschuldige bitte, aber ich habe zuvor nur einen Dämon gesehen. Ich habe sie mir nie«, sie beendet ihren Satz frühzeitig, um zu überlegen, was sie sagt, »so klein vorgestellt.« Diese junge Frau vor ihm ist Jaken ein absolutes Rätsel. Solch ein Verhalten hat er tatsächlich noch nie erlebt. Erst Recht nicht von einem Menschen. Dennoch macht es ihn irgendwie stolz der erste Dämon seiner Klasse zu sein, den dieser niedere Mensch sieht und er bäumt sich auf. »Nun, dann hast du einmal Glück, Menschweib. Mein Name ist Jaken und ich war einst der König der Kappa-Dämonen, doch dann, als ich mich gerade in einem Krieg gegen die …« Der Krötendämon unterbricht sich selbst, als er die Hand der Menschenfrau auf seinem Kopf bemerkt, die ihn streichelt. Lächelnd sagt Liza ihm: »Ich finde dich irgendwie süß.« Jaken steht wie versteinert da und blickt sie ganz schockiert an. Süß? Sie findet mich … süß? »Ist was? Hätte ich das nicht sagen sollen?«, fragt sie nur voller Unschuld. Plötzlich mischt sich eine weitere Männerstimme ein. »Jaken? Was machst du solange?« Diese Stimme ertönt so voller Kälte und Gleichgültigkeit, dass Liza sich sofort erhebt und erwartungsvoll in die Richtung blickt, aus der sie diese Kälte gehört hat. Ihre blaue Augen weiten sich, als sie dann diesen Mann sieht. Während sein edler weißer Kimono mit dem roten Blumenmuster sie an einen Mann vom hohen Stand erinnert, zeigt ihr seine Rüstung eindeutig, dass er ein Krieger sein muss. Die silbernen Haare schimmern im fahlen Mondlicht richtig kalt. Ein seltsames Kribbeln macht sich im Bauch der Menschenfrau zum ersten Mal breit. Erst Recht, als sie in diese sehr markanten goldenen Augen blickt, die ohne jegliche Gefühlsregung in ihre Richtung schauen. Dieser Mann übt eine unwahrscheinliche Faszination aus, wie sie es nie zuvor erlebt hat. Diese elegante Haltung, wie die eines Königs. Dieser herrische Ton in seiner kalten Stimme, wie ein Herrscher. Selbst seine Aura reicht aus, um sie spüren zu lassen, dass er um ein vielfaches höher im Rang ist, wie sie. Sein Blick zeigt ihr alle Abscheu, die er für sie nur empfinden kann. All das hält die Menschenfrau jedoch nicht davon ab ihn selbst voller Faszination anzuschauen. Die violette Mondsichel auf seiner Stirn erinnert sie an genau jenem Mond, der gerade am Himmelszelt thront. Einzig die Streifen an den Wangen und der prachtvolle Pelz über seiner Schulter geben ihr Rätsel über seine Abstammung auf. Ist er … ein Mensch? Kapitel 3: Tōunamento --------------------- »Wer ist das?«, fragt der Mann mit der eisigen Stimme. Jaken geht sofort zu ihm. »Verzeiht Meister Sesshomaru, aber diese Menschenfrau hat mich aufgehalten.« Nach langem Schweigen und gegenseitigen anschauen, erhebt der junge Mann erneut seine frostige Stimme. »Ich sehe du hast sie gefunden.« Liza ist verwirrt. Dieser Mann hat nach ihr gesucht? Wie denn? Sie ist doch noch gar nicht so lange hier. Mutig hält sie seinem Blick stand. »Was soll das heißen?«, fragt sie ihn frech. Die Schwarzhaarige schaut geschockt, als er plötzlich vor ihr steht und sich ihren Handrücken mit dem Sternenabbild anguckt. »Eine Königin und dann auch noch vom Element Feuer auserkoren.« Ihm so nahe zu sein lässt das Kribbeln in ihrem Bauch gleich um ein vielfaches Verstärken. Ihr eigener Herzschlag geht schneller, sodass das Blut in ihre Wangen gepumpt wird. Ein leichter rosa Schimmer bedeckt nun die sonst blasse Haut. Das hört sofort auf, als sie seine Worte hört: »Aber ein Mensch. Ich habe kein Interesse daran.« Sofort schaut sie ihn böse an und hüllt ihre Hand in Flammen, sodass selbst dieser Dämon seine Hand von ihr entfernt. »Ich bin vielleicht ein Mensch, aber ich bin keineswegs ein wertloses Insekt.« »Wir gehen Jaken. Ich kann noch andere Auren in der Gegend wahrnehmen, die es mehr Wert sind von mir trainiert zu werden«, spricht der Silberhaarige vornehm an seinen Diener und dreht sich zum Gehen um – Liza dabei völlig ignorierend. Der kleine Krötendämon verneigt sich und ist schon dabei sich seinem Herren anzuschließen. »Wie Ihr wünscht, Meister Sesshomaru.« »Hey!«, ruft Liza ihm hinterher. »Bist du etwa ein Tōunamento - Teilnehmer?« Er gibt ihr keine Antwort und läuft einfach weiter, doch er bleibt stehen, als diese Frau sich ihm plötzlich in den Weg stellt. Ihr Körper eingeschlossen von Flammen. »Ich kann dir beweisen es würdig deine Schülerin zu sein«, bleibt sie entschlossen. »Wie unerhört bist du eigentlich, Menschenweib? Mein Meister Sesshomaru ist ein ranghoher Dämon, der dich binnen weniger Sekunden in einzelne Stücke zerreißen kann!«, zeigt sich Jaken empört. Ihre blauen Augen bleiben starr zu seinen goldenen Augen hinauf gerichtet. Liza zeigt keinerlei Angst ihm gegenüber. »Warum?«, fragt Sesshomaru sie plötzlich. Die Menschenfrau hat nur eine Antwort darauf. »Stärke ist das, wonach ich mich sehne. Ich will so stark werden, dass ich alles und jeden töten kann, der mir oder meinen Verbündeten etwas antun will.« Allmählich wird er ihr dann doch unheimlich. Er zeigt keinerlei Reaktion oder Gefühle, doch sie beschließt sich nicht davon unterbuttern zu lassen. Immerhin ist das hier ihre Chance. Gerade als Sesshomaru einen Schritt auf sie zugemacht hat, um sie nach wie vor einfach ihrem Schicksal zu überlassen, beginnt der Boden zu beben. Das Beben wird kräftiger, die Bäume in der Umgebung fallen laut krachend zu Boden, bis sich ein schier gebäudegroßer Skorpion zeigt. Die Flammen um Liza herum verschwinden, während sie sich das gewaltige Tier staunend anschaut. »Beweise mir, dass du es würdig bist in meine Lehre zu treten«, sind es die Worte Sesshomarus, die sie vernimmt und sie blickt ihn wieder an. »Töte ihn.« Nachdem seine Worte sie wieder zurück geholt haben, nickt sie ihm lächelnd zu. »In Ordnung«, antwortet sie knapp, aber selbstsicher. Danach lässt sie beide Fäuste von Flammen umschließen und rennt auf den Skorpionen zu. Der wiederrum speit einen gewaltigen und kraftvollen Wasserstrahl zu ihr, dem sie mit einem Sprung zur Seite ausweicht. Mit einem Blick über ihre Schulter sieht sie, dass es kein normales Wasser ist. Der Boden, den der gewaltige Skorpion mit dem Wasser getroffen hat, wirkt nun vergiftet – fast schon verätzt. Eine Attacke von ihm und sie ist tot. Sie muss an seinen Stachel kommen. So hätte sie wenigstens eine Gefahr weniger, an die sie denken muss. Liza weiß, dass sie nie von allein so hoch springen kann, um zum Stachel gelangen zu können. Daher schaut sie sich in der Umgebung nach Hilfestellungen um. Dabei sieht sie einen Baum. »Perfekt!«, gibt sie ihr Urteil ab und rennt nun dort hin. So schnell ihre Füße sie tragen können, rennt sie auf ihr auserkorenes Hilfsmittel zu. Um ihre Schnelligkeit zu steigern, lässt sie ihre Füße in Flammen hüllen. Nur so kann sie auf eine übermenschliche Geschwindigkeit kommen. Kaum am Zielort angekommen, springt sie sogleich zur Baumrinde. Mit dem Schwung vom Sprung, schafft sie es sich auf einen der Äste zu schwingen. Sesshomaru findet diese Technik zwar simple, aber gut. Der kraftvolle Schwung selbst biegt den Ast förmlich durch, verhilft ihr nun zum größeren Sprung und katapultiert sie, wie eine Schleuder, nach oben. Zusammen mit der Kraft des Feuers in ihren Füßen erreicht sie eine enorme Höhe, direkt über dem gewaltigen Gliederfüßer. Nun kann sie während ihres Falles auf den Gegner mit ihrem Arm genug Power rausholen und ihn schlagen. Sofort schreit das nachtschwarze Tier vor Schmerzen auf und versinkt sogar leicht in den Boden. Eigentlich will Liza auf dem Skorpion bleiben, aber daran wird sie gehindert, als er sich aufgrund der Schmerzen so stark hin und her bewegt, dass sie das glatt lautschreiend in den Fluss befördert. »Gleichgewicht«, ist es das erste, was Sesshomaru sagt. »Wie meint Ihr, Meister Sesshomaru?«, fragt Jaken wiederrum. »Körperliche Fitness, Schnelligkeit und Kraftreserven«, spricht er weiter, als will er für sich selbst Notizen machen. Verwirrt schaut der kleine Krötendämon zu ihm hinauf, bis er hört, wie sich das Wasser des Flusses regt. Mitsamt einer gewaltigen Fontäne, springt Liza heraus – sogleich in Richtung ihres Gegners. Ihr Körper erneut vom Feuer umschlossen, rennt sie scheinbar ziellos um ihren Gegner herum. Verfolgt man ihre Spur jedoch aus der Vogelperspektive, würde man schnell erkennen, dass sie dabei ein Zeichen auf dem Boden formt. Das bringt Sesshomaru dazu doch überrascht zu sein, wenngleich man es weder im Gesicht, noch in der Stimme vernimmt. »Sie kann Hitzewelle?« Von einem Elementskrieger ihres Ranges hätte er das nie erwartet. »Meister, was ist das für eine Technik?«, möchte der unaufgeklärte Jaken wissen. »Das ist eine ortsbezogene Magie. Sie ist in der Lage ein gesamtes Umfeld, oder einen bestimmten Radius zu verändern. Hierbei steigert sich die Luft in eine unermessliche Hitze, die den Gegner zu Asche verbrennen kann. Solch gewaltige Attacken können eigentlich nur Elementskrieger des Ranges Splinter anwenden«, erklärt er es seinem Diener. Da staunt auch Jaken und er blickt mit großen Augen zur Menschenfrau. Der Skorpion wartet nicht unnötig ab und knallt ihr eine seiner Scheren in den Weg oder trampelt mit seinen Beinen. Selbst seinen Stachel lässt er immer wieder auf sie niederprassen. Auch wenn er nicht erkennt, was sie macht, will er nicht teilnahmslos zusehen, doch es ist für ihn viel zu spät. Gerade als sie das Körperteil umlaufen will, sieht sie auch schon, wie der Stachel ein weiteres Mal auf sie niedersaust und tatsächlich bei ihr einschlägt. »Nein!«, ist es das einzige Wort, was man noch von ihr hört. »Hm… Das war‘s wohl. Sie war einfach viel zu siegessicher und hochmütig. Typisch Mensch«, urteilt Jaken voreilig und will bereits gehen, doch er sieht, dass sein Meister immer noch in die Richtung blickt, wo der Feind mit dem Stachel eingeschlagen hat. Der Staub der Erde lichtet sich und mit geweiteten Augen und Mund sieht Jaken, wie Liza mit ihren bloßen Händen den Stachel hält, noch immer während das Feuer sich um ihren Händen befindet. »So schnell kriegt man mich nicht klein.« Die Flammen in ihren Händen breiten sich auf den Stachel ihres Gegners aus und schon bald auf seinen ganzen Körper. Jetzt aktiviert sie auch ihr vorbereitetes Zeichen und aus dem Boden strömt ein gewaltiger Feuersturm, der die Kraft ihrer eigenen Flammen verstärkt und dem Skorpion weiter schadet. Nachdem der Gliederfüßler vor Schmerzen den Stachel wieder einziehen will, an dem sich Liza immer noch festhält, lässt sie selbst am höchsten Punkt los. Seine harte Panzerung hat um ein vielfaches nachgelassen, sodass sie nun zuschlagen kann. »Ich gebe niemals auf!«, ruft sie weiterhin entschlossen und streckt ihre Hände zur Seite aus. Aus ihren Handflächen kommen gewaltige Flammenstrahlen. »Denn ich bin eine Higurashi!« Mit kurzen und geschickten Armbewegungen schafft sie es ihre Feuersäulen tief in den geschwächten Panzer des Feindes zu schlagen und ihn so von innen heraus zu verbrennen, bis nur noch ein Haufen Asche übrig geblieben ist. Wie schon beim Krebs löst sich der Leib in einem Meer aus Sternen aus und verschwindet gen Nachthimmel. Trotz der kompakten Höhe landet Liza elegant auf der Erde und blickt erwartungsvoll zu Sesshomaru. »Und? Hab ich bestanden?« Er selbst wendet seinen Blick von ihr wieder ab und geht zunächst wortlos. Seine Antwort fällt kühl, aber sehr eindeutig aus. »Vor uns liegt eine Menge Arbeit.« ~~~*~~~ Nach der Entscheidung des Dämons Sesshomaru hat sich Liza tatsächlich sehr gefreut endlich in seine Lehren zu treten. Es gibt bestimmt viele Dinge, die er ihr beibringen kann. Dinge, die ihr Vater einst selbst nicht gewusst hat. Die Menschenfrau ahnt dabei gar nicht, das die Magie, die sie schon beherrscht, mehr ist, als sie können müsste. Hätte sie allerdings gewusst, dass sie bei einem sehr wortkargen Dämon gelandet ist, hätte sie es sich wohl mehrfach überlegt, ob sie in sein Training einsteigt. Bisher ist ein halber Tag vergangen und alles was sie bis jetzt getan haben, ist scheinbar ziellos umher zu laufen. »Hey ähm …«, beginnt sie dann doch die Stille zu unterbrechen. »Wie sind eigentlich die genauen Regeln des Turniers?« »Wie? Du machst einfach mit und kennst nicht mal die Regeln?«, spricht Jaken fassungslos. »Ja wie sollte ich auch. Angeblich kennen doch nur die Teilnehmer des Turniers selbst die Regeln«, antwortet sie. »Also wirklich du bist …«, will der Kröterich ihr schon etwas an den Kopf werfen, doch Sesshomaru selbst sagt einfach nur kühl den Namen des Dämons. »Jaken.« Sogleich verneigt sich der Kleinere. »Ja, Meister. Ich verstehe schon.« Während der Weiterreise erklärt er ihr nun die Regeln. Noch einmal räuspert er sich, bis er anfängt zu reden. »Das Tōunamento findet nur ungefähr alle fünfhundert Jahre statt. Es dient bei den Rangspielen dazu, eventuell neue Ordnung zu schaffen oder Alte aufrecht zu erhalten. Jedes Mal gibt es dabei andere Regeln.« »Und wie sind die Regeln dieses Mal?«, möchte Liza wissen. »Die Grundregeln sind einfach. Gewinne oder sterbe«, fällt die Antwort von Jaken kürzer aus, als es Liza lieb ist. »Die Gegner sind dieses Mal allerdings auf allerhöchsten Niveau, denn es handelt sich um niemand anderen, als die vierundzwanzig Sternenbilder.« Die Schwarzhaarige blickt nachdenklich drein. »Vierundzwanzig Sternenbilder? Ich nehme an, damit werden unsere Tierkreiszeichen gemeint sein. Maus, Kuh, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Schaf, Affe, Hahn, Hund und Wildschwein. Aber wer sind die anderen zwölf?« Jaken räuspert sich. »Das sind die Zeichen aus dem fernen Land über dem Meer. Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische. Und den Skorpion hast du ja schon besiegt. Also hast du schon einen Gegner besiegt.« »Nein. Dann habe ich schon zwei besiegt«, verbessert die Menschenfrau ihn. »Wie bitte?«, kommt es ungläubig von ihm. »Ich habe dann auch schon bereits den Krebs besiegt«, antwortet sie knapp. »Das Turnier findet erst seit vielleicht einem Monat offiziell statt. Wie kannst du da bereits den Krebs besiegt haben?«, fragt Jaken fassungslos. »Nun wie ihr vielleicht bemerkt habt«, sie deutet mit einer ausschweifenden Handbewegung auf ihr rotes Oberteil und die schwarze Sporthose, »stamme ich nicht von hier. Ursprünglich bin ich ein Mensch aus der Zukunft.« Der Krötendämon zeigt sich weiterhin schockiert, während sein Meister nur ernst über seine Schulter zu ihr blickt. »Selbstverständlich ist mir längst aufgefallen, dass du einen anderen Zeitfluss in dir trägst, als wir«, zeigt sich Sesshomaru nach wie vor kühl und unbeeindruckt. Traurig blickt Liza zu Boden und erzählt wehmütig. »In meiner Zeit ist kein Platz für Kräfte und Fähigkeiten, wie meine. Man ist dort«, kurz stoppt sie, weil es ihr schwer fällt das folgende Wort auszusprechen, »ein Monster.« Danach schluckt die Schwarzhaarige einmal, bevor sie weiter spricht. »Es gibt dort auch keine Dämonen, wie hier und jetzt. Ich wollte dennoch stärker werden. So stark, das mir nichts und niemand etwas anhaben kann und damit auch nicht meiner Familie. An jenem Abend wollte ich losziehen, um meine Kräfte zu trainieren, beschloss aber auch um Beistand bei einem Gebet zu suchen. Ich habe noch nie vorher gebetet, weil ich nicht an Götter glaube oder all die übernatürlichen Dinge. Tja. Und während meiner Worte kam dann auf einmal der Krebs und entführte mich sozusagen in diese Zeit. Ich habe gegen ihn gekämpft, um mich zu wehren und ihn dabei besiegt.« Damit endet ihre Erzählung. »Verstehe«, bleibt der Hundedämon nach wie vor distanziert und folgt weiter dem Weg. Die Fähigkeit des Krebses zwischen Zeit und Raum zu wandern, hat ihn also ihre Magie spüren lassen und sie hierher gebracht, schießt ihm die logischste Erklärung in den Kopf. Er erinnert sich an die auffällige Energieböe, als das Turnier an jenem Abend begonnen hat. Ob es ihre Aura war? Der Weg der Gruppe führt sie weiter durch den Wald, während Liza nach wie vor mehr über das Turnier wissen will. »Diese Sternenbilder sind nun also unsere erklärten Gegner, aber wir sind doch sicherlich nicht die einzigen Elementskrieger, die mehr von ihrem Rang haben wollen.« »A-A-A-Also wirklich. Wir wollen gar keinen höheren Rang haben. Meister Sesshomaru hat bereits den höchsten Rang erreicht, den er in seinem Element nur haben kann«, spricht Jaken anfänglich schockiert. Das lässt die Frau mit den stechend blauen Augen zum Dämon vor sich schauen. »Welches Element?«, fragt sie ihn direkt, doch er antwortet nicht. Die Antwort kommt erneut vom grünen Gnom. »Die Erde natürlich, du einfältiges Menschenweib. Das stärkste und machtvollste aller Elemente.« Nachdem sie genickt hat, fährt Jaken fort. »Aber ja du hast Recht. Es gibt selbstverständlich auch noch andere Elementskrieger, die im Rang aufsteigen möchten und auch die haben Lehrer. All die sind unsere Gegner, zusätzlich zu den Sternenbildern natürlich.« Da ist Liza schon erstaunt. Bei so vielen möglichen Teilnehmern kann die Gegnerzahl schnell auf mehrere Hundert ansteigen. Das heißt, wenn es denn in dieser Zeit so viele Ableger geben sollte. »Gibt es denn viele wie mich in dieser Zeit?«, fragt sie schließlich nach. »Sicher, aber nur eine Handvoll davon erweist sich als würdig. Es nehmen also bei weitem nicht alle Teil, da es auch nicht so viele Lehrer gibt«, erhält sie die Antwort erneut von Jaken. »Ich hoffe, ich kassiere dafür jetzt keine Schläge, aber was bist du eigentlich?«, richtet sich Liza ein weiteres Mal ganz direkt an Sesshomaru. »Mensch oder Dämon? Du siehst menschlich aus, aber du hast eine überaus starke Aura.« Das Grün des kleinen Dämons wird augenblicklich weiß, als er diese Frage hört. Der Mann vor ihr selbst läuft zwar weiter, blickt sie aber über seine Schulter hinweg an. »In deiner Zeit scheint es wirklich keine Dämonen zu geben, wenn du das nicht erkennen kannst!!!«, schreit Jaken sie an. Die goldenen Augen scheinen Liza förmlich zu durchdringen, was ihr wieder, wie schon am Vorabend, ein unerwartetes Kribbeln im Bauch beschert. Sie haben etwas so kaltes und gleichzeitig dämonisches an sich, sodass Liza keinen Zweifel mehr hat. Selbst seine starke, präsente Aura dringt in ihren Körper so stark und gewaltsam ein, als würde er sie damit von innen heraus aufreizen wollen. Dennoch übt er eine ungemeine Faszination auf sie aus. »Ich verstehe«, spricht sie daher nur kurz. Danach schaut er wieder nach vorn. »Aber was habt Ihr dann davon bei dem Turnier mitzumachen? Ich glaube nicht, dass Ihr das für irgendwelche Rangspiele macht«, stellt sie die vorerst letzte Frage. Das kann ihr der Krötendämon tatsächlich nicht beantworten, denn das hat er selbst nie hinterfragt. Er ist seinem Meister schließlich einfach gefolgt und vertraut ihm blind. »Seinaru«, antwortet dann tatsächlich Sesshomaru zum ersten Mal selbst auf Lizas Frage. Augenblicklich bleibt sie stehen und schaut geschockt zum Dämon. »Das Schwert?« Erst jetzt fällt ihr auch auf, dass er zwei Schwerter mit sich führt. Eines sieht aus, wie ein normales Katana in seiner Scheide und das andere erinnert sie an eine kraftvolle zweischnittrige Klinge. Kunstvoll zu einem goldenen Drachenschädel mit Flügeln geformt, hält die Parierstange die ungewöhnlich geformte Klinge fest mit dem edlen Stoff des Griffes verankert. Selbst der Knauf ist von unheimlich detailreicher Arbeit und thront auf dem Heft, wie eine Krone. »Seine einzelnen Bestandteile befinden sich in den Körpern der Sternenbilder«, spricht Sesshomaru weiter. »Dann hast du bereits den Hoffnungsträger bei dir«, schlussfolgert sie. Jetzt ergibt für Liza alles einen Sinn. Sesshomaru selbst, als Ranghöchster, will einfach nur die Klinge, wenngleich sie nicht versteht warum und wozu. Er scheint schließlich stark genug zu sein. Wozu also noch ein so allmächtiges Schwert? Sie erinnert sich daran, wie ihr Vater von dieser alles vernichtenden Klinge erzählt hat. Seinaru, auch bekannt als heiliges Schwert mit der unheiligen Klinge, wurde von den großen Hauptelementen erschaffen, um die Welt zu zerstören und neu erschaffen zu können. Dafür besteht es aus zehn Gegenständen aller Elemente. Viel weiß die junge Frau nicht da drüber, weil sie noch zu klein war, um mehr über diese Macht erfahren zu können. Für ein Kind ihres damaligen Alters von gerade mal sechs Jahren wäre das eine Horrorgeschichte gewesen. Dennoch reicht ihr Wissen soweit aus, dass sie das Aussehen aller Gegenstände kennt. Der Hoffnungsträger, den sie an seiner Hüfte wieder erkennt, gilt bis heute als Grundelement für diese Waffe. Diese Klinge gilt als so hart, dass sie selbst das stärkste Metall zerschneiden kann. Um jedoch an diesem Turnier teilnehmen zu können, und somit das Schwert zu gewinnen, braucht er einen Schüler - einen Rangniedrigen. Für ihn ist sie also nur Mittel zum Zweck, doch es soll ihr egal sein. Schließlich ist sie nicht anders. Sie benutzt ihn genauso, um an diesem Turnier teilnehmen zu können, damit sie stärker wird. Insofern sind sie beide in diesem Punkt quitt. Dann würde sie eben gegen jeden einzelnen Gegner kämpfen. Es stört Liza nicht, denn nur so wird sie stärker und ihn bringt es näher an die Gegenstände des Schwertes. ~~~*~~~ Mittlerweile geht bereits die Sonne unter und Liza befindet sich in einem kalten See. Selbstverständlich nackt. Dennoch ist es für sie besser, als gar nicht auf ihre Körperpflege achten zu können. Hätte ich gewusst, dass meine Reise sich so entwickelt, hätte ich mir eindeutig einen Badeanzug eingepackt, schießt es ihr durch den Kopf, während sie zu Jaken schaut, der bereits vor dem Lagerfeuer hockt und Fische brät. Der kleine Kröterich stört Liza dabei nicht, aber dann wandern ihre blauen Augen weiter zu Sesshomaru. Auch wenn er ein Dämon ist und offensichtlich kein Interesse an ihr zu haben scheint, weil sie ja ein Mensch ist, misstraut sie ihm als Mann. Als sie sich ausgezogen hat, hat er schließlich noch nicht mal den Anstand gehabt weg zu schauen. Ohnehin ist er ihr ein großes Rätsel. Er ist ihr Lehrer, doch die Schwarzhaarige glaubt nicht, dass er ihr etwas beibringen will. Immerhin hat er kaum Worte mit ihr gewechselt. Er hat bisher immer Jaken vorgeschickt. Seufzend schaut sie dann trotzdem wieder nach vorn und wendet damit den Dämonen den Rücken zu. Sie liebt es den Sonnenuntergang zu sehen. Er hat etwas Warmes und Beruhigendes an sich, was sie auch sofort an ihre Mutter erinnert. Ich hoffe dir geht es gut, Mama. Ich hätte echt nicht gedacht, dass das alles so dermaßen eskalieren würde und erst recht nicht, dass ich hier im mittelalterlichen Japan landen werde, denkt sie sich weiter. Alles ist jetzt irgendwie verdreht geworden. Liza ist bei einem Dämon, der Menschen eigentlich hasst und sie ist bei einem Dämon, den sie selbst nicht mal leiden kann, aber dennoch übt er auf sie eine große Faszination aus. Immer wieder von seinen Augen und seiner vornehmen und distanzierten Art angezogen, kribbelt es erneut in ihrem Bauch. Dabei hat sie sonst kein Mann interessiert und überhaupt ist sie nie an Beziehungen interessiert. Die Schwarzhaarige muss sich einfach immer wieder einreden, dass er trotzdem nur ihr Lehrer und sie seine Schülerin ist. Die Menschenfrau wird aus ihren Gedanken gerissen, als sie plötzlich etwas spürt. Sie weicht einem Angriff aus und springt aus dem Wasser. Ihre Arme vor sich über Kreuz haltend, schützt sie sich vor den Schlag, den sie von Sesshomaru kassiert hätte. Für sie ist klar, dass er sie nun offenbar durchcheckt, um zu wissen, woran er bei ihr ist. Also will nun auch sie zum Angriff übergehen und legt Zeige- und Mittelfinger eng aneinander, nur um sie anschließend auf Sesshomaru zu richten. Der entstehende Flammenstrahl verfehlt allerdings sein Ziel. »Was …?«, will sie sich fragen, vernimmt aber schon seine kalte Stimme hinter sich. »Deine Angriffe sind zu machtvoll. Außerdem lässt dein Gleichgewichtssinn zu wünschen übrig.« Diese Worte machen sie wütend. Er analysiert sie, wie eine Matheformel. Wütend knurrt sie auf und versucht einen weiteren Angriff auf ihn, in dem sie ihre Fingernägel rot aufleuchten lässt, um Feuersicheln auf ihn zu schleudern. »Du könntest schneller sein«, spricht er weiter emotionslos und springt höher, in dem er sich von einem Baumast abstützt. Liza blickt ihm wütend hinterher, folgt ihm aber in dem sie ihre Füße von ihrem Feuer umschlingen lässt, sodass sie förmlich hoch fliegt. »Deine körperliche Fitness und Kraftreserven sind extrem ausbaufähig.« »Schnauze! Ich bin doch kein Gegenstand, den du nach Mängeln aussortierst!«, brüllt sie ihn wutentbrannt an und versucht sich an einem Direktangriff und schlägt ihre Faust gegen sein Gesicht. Dem weicht er einfach aus, in dem er seinen Kopf leicht zur Seite neigt. »Du bist zu emotional«, macht Sesshomaru weiter. Um es ihr zu verdeutlichen, schlägt er sie, nach einer vornehmen Drehung, tatsächlich in den Rücken, was dazu führt, das sie mit voller Wucht ins Wasser knallt. Elegant, wie immer landet dagegen der Hundedämon vor dem Wasser und wartet darauf, dass seine Schülerin auftaucht. Das tut sie unumgänglich und will ihn mit ihren Fuß treten. Er fängt den Angriff locker ab, in dem er sich ihr Fußgelenk greift und sie einfach hoch hält. »Mit so einem lächerlichen Angriff wärst du jetzt Tod.« Erst jetzt bemerkt Liza wieder ihre völlig Nacktheit und windet sich, um sich zu befreien. Ohne weiteres lässt der Dämon sie los und sie schlüpft sofort ins Wasser. »Mein Training wird hart sein. Es kann sein, dass es mehr von dir fordern wird, als es dein menschlicher Körper zulassen kann. Ich werde dich nicht schonen, nur weil du eine Frau bist.« »Das ist mir egal!«, kommt es sofort enthusiastisch von Liza. »Mich interessiert nur eins! Ich will stärker werden und dafür werde ich trainieren - meinetwegen solange bis ich umfalle und selbst dann werde ich weiter machen! Ich bin nicht hier um mich zu erholen! Ich habe mich dazu entschieden mehr sein zu wollen, als ein Mensch. Mehr als eine Feuerkönigin.« Auch wenn Sesshomaru es ungern zugibt, aber er mag ihren Eifer und ihre Entschlossenheit. »Als Lehrer bin ich trotz allem dazu verpflichtet für dich da zu sein. Wenn es irgendwas gibt, was du nicht kannst, sage es mir. Ich will, dass du mir in allen Dingen vollstes Vertrauen und absolute Unterwerfung entgegen bringst. Wenn ich dir etwas sage, dann will ich, dass du es ohne zu hinterfragen tust.« Entschlossen nickt die Schwarzhaarige. »Was ist, wenn ich etwas nicht begreife? Darf ich dich dann wenigstens fragen warum, weshalb, wieso?«, ist dieser Aspekt für sie noch unklar. »Es kommt auf die Frage an, ob ich dir antworte oder nicht.« Zunächst herrscht Schweigen, doch es ist Liza selbst die das Schweigen unterbricht, in dem sie erneut völlig nackt, aber entschlossen aus dem Wasser kommt und zu ihm geht, bis sie vor ihm steht. Wenn er ihr Vertrauen haben will, dann würde er es bekommen, wenn auch erst mal eingeschränkt. In diesem Moment muss sie ihm vertrauen, dass er nicht über sie herfallen wird. So will sie dem Hundedämon beweisen, dass sie ihm ihr Vertrauen überträgt. »Es gibt allerdings eine Bedingung, die ich habe.« Jaken, der mit weit geöffnetem Mund das Bildnis stumm vor sich sieht, ist fassungslos. Dieses Weib stellt auch noch Forderungen an seinen Meister! Das ist doch unerhört! Dennoch sieht er, wie Sesshomaru nickt. Das Knurren von Lizas Magen spricht von selbst, noch bevor sie das Wort ergreift. »Ich kann nicht kochen«, eröffnet sie ihren Wunsch mit einem peinlich berührten Lächeln. »Dennoch habe ich natürlich Hunger und ich möchte einfach nur, dass es jemanden gibt, der mir was zu Essen zubereitet das ich essen kann.« Der Mann mit dem silbernen Haar wendet sich um und geht ein paar Schritte. »Du hast sie gehört Jaken. Sorge dafür, dass sie immer satt sein wird.« »W-W-W-W-W-Waaas! A-A-A-A-A-A-A-Aber Meister …«, stammelt er unfassbar, doch der ernste, fast schon tödliche Blick seines Herren sagt ihm bereits, dass er keine Widersprüche duldet. Sofort verbeugt sich der Krötendämon. »W-W-W-W-Wie Ihr es wünscht, Meister Sesshomaru.« Danach richtet der Dämon noch ein letztes Mal an diesem Tag an Liza. »Da ich gemerkt habe, das du in deiner Kampfkunst mit dem Feuer sehr gut zu sein scheint, werden wir das Training in deinem Element sehr weit nach hinten schieben und uns ab morgen erst mal um deine körperliche Fitness kümmern.« Auch Liza sagt einfach nur: »Ja, Meister Sesshomaru.« »Feuerkrieger, wie du sind sehr selten geworden. Ich würde es begrüßen diesen Überraschungseffekt auf unserer Seite haben zu können.« Diese Worte überraschen Liza. Soll das vielleicht heißen, dass sie eventuell die einzige Person ist, die über das Feuer herrschen kann? Die Menschenfrau lässt ihre Körpertemperatur ansteigen, so dass ihr Körper sich von selbst binnen weniger Sekunden trocknet und sie sich ihre Sachen anziehen kann. »Also Jaken, darf ich?«, fragt sie den Krötendämon höflich und deutet auf einen der Fische. »Mach doch was du willst«, antwortet er nur trotzig. »Oh, du bist echt so süß«, kommt es entzückt von Liza und sie nimmt sogar Jaken in ihre Arme, um ihn zu drücken. Der rebelliert natürlich und will sofort wieder von ihr frei sein. Nachdem sie ihn auch wieder losgelassen hat, nimmt sie sich einen Fisch und wird ihn essen. Sie würde auch heute früh schlafen gehen, denn wenn das Training so hart ist, wie Sesshomaru sagt, dann würde sie viel Kraft brauchen, da sie von Anfang an alles geben will. Kapitel 4: Sesshomarus Opfergabe -------------------------------- Ganze siebzehn Tage sind seitdem vergangen. Liza hat sich wirklich auf ein hartes Training eingestellt, aber es ist schlimmer, als sie es sich vorgestellt hat. Wenigstens schmeckt das Essen das Jaken seit dem immer für sie zubereitet. In den letzten Tagen und Wochen hat sie kaum mehr als drei Stunden geschlafen. Nicht mal so sehr wegen ihm, sondern ihrem eigenen Ehrgeiz. Die junge Menschenfrau trainiert stetig weiter, auch wenn ihr Lehrer das Training für den Tag als beendet ansieht. Auch jetzt übt Sesshomaru wieder mit ihr. Bei jedem Training trägt sie nicht mehr, als ihre Unterwäsche, denn sie will, dass ihre Sachen lange erhalten bleiben, während sie in dieser Zeit ist. Beide liefern sich gerade einen schnellen Schlagabtausch. Erstaunt stellt sie immer wieder fest, dass ihre körperliche Fitness wirklich schon besser geworden ist, auch ihre Schnelligkeit. Ihre blauen Augen entdecken eine Lücke in seiner Verteidigung, die sie ausnutzen will. Also holt sie mit ihrem Bein aus und will ihn in den Hals treten, doch dem weicht er einfach aus, in dem er schlicht nach hinten springt. Durch den elangeladenen Schwung bringt das die Schwarzhaarige so aus der Fassung, dass sie ihr Bein nicht so schnell wieder auf den Boden kriegt und sofort einen Spagat macht. Da sie das allerdings noch nie vorher getan hat, spürt sie sofort einen ziehenden Schmerz in ihren Schenkeln, der sie kurz erzittern lässt. »Au weia… Dieser Schmerz …«, stöhnt sie beißend. Das hält den Hundedämon allerdings nicht auf sie trotzdem anzugreifen und stürmt auf sie zu. Sofort erhebt Liza ihre Arme über Kreuz über ihren Kopf, um sich zu schützen. Ihr entschlossener Blick zeigt ihm, dass sie ihre Verteidigung nicht hergeben würde. Er löst sich von ihr und stellt sich vor sie. »Du musst lernen dich aus solch prekären Situationen selbst zu befreien«, hört sie als erstes seine Worte. »Dein Gleichgewichtssinn lässt immer noch zu wünschen übrig.« Frustriert seufzt sie auf und versucht sich aus dem Spagat zu befreien. »Ich weiß auch nicht, was ich falsch mache. Ich schwöre, ich trainiere mein Gleichgewicht.« »Mit deinen Verrenkungen, die du Yoga nennst, wird das nichts«, antwortet er kühl. »Das heißt? Was soll ich stattdessen tun?«, fragt sie. »Deine rechte Seite ist stark, deine Linke allerdings nicht.« Ohne weitere Vorwarnung sieht Liza dann schließlich, wie Sesshomaru die Ärmel seines Kimonos anhebt und seine muskulösen Arme kommen zum Vorschein. Sofort bildet sich eine aufkeimende Röte auf ihren Wangen. Auch wenn die Schwarzhaarige es nicht gern zugeben würde, aber sie findet ihn wirklich sehr attraktiv. »Komm her«, fordert er dann schließlich von ihr. Seinem befehlenden Ton folgend, geht sie zu ihm, bis sie nur wenige Meter von ihm entfernt ist. »Fass meine Arme an.« Liza hat das Gefühl, dass die Röte auf ihren Wangen sich verstärkt, während sie zuerst seinen rechten und dann seinen linken Arm abtastet. Sofort verschwindet die Röte in ihrem Gesicht, als sie feststellt, dass beide Arme die gleiche Härte aufweisen. Sie fühlen sich fast so hart an wie Stahl. »Dein Muskelaufbau ist auf beiden Seiten gleich«, stellt sie fest. Nachdem sie von ihm abgelassen hat, zieht er sich wieder seine Kimonoärmel runter. »Bei dir hingegen sieht man sofort, dass du nur auf der rechten Seite besser trainiert bist.« Er greift sich ihren rechten Oberarm und drückt ihn. »Deine Muskeln sind hier optimal, während sie«, er unterbricht sich kurz, um sich ihren linken Arm zu greifen, »hier kaum spürbar sind.« Das ist auch daran zu sehen, dass sie ein schmerzverzerrtes Gesicht zieht, obwohl es derselbe harte Griff ist, wie bei ihrem rechten Arm. »Für ein gutes Gleichgewicht stärke deine linke Seite. Trainiere sie einfach verstärkt.« »Na schön.« »Du hast eine Woche Zeit diese Schwäche allein zu beheben.« »Aber warum?«, fragt Liza überrascht. »Wir befinden uns trotzdem im Turnier und ich will mich erkundigen, ob es Hinweise gibt, welche Sternenbilder einen Gegenstand beinhalten können. Ich will unnötige Kämpfe vermeiden.« Danach geht er ohne weitere Worte und lässt Liza einfach stehen. Dieser Dämon ist ihr noch immer ein absolutes Rätsel. Er wirkt kalt und unnahbar, aber auf der anderen Seite kann sie auch nicht spüren, dass ihm alles völlig egal ist. Sonst würde er nicht versuchen Kämpfen aus dem Weg zu gehen, die nicht sein müssen oder sie trainieren, wenn es ihm egal wäre, ob sie lebt oder stirbt. Jaken hat gemeint, das Sesshomaru bereits den höchsten Rang erreicht hat und somit die Erde ist. Das heißt für sie, dass er auch einmal ein Splinter war. Was hat er wohl für diesen Rang opfern müssen?, fragt sie sich gedanklich. Nichts desto trotz will sie trainieren, wie er es ihr gesagt hat. ~~~*~~~ Mittlerweile sind sechs Tage vergangen und von Sesshomaru fehlt jede Spur. Liza stört das nicht. Sie trainiert nach wie vor sehr hart an sich, wenngleich sie es ganz normal angezogen tut. Wie es ihr Lehrer möchte, übt sie mehr mit ihrer linken Seite, vernachlässigt aber auch nicht ihre Rechte. Die junge Frau vollzieht gerade starke Lufttritte mit ihrem schwächeren Bein. »Hey Mensch. Es gibt Essen«, ruft Jaken nach ihr. Er findet es schon erstaunlich, wie lange diese Frau bei seinem Meister durchhält. Das hätten weiß Gott nicht viele Menschen so durchgehalten und selbst jetzt, wo sein Meister weg ist, trainiert sie genauso hart und unnachgiebig, als wäre er da. Manchmal kommt es ihm sogar so vor, als würde sie noch härter trainieren. Überhaupt das ein Mensch über solche Stärke verfügen kann, hätte er nie gedacht. Sie ist auch wirklich stärker und schneller geworden, als sie es noch vor knapp drei Wochen war; ohne ihre Feuermagie seit dem wieder benutzt zu haben. »Liza, komm jetzt«, spricht er sie daher nun doch etwas freundlicher, aber mürrisch an. Die Schwarzhaarige stoppt in ihren Bewegungen und nickt ihm zu. »In Ordnung«, lächelt sie ihn an und geht dann zu ihm. Zusammen mit dem Krötendämon setzt sie sich ans Lagerfeuer und isst das zubereitete Essen. »Also Jaken ohne Witz … Ich finde du kannst echt gut kochen«, lobt sie ihn, was ihn unfreiwillig rot werden lässt. »A-A-A-Ach was«, antwortet er bescheiden und kratzt sich am Hinterkopf. »Ich wüsste zu gern, wo du das gelernt hast. Du meintest doch damals zu mir, du warst der König der Kappa-Dämonen. Wie kommt es also, dass du kochen gelernt hast?« Der Grüne ist verwundert, dass sie sich das gemerkt hat. »Sagen wir einfach, es lag schon immer in meinem Interesse mich auch selbst versorgen zu können.« »Verstehe. Wie lange bist du eigentlich schon bei Meister Sesshomaru?«, fragt sie ihn dann unerwartet, nachdem sie ihren Bissen aufgekaut hat. »Um ehrlich zu sein noch gar nicht so lange. Vielleicht dreizehn Jahre«, antwortet er ihr. »Hat er jemals irgendein Gefühl gezeigt, oder war er schon immer so?«, möchte Liza weiter wissen. Sofort reagiert Jaken dagegen energisch. »Was soll denn diese unverschämte Frage! Immerhin sind wir Dä…« Seine Aussage wird beendet, als er sich an der weichen Brust der neuen Gefährtin wiederfindet. »Oh, du bist so süß, wenn du dich aufregst«, sagt sie, während sie den Froschdämon an sich drückt. Natürlich versucht er sich zu befreien, was ihm gelingt, in dem er sich einfach unter ihre Arme durchdrückt. »Also wirklich. Du bist echt selbst ein einziges Rätsel«, kommentiert er ihr Verhalten. »Sag mal, darf ich noch was wissen, was euch Dämonen angeht?«, fragt sie. »Bestimmt wie lange wir leben können, richtig?«, will er voller Stolz die Frage im Voraus genannt haben, doch auch da wird er einfach enttäuscht. »Nein«, antwortet sie daher nur locker, was Jaken selbst nur wie zu Stein formen lässt. »Ich wüsste gern, ob ihr sowas wie sexuelles Verlangen habt.« »A-A-A-A-Ah… Wie kommst du bitte auf so eine unverfrorene Frage?«, beantwortet er nur ihre Frage mit einer Gegenfrage. »Nun ja, ihr seid die ersten Dämonen denen ich begegne. Bei einem Menschen hätte ich nie so freizügig trainieren können. Einfach nur in Unterwäsche oder nackt. Da wäre ich schon längst anderweitig gebraucht worden«, erklärt sie ihre Neugier. Das kann Jaken natürlich verstehen und er räuspert sich. »Ähem«, bevor er dann antwortet, »Natürlich haben Dämonen auch ein Interesse in dieser Art, aber es ist bei uns nicht mal halb so stark ausgeprägt, wie beim Menschen. Wir leben um ein vielfaches länger und haben daher keinen so starken Fortpflanzungsdrang, wie deine Spezies.« »Ah, ich verstehe.« Plötzlich zeigt sich ein verschmitztes Lächeln auf Lizas Gesicht. »Heißt das also, du hast schon mal was mit einer süßen, schönen …« Doch noch bevor sie selbst diese Aussage ausgesprochen hat, beendet sie es auf eigene Faust und zieht ein angewidertes Gesicht. »Ja, natürlich. Was glaubst du denn!? Ich bin hundertdreiundzwanzig Jahre alt und war schließlich mal ein König. Die Frauen meines Volkes beteten mich an«, erzählt er dann doch ein wenig voller Stolz und scheint sogar ein wenig in alten Erinnerungen zu schwelgen. Die Schwarzhaarige fragt sich dabei unumgänglich, ob das vielleicht sogar der tatsächliche Grund dafür ist, warum Sesshomaru losgezogen ist. Vielleicht will er sich einfach nur mal wieder auf eine bestimmte Weise amüsieren. Immerhin ist er ja schließlich ein Mann. Die Stäbchen mit dem Essen im Mund stellt sie sich vor, wie so eine Nacht mit ihm wohl aussehen würde. Sofort schießt ihr eine ungesunde Röte ins Gesicht, als sich ihre viel zu realen Gedanken verselbstständigen und sie sich selbst vorstellt unter ihm zu liegen und anderweitig … trainiert zu werden. Immerhin ist er nun mal wirklich sehr attraktiv. Das kann sie nicht leugnen, auch wenn sie sich zuvor nie für das männliche Geschlecht interessiert hat. Hatte er überhaupt schon mal … »Nein«, ertönt auf einmal die vertraute kühle Stimme des Meisters, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Steif wie ein Brett sitzt die Menschenfrau in der Nähe des Lagerfeuers, als sie diese wirklich sehr intimen Gedanken einfach wieder los werden will – erst Recht, weil er wieder da ist. Er ist ein Mann. Ein Mann wie jeder andere. Also komm wieder runter, Mädchen, versucht sie sich selbst wieder ihren Hass gegenüber dem anderen Geschlecht wach zu rufen. »Oh Meister! Es ist schön das Ihr zurück seid!«, begrüßt Jaken ihn sofort ohne weitere Umschweife, während Liza peinlich berührt zu Boden schaut, selbstverständlich immer noch mit hochrotem Kopf; beschämt von ihrem eigenen Verhalten. »Ich hege kein Interesse in dieser Art«, antwortet er dann vollkommen unerwartet, was Liza sogleich überrascht aufschauen lässt. »Ich schätze du weißt, was man normaler Weise tun muss, um ein Splinter zu werden.« Diese Andeutung verstehend wird ihr Blick auf einmal mitleidig, als sie sich dazu aufraffen kann, ihn direkt anzuschauen. »Ihr habt geopfert, dass ihr …«, will sie ihre Vermutung aussprechen, doch es bleibt ihr förmlich im Hals stecken. »Meine Opfergabe waren Gefühle.« Diese Aussage, als wäre es das normalste von der Welt, schockiert sie zutiefst. Minutenlanges Schweigen herrscht in der kleinen Gruppe. Nicht einmal Jaken hat es gewusst, aber wie soll er es auch, denn er hat ja nie gefragt. Während der Hundedämon sich seinen Gefährten nähert, spricht er weiter. »Aber es ist eine Opfergabe, die man zurück erlangen kann.« »So etwas gibt es?«, zeigt sich die Menschenfrau neugierig. »Sicher.« Danach herrscht wieder Schweigen, bis Jaken wieder das Wort ergreift. »Haben Eure Nachforschungen etwas ergeben?« »In der Tat. Es gibt ein Sternentier das in der Nähe des Dorfes Kigure hausen soll. Ein reines Menschendorf natürlich«, antwortet er kühl. »Der Hoffnungsträger hat darauf reagiert.« »Das heißt es muss ein Gegenstand der Klinge vor Ort existieren«, schlussfolgert Liza. »Ich möchte das du dort in drei Tagen hingehst.« Das heißt, es wäre der erste Auftrag den Sesshomaru ihr gibt. Lehrer können dies durchaus tun, um ihre Schüler im Alleingang zu erleben, um eventuell weitere Mängel zu entdecken. Entschlossen steht sie sofort auf und blickt ihn freudestrahlend an. »Wirklich? Ich darf meinen ersten Alleingang unternehmen?«, fragt sie daher gleich. »Ich möchte das du dort untertauchst und an der Festlichkeit teilnimmst, die dort herrschen wird.« »Ach deswegen erst in drei Tagen«, ist die Menschenfrau mit den meeresblauen Augen gleich weniger begeistert. »Aber wie stellst du dir das vor? Ich habe nicht mal Klamotten, die für diese Zeit angemessen sind. Wie soll ich da untertauchen?« Auf ihr vermeintliches Problem hat er bereits eine Antwort. »Das soll deine geringste Sorge sein. Ich habe dir bereits eine Unterkunftsmöglichkeit besorgt in der du angemessen einkleidet und gepflegt wirst.« Da wird ihr Lächeln gleich siegessicher. »Ich verstehe. Dann bin ich jetzt aber völlig entschlossen diese Mission zu Eurer Zufriedenheit zu erledigen.« Ohne eine weitere Ankündigung beugt sie sich vornüber, um sich mit ihrer rechten Hand im Gras abzustützen. Dort nutzt sie den Schwung sofort aus und schlägt ihr linkes Bein gegen ihren Lehrer. Natürlich handelt er gewohnt vorausschauend und fängt den Tritt mit einem festen Griff ab. »Dein linkes Bein ist jetzt kraftvoller«, gibt er sofort seine Erkenntnis weiter. »Hehe«, lächelt Liza frech, »nicht nur das.« Bevor sie noch etwas tun kann, schleudert er sie von sich. Der Aufknall gegen den Baum bleibt allerdings aus, in dem sie sich noch in der Luft windet und mit ihren Füßen elegant am Stamm aufkommt. Diesen Schwung nutzt sie aus, um sofort wieder zu Sesshomaru zu rasen. Mit seinen goldenen Augen sieht er natürlich, dass sie mit ihrem linken Arm ausholen will und neigt seinen Kopf zur Seite. »Erwischt!«, hört er plötzlich seine Schülerin sprechen. Sofort schaut er, zum ersten Mal nach langer Zeit, überrascht drein, als er sein warmes Blut über seine Wange fahren spürt. Liza hat es geschafft ihn zu verletzten und ihr selbstsicherer Blick verrät ihm, dass es kein Zufall war. Statt mit ihrer angetäuschten linken Hand, ist es ihre Rechte gewesen, mit der sie ihn erwischt hat. Danach stützt sie sich schnell mit ihren Händen auf seinen Schultern ab, sodass sie sich auf ihn drauf setzen kann. Ihre Schenkel verankern sich unter seinen Achseln und ihre Arme sind nach vorn ausgestreckt. Sie beugt sich vornüber und schmeißt ihn mit ihren kraftvollen Schenkeln förmlich von sich weg. Dieses Mal ist es tatsächlich der mächtige Hundedämon selbst, der fast an einen Baum gelandet wäre. »Dein Körper hat jetzt ein besseres Gefühl für Beherrschung und Kontrolle«, kann die Menschenfrau das erste Mal ein aufrichtiges Lob von ihm hören. Täuscht sie sich oder kann sie sogar ein kleines Lächeln auf seinen Lippen wahrnehmen? »Ich nehme mir Eure Ratschläge und Tipps zu Herzen, wie es sich für einen Schüler gehört. Immerhin will ich so stark werden, wie Ihr Meister«, antwortet sie keck. Nur wenig später nach ihrer Antwort sieht sie Sesshomaru dicht bei sich. »Für einen normalen Menschen wie dich, wird das unmöglich werden«, antwortet er gewohnt kühl. Mit seiner flachen Hand schlägt er sie in den Bauch und schleudert sie gegen einen Baum. Die Wucht seines Schlages lässt den Baum fast einstürzen. Da keine Antwort oder auch Reaktion von ihr kommt, wendet er sich um, um zu gehen, doch daran wird er gehindert, als er etwas um sein Handgelenk spürt. Es sind schwarze Haare. Mit seinen Augen folgt er dem Verlauf und landet schließlich wieder bei seiner Schülerin, die sich mit zittrigen Beinen aufrichtet. »Ich habe es dir schon einmal gesagt«, beginnt sie ihre Ansprache. »Ich werde solange weiter machen, bis ich umfalle und selbst dann werde ich nicht aufgeben.« Ihre schwarzen Haare geben den Blick auf ihre entschlossenen, fast schon todessuchenden Augen frei. »Ich will stark werden. So stark, bis nichts und niemand mehr gegen mich eine Chance hat. Auch du nicht!« Erneut überrascht sie ihn. Wie hat sie es geschafft ihre Haare binnen weniger Sekunden so lang werden zu lassen? Die Frage wird gleich noch viel sonderbarer, als sie sich mithilfe ihrer Haare zu ihm zieht, in dem sie die Länge ein weiteres Mal beeinflusst. Er vermutet das wird sie durch die Gunst des Feuers tun können. Der menschliche Körper braucht Wärme. Die Haare wachsen daran und so kann sie die Länge beliebig beeinflussen. Ihre Gesichter trennen in diesem Moment nur wenige Zentimeter, als sie durch den Schwung für einen kurzen Moment vor ihm schwebt. Aus dieser Nähe ziehen ihre blauen Augen ihn plötzlich so stark in ihren Bann, dass selbst Sesshomaru vergisst auf ihre Bewegungen zu achten. Liza löst ihre Haare von seinem Handgelenk und tritt nun ihrerseits mit beiden Beinen kraftvoll gegen seinen Bauch. Schmerz. Zum ersten Mal nach all der Zeit und selbst durch seine Rüstung hindurch empfindet er wieder Schmerz. Diese Verwunderung über dieses Gefühl lässt ihn glatt vergessen den Sturz abzufangen und so knallt er tatsächlich gegen einen Baum. Stolz. Überraschung. Verwunderung. Schmerz. Faszination. Es sind Gefühle. Wenige von all den geopferten Gefühlen, die er einst hergegeben hat. Sie vereinen sich in seinem Herzen und verankern sich darin, wie sie es einst vor vielen Jahrhunderten getan haben. Der Dämon blickt zur Frau. Diese Aura, die sie umgibt, gleicht nicht mehr der eines gewöhnlichen Menschen. Was auch immer es ist, was sie umgibt, es ist nicht menschlich. Sesshomaru blickt genauer in ihre Augen. Ihre warmen, freundlichen Pupillen haben sich verengt und gleichen jetzt mehr denen eines Dämons. Aus dem Augenwinkel kann er sehen, wie selbst Jaken diese allmächtige Energie um sie zu spüren und voller Angst wie erstarrt ist. Sesshomaru selbst hat diese Art von Aura nur ein einziges Mal gespürt. Es ist die Energie eines Drachen. Nur wenige sind in der Lage diese Energie von der eines Daiyokais zu unterscheiden, weil sie sich von der Stärke her ähneln. Es gibt nur einen Unterschied. Sesshomaru kennt die Bedeutung von Drachen. Drachen erschaffen Leben und beschützen die Welt in ihrem empfindlichen Gleichgewicht. Daiyokai zerstören oder bewachen alles Leben und halten alles von den Drachen erschaffenen Dingen in der Welt im Fluss. Drachen gibt es seines Wissens nach schon lange nicht mehr. Nur Dämonen die Drachen ähneln. Umso mysteriöser ist es für ihn, dass seine Schülerin genau jene Aura ausstrahlt, von der er schon lange nicht mehr geglaubt hat, sie zu spüren. Wer war ihr Vater?, weckt ihre Kraft sein Interesse. Interesse. Neugier. Weitere Gefühle, die sie in ihm weckt. Es durchdringt sein Herz so schnell und kraftvoll, wie ein Pfeil. Seiner Meinung nach viel zu schnell. Lizas Körper durchflutet eine unbändige Kraft, die in ihr bis jetzt geschlummert zu haben scheint. Eine Kraft die stoppt, als sie der Menschenfrau starke Schmerzen verursacht und sie stöhnend in die Knie geht. Dabei hält sie sich mit ihrer linken Hand, auf der das Symbol ihres Ranges zu sehen ist, eines ihrer Augen. »Was«, beginnt sie gequält zu sagen, »ist mit mir?« Als sich plötzlich ein Schatten über sie befindet, blickt sie nach oben und schaut zu Sesshomaru. »Du hättest fast den nächsten Rang erreicht«, erklärt er ihr. »Was?«, kommt es nur verwundert von ihr. »Du warst bereit deine eigene Menschlichkeit aufzugeben.« Sesshomaru selbst überrascht diese Aussage. »Hasst du es so sehr ein Mensch zu sein?« So plötzlich wie die Schmerzen gekommen sind, verschwinden sie auch wieder und Liza kann erst einmal durchatmen. »Wenn es nach mir geht, war ich nie ein Mensch«, ringt sie sich trotzdem durch ihm zu antworten, ihren Blick zu Boden gerichtet. »Ich habe mich nie in der Gegenwart von Menschen wohlgefühlt. Für sie war ich nichts anderes, als ein Monster.« Die feine Nase des Hundedämons riecht das Salz ihrer aufkommenden Tränen. »Aber du«, spricht sie weiter und kämpft mit ihren Tränen, »du hast mich angenommen, als Mensch. Du trainierst mich und bist der Erste der mich normal behandelt.« Sicher hat ihre Mutter sie auch immer gut behandelt und hat sie lieb gehabt, aber das ist doch was anderes. »Auch wenn du Menschen hassen solltest, so bin ich ein Mensch, aber ich will mich nie wieder über diese Rasse definieren. Ich bin was ich bin und kann es nicht ändern.« Erst dann schaut sie zu ihm auf. »Aber ich fühle mich wohl bei dir.« Selbst für sie klingt das alles furchtbar schnulzig und seltsam. Sie kennen sich ja kaum. Die Schwarzhaarige erhebt sich. »Entschuldige. Das war unsinniges Gelaber.« Nun ist es sie, die an ihm vorbei gehen will und er derjenige, der sie am Handgelenk packt. »Du bist ein Mensch und ich ein Dämon. Dennoch hast du das Zeug dazu als Mensch so stark wie ein Dämon zu werden.« Der gesenkte Kopf der Menschenfrau erhebt sich, ehe sie ihn anschaut. Seine goldenen Augen starren sie so durchdringend an, als könnte er sie allein damit an sich fesseln. »Ich möchte dir etwas vorschlagen.« Fast zeitgleich wenden sich beide Parteien zueinander um und blicken sich in die Augen. Blau trifft auf Gold. Liza ist gespannt, was Sesshomaru ihr nun vorschlagen wird. Kapitel 5: Lilli und Ling ------------------------- Zwei Tage später liegt Liza in einem weichen Bett und lässt sich noch einmal alles durch den Kopf gehen. In diesem Dorf hat sie selbst durch die einbrechende Nacht die fertigen Stände, vorbereiteten Straßen und erfreuten Gesichter der Menschen gesehen. Hier und dort hat sie aus den unterschiedlichen Mündern vernommen, dass das Ohara Matsuri stattfinden wird. Eine Parade, die sogar in ihrer Zeit durch die Stadt vollzogen wird; begleitet von traditionellen Tanzaufführungen. Viele Stände, wo wohl heute das Essen ausgegeben wird, werden manchmal von anderen Highlights, wie Sumo-Kämpfen oder Showeinlagen der reitenden Bogenschützen, gespalten. Sie geht davon aus, dass garantiert auch weitere kleinere Stände sein werden. Wenn sie denn schon einmal in einem Fest dabei sein darf, will die Menschenfrau auch etwas davon haben. Es ist wirklich schon lange her, dass sie einem normalen menschlichen Fest beiwohnen konnte. Mit ihrer Familie. Traurigkeit durchflutet ihren Körper, als ihr die Zeit in den Kopf dröhnt. Der Schwarzhaarigen wird klar, dass dieses Fest ja nur Anfang November gefeiert wird. Noch immer ist sie von ihrer Mutter enttäuscht. Ich weiß nicht mehr, was ich noch machen soll, schießen ihr jene weinenden Worte ihrer Mutter durch den Kopf, die sie offen zu Haru sagte. Wieso hat ihre Mutter nie so offen mit ihr gesprochen? Sie weiß doch, dass sie das hätte tun können. Als ihr Vater starb, habe ich von Jahr zu Jahr immer mehr das Gefühl bekommen, dass sie sich mir entfremdet. Entfernt sie sich denn wirklich so sehr von ihrer einzigen Person etwa so sehr, dass sie es nicht mal gemerkt hat? »Ich bin Siebzehn«, flüstert sie noch schlaftrunken ihr Alter. Eben. Sie ist ein Teenager und Teenager entfremden sich einige Zeit lang von ihren Eltern, ehe sie wieder zueinander finden. Das ist normal. Oder?, fragt sie sich selbst, als Zweifel in ihr hochkommen. Und jetzt wo ich unsere Kagome habe, habe ich Angst, dass sie vielleicht genauso wird, schießen ihr ein weiteres Mal die Worte ihrer Mutter durch den Kopf. Zum ersten Mal ertappt sich Liza dabei eifersüchtig auf ihre Halbschwester zu sein. Ihr wird schnell wieder bewusst sie nur ein Baby ist und nichts für die Haltung ihrer Eltern kann. Überraschend nüchtern stellt die junge Frau fest, dass es vielleicht nicht so schlecht ist, hier zu sein. In der Sengoku-Ära. Vielleicht ist es besser für sie. Vielleicht ist es besser für ihre Familie. Vielleicht vermissen die jungen Eltern sie auch gar nicht. Vielleicht sind sie auch einfach froh darüber, dass sie weg ist. Doch ihr fehlen sie. Sie hätte nicht so einfach losstürmen und unüberlegt handeln sollen. Du bist wirklich noch ein Kind, erinnert sie sich an Harus Worte und muss die bittere Pille schlucken, dass er leider recht hat. Was sie getan hat, ist nicht das Verhalten einer jungen Heranwachsenden gewesen, sondern das eines Kindes. Das Schlimme daran ist, dass sie mit niemanden darüber hätte reden können. Sie muss es ganz allein Schlucken und lernen zu Verdauen. Ich wünschte, du wärst hier, Papa. Du fehlst mir … mit jedem Tag mehr. Diese Erinnerung über den Verlust lässt einmal mehr leise die Tränen aus den Augen kommen. Und jetzt liegt sie hier. In einem Bett des mittelalterlichen Japans. Auch wenn sie es ungern zugeben würde, aber das Training schlaucht an ihrem Körper und an ihr. Nicht mal einen Monat lang kaum mehr als drei Stunden Schlaf jeden Tag zehren an ihr. Deshalb ist sie auch am Vorabend sehr früh schlafen gegangen nachdem sie gestern hierher angekommen ist, beziehungsweise begleitet worden ist. Sesshomaru hat sie mit den Worten: »Dies ist die Unterkunft, die ich für dich besorgt habe. Morgen früh wirst du versorgt werden.« verabschiedet. Danach ist er sofort gegangen und sie hat das Gebäude betreten. So hat sie das erste Mal nach langer Zeit wieder ein schönes heißes Bad nehmen können und ging danach sofort ins Bett. Genüsslich streckt sie sich im Bett, als sie langsam aufwacht. »Hmm… War das schön«, seufzt sie genießerisch auf. Trotzdem ist es seltsam seine Aura nicht um sich herum zu spüren. Diese präsente starke Aura eines Herrschers, der ihr ein Gefühl von Sicherheit gibt und sie auf eine seltsame Art und Weise anzieht. »Stimmt … Sesshomaru …« Die Schwarzhaarige schließt noch einmal ihre Augen und denkt an das Gespräch von vor wenigen Tagen. Er hat ihr ein Angebot gemacht das sie für einen kurzen Moment gereizt hat. Wenn sie es schafft, entgegen seiner Erwartungen, stärker zu werden, als jeder Dämon oder sogar er selbst, würde er sie bei sich aufnehmen. Allerdings nicht in der Gruppe, sondern bei ihm zu Hause. Dort soll sie dafür sorgen, dass seiner Heimat nichts passiert, während er selbst abwesend ist. Sie lehnte ab. Sie muss schauen, dass sie während des Turniers wieder einen Weg findet in ihre Zeit zurück zu kehren. ICH muss es selbst herausfinden, wie ich wieder in meine Zeit komme, erinnert sie sich an ihre eigenen Worte. Selbstverständlich zeigte er kein Verständnis, weil sie sich doch eigentlich gar nicht wohl in ihrer eigenen Zeit fühlt. Deshalb hat sie ihm schließlich einen Deal vorgeschlagen. Wenn sie es während des Turniers nicht schafft einen Weg zurück zu finden, würde sie sein Angebot annehmen. Ein Lächeln bildet sich auf ihren Lippen, als sie sich an sein übertrieben kühles »Das ist akzeptabel.« erinnert. Danach streckt sie sich noch einmal und öffnet ihre Augen, um sich erheben zu wollen. Allerdings bekommt sie den Schock ihres Lebens, als sie Zwillingsmädchen vor sich sitzen sieht, die sie voller Erwartung anblicken. »Guten Morgen, Meisterin Liza«, begrüßen sie beide vollkommen synchron. »Wir sind heute für Euch da. Meister Sesshomaru wünscht, dass wir Euch einkleiden, Euch den Stand entsprechend behandeln und begleiten.« Die normal wirkenden Mädchen sprühen förmlich nur so über vor Tatendrang und Energie. Die hellblonden, fast schon weißen, Haare sind kurz gehalten, passen jedoch zu den schlichten einfarbigen Kimonos. »Na schön, aber nennt mich bitte einfach nur Liza. Ich bin keine Meisterin oder dergleichen.« »Natürlich, Meisterin Liza.« Dieses ständige Synchrongespräch ist für sie furchtbar verwirrend, aber sie muss es wohl hinnehmen. »Jetzt müssen wir Euch aber baden«, sprechen die Zwillinge wieder gleich. Ohne weiter zu fackeln oder zu fragen nehmen die Mädchen die junge Frau einfach an den Handgelenken und ziehen sie aus dem Bett, woraufhin ein kurzer geschockter Laut aus ihrem Mund kommt. »Wer seid ihr eigentlich. Also ich meine, wie heißt ihr?«, fragt die Schwarzhaarige. »Oh, ich bin Lilli«, stellt sich das Zwillingsmädchen mit den Sommersprossen auf der Nase vor, während sie auf sich zeigt. Sie trägt einen roten Kimono am Leib. »Und mein Name ist Ling«, kommt es vom anderen Mädchen, welche ihre Punkte mehr auf den Wangen hat und ihr Kimono blau ist. So kann Liza die beiden wenigstens auseinander halten. »Wir sind heute für Euch da, um für Euer Wohlergehen zu sorgen. Das hat uns Meister Sesshomaru aufgetragen.« Die junge Frau kann sich nicht vorstellen, dass er ihr explizit diese lebhaften Zwillinge an die Hand gegeben hat, aber sei es drum. Sie mag die Mädchen. Kaum im Bad angekommen, wird sie auch sofort von den Mädchen ausgezogen und ins Wasser geschubst. »Waaa~!«, schreit sie gerade noch, bevor es laut platscht und sie im Wasser landet. Liza spürt sogleich die angenehme Wärme des Wassers um sich herum. Gleich taucht sie wieder auf und riecht die wohlduftenden Kräuter im Badewasser. Eins der Mädchen widmet sich ihren Haaren und wäscht sie, während die Andere sich um den Rücken kümmert. Es ist ungewohnt für sie, dass man sich um sie so kümmert, dennoch genießt sie es und schließt ihre Augen. »Ihr habt wunderschöne Haare, Meisterin Liza«, lobt Lilli sie. »Und auch eine tolle weiche Haut«, spricht der andere Zwilling. »Ihr müsst viel mehr auf Euch achten«, kommt es erneut von Lilli, während sie die Haare wäscht und dabei gleichzeitig den Kopf der Elementsablegerin massiert. Liza hat dafür nur eine Antwort. »Ich würde mich freuen, wenn ich es könnte, aber ich glaube kaum, dass Sesshomaru dafür Verständnis hat.« Ling, die den Rücken wäscht und ebenfalls Haut und Muskeln knetet, sagt: »Oh, wir denken das schon. Er ist einer der wenigen Dämonen, die gerade auf Hygiene und ein ordentliches Ansehen achten - auch wenn es um seine Gefährten geht.« »Dann sollte er mal mit Jaken anfangen. Die kleine Kröte stinkt echt bis zum Himmel«, witzelt Liza, bevor sie sich wohlig seufzend die Massagen gefallen lässt. ~~~*~~~ Zur gleichen Zeit muss der genannte Dämon auch stark Niesen und reibt sich seine Nase. »Was ist das denn? Ob das der Staub ist?«, fragt sich Jaken, der hinter seinem Meister steht, der selbst am Rand einer Klippe steht und ins Dorf runter blickt, in dem sich Liza befindet. Wo der Herbst nur zaghaft sein buntes Farbenkleid gezeigt hat, dringen alle Farben so stark durch die Wälder, dass der aufkommende kalte Wind mehr einem Farbenspiel gleicht. Immer weniger Bäume trägen ihre Blätter an ihren Kronen, während auch der Frost des nachts den Boden beginnt einfrieren zu lassen. Sesshomarus Blick wird von einer Sekunde zur Nächsten ernster. »Jaken«, spricht er seinen Diener an. »J-J-J-J-J-Ja Meister?«, stottert er ängstlich. »Geh baden.« »Aber wieso?«, fragt der kleine Krötendämon und riecht einmal an sich selbst. »Also ich finde so ein herzhaftes Käsearoma ist doch nicht alt zu schlimm«, findet er es selbst nicht furchtbar. Mit seinen goldenen Augen blickt Sesshomaru böse zu seinem Diener hinab. »Selbst eine Menschenfrau kann deinen Gestank schon wahrnehmen.« Man hätte schwören können, dass Jakens grüne Hautfarbe sich ungesund weiß färbt und er vor Schock förmlich erstarrt. Niedergeschlagen geht der Krötendämon dann weg und beschließt dann wirklich baden zu gehen. Danach wendet Sesshomaru seinen Blick wieder runter zum Dorf, bevor er selbst sich auf den Weg dorthin macht. Das Bad ist beendet und nun geht es daran ihr den richtigen Kimono auszusuchen. ~~~*~~~ Für Liza ist das eine Herausforderung ganz für sich. Ihr Blick schaut ziemlich gequält zu der gewaltigen Auswahl an Stoff. Das ist einer dieser Momente, wo sie sich wünscht, sich mehr für die eigenen Kultur interessiert zu haben, aber Kimonos selbst fand sie nie sonderlich spannend. Sie interessiert sich ja noch nicht mal für die neueste Mode ihrer Moderne. »Ich ähm …«, kommt es überfordert von ihr. »Meister Sesshomaru wünscht sich, dass Ihr Euch einen standesgemäßen Kimono aussucht«, sprechen die Zwillinge synchron. »Tja ähm … Ich ähm … Also ich …«, stottert Liza nur hilflos. »Oh, ich weiß es. Ihr könnt Euch nicht entscheiden«, meint Lilli. »Wie wäre es mit einem Partnerkimono. Ein schöner rotweißer Kimono wäre doch sicherlich etwas für Euch«, schlägt Ling vor und holt auch den entsprechenden Stoff mit der Farbe hervor, während Lilli einen violetten Obi heraussucht mit gelbem Schleifenband. Bei dieser Farbkombination fühlt sich Liza tatsächlich so, als würde sie im Partnerlook mit ihrem Lehrer rumlaufen, wäre er hier. »Nun ja das sieht schon gut aus«, gibt sie ihr Urteil zögerlich preis und ist dabei sehr überrascht, wie edel und weich sich dieser Stoff des Kimonos anfühlt. »Dann werden wir Euch jetzt einkleiden«, beginnt Ling den Satz und Lilli beendet ihn, »und werden Euch hübsch machen.« Ein weiteres Mal wird Liza von den Zwillingen ohne weitere Worte entblößt. »H-Hey! Lasst das bitte!«, fordert die Schwarzhaarige dann doch etwas peinlich berührt. »Oooohhhh«, kommt stattdessen ein entzückender Laut von beiden Mädchen. »Ihr habt aber schöne Brüste. Dürfen wir die anfassen? Bitte!« »NEIN!«, schreit sie sofort und hält sich ihre Hände davor. Als Liza von den Zwillingen endlich fertig angekleidet worden ist, beginnt bereits die Mittagszeit. Der weiße Kimono mit dem roten Untergewand steht ihr besser, als sie es gedacht hätte. Auch der lilafarbene Obi mit dem gelben Band passt einfach super dazu. »Das sieht wirklich klasse aus«, lobt sie die Mädchen begeistert. Auch ihre Haare sind selbstverständlich an das edle Gewand angepasst worden, in dem sie ihr am Hinterkopf einen Dutt geformt haben und ihre restlichen Haare wie Wellen an ihrem Körper hängen. »Oh ja. Ihr seid wirklich eine wunderschöne Herrin, meine Herrin«, preisen auch die Zwillinge synchron. Genau in diesem Moment öffnet sich die Tür zum Ankleidezimmer, was die Aufmerksamkeit aller Frauen im Zimmer auf sich lenkt. Liza ist total überrascht, als sie dann Sesshomaru dort stehen sieht. »Ist sie soweit?«, fragt er gewohnt kühl. Die Zwillingsmädchen treten lächelnd vor Liza und verneigen sich höflich, aber grinsend. »Ja wohl, Meister Sesshomaru. Eure Frau ist soweit. Nur noch ein paar Kleinigkeiten.« Damit steckt Lilli Liza eine weiße Feder ins Haar und Ling reicht ihr einen roten Fächer in die Hand, damit die Menschenfrau wie eine richtige Dame aussieht. Der Schock ist deutlich sichtbar, als sie all diese Worte vernimmt. Das muss doch alles ein schlechter Traum sein. Sie und Sesshomaru verheiratet? Niemals! Sie wird kein Mann jemals unter die Haube kriegen. Danach geht der Dämon auf sie zu und hält ihr seinen Arm hin. »Komm.« Nur zögernd hackt sie sich bei ihm ein. Tatsächlich laufen Liza und Sesshomaru wie ein Ehepaar Spätnachmittags über das Fest. Für sie hat sich somit die Freude über die Erkundung der Festlichkeit erledigt. »Und ich dachte du vertraust mir«, schmollt sie. Wie üblich erhält sie keine Antwort. Mittlerweile hat sie schon sein kleines Spielchen durchschaut und weiß er reagiert nur dann auf Fragen oder Aussagen, wenn sie seiner Meinung nach richtig gehandhabt werden. »Ich hätte es schön gefunden, wenn du mir wenigstens Bescheid gesagt hättest, dass du dieses Ehespielchen spielen willst.« »Die Zwillinge nahmen von selbst an, dass wir Ehepartner sind. Ich habe mit keiner Silbe erwähnt "verheiratet" zu sein. Genauso wie ich nie behauptet habe dich allein zu lassen«, lässt er sich dazu herab ihr das zu erklären. Zunächst blasen sich noch ihre Wangen schmollend auf, ehe sie sich wieder sammelt. »Und diesen Irrtum hättest du nicht korrigieren können?«, fragt sie ihn und erhält aber keine Antwort. »Ist es denn nicht unter deinem Stand mit einem Menschen liiert zu sein?«, fragt sie ihn neugierig, während sie die Zwillinge im Auge behält, die vorneweg herum laufen und sich für all die bunt geschmückten Stände interessieren. »Es gibt leider viele Dämonen, die sich an einen Menschen binden und ich befürchte das wird in den nächsten Jahren Überhand nehmen.« »Du befürchtest«, lächelt Liza, da sie weiß, wie er es meint. Das wirft in ihr gleich eine weitere Frage wach. »Ist es denn nicht unausstehlich für dich hier mit mir zu sein? Überhaupt so nahe bei mir zu sein? Gerade weil ich doch ein Mensch bin.« Sie erträgt noch nicht mal ihre eigene Präsenz als Mensch. Statt einer wörtlichen Antwort spürt sie nur, wie er wortlos seinen Arm um sie legt, in den sie sich bis eben noch eingehakt hat und damit näher an sich heran zieht. Sofort schießt ihr die Röte ins Gesicht und sie schaut verlegen zu ihm hinauf. »Ich bin keine Frau zum Heiraten, weißt du«, sagt sie dann doch etwas hilflos hinterher, um nach wie vor taff zu wirken. »Hattest du jemals eine Beziehung?«, schießt ihm die Frage heraus. Ihr verlegen abgewandter Blick sagt ihm alles und so umfasst er mit seiner anderen Hand ihr Kinn, um ihr Gesicht wieder zu sich zu drehen. Ihre blauen Augen faszinieren ihn so sehr, dass er sich selbst für einen Moment fast in ihnen verloren hätte. Danach gehen seine Augen runter zu ihren Lippen. Für einen Menschen hat sie volle und weiche Lippen. Liza spürt seinen wandernden Blick förmlich, was in ihr ein unbehagliches Gefühl und zugleich aufregendes Kribbeln im Bauch verursacht. »Wäre es dir sehr wichtig?«, fragt er sie und streichelt mit einem Daumen sanft über ihren vollen Mund, den er leicht durch den Druck mit seinem Daumen öffnet. Die Zwillingsmädchen vor ihnen kichern und tuscheln zueinander. »Sind die beiden nicht süß zusammen?«, fragt Ling. »Oh ja. Sie sind so ein wunderschönes Paar«, antwortet Lilli grinsend. »Was meinst du? Hält das ewig?«, fragt das Zwillingsmädchen Ling. Ihre Schwester antwortet: »Bestimmt. Diese Beziehung hat Potenzial.« Damit grinsen sich die Mädchen an und laufen zum nächsten interessanten Stand. Liza versteht die Geste ihres Lehrers und damit auch wie die Frage gemeint ist. »Nein. Mein erster Kuss ist mir ziemlich egal«, versucht sie gewohnt selbstbewusst zu antworten. »Interessant«, sagt er nur und nähert sich ihr. Das Herz der Menschenfrau schlägt plötzlich um ein vielfaches schneller, als es ihr lieb ist und pumpt ihr das Blut förmlich ins Gesicht. Immer näher kommt er ihr, bis sie dann aus heiterem Himmel spürt, wie er an ihrem Ohrläppchen knabbert. »Mhmm …«, seufzt sie kurz auf. »Dann gehört er mir«, haucht er ihr fordernd ins Ohr, was sie gleich erschrecken lässt. Dieser herrische Ton in seiner Aussage macht sie innerlich ganz wahnsinnig - auf so viele verschiedene Arten und Weisen. Genauso wie sie seine ausstrahlende Kälte einfach anziehend findet. Für sie kaum vorstellbar, dass er wirklich die Erde ist und nicht das Eis. Eben noch voll auf ihn fixiert, reißen sich die verschleierten Augen der Menschenfrau weit auf, als sie einen Mann hinter Sesshomaru vorbei gehen sieht. Auf seinem Gesicht sieht sie einige schwarze Streifen, während die blaugelben Haare sich immer mehr zu den Spitzen weiß färben. Selbst Liza erkennt die dämonische Aura, die von diesem Mann ausgeht. »Sesshomaru«, flüstert sie ihm zu. »Dann siehst du ihn?«, fragt er sie. Die Menschenfrau nickt nur. Jetzt versteht sie auch Sesshomarus Verhalten. Das ist alles nur zur Tarnung gewesen. Innerlich macht das die junge Frau so unbeschreiblich wütend. Das er das wirklich alles nur getan hat, um … Ja, um was? Hat er sie wieder prüfen wollen? Wenn ja was? Wie scharf ihre Sinne sind? Wie schnell sie sich ablenken lässt? Was soll dann aber dieses Gelaber von wegen ihr erster Kuss würde ihm gehören? Was bedeutet das? Am liebsten würde sie ihn hier und jetzt niederbrennen. Sie hat auch bereits eine Hand an seinen Kimono gelegt und formt ihre Hand zur Faust. Ihre blauen Augen schauen ihn zornig an. »Du …«, knurrt sie flüsternd, aber sie sieht, wie seine goldenen Augen immer noch diesem Dämon hinterher schauen. Da fällt ihr ein, dass er doch zu ihr gesagt hat, dass er seine Gefühle für den Rang eines Earth Splinters geopfert hat. Weiß er vielleicht gar nicht, wie weh er ihr damit getan hat - gerade weil er nicht mehr weiß, wie es ist zu empfinden? Wieso schmerzt es ihr überhaupt? Liza ist doch bewusst, dass er nie was ernstes mit ihr anbandeln würde. Ihr Griff lockert sich und sie schaut betrübt zu Boden. Gerade jetzt wo sie gedacht hat, sie kann mehr, merkt sie selbst, dass sie eigentlich noch ganz am Anfang steht. »Ich kümmere mich um ihn. Du bist noch nicht soweit«, spricht Sesshomaru kühl zu ihr und löst sich von ihr, um dem Sternenbild zu folgen. Die Schwarzhaarige blickt weiter nach unten und nickt nur stumm. Wie kalt sie sich auf einmal fühlt, jetzt wo er weg ist und wie schwach. Vielleicht ist sie es doch nicht wert bei diesem Turnier mitzumachen. ~~~*~~~ Das ist für die Schwarzhaarige verletzend gewesen. Nicht nur, dass er ihr nicht zutraut so eine einfache Mission allein machen zu können, sondern das sie selbst festgestellt hat, dass er auch noch Recht damit gehabt hat. Sie hat erst die Anwesenheit dieses Sternenzeichens wahrgenommen, als es fast schon zu spät gewesen ist. Nun sitzt sie zusammengekauert auf dem leeren Boden im Schatten eines Baumes und schaut traurig hinab zum Abgrund. Bevor sie hierhergekommen ist, hat sie sich noch in dem Gebäude, das wie eine Art Hotel sein muss, wieder ihre üblichen Sachen angezogen. Damit fühlt sie sich deutlich wohler, als mit dem Kimono. »Meisterin Liza«, hört sie, wie sie vorsichtig angesprochen wird. Sie blickt hinter sich und sieht die Zwillingsmädchen. »Es ist schon gut. Nennt mich einfach Liza«, erinnert sie die Mädchen traurig und schaut wieder vor sich. Ling und Lilli schauen sich selbst einander an, bevor sie zur jungen Frau gehen. »Ihr solltet nicht so streng mit Euch selbst sein. Dämonen haben von Natur aus einen viel besseren Instinkt, als Menschen«, versucht Lilli die Schwarzhaarige aufzumuntern. »Mir hat es einfach nur gezeigt, dass ich alles andere als stark bin«, bleibt sie betrübt. »Das ganze Leben ist eine Schule. Menschen sind lernfähig, das macht sie aus«, kommt es dann von Ling. »Und das macht das Menschsein auch so schön. Lernen und daran zu wachsen. Schließlich haben sie andere Fähigkeiten, die den Dämonen vorenthalten sind.« Die Worte lösen was aus in der Menschenfrau und sie blickt neugierig zu den Mädchen, die sich links und rechts neben sie hingesetzt haben. »Und was wäre das?« Lilli, die ihr vorhin die Feder ins Haar gesteckt hat, nimmt sie einfach wieder aus dem Haar. Vor den blauen Augen Lizas verwandelt sich die schlichte, einfache, weiße Feder in eine Brennende. Von der Größe her könnte sie glatt mit der Schwanzfeder eines Pfaus mithalten. Da staunt die Menschenfrau. »Ihr könnt durch Emotionen stärker werden.« Nun ist es auch Ling, die ihr vorhin den roten Fächer gegeben hat und ihn sich wieder einfach nimmt, da Liza ihn neben sich hingelegt hat. In den Händen des Zwillings verwandelt sich der Gegenstand in einen menschengroßen Fächer, auf dem lodernde Flammen auf blauen Untergrund zu sehen sind. »Und eure Gefühle sind mit das Stärkste, was ihr als Menschen habt.« Synchron stehen die Mädchen auf, stellen sich vor Liza und halten ihr die Gegenstände hin. »Du bist der erste Tōunamento-Teilnehmer, den wir sympathisch finden und deshalb wollen wir dir die Phönixfeder und den Feuerfächer schenken«, sprechen die Zwillingsmädchen wieder synchron und lächeln Liza an. Diese steht nun selbst auch auf und nimmt die Gegenstände entgegen. »Ich danke euch wirklich sehr für die Geschenke«, bedankt sie sich bescheiden lächelnd. »Aber Sesshomaru und ich sind nicht verlobt, geschweige denn zusammen.« Ling und Lilli behalten ihr freundliches Grinsen, während ihre Körper sich beginnen aufzulösen. »Das wissen wir, dennoch wärt ihr beiden ein schönes Paar«, antworten sie gleichzeitig. »Als Sternzeichen Zwilling haben wir hiermit unsere Mission erfüllt und gehen zurück zu unserem Heimatpunkt, aber lass dich nicht unterkriegen. Menschlich zu sein ist eine Stärke.« Damit verschwinden die Mädchen in einem Meer aus Sternen gen Himmel. Die Mundwinkel der Menschenfrau bleiben oben, während sie sich die Feder selbst ins Haar steckt und den Fächer vor sich hält. »Ihr habt Recht und ich werde euch nicht enttäuschen.« Ihre blauen Augen zeigen ihre felsenfeste Entschlossenheit. »Und dir werde ich es zeigen, dass du mich nicht unterschätzen solltest, Meister!« Der Hundedämon selbst befindet sich im Kampf gegen das Sternzeichen Tiger. Der Kampf fällt bisher unentschieden aus. Elektrizität ist auf Sesshomaru komplett wirkungslos, da er über vollständig über die Erde herrscht. Andersrum hat materielle Magie, wie die von Sesshomaru, auf instabile Magie, wie die des Tigers keine Möglichkeit Treffer zu erlangen. »Hahaha! Was ist los, Erde? Ich dachte, du bist stärker und jetzt spüre ich von dir keinerlei rütteln«, provoziert er den Dämon. Der lässt sich davon nicht beeindrucken und geht in die Offensive, in dem er gewohnt kühl antwortet. »Für ein Sternzeichen deines Ranges, mit dem Element der zweiten Generation, bist du dagegen ziemlich handzahm.« »Was!? Na warte!«, fühlt sich das elektrisierende Zeichen gereizt und greift an. Wie im Zick Zack stürmt er auf Sesshomaru zu, der selbst den geraden Weg folgt. Beide knallen aufeinander, was einen gigantischen Luftdruck erzeugt. Auf diese Weise haben sich schon viele Ausbuchtungen auf der Erde gebildet, die den Kratern auf dem Mond gleichen. »Du kannst mich nicht mit deinen Fähigkeiten besiegen!«, erwähnt es der Tiger erneut. Unbeeindruckt davon lässt Sesshomaru einfach stumm seine Giftpeitsche zum Gegner sausen. Dieser weicht der Tiger selbstverständlich aus. »Zu billig«, grinst der Tiger voller Hochmut. »Zu blind«, zeigt sich Sesshomaru dagegen nur kühl und legt seine Hand auf das Gesicht des menschlich gewordenen Tieres. »Dokkasō!« Augenblicklich dringt säureähnliches Gift aus der Handfläche des Hundedämons und verätzt sofort das Gesicht des Tigers. Laut schreit er unter Schmerzen auf und versucht sich vom Gegner zu lösen, doch Sesshomarus Griff ist hart und unnachgiebig. Er hält den Tiger so lange fest, bis er durch das ätzende Gift förmlich schmilzt. Allerdings ist der Hundedämon erfahren genug, um zu wissen, dass es noch nicht das Ende gewesen ist. Sternzeichen sind Gegner, die man keinesfalls unterschätzen sollte. Breit grinsend und in einem Wirbel aus schier endlosen Blitzen bildet sich erneut der menschliche Körper. »Hehe … War das schon alles, Erde?«, hört der Dämon das Sternenbild fragen, während es sich über die Lippen leckt. Sesshomaru selbst bleibt stumm und startet einen weiteren Angriff. Dieses Mal mit der Klinge Seinaru. Auch wenn sie bei weitem nicht vollständig ist, ist sie im Kampf sehr gut zu gebrauchen. Der Tiger kontert einfach jeden Hieb mit seinen scharfen Diamant-Krallen, bis er sich dazu entschließt die Klinge mit beiden Händen abzufangen. Augenblicklich lässt er Blitze über das Schwert zu Sesshomaru übergehen, doch das stört ihn nicht einmal im Ansatz. »Na? Willst du mir immer noch nichts von dir zeigen, Erde?«, fragt das Sternenbild erneut siegessicher. »Ich erlaube nur wirklich starken Gegnern einen Teil meiner Kraft zu sehen«, knurrt Sesshomaru nur. »Aber ich hab dir was zu zeigen!«, hören beide Männer plötzlich eine Frauenstimme und trennen sich voneinander, da sie sonst der gewaltige Feuerwirbel getroffen hätte. »Ich sagte, du sollst fern bleiben«, herrscht der Hundedämon sie sofort an. Dennoch ist er überrascht, als er beide Gegenstände an ihr sieht. Sowie auch ihre gewohnten Sachen. »Mir egal was du sagst. Ich bin deine Schülerin, aber deshalb noch lange nicht dein Diener, der alles tut, was du befiehlst«, antwortet sie nur selbstsicher. »Ich bin hier um stärker zu werden und das werde ich hier und jetzt.« Sie hält den übergroßen Fächer voll ausgebreitet vor sich. »Und dabei lasse ich mir nichts von dir befehlen!« Scheinbar mühelos schwingt sie den Fächer und schickt einen weiteren Feuersturm auf ihren Gegner. »Hehe … Zu langsam!«, lacht der Tiger nur und stürmt auf sie zu. Liza reagiert schnell und springt in die Luft, doch im gleichen Moment, befindet sich der Gegner bereits hinter ihr und will sie angreifen. Die Menschenfrau wendet sich schnell um und fängt den Schlag mit dem Fächer ab. Wie schon bei Sesshomaru entsteht dabei ein überaus starker Luftdruck. Die Elektrizität des Tigers geht dabei auf ihr Handgelenk über und sie muss sich gezwungen sehen den Fächer loszulassen. Er ist erstaunt. Offenbar ist sie schneller geworden, als er vermutet hat. »Deine Schülerin ist beeindruckend. Ich werde meinen Spaß mit ihr haben«, grinst der Tiger über seine Zähne leckend und stößt letztlich seine Klauenhand in ihre Bauchgegend. Statt dem echten Körper erwischt er allerdings nur ein Abbild von ihr. Die Flammen teilen sich auf und bilden viele kleine Feuervögel, die das Sternenbild alle auf einmal angreifen. »Was? Feuer!?«, ist er zutiefst überrascht. Die echte Liza steht etwas weiter fernab, greift aber jetzt direkt an, in dem sie auf ihren Feind hinzugestürmt kommt. Sie weiß das die Feder ihre Feuermagie verstärken kann und der Fächer ihre Reichweite erhöht. Mit ihrer, zur Faust geballten, lodernden Hand schlägt sie dem Tiger direkt ins Gesicht. »Was? Aber wie? Das kann doch nicht wahr sein! Sie ist doch nur ein Mensch!«, hört sie ihn brüllen. »Und genau das ist meine Stärke!«, kontert sie einfach nur darauf. »Die Stärke eines Dämons ist begrenzt, doch die eines Menschen kann unerschöpflich sein, wenn es etwas gibt, wofür er kämpft.« Sicher ist ihr Grund sehr banal, doch er ist voller Emotionen. Sie will stärker werden, um diejenigen beschützen zu können, die sie liebt. »Unsinniges Gelaber!«, ruft ihr Gegner voller Wut. Sein Körper beginnt sich zu verändern, sodass er sich tatsächlich in einen übergroßen, weißen Tiger mit blitzenden Streifen verwandelt. »Dann zeig mir doch, wie stark ihr Menschen seid!«, knurrt er und rast brüllend auf sie zu. »Ein Mensch wie du will mich aufhalten? Dann versuch es doch mal!«, lacht das Tier. Mit seiner Elektrizität sprintet er auf seinen weiblichen Gegner zu. Anfangs schafft sie es gut seinen Angriffen auszuweichen, doch bei seiner Schnelligkeit kommt sie selbst nicht zum Angriff. Sie muss dafür sorgen dass er entweder langsamer wird oder bestenfalls stehen bleibt – sei es auch nur für wenige Sekunden. Ein Moment der Unachtsamkeit und der Tiger schafft es sie mit seinem Körper zu rammen. Der Strom der dabei durch ihren Körper rast, ist so stark, dass er bei Liza für unbeschreibliche Schmerzen sorgt. Die Spannung der Blitze verbrennen förmlich ihre Haut. Ihr komplettes Nervensystem gerät durcheinander. Überspannt oder lockert sich zu sehr. Die Menschenfrau hat sich selbst nicht mehr unter Kontrolle. Wie mit einem Ball spielt er mit ihr. Wirft sie stetig hin und her, während er sie von allen Seiten immer wieder mit seinem riesigen Körper anrempelt. Gequält blickt sie zu Sesshomaru, dessen Blick voller Gleichgültigkeit und Kälte auf ihr ruht. Sie weiß, dass sie von ihm keine Hilfe erwarten kann, aber das will sie auch nicht. Sie ist nicht hierher kommen, um vor seinen Augen zu sterben. Regungslos bleibt sie letztlich am Boden liegen, da die Elektrizität des Sternenzeichen viel zu mächtig für ihren menschlichen Körper gewesen ist, was sie erneut ihre eigene Existent als Mensch einfach nur hassen lässt. Sie will immer viel zu viel – oft mehr, als es ihr eigener Körper zu lassen will. »Wenn du doch so gerne mit dem Feuer spielst, wie wäre es, wenn ich dir mein Feuer zeige«, knurrt der Tiger sie belustigt an und bleibt einfach stehen. Sein Körper ist umgeben von blauen Blitzen, die unablässig um ihn herum auf die Erde donnern. »Elmsfeuer!«, ruft er den Namen seiner Technik aus. Der Körper der Menschenfrau rührt sich immer noch nicht und bleibt einfach liegen. Was er nicht sehen kann, ist ihr siegessicheres Lächeln. »Gewonnen«, flüstert sie zu sich selbst. Der feuerrote Blitz schlägt mit geballter Kraft auf die am Boden liegende Frau ein. Das Licht das dabei entsteht, blendet die Teilnehmer des Kampfes dabei so sehr, dass niemand fürs erste etwas zu sehen vermag. »Hehe … Da hab ich wohl gewonnen«, freut sich der Tiger und blickt bereits zum Hundedämon. »Aber deine Schülerin hat mich amüsiert. Ich hatte noch nie eine so feurige Kandidatin.« »Ich wäre an deiner Stelle nicht so voreilig«, antwortet Sesshomaru kühl. »Ist das ein Witz? Kein normaler Mensch kann meinen Blitzen standhalten!«, spricht das Sternenbild aggressiv und will auf seinen eigentlich ernannten Gegner zustürmen, doch seine Beine bewegen sich keinen Millimeter. Er schaut an sich herunter und sieht schwarze Haare um seine Pfoten. Er folgt ihrem Verlauf und sieht, wie die Menschenfrau wieder aufrecht steht. »Was!? Wie!?«, ist er vollkommen geschockt. »Du sagst es. Ein normaler Mensch wäre jetzt tot«, antwortet Liza nur siegessicher. »Aber wie du auch so schön sagtest … Ich spiele gerne mit dem Feuer und deine Blitze sind so heiß, dass ich ihre Temperatur in mich absorbieren konnte.« Die Menschenfrau hat also einfach seine Elektrizität in Wärme umgewandelt. »Ich musste dich nur zu fassen kriegen«, grinst sie breit. »A-A-Aber wie? Du lagst am Boden! Du warst so gut wie Tod!«, zeigt sich das Sternzeichen dagegen schockiert. »Gewusst? Menschliche Haare sind keine guten Stromleiter, wenn sie trocken sind«, erklärt sie sogar noch hochmütig. Sie hat nur dafür sorgen müssen, dass ihre Haare dicht genug auf ihrem Körper beieinander liegen. Danach ist es für sie ein Kinderspiel gewesen einen Ball aus Haaren um sich zu bilden, der sie vor dem tödlichen Angriff geschützt hat. Die Hitze seines Blitzes ist sogar heiß genug gewesen, um sie zu heilen. In dem Moment, wo er still stand, hat Liza die Gelegenheit genutzt und ihre immer länger werdenden Haare um seine Pfoten geschlungen. Selbst für sie ist das eine Aktion auf Messers Schneide gewesen. Danach lodern ihre Haare auf und das Feuer überträgt sich auf die volle Länge, bis sie die Beine ihres Gegners erreichen. Das zu Fleisch gewordene Sternenbild erleidet unbändige Qualen. Durch die Phönixfeder in ihren Haaren verstärkt sich die Macht ihres Feuers um ein vielfaches und sie kann den Tiger mit ihrem eigenen Element besiegen. Ihre Haare lassen ihn nicht los, egal, wie sehr er sich als Tier zu wehren vermag. Sie lässt ihre Haare auf der Stelle liegen, wo das Sternzeichen durch ihre Hitze zu Asche verbrannt ist. Immer wieder versucht er hervorzukommen, doch ihr Feuer ist durch die Feder selbst für ihn zu heiß. Zu ihrem Glück ist der Tiger einfach viel zu ungeduldig und gibt schnell auf. »Ich werde mir dein Gesicht merken, Menschenweib und dann werde ich dich eines Tages fressen!« Wie schon bei den anderen Sternzeichen löst sich sein Körper in einem Meer aus Sternen auf und verschwindet gen Himmel. Nun kann Liza ihre Haare wieder auf ihre gewohnte Länge zurück ziehen. Die große Überraschung kommt für sie allerdings noch, als sie plötzlich den groben Griff von Sesshomaru um ihren Hals spürt, er sie hochzieht und wirklich erwürgen will. Seine kalten Augen starren sie so voller Hass und Verachtung an, sodass es sogar ihr durch Mark und Bein geht. Seine bedrohliche Aura schießt so stark und stechend durch ihren Körper, als zerreißt er sie von innen heraus in tausend kleine Stücke. Kapitel 6: Kämpfe ----------------- Liza spürt instinktiv, dass Sesshomaru sie wirklich erwürgen will. Sein eiskalter Blick und der immer fester werdende Griff an ihrem Hals lassen alle Zweifel ausschließen. Selbst seine Aura dringt so hart in ihren Geist ein, als ob er sie allein damit von innen heraus zerreißen kann. Auch sein herrischer, aber immer noch eiskalter Ton lässt jedes Quäntchen seines Hasses an ihre Ohren dröhnen, als er ihr sagt: »Dein Ungehorsam kommt dich jetzt teuer zu stehen.« Sie wehrt sich nicht, lässt noch nicht einmal ihre Körpertemperatur ansteigen. Sie lässt die Strafe einfach über sich ergehen. »Warum?«, will sie dennoch eine Antwort auf eine Frage. »Warum sollte ich all das machen, wenn du ohnehin vorhattest alles im Alleingang zu erledigen?« Er schweigt. Damit gibt sie sich nicht zufrieden. Selbst jetzt noch, wo Sesshomarus Griff sich fester um ihren Hals legt, blickt sie ihn entschlossen mit ihren blauen Augen an. Auch wenn ihre Luft immer knapper wird und damit auch ihre Erwartungen länger zu leben. »Was ist?«, kommt es gequält, aber dennoch frech von ihr. »Gibst du mir keine Antwort, weil du keine hast?« Erneut stärkt ihr Lehrer den Griff um ihren Hals, um ihr die Luft abzuschnüren. Davon lässt sie sich allerdings nicht beeindrucken. Wenn sie schon hier und jetzt sterben soll, dann wenigstens so, wie sie ohnehin ist. Ohne Furcht im Herzen. Bei ihm verhält sie sich kaum anders, als bei anderen Menschen. Er ist ihr Lehrer, aber das heißt noch lange nicht, dass sie sich von ihm einschüchtern lässt. Er ist ein Mann und das heißt für sie, dass sie sich von ihm nicht unterwerfen lassen würde. Er ist ein Dämon, doch das hält sie nicht davon ab, wie immer, ihre Meinung zu äußern. Seine Krallen vergraben sich tief in ihrem Fleisch, was augenblicklich beginnt zu bluten. »Wenn du mich wirklich töten wolltest, hättest du es schon längst getan«, spricht sie weiter. »Auch wenn wir nicht viel Zeit mit Reden verbracht haben, so konnte ich dich kennen lernen.« Diese Aussage weckt die Neugier des Hundedämons und er lockert tatsächlich minimal den Griff. »So? Was glaubst hindert mich daran meine ungehorsame Schülerin zu töten?« Dieses überlegene Lächeln, als würde er sich über sie lustig machen, provoziert Liza. Dennoch muss sie ruhig bleiben und ausnahmsweise einen kühlen Kopf bewahren. »Du bist voller Widersprüche. Auf der einen Seite empfindest du nichts, aber du willst unnötigen Kämpfen aus dem Weg gehen. Angeblich ist dir alles um dich herum egal, aber dennoch überlässt du mich nicht einfach meinem Schicksal und trainierst mich«, beginnt sie mit ihren Argumenten. »Als du mich aufgenommen hast und begannst mich zu trainieren, hättest du es auch lassen können.« Der Blick ihrer blauen Augen bleibt entschlossen auf ihn gerichtet, auch wenn sich sein Griff wieder verhärtet. »Du vertraust mir nicht. Deswegen hast du mich nicht allein gelassen.« Ihre Augen bewegen sich zu dem Fächer, der frei auf der kahlen Wiese liegt. »Du befürchtest, ich würde dich beklauen und mich dann vom Acker machen. Du zweifelst weniger an meiner Stärke, als an meiner Moral.« Sesshomaru beeindruckt ihr Wille und ihr Mut ihm all das ins Gesicht zu sagen. Das sind Attribute, die ihn schließlich dazu veranlassen den Griff ein weiteres Mal zu lockern. »Zweifel ist ein Gefühl«, kontert er kühl und erinnert sie daran, dass er über keinerlei Gefühle empfinden kann, weil er sie einst für die Erde hergab. »Du bist keine gewöhnliche Feuerkönigin«, führt er dann schließlich fort. »In dir schlummert bereits jetzt schon die Kraft des vollkommenen Feuers.« Nun löst er endgültig seinen Griff von ihrem Hals und lässt sie fallen. Augenblicklich hustet sie kraftvoll und hält sich den geröteten und leicht blutenden Hals. »Du hast Mut und scheinst treu zu sein.« »Ich weiß, dass ich mich hier in sehr kriegerischen Zeiten befinde in der es nicht selbstverständlich ist jemanden sein Vertrauen zu geben, aber manchmal muss man es wagen jemanden entgegen zu kommen«, sagt Liza, als sie endlich wieder zu Luft gekommen ist. Wortlos blickt er zu ihr hinab und sieht ihr dabei zu, wie sie sich aufrichtet. »Ich weiß, dass deine Bedingungen sehr einfach sind. Dir ohne Widerspruch gehorchen und dir sagen, wenn ich etwas nicht kann«, wiederholt sie seine ausgesprochenen Regelungen. »Doch wie soll ich dir sagen, dass ich etwas nicht kann, wenn du es mich nicht versuchen lässt? Ich kann nicht nur durch Training stärker werden.« Die Menschenfrau geht zum Feuerfächer, sammelt ihn auf und bringt ihn zu Sesshomaru. Aus ihrem Haar nimmt sie die Phönixfeder und hält sie mitsamt dem Fächer ihrem Meister hin. »Als Schülerin bin ich verpflichtet dir zu vertrauen, aber du musst als Lehrer mir genauso vertrauen entgegen bringen.« Die Schwarzhaarige hält ihm die Gegenstände hin. »Und vor allem will ich nicht, dass du mich noch einmal unterschätzt. Es war nicht der Tiger, der den Gegenstand trug, sondern die Zwillinge. Sie übergaben mir Feder und Fächer freiwillig und ich«, nur zögernd sagt sie ihm den letzten Teil des Satzes, »wusste es.« Schweigen herrscht zwischen den beiden, während Sesshomaru die junge Frau vor sich anschaut. Aus ihren Worten spricht die reine Wahrheit. »Woher?«, möchte er schließlich wissen, wie sie die Zwillinge enttarnt hat. »Als ich heute Morgen aufgewacht bin, spürte ich keine Anwesenheit, keine Aura, nicht mal einen Duft konnte ich riechen. Die Zwillinge haben mich mit ihrer bloßen Anwesenheit total erschrocken und auch während der ganzen, gemeinsamen Zeit habe ich kein Leben von ihnen gespürt, obwohl sie sehr lebendig waren«, erklärt sie. »Es war das Selbe, wie beim Skorpion und Krebs.« Stumm nimmt er die Gegenstände von ihr entgegen, die sie ihm bereitwillig hinhält. Ihr Spürsinn ist um ein vielfaches stärker, als er es bisher angenommen hat. »Es gibt nun eine Sache mehr, um die ich dich bitten möchte«, hört er ihre Worte sagen, während ihr Blick zu Boden gerichtet ist. »Spiel nie wieder so mit meinen Gefühlen, wie vorhin auf dem Marktplatz. Denn auch wenn du keine mehr haben solltest, habe ich sehr wohl noch welche.« Ihre Stimme bebt, was dem Hundedämon sofort verrät, dass sie kurz davor steht zu weinen, doch sie kämpft dagegen an. Ebenso der Hauch vom Geruch des Salzes. Er wendet sich einfach um. »Du willst also trotzdem weiter bei mir bleiben?«, fragt er sie nur, während er vorgeht. »Du brauchst mich und ich brauche dich«, ist es ihre einzige Antwort. Er braucht sie als Schülerin, um die Gegenstände des Schwertes als Preis aus dem Tōunamento zu bekommen. Sie braucht ihn als Lehrer, um stärker zu werden. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren geht Sesshomaru einfach eleganten Schrittes weiter. »Dann sollst du in der nächsten Zeit deine Chance bekommen dich mir zu beweisen.« Diese Worte lassen Liza überrascht aufschauen. »Ich werde dich weiter trainieren und in Zukunft gegen die Sternenbilder kämpfen lassen.« Das macht die Menschenfrau glücklich. So glücklich, dass sie sich eine aufkommende Träne wegwischt und ihm nun folgt. »Aber solltest du noch ein einziges Mal meinen Befehl missachten, werde ich dich ohne Umschweife töten.« ~~~*~~~ In den nächsten zwei Wochen hat Liza wirklich oft die Gelegenheit gehabt sich Sesshomaru gegenüber zu beweisen. Sie hat gegen viele Sternenbilder gekämpft, die allesamt wirklich viel von ihr und ihrem Können verlangt haben. Kein Kampf ist wie der andere gewesen. Gegen den Hasen musste sie Schnelligkeit und Taktgefühl beweisen. Sie hat rasch gemerkt, dass der Hase zwar schnell ist, doch seine Stärke war nicht sonderlich groß. Allgemein erinnerte sie der Kampf eher an "Fangen"-Spiel. Der Steinbock war da schon ein anderes Kaliber. Er ist furchtbar stark und wendig gewesen. Dafür ließ seine Verteidigung sehr zu wünschen übrig. Ein Angriff von ihm hat fast ihr Leben gekostet. Der Stier ist bisher ihr stärkster Gegner gewesen. Seine Verteidigung war fast so hart, wie das Metall selbst, was ihn aber auch sehr langsam gemacht hat. Hätte sie nur einen Angriff selbst abbekommen, wäre sie wahrscheinlich daran gestorben. Die Maus ist dabei ihr einfachster Gegner gewesen, denn sie war zwar klein, aber äußerst friedfertig. Da hat es gereicht, wenn Liza sie mit ihrem Finger am Bauch angetippt hat und die Knie des Mini-Sternzeichens schlotterten. All diese Gegner hat sie fast komplett ohne ihr Element ausschalten können und es wundert sie, dass sie es auch wirklich geschafft hat. Einen neuen Gegenstand haben sie nicht weiter erhalten. Es ist eine wirklich sehr aufregende Zeit gewesen gegen die Tiere zu kämpfen und gleichzeitig von Sesshomaru trainiert zu werden. Die Menschenfrau hat das Gefühl, dass sich die Atmosphäre der beiden um ein vielfaches erkaltet hat, nachdem sie ihren Streit hinter sich gehabt haben. Er redet jetzt überhaupt nicht mehr mit ihr. Es scheint, als ob er sie außerhalb des Trainings gänzlich zu ignorieren scheint. Irgendwie tut es ihr weh so von ihm behandelt zu werden, aber was will sie denn auch erwarten? Er ist ein Dämon und hasst Menschen. Er duldet sie nur bei sich, weil sie für das Turnier relevant ist. Sie selbst ist ja auch nicht hier um Freundschaften zu schließen. Dennoch schießt ihr erneut die Abmachung in den Kopf. Vielleicht ist es wirklich besser für sie, wenn sie nach Abschluss des Turniers in seiner Heimat bleibt, um sie zu beschützen. Solch eine Behandlung kann sie auf Dauer einfach nicht ertragen. Das lässt ihr einmal mehr durch den Kopf schießen, wie anders Sesshomaru ist. Durch seine kalte, ja manchmal schon herzlose, Art hält er sie auf Distanz. Gleichzeitig fasziniert er sie mit seiner präsenten Art und zieht sie magisch an, was nie zuvor ein anderer Mann geschafft hat. Er weckt Gefühle in ihr, die nie zuvor ans Tageslicht gekommen sind. Er läuft ihr nicht hinterher oder umwirbt sie – weder mit Worten, noch mit Geschenken. Er fasst sie nicht mit Samthandschuhen an – weder beim Training noch im Gespräch. Er akzeptiert sie an seiner Seite – mit all ihren Macken und Schwächen. Er ist ehrlich zu ihr – lässt sie in jeder Sekunde ihres Beisammenseins spüren wie sehr er Menschen hasst. Sie kann ihn auch noch verstehen. Sie verachtet ihre eigene Spezies und damit auch sich selbst. Wie schnell ihr menschlicher Körper oft nachgibt, wenn sie mehr will. Dennoch muss sie sich innerlich eingestehen, dass er sie mit jedem Tag mehr in seinen Bann zieht. Allein, wenn er sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen anschaut, egal wie hasserfüllt sie gefüllt sind, lässt es ihr Herz augenblicklich schneller schlagen. Die junge Menschenfrau muss sich eingestehen, dass sich sein Gesicht immer mehr in ihren Träumen einnistet. Er weckt so viele Träume in ihr. Träume, die in einer Welt Existent sein werden, die so nie sein wird. In diesem Moment wünsch sie sich jemanden zu haben, mit dem sie reden kann. Dieser innere Zwiespalt einerseits bei ihm bleiben zu wollen, andererseits von ihm so schnell wie möglich wieder weg zu kommen, zerreißt sie. Erst Recht, da ihr bewusst wird, dass sie mittlerweile ganze dreieinhalb Monate im mittelalterlichen Japan ist. Wie immer folgt die kleine Gruppe dem stolzen Hundedämon. Es scheint, als ob er immer wüsste, wo die Gegner sind und führt sie direkten Weges dorthin. Plötzlich bleibt Liza stehen. »K-Könnt«, beginnt sie zögerlich, »ihr das auch spüren.« Jaken und Sesshomaru stoppen ebenfalls und schauen sie an. »Was sollen wir denn spüren?«, fragt Jaken leicht genervt. Bevor Liza darauf antworten kann, springt aus heiterem Himmel ein kleines Tier in ihre Arme und zittert voller Angst. Das kleine Tier erinnert sie an einen Babylöwen. Um sein Hals ist eine flauschige, gelbe Krause, die sie an eine Miniversion der Löwenmähne erinnert. Den langen Schwanz hat das kleine Tier ängstlich eingezogen. »Nanu? Wer bist du denn?«, fragt sie ihn überrascht. Das ansonsten komplett rote Tier sieht sie mit treuen orangefarbenen Augen an, in denen sie nur Angst sieht. »Keine Angst. Ich tu dir nichts«, lächelt sie das Tier sanft an und streichelt über seinen Kopf. »Ich beschütze dich«, spricht Liza weiter beruhigend auf den Minilöwen ein und streichelt über seinen Kopf, wodurch er wohlig zu schnurren anfängt. »Nein! Der gehört mir!«, können die drei auf einmal eine weitere Frauenstimme hören. Sesshomaru und Liza weichen gleichzeitig einem Angriff aus. »Wolle?«, schießt er verwundert aus dem Mund der Menschenfrau heraus, als sie die Form des Angriffs erkennt. Sie sieht wie Jaken in der Wolle förmlich verschwindet. Eine mollige Frau kommt aus dem Gebüsch gesprungen, mit nichts weiter als reinem weißen Pelz um ihren Körper. »Das kleine Tier ist meins!«, kommt es fordernd von ihr. »Also los! Gib es mir!« Voller Angst klammert sich das hilflose Etwas an Liza, in der natürlich sofort der Beschützerinstinkt geweckt wird. Sie nickt ihm lächelnd entgegen, ehe sie entschlossen sagt: »Nur über meine Leiche, Schaf!« Wie bei einem eingespielten Team springt das Tier auf Lizas Kopf, sodass sie frei agieren kann. Die Menschenfrau rennt in Richtung des Schafes, um ihr einen Schlag zu verpassen. Ihre mollige Gegnerin macht sich noch nicht einmal die Mühe auszuweichen. Schon bald begreift Liza auch warum. Alle physischen Angriffe prallen einfach von ihrem Gegner ab. Ihre Faust versinkt einfach in dem Fell, während ihre Gegnerin selbst sich einfach hochnäsig ihre Fingernägel anschaut, nur um Liza anschließend einen kraftvollen Schlag im Gesicht zu verpassen. Sie kracht gegen einen Baum, der in sich zusammen bricht. Sesshomaru ist gespannt, wie lange seine Schülerin dieses Mal braucht, um die Schwäche ihres Gegners zu erkennen und vor allem ohne ihre Magie auszukommen. Aus der Staubwolke kommt die junge Frau heraus gestürmt und will ihrem Gegner einen festen Tritt ins Gesicht verpassen, doch da weicht das Sternenbild Schaf aus. Der Blick von Lizas blauen Augen wird entschlossen. »Aus dir mache ich jetzt gleich ein gebratenes Lamm!«, droht die Feuerfrau. »Davon bist du noch Lichtjahre entfernt, Mädchen!«, kontert der Feind direkt und geht selbst in den Angriff über. Ihre Hände werden zu Hufen auf denen sie sich abstützt, während sie der Feuerfrau den Rücken zuwendet. Gleichzeitig formen sich auch ihre Beine zu Hufen um und treten in Richtung ihrer Gegnerin. Denen weicht Liza noch im letzten Moment aus und packt sich sogar eines der Beine. Dieses Mal schleudert die Menschenfrau ihren Feind gegen einen Baum. »Niederes Menschenpack!«, schimpft das fleischgewordene Sternenbild, schaut aber geschockt drein, als sie sieht, wie genau jene bereits wieder auf sie zu sprintet und es dieses Mal sogar schafft ihr einen kraftvollen Schlag ins Gesicht zu verpassen. An den Stellen, wo die Wolle ist, ist das Schaf unverwundbar, aber ohne seine Wolle, ist das Sternzeichen angreifbar. Dumm ist das Sternenbild allerdings nicht. Schnell realisiert das Schaf wieder seine Umgebung, packt sich Lizas Arm und wirft sie von sich weg. Die junge Frau selbst wendet sich noch im Flug und stemmt ihre Beine gegen einen Baumstamm. Durch den Absprung vom Baum saust sie zur Gegnerin und legt ihre Hände an dessen Schulter – ihr Körper kerzengerade nach oben ausgestreckt. Wie auf einer Turnstange in der Schule dreht sie sich auf den Schultern ihrer Gegnerin, sodass es ihr ein leichtes ist ihre Beine gegen den Rücken des Schafes zu drücken. Liza lässt los und stößt so das Sternenbild gewaltsam von sich weg und lächelt es siegessicher an. Mit einem lauten Knall landet das Schaf in der Erde. Allerdings nicht für lange. Recht bald schon kommt die mollige Frau aus dem Loch hervor geschossen und greift Liza immer wieder mit ihren, zu Hufe gewordenen, Händen an, denen die Menschenfrau stetig lächelnd ausweicht. Sesshomaru sieht bereits jetzt schon den Sieg seiner Schülerin und wendet sich um, um zu gehen. »Hör auf zu spielen«, sagt er noch und geht die ersten Schritte weiter. »Okay«, fällt die Antwort von Liza kurz aus, ehe sie ihre Arme nach vorn ausstreckt. »Und übrigens nur zur Info für dich, du dummes Schaf. Lichtjahre messen die Entfernung und nicht die Zeit«, kommt es grinsend von der Feuerkönigin, bevor sie einen direkten Feuerstrahl auf ihre Gegnerin richtet, die sich in einem Sternenmeer auflöst. »Dummes Gör! Ich schwöre dir meine Rache bis in alle Ewigkeit!«, kreischt das mollige Tier, wie bei einem Echo zum Schluss. Dies ist wirklich ein sehr schneller Sieg gewesen, selbst für Liza. Ganz überrascht und auch etwas verwundert schaut sie auf ihre Hände. »Bin ich«, beginnt sie zögerlich zu sprechen, »wirklich so stark geworden?« Mit einem süßen quietschenden Geräusch von ihrem Kopf aus rutscht der Minilöwe von vorhin in ihre Hände. Seine großen Augen schauen sie fröhlich an, als will er sich bei ihr bedanken. »Och, du bist so süß«, sagt sie und geht mit dem Löwe auf ihren Armen zu Sesshomaru und Jaken. »Hey du!«, spricht Letzterer sie auch gleich an. »Was soll das? Lass das Vieh hier!« »Auf keinen Fall. Ich finde den kleinen so niedlich. Ich möchte ihn behalten«, sträubt sich die Menschenfrau auch gleich. Sie hält den kleinen Löwen sogar noch vor sich und sagt: »Ich werde dich Leon nennen.« Vor Freude über seinen Namen faucht er munter auf und peitscht mit seinem flauschigen Schwanz hin und her. »Das geht aber nicht! Du kannst doch nicht einfach …«, will Jaken schon weiter mit ihr diskutieren, doch Sesshomaru spricht einfach nur scharf seinen Namen aus. »Jaken!« »J-J-Ja, Meister Sesshomaru«, antwortet er nur demütig. Der Schwarzhaarigen kommt es so vor, als hat Sesshomaru Partei für sie ergriffen. Auch wenn es nur ein Gedanke ist, bringt es sie zum Lächeln. »Danke, Meister Sesshomaru«, sagt sie sogar, erhält aber wie üblich keine Antwort. Der Lehrer der Kriegerin hat etwas bemerken können. Der kleine Löwe entzieht Liza Wärme. Ein Teil ihres Feuers geht stetig auf ihn über, als würde er es absorbieren. Nur deshalb duldet der Hundedämon den neuen kleinen Begleiter an der Seite seines Schützlings denn er weiß schon, dass der Babylöwe eine wichtige Rolle für sie spielen wird. Noch am selben Abend macht die kleine Gruppe bei einem See unter dem klaren Sternenhimmel rast. Immer mehr zeigt sich der ankommende Winter und bedeckt bereits solche kleine Seen, wie diesen, mit einer sehr dünnen Eisschicht. Der abnehmende Mond spiegelt sich kalt auf der Oberfläche. Liza sitzt vor dem Ufer des stillen Gewässers und spielt mit ihrem neuen Freund. Breit grinsend wedelt sie immer wieder mit einem Grashalm vor seinem Gesicht, während er versucht es mit seinen Tatzen zu fassen. »Du bist so süß, mein Kleiner«, lobt sie den Löwen vor sich, der bei einem erneuten Versuch auf den Rücken gefallen ist. Lachend kitzelt Liza das Tier mit dem Halm am Bauch, was ihm quiekende Laute entlockt und wie wild mit allen Beinen um sich schlagen lässt. »Zwischenbericht«, ist es die kühle Stimme von Sesshomaru, die sie dann kurzzeitig erschrecken lässt. »Meine Güte. Jetzt habe ich mich wirklich erschrocken«, gesteht sie, erhebt sich dennoch, um sich ihm gegenüber zu stellen. »Für einen Menschen haben sich deine körperlichen Leistungen überdurchschnittlich schnell und überragend gut weiter entwickelt. Der Kampf gegen das Schaf hat mir gezeigt, wie gut du mittlerweile deinen Körper einsetzen kannst ohne dein Feuer benutzen zu müssen.« Diese Worte lassen in Liza persönlich gerade einen tiefen Schock durchleben. Sind das etwa lobende Worte? Hat er ihr wirklich gerade ein Kompliment gemacht? Oder ist das wieder ein Teil seiner Analyse? »Ä-Ähm D-Danke, Meister Sesshomaru«, bedankt sie sich etwas hilflos. »Steh gerade«, kommt es nur kurz danach weiter streng von ihm. Ohne weiter zu hinterfragen tut sie, was er ihr sagt. Er nähert sich ihr, nur um sie anschließend zu umkreisen. »Deine Körperhaltung ist besser geworden.« Der Schauer ihres Lebens durchfährt ihren Körper, als sie fühlt, wie er ihre Haare beiseite tut und mit einer Kralle den Pfad der Furche ihres Rückens entlang fährt. »Dein Muskelaufbau hat sich verbessert, so dass es deinem Gleichgewicht mittlerweile kaum merklich schadet. Angriff und Verteidigung sind enorm gestiegen.« Zum Glück ist ihr rotes Lieblingsoberteil mit den Fledermausärmeln lang genug, dass es ihre Gänsehaut verbirgt. »Außerdem ist dein Gefahrensinn besser geworden.« Während der Dämon um sie herum läuft, fühlt sich die junge Frau völlig unter Beobachtung seiner aufmerksamen goldenen Augen. In genau jene schaut sie, als er wieder vor ihr steht und ihr Kinn sanft mit seinen Fingern umschließt. Sesshomaru erhebt ihr Gesicht langsam. Ihr rasender Herzschlag pumpt das Blut plötzlich stark in ihr Gesicht, was es erröten lässt, als sie ihm so nahe ist und er sich ihr sogar bis auf wenige Millimeter nähert. Das Blut rauscht nur so durch ihren Körper, als sie seinen heißen Atem an ihrem Hals fühlt. Der kleine selbsternannte Beschützer stellt sich neben Liza und faucht Sesshomaru bedrohlich an, wenngleich es mehr niedlich ist, als wirklich bedrohlich. »Dein Geruch hat sich verändert. Du riechst weniger nach Mensch, als mehr nach dem Feuer.« »Ist das«, beginnt sie zögerlich, »gut?« »Deine Stärke hat zugenommen. Es kann durchaus sein, dass du bald den nächsten Rang erreichen kannst«, spricht er in ihr Ohr, ehe er sich von ihr löst. »Deine Opfergabe sollte mit Bedacht gewählt sein.« Damit will er von ihr wieder weggehen, hält aber Inne, als sie ihn wieder anspricht. »Meister Sesshomaru? Warum … habt Ihr Euch entschieden Eure Gefühle zu opfern?«, schießt ihr plötzlich die Frage aus dem Mund. Stille herrscht, bis sich der Hundedämon zu ihr umdreht. »Gefühle sind lästig«, eröffnet er ihr. »Sie können dich in deinen Entscheidungen beeinflussen und deine Sinne trüben.« »War es denn nicht ungewohnt? So ganz plötzlich nichts zu fühlen?« »Vielleicht am Anfang, aber ich habe mich daran schnell gewöhnt«, antwortet er. »Dennoch ist dies keine Opfergabe für dich.« Ihren überraschten Gesichtsausdruck verstehend, spricht er weiter: »Du besitzt die Kraft des Feuers. Feuer lebt von Emotionen wie Wut, Trauer, Hass oder ähnlichem. Ich bin die Erde. Erde kann auch ohne Gefühle durchaus agieren, solange Stärke und rationales Denken vorhanden sind. Man kann sagen unsere Elemente bestimmen unsere Opfer.« Liza nickt. »Wisst Ihr, was für mich in Frage kommen kann?« Zunächst schweigt er sich aus. Es ist, als ob er ihr nicht antworten möchte, tut es aber dann doch. »Es gibt nur eine Möglichkeit für einen Feuerableger wie dich.« Fast schon deprimiert setzt sie sich wieder seufzend ans Ufer. »Wisst Ihr«, beginnt sie dann nach einiger Zeit, »mein Vater hat sein Leben hergegeben, um meine Mutter und mich zu beschützen. Um den Rang eines Fire Splinters zu erreichen, wollte er es so.« In ihrer Handfläche lässt sie ein kleines Flämmchen aufflackern. »Immer wenn ich das Feuer sehe, ist es, als würde ich seine Wärme spüren. Er ist da. Sein Feuer ist mein Feuer.« Völlig unerwartet bemerkt sie wie Sesshomaru sich tatsächlich an ihre Seite setzt, doch sie erzählt weiter. »Ich weiß daher nicht, wie ich meine Opfergabe bestimmen soll und selbst wenn ich es tue, woher soll ich wissen, dass es die Richtige ist?« Ihr Lehrer legt seine Hand auf ihre, mit der sie eben noch die Flamme erzeugt hat. Durch seine Fähigkeiten der Erde kann er durchaus so kleine Feuer löschen ohne sich selbst zu verletzten. Dafür weicht er seine Hand zu einer lehmigen Masse auf und bedeckt ihre Hand. So schafft er es ihr Feuer zu ersticken, ehe sich seine Hand wieder zurück formt und auf ihrer liegen bleibt. »Elementskrieger sind oft sehr einsam. Fragen dieser Art sind Normalität.« Zum ersten Mal hört sie einen Hauch von Wehmut in seiner Stimme und sieht ein seltsam ungewohntes, sanftes Funkeln in seinen sonst so eisigen Augen, die in die Ferne blicken. »Etwas Opfern, um stärker zu werden. Manche von uns wissen genau, was sie opfern müssen, manche dagegen müssen sehr lange überlegen, bis sie sich entschieden haben.« Erst jetzt dreht er sein Gesicht zu ihr und schaut ihr in die Augen. Augenblicklich bleibt der Menschenfrau für einen Moment die Luft weg, als sie etwas in seinen Augen sieht das in ihr ein wohlig warmes Gefühl auslöst und somit ein Kribbeln in ihrem Bauch, wie damals, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hat. »S-Sess-homaru?«, kommt zum ersten Mal sein Name zittrig aus ihrem Mund. Nicht weil sie Angst vor ihm hat, sondern weil sein Verhalten sie nervös macht. Unbewusst verschließt sie seine und ihre Hand enger miteinander und schluckt aufgeregt. »Du warst auch einsam«, hört sie seine Worte erneut an sie gerichtet, die sich wie ein Pfeil in ihr Herz bohren. Traurig schaut sie vor sich ins Wasser das vom leisen Windhauch kurz in sanfte Wellen versetzt wird. »Wie gesagt … In meiner Zeit ist kein Platz für solche wie mich.« »Warum wolltest du dann damals losziehen, um stärker zu werden?«, fragt er sie das erste Mal. »Weil das Feuer sich durch meinen eigenen Verschluss immer stärker aus den Körper drängen wollte. Meine Mutter hat nach meinem Vater einen neuen Mann gefunden und geheiratet. Ich habe mich mit ihm aber nie wirklich gut verstanden. Für beide wurde ich durch mein ausbrechendes Feuer immer mehr zur Last. In jener Nacht wollte ich mit ihnen reden und mich vielleicht mal mit meinem Stiefvater aussprechen und versöhnen. Ich war gewillt über meinen Schatten zu springen, doch als ich vor der Tür meiner Mutter stand, hörte ich, wie sie miteinander sprachen und …« »Dich als Monster betitelten«, beendet Sesshomaru ihrer Meinung nach fast schon zu schnell ihren Satz. Ihre verletzten, traurigen, blauen Augen schauen zu ihm hinauf. »Das ist ein Schicksal, das viele Elementsableger teilen.« Er löst seine Hand von ihrer und streichelt andächtig über ihre Wange. »Einsamkeit gehört für uns dazu und doch sehnen wir uns danach irgendwo und zu jemanden hinzugehören.« Liza genießt diese zarte Geste von ihm und schmiegt ihr Gesicht sogar näher an seine Hand, die sich bald darauf an ihre Wange legt. Trotzdem schaut sie ihn weiter an. »Wir sind für andere Monster?« Er nickt. »Nur Elementskrieger wie du und ich können einander verstehen.« Sesshomaru versteht nicht, was in seinem Innern vor sich geht. Etwas tobt in ihm und schreit förmlich nach ihr. Ist es vielleicht sein Herz? Fängt es wieder an zu schlagen und Gefühle dieser besitzergreifenden Art zu produzieren? Weckt sie in ihm etwa das, was er schon lange verloren geglaubt zu haben scheint? Hat sie wirklich die Kraft seine Opfergabe vollständig wieder zurückbringen zu können? Er will es heraus finden. Wie schon neulich beim Fest, streichelt er über ihre weichen Lippen und öffnet sie mit leichten Druck ein wenig. Der Hundedämon nähert sich ihr, während auch Liza ihrerseits mit ihrem Gesicht sich dem Seinen nähert. Beide können bereits den heißen Atem des Anderen auf ihren Lippen spüren. »Hey Menschenweib! Dein Essen ist fertig!«, können sie schließlich wie in weiter Ferne die krächzende Stimme des Krötendämons hören. Für Sesshomaru ist das wie eine Alarmglocke, die getrötet hat und er entfernt sich von ihr. Üblich elegant und anmutig löst er sich von Liza und geht. »Vergiss nie. Du bist jetzt nicht mehr allein. Als Dämon verstehe ich dein menschliches Herz vielleicht nicht, aber als Elementskrieger kenne ich die Gefühle in dir«, spricht er trotzdem zu ihr. Nach einem kurzen aber traurigen Nicken ihrerseits, geht er. Die Schwarzhaarige beißt sich wütend auf die Unterlippe, bis sie blutet. Wie hat sie nur glauben können, dass das wirklich was werden könnte? Was hat sie sich dabei nur gedacht? Ein Dämon, der außerstande ist, Gefühle zu empfinden, kann sich doch nie und nimmer verlieben. Ein bitteres Lächeln umspielt ihre Lippen und eine einzelne Träne läuft über ihre Wange. Diese Ironie des Lebens. In ihrer Zeit hat sie sich nie verlieben können. Und jetzt zieht mich ein Dämon magisch an, der selbst nie lieben wird. Die warme und feuchte Zunge des Minilöwen, der bis eben brav vor ihr gesessen und gewartet hat, erschreckt sie. Er leckt ihr das Blut weg, während seine kleinen Tatzen sich auf ihrer Brust abgestützt haben. »Na komm Kleiner. Jetzt gibt es Essen«, sagt sie zu ihm und nimmt ihn auf den Arm. Zumindest hat sich Liza aber den Entschluss gesetzt in Sesshomaru einen kleinen Teil seiner Gefühle wieder zurück zu holen. Ganz egal, wie lange es dauern mag. Kapitel 7: Leon --------------- Es vergehen zwei weitere Wochen nach diesem Gespräch. Wie jeden Tag trainieren der Hundedämon und die Menschenfrau. Die Wandlung dieser Frau, innerhalb der letzten dreieinhalb Monate, spürt er stark an seinem eigenen Körper. Er muss zunehmend immer mehr seine eigene Erdmagie gegen sie einsetzen, je mehr er ihr erlaubt, ihr eigenes Element, das Feuer, benutzen zu dürfen. Sesshomaru hat von Anfang gespürt, dass Liza für einen normalen Menschen stärker ist und jetzt, nach seinem Training, stellt sie eine größere Bedrohung dar, als jemals zuvor. Sie kann es wirklich schaffen und stärker, als jeder Dämon werden. Nie zuvor hätte er geglaubt, dass er mal einen Menschen trainiert. Schon gar nicht eine Frau. Noch weniger eine Frau aus der Zukunft. Egal wie deutlich ihr fremder Zeitstrang sich für seine Augen zeigt, da ist noch etwas anderes und das behagt ihm nicht. Das Tempo, in dem sich ihre Muskeln aufgebaut haben. Die Art, wie sie ohne schlechtes Gewissen fremde Dämonen oder die Sternenbilder besiegt hat. Ihr Denken sich keinen normalen gesellschaftlichen Verpflichtungen unterzuordnen. Keine Angst zu kennen. Ja, selbst ihr Wunsch nie zu heiraten. Ihm ist ein Volk vertraut, das längst für derartige Besonderheiten bekannt ist. Die Sippschaft der Assassinen. Sie sind schon immer für überragende Schnelligkeit und Stärke bekannt gewesen. Ein Volk dessen einziges Verlangen es ist die Erde von Dämonen zu befreien, um so die Herrschaft der Menschen zu sichern. Selbst er als Daiyokai hat mehrere Male die Stärke zu spüren bekommen, die ihnen nach gesagt wird. Sie sind geprägt mit einem ähnlich scharfen Instinkt, wie der von Dämonen. Sie trainieren sich Schnelligkeit und Stärke an, die normaler Weise nur in Dämonen inne wohnt. Sie sind skrupellos und furchtlos. Sie gleichen die normalen menschlichen Schwächen durch das Aufspüren von Auren aus. Sesshomaru hält nicht viel von ihnen. Sie halten sich selbst für Götter, was für ihre absolute Arroganz spricht. Das bedeutet nicht, dass er sie als starke Gegner nicht zu schätzen gewusst hat, wenn er einem von ihnen über den Weg gelaufen ist. Er hasst sie jedoch als Daiyokai, weil sie sich trotz normaler menschlicher Abstammung über ihn, einen Daiyokai, stellen. Assassinen sind anmaßend, respektlos und vor allem überheblich. Frauen und Männer des Assassinen Volkes heiraten nicht, weil eine Bindung sie ihrer Meinung nach schwächt. Liebe ist dort kein Thema. Assassinen sind ein reines Kämpfervolk. Geboren um zu Töten oder selbst zu sterben. So präzise aus seiner Schülerin diese Eigenschaften hervorstechen, gibt es etwas, was sie deutlich von ihnen abhebt. Die weniger prägnante Arroganz. Sie stellt sich nicht über ihn. Sie bleibt ihm trotz neugewonnener Stärke untergeordnet. Die Sorge, dass sich das irgendwann ändern wird, wenn sie im Rang aufsteigen sollte und dadurch noch stärker wird, macht er sich nicht. Von Anfang an ist sie bereits stärker als Jaken gewesen und stellt sich noch nicht einmal über ihn. Faszinierend ist für ihn jedoch der Hass ihrer eigenen Spezies gegenüber. Assassinen hassen alle Dämonen und sie scheint alle Menschen zu hassen. Sie bricht alte Regeln. Sie schert sich nicht um die Meinung anderer. Sie ist voller Rätsel, die er nur zu gerne erkunden würde. Angefangen bei ihrem Vater. Erneut ruft er sich ins Gedächtnis, dass die Assassinen selbst in seiner Zeit wie von der Erde verschluckt sind. Sie sind seit gut zwei Jahrhunderten nicht mehr gesehen worden. Stattdessen hört man immer mehr von Dämonenjägern. Menschen, welche die Überreste von getöteten Dämonen für Rüstung und Waffen benutzen, um weitere Dämonen zu töten. Sesshomaru ist selbst einen von ihnen begegnet. Sie sind nicht einmal im Ansatz für ihn so gefährlich, wie die Assassinen es einmal gewesen sind. Dafür sind Dämonenjäger auch viel zu menschlich. Das lässt in ihm allerdings nur wieder wachrufen, dass die Erde selbst ihm ein überdeutliches "Ja" gegeben hat, als er gefragt hat, ob dieses Volk noch Existent ist. Bei seiner Frage, ob Liza selbst dieser Sippschaft angehört, ihr vielleicht sogar entsprungen ist, hat die Erde allerdings geschwiegen. Für ihn bedeutet es letztlich, dass selbst sein Element nichts über sie weiß. So fragt er sich ein weiteres Mal: Wer ist dein Vater gewesen und wer bist du? Seine linke Hand leuchtet kurz gelbgrün auf, bevor er mit einer gezielten Armbewegung dafür sorgt, dass die Erde sich vor ihm aufbaut. Entgegen all seiner Vorausrechnungen und Erwartungen, bemerkt er keinen Schlag oder Tritt gegen seine Mauer. Stattdessen spürt er ihre Aura hinter sich und dreht sich schnell um. Ihren Tritt kontert er kühl mit seinem Arm. Eine gewaltige Druckwelle durchfährt dabei den gesamten Ort und wirft Jaken in den Fluss, an dem er sitzt, um Fische zu angeln, damit er für Liza etwa zu essen machen kann. Wütend kommt er wieder aus dem Wasser und schimpft. »Hey, was soll das?! Passt doch auf, sonst …« In seiner Schimpfparade wird er unterbrochen, als er von der rauen Zunge des roten Minilöwen abgeleckt wird, der sich danach vor ihm hinstellt. Seinen Hintern in die Höhe gestreckt und wild mit dem Schwanz wedelnd, zeigt er, dass er spielen will. »Nein, lass das! Jetzt nicht«, weist er ihn zurecht. Die blauen Augen von Liza blicken Sesshomaru fest entschlossen an. Sie will ihn besiegen können, denn dann würde es bedeuten genau diese Stärke zu haben, nach der sie sich sehnt. Nach diesem harten aufeinander Prall springen beide voneinander weg. Die Schwarzhaarige geht dabei wieder in Angriffsstellung, während Sesshomaru ihr ganz normal gegenüber steht. Verwirrt darüber gibt auch sie ihre Position auf und stellt sich vor ihm hin. »Dein körperliches Training ist beendet«, spricht er kühl. Die Überraschung über diese Aussage ist ihr deutlich im Gesicht anzusehen. »Ä-Ä-Ähm … Was?« »Ich kann dir nichts mehr beibringen. Du bist stark genug geworden, um dich gegen sämtliche Teilnehmer behaupten zu können. Sternzeichen und andere Elementskrieger sollten für dich kein Problem darstellen. Auch ohne dein Feuer«, antwortet er ihr und dreht sich schließlich um. »Alles weitere liegt nun in deiner Hand.« Die Freude der Menschenfrau ist riesig. »Juhu!« Als wüsste ihr kleiner Freund, worum es geht, springt Leon zu ihr in die Arme und leckt sie ab. »Hahaha!«, muss sie dabei lachen und hält den kleinen Löwen vor sich. »Ja, ich hab es geschafft!« Ihre Freude darüber nimmt auch dann nicht ab, wenn sie sich ins Gedächtnis ruft, dass sie auch von alleine weiter trainieren möchte. Stärke kann nur stärker werden, wenn man es nicht schleifen lässt, aber als Belohnung möchte sie heute schön baden und sich einfach mal um ihre Pflege kümmern. Entsprechend macht sie sich auch auf den Weg in den Wald. »Hey, wo gehst du hin?«, fragt Jaken sie. »Als Belohnung für meinen Erfolg möchte ich mich heute einmal wieder meiner Pflege widmen. Ich habe das Gefühl zu stinken, wie ein Schwein«, antwortet sie, bevor sie geht. Dabei folgt ihr der kleine Leon. Sie bleibt nur noch einmal stehen und dreht sich zu ihrem Lehrer um. »Das heißt, wenn es in Ordnung ist.« Der lehnt sich üblich kühl an einen Baum und antwortet lediglich: »Geh.« Liza freut sich schon so sehr ihren Körper in eine heiße Quelle zu verfrachten, dass sie die ganze Zeit nur noch am Grinsen ist. Als sie, wie jeden Tag, auf Wanderschaft gegangen sind, ist ihr das kleine, wärmende Gewässer sofort ins Auge gefallen. Gerade jetzt, wo es bereits herbstlich ist, sogar schon zum Winter übergeht, spürt sie die Kühle des Windes auf ihrem Körper immer öfters. Kalt wird ihr dennoch nie, denn durch das Feuer in ihrem Körper lodert es die ganze Zeit in ihrem Innern. Manchmal fühlt es sich für Liza so an, als ob sie statt Blut, Lava in sich hat. Der Weg zur heißen Quelle ist schnell gefunden und so zieht sie sich aus. Es ist so schön einfach mal allein und unbeobachtet zu sein. Noch während sie dabei ist, sich ihren BH auszuziehen, vernimmt sie das süße Quiecken ihres Löwen im Miniaturformat. Sie blickt ihren Freund lächelnd an. »Na? Möchtest du etwa mit mir baden?«, fragt sie ihn und kniet sich sogar vor ihm hin. Sanft streichelt die Menschenfrau über den Kopf des Tieres, das daraufhin vergnügt schnurrt. Jedes Mal stellt die Schwarzhaarige fest, dass das Fell so weich ist, wie ihr Kissen in ihrer Zeit. Besonders die volle Halskrause, erinnert sie an die Biberbettwäsche ihrer Mutter, die immer so schön nach dem Waschmittel roch. Endlich ausgezogen, setzt sich die Siebzehnjährige in die heiße Quelle und denkt wehmütig an ihr zuhause. Solange ist sie jetzt schon fort. Sie ist wirklich stärker geworden, wie sie es gewollt hat und sie könnte ihre Mutter und ihre Halbschwester vor jeder Gefahr beschützen, aber wäre das angebracht? In ihrer Zeit gibt es etliche Gefahren, als hier. Hier gibt es sichtbare Feinde, wie Dämonen, Krieg, Leid, Hunger und Elend, aber in der Neuzeit gibt es vieles, was man nicht sehen kann. Betrug, Verrat, Lügen, Hinterlist und einfach nur böse Menschen. Im Nachhinein findet sie heute ihre Reaktion sehr kindisch. Sie hätte bleiben sollen. Wehmütig zieht sie mit ihrem Finger Kreise über die Wasseroberfläche, während sie sieht, wie ihr kleiner Freund fröhlich im Wasser planscht. Das ruft in ihr wach, dass sie aber auch sonst nie Sesshomaru und Jaken kennen gelernt hätte. Oder auch die lebhaften Zwillinge und ihren tierischen Verbündeten. Trotzdem fehlt Liza ihre Mutter, genauso wie ihr Großvater und ihre kleine Schwester. Wie es ihnen wohl geht? Was machen sie wohl gerade jetzt in diesem Moment? Selbst jetzt noch steht sie treu hinter ihrer Mutter, die sie eigentlich wegschicken wollte. Sie versteht sie heute besser, als zuvor, als ihr bewusst geworden ist, wie anstrengend es für ihre junge Mutter gewesen ist, sich mit ihr rumschlagen zu müssen. Liza ist so in ihrer eigenen Welt gefangen gewesen, dass sie völlig ausgeblendet hat, dass ihre besonderen Kräfte für normale Menschen durchaus furchterregend sein können. Selbst für eine Mutter. Was denkt wohl ihr verstorbener Vater im Himmel über sie? Das fragt sie sich jeden Tag und kommt dabei zu dem Entschluss, dass sie eigentlich nie stark gewesen ist. Liza kauert sich in dem flachen Gewässer zusammen, wie ein Embryo im Mutterleib. So viel hat sie hier gelernt, aber je stärker ihr Körper geworden ist, desto mehr ist die Schwäche in ihrem Geist aufgeblüht. Sie fühlt sich allein und von der Welt abgestoßen. Das Gespräch mit ihrem Lehrer schießt ihr durch den Kopf, als er ihr gesagt hat das sie nicht mehr allein ist und das fast jeder Elementskrieger etwas in der Art durchgemacht hat. Ob er also auch alleine war? Sie hat ihm mittlerweile einiges von sich erzählt, aber über ihn weiß sie gar nichts. Ihr wird der Egoismus klar den sie trägt. »Aber das ist doch nichts Schlimmes«, unterbricht eine Frauenstimme plötzlich ihre Gedankengänge. Erschrocken erhebt sie ihren Blick und sieht vor sich einen Schlangenkopf aus der Quelle. Ihr kleiner Begleiter springt sofort aus dem Wasser und stellt sich hinter Liza auf die Erde, von wo er den Gegner anknurrt. »Du bist das Sternzeichen Schlange«, kommt es ruhig von der Menschenfrau. »Ja, das bin ich.« Imposant erhebt sich das offensichtlich weibliche Getier aus dem Wasser und zeigt stolz seinen schlanken Körper. »In dieser Zeit hat man echt ein Timing mich zu erwischen, wenn ich nackt bin«, antwortet die Menschenfrau mit den meeresblauen Augen. »Aber du hast Glück. Mir ist nicht nach Kämpfen.« »Ich will auch nicht gegen dich kämpfen«, antwortet das Schlangentier und schlängelt sich über das Wasser zur Feuerkönigin. »Ich will nur mit dir reden.« »Reden? Das wollte schon lange keiner mehr.« Zumindest nicht so, wie es sich Liza gewünscht hat. Traurig legt sie ihren Kopf zwischen ihre angewinkelten Beine. Dem kleinen Löwen gefällt es gar nicht das die Schlange sich seinem Frauchen nähert und versucht bedrohlich zu brüllen, doch das reicht lediglich für ein niedliches Kreischen. »Du bist so ein armes, einsames Ding. Ich verstehe dich nur zu gut«, zischt die Schlange einfühlsam und mitfühlend, während sie sich äußerst langsam und zärtlich um Liza wickelt. »Auch ich war immer einsam. Immerhin bin ich eine Schlange. Ich werde von so vielen Missverstanden. Manche bezeichnen mich sogar als "Monster".« Dieses Wort trifft Liza so sehr in ihrem Herzen, dass es in ihr alte Wunden weckt. Verzweifelt legt sie ihre Hände an ihren Kopf, als will sie all das vergessen. »Ein Dämon ohne Gefühle wird dich nicht verstehen. Das kann er gar nicht. Schließlich sagte er doch selbst, dass Gefühle für ihn lästig sind.« Überrascht über dieses Wissen blickt sie die Schlange an. »Woher …?«, will sie schon ihre Frage stellen, doch die Schlange selbst unterbricht die Elementskriegerin. »Woher ich das weiß? Ich kann in der Zeit reisen, sowie alle Sternzeichen. Sternenbilder existieren in jeder Zeitepoche. Wenn du willst, bringe ich dich auch wieder zurück nach Hause. Nach Hause zu deiner Mutter und deinem Großvater.« Für einen kurzen Moment hätte Liza dem Angebot sofort zugestimmt, aber dann spürt sie, wie der kleine Löwe, den sie Leon getauft hat, einen Teil ihrer Haare im Maul hat und daran zieht. »Aber Leon …«, haucht sie seinen Namen und blickt ihn sogar an. Traurig blickt das kleine Tier sie an, als will er damit sagen, dass er sie doch braucht und sie vermissen würde. Sein Schwanz wedelt langsam hin und her, als hätte er Hoffnung. Sie erinnert sich an die goldenen Augen von Sesshomaru. Auch wenn er selbst vielleicht keine Gefühle hat, aber er hat Gefühle in ihr geweckt. Er hat sie trainiert. Ihr seine Zeit geschenkt. Sogar seine Aufmerksamkeit. Wie undankbar wäre es dann von ihr, einfach spurlos zu verschwinden? Die Feuerkönigin spürt noch heute die Wärme seiner Hand an ihrer Wange und seinen Daumen, der über ihre Lippen streicht. Sie kann es nicht. Sie kann nicht einfach gehen. Er braucht doch immerhin eine Schülerin für das Turnier, damit er die Gegenstände für Seinaru bekommen kann. Lächelnd blickt sie auf ihren tierischen Freund und will ihn gerade aus Dankbarkeit streicheln. Ein gewaltiger Druck um ihren Körper hält Liza davon allerdings ab. Er ist so stark, dass sie bemerkt, wie sie förmlich eingequetscht wird. »Was zum …!«, beginnt sie und dreht ihren Kopf nach vorn, wo ihre Stirn direkt mit dem Kopf der Schlange aufeinander prallt. Ihre giftgrünen Augen weit aufgerissen, starrt die Schlange nun in die überraschten blauen Augen ihres Opfers. »Du würdest also viel lieber zu einem gefühlslosen Dämon zurückkehren, als zu deiner liebevollen Familie?«, fragt das weibliche Sternenbild sie nun deutlich aggressiver. Davon lässt sich Liza jedoch nicht beeindrucken und sie blickt der Schlange traurig, aber auch entschlossen in die Augen. »Mag sein, dass ich bei meiner Mutter und meinem Großvater ein herzliches Zuhause habe, aber ich passe dort nicht hin. Meine Kräfte und Fähigkeiten gehören dort nicht hin. Sesshomaru ist vielleicht kalt und ignorant, manchmal auch widersprüchlich in seiner kompletten Art, aber er akzeptiert mich. Mit all meinen Kräften. Ich weiß ganz genau, hier gehöre ich her. In diese Zeit.« Diese Antwort passt der gewaltigen Schlange überhaupt nicht und sie taucht mit der Menschenfrau unter Wasser, das ihren Aufschrei erstickt, bevor er hoch kommen kann. Der kleine Löwe Leon gibt quietschende Laute von sich, als ruft er Liza zu sich. Er springt jedoch auch nicht ins Wasser, da das kleine Tier ja nicht mal richtig schwimmen kann, geschweige denn tauchen. Verzweifelt rennt er daher am Ufer stetig hin und her und ruft nach seiner Herrin. Sie selbst versucht sich aus dem schier steinharten Griff der Schlange zu befreien, doch es erweist sich als schwierig. Wo eben das Wasser kaum mehr einen Meter tief gewesen ist, wirkt es jetzt, als wäre sie mitten im Ozean selbst. Selbst die Wärme der heißen Quelle ist nicht mehr präsent. »Warum gibst du dich nicht einfach auf?«, spricht die Schlange mit ihr, wohlwissend, dass Liza ihr unter Wasser nicht antworten kann. Die Feuerkönigin kann nicht einmal ihre Feuermagie unter Wasser einsetzen. Natürlich kann sie ihre eigene Körpertemperatur so stark erhitzen, dass die Schlange sie loslassen muss, wie beim Krebs. Das eisigkalte Wasser selbst entzieht ihr fast schon automatisch alle Wärme, sodass dieser Versuch beim Kaltblütler untergeht. Sie muss auf ihre eigenen körperlichen Fähigkeiten vertrauen, die sie sich hart antrainiert hat und das am besten so schnell, wie es geht, denn sie wird die Luft nicht ewig anhalten können. Im Allgemeinen fragt sie sich wozu sie überhaupt noch kämpfen soll. Sie will stärker werden, ja. Um diejenigen zu beschützen, die ihr etwas bedeuten. Aber wen hat sie denn schon in dieser Zeit, den sie beschützen soll? Ihre Mutter, ihr Großvater und auch ihre kleine Halbschwester sind in der Neuzeit, doch dort gibt es keinen Gegner, vor dem sie ihre Familie mit dem Feuer beschützen kann. Hier gibt es Dämonen gegen die Liza kämpfen kann und wo ihre Fähigkeiten gebraucht werden, doch sie hat hier niemanden, den sie beschützen kann. Vielleicht ist es wirklich besser einfach aufzugeben. Das Grinsen der Schlange kommt wieder und sie nähert sich der Menschenfrau. »Ja, das solltest du. Eine Seele, die nicht weiß, wo sie hingehört, gehört definitiv nicht hierher. Weder in diese Zeit, noch in irgendeine andere. Gib einfach auf.« So nähert sich das gewaltige Sternenbild und öffnet seinen Mund, um ihre Gegnerin in einem Stück zu verspeisen, wie sie es zuvor schon mit einigen anderen Teilnehmern vollzogen hat. Das Tier ist vielleicht kein stärker Gegner, aber umso trickreicher und hinterlistiger. Jeder Teilnehmer ist bisher ihrer negativen Aura und damit seinen eigenen schlechten Gedanken erlegen. Für die Schwarzhaarige scheint die Zeit in jenem Moment still zu stehen. Ist sie denn wirklich so allein, wie sie glaubt? Vergiss nie. Du bist jetzt nicht mehr allein, schießen ihr überraschend die Worte von Sesshomaru in den Kopf. Er hat Recht. Sie ist nicht mehr allein. Auch wenn sie nachdem Turnier von Sesshomaru und Jaken getrennt sein wird, wird es wohl Leon sein, der an ihrer Seite sein wird. Sie kann hier ein neues Leben anfangen - vielleicht sogar in dem Dorf, wo sie am Anfang gelandet ist. Bei Kaede. Auch die Abmachung mit Sesshomaru hat sie nicht vergessen. Sie kann ebenso seine Heimat beschützen – egal wo immer sie auch ist. Unschuldige kann sie vor dem Tod bewahren. Wenn alle Bewohner seiner Heimat halbwegs so sind wie er, würde sie auch dort Anschluss finden. Egal, was aus ihr werden wird sobald dieses Turnier vorbei ist, aber sie möchte wenigstens den kleinen Leon beschützen, den sie nun als neuen Freund an ihrer Seite hat. Der Kampfeswille kehrt zurück und lässt die Körpertemperatur Lizas ansteigen. Entschlossen blickt sie in den immer näher kommenden Schlund und sammelt Feuer in ihrem Mund. Ihre Wangen blasen sich immer mehr auf, bis sie ihr Maximum erreicht haben. Die Schwarzhaarige muss alles auf eine Karte setzen! Nur einmal muss sie es schaffen können ihre Feuermagie auch unter Wasser benutzen zu können. Der Körper der jungen Frau leuchtet im heißen Rot des Feuers auf, was dafür sorgt, dass selbst das eiskalte Wasser um sie herum anfängt zu kochen. Damit noch nicht genug. Nun speit sie die gesammelten Flammen aus ihrem Mund in den gierigen Abgrund der Schlange. Der Kaltblütler lässt sogleich von der Feuerfrau los und schreit vor Schmerzen. Das nutzt Liza aus und macht sich daran sofort an die Oberfläche zu schwimmen. Sie muss es schaffen. Immerhin hat sie sich selbst geschworen Sesshomaru zu helfen die Klinge Seinaru zu vervollständigen. Nicht nur das. Sie will in ihm wieder Gefühle wecken und ihm damit helfen seine Opfergabe wieder zu erlangen. Selbst dann noch, wenn ihre eigenen Gefühle sie verschlucken. Die Feuerkönigin sieht, dass sie es fast an die Oberfläche geschafft hat, doch da packt sie erneut die Schwanzspitze des Gegners um ihren Körper und zieht sie wieder runter. »Feuer, hm? Du entkommst mir nicht. Ich werde jeden Elementskrieger verschlingen!«, brüllt das weibliche Tier ihr entgegen und nähert sich der Menschenfrau mit einer rasanten Geschwindigkeit. Verzweifelt schließt Liza ihre Augen. Sie bekommt keine Luft mehr und kann sich einfach nicht mehr bewegen. Ihre Gedanken kreisen sich nur noch darum zu überleben, aber die Schlange hält sie so fest, dass sie sich kaum mehr richtig konzentrieren kann. Die sonst so klare Sicht aus ihren blauen Augen verschwimmt immer mehr. Siegessicher reißt das zu Fleisch gewordene Sternenbild ein weiteres Mal sein Maul auf, um endlich als Siegerin hervor zu gehen. Am Ufer der Quelle läuft immer noch der hilflose Löwe hin und her. Er ahnt in welch prekären Lage seine Herrin ist und will ihr helfen, doch er weiß nicht wie. Als Baby ist er machtlos. Verzweifelt setzt er sich hin und kratzt sich bewusst wie wild an seinem flauschigen Kragen; fast so, als will er etwas hervorholen. Knurrend hält er in seinen Bewegungen inne, als er die eleganten Schritte des Hundedämons neben sich vernimmt. »Es ist nicht der Flammenschlüssel allein, der dir deine Kräfte wieder gibt – Sternenbild Löwe«, spricht er zum Tier, ehe sich der Lehrer hinabbeugt und aus der Mähne einen brennenden Schlüssel hervorholt. »Willst du wirklich deine Freiheit für dieses Menschenfrau aufgeben?«, fragt Sesshomaru den Babylöwen monoton. Nach einem entschlossenen Blick des Tieres steckt der Hundedämon ohne weiteres Zögern den Schlüssel brutal in den Rücken und schließt dessen uralte, versiegelten Kräfte wieder auf. Ein gleißend rotes Licht von der Wasseroberfläche regt die Aufmerksamkeit der übergroßen Schlange auf sich und sie hält in ihrer Bewegung inne. Wie ein Meteorit schießt ein gewaltiger Feuerball ins Wasser und trennt die Schlange von der jungen Frau. Das Wasser um den vermeintlichen Kometen verdampft innerhalb von Sekunden und bildet sich schließlich zu einer riesigen Luftblase. Sofort hustet Liza wild und versucht zu Luft zu kommen. Erst als sie wieder zu sich gekommen ist, sieht sie nach vorn. Ihre Augen weiten sich vor Entsetzen und Überraschung, als sie dann den gewaltigen Löwen sieht, der aus Feuer zu bestehen scheint. Sein Körper hat keine feste Form. »Finger weg von meiner Herrin!«, knurrt der Feuerlöwe auch sofort die Schlange an. »Verzieh dich, Löwe!«, kontert sofort die Schlange gereizt. »Ich bin der Schutzgeist meiner Feuergebieterin. Deinem Befehl bin ich nicht verpflichtet zu folgen«, fällt seine Antwort klar und deutlich aus. Da staunt Liza aber: Sie kann es gar nicht fassen. Das Sternzeichen Löwe ist also der Schutzgeist der Klinge Seinaru. Der Kopf des Löwen dreht sich zu ihr um und er blickt die Menschenfrau an. »Dein Kampfeswille hat mich wieder erweckt. Dafür bin ich dir sehr dankbar.« »Aber …?«, will sie ihm eine Frage stellen, doch seine Antwort kommt schon vorher. »Nenn mich trotzdem weiter Leon, wenn du magst.« Erst da begreift sie, dass es der kleine Löwe ist, den sie vor dem Schaf gerettet hat. Er nickt ihr stumm, aber lächelnd entgegen, während er sich ein weiteres Mal an die Schlange wendet. »Ich bin das Sternzeichen Löwe, Anführer der zwölf Tierkreiszeichen vom Festland hinter dem Meer und ich bin vom Feuer auserkoren worden, das heilige Schwert mit der unreinen Klinge zu beschützen, sowie den einzigen Feuerableger.« Nach seinen Worten geht er in Angriffsstellung und knurrt das weibliche Tier an. »Für mich sind die Drachengeschwister meine Herrscher und nur auf sie werde ich hören. Solltest du dich mir also in den Weg stellen, werde ich dich töten!«, antwortet der Kaltblüter und rast auf den Gegner zu, doch schon allein sein Umkreis tut ihr weh, denn die Hitze, die der Löwe ausstrahlt, schadet ihr. Wutentbrannt blickt sie dem Löwen entgegen. Hinter ihm kommt Liza hervor. »Nicht Leon. Das hier ist mein Kampf und ich will ihn gewinnen.« Sanft legt sie ihre Hand auf den Kopf des Löwen. »Das Ganze ist jetzt schon ein unfairer Kampf geworden. Ich hätte hier und jetzt sterben sollen. Nur mein eigener Wille muss das entscheiden.« Das Schutztier versteht die Beweggründe seiner Herrin, schüttelt dennoch den Kopf. »Nein. Du wirst deine Kräfte bald anderweitig gebrauchen.« Somit springt der Löwe ins Wasser auf die Schlange zu. Die Bewegung der Schlange ist für den Löwen so durchschaubar, wie Glas und er erwischt sie mit einem gezielten Biss. Ihr Kopf wird in seinem kraftvollen Kiefer einfach von ihrem Körper abgebissen. Es erschreckt Liza, wie stark und machtvoll der Löwe ist. Auch, wie schnell und vorausschauend er agiert hat. Das ist also ihr Schutzgeist? Jener Schutzgeist von dessen Stärke sie bereits durch ihren Vater gehört hat? Er blickt sie an, während die Luftblase um sie herum immer kleiner wird. »Ich gab freiwillig meine Freiheit für dich auf, Liza. Nehme weiter an diesem Turnier teil und wachse an den Herausforderungen des Lebens«, spricht er direkt zu ihr, bis schließlich die Luftblase vollends verschwunden ist und Liza im Wasser schwimmt. »Aber vor allem … enttäusche mich nicht«, lächelt er sie an, bevor er als rotes Licht wieder nach oben an die Wasseroberfläche verschwindet. Ebenfalls mit einem glücklichen Lächeln will auch Liza wieder nach oben schwimmen. Dabei schwimmt sie auch an dem abgebissenen Kopf des Sternenbildes vorbei. Die Schlange tut ihr leid, denn auch sie weiß, dass die Schlange keinen guten Ruf genießt und oft als Bestie mit gespaltener Zunge dargestellt. Schockierend für die Menschenfrau, bewegt sich plötzlich der Kopf und starrt sie voller Hass an. »Naives Kind! Auch der abgetrennte Kopf einer Schlange hat noch Gift in seinen Zähnen«, kommt es aggressiv vom kaltblütigem Wesen, das auch sofort angreift. Durch den schmerzhaften Biss an ihrer Hüfte ist Liza gezwungen ihre Luft, in einem Schrei unter Wasser, auszurufen. Erst jetzt verschwinden Körper und Kopf in einem Meer aus Sternen. Sofort spürt Liza das Gift sich in ihrem Körper ausbreiten und sieht das Blut im Wasser aus der Wunde herauslaufen. Zumindest hat sie nun die Gewissheit, dass sie wirklich Blut und keine Lava in ihrem Körper hat. Nun muss sie sich beeilen und schwimmt weiter an die Oberfläche. Durch das Gift wird jede Bewegung zur endlosen Qual. Die Schmerzen werden mit jeder Bewegung größer und das Blut bedeckt schon bald den kompletten See. Schon jetzt spürt sie, wie das Gift ihren Körper lähmt. Sie wird langsamer. Ihre Sicht verschwimmt immer mehr. Liza kann ihre Luft nicht mehr anhalten. Ihre Lungen füllen sich mit Wasser und durch das Gift der Schlange kann sie sich kaum mehr bewegen. Der Schmerz und der Blutverlust verursachen Schwindel in ihrem Kopf. Nur einen letzten Versuch unternimmt sie und versucht ihren Schutzgeist zu rufen, damit er sie retten kann, doch dazu fehlt ihr die Kraft und das Bewusstsein. Der Blick verschwimmt und auch die Schwärze nimmt überhand. Neben dem Licht an der Oberfläche sieht sie nur noch eine großgewachsene Erscheinung, bevor sie ohnmächtig wird. Kapitel 8: Der Daiyokai Tsukuyomaru ----------------------------------- Hätte Sesshomaru gewusst, dass Liza ihre Feuermagie nicht unter Wasser einsetzen kann, hätte er ihr niemals erlaubt zu dieser heißen Quelle zu gehen. Der Hundedämon hat die Anwesenheit der Schlange längst bemerkt und seine Schülerin für stark genug gehalten sie zu besiegen. Er bezweifelt es auch nicht, dass sie es geschafft hätte, aber sie wäre ohne die Hilfe des Löwen gestorben. Ob diese Einmischung für sie und ihn später Konsequenzen haben wird, ist ihm im Moment unklar. Sowie einiges Anderes. Während Sesshomaru mit ihr auf seinen Armen aus der verzerrten Welt der Schlange auftaucht, fragt er sich selbst, warum er ihr überhaupt noch hilft. Er könnte sich einfach einen anderen Schüler suchen mit dem er an diesem Turnier teilnimmt. Immerhin will er nach wie vor nur das Schwert Seinaru, als Preis für sich. Die Entscheidung sie nicht einfach auszutauschen wird ihm durch die Erinnerung seiner vergangenen, versagten Schüler bewusst. Sie ist nicht seine erste Schülerin, aber die Erste mit der er sich auf seltsame Weise verbunden fühlt. Auch wenn sie sich sichtlich bei Jaken und ihm wohlzufühlen scheint, sieht er jeden Abend, nach Abschluss ihres gemeinsamen Trainings, die selbe Traurigkeit und Einsamkeit in ihren Augen, die auch er einst gefühlt hat. Ist es vielleicht das? Tauscht er sie deshalb nicht einfach aus? Weil sie so viele Gefühle hat, die ihm noch von früher bekannt sind? Weil es ihre Augen sind, die ihn an den Schmerz längst vergangener Tage erinnern? Weil sie es lieber vorzieht still zu leiden, als mit ihm darüber zu reden? Das Gift in ihrem Körper breitet sich schnell aus und würde sie bald töten. Sesshomaru weiß warum er für Menschen nie eine sonderlich große Sympathie gehegt hat. Sie sind schwach und zerbrechlich. Er kennt nur wenige Dämonen, denen dieses Gift so zusetzen würde, wie es bei ihr der Fall ist. Die blutende Wunde an ihrer Hüfte zeigt ihm mehr als deutlich wo das Gift seinen Ursprung hat. Sesshomaru legt sie ans Ufer und neigt sich nun mit seinem Kopf zu ihrer Wunde an der Hüfte. Mit seiner Zunge leckt er das Blut weg und stellt fest, dass es immer wieder neu nachblutet. Der Hundedämon fackelt nicht lange und taucht seine Zunge rücksichtslos in ihre Wunde. Sofort reagiert der Körper der Menschenfrau und zuckt kurz auf. Sesshomaru muss zugeben, dass er ihren Mut tatsächlich bewundert. Kaum ein Mitstreiter in diesem Turnier hätte sich einem Kampf gestellt, wenn er gewusst hätte, dass er an jenem Ort seine Kräfte nicht entfalten kann. Kein Mensch hätte ihm die eigene Meinung an den Kopf geknallt, weil jeder gedacht hat, er würde sie töten. In den meisten Fällen tut er dies auch einfach. Menschen sind ihm lästig. Sie sind wie schmutzige Blutegel, die sich an einen festsaugen können und nie wieder loslassen. Dennoch weckte diese Frau Gefühle in ihm. Zuneigung. Bewunderung. Beschützerinstinkt. Aber vor allem Faszination. Lizas Augen faszinieren ihn. Nie zuvor haben ihn blaue Augen so sehr imponiert, wie ihre. Sie sind magisch, anziehend, ja fast schon hypnotisierend. Sie stehen in einem kompletten Widerspruch zu ihrer Fähigkeit. Ihre Stärke ist außergewöhnlich. Erst Recht für einen Menschen. Außer den Assassinen hat es keinen Menschen gegeben, der ihn so in Atem halten kann. Es ist schon fast seine eigene brennende Neugier, die ihn wissen lassen will, ob sie ihn besiegen könnte. Der Umgang und die enge Bindung ihres Elements zu ihr ist extrem auffällig. Nie hat er eine Sekunde bemerkt, an der sie an der Treue des Feuers gezweifelt hat. Fast so, als wäre es für sie … ein Freund. Ein Freund, auf den sie immer zählen kann. Feuerableger, wie sie, sind noch nie gesehen worden und ihm ist natürlich bekannt weshalb. Noch scheint Liza nichts davon zu wissen, weshalb es außer ihr keinen weiteren Feuerableger gibt. Er zieht es vor dabei zu belassen. Das Feuer ist eines der machtvollsten Elemente und hat dennoch sehr viele Schwächen. Wasser. Erde. Wind. Donner. Gestein. Und noch einige mehr. Trotzdem kann Liza einige dieser Schwächen bereits umgehen. Wie zum Beispiel den Tiger, Herrscher des Donners und des Blitzes. Sie besiegte ihn, in dem sie sich die Hitze der Elektrizität zunutze gemacht hat. Im Wasser hat sie sich dagegen überhaupt nicht behaupten können. Da nun das körperliche Training abgeschlossen ist, wird er wohl daran feilen müssen, mit ihr sämtliche Schwächen ihres Elementes zu umgehen. Nur so kann er sich den Überraschungseffekt weiter aufrecht erhalten. Sein Speichel breitet sich in ihrem Körper aus und hilft bereits schon jetzt die Blutung zu stoppen. Da Sesshomaru selbst komplett immun gegen alle Gifte dieser Welt ist, besitzt sein Speichel heilende Pigmente. Er neigt sich noch etwas tiefer hinab und schließt seine Lippen um ihre Wunde. So kann er seine Zunge komplett in der Wunde versinken lassen. Ihr Blut lockt ihn. Es riecht köstlich und weckt die innere Hundebestie in ihm. Seine animalischen Instinkte lassen ihn fast verrückt nach ihr werden. Sie wollen Liza. Nur für sich. In jeder Hinsicht. Ihre Atmung stabilisiert sich. Mit seinen empfindlichen Ohren kann er vernehmen, wie ihr Herz wieder regelmäßiger und kraftvoller schlägt. Das Blut rauscht schneller in ihren Adern, was Sesshomaru beruhigt. Es beruhigt ihn zu wissen seine begabteste Schülerin nicht verlieren zu müssen. Gleichzeitig schießt ihm die Frage durch den Kopf wer ihr Vater gewesen ist. Liza hat erwähnt das ihr Vater sein Leben hergegeben hat, um ein Fire Splinter zu werden. Vieles stört ihn daran allerdings. Elemente sind keine vererbbaren Fähigkeiten. Sie würden auch nie das Leben ihres Ablegers verlangen. Davon hätten sie ja auch nichts. Sie belügt ihn auch nicht. Das hätte er sofort durchschaut. Also muss sie selbst von Anfang mit einer Lüge aufgezogen worden sein. Etwas an dieser Geschichte ist faul und er würde noch heraus finden, was es ist. Ebenso ihre unnatürliche Stärke und ihre Fähigkeiten, die sie in ihrem Rang als Feuerkönigin noch gar nicht haben dürfte. Allein die Tatsache Hitze aus Blitzen herausziehen zu können, entspricht dem Können einer Legende. Wer ist also ihr Vater gewesen und wie hat er es geschafft, ihr solche Sachen beizubringen? Über welche Stärke hat er wohl verfügt, wenn sie es schon tut? Gerne hätte Sesshomaru einen Kampf gegen ihn vollzogen. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er vermuten, ihr Vater ist ein Daiyokai gewesen. Liza ist ein reiner Mensch. Ihre Mutter genauso. Also kann ihr Vater kein Dämon gewesen sein. Insofern Dämonen in ihrer Epoche komplett ausgestorben sind. Diese Tatsache entsetzt ihn. In nur fünfhundert Jahren sollen also alle Dämonen durch Menschenhand erlegt worden sein? Unbegreiflich für die Gedanken des stolzen Hundedämonenfürsten. Seine Gedankengänge und Überlegungen nehmen ein jähes Ende, als er ein schmerzerfülltes Stöhnen seiner Schülerin vernimmt. Entgegen aller Erwartungen spricht sie ihn allerdings nicht an. Sie schweigt und starrt lediglich zum klaren Nachthimmel hinauf. Etwas bedrückt sie und lässt sie nachdenken. Doch worüber? Sesshomaru kümmert sich darum nicht und vollendet stattdessen lieber die Heilung der ersten Bisswunde. Danach versenkt er seine Zunge in die zweite Bisswunde, die er ebenso mit seinen Lippen umschließt. Wieder zuckt ihr Körper durch das gewaltsame Eindringen kurz auf. »Danke«, unterbricht schließlich Liza die Stille mit diesem einfachen Wort. Kurz blickt er mit seinen goldenen Augen zu ihr, schließt sie allerdings bald wieder. Sie weiß also, dass er sie gerettet hat, was ihn nicht weiter wundert. Seine Art sie zu heilen, schließt ebenfalls das "Danke" mit ein. Ihre nächste Aussage wundert ihn hingegen schon. »Verzeih mir.« Sesshomaru bezieht diese Aussage auf ihre Schwäche im Wasser hin und löst sich für einen kurzen Moment von ihrer Wunde. »Wir werden das trainieren.« Sie schüttelt ihrem Kopf. Zum ersten Mal sieht er in ihren stechend blauen Augen dieses Funkeln. Dieses Funkeln, als würde sie jede Sekunde weinen. Der zaghafte salzige Geruch unterstreicht es nur. »Nein. Das meine ich nicht.« Jetzt klingt auch noch das Beben ihrer Stimme deutlich heraus. Sesshomaru beschließt die Behandlung abzubrechen und setzt sich ihr Gegenüber hin. Als Lehrer betrachtet er es als Pflicht ihr zuzuhören, denn wenn sie, bedingt durch ihr menschliches Blut, sich leicht von ihren Problemen ablenken lässt, die sie für sich unter Verschluss hält, kann sie das den Sieg kosten. Ja, es kann sogar sein, dass das Feuer ihr nicht mehr gehorcht. Also sieht er sich gezwungen ihr zuzuhören, um sie gegebenenfalls aufzubauen. »Ich war ein Kind, dabei wollte ich immer erwachsen sein«, weint Liza dann einfach haltlos, während sie sich die Hände vor ihr Gesicht hält. »Ich bin geflohen, um stärker zu werden. Stärker wozu? In meiner Epoche gibt es keine Gefahren, die meine Fähigkeiten verlangen! Ich habe das Gefühl noch schwächer geworden zu sein, als jemals zuvor.« Es beschämt sie. Nicht mal das Weinen, aber ihre Taten in der Vergangenheit. »Ich habe immer nur von mir gesprochen. Du hast Recht, Sesshomaru. Wir Menschen sind Egoisten. Selbst ich. Ich bin nichts Besseres! Einen so tollen Lehrer wie dich habe ich gar nicht verdient. Ich hätte lieber sterben sollen!« So plötzlich und unerwartet, wie ein Orkan spürt die Menschenfrau, wie ihr Kopf gepackt wird und ihr Gesicht nun ganz nah an Sesshomarus ist. Mit seiner Hand an ihrem Hinterkopf, hält er sanft ihre Stirn nahe an Seine gedrückt. Ihre tränengefluteten Augen weit aufgerissen, sieht sie die ernsten und entschlossenen Augen ihres Lehrers. »Stärke zu wollen ist vieles, aber kein Fehler«, spricht er streng, bevor sein Ton zur Sänfte umschlägt. »Stärke erlangt man im Geist und im Körper. Du kannst lernen körperlich so stark zu werden, dass du jedem Gegner trotzen kannst.« »Sowie du?«, unterbricht sie ihn für einen kurzen Moment. Er nickt. »Und du kannst lernen so stark zu werden, dass du dich deinen eigenen inneren Dämonen zur Wehr setzen kannst. Das ist selbstverständlich um ein vielfaches schwerer.« Ihre Stirn an seiner gelehnt, fragt sie ihn zögerlich: »Sprichst du … aus … Erfahrung?« Sesshomaru nickt kaum merklich. »Es ist schwer sich der Einsamkeit und dieser inneren Leere bewusst zu werden. Man versucht alles - einfach alles - um Anschluss zu finden.« Da ist es! Dieser wehmütige Ton in seiner Stimme, der genauso gut hätte ihrer sein können. Mit seinen Händen umschließt er nun ihre Wangen und hält ihr Gesicht noch näher an seins gedrückt. Plötzlich erstrahlt ein helles Licht von seiner Stirn und überträgt sich auf ihren Körper. Kälte durchflutet ihren Körper. Kälte, die sie zum ersten Mal in ihrem Leben spürt. Etwas drückt auf sie ein, wie eine schwarze, dichte Regenwolke. Dann sieht sie etwas. Bilder. Ein kleines Kind, das Sesshomaru sehr ähnlich sieht, steht voller Angst und Panik vor einem toten, blutüberströmten Körper. Seine Hände voll mit dem Blut vom Opfer. Um ihn herum ist alles voller Menschen und auch anderer Dämonen. »Du bist ein Monster«, kann Liza von einem Mann schimpfen hören. »Verschwinde aus unserem Dorf!«, raunt ein Anderer aggressiv. »Nein bitte! Ich schwöre, ich wollte das nicht!«, hört die Schwarzhaarige den Kleinen verzweifelt sagen. »Wir wollen dich hier nicht mehr sehen. Verschwinde! Bevor du unser gesamtes Dorf verschluckst!«, schreit ihm eine Frau ins Gesicht. Erst jetzt bemerkt Liza den gewaltigen Erdriss, der sich wie eine Schlange durch das Dorf windet. Die ersten Leute beginnen Steine auf ihn zu werfen, sodass der kleine Junge weinend davon rennt. In Liza steigen erneut die Tränen auf. Aus Mitleid für ihren heutigen Lehrer. Das muss furchtbar gewesen zu sein, so von allen anderen ausgestoßen zu sein. Ihre Gedanken haben schnell erfasst, dass er damals wohl für einen kurzen Moment die Kontrolle über sein Element verloren haben muss. Bei Kindern ist das nicht unüblich, auch sie hat als Kind das Feuer nicht immer unter Verschluss halten können, weshalb nicht nur einige Gegenstände, sondern auch manchmal Häuser abgebrannt worden sind. Bei ihm muss es ein so starkes Beben gewesen sein, dass sich die Erde aufgerissen hat und so fast ein ganzes Dorf verschluckt hat und sogar ein Leben gefordert hat. Als Elementsablegerin kann sie sein Verhalten verstehen. Es kann so beängstigend sein, wenn man die Kraft seines Elements in so jungen Jahren erlebt. Eine weitere Szene, vermutlich nur kurz nach diesem Ereignis, zeigt ihr, wie er weinend auf einem Steg sitzt, bis sich ein erwachsener Mann zu ihm gesellt. Optisch fast ein Ebenbild zu Sesshomaru. Liza vermutet, dass dies sein Vater ist. »Mein Sohn …« »Geh weg!«, blockt der kleine Junge sofort die Worte seines Vaters ab. Genau dieser setzt sich hinter seinen Sohn und nimmt ihn wortlos in seine Arme. So klein, wie der Hundedämon damals gewesen ist, wendet er sich sofort um und klammert sich an die Brust seines Vaters, der ihn tröstend über Rücken und Kopf streichelt. »Bin ich«, schluchzt der kleine, »wirklich ein Monster?« »Nein, das bist du wirklich nicht. Du bist ein Hundedämon der westlichen Ländereien. Sei stolz drauf«, baut der Vater mit sanfter Stimme seinen Sohn auf. »Aber die Erde …« »Lass dir nichts einreden, mein Sohn. Du bist gerade dadurch etwas Besonderes. Die Erde ist kalkulierend, treu und vor allem sehr vorausschauend. Das sie dich auserwählt hat, um ihr Herrscher zu sein, ist etwas ganz Spezielles.« »Aber ich will das nicht!«, weint der Sohn seinem Vater zu. Diese Aussage ruft in Liza so viele Erinnerungen wach. Auch sie hat die Gabe und den Segen des Feuers erst nicht gewollt. Sie hat ein normales Mädchen sein wollen, wie alle anderen. Sie hat keine mögliche Retterin sein wollen. Liza hat einfach nur mit anderen Kindern spielen wollen. So muss es Sesshomaru auch ergangen sein. Die Parallelen, die sie zueinander haben, verblüfft sie, lässt sie aber auch den Schmerz so intensiv mitfühlen, als wäre es ihr eigener. Sie beide haben nur ihre Väter gehabt. »Ich weiß, mein Sohn. Aber wenn du lernst, die Erde zu kontrollieren, wirst auch du merken, wer zu dir gehört und wo du hingehörst.« Genau jene Worte hat auch einst ihr Vater zu ihr gesagt. Am Abschluss dieser Vision sieht sie, wie auch Sesshomarus Vater seine Stirn gegen die seines Sohnes legt und ihm sanft über den Hinterkopf streichelt. Wieder in der Realität angekommen, bemerkt sie, dass sie sich nun in einer ähnlichen Position befindet. Auf seinem Schoß sitzend, während sie ihre Beine um seine Hüften geschlungen hat, hält er sie beschützend in seinen Armen. Mit geschlossenen Augen lehnt er immer noch seine Stirn gegen ihre, sowie sie selbst ihre Augen geschlossen hält. In diesem Moment, wo beide nichts weiter, als die unendliche Stille umgibt, fühlt sie sich so, als würde ihre Seele beginnen, sich im Einklang mit der Natur zu bewegen. Die Menschenfrau wird ruhiger, ihre Tränen versiegen allmählich und in den unendlichen Weiten seiner Körperwärme verschwindet auch die Kälte in ihrem Körper und weicht wieder dieser gewohnten Wärme. »Das war der Tag, an dem ich meine Gefühle hergab«, vernimmt Liza dann auf einmal die Worte Sesshomarus und öffnet ihre Augen. Seine bernsteinfarbenen Augen schauen in ihre Blauen. »Aber nicht, weil sie dir lästig waren. Sondern weil du diesen Schmerz nicht mehr fühlen wolltest«, schlussfolgert die Menschenfrau. Der Hundedämon nickt kaum merklich. »Das du mit diesem inneren Schmerz lebst, bedauere und bewundere ich zugleich. Einsamkeit ist das schlimmste Gefühl das ich je kennen gelernt habe.« Nun ist es Liza, die ihre Hände an seine Wangen legt. »Weil ich nicht mehr alleine bin.« Ihre zarten Finger gleiten weiter, bis sie ihn in dieser vertrauten Pose umarmt. »Und du auch nicht. Wir sind jetzt gemeinsam allein.« Ein weiteres Mal kehrt Stille zwischen Lehrer und Schüler ein, während sie sich mit funkelnden Augen anschauen. Nichts will sie auf dieser Welt mehr, als ihm ihren ersten Kuss zu schenken. Dabei ist es ihr egal, wie ernst seine Worte auf dem Marktplatz gewesen sind. Ob sie überhaupt ernst gemeint gewesen sind. Er darf ihn haben, sowie er sie haben darf. Lieber würde Liza alles ihm schenken, als jemand anderen. Sie bewundert ihn aufs Höchste. Er ist jemand zu dem sie aufschauen kann und jener Stern, der ihr von heute an den Weg weisen soll. Ohne das er sie auffordern muss, neigt sie ihren Kopf nur ein klein wenig zur Seite und öffnet etwas ihre Lippen. In seinen Augen sieht sie das selbe sehnsuchtsvolle Funkeln, wie es sich in ihren Augen befinden muss. Er entzieht sich ihr nicht, obwohl ihre Absicht mehr als deutlich für ihn ist. Bald wäre es soweit. Sein heißer Atem streift bereits ihren Mund. Durch ihren gesamten Körper fährt ein Schauer, der sich in ihrem Bauch zu einem aufregenden Kribbeln versammelt, doch statt seiner Lippen, berühren ihre Lippen einen pelzigen, langen, roten Schwanz. Was zum Geier …!, fragt sie sich selbst, bis sie in das Gesicht des kleinen Löwen sieht. »Leon?«, fragt sie laut das rote Tier zwischen ihrem und Sesshomarus Schoß. »Ihr zwei werdet mir zu unanständig. Das passt mir nicht«, schmollt das kleine Tier mit einer Kinderstimme. Zum ersten Mal hat er gesprochen. Ob es an seinen wiedererwachten Kräften liegt? »Oh nein, was bist du süß, wenn du als Babylöwe zu mir sprichst«, schwärmt die Schwarzhaarige mit funkelnden Augen und drückt den Löwen an ihre Brust. »Hey, was …! Lass mich los!«, quiekt der Löwe auf, genießt es aber offensichtlich von ihr so betätschelt zu werden. Dieser Moment endet schnell, als sie bestimmend auf den Boden gedrückt wird, ihre Arme neben ihrem Gesicht von Sesshomaru auf die Erde gedrückt. Erschrocken blickt sie zu ihm hinauf, während der Löwe fluchtartig bei Seite springt. »Ich werde dir den Rest des Giftes aus deinem Körper entfernen.« Kühl blickt er auf den kleinen Löwen. »Und dann werde ich den Flammenschlüssel mit dem Hoffnungsträger verbinden.« Knurrend blickt Leon den Hundedämon mit aufgestreutem Fell an. Liza nickt nur überrascht an, bis die ihr nächste unliebsame Störung dazu kommt. »Verzeiht mir Meister, aber ich habe kein Moos für das Nachtlager finden können«, dringt es erst noch bedauernd aus dem Mund des Kappa-Dämons, ehe seine grüne Gesichtsfarbe sich schlagartig weiß färbt, als er seinen Meister noch immer in dieser engen Vertrauten Pose mit Liza erblickt. Ihre Beine noch immer um seine Hüfte geschlungen, liegt sie noch immer vollkommen nackt unter ihm. »A-A-A-A-A-A-A-A-Aber …«, stottert er kreidebleich, bis er sich endlich wieder gesammelt hat. »Was fällt dir ein, du rotzfreches Menschenweib! Meinen Meister mit solch billigen Tricks verführen zu wollen! Unerhört ist das!« Wahrscheinlich hätte er noch ewig so weiter gemacht, wenn Leon sich nicht eingemischt hätte. Nachdem er sich einfach auf Jaken geworfen hat, klärt er den meckernden Kröterich auf. Lachend schaut die Menschenfrau den beiden Winzlingen dabei zu, wie sie um die Position des vermeintlich Stärkeren kämpfen. Die verschwindende Wärme von Sesshomarus Körper und das gewaltsame Eindringen seiner Zunge in ihrer Wunde, machen sie wieder darauf aufmerksam, welch ungeheuerlich bedeutsamer Moment ihr dadurch kaputt gemacht wurde. Nichts, aber auch gar nichts hätte ihr in diesem Augenblick Trost spenden können. ~~~*~~~ Mittlerweile ist seit dem Gespräch wieder eine Woche vergangen. Diese ganze Geschichte stimmt sie nachdenklich. Haben denn etwa auch die Eltern der Elementsableger Probleme mit ihren Kindern? Ihr Vater hat früher nie einen Eindruck auf sie geweckt, als hätte er Schwierigkeiten mit ihr gehabt. Ihre Mutter allerdings auch nicht und trotzdem hat sie am Tag ihres Aufbruchs mit anhören müssen, wie sie die Jugendliche loswerden will. Auf ein Internat. Wahrscheinlich auch nur für Mädchen. Ihre Gedanken betrüben sich seit jenem Abend immer mehr und lassen sie schon längst ihren, sonst so stolz erhobenen, Kopf nicht mehr hoch tragen. Als Ableger selbst ist das Leben schon schwer, doch wie schwer ist es dann für die Eltern? Sie müssen sich immer mit den Geschehnissen ihrer Kinder auseinander setzen. Auch wenn sie es nicht mehr wollen. Sie müssen immer versuchen zu verstehen warum passiert, was passiert. Auch wenn sie es nie verstehen werden. Sie müssen immer wieder ihre Liebe zum Kind beweisen und für es einstehen. Auch wenn sie es vielleicht aufgegeben haben. Sie müssen sich immer wieder mit anderen Auseinandersetzen. Auch wenn sie eigentlich keine Kraft mehr haben. »Meister Sesshomaru«, spricht sie ihn dann plötzlich an und erhebt endlich wieder ihren Kopf. Auch wenn keine nennenswerte Reaktion von ihm kommt, stellt sie ihm ihre Frage. »Haben alle Ableger diese Probleme, wie wir?« Jaken weiß nicht um was es geht, aber er ist sich sicher, dass es eine Sache zwischen den beiden ist. Solange es nicht zu intim wird, würde er die Bindung akzeptieren. »Nicht alle, aber die meisten«, dringt die kurze Antwort aus seinem Mund. »Kennt Ihr welche, die nicht solche Probleme haben?«, fragt Liza neugierig. »Ja.« »Meint Ihr, es ist möglich ihn oder sie hier in diesem Turnier anzutreffen?« »Schon möglich, wenn er einen Lehrer gefunden hat, der ihn freiwillig unterrichtet.« Zumindest weiß Liza jetzt, dass es sich um einen anderen Mann handeln muss. Gerade als sie Sesshomaru noch eine Frage stellen will, nehmen ihre Sinne Gefahr wahr. Sofort springt sie zur Seite und sieht eine Metallstange. »Metall?«, fragt sie sich verwundert. »Aber, aber Kenshin. Bleib ruhig«, vernimmt sie nur kurz darauf eine höfliche und sanfte Stimme. Auf der anderen Seite des Flusses, dem sie nun schon einige Zeit lang folgen, sieht sie zwei junge Männer. Der eine wirkt wie Sesshomaru sehr erhaben; hat eine dunklere Hautfarbe und silbergraues Haar das zu einem eleganten, aber schlichten Zopf gebunden ist. Seine Augen sind violett und blicken direkt Sesshomaru an. Selbst sein erst schlicht wirkender dunkelgrüner Umhang, mitsamt des dunkelroten, ja fast schon braun wirkenden Kimonos, verrät, dass er alles andere als Arm ist. Ebenso seine enganschmiegende Rüstung und die weißen Handschuhe. »Mit Euch hätte ich gar nicht hier im Turnier gerechnet, Lord Tsukuyomaru«, begrüßt Sesshomaru ihn kühl und blickt ebenfalls dem höheren Herren direkt entgegen. Eine Überraschung ist sein Auftauchen dennoch nicht, denn schon seit einigen Tagen hat er dessen vertrauten Geruch wahr genommen. »Genau das gleiche wollte ich über Euch sagen, Lord Sesshomaru. Dennoch ist es schön mal einen Verbündeten hier anzutreffen«, zeigt sich der Gegenüber weiterhin freundlich. Das lässt Liza sich sofort zu Jaken hinabbeugen und ihn flüsternd fragen. »Wieso nennen sie sich gegenseitig Lord?« Blankes Entsetzen zeigt sich auf Jakens Gesicht, als er Liza sagt: »Sag bloß du dummes Menschenweib weißt nicht, dass unser Meister Sesshomaru ein Daiyokai ist!?« Ihr genervter Blick sagt ihm alles. Die junge Frau hat sich so gut an diese Zeit angepasst, dass ihm glatt entfallen ist, dass sie ja eigentlich aus einer vollkommen anderen Epoche stammt. Trotzdem schockiert es ihn, dass sein Meister wohl in fünfhundert Jahren nicht bekannt ist. Also atmet er einmal aus und erklärt es ihr. »Meister Sesshomaru ist nicht nur der Elementsherrscher über die Erde, sondern der Daiyokai des Westens. Das bedeutet, alles was ab da hinten beginnt«, Jaken zeigt Liza mit einer simplen Bewegung des Stabes den Bereich am Horizont, »gehört ihm und ist seiner Herrschaft unterlegen.« Da staunt die Schwarzhaarige nicht schlecht. »Also sowas wie ein König.« Das würde für sie auch einiges erklären. Warum zum Beispiel diese Ausstrahlung eines Herrschers stets präsent ist. »Mehr als ein König. Ein Daiyokai sorgt für das harmonische Zusammenleben aller anderen Himmelsrichtungen, sodass es ein ausgeglichenes Miteinander unserer Welt gibt.« Unauffällig zeigt Jaken zu Tsukuyomaru auf der anderen Seite. »Und das dort ist Lord Tsukuyomaru. Der Herrscher des Südens und ebenfalls ein Daiyokai. Wie du dir vielleicht schon denken kannst, ist er der Auserwählte des Windes und, ebenfalls wie Meister Sesshomaru, ein Ranghöchster.« »Aaahhh~«, kommt es nur erstaunt von Liza. Dann fällt ihr Blick auf den zweiten Mann. Er wirkt auf sie, wie man in ihrer Zeit sagen würde, wie ein Hardcore-Rocker. Langes, schwarzes und ungezügeltes Haar und ein irrer Blick aus seinen stahlgrauen Augen. Allein an seiner Nase hat er acht Piercings. Das es sowas zu dieser Zeit schon gibt, überrascht Liza einmal mehr. Allein sein gesamtes Auftreten macht auf sie einen rebellischen Eindruck. »Und wer ist das?«, fragt sie Jaken. Die folgende Antwort fällt kürzer und unschöner aus, als es ihr lieb ist. »Das weiß ich nicht. Ich kenne solch unbedeutsame Dämonenjünglinge nicht.« »Hey! Das war aber nicht sehr höflich!«, brüllt der Unbekannte mit seiner rauen Stimme herüber und startet einen Angriff auf Jaken. Sein Arm verwandelt sich erneut zu blankem Metall und verlängert sich, bis er Jaken damit treffen würde. Schließlich ist es Liza, die sich Jaken schnappt und vor dem, für ihn, tödlichen Schlag rettet. »Alles in Ordnung, Jaken?«, fragt Liza ihn besorgt. »Hää? Hast du was gesagt … Weib?«, fragt der Metallkrieger eindeutig provozierend, noch bevor der Kappa-Dämon antworten kann. Mit einem herausfordernden Lächeln steht sie auf und blickt den metallenen Dämonenmann an. »Oh ja. Ich habe mich gefragt ob du schon mal nachgedacht hast.« »Über was denn, Püppchen?«, verwandelt sich das Grinsen in ein überraschtes Gesicht. »Oh, entschuldige. Ich wusste nicht, dass ich dich gleich einschränke«, zeigt sich Liza nach wie vor konterbereit. Wutschnaubend antwortet der Mann: »Ich finde deinen Sarkasmus zum Kotzen!« Einmal mehr grinst Liza kämpferisch. »Soll ich dir die Haare halten?« Es ist schließlich Sesshomaru, der sie daran hindert sich weiter vom Teilnehmer provozieren zu lassen. »Wie ich sehe habt Ihr einen sehr angriffslustigen Teilnehmer gefunden, Lord Tsukuyomaru.« Tsukuyomaru lächelt sanftmütig. »Und du hast eine sehr wortgewandte Begleiterin gefunden.« Diese unerwartet charmante Aussage lässt Liza für einen Moment kurz rot werden, doch das weicht schnell dem Schock, als Tsukuyomaru plötzlich vor ihr steht. »Ich habe noch nie so schöne Augen gesehen. So klar und blau, wie das Meer meiner Heimat.« »Hey Meister … Ich will gegen sie kämpfen! Das Püppchen mach ich schneller fertig, als den Affen!«, brüllt der Rebell. »Kenshin. Wir wissen nicht mal, ob sie Teilnehmer sind.« Der Daiyokai des Südens nimmt sich provokant, aber sanft ihre linke Hand auf der deutlich sichtbar der Anfang des Sternenbildes Drache zu sehen ist. Für nur wenigen Sekunden wühlt die Überraschung über ihr Element seine innere Ruhe auf. Feuer?, schießt es ihm durch den Kopf. Der Schreck lässt allerdings schnell nach, als ihm das vertraue Handeln seines Verbündeten, gerne mal für eine Überraschung gut zu sein, bewusst wird. Trotzdem schenkt er ihr einen höflichen Handkuss und fragt sie zärtlich: »Seid ihr es?« Liza ist dieser Mann nicht ganz geheuer. Auf der einen Seite genau jene präsente, starke Herrscheraura, wie die ihres Lehrers und andererseits dieser zärtliche Umgang mit ihr, als wäre sie zerbrechliches Glas. Ist er als Dämon den Menschen etwa zugeneigt? Seine violettfarbenen Augen umfangen sie, als würden sie ihre Seele mit einem weichen Tuch umwickeln. Seine Aura umschmeichelt ihrer. Bei Sesshomaru ist es von Anfang eine Selbstverständlichkeit gewesen. Seine Stärke hat sich über ihre gelegt, wie die längst abgefallenen Blätter der Bäume auf der Erde. Völlig unerwartet drängt sich Sesshomaru zwischen die mittlerweile rot gewordene Liza und Tsukuyomaru. »Ja, wir sind Teilnehmer, wie es Euch das Symbol unlängst verraten haben wird.« Für einen Moment wirkt es auf die Menschenfrau so, als ist Sesshomaru eifersüchtig. »Ich würde Eurem Schüler raten den Mund nicht zu voll zu nehmen. Hinter jedem Gegner kann der Tod stehen.« »Ihr meint, so wie es in diesem Turnier gefordert wird«, kontert Tsukuyomaru nur entspannt. Auch wenn es sich die beiden nicht anmerken lassen, so kann Liza spüren, dass die Stimmung ziemlich alles andere als locker ist. »Kenshin konnte bereits Kuh, Pferd, Affe und ein paar Teilnehmer aus dem Turnier schlagen«, scheint Tsukuyomaru dann doch etwas in dieser angespannten Stimmung anzugeben. Doch Sesshomaru geht darauf wie immer nicht ein und unterlässt es mit ihren besiegten Gegnern zu prahlen. »Von mir aus«, antwortet er schlicht, bevor er Liza anschaut. »Ich denke so ein Kampf wird auch für dich eine neue Erfahrung sein.« Sie versteht seine Andeutung und nickt. »In Ordnung, Meister Sesshomaru.« Danach stehen sich Liza und Kenshin gegenüber. Ihre Lehrer stehen als Schiedsrichter bereit. Noch ahnt ihr Gegner nicht welches Element Liza in sich trägt, doch das soll auch so sein. Immerhin hat Sesshomaru schließlich gemeint, dass er diesen Überraschungseffekt gern auf ihrer Seite hätte. Sie weiß nicht, wie selten das Feuer hier sein muss, aber offenbar ist es wie eine Art Triumph. »Ähem«, räuspert sich Jaken, eher er den offiziellen Kampf eröffnet. »Es treten an: Kenshin, der Schüler von Meister Tsukuyomaru und Liza: die Schülerin von Meister Sesshomaru. Es gilt erst dann als gewonnen, wenn der Gegner Tod ist oder freiwillig aufgibt.« Kenshin hüpft breit grinsend auf seinen Beinen, wie ein Kickboxer, locker herum, während Liza schlicht mit verschränkten Armen ganz ruhig da steht. Ihre tödlichen Blicke kreuzen einander. »Mach dich bereit zu sterben, Püppchen!«, provoziert er sie. »Wie lebt es sich eigentlich so ohne Charakter?«, antwortet Liza frech. Darüber leckt er sich nur die Zunge über seine weiß gebleckten, spitzen Zähne. »Kehe … Ich mag deinen Stil, Puppe.« Jaken schluckt ängstlich, als er die Anspannung zwischen den Schülern spürt, zählt aber trotzdem runter. »A-Also auf Drei geht es los. Eins!« Die Daiyokai blicken sich untereinander ernst an. »Zwei!« Liza geht in Kampfstellung, lässt noch einmal ihre rechte Schulter kreisen. »Und Drei!« Sofort greift Kenshin an, erwischt jedoch nichts weiter als heiße Luft, da sie ihm schneller ausweicht. Hinter ihm stehend, will sie ihm gleich einen Schlag verpassen, doch da trifft sie nur auf einen Stahlrücken. Breit grinsend blickt er über seine Schulter zu ihr. »Habe ich es nicht erwähnt? Ich bin eine Metalllegende.« »Was?«, schießt es aus ihrem Mund, doch da kriegt sie den vollen Schlag seiner eisernen Faust in die Magengegend. Der Schmerz, der durch ihren Körper schießt, lässt sie glauben, dass alle Organe hinter ihrem Rücken rausfliegen, die Knochen inklusive. Sie knallt gegen einen Baum, der unter der Wucht zerbricht. »Das tut mir leid für Eure Schülerin«, spricht Tsukuyomaru mitleidig. »Kenshin war wohl etwas zu übereifrig.« »Es ist noch zu früh für ein Urteil über diesen Kampf. Findet Ihr nicht?«, kontert Sesshomaru nur, bis er ihn schließlich anschaut. »Immerhin hat der Kampf gerade begonnen.« Der aufgewirbelte Staub der Erde lichtet sich und zum Vorschein kommt ein gewaltiger Ball aus schwarzen Haaren, der augenblicklich verschwindet. Damit hat sich Liza abgefangen. Trotzdem sitzt der Schmerz über diesen einen Schlag tief. Wie stark Kenshin sein muss, ist Liza nun klar geworden. Dennoch muss er eine Schwäche haben und diese Schwäche muss sie heraus finden. »Kehe … Netter Trick, Püppchen!«, hört sie seine Stimme neben sich. Ihre blauen Augen sehen, dass er auch bereits wieder zuschlagen will und weicht dem aus, in dem sie schnell ihre Hände auf seinen Arm stemmt und sich selbst so hoch zieht. Er ist schnell!, schießt es ihr durch den Kopf, aber auch die Tatsache das er eine enorme Verteidigung und Angriffsstärke hat, ist ihr nicht entgangen. Dieses Mal fällt ihr nicht sofort eine Lösung auf das Problem ein. Ich muss genauso hart werden, wie er. Doch wie soll sie das nur anstellen? Ihr Element ist nicht dafür ausgelegt hart zu werden. Viel mehr kann das Feuer so weich werden, dass Schläge einfach hindurch gehen würden. Das ruft in Liza eine Idee hervor. Noch bevor sie dazu kommt sie umzusetzen, kassiert die Menschenfrau wieder einen Schlag von der stahlharten Faust - dieses Mal ins Gesicht. Die Schwarzhaarige knallt direkt in die zusammenbrechende Erde. »Dein loses Mundwerk funktioniert besser, Schätzchen«, grinst der Metallmann. So langsam platzt ihr die Hutschnur und Liza springt aus dem Erdloch. Vielleicht kann sie ihn nicht direkt angreifen, aber sie kann ihn mit der Umgebung schaden. So tritt sie auf die Stelle des Bodens, wo er steht. Natürlich weicht er aus und springt zur Seite. Das nutzt Liza aus und sie greift sich das Bein des anderen Schülers. Der ist stark verwundert, als es nun er ist, der gegen das umliegende Gestein der Felsen knallt. Liza weiß, dass es das noch nicht gewesen ist, wie es die herauswachsende Metallstange zeigt. Sie greift die Stange mit ihren Armen und schleudert ihren Gegner in die Luft. Übermütig nutzt Kenshin das sofort aus und lässt sich mit geballter Metallfaust auf sie hinab fallen, doch sie kontert dagegen, in dem sie mit ernstem Gesicht ihre Faust gegen seine presst. Die Menschenfrau hört das Knacken ihrer Knochen in Hand und Arm. Bitte Feuer! Hilf mir gegen diesen Gegner zu bestehen. Mach das meine menschlichen Knochen sich seinen Angriffen entgegen stellen können, bittet sie ihr geliebtes Element um Hilfe und spricht damit seine heilenden Fähigkeiten an. Sie spürt tatsächlich, wie ihre Knochen im Arm zu Flammen werden und grinst voller Siegessicherheit den Mann aus Metall an. »Wie bitte? Deine Knochen hätten zerschmettert sein müssen!«, keucht er seinen Schock aus. »Mein Meister ist Sesshomaru!«, kontert sie entschlossen. Auch ihr ist nicht unentdeckt geblieben, dass er für viele Überraschungen – gerade im Kampf – gut ist. Ebenso sie. Die Menschenfrau holt mit ihrer zweiten Faust aus und verpasst Kenshin einen weiteren heftigen Schlag. Ihr ist natürlich aus ihrer Moderne die Stärke von Feuer auf Metall bekannt. Ab einem bestimmten Grad würde auch Metall einfach schmelzen. Bedingt durch Eigenexperimente in ihrer Zeit, weiß sie auch, dass sie durchaus in der Lage ist, diese Wärme zu produzieren. Genau deswegen lässt sie ihre geballte Faust so heiß werden, dass die Hitze so stark ausstrahlt, dass das Metall im Gesicht anfängt aufzuweichen, noch bevor sie überhaupt zuschlägt. Der Schlag selbst dringt so hart ins Metall, dass ein gewaltiger Riss im Gesicht entsteht. »Du …«, knurrt der Dämon auf, ehe er sich einen direkten Schlagabtausch mit ihr leistet. Jeden seiner Schläge pariert sie. Jeden Tritt kontert diese Menschenfrau. Die ohnehin ungeduldige Metalllegende lässt ein unheilvolles Licht um sich herum aufleuchten. Sein Körper wird zu blankem Metall, ehe er seinen Arm zu einer Klinge formt an dessen Rändern unendlich viele Zacken sind. Sofort beginnen sie sich zu bewegen, so dass es sie an eine Kreissäge erinnert. Sie weicht seinem Angriff aus. Was anderes bleibt ihr eh nicht übrig. Hilfesuchend blickt sie zu ihrem Lehrer und erhofft sich die Erlaubnis, ihr Element benutzen zu dürfen. Er nickt. »Jetzt zerteile ich dich in zwei Hälften, Püppchen!« Schneller als ihr lieb ist, spürt Liza jenen Arm an ihrer Seite, der sich mühelos durch sie durchsägt und den Körper somit in zwei Hälften teilt. Haltlos fallen die Körperhälften einfach zu Boden - mitten in die Trümmer des zuvor eingestürzten Baumes. »Wie mir scheint hat Eure Schülerin gegen meinen Schüler verloren«, vernimmt Sesshomaru die Worte von Tsukuyomaru neben sich. »Vermutlich«, antwortet er kurz. »Aber darauf wäre ich nicht stolz. Sie ist eine Königin.« »Was denn? So ein niedriger Rang? Ich hätte gedacht, Ihr würdet Euch auch einen Ranghöheren nehmen. Kenshin war bereits ein Drache, als ich ihn traf«, gibt sich Tsukuyomaru überrascht. »Gehorcht Euch eigentlich immer noch der Wind, Lord Tsukuyomaru?«, fragt Sesshomaru nur provokant. Überrascht weiten sich die Augen des Daiyokai des Südens für einen Augenblick, ehe er lächelnd antwortet: »Nicht mehr ganz. Ich spüre, er hat sich einen neuen Ableger Favoriten ausgesucht.« »Wisst Ihr, ob er hier teilnimmt?«, fragt Sesshomaru dann das erste Mal wirklich interessiert. »Soweit ich weiß, ja. Mir soll es Recht sein. Als Daiyokai der südlichen Ländereien, stolzer Fürst der Fledermausdämonen und Wächter des Bannkreises wäre es mir irgendwann etwas zu viel geworden auch noch ein Windherrscher zu bleiben«, witzelt Tsukuyomaru ein wenig. »Ihr Windkinder scheint keine Probleme zu kennen«, kontert Sesshomaru nur scharf. »Komm Jaken. Wir gehen. Wie es den Anschein macht, haben wir verloren«, befehlt er dann üblich kühl. »Schade. Ich habe noch nicht mal gesehen, wie gut ihr Umgang mit ihrem Element ist«, gibt sich der Daiyokai des Südens traurig. »Hehe. Ich habe gewonnen!«, grölt Kenshin voller Freude. Unschlüssig schaut Jaken zwischen dem zusammen gekrachten Baum und seinem Meister hin und her, bevor der Krötendämon dann doch die ersten Schritte geht. »Wartet!«, können alle anwesenden Dämonen plötzlich die Stimme der einzigen Frau schwach vernehmen. »Noch bin ich nicht besiegt.« Liza steht wieder, aber sie ist eher wacklig auf den Beinen. Gerade so können die anwesenden Dämonen noch die letzten Zusammenführungen der beiden Körperhälften sehen. Diese Fähigkeit lässt den gegnerischen Männern die Gesichter entgleisen. »Auch wenn ich nur eine Königin bin, heißt das nicht, dass man mich unterschätzen sollte. Ich bin Liza Higurashi!«, schreit sie am Ende ihrem Gegner entgegen, ehe nun sie in den Angriff übergeht. Kenshin kann darüber nur lachen, denn er würde sie einfach wieder wegpusten. Seinen Arm wieder zu einer Metallsäge formend, holt er bereits aus. »Dummes Menschenweib!«, brüllt er ihr siegessicher entgegen und will sie erschlagen, doch alles, was er zu fassen kriegt, ist heiße Luft. »Was?!«, hört man seine Verwunderung darüber, noch während er mit eigenen Augen sehen kann, dass sein Metall durch ihren Körper geht. Kurz meint Kenshin, dass er einzelne Funken erkennen kann, aber das ist unmöglich. Das Feuer wurde schon vor Urzeiten aus dem Turnier verbannt und hat seit mindestens genauso langer Zeit keinen Ableger mehr auserwählt. »Träumst du?«, vernimmt der Dämon des Metalls plötzlich die Stimme der jungen Frau hinter sich. »Aber wie!?«, fragt er sich weiter verwundert und muss einen Schlag von ihr kassieren. Bedingt durch seinen harten Körper vernimmt er ihn jedoch kaum. Das gibt ihm sein übliches Gefühl von Selbstsicherheit wieder. »Ist ja auch egal wie. Ich mach dich jetzt platt, Weib!«, lächelt er siegessicher. Immer wieder schlägt er auf sie ein, folgt ihr blind, wie ein Hund. Ungeachtet dessen ist sein Meister Tsukuyomaru völlig schockiert. »Was ist los? Entgleisen Euch schon die Gesichtszüge?«, wecken die Worte Sesshomarus ihn auf. »Selbstheilung? Auf ihrem Rang?«, fragt der Daiyokai des Südens ohne auf die vorherige Frage einzugehen und legt somit die bekannten Formalitäten ab. »Wie du deutlich erkennen kannst, ist es so«, antwortet der Herrscher der westlichen Ländereien nur kühl. Nur langsam kommt Tsukuyomaru wieder zu sich. »Und dann als es ihr vorhin ermöglicht hat, ihren Körper zeitwillig unantastbar gemacht hat …«, erkennt er schier die möglichen Gefahren im Voraus. »Du weißt, wie gefährlich das Feuer noch werden kann, wenn es ihr schon solche Möglichkeiten gibt und du wirklich vor hast ihr beim Rangaufstieg zu helfen.« »Wenn man weiß wie, kann man das Feuer durchaus bändigen«, zeigt sich Sesshomaru trotzdem unbeeindruckt von der Warnung seines Freundes. Diese Antwort gibt Tsukuyomaru zu denken und er zögert erst, bevor er weiter spricht. »Du weißt um die Verbindung zwischen deinem und ihrem Element. Erde und Feuer hatten schon immer eine ganz besondere Beziehung.« »Sowie Wind und Wasser. Jedes Element hat seinen Favoriten. Das aber ausgerechnet du ein Element der dritten Generation mit ins Turnier einbeziehst hat mich ziemlich verwundert.« Das ruft auf Tsukuyomarus Gesicht zunächst selbst eine Überraschung wach, ehe er lächelt. »Wir werden uns anpassen müssen, Sesshomaru. Die Menschen hantieren immer öfters mit diesem Metall herum. Sie formen stärkere und festere Waffen, um uns zu vernichten. Sie schaffen es uns zu bändigen.« »Und genau das werde ich verhindern. Wenn es so weiter geht, werden wir bald als dumme Tiere enden. Jagdbeute oder Haustiere der Menschen.« Der Hass in Sesshomarus Stimme schwingt dabei so stark mit, als wäre man von einem Eisberg erschlagen worden. »Menschen sind für mich nichts mehr als Ballast und sobald das Tōunamento vorbei ist, werde ich mich wieder von ihnen abwenden.« Jaken schluckt. Wenn Liza das hört, würde ihr Hass auf Sesshomaru grenzenlos werden. Er weiß, dass sie es nicht ausstehen kann, wenn man mit ihren Gefühlen spielt und genau das tut er offenbar. Der Kappa-Dämon gibt es ungern zu, doch vor ihr hat er mittlerweile einen ebensolchen Respekt und manchmal auch Angst, wie vor seinem Meister selbst. Die Worte Tsukuyomarus überraschen den Krötendämon jedoch. »Und dennoch duldest du sie an deiner Seite.« Es sind kurze Worte, die genau ins Schwarze getroffen haben. »Ihr habt verloren«, antwortet Sesshomaru nur, während er nach wie vor zum Kampf sieht. Er hat es schon einmal gesehen, wie Liza dieses Zeichen geformt hat. Das Kenshin ihr allerdings so blind folgt, hätte er nicht gedacht. Es ist dasselbe Symbol, wie einst bei dem Sternenbild Skorpion. Sie wird also Hitzewelle anwenden. Nur in einem viel kleineren Ausmaß, als damals. Immer wieder schlägt Kenshin einfach ins Nichts. Immer wenn er meint, er hat sie jetzt erwischt, dann verfehlt er sie doch. Seine Angriffe gehen einfach durch sie durch. »Was zum Teufel hast du für ein Element?!«, schreit Kenshin Liza wütend an. Die jedoch grinst nur. »Mit dem Teufel bist du schon ganz nah dran!« Danach entfernt sie sich mit einem Rückwärtsrad von ihm und lässt ihre Hände in Flammen aufgehen. »Ich bin eine Feuerkönigin.« Das Feuer breitet sich immer weiter aus, bis ihr gesamter Körper davon umgeben ist. Es wird immer dichter und dichter, bis er nur noch die Konturen der Menschenfrau zu erkennen kann. Ihre stechend blauen Augen funkeln aus dem Flammenmeer heraus, als würde sie ihn damit töten können. Die junge Frau vor ihm lässt Kenshin plötzlich ein Gefühl durchleben, was er nie zuvor gekannt hat - Angst. »Nein, bitte ich … ich gebe freiwillig auf. I-Ich …«, stammelt er nur ängstlich, doch Kenshin wird von Liza selbst unterbrochen. »Jetzt ist es zu spät. Du bist in meine Falle getappt«, kontert sie erschreckend kühl. Erst jetzt bemerkt die Metalllegende, die rotglühenden Linien des Symbols, in dessen Mitte er steht. »Oh Gott nein! Ich muss hier weg!« Eben noch die verzweifelnden Worte ausgesprochen, kommen auch schon die Flammen aus dem Boden geschossen und umgeben ihn mit einer Hitze, die er nie zuvor gefühlt hat. Das Feuer schmilzt, binnen weniger Sekunden, seine metallene Verteidigung und verbrennt ohne weiteres seine schutzlose Haut. Schmerzen. Diese Schmerzen am ganzen Körper. Diese Frau ist kein Mensch. Sie ist ein Monster. Schlimmer noch als jeder Dämon. Diese Gedanken trägt er in sich, als er voller Furcht sieht, wie diese Flammengestalt auf ihn zugeht und ohne Zögern ihren Arm in seinen Bauch stößt. »Du bist … kein … Mensch«, dringt es qualvoll aus seinem Mund. Ihre Flammen der Hitzewelle versiegen langsam. Kenshin bricht zusammen und fällt achtlos zu Boden, als Liza ihren Arm wieder aus ihm herauszieht. Auch ihre Flammen um ihren Körper herum verschwinden. »Mein Lehrer ist Sesshomaru«, kontert sie deutlich gefühlsloser, als zuvor, ehe sie zu ihrem Meister blickt und sich wortlos von ihrem geschlagenen Gegner entfernt. Im Vergleich zum vorherigen Mal spielt sie nun seine Herzlosigkeit gegenüber Feinden an. Sesshomaru nickt ihr anerkennend zu. Tsukuyomaru ist sprachlos und entsetzt. Das ist doch nie und nimmer die Magie einer einfachen Königin gewesen!, schießt es ihm durch den Kopf. »Ich denke, du verstehst jetzt weshalb ich sie trotz menschlicher Abstammung und des niedrigen Ranges an meiner Seite dulde«, sind es schließlich Sesshomarus Worte, die er vernimmt. »Und wenn du erlaubst, dann werde ich mir meinen Preis einholen.« Tsukuyomaru nickt. Er würde ohnehin nicht weiter teilnehmen können. Sesshomaru geht gewohnt elegant zum Verlierer und vergräbt seine Hand ins schwarze wilde Haar des Dämonenjünglings, nachdem er sich vor ihm nieder gekniet hat. »N-Nein bitte ni…«, versucht er stotternd zu flehen, doch Sesshomaru kennt keine Gnade. Er bricht den Hals des Dämons so rabiat auf, dass das Knacken eher einem umfallenden Baum ähnelt und ihn somit tötet. Bis auf wenige Zentimeter nähert sich sein Gesicht nun der offenen Wunde und er saugt die Fähigkeit mit dem leicht geöffnetem Mund in sich auf. Das Metall würde fortan auch ihm gehören. Die Erde in ihm kann sich somit noch weiter entwickeln und wird noch stärker. »Ich muss sagen, ich bin sehr beeindruckt von deiner Schülerin. Ich habe selten ein so großes Talent gesehen, wie das von ihr«, kommen die lobenden Worte von Tsukuyomaru, während er zu Liza schaut, die weiter weg steht; ihre Arme vor der Brust verschränkt. »Und dann auch noch so ruhig und gehorsam. Du hast da wirklich ein absolutes Ausnahmetalent gefunden.« Nachdem Sesshomaru die Gabe des Metalls voll und ganz in sich aufgenommen hat, wendet er sich wieder dem Daiyokai des Südens zu. »Ich würde eher sagen, dass sie mich gefunden hat. Ich wollte sie erst gar nicht als meine Schülerin annehmen.« »Wie wäre es, wenn ich mich um sie kümmere, wenn du sie doch ohnehin nicht willst.« Dieser unerwartete Vorschlag seitens des Daiyokais des Südens lässt Jaken glatt alle Mimik vergessen und die Klappe zu Boden fallen. Erst Recht, als dieser sich ihr ein weiteres Mal nähert und sanft eine Hand an ihre Wange legt. Sofort öffnen sich ihre Augen vor Überraschung, ehe ein weiteres Mal sich ihre Wangen fast schon ungewollt rot färben. »Sie interessiert mich. Das Element des Feuers ist aus der ersten Generation etwas ganz besonderes. Es gehört nirgends dazu und passt doch überall hin. Ihre Stärke und ihre Fähigkeiten sind einzigartig. Selbst für einen Menschen.« Sesshomaru beobachtet Liza dabei, wie sie fast schon hilflos zu ihm schaut. Ein solcher Umgang ist ihr wohl alles andere als vertraut und das belustigt ihn fast schon innerlich. Der Hundedämon schließt selbst für einen kurzen Moment die Augen und lächelt kaum merklich. »Deine Sympathie der menschlichen Rasse ist mir wohl bewusst und dein Angebot ist sicher gut gemeint, aber nein danke.« Ein weiteres Mal klappt Jaken stumm die Kinnlade herunter. »Sie hat etwas an sich, dass mich ebenfalls fasziniert.« Es ist etwas, was er ungern zugibt, doch er lügt nicht oder macht einen falschen Hehl draus. »Die Erde war schon immer vom Feuer fasziniert«, sind es die ersten Worte Tsukuyomarus nach längerem Schweigen, bevor er sich umdreht, um zu gehen. »Doch pass auf, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Noch einmal können wir so ein Drama zwischen Erde und Feuer nicht gebrauchen«, spricht Tsukuyomaru zuletzt, bevor er im Dickicht des Waldes verschwindet. Jaken ist verwirrt. Was Lord Tsukuyomaru wohl nur mit seinen zuletzt ausgesprochenen Worten meint? Während der Krötendämon beobachtet, wie Sesshomaru zum eingestürzten Baum geht, verschwindet Lizas Silhouette in einem sehr kurzen, aber umso deutlicheren Flammenmeer. »A-A-A-A-Aber Meister …«, stottert er nur. »Jaken, du wirst mir doch wohl nicht blind werden. Das war die ganze Zeit nur eine Täuschung ihrer selbst«, spricht der Silberhaarige gewohnt kühl, ehe er den geschundenen Körper seiner Schülerin wortlos aus den Überresten des Baumes herauszieht. Ja, er hat die Täuschung erkannt, die sie in jenem Moment noch anfertigen konnte, bevor Kenshin sie wirklich geteilt hätte. »Das war klug«, lobt Sesshomaru sie für ihre Täuschung mit dem Abbild, wenngleich wie immer sehr monoton. Liza lächelt schwach auf diese Worte. »Danke, Meister Sesshomaru.« Kapitel 9: Die Jungfrau ----------------------- Seit dem Zusammentreffen mit dem Daiyokai des Südens und dessen verstorbenen Schüler Kenshin sind eine weitere Woche und auch ein weiterer Monat in der Zeit der Sengoku-Ära vergangen. Mittlerweile ist viel mehr eingetreten, als nur der Winter. Ein neues Jahr ist schon angetreten und soweit es Liza in dieser Zeitepoche möglich ist, weiß sie das bereits Anfang Januar ist. Weihnachten, Silvester und Neujahr hat sie somit verpasst, ebenso einige andere wichtige Feste. Wenigstens kann sie sich aber an der Schönheit des Winters erfreuen. Die Schneeflocken fallen leise vom Himmel, die sich wie ein schönes weißes Kleid auf der Erde ausbreiten. Etwas, was sie in ihrer eigenen Zeitepoche von Jahr zu Jahr immer seltener sieht. Für eine Feuerablegerin, die sich eigentlich nur auf die Flammen ihres eigenen Elementes konzentrieren müsste, hat sie schon immer den Zauber jeder Jahreszeit auf der Erde geliebt und geschätzt. Jede Jahreszeit ruft dabei in ihr die unterschiedlichsten Gefühle wach. Im Frühling prägt sie die Sehnsucht. Im Sommer dringt Tatendrang heraus. Im Herbst wird sie oft sehr verspielt. Im Winter sehnt sie sich nach der Person zu der sie gehört. Der Menschenfrau wird selbst im tiefsten Winter nie kalt, denn das Feuer in ihrem Körper hält sie warm, sodass es ihr nichts ausmacht immer noch in ihren gewohnten roten, modernen Sachen herum zu laufen und sie in den eigentlich gefrorenen Gewässern zu waschen. Nur wenn es ums Baden geht, sehnt sie sich schon ab und zu nach einem heißen Bad, um ihrem Feuer selbst etwas Gutes zu tun. Sie hat in den letzten Monaten wirklich viel von ihrem geliebten Element verlangt und will ihm als Dank jetzt auch mal etwas zurück geben. Heißen Quellen begegnen sie zwar, doch unter der strengen Beobachtung ihres Lehrers, der sie seit dem Vorfall mit der Schlange nicht mehr aus den Augen lässt, kann sie es nicht wirklich genießen. Ihre Reise führt die kleine Gruppe über viele verschneite Dörfer und Städte hinweg. Die junge Feuerkönigin ist dabei nicht mehr auf ein neues Sternzeichen getroffen, sondern auf viele andere Schüler und dessen Lehrer. Es ist für sie eine interessante Erfahrung gewesen auch die anderen Elementsableger kennen zu lernen. Einige Lehrer haben es nicht mal gewagt ihre Schüler gegen sie kämpfen zu lassen, nachdem sie ihren Lehrer, Sesshomaru, gesehen haben. Seit dem sie auch weiß, dass ihr Lehrer ein sogenannter Daiyokai ist, wundert sie diese Tatsache nicht. Selbst Dämonen haben allerhöchsten Respekt, wenn nicht sogar Angst, vor den Fürsten der Ländereien. Lizas Neugier kommt mehr denn je hoch und sie würde gerne auch die anderen beiden Daiyokai kennen lernen. Durch Jaken weiß sie längst, dass Sesshomaru selbst dem Geschlecht stolzer Hundedämonen angehört und den Westen sein Eigen nennt. Lord Tsukuyomaru entspringt der Sippe weiser Fledermausdämonen, die eher im Süden heimisch sind. Sicher hat sie Jaken auch über die anderen Großdämonen gefragt und sie weiß nun um Hōsenki, dem Austern-Daiyokai. Er gebietet über den Osten. Zwischen all diesen männlichen Herrschern gibt es wohl nur eine einzige Frau. Der weibliche Daiyokai Tekkei, mitsamt Tochter Abi im Norden. Sie würde nur zu gerne diese Familie der Phönixdämonen kennen lernen. Allein weil sie das Element Feuer als ihr Eigen zu nennen. Der Stolz als Auserwählte dieses Elements gebietet es ihr mehr denn je, dieser arroganten Familie zu zeigen, was es bedeutet wirklich über das Feuer zu herrschen. Überhaupt überrascht es sie, dass wohl nur Tsukuyomaru und Sesshomaru Auserwählte der Elemente sind und die anderen beiden Daiyokai nicht. Tatsächlich sind sie aber auch keinem anderen Element der ersten Generation begegnet, wie es ihr Meister zumindest nennt. Sie muss zugeben, dass sie ihn bisher nicht über ihre Unwissenheit diesbezüglich aufgeklärt hat und nach mehr Wissen gefragt hat. Es ist keine Angst, die davon abhält, sondern Zweifel, ob er es ihr überhaupt sagen würde. Sie weiß er ist nicht gerade der redseligste Lehrer. Sie hat so viel in den letzten Monaten gelernt, dass es für sie kaum mehr vorstellbar ist das Liza im Sommer ihr Abenteuer unfreiwillig begonnen hat. Es überrascht sie auch, dass es die ersten größere Städte zu dieser Zeit gibt. Sie hat damit gerechnet, dass es in der Sengoku-Ära nur so etwas wie kleine Dörfer oder Dorfgemeinschaften gibt. Davon ungeachtet hat sie vor einiger Zeit ein Gerücht aufgeschnappt. In einer dieser Städte hat sie tatsächlich die Erzählung eines wunderschönen Stoffes vernommen, der über magische Kräfte verfügen soll. Über die Gabe der Wandlung und Täuschung ist die Rede gewesen. Genau das, was das Sirenengewand ausmacht. Sie möchte diesen Gerüchten gerne nachgehen, will Sesshomaru aufgrund einfacher Gerüchte jedoch nicht belästigen. Auf der anderen Seite wäre es für sie natürlich eine Möglichkeit wieder einen Alleingang zu haben. Sie muss einfach wieder für sich sein. Liza braucht einen freien Kopf und etwas Ruhe für sich, um all die Eindrücke der letzten Wochen und Monate endlich mal verarbeiten zu können. »Konzentriere dich!«, sind es die kühlen, aber strengen Worte von Sesshomaru, die sie wieder aus ihren Gedanken reißen. Tatsächlich ist die Schwarzhaarige so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie das Training vergessen hat. Ihre Arme sind im Wasser eines eigentlich zugefrorenen Flusses, den sie aber leicht mit ihrer Magie aufgetaut hat. Seit einiger Zeit muss sie lernen ihre Feuermagie auch unter Wasser einzusetzen, damit sich so ein Drama, wie damals bei der Schlange, nicht wiederholt. Sie wird auch ständig besser, aber Liza geht das alles viel zu langsam voran. Da war mir das körperliche Training echt viel lieber, denkt sie sich genervt. Nichts desto trotz konzentriert sie sich auf ihr inneres Feuer, wie es ihr Vater ihr einst beigebracht hat. Sie vermisst ihn und hat inzwischen so viele Fragen an ihn. Ihr fehlt ihre Mutter, in dessen sanften Armen sie jetzt gerne wäre. Ihre kleine Halbschwester Kagome mit der sie jetzt rumtollen würde. Selbst ihr verrückter Großvater hinterlässt mittlerweile ein Loch in ihrem Herzen. Wie gerne würde sie sogar jetzt, wo sie an Reife gewonnen hat, noch einmal das Gespräch mit Haru aufsuchen und ihm all das sagen, was ihr auf der Seele liegt. Sie möchte sich bei ihm entschuldigen. Ja, ihm sogar sagen, dass er Recht gehabt hat. Sie ist ein Kind gewesen. Seufzend zieht sie ihre Arme ohne Erlaubnis ihres Meisters aus dem Fluss und blickt traurig hinab. »Es tut mir leid, Meister Sesshomaru, aber heute habe ich keine Gedanken dafür«, gesteht sie traurig. Ehrlichkeit ist das, was sie an ihrer Lehrer-Schüler-Beziehung immer am meisten schätzt. »Woran denkst du?«, fragt er sie. »Viel zu viel«, fällt ihre Antwort knapp aus. Auch wenn sie sich immer alles sagen können, gibt es einige Dinge, die sie – gerade vor ihm – lieber geheim hält. Zum Beispiel all diese neuen Gefühle, die sie für ihn beginnt zu empfinden. Das zaghafte Aufglühen ihres Körpers unter seinen Händen. Das kaum merkliche Flackern ihres Herzens bei seinen Blicken. Das sanfte Knistern in ihrem Bauch, wenn er seine Stimme erhebt. Die leise, brennende Glut an ganz bestimmten Punkten, wenn seine goldenen Augen sie anschauen. Egal was es ist … Es ist alles völlig neu für sie. Einige Zeit des Schweigens tritt ein. »Möchtest du in die Menschenstadt?« Diese Frage überrascht Liza. »Ich denke, es wird Zeit, dass du dich etwas um dich selbst kümmerst. Nach all diesen Monaten, in denen du bei mir bist, kann ich riechen, dass du deine Periode bald bekommen wirst. Du solltest vorsorgen.« Wie ungeniert und vollkommen trocken er diese Tatsache anspricht, lässt ihr den Schock und gleichzeitig die Schamesröte ins Gesicht rasen. »Sag mal, hast du sie noch alle!«, brüllt sie ihn peinlich berührt an und stellt sich vor ihm auf. »Du kannst mir sowas doch nicht einfach ins Gesicht sagen. Du bist ein Mann, verdammt noch mal!« Davon abgesehen muss sie zugeben, dass sie selbst gar nicht gemerkt hat, dass sie keine Tage bekommen hat, aber es stimmt. Ob das der Stress und die körperlichen Hochleistungen gewesen sind? Liza hat in ihrer Zeit davon gelesen, dass das Gründe sein können, weshalb eine Frau ihre Tage Monatelang nicht bekommen kann, ohne zwangsläufig schwanger sein zu müssen. Tendenziell neigt die Schwarzhaarige dazu nie regelmäßig ihre Blutung zu kriegen. »Selbst wenn. Ich bezweifle, dass es solche Dinge hier gibt, wie zu meiner Zeit«, schmollt sie nach längerem Schweigen und verschränkt ihre Arme vor ihrer Brust. »Du kannst dir Leinen aus Baumwolle holen«, zeigt er sich nach wie vor unbeeindruckt und kühl. Liza versteht nicht viel von Geschichte, weil es nie ihr Lieblingsfach in der Schule gewesen ist, aber sie weiß, dass Baumwollleinen sehr teuer im Mittelalter sind. Unterhält sie sich überhaupt gerade mit einem Mann über die weibliche Menstruation? Wie absurd die ganze Situation einfach ist. Das Ganze wird noch abstruser, als ihr die Tatsache bewusst wird, dass er das auch noch riechen kann. Sie will gar nicht wissen, was dieser Hundedämon mit seiner empfindlichen Nase noch alles riechen kann. Diese Neugier dahingestellt, will sie das Thema schnell wechseln. Jaken ist gerade nicht da, da er die Zutaten für das Essen zusammensucht. »Darf ich noch eine weitere Erlaubnis einholen?«, fragt sie Sesshomaru. Diese Gelegenheit möchte sie einfach nutzen. Er blickt einfach stumm zu ihr hinab. »Ich weiß, es klingt seltsam, aber bei der letzten Stadt, an der wir vorbeizogen, habe ich ein Gerücht über einen wunderschönen Stoff mit magischen Fähigkeiten vernommen. Es klang ganz nach dem …« »Das Sirenengewand«, unterbricht Sesshomaru sie. »Du hast gut aufgepasst.« Schmollend blickt sie ihn an. Fast so, als will sie ihm damit sagen, ich bin ja auch kein Kind mehr. »Und du möchtest wieder in diese Stadt zurück, um den Gerüchten nachzugehen«, schlussfolgert er weiter. »Allein«, fügt Liza ernst und entschlossen hinzu. Mit seinen bernsteinfarbenen Augen blickt er sie kühl, fast schon tödlich an. Davon lässt sich eine Liza Higurashi allerdings nicht beeindrucken und sie stellt sich ihm mutig, mit erhobenem Haupt und stolzer Haltung gegenüber. Ihre blauen Augen fest entschlossen in seine Goldenen gerichtet. »Ich möchte mich dir beweisen können. Du weißt, du kannst mir vertrauen. Du willst das Schwert als Preis haben und das sollst du haben. Ich will dir nur helfen, sowie du mir hilfst.« Sesshomaru umfasst ihre Arme so fest, dass seine Krallen sich tief in ihr Fleisch vergraben. Liza zuckt nicht mal. Sie nimmt den Schmerz hin, während sie ihr eigenes warmes Blut ihre Arme hinablaufen spürt. In diesem Moment kommt auch Jaken wieder und sieht diese Szenerie. Für ihn sieht das Ganze viel zu vertraut aus - vertrauter als ihm lieb ist. Der blanke Schock steht ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich vertraue niemanden!«, knurrt Sesshomaru sie an. Das beruhigt Jaken wieder und er atmet erleichtert aus, ehe er sich auf den Weg zum Kessel macht. »Vertrauen setzt Gefühle voraus. Sympathie und Empathie. Und wie du dich erinnern kannst, empfinde ich rein gar nichts!« Seine Stimme bebt, doch Liza lächelt ihn nur an. »Doch, du empfindest etwas. Gerade jetzt. In diesem Moment.« Zum ersten Mal kann die Feuerkönigin für wenige Sekunden einen Hauch von Überraschung in seinem Gesicht lesen. »Du bist wütend.« Ja, Wut ist ein Gefühl, dass sie ihm eindeutig wieder zurück gebracht hat. Die Krallen des Dämons vergraben sich erst tiefer in ihre Arme, ehe er dann doch von ihr ablässt und, nach einem tiefen Ausatmen, seine gewohnte Fassade zurück erlangt. Sesshomaru wendet ihr den Rücken zu. »Dann geh. Ich werde dir geben, was du benötigst.« Dankbar verneigt sich Liza höflich, während Jaken nur verwundert drein schaut. Was ist da zwischen den beiden nur wieder passiert? »Ich werde mich morgen auf dem Weg machen, Meister Sesshomaru.« ~~~4 Tage später~~~ Liza ist wirklich froh, dass sie mal diese Auszeit von Sesshomaru hat. Dieses ganze Spiel von heiß und kalt, kann die sonst so taffe Menschenfrau kaum mehr ertragen. Mal scheint er ihre Nähe zu suchen und mal scheint er sich von ihr zu distanzieren. Manchmal fragt sie sich, was er eigentlich will. Ständig wechseln seine Signale. Sie muss einfach einen klaren Kopf kriegen. Da ist ihr dieser Alleingang nur gelegen gekommen. Liza weiß noch nicht einmal, was sie für ihn empfindet. Am Anfang sind es reine Faszination und tiefer Respekt gewesen. Seine Stärke hat sie von Anfang an beeindruckt. Nie hat sie irgendjemand besser verstanden, als er. Sesshomaru und sie haben eine ähnliche Vergangenheit, weshalb sie miteinander so gut auskommen können, wie es manche Paare nicht mal nach sieben Jahren können. Als Elementskrieger streben sie beide nach Perfektion in der Kunst ihrer Elemente. Als Lebewesen begehren sie Ort und jenen Partner, zu dem sie allein gehören. Selbst er als Dämon und sie als Mensch kämpfen stetig um die Führung des anderen – egal ob im Kampf oder in einer Diskussion. Wie sie es dreht und wendet, aber sie muss sich leider eingestehen, dass er in jeder Hinsicht zu ihr passt. So einen Mann wie ihn hat sie noch nie gesehen. Ein Mann, der sie allein mit seiner Präsenz förmlich einnimmt und in ein ständiges Bauchkribbeln versetzt. Seine bernsteinfarbenen Augen, so kühl sie auch sind, lassen ihren Körper wärmer werden und entfachen ein inneres Feuer in ihr, dass noch nicht einmal sie in dieser Form kennt. Der Wunsch seine Hände überall auf ihrem Körper zu spüren ist immer mehr in ihr hochgekrochen. Diese Umarmung an der Quelle, als sie nackt auf seinem Schoß gesessen hat und er sie letztlich zu Boden gedrückt hat, hat ihr Herz so schnell schlagen lassen, wie noch nie zuvor im Leben. Die Schwarzhaarige ist sich mittlerweile sogar ziemlich sicher, dass er das wilde Schlagen ihres Herzens in diesem Moment gehört haben muss. In den letzten Nächten hat sie sich oft gefragt, wie es wohl ausgegangen wäre, wenn Leon oder Jaken nicht gewesen wären. Diese Gedanken haben sie dabei so intensive, intime Dinge fühlen lassen, dass sie sich selbst begonnen hat zu erkunden, was sie nie zuvor getan hat. Ihr Körper eröffnet ihr neue Pforten zu denen sie nie vorher das Verlangen gehabt hat zu gelangen. Wie auch, ohne einen Mann von dem sie träumen kann? Dämonen sind unreine Wesen und verführen junge Mädchen wie dich. Wenn du nicht stets aufpasst, wirst du noch eine Liebessklavin, erinnert sie sich an die Worte ihres Großvaters, als sie sich interessenhalber einmal mit ihm über Dämonen unterhalten hat. Starke, prägende Auren. Ein anziehendes Erscheinungsbild. Außergewöhnliche Stärke und Schnelligkeit. Mächtige tierische Instinkte. Auch wenn ihr Lehrer sie nie in irgendeiner Form derartiges hat spüren lassen, sind dennoch all diese Gefühle in ihr hoch gekommen. Warum ist sie überhaupt so sehr von ihm fasziniert? Allein die Vorstellung so völlig nackt unter ihm zu liegen und sich ihm in allen Punkten völlig zu unterwerfen, während diese neuen Gefühle sie total überrennen, wärmt sie innerlich. Zum ersten Mal spürt sie, wie heiß und drängend das Feuer durch ihren Körper rauschen kann. Allgemein ist sich Liza mehr denn je bewusst geworden, wie sehr sie sich ihm untergeordnet hat. Untypisch für sie. Normaler Weise ist die Menschenfrau selbst ein sehr dominanter Charakter und hasst jegliche Form von Unterwerfung. Bei ihm ist das alles aber so schnell und selbstverständlich passiert, dass sie es noch nicht einmal registriert hat. Aber warum? Immer wieder schießt ihr nur diese eine kleine Frage durch den Kopf. Ob es vielleicht nicht mehr nur Faszination ist? Hat sie sich vielleicht sogar … verliebt? In ihn? Einen Dämon ohne Gefühle? »Aaaarrrrrrghhhhhhh! Das ist ja nicht zum Aushalten!«, brüllt sie dann verzweifelt und rauft sich die Haare. »All diese Gefühle und Fragen! Das hält doch kein Mensch aus!« Das hat zur Folge, dass die Menschen jener Stadt, in der sie gerade umher läuft, all ihre Blicke verwundert auf sie richten, was sie nur beschämt von diesem Ort wegrennen lässt. »Ich habe gewusst, dass dieser Dämon nicht gut für dich ist«, sind es die Worte vom kleinen Leon, der an ihrer Seite auf der Schulter hängt. Der Feuerlöwe ist seit Beginn ihres Alleingangs stetig an ihrer Seite. Liza hat ihren Wächter einfach gern an ihrer Seite haben wollen. Erst Recht seit dem seine wahre Macht erwacht ist. Auch wenn sie es ungern zugibt, aber sie will nicht mehr allein sein – sowie früher. Sesshomarus starke, einnehmende Aura ist für sie über die letzten Monate so selbstverständlich gewesen, das sie gar nicht gemerkt hat, wie süchtig sie nach all dieser Macht geworden ist. Allein zu sein, erscheint ihr heute mehr denn je ein Alptraum zu sein, den sie in ihrer Zeit durchleben muss, wenn sie jemals wieder zurück geht. Die endlosen Diskussionen über die Lieblingsmusik oder die neueste Mode erscheinen ihr heute noch sinnloser, als schon damals. »Mag sein. Dennoch kann ich meine Gefühle für ihn nicht einfach vergessen oder verdrängen«, antwortet sie. »Ich kann diesen Hund nicht ausstehen. Er macht dich unglücklich. Als dein Wächter kann ich diese Beziehung nicht gut heißen«, grummelt Leon mit seiner niedlichen Kinderstimme. »Und als mein Freund?«, fragt Liza dann nur lächelnd und krault ihn am Kinn, während sie weiter läuft. »Als dein Freund mag ich ihn noch weniger«, antwortet er trotz der Streicheleinheiten ernst, schnurrt dann aber genüsslich auf. »Aber ich weiß, dass er dir viel bedeutet und das hält mich davon ab ihn zu töten. Ich bin trotz allem ein Sternenbild, Liza und als solches verstehe ich nicht viel von Gefühlen. Ich bin dein Wächter. Meine Aufgabe ist es über dich und das Schwert zu wachen und dich von allem fernzuhalten, was dir schaden könnte. Sesshomaru gehört zu den Dingen, die dir schaden, doch ich bin gezwungen es zu tolerieren, weil er dich stärker macht.« Eine Zeit der Stille folgt zwischen den beiden, bis Liza dann wieder das Wort ergreift. »Leon?« »Mhmh?«, reagiert er, noch immer unter ihren Streicheleinheiten am Kinn, schnurrend. »Können Sternzeichen oder Dämonen überhaupt Gefühle empfinden?«, stellt sie ihm traurig ihre Frage. Für einen Moment scheint Leon zu überlegen. »In einem Punkt hat Sesshomaru Recht. Gefühle machen alles nur noch komplizierter«, entgegnet er ihr, ohne wirklich ihre Frage beantwortet zu haben. Diese Antwort hat Liza nicht hören wollen. »Vielleicht wäre es auch für mich am besten, wenn ich alle Gefühle hergebe.« Der Schmerz in ihrem Herzen ist selbst für sie allmählich nicht mehr auszuhalten. Der Schmerz über die Ungewissheit wozu sie eigentlich noch die Kräfte des Feuers braucht. Der Schmerz über das Wissen vielleicht nie wieder in ihre Zeit zurück kehren zu können. Der Schmerz über die Sehnsucht nach ihrer Familie. Der Schmerz über die Möglichkeit sich nie mit Haru auszusprechen. Der Schmerz darüber nie ihre Halbschwester aufwachsen sehen zu können. Der Schmerz über den Kummer niemals von Sesshomaru geliebt zu werden. Nur Schmerz. Mehr ist in ihrem Herzen nicht mehr übrig geblieben. Traurig lässt sie ihren Kopf sinken. Was bleibt denn schon noch in ihrer Welt aus Schmerz. Sondern weil du diesen Schmerz nicht mehr fühlen wolltest, erinnert sie sich selbst an jene Worte, die sie Sesshomaru noch vor einiger Zeit gesagt hat. Sie kann ihn mittlerweile verstehen. »Du besitzt die Gabe des Feuers. Deine Gefühle sind deine Stärke. Wut, Trauer, Glück. All diese und noch mehr. Sie verhelfen dir zu deiner Kraft«, führt Leon weiter. »Gefühle helfen dabei das Leben zu meistern. Ohne Gefühle ist man nicht mehr, als ein Geist - ein Geist auf der Suche nach dem, was einem fehlt. Das gilt für Dämonen und auch für uns Sternzeichen.« Das ganze Gespräch macht sie nachdenklicher, als sie möchte. Erst nach einigen Minuten kann sie auf seine Aussage antworten. »Weißt du … Bevor ich hierher kam, wollte ich einfach nur stärker werden. Ich wollte mein vererbtes Geschenk perfektionieren und meistern, damit niemand mehr Angst vor mir haben muss und ich mich selbst auch vor keinen Feinden fürchten muss. Also wollte ich von zuhause abhauen.« Zum ersten Mal kann Liza sich einfach alles von der Seele reden. Das ist es, was sie gebraucht hat. Einen Freund zum Reden. »Meine Mutter hat einen neuen Mann gefunden und ihn geheiratet. Mittlerweile haben sie sogar ein Kind. Meine kleine Schwester Kagome. Sie ist wirklich unheimlich süß.« »Aber dein Stiefvater akzeptiert dich nicht?«, äußert der Feuerlöwe seine Vermutung. »Doch. Doch das tut er, aber er hat … Angst«, widerspricht sie ihrem Freund. »Angst vor dir und deiner Fähigkeit.« Leon sieht ihr trauriges Nicken. Die blauen Augen der Menschenfrau werden von ihren Haaren bedeckt. Es tut so weh. Mein Herz … Es schmerzt so sehr, denkt sie sich voller Trauer, ehe sie antwortet. »Tja und dann kam ich durch den Krebs hierher und traf auf Sesshomaru. Er hat mich in den letzten Monaten so gut trainiert, dass ich mein Feuer nun genauso kontrollieren kann, wie ich es mir immer gewünscht habe, aber …« Der Wächter des Schwertes Seinaru unterbricht sie einfach. »Aber nun stellst du dir die Frage wozu.« Erneut nickt sie einfach nur stumm. »Gefühle, Fragen in dieser Art, ja selbst das innere Durcheinander, was dich gerade prägt … All das gehört zum Erwachsenwerden dazu, Liza. Man kann nur Erwachsen werden, wenn man sich den Herausforderungen des Lebens stellt. Deswegen ist es für dich, als künftige Feuerherrscherin, von extremer Wichtigkeit das du deine Gefühle behältst. Das Feuer würde sie auch nicht als Opfer annehmen. Es gibt nur eine Opfergabe die das Feuer von dir akzeptieren würde, aber welche das ist, musst du selbst herausfinden.« Gerade als Liza ihm antworten will, kann sie etwas spüren. »Spürst du das auch?«, fragt sie ihren Beschützer und Begleiter. »Das ist nicht gut. Das ist ein Sternzeichen das seine eigenen Energien nicht im Griff hat. Das kann gefährlich werden«, knurrt der Feuerlöwe, springt von der Schulter und verwandelt sich, inmitten eines Feuerstrudels, in seine vollendete Gestalt. »Dann müssen wir dahin!«, fordert die Feuerherrscherin und springt auf ihren Wächter. Ohne weiter zu fackeln, sprintet Leon dorthin. Die tiefe kehlige Männerstimme ist ein krasser Kontrast zu seiner sonstigen hellen Kinderstimme. »Ich kann mir denken, um welches Sternenbild es sich handelt.« »Und um welches?«, fragt Liza interessiert, die sich an der brennenden Mähne des Löwen festhält, während er rennt. »Die Jungfrau.« Lizas Gesicht ist verwirrt. Das Sternzeichen Jungfrau sagt ihr nichts, weil sie kein Bestandteil ihrer Interessen gewesen ist. »Ich vermute das wird ein Sternzeichen aus der westlichen Welt sein.« »Allerdings und sie zählt zu den stärkeren Sternzeichen.« Das nimmt Liza sehr ernst und lässt sie gleichzeitig Zweifeln, ob sie überhaupt stark genug für den Kampf ist. Das heißt aber nicht, dass sie sich von ihren Zweifeln überwältigen lassen will. Sie muss sich ihr stellen. Jetzt hat sie die Möglichkeit zu sehen, wie stark sie wirklich geworden ist. Für genau sowas hat sie schließlich trainiert. »Wenn ihre Kräfte so groß sind, ist es wichtig, dass wir sie aufhalten müssen«, dringt es aus ihrem Mund. Davon abgesehen müsste sie es eh tun, da die Jungfrau ein Bestandteil des Tōunamento ist. Leon nickt knurrend. »Gute Antwort.« Der Sprint dauert einige Minuten und sie befinden sich vor einem - wie Liza findet - seltsamen Gebäude. Es ist riesig und vor dem Gebäude befinden sich drei Frauen. Zwei davon sind edel eingekleidet. Ihre Haut ist weiß angemalt und überhaupt mit Make-up verschönert worden. Die Andere, die auch um einiges älter aussieht, trägt dagegen einen schlichten Kimono. Da fällt sie selbst mit ihrer modernen Gewandung extrem auf, doch das ist ihr, wie schon immer, vollkommen egal. »Was ist hier los?«, fragt sie die Frauen, nachdem sie vom Löwen abgesprungen ist, der sich einige Meter von den Frauen entfernt aufhält, da seine Hitze für normale Menschen tödlich ist. »Das Böse hat sich in unserer Okiya eingenistet. Sie verschlingt all unsere Kunden«, erzählt eine der, wie Liza nun durch den Hinweis weiß, Geishas. »Bist du wohl ruhig! Das ist eine Hexe! Rede nicht mit ihr, Sakura«, mischt sich die andere Geisha ein. Zweifelsohne die hübschere der beiden Geishas in diesem Haus. Die Schwarzhaarige erkennt sofort, dass in den tiefbraunen Augen dieser Frau nicht mehr, als reine Bosheit und Missgunst ist. Sie hasst einfach alles und jeden und verkörpert all das, was sie selbst in fast jedem Menschen sieht. Liza atmet einmal tief durch, bevor sie zu der Gleichgesinnten spricht. »Mag sein, dass ich eine Hexe bin, aber ich bin hier um zu helfen, ob es dir nun passt oder nicht.« »Was meint Ihr, Oyakata-sama?«, fragt die Jüngere der Frauen ihre Hausmutter. »Vielleicht hat diese Hexe ja dieses Ungeheuer in unser Haus geschickt, um hier rein zu kommen. Wir haben ziemlich wertvolle Schätze da drin«, ist es die einzige misstrauische Aussage der Schönsten. Liza nähert sich ihr stumm und blickt der gleichgroßen Frau standhaft in die braunen Augen. »Ohne respektlos zu wirken, aber was könnten mir edle Schminke und teure Kimonos schon bringen? Mich interessiert in diesem Dorf nur eines - das Sirenengewand«, zischt die, aus der Zukunft kommenden, junge Frau. Sofort ist das Gerede der drei Frauen riesig. Offenbar ist es sowas wie der Hausschatz. »Das können wir nicht zulassen, Oyakata-sama!«, schreit die hassgetriebene Frau. »Das ist unser Schatz! Er gehört unserem Haus!« »Halte dein vorlautes Mundwerk, Karan! Wir alle wissen, dass das Tōunamento längst läuft. Dieses Ungetüm wird eines der Sternenbilder sein. Gegner, die solche wie sie bezwingen müssen«, kommt es schroff von der Dame des Hauses, die sich dann grob das Kinn der unbekannten Frau packt und es näher an sich zieht. »Du hast wunderschöne blaue Augen. Fast so blau wie das Meer, aber das Wasser ist nicht dein Element.« »Es ist das Feuer«, gesteht sie einfach; als wäre es das selbstverständlichste von der Welt. »Nein! Das Feuer können wir in unserer Okiya nicht gebrauchen! Es wird uns niederbrennen! Diese Frau wird unser Verderben sein!«, kreischt Karan erneut. Erst nach einem sehr langen und intensiven Augenkontakt zwischen Liza und der deutlich Erfahreneren, spricht letztlich die Hausmutter. »Na schön. Nutze deine Kraft Elementskriegerin. Befreie uns von diesem unheilbringenden Dämon und das Gewand soll deins sein.« Nach einer respektvollen Verbeugung rennen Liza und der Feuerlöwe in die Okiya. Hastig sprinten die beiden durch die Okiya. Dabei fallen der Schwarzhaarigen all die Skelette auf. Der Kleidung nach zu urteilen muss es sich dabei um Männer gehandelt haben. »Leon, sind das …?«, fragt sie während des Rennens ihren Begleiter. »Ja. Die Jungfrau hat die Fähigkeit die Lebensenergie junger Männer und diverse Auffälligkeiten aus den Körper von Frauen zu stehlen und sie für sich zu gebrauchen. Dadurch wird sie mächtiger; macht sie aber auch gleichzeitig unkontrollierbar, weil es nicht ihre eigenen Energien sind«, klärt er sie auf. »Aber warum?« »Die Jungfrau hasst alle Männer. Sie frisst all jene Seelen auf, die verunreinigt sind, reinigt sie und lässt sie in ihrem Körper Höllenqualen durchleben. Alles nur, um selbst voller Stärke zu protzen«, beantwortet Leon knurrend die Frage seiner Herrin. Auch er ist einst ein Mann gewesen. Ein Herrscher aus alter Zeit. Und er war verliebt. In sie - die Jungfrau. Damals hat er geglaubt, dass er wirklich ihr Herz erobern kann, doch dann hat er ihr wahres Gesicht gesehen und ihre echte Erscheinung. Hinter der süßlich wirkenden Erscheinung versteckt sich das wohl schlimmste Monster, das ihm jemals über den Weg gelaufen ist. »Leon? Leon!«, wecken ihn die Worte seiner Schutzbefohlenen auf. Sie rennt an seiner Seite und blickt ihn besorgt an. »Was ist los mit dir?«, fragt sie ihn. Der Löwe bleibt stehen und sie ebenfalls. »Ich kann nicht weiter mit dir gehen. Das dort ist geheiligter Boden.« Liza blickt an sich runter und erkennt eine Grenze aus rosaleuchtenden Symbolen. »Nur Frauen - Jungfrauen, wie sie - können zu ihr.« Sie nickt und dreht ihm dann den Rücken zu. »Sobald ich wieder da bin, will ich deine Geschichte hören, Leon«, kommt es ernst von ihr. Gerade als sie ein paar Schritte gelaufen ist, kann sie hören, wie er noch einmal zu ihr sagt: »Lass dich nicht täuschen. Der Schein trügt immer.« Sie hält noch nicht einmal an. Selbst als sie weiter rennt, kann sie seine Worte gut hören, aber sie lässt sich nicht davon einschüchtern. Vielleicht hat dieses Sternzeichen genau das, was ihr Meister will. Ein Fragment des Schwertes. Zumindest haben es diese Geishas. Umsonst ist ihr Ausflug daher bisher nicht. Ihre blauen Augen erkennen die Veränderung des Flures. Zunächst wirkt es, als verzerrt sich alles. Es wird alles fleischig um sie herum, genauso, als wäre sie im Innern eines Körpers. Komm schon, Kleine. Ich erwarte dich bereits, kann sie plötzlich die verführerische Stimme einer Frau in ihrem Kopf wahrnehmen. Nun ist sie diejenige, die aufknurrt. Mein Name ist Liza - Liza Higurashi. Sie erhöht in ihrer Wut das Tempo und rennt schneller, bis sie vor einem tropfenden Eingang steht. Sei vorsichtig, Liza. Du stehst hier vor dem Heiligtum einer jeden Frau. Wenn du zu grob vorgehst, wirst du davon aufgefressen, lacht ihre Gegnerin in ihren Gedanken auf. Das ruft auf ihrem Gesicht nur ein sicheres Lächeln hervor. »Was für ein Glück das ich weiß, wie man da vorgehen muss«, spricht sie gerade noch, bevor sie vorsichtig durch den Eingang geht. Wirklich vorsichtig, betritt sie gebückt die tropfende Höhle an dessen Rändern spitze Zacken fast kaum sichtbar herausragen; Zähne wie sie vermutet. Die Worte ihrer Gegnerin sind also keine Übertreibung gewesen. Überhaupt findet sie es überraschend, dass sie selbst keinen großen Hehl daraus macht noch Unerfahren zu sein. In ihrer Zeit hat sie früh gelernt, dass das Hymen nicht so wichtig ist, wie man es hier im Mittelalter noch glaubt. Viel zu viele Gerüchte darüber haben sich in der Moderne verflüchtigt. Wahrscheinlich ist ihr auch deswegen immer egal gewesen, wo und wie sie es erleben würde. Solange es nur mit dem Richtigen geschieht. Äußerst vorsichtig muss sich die Schwarzhaarige gezwungen sehen, sich voran zu bewegen, bis sie endlich, nach mehreren Minuten das Ende erreicht hat. »Willkommen in meinem Reich«, wird Liza freundlich begrüßt. Der Raum gleicht einem Gruselkabinett. Überall Spinnenweben, Leichen, Skelette und sogar einige giftige Insekten, wie die Riesenhornisse. Für sie ist das wirklich Gruselige jedoch die gehörige Masse an Puppen. Puppen von Männern. Das müssen die Männer sein, die sie ausgesaugt hat. Wie ein Diamant thront die wunderschöne junge Frau, mit der einzigen scheinbar lebensgroßen Mädchenpuppe aus edlem Porzellan auf ihrem Schoß, auf einem blutüberströmten Podest. »Du bist also die Jungfrau, ja?«, fragt Liza sie ernst und verschränkt ihre Arme vor der Brust, während sie sich ihre Gegnerin genauer betrachtet. Die Jungfrau ist wirklich eine wunderschöne Frau. Ihr goldenes Haar fällt in sanften Wellen von ihren Schultern, während ihre blutroten Lippen sich deutlich von der restlichen hellen Haut abheben. Von einem unheimlich eleganten Stoff verhüllt, den Kleidern der Frauen aus der westlichen Welt ähnelnd, umschmeichelt das weiße Kleidungsstück ihre schlanke und zierliche Figur. Der durchsichtige rosafarbene Stoff am Ende der Ärmel fällt um ihre Arme, wie die Kirschblüten des Sakurabaumes. Es ist so, als wäre in ihrer Gegenwart ständig Frühling. Aufmerksam schauen die blutroten Augen des Sternzeichens auf die deutlich jüngere Frau. »Und du bist die Schülerin Sesshomarus?«, kontert die Jungfrau ruhig und streichelt sanft über den Kopf der Mädchenpuppe. »Du bist schon jetzt genauso arrogant wie er.« »Interessant, wie jeder weiß wer mein Lehrer ist«, antwortet Liza nur mit hochgezogener Augenbraue. »Scheint ja ein bunterer Hund zu sein, als ich dachte.« »Ist es nicht niederschmetternd für dich, von einem Mann trainiert zu werden?«, fragt die Jungfrau, welche die gruselige Puppe auf ihrem Schoß streichelt. »Er ist offensichtlich der Beste«, dringt es kurz aus Lizas Mund. »Ich könnte dich auch trainieren, wenn du willst. Ich habe deinen Zorn dem männlichen Geschlecht gegenüber immer bewundert, kleine Liza. Unser Denken ähnelt sich über diese niederen Kreaturen. Deswegen wäre ich gewillt bei dir eine Ausnahme zu machen. Von einem Sternzeichen trainiert zu werden ist ein ganz besonderes Privileg.« Die Schwarzhaarige beschließt locker im Raum herum zu laufen, in der Hoffnung irgendwie den Gegenstand zu finden. »Mag sein, aber es wäre gegen die Regeln des Tōunamento.« Auch wenn ihre Augen sich im Raum umschauen, achtet sie auf ihre Gegnerin, was das Ganze erschwert, denn wie sie es schon oft genug festgestellt hat, haben Sternzeichen keine Auren. »Meister Sesshomaru hat mich schon vieles gelehrt und mir geholfen mich selbst zu verbessern.« »Oh ja. Ganz sicher hat er das, aber er konnte dir nicht helfen deine Zweifel zu nehmen.« Die Aussage des Sternzeichens ist so überraschend, das Liza selbst in ihren Schritten innehält. »Oder? Ist es nicht so? All diese Macht, die du nun hast und dann kommst du nicht nach Hause, um die zu beschützen, die du liebst.« Die hübsche Frau erhebt sich von ihrem Sitz, setzt die Puppe vorsichtig auf den Podest und schwebt außerordentlich elegant zur Menschenfrau, nur um sie von hinten zu umarmen. »Und bei all der Macht, die er in dir geweckt hat, bist du trotzdem immer noch nur eine Königin und in dieser Zeitepoche festgefangen. Ich kann dich nach Hause bringen. In deine Zeit. Oder dir direkt den höchsten Rang schenken.« Liza ist wie regungslos. Keine Bewegung kommt von ihr. »So eine hübsche Frau - so voller Reinheit und Unschuld - gehört nicht hierher«, spricht die Jungfrau weiter sanft zu ihr, schmiegt sich sogar regelrecht an die Schwarzhaarige. »Bist du fertig?«, fragt Liza schließlich mit gereiztem Unterton. »Wie bitte?«, zeigt sich die Blonde überrascht. »Seit dem ich bei diesem Turnier mitmache, versucht jedes Sternzeichen mich von hier fortzuschaffen. Egal ob durch den Tod, durch Zweifel oder durch meine eigentliche Zeitepoche«, beginnt sie. »Langsam habe ich das Gefühl ihr wollt nicht, dass ich daran teilnehme, doch weißt du was? Es ist mir sowas von«, Liza stoppt für einen kurzen Moment, um das Feuer in sich aufsteigen zu lassen, »scheiß egal!«, brüllt sie schließlich. All das Feuer in ihr schießt hoch und umschließt nicht nur sie selbst, sondern auch die Jungfrau. Auch als diese sich von ihr löst, brennt das Sternzeichen weiter, bis es mit einem Luftdruck die Flammen um ihren Körper löscht. »Du«, knurrt die Jungfrau wütend. »Das wirst du mir büßen, Feuerhexe!« Ohne weitere Worte lässt Liza einfach nur ihre Schultern kreisen und geht in Angriffsstellung. »Dein Glück, dass ich dich fürs Erste nicht direkt angreifen will«, grinst das Sternenbild, ähnlich verspielt wie ein kleines Kind. Die Menschenfrau nimmt darauf keine Rücksicht und greift die Unsterbliche mit einer direkten Attacke an. Dem weicht die Jungfrau nur bemerkenswert elegant aus, bevor sich auf den wunderschönen Lippen ein Lächeln bildet. »Aber ich kenne jemanden, den ich an meiner statt vorschicken kann.« Verwundert hört die Sterbliche mit ihrem Angriff auf. Mit geweiteten Augen muss sie sehen, wie ein Fingerschnippen ausreicht, um ihren Wächter, den Feuerlöwen zu rufen. »Leon!«, keucht sie überrascht. »Verzeih mir!«, dringt es reumütig aus dem Mund des Feuertieres, ehe sich schon Sekunden später Fußfesseln um seine Pfoten legen, inklusive einem Halsband mit Leine, was die Jungfrau hält. »Hey! Genug gequatscht!«, pflaumt die Jungfrau den Löwen an. Mit einem kraftvollen Druck an der Leine rasen weiße Blitze auf den Löwen über, die ihm unerträgliche Schmerzen bereiten. Laut brüllend springt er vor Qualen hin und her. »Warte, ich helfe dir!«, kommt es entschlossen von ihr und sie blickt wütend auf die Jungfrau. »Dein Schicksal ist besiegelt, Sternzeichen!« Damit rennt sie auf ihre Gegnerin zu, springt aber von selbst wieder zur Seite, als sie aus dem Augenwinkel beobachtet, wie Leon Liza selbst angreift. »Aber was …?«, fragt sie sich total überrascht. Seine Augen sind wie leer. Keinerlei Pupillen oder Leben befindet sich darin. »Oh, hat er dir das nicht gesagt?«, neckt die Jungfrau. »Ich kann Männer kontrollieren. Ausnahmslos alle!« Liza lässt sich davon nicht beeindrucken und lächelt nur sicher. »Ausnahmslos alle? Es gibt garantiert einen Mann, den du nie kontrollieren wirst.« Danach versucht sie ein weiteres Mal ihre Gegnerin anzugreifen, aber auch jetzt stellt sich der Löwe wieder laut brüllend vor die Sternenfrau. Ein weiteres Mal sieht sich die Schwarzhaarige gezwungen ihren Angriff abzubrechen und zurück zu springen. »Ach ja, richtig. Somit wären wir wieder bei deinem Lehrer«, lächelt die Jungfrau, während sie ihren zweiten Arm ausstreckt und eine, mit Dornen übersäte, Peitsche herauf beschwört. »Ja, er wäre eine Herausforderung für mich.« Danach schlägt sie immer wieder zur Menschenfrau, die sich gezwungen sieht allen Angriffen auszuweichen. Jeder Angriff von Liza selbst auf die Jungfrau wird von ihrem Wächter und Beschützer, dem Feuerlöwen, gehindert. »Hunde sind so treu, wenn man sie einmal gezähmt hat. So herzlich. Anschmiegsam. Und vor allem so liebesbedürftig!« Mit jedem Wort steigert sich die blonde Schönheit immer mehr in ihren Abscheu gegenüber dem anderen Geschlecht, so dass es Liza deutlich schwerer fällt den Angriffen auszuweichen. »Und ehe du dich versiehst, wirst auch du nichts mehr von deinem Stolz besitzen, den du jetzt noch in dir trägst. Schon jetzt macht dich dieser dreckige Köter schwach und anfällig für die negativen Schwingungen zwischen Mann und Frau! Noch ein paar weitere Wochen und dann bist du nicht mehr wert, als jede Straßenhure!« Dieser Schlag hat gesessen und die dornenbesetzte Peitsche umschlingt das Bein der Feuerkönigin, die nur kurz darauf gegen die Decke geknallt wird. Der Schmerz ist deutlich in ihrem menschlichen Körper zu spüren. Zunächst nur im Rücken und in den Lungen, dann auch im Bauch und Brustkorb, als die Jungfrau die Schwarzhaarige sie mit voller Kraft gegen den Boden donnert. Der Feuerlöwe stemmt seine gewaltige Pfote auf ihren Kopf und fixiert sie. Etwas ist aber anders. Liza spürt nicht diese angenehme Hitze vom Körper des Löwen, die sie sonst bei ihm vernommen hat. Lass dich nicht täuschen. Der Scheint trügt immer, erinnert sie sich an die Warnung ihres Wächters und sie versteht allmählich, was hier vor sich geht. Es folgen schon recht bald die kraftvollen Schläge der Dornenpeitsche, die immer wieder den Rücken der Menschenfrau treffen. Den ersten Schmerzschrei hat sich Liza nicht unterdrücken können, dafür aber jeden weiteren. Ihr rotes Oberteil zerreißt und schon bald läuft das warme Blut über den brennenden Rücken auf den die Jungfrau immer wieder ihre Peitsche einschlagen lässt. »Letztlich ist er aber auch nur ein Mann! Ein Dämon noch dazu! Sie empfinden keine Gefühle! Du bist für ihn nur ein Spielzeug! Wenn du stirbst, tauscht er dich kompromisslos gegen jeden anderen Teilnehmer aus. Sesshomaru ist nicht der Mann, den du in ihm sehen willst. Er hasst dich, allein weil du ein Mensch bist! So ein kostbares Gut, wie der unberührte Körper einer Frau gehört weder in seine Hände, noch in die Hände eines jeden anderen Mannes!« Die Schwarzhaarige kneift sich ihre Augen zusammen, während sie nach wie vor Stumm den Schmerz der Peitschenhiebe auf ihrem Rücken erduldet. Ihr kommen die Worte bekannt vor. Dieser grenzenlose Hass auf die Männerwelt. Auch sie hat einst so empfunden, wie die Jungfrau. Männer sind primitiv. Männer sind gierig. Männer sind getrieben von mächtigen Urinstinkten. Männer wollen alle nur das Eine von einer Frau, egal ob sie es selbst will oder nicht. Mittlerweile ist ihr aber bewusst geworden, dass sie sich mehr denn je nach einem liebevollen Partner gesehnt hat, der sie einfach nur so akzeptiert, wie sie ist. Ganz ohne "Wenn" und "Aber". Sesshomaru tut es. Er hat ihr, trotz seines persönlichen Abscheu, nie einen Vorwurf daraus gemacht menschlicher Abstammung zu sein. Er hat sie trainiert, weil er ihr Potenzial erkannt hat. Er ist derjenige gewesen, der sie aufgebaut hat, wenn es ihr schlecht gegangen ist. Auch wenn es ihm vielleicht lästig oder widerwärtig gewesen ist. Sesshomaru allein hat sie bis zum heutigen Tag als Einziger verstanden und in ihr ein völlig neues Gefühlschaos geweckt. Nie hat sie sich mehr mit jemanden verstanden und sich so gut aufgehoben gefühlt, wie bei ihm. Sie sind einander gleich, obwohl ihre Leben unterschiedlicher nicht sein könnten. Liza spürt, wie die Pfote des Feuerlöwen weicht und sie stattdessen grob am Hinterkopf gepackt wird. Ihr Kopf wird gewaltsam nach oben gezogen und sie kann in die rotleuchtenden Augen der Jungfrau blicken. »Es gibt nur eine Sache, die du hast und auch ihn süchtig nach meinen Schoß machen würde«, spricht die Blondine nun deutlich ruhiger, sogar fast schon verführerisch. Ernst und entschlossen blickt Liza selbst unter ihren Schmerzen zur Unsterblichen. »Es sind deine Augen.« Nun deutlich sanfter fasst die Blondine das Kinn der Feuerfrau an. »So blau wie die Treue und so voller Emotionen. Selbst einen gefühlslosen Dämonen ziehen sie magisch an, weil sie so voller Gefühle sind. Ja, sie kochen förmlich über.« Genüsslich leckt die Jungfrau über die Wange ihrer Gegnerin. »Selbst deine neuen Empfindungen für das Unreine funkeln in ihnen. Da kann auch dein Meister sich mir nicht entziehen. Er ist eben auch nur ein Mann. Ein Dämon. Eine Bestie. Ein Monster.« Dieses Wort "Monster". Das löst in ihr jedes Mal eine unbändige Wut aus. Was gibt den Leuten das Recht andere so zu betiteln. Erst recht, wenn man sich noch nicht einmal persönlich kennt. »Monster, hm?«, kommt es verdächtig ruhig aus dem Mund Lizas, ehe sich ihr Körper in Flammen auflöst und sie verschwindet. Deutlich überrascht schaut sich die Blondine um, bis sie eine gewaltsam eindringende Hitze durch ihren Brustkorb spürt und nach unten blickt. Ein roter Lichtstrahl steckt in ihrem Körper und setzt sie langsam, Stück für Stück, in Brand. Mit ihrem Blick folgt sie der roten Linie, die sich wie ihre Dornenpeitsche, durch den Raum zurück zur Menschenfrau bewegt. Blanke Angst durchfährt die Blonde, als sie den wütenden, brennenden Blick zwischen den nachtschwarzen Haaren sieht. »Dann werde ich dir jetzt zeigen, was ein Monster ist.« Erneut lässt sie ihre Feuerpeitsche auf ihre Gegnerin niedersausen und stoppt auch ihren Angriff nicht, als sich der manipulierte Löwe dazwischen wirft. Nur Sekunden später verwindet er. »Also doch. Eine Illusion«, grinst die Schwarzhaarige. »Aber wie? Du müsstest dich vor Schmerzen nicht mal mehr halten können«, ist die Jungfrau deutlich schockiert. Die Menschenfrau dreht sich um und zieht ihre langen schwarze Haare beiseite. So kann das Sternenbild die sekundenschnelle Heilung durch den zerfetzten Stoff sehen. »Wie bitte!? Selbstheilung?«, kreischt die Blondine entsetzt. Liza wendet sich wieder um, während sie sich mit einem ernsten Blick innerlich bewusst wird, dass diese Heilung nur zeitweise ist. Dennoch fackelt Liza nicht lange und springt auf ihre Feindin zu. »Solange ich noch lebe und auch nur einen Funken Wärme in mir trage, regeneriert sich mein Körper«, gibt sie sich die Güte den Prozess zu erklären. Ihre Hand vor dem Gesicht haltend, leuchten die Fingernägel von Zeige- und Mittelfinger rot auf. »Und du bist auch nicht mehr, als eine blasse Täuschung«, richtet sie ihre Worte an die Schönheit, bevor sie mit einer gekonnten Handbewegung die Feuerpeitsche aus ihren Fingern dazu benutzt, um das Sternenbild zu köpfen. Dieses Mal ist es die Schwarzhaarige die elegant landet. »Gut gesprochen, Feuerhexe«, vernimmt Liza plötzlich eine viel jüngere Stimme. Fast so, als wäre das die Stimme eines Kindes. Sofort wendet sie sich um und sieht sogleich zur vermeintlichen Puppe aus teurem Porzellan, die sich nach und nach in ein echtes Mädchen verwandelt. Ihr schulterlanges blondes Haar wirkt moosüberzogen, wie verschmutztes Gold. Die makellose Haut ist mit Sommersprossen im ganzen Gesicht durchzogen und rotleuchtende Augen starren sie bedrohlich an. »Wir Sternzeichen wollen dich aus dem Spiel haben, denn das Feuer ist böse und höchst unangebracht.« Diese offene Erkenntnis schockiert die Menschenfrau. »Du bist ein Wesen aus einer anderen Zeit und trägst dazu noch ein Element in dir, was meiner Meinung nach schon längst von der Erde hätte verschwinden müssen. Ein Element, dass nichts zur Welt beiträgt, außer Zerstörung.« Der Blick der Schwarzhaarigen wird selbstgefällig. »Ach so. Ich verstehe. Ihr habt Angst vor meinem Element.« Eine Druckwelle wird gegen die Menschenfrau geschleudert, die sie gegen eine Wand wirft und dort gedrückt hält. »Das Feuer ist das niederste Element von allen! Es hat nur Zerstörung, Rachsucht und Hass auf einfach alles im Sinn. Und es ist nicht so stark, wie es glaubt.« Der Druck wird stärker, während sich das blonde Haar schwarz färbt. »Durch das Feuer gab es immer eine Katastrophe nach der anderen. Dabei kann es gar nichts! Außer die Hilfe anderer zu erbetteln!« Der Zorn in der Stimme des kleinen Mädchens wird immer deutlicher. Fast so, als kann sie damit den Druck erhöhen. Liza kann sich nicht mehr bewegen. Der Druck von der Jungfrau wird immer stärker und stärker, selbst ihre Brust wird eingedrückt. »Warum die anderen Sternzeichen solche Probleme mit dir hatten, ist mir unbegreiflich. Ich werde dich einfach zerquetschen, wie ein lästiges Insekt«, kreischt das kleine Mädchen. Liza ist nun klar, wie sie ihre Druckwelle verstärkt, doch sie weiß nicht, wie sie dagegen ankommen kann. Sie versucht aber zunächst den Zorn der Jungfrau zu bändigen. »Hör zu, ich kann dich verstehen. Mein Element hat damals einige Fehler gemacht und …« Die Schwarzhaarige wird einfach unterbrochen. »Einige Fehler!?«, kreischt das kleine Kind. »Es war dein Element das fast den Untergang der Welt eingeläutet hätte, als sie kaum fertig geformt worden ist. Das Feuer hat dafür gesorgt, dass die Natur sich anders entwickelt hat, als sie sollte. Alle Elemente mussten sich zusammen tun, um das Gleichgewicht wieder herzustellen.« Das bedrohliche Licht in den roten Augen der Jungfrau wird stärker und somit der Druck der Welle, die auf Liza lastet. Langsam geht ihr wirklich die Luft aus. Das erste Blut läuft aus ihrer Nase und sogar aus ihrem Mundwinkel. »Du bist genauso wie dein Wächter! Ihr seid so einsam und so benachteiligt. Das arme, arme Feuer. Ich weiß schon warum ich aus diesem dummen Mann einen Löwen gemacht habe und zwang auf ewig auf den richtigen Ableger warten zu müssen, nur um ihn zu beschützen!« Anhand des sarkastischen, bösen Tons ist deutlich heraus zu hören, welchen Hass die Jungfrau in sich über das Feuer trägt. Fast genauso stark wie bei den Männern. Der Schock zeigt sich auf Lizas Gesicht. »D-Du hast d-d-das Sternzei«, zu Reden nimmt ihr noch viel mehr Luft, »zeichen Löwe ge-geschaffen?«, fragt sie nach. »Oh ja und wenn ich mit dir fertig bin und mir deine Augen einverleibt habe, werde ich auch endlich diesen Mann auslöschen können, den du Lehrer nennst!« Liza bemerkt, dass der Zorn etwas nachgelassen hat. Jetzt hat sie eine Schiene auf die sie gehen konnte. »D-Du scheinst ja sehr m-mächtig zu sein, wenn du … hnnn… Sternzeichen er-erschaffen kannst.« »Tze. Natürlich bin ich das. Sieh doch all die Puppen hier. Das waren mal echte Männer und ich hab deren Energien aufgesogen und aus ihnen Puppen gemacht!«, lacht sie stolz. Wie Liza es sich gedacht hat, das Sternzeichen Jungfrau ist unheimlich stolz, selbstverliebt und arrogant. Ihr Ego will einfach gestreichelt werden. »Das ist gnn… sehr beeindruckend.« Die Schwarzhaarige merkt, wie der Druck, der auf ihr lastet, allmählich immer weiter nachlässt. Selbst das schwarze Haar des Sternenbildes wird wieder dreckig blond. »Tja, da verneigt sich wohl auch das Feuer«, gibt sich das Sternzeichen selbstbewusst. »Allerdings.« Endlich kann die Menschenfrau wieder atmen, sich aber immer noch nicht bewegen. »Deine Macht ist so riesig. Kein Wunder, dass du dir das Sirenengewand zum Bewachen ausgesucht hast.« Ein schrilles, klein Mädchen Lachen erklingt im Raum. »Das Sirenengewand ist viel zu kostbar, als das es in die Hände eines Mannes geraten könnte.« Die überraschte Miene ihrer sterblichen Gegnerin scheint das Kind weiter zu amüsieren. »Jeder von uns weiß das. Wir wissen, dass er die Teile für Seinaru zusammensucht. Das ist ein sehr exquisites, aber angebrachtes Preisgeschenk für einen Krieger seiner Klasse.« »Warum habt ihr es überhaupt mit ins Turnier genommen, wenn es eigentlich für immer unter Verschluss bleiben sollte?«, will Liza wissen. »Weil wir die Erde auf unserer Seite haben wollen! Bisher hat sich die Erde immer aus allem herausgehalten, doch für eine neue Rangordnung brauchen wir auch die Stimme der Erde!«, brüllt das kleine Mädchen ihr entgegen und verstärkt wieder den Druck. »Doch wie immer ist es dein Meister, der sich einfach gegen alle Regeln widersetzt und sich nicht bestechen lässt. Seine grenzenlose Gier nach Macht lässt ihn einfach nur das Schwert besitzen wollen und jedes Freundschaftsangebot von uns ausschlagen! Dann führte sein Weg ihn auch noch ausgerechnet zu dir! Bis jetzt konnten wir jeden Ableger des Feuers töten. Ausnahmslos!« Das ruft in Liza Wut und Verwirrung wach. »Jeden?« »Ja, jeden.« Ein teuflisches Grinsen bildet sich auf den Lippen der Jungfrau und verstärkt wieder den Druck. Sie schnippst locker mit ihren Fingern. »Wie lästige Insekten. Alle Feuerableger haben wir mit unseren verschiedenen Fähigkeiten aufspüren können. Das hat sogar so gut geklappt, dass es für eine sehr lange Zeit keinen Anwärter des Feuers mehr gab. Wir Sternzeichen glaubten endlich das Feuer zum Aufgeben bewogen zu haben.« Eine schier erdrückende Pause füllt den Raum, bis die Jungfrau sagt: »Und dann kamst du, doch dein Vater war einer der ganz Ausgekochten! Er hat dich so gut vor unseren Augen versteckt und dich mit einer so machtvollen Barriere verborgen gehalten, dass selbst ich dich nicht finden konnte! Immerhin kann ich jede unberührte Frau auf der Welt spüren.« Das kleine Kind sieht, wie Lizas Körper immer stärker von ihrer gewaltigen Energie eingedrückt wird. »Und dann noch das Feuer selbst, dass dich besser als jeden anderen Ableger beschützt und es auch noch in Zukunft tun wird. Das Feuer schenkt dir ja auch schon jetzt seine ganze Stärke, ohne das du den höchsten Rang erreichen musst, weil es dich beschützt und unbedingt will, dass du am Leben bleibst! Aber an deinem siebzehnten Geburtstag war es soweit! Die Barriere deines Vaters verschwand und wir konnten dich finden und dir den Krebs schicken. Er sollte dich gnadenlos töten, wie er es mit allen anderen Feuerablegern getan hat. Stattdessen schickte er dich in diese Zeitepoche!« Das darf nicht wahr sein. Alle Feuerkinder sind getötet worden. Einfach nur weil sie vom Feuer Auserkorene gewesen sind. Die Menschenfrau bedauert all jene, die es nicht geschafft haben. Jene Gleichgesinnte, die noch nicht mal dazu gekommen sind das Leben zu leben. Mit all seinen vernichtenden und beglückenden Momenten. Sie ist die Letzte. Die letzte und einzige Feuerablegerin. Jetzt versteht sie mehr denn je, warum Sesshomaru ihr Element wie eine Art Geheimwaffe handhaben will. Die Erzählung der Jungfrau beunruhigt Liza allerdings. Bereits durch die Schlange weiß sie, dass die Sternenbilder durch die Zeitepochen reisen können, weil sie selbst in jeder Zeit Existent sind. Daher ist es für sie kein Wunder, dass die Jungfrau auch ihren Vater gekannt haben muss. Gleichzeitig fragt sich Liza das erste Mal selbst wer ihr Vater eigentlich gewesen ist. Nach all den Erzählungen ist er offensichtlich vorausschauender und mächtiger gewesen, als sie jemals gedacht hätte. Wer warst du Papa? »Und dann noch seine fünf Freunde, die er in alles eingeweiht hat und die auf dich aufpassen sollten! Seine eigenen Schwestern hinterging dein Vater für di…« Das blonde Kind unterbricht sich selbst, als sie plötzlich einen starken Energieschub spüren kann. Sie schaut zu ihrer Gegnerin, um die sich plötzlich heiß lodernde Flammen gebildet haben. Flammen, die heiß genug sind, um selbst ihre eigene Magie einfach nieder zu reißen. Die Blondine muss mit Schrecken erkennen, wie ihre Druckwelle einfach schmilzt. Angst durchflutet das Sternzeichen und lässt zusätzlich die Stärke ihrer Verdichtungsmagie sinken. »Was-Was machst du da?« »Ihr habt also alle Anwärter des Feuers getötet?«, zischt Liza zornig. Nun steht das kleine Mädchen vor Liza, wie das Kind das sie wirklich ist. Ängstlich und komplett verunsichert geht das Mädchen ein paar Schritte zurück, während die junge Frau sich ihr nähert. »Sag mir augenblicklich, wo das Sirenengewand ist, dann lasse ich dich vielleicht am Leben!«, fordert die Schwarzhaarige hart, auch wenn sie weiß, dass Sternzeichen nicht zu töten sind. »N-N-N-Niemals«, stottert das blonde Mädchen. »Dann lebe mit den Konsequenzen«, knurrt Liza fast schon unterkühlt, während sie ihre Finger ihrer linken Hand laut knacken lässt, auf dessen Handrücken nun mehr denn je das begonnene Sternzeichen rot aufleuchtet. Minuten später kann man ein Mischmasch aus klein Mädchen Schreien und Klatschen hören. »Au! Au! Au!«, kommt es in regelmäßigen Abständen. Selbst der echte Feuerlöwe vor dem heiligen Siegel kann die quälenden Schreie des Sternzeichens vernehmen und steht mit eingezogenem Schwanz da. Er weiß, dass seine Herrin in den letzten Tagen ziemlich schlechte Laune gehabt hat und leicht reizbar geworden ist. Er weiß aber auch warum. Nun wird seine Herrin also als Siegerin herausgehen. Den Sieg holt sie sich, in dem sich Liza das kleine Mädchen übers Knie gelegt hat und immer wieder deren Hintern mit brennender Hand schlägt, wie eine strenge Mutter. »Zum letzten Mal! Sag mir, wo das Sirenengewand ist!«, stellt sie ihre Forderung. »Ich hab es … Au … mit meiner Magie … Au … versteckt«, weint das kleine Mädchen. »Dann besorg es wieder her!«, brüllt die Schwarzhaarige. »Wenn du mich … Au … aufhörst zu schlagen … Au … mach ich das.« Den gequälten Lauten der Jungfrau fürs erste glaubend, hört Liza auf, deren Hintern zu schlagen. Dennoch lässt sie das Kind nicht von ihrem Schoß frei und drückt ihre Hand auf den Rücken des Mädchens. Schluchzend zaubert sie ein edles, weißes Gewand daher. Einen durchsichtigen Kimono aus einem engelsgleichen Stoff, mit kaum erkennbaren Sakurablüten als Muster. »Hier bitte. Nimm das und lass mich in Ruhe! Du bist ja ein Monster.« Danach löst sich das Sternzeichen einfach in einem Sternentornado auf und kapituliert. Liza nimmt sich das unheimlich schöne Gewand und sieht es sich bewundernd an. »Endlich habe ich das, was ich will«, kommt es noch von ihr, ehe die Schwarzhaarige einfach aus dem Raum geht, der sich, wie alles in der Okiya, wieder normalisiert hat. Zurück wird sie dennoch nicht sofort zu ihrem Lehrer gehen können. Jetzt, wo der Kampf vorbei ist, kommen die Wunden des Kampfes wieder hoch, die das Feuer zurückgehalten hat und sie bricht vor Schmerzen und dem hohen Blutverlust einfach im Flur zusammen. Das Blut verteilt sich auf den hölzernen Boden der Okiya. Ihre erschöpften Augen schließen sich und die Menschenfrau wird ohnmächtig. Kapitel 10: Hakku, der Wind Splinter ------------------------------------ Eine weitere Woche vergeht seit dem Kampf mit der Jungfrau. Noch immer ist Liza nicht zu den Dämonen zurück gekehrt und Jaken befürchtet, dass sie geflüchtet ist - zusammen mit dem Sirenengewand. Es ist dem Kappa-Dämon unangenehm, aber er weiß so ziemlich gar nichts über all das. Die Elemente, die Ableger und auch fast nichts über das Schwert das sein Meister Sesshomaru sucht. Schon gar nicht, warum es überhaupt so viele Bestandteile braucht, um Existent zu sein. Außerdem scheint der Hundedämon seit ihrem Gehen angespannter und nachdenklicher als sonst zu sein. Fehlt diese Menschenfrau seinem Meister etwa? »Ähem. Meister Sesshomaru erlaubt mir Euch eine Frage zu stellen.« Da keine Reaktion erfolgt, fasst er es als Zustimmung auf. »Nun ja, wisst Ihr … Wir nehmen jetzt schon eine ziemlich lange Zeit an dem Turnier teil und suchen nach dem Schwert Seinaru. Ich meine, es steht natürlich außer Frage, dass Ihr es verdient, aber was hat das mit den Elementen und den Kriegern zu tun? Vor allem wüsste ich auch gern, was der ehrenwehrte Lord Tsukuyomaru damit meinte, als er damals das Drama zwischen Erde und Feuer ansprach.« Zunächst erfolgt keine nennenswerte Reaktion von seinem Meister. Jaken blickt erwartungsvoll zu ihm hinauf, doch gerade als er aufgeben und sein Blick gen Boden richten will, erhebt Sesshomaru seine Stimme. »Entgegen mancher Erzählungen gab es zu Beginn dieser Welterschaffung nur die Elemente Erde, Wind, Feuer und Wasser. Erde, Wind und Wasser vertrugen sich, doch nur die Erde verstand sich auch mit dem Feuer. Als dann die Erde versuchte das Feuer mit den anderen Elementen bekannt zu machen, gab es zunächst Krieg. Besonders zwischen Wasser und Feuer.« Anhand der deutlichen Miene voller missgünstigem Lächeln erkennt der stolze Hundefürst, dass Jaken nichts anderes erwartet hat. »Zunächst hat die Erde mit dem Feuer zusammen gekämpft, sowie Wind mit Wasser. Im Verlauf des Krieges erschuf das Feuer heimlich ein Schwert und formte es aus fünf Gegenständen. Zunächst nur den Hoffnungsträger« Sesshomaru deutet mit einem Blick auf die Klinge, die er an seiner Seite am gelbvioletten Band trägt. »Bis heute gilt der Hoffnungsträger als Grundelement. Seine Klinge ist unzerstörbar. Sie dient als Basis, Hülle oder auch Kelch. In dieser Klinge ist es möglich alle Gegenstände miteinander zu vereinen, wie du oft genug gesehen hast. Die Phönixfeder stärkt das Feuer und der Feuerfächer erhöht die Reichweite der Flammen. Ein goldener Kelch, gefüllt mit dem Blut eines Drachens, auch Drachenkelch genannt, ist in der Lage die Form des Feuers zu verändern. Was das bedeutet, weiß man allerdings bis heute nicht, weil es nie passiert ist. Zuletzt gab es einen Schlüssel aus bloßem Feuer hinzu – den Flammenschlüssel. Der Schlüssel dient dazu den Wächter des Feuers, den Löwen selbst, an das Schwert zu binden.« Diese eher kühle Erzählweise lässt in Jaken einen Schauer aufkommen. Nicht vor Angst seines Meisters, sondern vor der Tatsache, dass sein Meister die Erde und Liza das Feuer repräsentiert. Genau jene Erde, die von Anfang an nichts gegen das Feuer einzuwenden gehabt hat und sogar mit ihm gekämpft hat. Er ist nicht dumm und ahnt, dass sich zwischen den beiden etwas anzubahnen scheint. Ob sich die Geschichte vielleicht wiederholt? Fühlt sich sein Meister, als Erdenherrscher etwa auch von den Flammen der Feuerkönigin angezogen? »Ja aber Meister«, wagt Jaken die Erzählung kurz zu unterbrechen. »Ohne Wächter, wie sollte der Schlüssel funktionieren?« »Lange, bevor überhaupt erstes Leben, auf dieser Welt gewandelt hat, haben die Elemente versucht ihre Stärken in Körper zu formen. Der Wind erschuf beispielsweise die Jungfrau. Sie hat ursprünglich überprüfen und richten sollen, ob das Feuer wirklich eine Sichtweise verdient, wie es die Erde getan hat. Nur für sie allein haben auch die Flammen schließlich eine Gestalt geformt, mit all der Macht weiterhin über seine Stärken verfügen zu können. In ihrem Herzen hat sich so etwas wie Liebe für das Feuer entwickelt, was den Wind schließlich ebenfalls überzeugte und somit auch das Wasser beruhigte. Du kannst dir sicher denken, dass dies der Anfang der Elementsableger geworden ist.« Sesshomaru sieht das nachdenkliche Kopfnicken seines Begleiters. In seinen Gedanken sortiert er ein weiteres Mal die weitere Erzählung. »Die Jungfrau selbst hat letztlich das Herz des Feuerherrschers zertreten, als sie erkannt hat das er um keinen Preis der Welt auf seine Stärke für sie verzichten wollte. Weiterhin verwünschte sie ihn auf ewig das Sternenbild Löwe zu sein. Sie verfluchte ihn noch weiter und zwang ihn auf einen Krieger zu warten, der es Wert sein wird, das Feuer zu kontrollieren und ihn dann für immer beschützen zu müssen.« Was für eine Heuchlerin, stellt der Kappa-Dämon tatsächlich verbittert, aber nüchtern fest. Sie hat doch selbst alle Stärken und Mächte vom Wind erhalten, die sie nicht bereit gewesen ist, aufzugeben, aber der Krieger des Feuers hat es tun sollen? Das erscheint ihm alles andere als gerecht. Jaken kann sich denken, dass es sich bei diesem Mann, aus dem ein Löwe wurde, um Leon selbst handelt und plötzlich tat er ihm leid. Da hat er schon eine ernsthafte Beziehung eingehen wollen und ist so hart bestraft worden. »Liza?«, wagt es Jaken tatsächlich ihren Namen auszusprechen, als ihm bewusst wird, dass sie nun der offensichtliche Schützling ist, um den sich der Löwe kümmert und erhält ein stummes Nicken. »Gemeinsam konnten schließlich alle Elemente, trotz dieser Eskapaden, Hand in Hand arbeiten und Leben erschaffen. Über einfache niedere Kreaturen, vergleichbar mit Insekten, bis hin zu den gewaltigen Drachen ist nichts unmöglich gewesen. Unsere Welt hat immer mehr jene Gestalt angenommen, die uns heute vertraut ist. Mit ihrem Werk zufrieden, haben die Elemente schließlich beschlossen, alles Weitere ihrem erzeugten Leben zu überlassen und sich nur in einem geringen Ausmaß selbst zu beteiligen. Drachen haben uns Daiyokai erschaffen, mit aller Macht zu zerstören und zu bewahren, was ihre gewaltigen Schwingen errichtet haben. Sie sind das Leben gewesen und meinesgleichen Bewahrer, Beschützer oder Zerstörer von jenem Leben.« »Aber was war mit der Jungfrau?« »Die Erde erfuhr von der damaligen Missgunst der Jungfrau. Zusammen mit dem Wasser und dem Wind gelang es ihnen die Jungfrau in jenes Sternenreich zu verbannen, wohin sie selbst den Löwen zuvor geschickt hat. Gerührt von dieser Geste ist das Feuer der Erde sehr dankbar gewesen und immer mehr von der Liebe zwischen Feuer und Erde ist sichtbar geworden. Dort wo das Feuer gewütet hat, hat die Erde stetig neues Leben erschaffen können. Altes Leben wurde vom Feuer verschluckt und neues, weiter entwickeltes Leben von der Erde geformt. Wärme durchflutete Ländereien, bis sich Feuer und Erde das erste Mal vereint haben und so Dämonen, Menschen und Tiere entstanden.« Das Gesicht Jakens verzieht sich zu blanken Entsetzen und tiefen Schock. Auch wenn er nicht versteht, wie das geht, aber allein die Vorstellung, dass es auch bei Sesshomaru und Liza so sein könnte, lässt in dem Kröterich den kalten Schweiß hinablaufen. »Wind und Wasser waren früher gegen diese Art von inniger Beziehung und verboten den Elementen jemals wieder Kontakt zu haben. Ein weiterer Krieg entstand, als das Feuer diese enge Bindung nicht aufgeben wollte. Aus seinem tiefsten Innern holte es das einst von ihm selbst geformte Schwert hervor, um gegen sie zu bestehen.« Der Krötendämon lächelt überheblich. Was soll schon das Feuer gegen Erde, Wind und Wasser allein tun? Ganz egal wie stark und mächtig das Schwert auch ist. Das heimtückische Lächeln vergeht ihm schnell wieder, als Sesshomaru weiter spricht. »Die zerstörerische Kraft des Schwertes ist selbst für das Wasser viel zu mächtig gewesen. Also gaben die anderen Elemente ebenfalls ihre Gegenstände dazu, um die Stärke zu mindern und die Gefahr zu bändigen. Das Wasser holte aus seinen unendlichen Tiefen das Sirenengewand und das Silberschloss hervor. »Nun, mir ist mittlerweile vertraut, dass das Sirenengewand über die Gabe der Täuschung verfügt, aber was hat es mit dem Schloss auf sich?«, fragt Jaken nach. »Das Silberschloss besitzt die Stärke alle Arten von Bannkreisen und Versiegelungen aufzubrechen oder sie selbst zu bilden«, erklärt der Hundefürst kurz. »Der Wind erschuf den Seelenstein und den Bannbrecher. Der Seelenstein ermöglicht es die Kräfte, die Seele und das Leben an das Schwert zu fesseln. Je stärker also sein Träger ist, desto stärker wird die Kraft und die Magie des Schwertes. Durch den Bannbrecher ist es möglich die Energien des Feuers in jedes andere Element umzuformen, sodass sowohl Wind, Wasser oder auch die Erde selbst die Klinge mit ihren Energien lenken können. Letztlich ist das der für mich wichtigste Gegenstand, um Seinaru vollständig nutzen zu können.« Mit seinen bernsteinfarbenen Augen sieht Sesshomaru, wie Jaken an seinen wenigen Fingern die Anzahl abzählt. »Somit fehlte für das Gleichgewicht nur noch ein einziges Gegenelement. Die Erde selbst gab das letzte Stück dazu – Licht.« »Aber Meister … Wie kann man Licht dazu geben?«, fragt Jaken verwirrt. »Licht war damals eine Pflanze, die in der Lage war Krankheiten aller Art zu heilen und sogar den Tod einmal überwinden kann.« »Ihr meint sowie Euer Schwert Tensaiga heilen und wiederbeleben kann?«, bohrt Jaken weiter nach. Sesshomaru nickt. »Um alle Elemente innerhalb der Klinge in einem friedlichen Miteinander zu halten, dient diese Pflanze außerdem dazu das Gleichgewicht in ihr zu wahren. Da Seinaru dennoch ein Schwert ist, das größtenteils darauf ausgelegt ist im Kampf eingesetzt zu werden und tiefe zerstörerische Kräfte in sich trägt, wurde es vorsichtshalber von den allmächtigen Drachen jener Zeit geteilt und von den Daiyokai versiegelt. Die Bestandteile sind auf diese Weise entweder von den Sternzeichen im Besitz genommen oder auf der Erde versteckt worden. Somit wurde auch das Schwert in seine zehn Einzelteile zersplittert, die ich suche. Du kannst dir sicher denken, dass das Feuer seit dem auf Rache aus ist.« »Sicher, Meister«, verneigt sich Jaken gewohnt unterwürfig. »So hat sich jedes Element stetig neue Ableger ausgesucht, während die vom Feuer Auserwählten von den Sternzeichen einfach ausgelöscht wurden. Deswegen ist Liza die einzige Feuerablegerin. Wie immer ihr Vater das damals angestellt hat, aber sie ist von den Sternzeichen verschont worden. Ich vermute allerdings, dass der Zorn des Feuers sich in den vergangenen Jahrtausenden abgeschwächt haben wird. Natürlich kann es auch sein, dass sich das von Tsukuyomaru angekündigte Drama wiederholen wird. Die Sympathie des Feuers für die Erde ist nie verschwunden.« Das würde für ihn bedeuten, dass das Feuer nur so friedlich ist, weil Liza als Frau sich zu ihm als Mann hingezogen fühlt. Es kann auch sein, dass die Flammen in ihr wissen, dass er die Erde ist, die das Feuer noch immer liebt. Es kann aber genauso gut sein, dass das Feuer einfach nur kraft- und zahnlos geworden ist, schießt Sesshomaru eine weitere der unendlich vielen Möglichkeiten durch den Kopf. »Ähem, wenn ich mir die weitere, bescheidene Frage erlauben darf, was wird dann aus Tessaiga, das Schwert Eures ehrenwehrten Vaters, das Ihr erst gesucht habt?«, erkundigt sich Jaken weiter über die Pläne seines Meisters. »Das werde ich nach dem Turnier trotzdem weiter suchen gehen. Ich ziehe es vor unterschiedliche Schwerter für unterschiedliche Gegner zu gebrauchen. Tessaiga wird mir nützliche Dienste gegen Dämonen oder Dämonenscharen leisten und Seinaru gegen andere Elementskrieger gegen die Tessaigas Macht komplett wirkungslos ist.« Jaken zögert, bevor er seine vorerst letzte Frage stellt. »Was habt Ihr eigentlich damals mit Kenshin, der Metalllegende gemacht, als Liza ihn besiegte?« »In all den vergangenen Jahrtausenden entstanden auch weitere, neuere Elemente, wie der Blitz beim Tiger oder das Metall bei Kenshin. Das sind Elemente der zweiten oder dritten Generation. Wenn sie besiegt werden, kann man ihre Kräfte absorbieren, insofern es zum eigenen Hauptelement passt. Eis zum Beispiel kann zum Wasser gehören, Blitze zum Wind und Metall zur Erde.« »Deswegen habt Ihr also von Kenshin das Element geraubt. Um Euer Eigenes zu stärken. Vorausschauend, wie immer von Euch Meister Sesshomaru«, kommt es stolz vom Krötendämon. »Und das ist alles, was Tsukuyomaru meinte. Wenn Erde und Feuer erneut zueinander finden, kann es sein, dass wieder ein Krieg entsteht und so die komplette Weltordnung neu geformt wird, wie schon damals«, beendet Sesshomaru somit seine Erzählung. »Ist es letztlich nicht das, was wir durch dieses Turnier bezwecken wollen? Eine neue Rangordnung?«, mischt sich eine weitere männliche Stimme ins Gespräch ein. »Hakku. Lange nicht mehr gesehen«, kontert Sesshomaru mit einem kleinen Hauch Freude in der sonst so kalten Stimme. Er wendet noch nicht einmal seinen Kopf, um seinen Gegenüber anzuschauen. Jaken ist verwirrt. Dieser junge, muskulöse Hundedämon, der zu ihnen gekommen ist, hat seine langen silbernen Haare zu einem eleganten, prachtvollen Zopf gebunden. Seine goldenen Augen strahlen eine diverse Heiterkeit und Fröhlichkeit aus, die er noch nie zuvor bei einem Dämon gesehen hat. Im Vergleich zu seinem Meister trägt er keinen Pelz um seine Schulter; dafür hängt eine Hälfte seines hellbraunen Kimonos locker an seiner Hüfte herab. Die dunkelbraune Faltenhose fällt locker von den muskulösen Beinen. Am auffälligsten ist für Jaken der Mond auf der Stirn des deutlich jüngeren Hundedämons. Es erinnert ihn an den Neumond, aber die Sichel des abnehmenden Mondes ist gelb und somit deutlich im dunklen Mondkreis sichtbar. »Was ist denn los? Nimmst du etwa auch an diesem Turnier teil, Cousin?«, fragt der Lockere. Die Kinnlade des Krötendämons fällt ihm fast zu Boden. »A-A-A-Ah, C-C-Cousin?« Die fehlende Antwort von Sesshomaru nimmt das breite Lächeln des Neuen nicht aus dem Gesicht. »Ich verstehe. Hätte mir denken können, dass du nach solch einem mächtigen Artefakt auf der Suche bist. Immerhin ist das eine machtvolle Waffe und du hast schon immer nach Stärke gesucht.« Der Blick des lockeren Gesellen gleitet zu Jaken runter, der sich prompt unwohl fühlt. »Ist das dein Schüler? Ein bisschen klein geraten, aber wenn du ihn trainierst, muss er stark sein. Ich würde zu gerne mal gegen den kleinen Kämpfen.« Jaken läuft der glatte Angstschweiß übers Gesicht, während er nur abgehackt zu seinem Meister nach oben schaut. »M-Mei-Meister, b-bitte …« »Meine Schülerin ist derzeit in einem Auftrag unterwegs.« Scharf blickt der Daiyokai des Westens in die Augen des Jüngeren. »Wo ist dein Lehrer?« Es dauert keine Sekunde da geht Hakku aus der Kampfposition und verschränkt seine Hände hinter seinem Kopf. »Oh, ich hab sie aus den Augen verloren, als ich einer holden Maid in Nöten meine Aufmerksamkeit schenkte«, grinst Hakku breit. »Seit dem suche ich sie.« »Sie? Du willst mir doch nicht sagen, dass Tansui selbst deine Lehrerin ist«, zeigt Sesshomaru zum ersten Mal einen Hauch von Überraschung und Belustigung in der Stimme. »Jap. Sie ist mittlerweile das Wasser selbst geworden, sowie du die Erde.« Der Hundedämon schlägt sachte eine Faust auf seine geöffnete Handfläche. »Hey, was hältst du davon, wenn wir mal wieder gegeneinander kämpfen? Ich könnte so einen Trainingskampf gebrauchen.« »Kein Interesse«, zeigt sich der Daiyokai wenig begeistert. Hakku grinst sehr selbstsicher und hält einen silbernen, mit Windelementen verzierten, Pfeil vor sich. »Auch dann nicht, wenn du das hier haben könntest?« Die goldenen Augen Sesshomarus zeigen plötzlich ein deutliches Interesse. »Wo hast du das her?« Schulterzuckend steckt Hakku den Pfeil wieder in seinen Kimonoärmel. »Hab ich beim Kampf gegen den Wassermann gewonnen. Er fiel mir quasi in die Hände.« »Hm«, dringt der nachdenkliche Laut zwischen den geschlossenen Lippen des Fürsten hervor. »Dafür könnte ich mich schon zu einem Kampf hinreißen lassen, auch wenn du mir den Bannbrecher einfach schenken könntest.« »Sicher, aber willst du nicht wissen, wie stark ich mittlerweile als Wind Splinter geworden bin? Mit so einer tollen Meisterin habe ich schnell und viel gelernt«, grinst Hakku. »Wind Splinter? Was musstest du dafür hergeben, um diesen Rang zu erreichen?«, spricht Sesshomaru kühl wie immer. »Alles nach dem Kampf mein Bester«, fordert der deutlich jüngere Hundedämon ihn heraus. Aus heiterem Himmel bemerkt Hakku einen starken Schmerz in seiner Bauchgegend. Ohne weiter ein Wort verloren zu haben, hat Sesshomaru ihn einfach mit einem Faustschlag in seiner Magengegend angegriffen. »Nach wie vor kein Mann der großen Worte, was?«, schafft es Hakku noch schmerzhaft auszusprechen, bevor sich sein Körper schier in Luft aufzulösen scheint. Für jeden anderen wäre es wohl eine Überraschung sondergleichen, aber für Sesshomaru ist es keine besondere Leistung. Stattdessen kommt ein Schlag direkt von der Seite gegen Sesshomarus Wange. Sein Gesicht zerbröselt, ehe der gesamte Körper in einzelne Tonscheiben zerfällt. »Was?«, kommt es nur von Hakku überrascht. Erneut muss der jüngere einen Schlag kassieren. Dieses Mal in den Rücken. »Bis jetzt bin ich unbeeindruckt«, zeigt sich Sesshomaru nicht im geringsten angetan. Diese Worte setzen Hakku zu und er fängt sich mit einer gekonnten Drehung ab. Sogleich tritt er seinen Cousin, der ihn selbstverständlich mit einer Hand abfängt. Ein Grinsen ziert Hakkus Gesicht, als bei dieser Berührung schier unzählige scharfe Windklingen aus seinem Bein schießen, die wie eine Explosion auf Sesshomarus Körper Wunden hinterlassen. Kaum das der erfahrenere Krieger ihn allerdings loslässt, hört die Windklingen-Salve auf. Hinterlistig grinst Hakku ihn an. »Und? Jetzt beeindruckt? Das kann ich mit jeder Stelle meines Körpers machen, sobald du mich berührst.« Das einzige Konter von Sesshomaru an dieser Stelle ist nur: »Du kämpfst also immer noch wie ein Mädchen.« Anschließend wirft er ihn einfach von sich weg, als der Rangniedrigere ein weiteres Mal direkt angegriffen hat. Hakku knurrt nur, ehe er zum Angriff übergeht und, nach einer gekonnten Drehung in der Luft, direkt auf Sesshomaru zustürmt. Es macht ihn wütend, dass sein Cousin scheinbar immer noch überraschungsresistent ist. Er stellt allerdings nur wenig später fest, warum. Kaum in dessen Nähe vernimmt der Windkrieger einen übelriechenden Duft. Je näher er Sesshomaru kommt, desto schlimmer wird der Gestank und nur wenige Meter vor dem Herrscher des Westens muss er sogar innehalten und sich die Nase mit seinem Kimono verdecken. »Du siehst, auch ich kann derartige Tricks«, kontert Sesshomaru trocken. Erst als Hakku seinen Cousin aus der Nähe sieht, erkennt er, wie grüner Dunst aus den Stellen von Sesshomarus Körper herausstößt, wo er ihn noch zuvor mit seinen Windsicheln verletzt hat. Für jeden Dämon - erst Recht für solche mit einer so empfindlichen Nase, wie die der Hunde - ist dieser Gestank unausstehlich. »Wie hältst du das nur aus?«, hustet Hakku. »Das stinkt ja bestialisch.« »Mir machen diese Gifte nichts, seit dem ich sie in mich aufgesogen habe«, antwortet Sesshomaru kurz, während er sich seinem Cousin im ruhigen Schritt nähert. »Wie viele Ableger hast du mittlerweile in dich aufgenommen?«, hustet er weiter stark, ehe ihn dieser Geruch tatsächlich in die Knie zwingt. Ohne weitere Vorankündigungen packt sich Sesshomaru den Hals des Jüngeren und zieht ihn wieder hoch. »Fünf. Das Holz, das Metall, das Gift, die Pflanzen und selbstverständlich auch das Gestein.« Das lässt die Augen Hakkus förmlich aufreißen. »Was? Aber … Wie kannst du nur?! Du weißt selbst, die Elemente sind alles, was wir Krieger haben!« Sesshomaru schaut ihn einfach nur regungslos an und das lässt Hakku selbst wütend werden. »Du bist wirklich nicht mehr der Cousin, den ich früher bewundert habe«, spricht Hakku zum ersten Mal ernst. Mit seinen freien Händen lockert er seinen Pferdeschwanz etwas und der Wind ändert sofort seine Richtung, sodass der Gestank von Hakku weggeweht wird. Nun kann er endlich kontern und der jüngere Hundedämon schlägt mit seinem Handballen unter das Kinn seines Gegners. Sesshomaru lässt ihn los, sodass Hakku nun den Älteren angreifen kann. Er bewegt seine Hände nach vorn und der Sturm schleudert den Hundedämon förmlich nach oben in den Himmel, nur um ihn nach Hakkus Willen auf einem herausragenden Ast aufzuspießen. Wie immer hat Sesshomaru das vorhergesehen und aus dem vermeintlichen Körper aus Fleisch und Blut wird wieder das zerbrochene Tongefäß. Dieses Mal ist es allerdings Hakku selbst, der spüren kann, wie Sesshomaru ihn von hinten angreifen will. Schnell dreht sich Hakku um und schlägt den Erfahrenen in den Bauch. Da kommt aber eine weitere Überraschung, denn statt seines Cousins sieht er eine riesige Welle aus Erde auf ihn zurollen. »Was? Neeeeeeeeiiiiiiiiiiiiin!«, ruft er panisch aus und will schnell wegrennen, doch die Erde begräbt ihn unter sich, so dass ihr ganzes Gewicht ihn einfach unter sich begräbt. Nur noch Arme und sein Kopf bleiben frei gegeben. »Und ich dachte schon du kämpfst ernsthaft, doch du enttäuschst mich. Du konntest nicht einen Treffer gegen mich landen. Meine Schülerin kann mehr, als du«, kommt es kühl vom Älteren, bevor er sich hinkniet und den Zopf des jüngeren wieder fester zuschnürt. »Tansui hat dich schlecht trainiert.« »Hey, ich bin ja auch erst seit Kurzem dabei. Der eigentliche Kandidat, den sie erst trainierte, starb bei einem Kampf gegen ein Sternenbild.« »Verstehe.« Das Gespräch der Männer wird unterbrochen, als sich eine weibliche Stimme mit ins Gespräch einmischt. »Ich bin wieder da, Meister Sesshomaru« Zunächst nur Jaken, dann auch Hakku, blicken in die Richtung, wo die Stimme herkam. »Endlich! Da bist du ja, du dummes Menschenweib!«, meckert Jaken die Frau an. »Wo warst du so lange? Das Ganze hat viel zu lange gedauert! Hast wohl heimliche Bündnisse mit den Sternzeichen abgesprochen, wie? Und bestimmt hast du auch nicht das Sirenengewand besorgt, oder?! Unzuverlässig wie du bist!« Auch wenn Jaken diese Menschenfrau mit den langen schwarzen Haaren und diesem seltsamen roten Kimono anmeckert, driften sofort die Gedanken des jüngeren Hundedämons ab und er sieht sich selbst bereits mit ihr verheiratet. Ihre umwerfenden Hüften schwingen sich voller Unschuld vor dem fertig zubereiteten Essen und laden ihn förmlich dazu ein, sie anzufassen. Ihre langen, schwarzen Haare zu einem braven Pferdeschwanz gebunden, sodass sich ihr schöner Hals seinen Lippen darbietet, die auch gleich Gebrauch von dieser Geste machen. Sanft leckt er mit seiner Zunge zunächst die Form ihres menschliches Ohres nach, bevor der Weg ihn weiter zu ihrem Hals führt. Gleichzeitig dreht sich diese Schönheit lächelnd zu ihm um und blickt ihn an. »Ah, da bist du ja Hakku, mein geliebter Mann«, säuselt ihre Stimme zu ihm, während sie mit ihren Armen ihre wunderschönen, weich aussehenden Brüste zusammen drückt. »Ich habe dich bereits erwartet.« In seinen Gedanken sieht er sich, wie er sie in seine Arme nimmt. »Ja, ich weiß und es tut mir so leid, dass du solange warten musstest.« Die ihm im Moment noch unbekannte Frau löst sich in seinen Gedanken von ihm. »Oh, du weißt gar nicht wie sehr ich auf dich gewartet habe, mein Liebling.« Nur kurz nach ihren Worten sieht er, wie der Stoff des spärlichen Kimonos in seinem Kopf fällt und sie ihm ihre herrlichen Brüste präsentiert, bevor sie ihm den Rücken zuwendet und ihren fülligen Hintern gegen sein Becken drückt. »Nimm mich, mein Schatz. Hier und jetzt«, spricht sie verführerisch zu ihm, während sie mit ihren stechend blauen Augen ihn über ihre Schultern kokett anschaut. So sehr von seinen Gedanken abgelenkt, bemerkt er viel zu spät, wie sein Cousin ihm den silbernen Pfeil aus dem Ärmel greift. »Hey!« Ohne das Sesshomaru weitere Worte verlieren muss, löst er die Decke aus schwerer Erde mit einer einzigen Handbewegung, so dass Hakku sich erheben kann. »Oh man. Du machst es einem echt nicht einfach, aber das war ja auch schon früher immer so«, grinst Hakku ihn an. »Aber sag mal wer ist denn dieses himmlische Wesen, das dein Diener gerade vollmeckert? Vielleicht deine Frau? Hast du doch erkannt, dass man manchmal seinen inneren Druck abbauen muss?«, grinst er. »Das ist meine Schülerin«, beantwortet Sesshomaru die Frage gewohnt rational und kühl, da rennt Hakku schon selbst zur Menschenfrau. Diese schaut ziemlich verblüfft drein, als der ihr unbekannte Hundedämon so plötzlich ihre Hände nimmt und sie mit zärtlichen Küssen betupft. »Es ist mir eine Ehre dich kennen zu lernen. Sag mir doch, du unsagbare Schönheit, wie lautet dein Name?« Diese herzliche, offene Art ist Liza schon längst nicht mehr gewohnt und überfordert sie. »Ä-Ä-Ähm L-Liza.« Nachdem Kampf mit der Jungfrau ist sie noch einige Zeit gezwungen gewesen sich von den Geishas heilen und verpflegen zu lassen. Sie sind es auch gewesen, die wieder ihr rotes Oberteil ganz genäht haben. Ihr erster Gedanke ist daher, ob sie vielleicht noch nach dem verführerischen Parfüm der Geishas riecht und sich deshalb dieser Mann so ungeniert an sie schmeißt. Erholt hat sie sich trotzdem noch nicht ganz von den Wunden. Bei jedem Kampf muss sie in Zukunft mehr denn je darauf achten nicht getroffen zu werden. Gerade im Rücken, wo die Wunden trotz Verband, der um ihren Körper gewickelt ist, wieder aufgehen können. »Oh, heilige Windsichel. Welch ein ungewöhnlicher und schöner Name. Gott ist Fülle. Das passt zu dir besser, wie zu keiner anderen Frau«, spricht er ihr weiter charmant und lächelnd zu. Als er allerdings eins dieser Lächeln aufsetzt bei dem seine Zähne förmlich im Sonnenlicht glitzern, legt sich schnell ihre Verlegenheit wieder und sie schaut ihn eher skeptisch an. »Ja, danke.« »Na ja, dein Körper besitzt über so viel natürliche Fülle, die würde ich nur alt zu gerne mal erkunden.« Sein Blick gleitet nun ziemlich offensichtlich über den Körper der jungen Frau. »Allein deine Brüste und dann auch noch die Hüften. Man da steckt bestimmt viel Bewegung drin.« Vollkommen stumm löst sie sofort ihre Hände von ihm. »Weißt du«, beginnt sie dann doch zu sprechen, »ich hasse solche Perverslinge, wie dich«, knurrt sie ihn an und tritt ihn kraftvoll in die Bauchgegend. Wie ein Sack Reis fällt er in sich zusammen und fliegt an seinem Cousin vorbei gegen seinen Baum. »Oh man! Was ein Schlag«, kann er selbst jetzt noch nicht aufhören von ihr zu schwärmen und sinkt am Baumstamm einfach runter. Derweil fährt sich Liza einfach durch ihre langen, schwarzen Haare, die sich sanft im kalten Winterwind wiegen. »Als ob jemand wie du an den Süßesten hier heran kommt«, dringen die Worte überheblich aus ihrem Mund, ehe sie sich Jaken schnappt und ihn an ihre Brust drückt, um ihn zu knuddeln. »Jaken, ist doch klar.« »Hey, lass das! Lass mich sofort runter, du niederes Menschenweib! Ich bin doch kein Spielzeug mit dem du machen kannst, was du willst. Los! Lass mich runter!«, meckert der Krötendämon rum, auch wenn er zugeben muss, dass ihm ihr Geruch plötzlich sehr gut gefällt. Sie hat sich verändert, aber warum? Wie kann sich der Geruch einer Menschenfrau binnen weniger Tage ändern? »Hast du es?«, mischt sich nun Sesshomaru ein, der sich Liza bis auf wenige Meter nähert. Sofort lässt Liza den Kleinen los und setzt ihn damit wieder auf den Boden ab. Sie hält ihrem Lehrer einen edlen, weißen Kimono hin, der durch seinen durchsichtigen Stoff besticht. »Wie ich es erwartet habe. Aus den Fasern des reinsten Blütenweiß genäht, besitzt er sagenumwobene, heilige Kräfte«, begutachtet der Hundedämon das himmlische Gewand. Sie schaut ihn fragend an. Will er etwa nicht den wertvollen Gegenstand von ihr nehmen und ihn mit Seinaru vereinigen? »Ich denke, du hast oft genug gesehen, wie ich die Gegenstände mit dem Schwert geeint habe«, beantwortet er ihre unausgesprochene Frage. Ihr überraschtes Gesicht nimmt eine starke Rotfärbung auf den Wangen ein. Das Blut rauscht durch ihren Kopf, weil ihr Herz plötzlich so stark schlägt. Er vertraut ihr. Das ist für Liza ein sehr großer Beweis für seine Anerkennung und Akzeptanz ihr gegenüber. Zum ersten Mal, seitdem sie in dieser Epoche ist, schaut sie verlegen zu Boden und kann Sesshomaru selbst nicht direkt anblicken. Sie nickt stumm und lässt sich die Klinge von ihm auf das Gewand legen. Danach kniet sie sich auf die verschneite Wiese und legt Schwert und Gewand dort einfach nieder. Sesshomaru legt zusätzlich noch den silberglänzenden Pfeil oben drauf. Ihre Hände über der Klinge beginnen rot aufzuleuchten, während sie konzentriert ihre Augen verschließt. Hakku hält sich seinen schmerzenden Hinterkopf. »Oh man. Also so eine krasse Abfuhr hatte ich echt noch nie«, spricht er noch schmerzerfüllt, blickt dann aber verwundert drein. Seine Augen verfolgen, wie Sesshomaru sich hinter Liza kniet und seine Hände auf ihre Schulterblätter legt. Er massiert sie sogar. »Entspann dich. Zeig ihnen wer die Oberhand hat«, spricht er ruhig in Lizas Ohr. Unweigerlich steigt in ihr eine Wärme und Kälte zugleich hoch, was ihr eine mächtige Gänsehaut verschafft. Witzbold! Wie soll ich mich da nur konzentrieren und ruhig bleiben?, fragt sie sich gedanklich, doch sie muss es schaffen. Sie will ihm beweisen, dass sie sein Vertrauen nicht enttäuschen wird. So atmet Liza noch einmal tief ein und aus und versucht ihre Energien auf ihre Hände zu lenken. Sie muss wieder ihre eigene, instinktive Dominanz hoch kommen lassen. Nur so kann sie den Gegenständen beweisen, dass sie es würdig ist, sie zu benutzen und zu lenken. Leider ist es für sie nicht mehr ganz so einfach, wie noch vor einigen Monaten. Sie hat sich so sehr auf ihn verlassen und sich seiner Führung untergeordnet, dass sie sich selbst so vorkommt, wie ein gezähmtes Tier. Plötzlich wirkt es für sie so, als wäre sie gefangen. Gefangen in einem Käfig. Sie schreit, aber niemand kann sie hören. Sie kämpft, aber ihre Stärke reicht einfach nicht aus. Sesshomaru ist der Käfig, der sie bändigt, sowie man Hunde in ihrer Zeit an der Leine führt, damit sie zahm bleiben und brav an der Seite ihres Besitzers bleiben. Sie will das nicht. Liza kennt ihre eigenen Stärken und Schwächen. Sie weiß, wäre sie ein Hund, würde sie noch viel Erziehung brauchen, aber sie kann ohne Leine neben ihrem Besitzer herlaufen. Sie würde den Befehlen ihres Herren folgen, wenn er sie ausspricht. Sie würde ihn beschützen, wenn ihm jemand etwas antun würde. Sie würde ihm blind und artig folgen. Aber sie will sich nicht zähmen lassen. Genau dieser Gedanke ist es letztlich, durch den sie Sesshomarus Hass auf die Menschen verstehen lässt. Menschen wollen alles und jeden versuchen zu kontrollieren und damit sie das können, wollen sie Tiere zähmen. Entsprechend Dämonen. Dämonen wie ihn. So wie es der Mensch mit Wölfen geschafft hat. Wölfe wurden zu Hunden, die treu an der Seite des Menschen sind. Dabei weiß sie, dass man auch Wölfe bei sich halten kann. Früher sind es schließlich Wölfe gewesen, die an der Seite der Menschen gelaufen sind. So will sie auch für ihn sein. Ungezügelt, aber treu und frei. Also muss sich Liza wieder der impulsiven, stürmischen Flammen bewusst werden, die sie selbst einst verkörpert hat. Ihre Gedanken sind geprägt von den immer höher stechenden, hemmungslosen Flammen. Als rechtmäßige Feuerablegerin kann sie eine besondere Bindung zu ihnen aufbauen. Sie versucht sich über all jene Gegenstände zu stellen, die bereits im Hoffnungsträger enthalten sind. Zusätzlich zu den zwei Neuen, die noch verbunden werden müssen. Handzahm. Kein Feuer mehr. Verweichlicht. Schwach. Bedeutungslos. Nutzlos. Die Menschenfrau reißt ihre blauen Augen weit auf. Das rote Leuchten ihrer Hände erlöscht, bevor sie diese sogar wegzieht, als hätte sie sich verbrannt. »Ich … kann sie … hören«, flüstert sie fast unhörbar. Für die feinen Ohren des Hundedämons hinter ihr, ist das dennoch kein Problem. »Ignoriere sie. Sie wollen dich leiten und manipulieren. Zeig ihnen das dein Geist stärker ist«, erklärt er ihr. Als er sie nicken sieht und auch, wie sie ihre Augen wieder schließt, ihre rotleuchtende Hände über Klinge und Gegenstände, um sich zu konzentrieren, blickt er weiter seine Schülerin an. Ist ihre Bindung zu den Gegenständen wirklich so tief? Kann das Feuer selbst jetzt noch - nach all diesen Jahrtausenden - eine so innige Beziehung wieder herstellen? Für Sesshomaru unbegreiflich. Er weiß, dass Geduld immer eine Eigenschaft der Erde gewesen ist, die er auch beherrscht, doch offenbar kann auch das Feuer eine derartige Phase haben. Auch ihm sind all die vielen, neuen Gerüche seiner Schülerin aufgefallen. Prägnant ist zu allererst der Gestank der typischen Geisha-Parfüms. Das Sternzeichen – er vermutet die Jungfrau – muss sich demnach in einer Okiya eingenistet haben. So stark wie der Geruch des Duftwassers an ihren Sachen und ihr haftet, wird Liza demnach einige Tage dort verbracht haben. Gründe dafür gibt es genug. Sesshomarus stärkste Vermutung ist die, dass seine Schülerin beim Kampf so schwer verletzt wurde, dass sich die Frauen des Hauses aus Dankbarkeit um die Teilnehmerin gekümmert haben. Der Geruch der Wunde an ihrem Rücken ist ihm selbstverständlich nicht entgangen und stützt seine Vermutung nur. Unter all den neuen Gerüchen sind jedoch die Düfte neuer Gefühle am stärksten. Als jemand, der selbst alle Gefühle einst hergegeben hat, hat er versucht wenigstens die Gefühle anderer für sich bemerkbar zu machen. So kann er vorausahnen, wie sein Gegenüber agieren oder reagieren kann, um darauf selbst rational zu handeln. Die Schwarzhaarige hat etwas in der Menschenstadt über sich selbst heraus gefunden. Wut und Trauer dominieren. Der Verdacht drängt sich ihm auf, dass sie erfahren hat, weshalb er aus ihr und ihrem Element gern ein Geheimnis macht. Kaum merklich sind da aber auch die Düfte komplett neuer Gefühle auf einer, für sie, bisher unerforschten Ebene. Wie seltsam es selbst für ihn ist. So aufgeklärt wie sie ist, hätte er unlängst vermutet, dass sie diese Phase hinter sich hat. So dezent wie der Geruch von ihr ausgeht, durchlebt sie das neue Gefühl erst seit kurzer Zeit. Der Hundefürst ist alles andere als dumm und hat schon lange die Anzeichen dessen bemerkt, dass sie ihn versucht mit den Augen einer Schülerin zu sehen. Dabei sind es längst die Augen einer Frau. Menschen sind nie gut darin gewesen ihre Gefühle zu verstecken. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie selbst es herausfinden und ihm sagen wird, wenn sie es denn nicht schon weiß. Dabei ist es nicht einmal die Frage, wann sie es ihm sagen wird, sondern ob sie den Mut dazu aufbringen wird. Ihm selbst ist allerdings unklar, wie er auf das sonderbare Geständnis reagieren soll. Zum ersten Mal muss er sich eingestehen, dass er nicht weiß, was sie für ihn ist. Ein niederer Mensch? Eine Schülerin? Eine Kriegerin für seine Heimat? Ein Trumph? Eine Frau? Oder auch einfach nur ein Feuerableger? Er muss sich mithilfe seines scharfen Verstandes bewusst werden, was sie für ihn sein soll. Liza beweist ihm eindrucksvoll ihre Geduld, in dem sie auch nach längerer Zeit nicht aufgibt und es endlich schafft das Sirenengewand mit der Klinge zu vereinen, ebenso den Bannbrecher von Hakku. Völlig erledigt über diese mentale Anstrengung lässt sie sich einfach nach hinten fallen, wo er sie auffängt. »Haa!«, seufzt sie erschöpft aus. »Das hast du gut gemacht«, lässt Sesshomaru zum ersten Mal ein Lob deutlich heraushören. Die Menschenfrau neigt ihren Kopf erschöpft zur Seite und blickt so zu ihm hinauf. Ihr Lächeln ist schwach, doch der Ausdruck ihrer blauen Augen ist umso stärker. Auch wenn er es nie aussprechen oder zugeben würde, doch es sind genau jene blauen Augen, die ihn jedes Mal aus der Bahn werfen. Seine Instinkte drängen jedes Mal danach sich in diesen Augen zu verlieren und genau jene für immer für sich zu beanspruchen. Das erste Mal in seinem Leben begehrt er tatsächlich eine menschliche Frau. Es erschreckt ihn. Wie viele Gefühle sie es mittlerweile geschafft hat in ihm zu wecken – innerhalb dieser kurzen Zeit. »Weißt du jetzt, warum es wichtig ist?«, stellt er ihr letztlich die Frage, um sich abzulenken. Ihr faszinierender Blick weicht einem Traurigen. Sie nickt nur stumm, ehe sich dann doch die blanke Wut in ihrer Mimik zeigt. »Ich wünsche mir, ich hätte den Krebs damals nicht so schnell getötet. Ich hätte ihn leiden lassen sollen.« Oh ja, ihre Stimme bebt vor Zorn. »Aber dafür werde ich es von heute an bei jedem Sternenbild tun. Alle sollen büßen. Leiden und tiefste Höllenqualen erleiden, sowie es mein Element durchleben musste. Ich räche es. Ich räche sie alle! Alle Ableger, die getötet worden sind.« Immer mehr steigt die Wut in ihr auf. Für einen Moment glaubt Sesshomaru gesehen zu haben, wie sich ihre klaren, blauen Augen zu bernsteinfarbenen umfärben, die Venen geflutet mit leuchtender Lava. Der Moment ist so kurz gewesen, dass er selbst es für eine Täuschung hält. Trotzdem merkt er als Lehrer, wie ihr noch etwas auf der Seele legt. »Gibt es sonst noch etwas, was du mir mitteilen willst?« Nicht mal eine Sekunde später schießt ihr die Frage aus dem Mund. »Kennt Ihr Euch mit Bannkreisen aus? Oder kennt Ihr jemanden, der darauf spezialisiert ist?« »Wieso?«, ist er tatsächlich überrascht, doch mehr als ein Augenbrauenzucken zeigt sich nichts davon in seinem Gesicht. »Die Jungfrau hat mir erzählt, was mit den anderen Feuerablegern passiert ist, aber auch warum ich bisher verschont wurde. Angeblich hat mein Vater einen so starken Bannkreis um mich herum errichtet, dass selbst die Sternzeichen mich nicht gefunden haben. Ganze siebzehn Jahre hielt er an«, erklärt sie wehmütig. »Und so langsam frage ich mich wer mein Vater eigentlich war.« Einige Zeit lang schweigt er, löst sogar seine Hände von ihrem Körper, bevor er antwortet. »Du erinnerst dich an Tsukuyomaru?«, fragt er sie und erhält ein überraschendes Nicken. »Seine Sippe ist bekannt für den Umgang mit Bannkreisen. Wenn es sich ergibt, werde ich ihn aufsuchen und danach fragen.« Liza ist sichtlich gerührt über diese Worte und kann in diesem Moment nicht anders, als ihn zu umarmen, nachdem sie sich von ihm gelöst und sich gedreht hat. »Danke, Meister Sesshomaru«, bedankt sie sich voller Herzlichkeit bei ihm. Zum ersten Mal ist dem Daiyokai der westlichen Ländereien nicht klar, wie er handeln soll. In ihrem momentanen sensiblen Zustand hält er es für klug einmal seine Arme um sie zu legen und sie zu umarmen. Auch wenn er noch nicht alle Gefühle beisammen hat, aber er weiß noch, dass er sich als kleiner Junge in solchen Momenten immer Trost oder Beistand gewünscht hat. Nachdem beide anschließend aufgestanden sind, schaut Sesshomaru zu seinem Cousin, der sich ihnen gemächlich nähert, mit den Händen am Hinterkopf. »Hakku«, spricht der Erfahrenere den Jüngeren an. »J-Ja, Cousin?«, kontert Hakku sofort, wenngleich überrascht. »Wenn du willst, nehme ich mich deiner an, bis wir Tansui gefunden haben oder sie uns.« Dieses kühle, aber nicht selbstverständliche Angebot lässt in Hakku die Tränen vor Freude aufsteigen. »Oh wirklich? Das würdest du tun?«, schluchzt er gerührt. Der überraschte Gesichtsausdruck seitens der Menschenfrau ist dem Daiyokai gewiss, als er schlicht antwortet: »Sicher. Du kannst ein guter Trainingspartner für Liza sein.« Kapitel 11: Familienbande ------------------------- Nachdem Hakku zur kleinen Gruppe dazu gestoßen ist, sind nun schon drei volle Tage vergangen. Lizas Laune hat sich zunehmend verschlechtert. Solange sie diese Laune nicht an ihrem Lehrer auslässt, ist es ihm schlichtweg egal. Davon würde sie auch ablassen, denn er lässt beabsichtig seine starke Aura bedrohlicher ausstrahlen, die ihrer weit überlegen ist. Es hat ihr aber auch geholfen ihr eigenes Element im Wasser in den Griff zu kriegen. Zumindest kann sie jetzt ihre Hände und Füße auch unter Wasser in Flammen aufgehen lassen. Kämpfen kann sie deshalb noch lange nicht. Davon abgesehen kann der Daiyokai des Westens riechen aus welchen Grund sie so reagiert. Für ihn ist das einer der unendlich vielen Gründe, weshalb er Menschenfrauen immer gemieden hat. Selbst in der Dämonenwelt sind sie für mögliche Feindseligkeiten während der Periode bekannt. Dennoch kann er diese Laune dafür benutzen, um sie heute gegen Hakku antreten zu lassen. Seine gute Laune gegen ihre Wut. Das wird selbst für ihn belustigend und auch Hakku selbst wird bei ihren Trainingskämpfen lernen. Jaken selbst hat schon längst Angst vor Liza bekommen und geht bei ihr lieber auf Abstand. Ihre Stimmungsschwankungen sind für ihn selbst ein riesiges Rätsel. Manchmal ist sie furchtbar wütend, dann wieder halbwegs normal. Abends schmiegt sie sich an ihren Wächter, das Sternenbild Löwe, damit sie schlafen kann. Liza hat ihm erklärt, dass die Wärme des Löwen ihre Schmerzen mindert, die gerade nachts immer stärker werden. Zumindest hat sie für solche Tage wirklich vorgesorgt. Auch der Krötendämon ist das alles andere, als gewohnt. Sein Meister hat ihn zu Beginn der besonderen Zeit dazu geraten die Menschenfrau in der nächsten Zeit nicht zu beleidigen. Er hat es unterschätzt und mit der Schwarzhaarigen genauso wie immer gesprochen. Es hat nicht lange gedauert und sie hat ihn abgefackelt, sodass er sich gefühlt hat, wie ein Stück Asche. »Ich werde euch beide beobachten und euch hinterher eine Beurteilung geben, was noch zu verbessern ist«, hört Jaken die kühlen Worte seines Meisters, der still an der Seite steht. »Ich freue mich schon darauf«, kommt es enthusiastisch von Hakku, der freudig auf und ab hüpft. Liza dagegen verhält sich ungewöhnlich kühl und still. Sie zieht sich ihr rotes Oberteil aus, damit es nicht weiter oder ein weiteres Mal kaputt geht und verschränkt dann ihre Arme vor ihrer, vom Verband und ihrer modernen Unterwäsche verhüllten, Brust. Der Verband um ihren Körper verhilft dabei ihren Wunden am Rücken zur Heilung. »Mal schauen, ob du mich überhaupt berühren kannst.« Die Augen des jüngst dazu Gestoßenen weiten sich. Man könnte sogar meinen, dass Blut aus der Nase schießt, als er kurz wie weggetreten ist. »Hast du so immer mit ihr trainiert, Cousin?! Da kann man sich als Mann doch gar nicht konzentrieren!« »Los«, gibt Sesshomaru nur kühl das Startsignal, während Jaken fernab der beiden kocht. Hakku rast ohne weiteres auf Liza zu, die seinen Faustschlag mit ihrer flachen Hand abfängt; ohne ihre Augen zu öffnen. »Zu schwach«, ist es Lizas einziges Kommentar. »Was?«, antwortet Hakku dagegen nur verwundert. Die Art und Weise, wie die Menschenfrau dann ihre blauen Augen öffnet, lässt den Windkrieger sofort den Angstschweiß hervorbrechen. »Jetzt zeig ich dir mal einen Angriff!« Danach formt Liza ihre zweite Hand zur Faust und schlägt Hakku direkt in den Bauch. Der Schmerz ist zunächst in seinem Gesicht zu sehen, bevor sein Körper plötzlich verschwindet und hinter ihr wieder auftaucht. »Zu langsam«, lacht er noch und schlägt auf den Kopf der Schwarzhaarigen. Der verschwindet, bevor er überhaupt zuschlagen kann, in einem Flammenmeer. »Was?!«, zeigt sich sein Schock ungeniert. Seine Dämoneninstinkte verraten ihm, dass sie genau hinter ihm aufgetaucht ist. Also wendet er sich um und kann ihren Schlag in seine Magengegend auffangen. Er packt sich ihren Arm hart und unnachgiebig, während er ihn auf ihren Rücken drückt. Es erinnert sie an den Polizeigriff aus ihrer modernen Zeit. Ein kurzer, aber spitzer Schrei des Schmerzes dringt aus dem Mund der Schwarzhaarigen, bevor sie ihren Trainingspartner auf den Fuß tritt. Der zieht seinen Fuß nur kurz weg, bevor er wieder standhaft auf der Erde verweilt. So benutzt sie nun den Ellenbogen ihres zweiten Armes und schlägt ihn gegen die Hüfte Hakkus. Dort scheint er keine so gute Defensive zu haben, denn er krümmt sich sofort zusammen und hält sich die schmerzende Hüfte. Dies nutzt Liza aus, befreit sich und donnert ihm ihren Handballen unter sein Kinn. Er verliert sein Gleichgewicht und fällt nach hinten um, wo die Schwarzhaarige ihm ihren Fuß gegen den Hals drücken will, doch er verschwindet einfach. »Finde mich doch! Wenn du kannst!«, vernimmt sie seine Stimme, sieht ihn allerdings nicht. Das ist eine für sie ungewohnte Situation. Noch bevor sie über die kommenden Schritte nachdenken kann, spürt sie an ihrem gesamten Körper Tritte und Schläge. Sie kommen schnell, aber nicht sehr hart. Trotzdem reichen sie aus, um heftige Schmerzen auf dem ganzen Körper wachzurufen. Die Menschenfrau muss sich an alles erinnern, was ihr Meister ihr bereits beigebracht hat. Wie verrückt kramt sie in ihrem Kopf nach, bis sie endlich die richtigen Worte gefunden hat. Es wird in diesem Turnier Gegner geben, die du nicht sehen kannst. Versuche sie mit deinen menschlich gegebenen Fähigkeiten anders zu orten. Das ist nur eines der vielen Dinge, die er sie gelehrt hat. Also blickt sie sich zunächst um, ob Hakku vielleicht wie ein Puppenspieler irgendwo lauert. Aufmerksam gleiten ihre blauen Augen überall hin, aber sie sieht ihn nirgends. Sie beschließt daher ihre Augen zu schließen und ihren Sinnen zu vertrauen. Das erste was Liza spürt sind ihre Schmerzen am Körper und sie weiß, dass sie viele blaue Flecke bekommen wird. Das auszublenden fällt ihr als Mensch überhaupt nicht leicht, aber als Feuerkönigin muss sie drüber stehen. Sie will sich weiter entwickeln. Sie will immer noch stärker werden. Sie will andere beschützen können. Sie will sich ihrem Meister Sesshomaru beweisen. Da ist es! Die Aura ihres Gegners. Sie spürt diese auffrischende Energie, die sich um ihren Körper bewegt. Seine Körperwärme ist für sie leicht aufzuspüren, doch noch ist er zu schnell für sie. Selbst das Gras zu ihren Füßen bewegt sich sachte im Wind, den er mit seinen Bewegungen aufruft. Sie schließt daher, dass er zwar ein Wind Splinter ist, doch er hat sein eigenes Element nicht so gut unter Kontrolle, wie sie selbst, denn sonst könnte er bestimmt dafür sorgen, dass nicht eine Luftböe aktiv ist. Für sie ungewohnt nett, schlägt er sie nicht an ihren Wunden auf ihren Rücken. Auch wenn Liza es nicht sehen kann, doch ihr kluges Handeln wirft auf den Lippen ihres Meisters ein stolzes Lächeln wach. Er hätte nie geglaubt, dass er mal einen Menschen trainieren würde, noch weniger eine Frau und schon gar nicht einen Feuerableger. Sie ist schneller über sich hinausgewachsen, als er es jemals vermutet hat. Er würde heute sogar behaupten, dass sie jeden Dämon besiegen kann, der ihr über den Weg läuft. Das bedeutet, sie würde definitiv in seiner Heimat bestehen und bleiben können, um sie zu beschützen. Das Volk würde sie akzeptieren. Außerdem hat sie noch nicht heraus gefunden, wie sie wieder in ihre Zeitepoche zurück gelangen kann. Ein für ihn ein deutlich logisches Unterfangen. Ihre Elemente, die Elemente der ersten Generation, sind in jeder Zeitepoche Existent. Sie können also wie Portale gehandhabt werden, wenn man weiß wie. Da sie allerdings nicht daran denkt, scheint es bis dahin so, als ob sie sich bei ihm in den westlichen Ländereien niederlassen wird. Unlängst überlegt er tatsächlich sogar ihre Abmachung zu erweitern. Früher oder später würde er sich eine Frau nehmen müssen. Zwar hegt er keine Romantik und aufgrund seiner Abstammung als Hundefürst hat er es auch nicht sonderlich eilig damit, aber es wird irgendwann passieren müssen. Liza ist tatsächlich, trotz ihres Menschenblutes, eine geeignete Anwärterin. Es gibt viele Für, aber auch ebenso allerlei Wider sie zur Frau zu nehmen. Der reizvollste Aspekt ist dabei wieder einmal gegen alle Regeln zu brechen. Allein Mensch und Dämon werden ungern zusammen gesehen. Ihre Elemente, Feuer und Erde, noch weniger. Zweifelsohne ist sie hübsch für einen Menschen. Sie ist stark und besitzt einen scharfen Verstand. Ihr Beschützerinstinkt ist schier grenzenlos. Gegnern gegenüber kennt sie keine Gnade. Das einzige, was ihn definitiv an ihr anekelt, ist ihr Menschenblut. Vielleicht kann er aus ihr einen Dämon machen. Möglichkeiten gäbe es sicherlich, doch es würde auch bedeuten sich länger an sie zu binden, als ihm lieb ist. Sobald er ein Kind mit ihr hätte, würde das schon ausreichen seine Pflicht als Herrscher erfüllt zu haben. Seine eigenen Überlegungen werden verfrüht beendet, als er das laut surrende Geräusch vom wilden Flügelschlag im Wald hinter sich bemerkt. Saimyōshō? Hier? Zu dieser Jahreszeit?, schießt es ihm durch den Kopf. Sie sind keine ernst zu nehmenden Gegner, aber nervig und lästig. Er zögert nicht lange und lässt in die tiefen Schatten seine Giftpeitsche schnellen. Sie tötet das ausspionierende Insekt ohne Kompromiss. Anschließend wendet er seine Aufmerksamkeit wieder dem Trainingskampf. Die nächsten Sekunden vergehen für Liza immer langsamer, bis sie wie Minuten und dann sogar wie Stunden erscheinen. Ihre innere Ruhe die, wie bei der Meditation, immer mehr in ihr einkehrt, lässt sie glauben, dass die Zeit immer langsamer verfliegt. Die sonst so schnellen Bewegungen des Wind Splinters werden langsam genug, so dass sie ihn sehen kann. Einfach alles vergeht für sie, wie in Zeitlupe. Ihre Sinne sind geschärft und sie erschafft binnen weniger Sekunden ein Feuerabbild von sich, in das er blind und viel zu selbstsicher einschlägt. Die Flammen fangen sofort im Stoff seines Kimonos Feuer. »Was!?«, stößt er erschrocken auf und versucht sogleich die aufsteigende Hitze zu ersticken. »Wie war das?«, ist es die Stimme von Liza, die provozierend neben ihm auftaucht und sich seinen freien Arm packt. Sie fixiert ihn hinter seinen Rücken, tritt ihn leicht in die Kniekehle, was ihn selbst auf den Boden zwingt und vor Schmerzen aufschreien lässt. Ihren zweiten Arm hat sie demonstrativ um seinen Hals geschlungen und ihre Armkehle eng an ihn gepresst. »Jetzt wärst du tot.« Das Gesicht des jungen Mannes hat sich allerdings zu keinem Schmerz verzogen, sondern eher zu einem Glücklichen. »Das ist so eine schöne Art zu sterben.« Erst ist sie noch verwundert, aber dann versteht sie, was los ist. Sein Kopf befindet sich genau zwischen ihren Brüsten. Sofort schießt ihr die Röte ins Gesicht, da die Wut in ihr aufsteigt. Nun hat er sogar die Dreistigkeit sein Gesicht zu ihrer rechten Brust zu drehen und daran zu riechen. »Oh Gott, du riechst so abnormal gut. Ich will dich am liebsten hier und jetzt auf den Boden drücken. Du vor mir auf allen vieren, ich hole mit meinem Becken aus, nur um dich dann …« Noch bevor Hakku seine Aussage beenden kann, ist es Liza selbst, die Hakku schlicht weg k. O. prügelt. Beleidigt und sauer und zugleich geht sie zu ihrem Oberteil und zieht es sich wieder an. »Ich gehe mich eben … frisch machen, Meister Sesshomaru.« Ohne weitere Worte zu verlieren, verschwindet sie in den Wald, wo ein Fluss entlang fließt. »Ich habe dir doch geraten Liza nicht zu nahe treten«, erinnert Sesshomaru seinen Cousin an seine zuvor gesagten mahnenden Worte, als sie weg ist. »Oh, aber sie riecht so unglaublich gut. Dieser Duft ihrer Unschuld und dann noch, dass ihr Körper so empfängnisbereit ist… Gott, diese Kombination weckt Fantasien in mir, die ich gar nicht bändigen kann.« Nur kurz nach seiner Antwort driften auch schon seine Gedanken wieder ab. Diese Vorstellung, wie sie voller Unschuld unter ihm liegt, ihre Arme machtlos vor ihrem nackten Oberkörper, während sie mit roten Wangen verlegen zur Seite schaut. Seine Gedankenträumereien nehmen ein verfrühtes jähes Ende, als er einen Schlag auf seinen Kopf bekommt. »Hey! Au!«, schreit er auf und hält sich unter seinem extrem langen Pferdeschwanz den Hinterkopf. »Du solltest weniger Sabbern, wenn du schon träumst«, meint Jaken grummelig. Erst jetzt merkt der Hundedämon, wie seine leichte Mundflüssigkeit aus seinem Mundwinkel heraustropft. »Geh und hol das Menschenweib. Das Essen ist fertig«, kommt es von Jaken genervt, der seine Arme in seinen Kimonoärmeln verschränkt. »Oh ja klar. Das mach ich sofort«, strahlt Hakku und rennt sofort freudig los, wird aber noch für einen kurzen Moment von Sesshomaru unterbrochen. »Egal, was du für deinen Rang geopfert hast, aber du musst lernen deine animalischen Instinkte zu zügeln, Hakku.« Kurz bleibt er stehen, schaut zu ihm und lächelt ihm nickend zu, bevor er endgültig geht. »Meister, haltet Ihr es wirklich für eine gute Idee Euren Cousin mit zunehmen?«, wendet sich der Krötendämon zögerlich an seinen Meister. »Es gibt einen Ehrenkodex unter Elementskriegern. Du kannst keinen Anfänger allein lassen - egal welchen Rang er hat. Jede Art von Krieger ist wertvoll und von großer Bedeutung für den Erhalt der Welt«, hält sich der stolze Hundedämon kurz. Diese Worte lassen den niedrigeren Dämon staunen, was ihn aber auch wieder zu einem weiteren Thema führt. »Ähm… Apropos wichtig und wertvoll … Haltet Ihr es nicht für sinnvoll, wenn ich Liza das Kochen beibringe? Ich meine… Für sie wäre es doch auch sinnvoll.« »Als Feuerablegerin isst sie viel mehr, als jeder andere, weil sie viel mehr verbrennt. Sie wäre nur noch mit Kochen beschäftigt, was ihr Training deutlich verringern würde.« Diese kühlen Worte seines Meisters lassen den Diener die Wahrheit erkennen und ihm entsprechend zustimmen. »Ich verstehe, Meister Sesshomaru.« Hakku selbst folgt dem Geruch Lizas, bis in den Wald, wo sie sich an einen Fluss nieder gekniet hat und sich ihr Gesicht wäscht. »Hey Liza. Essen ist fertig«, teilt Hakku ihr lächelnd mit. Sogleich wendet sie ihren Kopf und schaut ihn über die Schulter hinweg an. »Danke und … entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht so verprügeln«, entschuldigt sie sich reumütig. »Ach was. Alles in Ordnung. Ich wollte dir ja auch eigentlich nicht zu nahe treten«, bittet er sie ebenfalls indirekt um Vergebung. Stille herrscht, bis Liza wieder das Wort ergreift. »Warum machst du das eigentlich? Ich glaube nicht, dass das nur an deinen Instinkten liegt.« Wie soll sie auch was anderes Denken. Dann müsste ihr Lehrer ja genauso am Rad drehen. Die Vorstellung, er könnte sich genauso verhalten, wie Hakku, lässt ihr ein falsches, ungläubiges Lächeln auf die Lippen kommen. Der sonst so heitere Wind Splinter antwortet ihr ernster, als jemals zuvor. »Weil das meine Opfergabe war«, ist es zunächst seine Aussage. Liza blickt fragend zu Hakku hinauf, bevor sie aufsteht und ihm sagt: »Ich verstehe nicht was du meinst.« »Hundedämonen sind eigentlich dafür bekannt unsagbar treu zu sein und das war ich entsprechend auch. Ich habe immer treu und zuverlässig zu meinen Freunden, meiner Familie und Verlobten gestanden, doch als die Entscheidung für mich gekommen war meine Opfergabe zu wählen, um den nächsten Rang zu erreichen, wusste ich, dass es nur meine Treue sein konnte.« »Wie konntest du dir nur so sicher sein?«, hinterfragt die Schwarzhaarige sofort seine Entscheidung. »Weil der Wind wankelmütig ist. Er ist mal eine Brise und mal ein Sturm. Er kann heute hier sein und morgen ganz woanders. Der Wind ist nicht greifbar und hält sich an keine Regeln. Er ist von allen Elementen die Naturkraft, der sich seine Ableger am schnellsten aussucht und auswechselt.« Bei seiner Erklärung erinnert sich Liza an die Begegnung mit Tsukuyomaru. Auch wenn sie zu dem Zeitpunkt mit dessen Schüler Kenshin zu Gange war, hat sie in der Nähe der Lehrer mitbekommen, wie der Daiyokai des Südens selbst sagte, dass er spürt, dass der Wind ihm nicht mehr ganz gehorcht und sich sogar bereits einen neuen Ableger erwählt hat. Ob es sich dabei um Hakku gehandelt hat? »Kommst du nun?«, holen sie Hakkus fröhliche Worte wieder zurück. »Hm? Klar, ich komme«, antwortet sie dann doch überrascht, weil sie so tief in ihren Gedanken gewesen ist. Wieder am Lagerfeuer angekommen, nimmt sich Liza gleich eine Schüssel und isst die Suppe, die Jaken zubereitet hat. »Sag mal Hakku«, beginnt die Menschenfrau, »bist du eigentlich wirklich mit Meister Sesshomaru verwandt?« Auch Hakku setzt sich dazu, isst jedoch nichts. »Nun ja nicht wirklich. Ich nenne ihn nur Cousin, weil das unsere Familie zulässt.« Diese Aussage scheint Liza einmal mehr zu verwirren und sie blickt ihn verwirrt an. »Wir stammen aus unterschiedlichen Familien, haben aber letztlich die selbe Mutter«, erhebt tatsächlich Sesshomaru seine Stimme. Trotzdem bleibt er unter einem Baum stehen, seine Arme vor seinem Körper in den weiten Kimonoärmeln verschränkt. Die blauen Augen der Menschenfrau wandern unsicher zwischen den Hundedämonen hin und her, bis sich ein lachender Hakku dazu erbarmt zu sagen: »Sesshomarus und meine Mutter ist die einzige Frau, die sowohl Hunde- als auch Mondgöttin ist.« Noch immer versteht Liza nicht ganz, was das alles zu bedeuten hat, aber sie versteht "Göttin". Soll das also bedeuten, dass Sesshomaru nicht nur ein Daiyokai ist, sondern auch noch eine Art halber Gott? Hakku ebenso? »Hmm… Wie erkläre ich dir das nur?«, fragt sich dann Hakku selbst laut. Jaken tritt in den Vordergrund und räuspert er sich. »Dürfte ich es erklären, Meister Sesshomaru?« Er fasst das stumme Nicken als Bestätigung auf und gesellt sich zu Liza. Diese schaut ihn aufmerksam an. »Es gibt viele, fast unzählige Arten von Hundedämonen. Meister Sesshomaru gehört natürlich zu den edelsten und besten Hundedämonenrassen - den Akitas. Du kannst die unterschiedlichen Arten als Sterne betrachten. Jede Art, ist wie ein Stern am Himmel. Und Meister Sesshomarus Mutter hat all die unterschiedlichen Rassen mit ihrer Stärke und Macht erschaffen.« »Okay, das leuchtet mir ein«, antwortet Liza, als sie ihre erste Portion Suppe ausgetrunken hat und die Schüssel für eine weitere Ration hinhält. Während Jaken nachfüllt, wendet sich die Menschenfrau an Hakku. »Und welcher Rasse gehörst du an?« »Oh, ich gehöre den Shikoku an«, antwortet er sofort. Liza muss innerlich schmunzeln, denn in ihrer Zeit sind diese Hunde besonders für ihre Treue bekannt. Treuere Hunde – neben den Akitas – gibt es kaum in ihrer Zeit. Umso mehr wird ihr allerdings die Opfergabe verständlich, die der Wind von ihm verlangt hat. Das muss echt hart für ihn gewesen sein, sein teuerstes Attribut herzugeben, stellt sie fest. Als sie von Jaken ihre zweite Portion bekommt, führt er mit seinen Erklärungen fort. »Doch Inukami selbst ist die Göttin des Mondes. Ihr gehorcht der Mond mit all seinen Phasen, seinen Stärken und Schwächen in seinen jeweiligen Zyklen«, erklärt der Kappa-Dämon dann weiter, während er ihr gleichzeitig die neue Portion übergibt. »Haben deshalb auch Hakku und Meister Sesshomaru diese Monde auf der Stirn? Sind sie nur ein Zeichen, dass sie die gleiche Mutter haben?«, fragt Liza den Krötendämon. »Nicht nur, sie stehen dafür, welcher Generation wir angehören. Mein Vater zum Beispiel ist ein Hund aus der zweiten Generation. Das bedeutet, er selbst stammt aus einer Kreuzung zwei unterschiedlicher Hundedämonen der ersten Generation. Da sich mein Vater ebenfalls auf Inu no Kami einließ, bin ich selbst also ein Hundedämon der zweiten Generation. Mein Cousin gehört aber natürlich der ersten Generation an, weil dies auch schon sein Vater war«, antwortet Hakku statt des Kappa-Dämons. Also sind Hakku und sein Vater Mischlinge. Irgendwie süß, macht sich Liza das in ihrem Kopf einfach, während sie wohlwollend lächelt. »Aber warum sind dann eure Monde so unterschiedlich?«, ist die Neugier der einzigen Frau schier grenzenlos. »Das liegt an dem Rang unserer Väter«, spricht Sesshomaru wieder. Der jüngere Hundedämon führt weiter. »Genau. Mein Vater ist nämlich ein Kriegsfürst und sorgt für die Sicherheit im gesamten westlichen Reich. Sesshomarus Vater dagegen war zu Lebzeiten der Daiyokai der westlichen Ländereien.« »Okay, aber wenn ich das richtig verstehe …«, beginnt Liza zu residieren. »Also eigentlich hat eure Mutter alle möglichen Hundedämonen erschaffen und mit zwei von ihnen geschlafen.« »Mit fünf. Es gibt noch drei weitere Hundedämonen, wie uns«, verbessert der Wind Splinter sie. Also eine Schlampe!, denkt sich Liza lieber still, bevor sie den Hass ihrer Mitstreiter zu spüren bekommt. Gegen Hakku könnte sie sich behaupten, aber Sesshomaru? Unweigerlich fragt sie sich, welche Beziehung er zu ihr hat. Er hat nie über sie gesprochen und all die Erzählungen über sie berühren ihn offensichtlich auch nicht. Wie immer erkennt sie keine nennenswerte Reaktion von ihm. Trotzdem wüsste sie gerne, wie sein Verhältnis zum Rest seiner Familie ist. Hat er überhaupt noch Familie außer Hakku? Sie hat mitbekommen, dass sein Vater wohl verstorben ist, aber seine Mutter lebt wohl noch. Seine Mutter, die sich mehrere Männer genommen hat. Mit ihrem modernen Denken wäre sie nicht mehr, als eine Bigamistin. Auf der anderen Seite ist sich Liza auch bewusst, dass es in dieser Zeit vielleicht noch Gang und Gebe ist, sich mehr als einen Partner zuzulegen. Ungewöhnlich. Sowas hat sie eher von Männern gehört. Je höher der Rang, desto mehr Geliebte oder Nebenfrauen hat der Mann haben dürfen. Das dies aber auch eine Frau so handhaben kann, ist ihr neu. Mit ihrem neuzeitlichen Denken und ihrer starken Eifersucht könnte sie es nie dulden, dass ihr Mann neben ihr noch eine oder mehrere Frauen hätte. Augenblicklich schießt ihr die Frage in den Kopf, woher sie eigentlich wissen will, dass sie eifersüchtig ist. Sie ist ja nie verliebt gewesen oder hat für jemanden geschwärmt. Zumindest bis zu jenem Tag, als sie sich wirklich eingestanden hat in ihren Lehrer verliebt zu sein. Da kommt auch wirklich die Eifersucht in ihr hoch, wenn sie daran denkt, dass er schon eine Frau haben könnte. Vielleicht auch sogar Kinder. Das sie überhaupt seit Kurzem daran denkt zu heiraten und sogar Kinder zu wollen, macht die Menschenfrau innerlich ganz fertig. Sie ist nie die Frau gewesen, die heiraten und sich einem Mann unterordnen will, doch jetzt, wo Sesshomaru in ihrem Leben ist, haben sich einige neue Tore in ihrem Leben geöffnet. Eigentlich hat sie ihm doch die Gefühle wieder bringen wollen und jetzt befindet sie sich dank ihm in einem totalen Gefühlschaos. Sie empfindet Liebe. Eifersucht. Leidenschaft. Verlangen. Alles was sie nie vorher gefühlt hat. Ob sie es ihm allerdings sagen soll, weiß sie nicht. Bei seinem Scharfsinn wird es ihm nicht lange verborgen bleiben – egal wie sehr sie es versucht zu verstecken. Sie zieht es sogar in Betracht, dass er es schon weiß. »Und deshalb nenne ich alle meine Blutsverwandten Cousin oder Cousine«, grinst Hakku. »Wäre Bruder oder Schwester nicht geeigneter?«, fragt die Menschenfrau dann schließlich neckisch. Der jüngere Hundedämon zuckt nur locker mit den Schultern. »Sicher, aber ich empfinde "Cousin" und "Cousine" irgendwie angenehmer auszusprechen.« Da kann sie gar nicht anders und lächelt gequält. »Hehe…« Zumindest blickt sie jetzt etwas mehr in diesem Dämonendurcheinander durch und zu allem Überfluss werden auch noch die Schmerzen wieder in ihrem Unterleib stärker, weshalb sie sich die Hand darauf halten muss, um die Stelle zu wärmen. So entspannen sich die Muskeln und sie kann wieder mit dem Schmerz in ihrem Innern klar kommen. Zumindest würde das Ganze aber in wenigen Tagen ein Ende haben. Kapitel 12: Tansui, das Wasser ------------------------------ Nachdem weitere vier volle Tage vergangen sind und nicht nur Liza weiß, sondern auch die Hundedämonen immer stärker riechen können, dass sich ihre besondere Zeit bald dem Ende entgegen neigt, hat sie um eine längere Rast gebeten. Sie möchte gerne an diesem Waldrand bleiben, weil sich ein Fluss in der Nähe befindet. So ist sie seit zwei Tagen wie vom Erdboden verschluckt. Jetzt, wo in den letzten Tagen vieles schlimmer geworden ist, möchte sie einfach nur ihre Ruhe - auch um sich der besonderen Pflege zu widmen und vor allem, um ihre männlichen Mitstreiter nicht zu sehr ihren Stimmungen auszusetzen. Deshalb hat sie sich auch komplett zurück gezogen, ist aber, auf Wunsch ihres Lehrers, in Geruch- und Hörweite geblieben. Lediglich ihr Wächter Leon ist an ihrer Seite, um sie mit der nötigen Wärme zu versorgen. Auch Jaken darf zu ihr, um ihr etwas zu essen zu bringen. Diese Zeit nutzen die Männer zum Training. »Also, was ist mein Problem?«, fragt Hakku, als sie sich nach einem Schlagabtausch gegenüber stehen. »Deine animalischen Instinkten lenken dich viel zu schnell ab. Deine Motivation ist unterirdisch. Deine Defensive ist dünner, als jede Menschenhaut. Du bist zwar schnell, aber nicht stark. Wärst du mit deinem Verstand genauso schnell, vorausschauend und scharf, wie mit dem Wind, könntest du klüger sein, als ich. Du kannst dein Element außerdem nicht mal im Ansatz so gut beherrschen, wie Liza.« Kurz schweigt er, bevor Sesshomaru dann weiter führt. »Und sie ist nur eine Königin.« »Ja, ja. Ich versteh schon. Aber wie soll ich das machen? Ich meine, wie hast du das Liza beigebracht?«, stimmt das den sonst so freundlichen Charakter nachdenklich. Er setzt sich im Schneidersitz einfach auf die zugeschneite Wiese. Die Arme vor den Körper verschränkt. »Sie konnte es bereits von Anfang an«, zeigt sich Sesshomaru unbeeindruckt. »Was?! Ja, aber …«, ist Hakku dagegen schockiert. »Ihr Vater trainierte sie zuvor«, fällt er kühl ins Wort. »Oh… Okay. Und warum trainiert er sie nicht mehr?«, fragt Hakku ungeniert weiter. »Er ist gestorben, bevor er sein Training mit ihr abschließen konnte.« Das wirft in Sesshomaru die Frage wach, wie stark Liza wäre, wenn sie in dessen Training geblieben wäre. »Das tut mir leid für sie«, zeigt sich Hakku reumütig. »Aber das ist nun mal das Schicksal der Menschen. Ich kann mir denken, wie furchtbar das für sie gewesen sein muss.« »Du kannst gar nicht nachvollziehen, wie das ist, wenn deine Vertrauensperson in jungen Jahren stirbt und dein, noch lebendes Elternteil sich dem neuen Partner unterordnet«, zeigt sich Sesshomaru wenig begeistert über diese einfach daher gesagte Aussage. »Du hast doch alles. Mehr als es sich ein Elementskrieger vorstellen kann.« »Sesshomaru …«, ist Hakku tatsächlich sehr überrascht über diese Worte des älteren Hundedämons. »Du wirst von Dämonen verehrt und Menschen geliebt. Den Wind und seine Ableger lieben einfach alle. Und das macht euch Windkinder in meinen Augen so unsympathisch. Ihr seid lebhaft, sprunghaft, voller Elan und Freude. Ihr kennt nicht den Schmerz und die Einsamkeit die andere Elementskrieger haben.« Stumm hört sich Hakku die Worte seines Cousins an und wartet geduldig, bis er sich ausgesprochen hat. Erst dann steht er bedachtsam wieder auf. »Mag ja sein, aber die Erwartungen von allen zu erfüllen ist auch nicht immer einfach«, kontert er ruhig und gewissenhaft. »Du hast einfach nur zu lange in der Dunkelheit verbracht, lieber Cousin. Auch du hast noch lange deine Elternteile gehabt, bis sich dein Vater in diese Menschenfrau verliebt hat und für sie und deinen Halbbruder starb. Unsere verehrte Mutter, egal wie sehr du sie hassen magst, lebt sogar immer noch. Von all uns Hundebrüdern liebt sie dich, als Erstgeborenen, am meisten. Ich bezweifle, dass du dich halb so einsam gefühlt haben musst, wie deine Schülerin, deren Vater starb, als sie selbst noch ein Kind war. Oder Tansui, die als kleines Mädchen beide Eltern in einer Schlacht verlor!«, knurrt Hakku ihn an. Jaken, unweit von beiden Kriegern, muss hart schlucken, als ihm die aufkeimende, starke Aura seines Meisters bewusst wird. »Du vergisst, dass alles immer zwei Seiten hat. Sicher sind wir Windkinder beliebt, aber man setzt auch viele Erwartungen in uns. Den Wind zu kontrollieren ist kein leichtes Unterfangen und dennoch erwarten alle von uns, dass wir es von Geburt an können sollen. Am besten sofort perfekt!« Die Worte, so glaubt Hakku es zumindest, scheinen Sesshomaru zu treffen, denn er reagiert nicht. »So langsam verstehe ich warum Menschen und Dämonen sagen, dass das Feuer ein Element ist, was längst ausgeschlossen gehört. Sie hat dich runter gezogen und dich wieder in dieses Loch geschickt, in das du eigentlich gar nicht mehr verweilen solltest! Lass sie frei und entlaste dich selbst, damit du wieder der Herrscher bist, den ich noch von früher kenne!« »Du bist also auch einer derjenigen, die das Feuer hassen?«, kontert Sesshomaru nur kühl, fast schon eisig auf die Rede seines jüngeren Mitgliedes ohne auf das vorangegangene einzugehen. Das lässt Jaken einen Schauer über den Körper rasen, der ihn für einige Sekunden zittern lässt. Angespannt schaut er zwischen den Männern hin und her. »Es gilt nun mal als keins der sympathischsten Elemente. Es ist eingebildet, arrogant, hochnäsig, hält sich für unbesiegbar und glaubt es sei ein Anführer. Diese Frau ist genauso. Sie hat dich mit ihrer Wärme geblendet. Du bist süchtig nach ihren Flammen geworden, Sesshomaru!«, brüllt Hakku voller Zorn. »Ich unterstütze nur ihre Fähigkeiten und bilde sie aus«, zeigt sich der Daiyokai unbeeindruckt und antwortet gewohnt sachlich. »Das ausgerechnet du mal so abhängig vom Feuer wirst, hätte ich nie gedacht!« »Du vergisst, dass es ohne Feuer kein Leben gibt«, fährt Sesshomaru ausgesprochen scharf den Windkrieger an. »Gäbe es kein Feuer, gäbe es keine Wärme. Gäbe es keine Wärme, gäbe es uns nicht. Feuer durchflutet jedes Land, jeden Körper, jedes Herz.« Vollkommen unverkennbar bildet sich sogar ein abfälliges Lächeln auf den sich erhebenden Mundwinkeln des Fürsten. »Oder wie willst du sonst deine stetige Leidenschaft erklären, die du für Frauen teilst.« Das er bewusst "Frauen" sagt und nicht den Namen seiner Verlobten erwähnt, lässt Hakku bedrohlich knurren. Der Wind peitscht um seinen Körper auf, während Sesshomaru gewohnt herrisch und unbeeindruckt vor ihm stehen bleibt. Wie zwei wilde Hunde, die gleich einen Kampf um ihr Revier beginnen, stehen sich die Dämonen gegenüber. »Wenn dir meine Trainingsmethoden nicht passen oder du ein Problem mit meiner Schülerin hast, kannst du wieder gehen. Du hast unter der Fuchtel deiner Verlobten komplett vergessen zu wem du gehörst. Du gehörst dem stolzen Geschlecht großer Hundedämonen an und unterwirfst dich freiwillig einer Frau, die zu nichts mehr taugt, als unsere Jagdbeute zu sein. Sie ist schwach. Viel zu schwach, um mit uns starken Hunden mithalten zu können.« »Es geht dir also immer noch nur um Stärke. Hätte ich mir ja denken können«, knurrt Hakku auf. »Mein Schicksal beruft mich zur Herrschaft. Macht ist das Mittel womit ich es erreichen will«, ist die Antwort Sesshomarus mehr als eindeutig. »Und wie soll die Frau für dich sein, so machtbesessen wie du bist? Soll sie sich auf deinem Niveau bewegen? Oder vielleicht sogar noch stärker sein, als du? Du weißt, dass für dich dann nur eine Frau in Frage kommt. Lady Abi. Der Hass, der euch beide verbindet, ist über alle Grenzen hinaus bekannt.« Als keine Antwort erfolgt, spricht Hakku weiter. »In einer Beziehung kommt es auf weit mehr an, als nur Macht und Stärke.« »Wir reden also wieder über das menschliche Gefühl, das Liebe genannt wird.« Die fehlende Euphorie ist mehr als deutlich im eiskalten Ton der Stimme des Fürsten zu hören. Hakku zuckt mit einer Augenbraue. »Mir ist durchaus bewusst, dass du keine Gefühle mehr hast, aber es gibt keine Frau – egal ob dämonisch oder menschlich, die sich nicht nach Liebe sehnt. Selbst die größte und stärkste Kriegerin erwartet Liebe von ihrem Partner.« Selbstsicher grinst Hakku den erfahreneren Krieger an. »Ich weiß, dass du auf der Suche nach der perfekten Partnerin bist. Eine Frau, die Herrscherin, Kriegerin, aber auch unterwürfige Geliebte sein kann, um die Stärke deiner Kinder zu sichern.« »Pass auf, was du sagst«, knurrt Sesshomaru, während sich seine Augen verengen. In diesem Punkt hat Hakku eindeutig mehr Erfahrung. »So eine Frau gibt es aber nicht. Frauen sind entweder Geliebte, Herrscher oder Krieger, aber niemals alles auf einmal. Und ganz egal, was sie sind, sie wollen Liebe. Oder willst du mir ernsthaft weißmachen, dass dein Drang nach Perfektion nur deshalb da ist, um die westlichen Ländereien auch in Zukunft führen zu können. Um sie weiter unter der Herrschaft unserer Sippe zu belassen?« Die Meinung über diese Ansprache zeigt sich gewohnt kurz. »Ansprüche bei der Partnerwahl zu haben ist immer wichtig.« Ein weiteres Mal grinst Hakku überheblich. »Du bist auf deine Weise ziemlich romantisch.« Eindeutig genervt und provoziert von diesem Thema zieht sich nur eine Augenbraue von Sesshomaru hoch. »Du könntest dir spätere mehrere Frauen nehmen. Drei, vier, fünf oder mehr, wenn du willst, aber du suchst diese Eine. Du hast also doch wieder Gefühle.« Ja, auch Hakku kann wirklich sehr rational und vorausschauend denken, wenn er will. »Vielleicht sogar für deine eigene Schülerin?« »Ich warne dich!«, knurrt Sesshomaru tatsächlich. »Ist es deshalb der Grund, weshalb du dich so sehr für ihr Element einsetzt? Ist es deshalb der Grund, weshalb du sie trotz menschlicher Abstammung an deiner Seite duldest? Nicht nur wegen ihrer Stärke? Ich weiß, dass du Menschen hasst. Aber ich denke, du liebst sie.« Der Wind peitscht stärker und bedrohlicher auf, als würde er jeden Moment den Kampf ankündigen wollen. »Wenn ihr Geruch sie nicht verraten würde, könnte ich sogar fast vermuten, euch verbindet mehr, als die übliche, normale Lehrer-Schüler-Beziehung.« Ein tiefes kehliges Knurren dringt aus Sesshomarus Mund. »Vergleiche uns nicht mit dir und deiner Lehrerin.« Beide bemerken ein Blubbern zwischen sich. Aus einer Wasserfontäne bildet sich ein Körper, die sich genau zwischen den Männern platziert. Nach und nach bildet sich daraus ein schlanker, zierlicher Frauenkörper in einem dunkelblauen Kimono. Geschmückt mit hellblauen Blumenumrissen hebt sich das Kleidungsstück stark von den orangenen Haaren ab, die zu einer Kurzhaarfrisur geschnitten sind. Nur zwei sehr lange Haarsträhnen erinnern noch daran, wie lang einst die Haare der Dämonin gewesen sein müssen. Ihre aufmerksamen grünen Augen zeigen, zusammen mit den großen Fuchsohren auf dem Kopf, welcher Abstammung sie ist - eine Fuchshalbdämonin. Die langen Ärmel des Kimonos verhindern fast die Sicht auf die Rüstung, unterhalb des blauschwarzweißen Obis. »Kann man den Männern helfen?«, fragt die junge Frau ruhig an die Hundedämonen gewidmet. »Macht mein Schüler etwa Ärger?«, richten sich die Augen danach direkt auf Sesshomaru. Dieser scheint aus seiner angespannten Haltung zu gehen und verschränkt seine Arme vor seinem Brustkorb. »Dein Schüler ist respektlos«, antwortet Sesshomaru kühl. »Keine Sorge. Von nun an soll Hakku nicht mehr dein …«, will sie eben noch antworten, als sie zwei Hände an ihren Brüsten fühlt, die sie unverfroren kneten und einen warmen Körper, der sich von hinten an sie schmiegt. »Haaa… Da bist du ja. Man was habe ich dich vermisst! Meine liebste Tansui.« Auch wenn sie es nicht sehen kann, aber der jüngere Hundedämon freut sich so sehr, dass sogar der Hundeschweif aus seinem Hintern geschossen kommt und nun wild hin und her wedelt. »Du bist eben doch die Beste.« Die eben noch erstaunten Augen der offensichtlichen Wasserfrau formen sich zu Wütenden. Anstatt auszurasten, verwandelt sich der Körper jedoch nur in pures Wasser, ehe er in den Boden versinkt und hinter dem Wind Splinter auftaucht. Schneller als ein menschliches Auge fassen könnte, packt sie sich beide Arme des Windkriegers und drückt ihn zu Boden. »Die Beste bin ich wahrlich nicht, aber ich habe geschworen dich im Rahmen dieses Turniers zu trainieren. Es sei denn du stirbst oder verschwindest wieder von meiner Seite. Dann hole ich mir einen neuen Schüler.« »Wozu?«, vernehmen ihre großen Ohren das eine Wort von Sesshomaru. Mit ihrem kühlen Kopf weiß sie, was er damit meint. »Ich habe es ebenfalls auf das Schwert abgesehen. Um genau zu sein auf die Bestandteile des Wassers. Ich finde sie sollten dahin kommen, wo sie hingehören«, antwortet sie ruhig. »Dann kommen wir uns wohl in die Quere, denn ich suche ebenfalls nach allen Teilen, um das Schwert zusammen zu setzen«, bleibt Sesshomaru unbeeindruckt. »Also willst du das Schwert für dich haben. Du weißt schon, dass es dir, ohne den Bannbrecher, nicht dienen wird und dir nicht einen Moment gehorchen wird?!«, zeigt Tansui sich strenger, als zuvor. »Das soll es nur tun, denn ich brauche es nur einen Moment, um Gegner wie dich zu töten«, dringt es aus Sesshomarus Mund. Jaken versteht all diese Anfeindungen plötzlich nicht. Sind sie denn keine Verbündeten? Sind sie Feinde? Sie sind doch alle Krieger der Elemente. Der Kappa-Dämon versteht zwar alles nicht ganz so genau, aber offensichtlich hat Liza das wohl unsympathischste Element von allen. Ist es also schlecht, weil er beginnt sie zu mögen? Sein Meister kommt aber auch nicht gerade gut weg. Dabei hat er, nach der Erzählung Sesshomarus, wirklich gedacht er versteht es. Ich dachte Wasser und Wind vertragen sich mit der Erde?, fragt er sich. Einmal mehr muss er sich eingestehen, dass er so ziemlich gar nichts über all das weiß oder auch nur eine Kleinigkeit versteht. »Wie es aussieht, haben wir einen Interessenkonflikt.« Um ihm zu demonstrieren, wovon sie spricht, hält sie ein silbernes Schloss hoch. Verziert mit kunstvollen Wasserornamenten, erkennt der Hundefürst sofort, dass es sich dabei um das Silberschloss aus dem Reich des Wassers handelt. »Ich sehe, wir werden ein Problem miteinander haben, Tansui.« Mit diesen Worten hält der Daiyokai des Westens ihr die Klinge Hoffnungsträger hin. Er weiß, dass sie in der Lage sein wird, die Gegenstände in ihm zu sehen, die er bereits gefunden und vereint hat. Diese Erkenntnis dauert nur wenige Sekunden, bis sie mit geweiteten Augen auf das Schwert blickt. Wütend blickt sie zuerst zu Hakku, als sie den Bannbrecher darin erkennt, der auch gleich Schuldbewusst seinen Blick von ihr abwendet. Danach blickt sie sich weiter die Klinge an. »Du hast bereits das Sirenengewand!? Gib es mir! Sofort!«, fordert sie streng auf. »Was fällt dir Frauenzimmer ein meinem Meister solche Forderungen zu stellen?!«, mischt sich Jaken ein. »Halte dich daraus, niederer Kappa-Dämon!«, zeigt sich die Wasserherrscherin gereizt und schickt Jaken eine mächtige Wasserfontäne, die nicht nur den Boden aufreiht, sondern ihn sofort töten kann. Stattdessen wird er gerettet. Jaken findet sich in den Armen der Menschenfrau wieder, die ihn genauso schnell aus der Schusslinie geholt hat, wie es sein Meister getan hätte. »Gehst du immer auf Schwächere los?«, fragt die Schwarzhaarige noch ruhig. Selbst in weiterer Entfernung hat sie diese starke Aura einer neuen Person gespürt. Es ist auch kein Verbündeter gewesen und genau deshalb hat sich sofort auf den Weg gemacht. Ausgerechnet heute, wo es ihr letzter Tag ist. Auch wenn sie weiß, dass Sesshomaru stark genug ist, um jeden Gegner zu trotzen, hat sie sich zur Sicherheit auf den Weg zu der kleinen Gemeinschaft gemacht. »Unhöflichkeit muss bezahlt werden!«, antwortet Tansui ruhig. Liza setzt Jaken vorsichtig auf den Boden ab, der sie zum ersten Mal mit großen, dankbaren Augen anschaut, während sie ihm lächelnd zunickt, bevor ihr entschlossener Blick wieder zur neu gestoßenen Frau geht. »Das gibt dir noch lange nicht das Recht auf die Kleineren und Schwächeren loszugehen!«, beschützt sie weiter den Dämon und verschränkt sogar belehrend ihre Arme vor der Brust. »Ich bin das Wasser. Ich muss nicht auf Rangniedrigere hören«, bleibt Tansui eingebildet und hochnäsig. »Dann muss ich dir wohl eine Lehre erteilen!«, kontert Liza. Der Geruch des Hundefürsten überall an ihr, verrät Tansui mehr als deutlich zu wem die Menschenfrau gehört. »Man merkt, dass sie deine Schülerin ist, Sesshomaru. Genauso arrogant und hochmütig, wie du. Außerdem stinkt sie nach unterwürfigem Hund«, spricht die Wasserfrau ein weiteres Mal an Sesshomaru gewidmet, ehe sie ihn direkt anschaut. Tatsächlich sieht man für wenige Sekunden die Augenbraue des sonst unterkühlten Daiyokais zucken. An seine Seite tritt Liza, die ihre Faust gegen die flache Hand schlägt. »Erlaubt mir mich ihrer anzunehmen«, bittet sie. »Tansui spielt in einer anderen Liga, als du. Ihr Element ist …«, will Hakku sie unterrichten, doch sie unterbricht ihn wütend. »Ist mir egal! Ich will sie in ihre Schranken weisen! Auf Schwächere loszugehen ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit!«, raunt sie den Wind Splinter an. »Unfolgsames Kind! Du weißt gar nicht worum es hier geht«, spricht Tansui ein weiteres Mal. Ihre Augenbraue zieht sich skeptisch hoch, als sie sieht, wie ein Blickaustausch zwischen Sesshomaru und seiner Schülerin auszureichen scheint. Die junge Frau nickt dem Mann stumm zu, bevor sie ihre auffällig blauen Augen wieder zur Wasserfrau richtet. »Ich weiß genug, um dich zu bekämpfen. Niemand tut denjenigen etwas ungestraft an die mir am Herzen liegen!«, spricht die Schwarzhaarige ein weiteres Mal eindringlich zur Fuchsfrau. Die Frauen blicken sich ernst an. Die Blitze knistern förmlich sichtbar in der Luft, während grüne und blaue Augen sich schier unerbittlich anstarren. Es ist lediglich das Startsignal auf das die beiden warten. »Wer nicht hören will, muss fühlen«, eröffnet Tansui selbst den Kampf mit dem alten Sprichwort. Hätte wer gedacht, dass diese Worte dazu ausreichen, dass Liza lossprintet, wie von einer Tarantel gestochen, hätte Hakku schneller die Fliege gemacht, als er von dieser alles umfassenden Druckwelle erfasst wird. Sie schleudert ihn direkten Weges eine nahe gelegene Klippe herunter. Zum Glück kann er über den Wind so weit herrschen, dass er sich selbst wieder hoch fliegen kann und zum älteren Blutsverwandten schwebt. »Junge, junge. Frauen können echt unheimlich sein«, schafft er es seinem Cousin zu sagen, als er bei ihm ist. »Deswegen halten wir uns einfach aus dem Streit heraus, bis sie sich beruhigt haben. Das ist das Beste, was du als Mann in so einer Situation tun kannst«, antwortet Sesshomaru einfach kühl. »Da hat Meister Sesshomaru Recht«, stimmt Jaken zu, während Hakku nur besorgt zu den kämpfenden Frauen schaut. »Ob Liza das schafft? Ich meine Tansui ist doch genau ihr gegenteiliges Element.« »Für mich ist das nur eine Möglichkeit zu sehen, wie viel Liza schon gelernt hat.« Für Liza selbst zählt das momentan gar nicht. Sie hat schlechte Laune und hasst diese Frau, die Jaken fast getötet hätte. Er ist kein Krieger, sowie sie und so ein Wasserstrahl kann ihn töten. Immer wieder schlägt die Feuerkönigin auf den Körper ihrer Gegnerin, doch entweder gehen ihre Schläge ins Leere oder der Körper ihrer Gegnerin löst sich auf. Diesen Trick kennt sie von sich selbst. Sie kann auch ihren Körper an diversen Stellen durch die Flammen auflockern lassen, doch wie man dagegen vorgehen kann, ist ihr nicht bekannt. Zeit, um sich jetzt auch Gedanken darüber zu machen, hat sie nicht, denn das überhebliche Grinsen ihrer Gegnerin macht sie aggressiv. Na warte! Dir werd ich's zeigen!, schießt es ihr durch den Kopf. Ein weiteres Mal schlägt sie auf Tansui ein, die ihr nur ein siegessicheres "Anfänger" an den Kopf schmeißt. Ein weiteres Mal holt sie mit ihrer Faust aus, um Tansui einen Schlag ins Gesicht zu geben. Die Wasserfrau sieht den vermeintlichen Angriff und will sogleich ihre Gesichtshälfte wieder zu ihrem Element formen, doch da spürt sie plötzlich den knallharten Tritt von Lizas Fuß - genau auf der anderen Seite. Wie ist ihr das nur entgangen? Da ist dieses Menschenweib tatsächlich einfach hoch gesprungen, nachdem sie ihren Angriff angetäuscht hat und kickt sie nun einfach weg. Tansui ist schockiert. Die Frau mit einem fuchsartigen Gesicht fängt sich selbst ab und schleift mit ihren Füßen einige Meter über den Boden. »Du«, knurrt ihre Gegnerin, sieht allerdings schon, wie Liza auf sie zu gerannt kommt. Dieses Mal weicht sie aus, in dem sie über ihre menschliche Gegnerin springt. Sie kickt der Menschenfrau hart in den Rücken. Sofort spürt diese den stechend brennenden Schmerz in ihrem Rücken und kneift sich die Augen zusammen. Tansui will das Sirenengewand. Die Wunden am Rücken ihrer Gegnerin würde sie dafür ausnutzen. Also landet sie elegant auf der weißen Wiese und sendet aus ihrer Handfläche einen heftigen Wasserstrahl gegen den Rücken der jungen Frau. Diese Attacke sitzt. Nicht nur, dass Liza sich nicht halten kann und schier willenlos durch die Macht des Wassers gegen einen Baum geschleudert wird. Nein! Es drückt brutal auf ihre Wunde ein, die schon bald trotz des Verbandes wieder aufreißt. »A-A-A-A-A-Ah Liza …«, stottert Jaken sorgenvoll, als er, wie die Hundedämonen das Blut auf dem Stoff durchkommen sieht. An dieser Stelle sieht sich Sesshomaru als Lehrer gezwungen einzugreifen und zieht schützend eine Wand vor seine Schülerin. Ihm ist durchaus bewusst, dass die Kraft des Wassers ausreicht, um die Erde aufzuweichen und Gestein zu zerschmettern. Also nutzt er von Anfang an die neuen Kräfte des Metalls. Augenblicklich beendet Tansui ihren Angriff und schaut zum Hundefürsten. »Hast du es nötig mit solch schmutzigen Tricks zu gewinnen?«, fragt er die Wasserfrau sogar monoton. »Bisher hielt ich dich immer für eine ehrbare Kämpferin, auch wenn du nur ein Halbdämon bist.« »Hier geht es um das Sirenengewand. Dafür bin ich bereit über Leichen zu gehen«, kontert Tansui fest entschlossen. »Dann verdiene es dir ehrlich«, spricht Sesshomaru weiter. »Sternzeichen werden darauf auch keine Rücksicht nehmen. Willst du als Lehrer immer eingreifen, sobald du siehst, dass jemand unfair gegen deine Schülerin handelt? So kann sie auch nicht stärker werden. Sag bloß du hast doch so etwas wie Beschützerinstinkt entwickelt«, zeigt sich Tansui unbeeindruckt. Sesshomaru ist von diesen Worten gänzlich ungerührt. »Offensichtlich ist es dir entfallen, aber genau das ist unsere Pflicht als Lehrer auf unsere Schüler zu achten. Willst du als Lehrerin etwa ein moralischer Despot sein? Du weißt, was dann mit dir und Hakku geschieht, wenn du dich nicht an die Regeln hältst.« Das Gespräch der Lehrer wird unterbrochen, als der rote Lichtstrahl, einer Peitsche gleich, vor den Körper der Wasserfrau aufknallt. Wäre sie dem nicht mit einem einfachen Sprung ausgewichen, hätte er sie geteilt. Anschließend ist es der Körper der deutlich jüngeren selbst, die sich die Halbdämonin unerwartet schnell nähert. Die grünen Augen weiten sich, als sie den Körper Lizas von Flammen umringt sieht, die sich zu einer festen Form manifestiert haben. Tansui versinkt in ihrer Wasserform lediglich in der Erde unter ihr, bevor sie wieder gewohnt elegant, einige Meter von der Schwarzhaarigen entfernt, auf ihren unverhüllten Füßen steht. Erst jetzt kann sie erkennen, welche Form sich die Flammen um Liza herum auserwählt haben. Es ist die Form eines Wyvers, die sich heiß, lodernd und beschützend um den Körper des Menschen gebildet hat. Die stechenden Augen der halben Dämonenfrau leuchten stark in ihrem Grün auf. Die zwei langen Haarsträhnen schweben hoch, bis sie wie Wellen seitlich abstehen. »Seid nicht so arrogant! Ihr könnt mir keine Angst machen«, spricht sie direkt zu den Flammen. Unter der Wasserfrau brodelt das Wasser hoch empor. Eine schlichte Handbewegung reicht aus, um eine gigantische Welle auf Liza zu schicken. Der weicht sie einfach aus, in dem sie mit den Flammenflügeln schlägt und hoch in der Luft schwebt. Auch wenn Liza es ungern zugibt, aber der brennende Schmerz ihres Rückens und der Blutverlust werden sie bald in die Knie zwingen. Also muss sich Liza beeilen, wenn sie vor hat Tansui für ihren Angriff gegen Jaken zu bestrafen. Unbeeindruckt folgen die blauen Augen der Wasserfrau selbst den Bewegungen ihrer Gegnerin, dich sich wie im Sturzflug auf sie hinab stürzt. Zunächst hält Tansui es für einen plumpen Angriff, den die Menschenfrau wagt und verflüssigt bereits ihren kompletten Körper, damit ihre Gegnerin durch sie hindurch fliegen kann. Das ist allerdings auch ihr Fehler gewesen. So kann Liza einfach an Tansui vorbei fliegen. Ihr wässriger Körper verdampft dabei innerhalb weniger Sekunden zu Dampf. Diese Hitze schadet selbst ihrem Element. Erstaunt, aber auch erzürnt blickt sie der fliegenden Menschenfrau hinterher, die sie nur überheblich angrinst. »Tze. Genau wie dein Lehrer. Aber dir werde ich das Grinsen schon noch aus dem Gesicht wischen.« Nach diesen Worten bildet sich um Tansui eine feste Wasserform. Der Leib wie der einer mächtigen Schlange, ähnelt der Kopf dem eines Wasserbüffels mit Mähne. Dabei fallen die zwei abstehenden längeren Schnurrbärte besonders auf. Es ist Tansuis Drachenform. In dem sie hoch hinausspringt und so ihren Drachen zu jener Wyvern von Liza schickt. Die Fäuste der Frauen treffen aufeinander, sowie es die Mäuler ihre Elementarerscheinungen tun. Sesshomaru überrascht all dies nicht. Jeder Elementarkrieger verfügt über einen Schutzgeist. Auch er selbst. Bei den Elementen der ersten Generation sind es meistens Drachen – egal in welcher Form. »Oh man, wie cool das einfach aussieht«, gibt Hakku voller Freude sein Feedback. »Ich schließe daraus, du kannst deinen Schutzgeist noch nicht erschaffen«, stellt Sesshomaru gewohnt rational und kühl fest. »Witzbold. Wie soll man einen unsichtbaren Schutzgeist erschaffen«, kontert Hakku nur gewohnt locker und verschränkt seine Hände hinter seinem Kopf. »Auch der Wind hat Farben. Deine Unwissenheit erschüttert mich. Schließlich sind unsere Schutzgeister mit unserer Geburt als Anwärter an unserer Seite und als König können wir sie lenken und befehligen. Wärst du mein Schüler hätte ich dich das schon längst gelehrt.« »Oh ja, sicher. Du, als mein Lehrer hättest mir viel beizubringen«, grinst Hakku breit. »Aber du hast dir ja schon eine Schülerin ausgesucht.« »Wenn Tansui mitspielt, könnte ich zumindest zeitweilig dein Lehrer sein. Wie du siehst, kann Liza mit deiner Lehrerin sehr gut mithalten, obwohl sie im Rang unter dir ist.« Hakku verwirren die Worte des ersten Satzes, doch er beschließt es dabei zu belassen. Die Erklärung würde schon noch früh genug erfolgen. Die Flammen der Wyvern lassen das Wasser verdunsten, sowie das Wasser des Schlangendrachen die Flammen löschen. Machtvoll landet Liza auf der Erde, die sich unter dem Kraftaufwand zu einer kleinen Kuhle formt. Ihre Fingernägel leuchten rot auf, ehe sie mit einer gekonnten Handbewegung die Feuersicheln zu Tansui schickt. Diese blockt die Ranghöhere einfach mit einer Wasserbarriere ab. Danach landet sie elegant neben ihrer Gegnerin. »Du weißt gar nicht worum es hier geht«, beginnt sie der Unterlegenen eine Standpauke zu halten. Diese holt nur mit ihrem Bein aus und versucht Tansui den Stand zu nehmen. »Ist mir egal. Ich weiß nur dass du jemanden etwas antun wolltest, der mir sehr viel bedeutet!«, kontert Liza wütend. Jaken rühren diese Worte und ihm kommen die Tränen. »Oh, wie nett sie ist. Ich habe sie echt verkannt«, schluchzt er. Diese Rührseligkeit verfliegt allerdings schnell wieder, als sie hinten dran hängt: »Immerhin ist er mein Koch.« Sofort wandelt sich seine Miene und er reagiert wütend. »Hey was soll das! Hast du sie noch alle! Ach das bin ich also nur für dich! Ein mickriger Koch! Du bist wirklich …!« »Jaken«, bringt Sesshomaru ihn mit seinem Namen dazu zu schweigen. »A-A-A-A-Ah … Ich verstehe, Meister«, gibt sich der Krötendämon unterwürfig. »Ich würde dir raten mit dem Essen weiter zu machen. Denn wenn unsere Damen sich ausgetobt haben, wird zumindest Liza sehr hungrig sein«, befiehlt er. »Natürlich.« Schon hastet Jaken zum Kessel. Die Hitze, die sich hinter den Männern bildet, jagt selbst Hakku einen gewaltigen Angstschauer über den Rücken. »Liza hat wohl vergessen dich wieder ins Schwert zu bannen«, stellt Sesshomaru nüchtern fest. Sofort zuckt der jüngere Hundedämon zusammen, als die tiefe, kehlige Stimme hinter ihm knurrend antwortet. »Ich finde es nicht gut, dass du sie gegen diese Frau kämpfen lässt«, spricht der Löwe ohne auf die vorherige Aussage einzugehen. »Es sollte auch in deinem Interesse sein, dass deine Schutzbefohlene an ihren Herausforderungen wächst«, zeigt sich Sesshomaru unbeeindruckt, während er dem heftigen Schlagabtausch der Frauen folgt. »Sicher, aber sie wird niemals gegen das Wasser bestehen können. Sie ist als Königin noch viel zu schwach«, kontert der Löwe aus puren Flammen. »Je stärker der Gegner, desto mehr lernt man. Du bist viel zu weich für einen Anführer, Sternenbild Löwe«, bleibt Sesshomaru standhaft, betont sogar extra scharf die letzten beiden Wörter. Mit einem leisen Knurren muss der Löwe das ganze Geschehen hinnehmen. Liza geht allmählich die Luft aus. Sie hasst es ein Mensch zu sein! Schon beim Training hat ihr die normale menschliche Ausdauer zu schaffen gemacht. Nach nur wenigen Minuten intensiven Trainings war sie immer so erledigt und erschöpft, dass sie schon keinen Muskel mehr bewegen konnte. Das hat sie extrem wütend gemacht. Gerade zur Anfangszeit, wo Sesshomaru eh nur mit ihr gesprochen hat, wenn es arg nötig gewesen ist. Seine Meinung über Menschen ließ er sie spüren - jeden Tag, doch mittlerweile glaubt sie, dass sich da was geändert hat. Sie glaubt das er sie nicht mehr hergeben möchte. Zumindest versteht sie so seine Zeichen. Er ist jetzt einfühlsamer zu ihr und sanfter. Als Lehrer zwar immer noch streng, aber als Dämon und als Mann rücksichtsvoller. Dafür hat sie keine hundertprozentige Garantie, denn er gibt ihr immer noch unterschiedliche Signale. Manchmal scheint er förmlich ihre Nähe zu suchen und manchmal geht er wieder auf Abstand, sowie ganz zu Anfang. Vielleicht bildet sie sich auch einfach alles ein und es ist ein einfaches Wunschdenken. Dieses Mal ist es weniger ihre menschliche Ausdauer, als wirklich die offene und weiter laufende Wunde am Rücken. Kopfschmerz, Schwindel und eine immer unklarer werdende Sicht sind nur wenige Dinge, weshalb der Kampf immer schwerer für sie wird. Von ihrem eigenen menschlichen Körper abgesehen, der immer mehr zur Schwäche und Bewusstlosigkeit tendiert. Von all ihren Gedanken so leicht abgelenkt, bemerkt Liza viel zu spät den Schlag von Tansui in ihre Bauchgegend. Die Wucht des Schlages ist so heftig, dass es sie bis zum nächsten Baum befördert, der krachend zusammenbricht. Sofort erhebt sie sich wieder aus den hölzernen Trümmern und schlägt mit ihrer Faust gegen das Gesicht Tansuis. Diese hat sich allerdings schon längst verflüssigt und gegen alles, was Liza schlägt ist pures Wasser. Erneut knurrt sie wütend auf schlägt und tritt voller Zorn gegen sämtliche Stellen vom Körper ihrer Gegnerin. Jeder Schlag ist allerdings nicht mehr als heiße Luft. Komm schon Liza. Ich weiß, du kannst es noch schaffen, bevor dein Körper deinem Willen nachgibt, schießt es Sesshomaru durch den Kopf, als er diese fast schon hilflosen und immer schwächer werdenden Schläge sieht. Keuchend steht nun die Feuerablegerin vor ihrer Gegnerin, die sich noch nicht mal richtig bewegt hat. »War das alles?«, fragt Tansui gelangweilt. Ihre großen Fuchsohren zucken kurz auf. »Dann bin ich ziemlich enttäuscht von deiner Schülerin Sesshomaru«, gibt die Wasserkriegerin ihr Feedback. Sesshomaru selbst entgegnet daraufhin nichts. Sein Schweigen sagt Liza bereits alles. Gerade als Liza vor lauter Wut das Feuer in ihrer Hand aufflammen lassen will, spürt sie, wie sich um ihren Körper das Wasser schließt. Es ist Tansui selbst, die ihren Körper in flüssiger Form um die Menschenfrau gelegt hat und dann ihre Stimme ein weiteres Mal erhebt. »Ich könnte eine Anfängerin wie dich jetzt und hier ersaufen lassen«, lacht sie. »Ich«, beginnt sie und erhebt ihre Stimme dabei besonders scharf, »bin das Wasser! Ich genieße das volle Vertrauen meines Elements!« Diese gesamte Art macht Liza noch so viel aggressiver, als sie es ohnehin schon ist. Es ist der letzte Tag ihrer Periode und da verkriecht sie sich nicht nur besonders wegen ihrer Schmerzen, sondern wegen ihrer extremen Gefühlsschwankungen. Sie verwandelt all ihre Wut in pure Hitze um, die sich nicht nur auf ihrem hochroten Kopf zeigt, sondern auf ihren gesamten Körper, der in der gleichen Farbe erstrahlt. Selbst Tansui kann die aufsteigende Wärme in sich spüren. Dieses Maß an Wärme würde nie reichen, um dafür zu sorgen, dass sie von der Schwarzhaarigen ablässt. »Ich bin«, beginnt Liza unter all dem Wasser wütend zu sprechen, »Liza Higurashi.« Ein weiteres Mal steigt die Hitze an und das Wasser um sie herum beginnt heftig zu blubbern. »Ich bin eine Feuerkriegerin!« Die Flammen bilden sich nun um den Körper herum. Die Röte auf ihren Wangen und ihrem Körper zeigt sich in Form von Feuer, was unter Wasser erblüht. »Was!?«, zeigt sich Tansui fassungslos, doch noch ehe sie dagegen reagieren kann, verteilt sich ihr eigener Wasserkörper durch die heftige Explosion des roten Elements zu einzelnen kleinen Wasserpfützen, die überall verstreut auf der Erde liegen. Nur ihr Kopf liegt sichtbar auf der Erde. Sie blickt voller Staunen zu jener Menschenfrau, die im Moment an einen Dämon aus der Unterwelt erinnert. Ihr Körper umgeben von roten Flammen, die immer wieder ins gelbe und orange übergehen. Langsam geht sie in die Knie, einen Arm vor sich auf dem Boden abstützend. »Das kann doch nicht wahr sein«, haucht sie erstaunt. Dieses Erstaunen versiegt bald wieder, als ihr klar wird, was diese Menschenfrau ihr angetan hat. Knurrend sammelt sie sich wieder. Lässt all die gewaltigen Wasserpfützen zu ihrem Körper zurück kehren. »Das wirst du mir büßen!«, kommt es von der Fuchsfrau. Um sie herum bildet sich ein lückenloser Wasserball, der um seine Herrin kreist, wie ein Strudel. »Jetzt wirst du mich kennen lernen, Feuerkönigin!«, knurrt Tansui wutentbrannt aus ihren inzwischen wieder grünen Augen hervor. Immer wieder hastet sie zu Liza, doch deren Flammen hängen so heiß und schützend um ihren Körper, dass ihr Wasser beginnt zu verdunsten und sich eine Lücke bildet, noch bevor sie die Menschenfrau erreichen würde. Nicht nur dem Feuerlöwen, sondern auch Hakku entgleisen alle Gesichtszüge. »Ich wusste nicht, dass sie schon so eine Hitze in sich erzeugen kann«, kommt es vom Sternzeichen selbst. Der jüngere Hundedämon selbst ist komplett sprachlos. Er weiß gar nicht, was er dazu sagen soll und starrt fassungslos zum Kampf der Frauen. Jaken ebenso und es dringen nur gestotterte Buchstaben aus seinem Mund. Sesshomaru selbst atmet, auch wenn es ihm schwer fällt, in diesem Moment nur scharf die Luft ein, um wieder auszuatmen. »Wie es aussieht, habe auch ich die Künste meiner Schülerin unterschätzt«, gesteht er seine eigene Fehleinschätzung ein. Etwas an ihr hat sich verändert. Eine kleine Anhebung ihres Kopfes zeigt ihm, dass ihre sonst so klaren und blauen Augen nun mehr denen eines Dämons ähneln. Das Blau ist Golden geworden und die feinen Adern, in ihnen für wenige Sekunden, so stark leuchtend durchzogen, dass sie wie Lavaströme wirken. Das Augenweiß selbst ist rot geworden. Selbst die Adern ihres Körpers zeigen sich so deutlich, als würde es sich um Magma handeln. Er weiß, was das für eine Technik ist und was mit Liza geschieht, dennoch erstaunt es ihn, dass sie schon über diese machtvolle Magie herrscht. Es ist das Akuma no Hi - ein Dämonenfeuer. Flammen, die aus der Hölle selbst kommen. Um sie allerdings beherrschen zu können, muss der Beschwörer selbst vorrübergehend seine Hülle überlassen. So sehr, wie Liza ihr eigenes menschliches Dasein hasst, dürfte es ein Leichtes für sie sein. Bei all ihren Feuerkünsten, die sie schon beherrscht, fragt sich Sesshomaru, ob sie wirklich nur eine einfache Feuerkönigin ist. Das ist eine Magie, die nur vollwertige Krieger beherrschen können. Seine Zweifel werden, wie immer, nur durch das Mahl des Turniers weggefegt, denn das zeigt eindeutig ihr Sternenbild Drache in noch nicht vollendeter Gestalt auf ihrem Handrücken. Ob also alle Feuerableger so stark sind? Schwer vorstellbar. Für den realistischen Mann gibt es einige bisher unbedachte Möglichkeiten, weshalb Liza schon so stark ist und Techniken drauf hat, die sonst kein Ableger vollziehen kann. Natürlich hat sie ihm von der Theorie der Jungfrau erzählt, doch das ist für ihn abwegig. Kein Element würde zu solchen Mitteln greifen, um seinen Ableger zu beschützen, auch wenn es unter einem so unglücklichen Stern steht, wie das Feuer selbst. Hätte sie es nicht geschafft, hätte das Feuer sich einfach wieder einen anderen, neuen Ableger gesucht. Bei einer der vielen denkbaren Möglichkeiten kommt ihm ein weiteres Mal die erschwingbare Stärke ihres Vaters in den Sinn. Er selbst versteht nicht viel von Bannkreisen, doch einen Bannkreis genau siebzehn Jahre lang aufrecht erhalten zu lassen, obwohl er selbst schon lange Tod ist, erscheint ihm keinesfalls eine gängige Kunst zu sein. Ein normaler Mensch wird dazu nicht in der Lage sein. Aber wie hat ihr Vater das angestellt? Vor allem warum?, fragt sich Sesshomaru nachdenklicher denn je. Wenn es in ihrer Zeit schon keine Dämonen mehr gibt, wird es auch keine andere Möglichkeit mehr geben außerhalb eines Trainings stärker zu werden. Von ihren wenigen Erzählungen her, scheint ihre Zeit zudem um ein vielfaches friedlicher zu sein, als Seine. Bereits in seiner Epoche gibt es immer weniger Dämonen und dafür mehr Menschen und Halbdämonen. Es würde ihn auch nicht wundern, wenn sich Halbdämonen bald mit Menschen zusammen tun werden. Das Dämonenblut versinkt immer mehr unter der elenden Blutlinie der Sterblichen. Vielleicht ist sie kein Mensch und ihr Vater entspringt einer der letzten starken Dämonenfamilien, schießt es ihm durch den Kopf. Das ist keine sehr weit entfernte Theorie. Es gibt viele starke und wissende Dämonen, ähnlich seinem Vater, die das dämonische Blut ihrer Kinder versiegeln, weil es sonst zu stark für sie wäre. Es ist durchaus möglich, dass Lizas Vater ein sehr machtvoller Dämon gewesen ist. Diese Eventualität will er in der nächsten Zeit nachgehen, doch das wird sehr schwer. Sein Versprechen ihr gegenüber mit dem Daiyokai Tsukuyomaru und somit seinem Verbündeten zu sprechen würde er einhalten. Nachdem Liza damals dessen Schüler besiegt hat, ist dieser wieder in seine Heimat zurück gekehrt. Es gibt noch so viele Möglichkeiten, die er in Betracht zieht. Eine immer unwahrscheinlicher, als die andere werdend. Möglichkeiten, die er erst mit einem weiteren Wissenden austauschen will – dem Honoki-Magnolien Baum Bokusenō. Der zweitausend Jahre alte Baum würde ihm sicher helfen den Kreis einzuschränken. Der Kampf zieht sich weiter, als Liza ihre Stimme gegen die Frau des Wassers erhebt. »Du wirst niemals gegen die Flammen der Hölle ankommen. Wir stehen in ihren Diensten«, dringt es aus dem Mund der Menschenfrau, aber man hört deutlich heraus, dass es sich nicht nur um Liza allein handelt. Ihre Stimme klingt verzerrt, als wäre noch jemand anderes bei ihr und würde durch ihren Mund sprechen. Für einen kurzen Moment weiten sich die Augen des deutlich erfahreneren Kriegers, als er die Konturen eines gigantischen Drachen, wie ein gewaltiger Schatten, hinter ihr erkennen kann. Es ist nicht ihr Schutzgeist. Auch nicht die Technik. Es ist nicht einmal ihre eigene Aura. Kann es sein. Ist ER in ihr?, fragt sich Sesshomaru unweigerlich. Ein selbstsicheres, ja fast schon glückliches Lächeln breitet sich auf seinen Lippen aus. Verstehe. Jetzt wird mir einiges klar, du ausgekochte Echse, schießt es ihm durch den Kopf. Hakku fürchtet sich vor seinem eigenen Cousin, als er ihn so lächeln sieht. Selbst Jaken ergeht es nicht anders. Wie furchtbar. Meister Sesshomaru lächelt. Das kann nichts Gutes bedeuten. Ob jetzt die Welt untergeht?, fragt sich Hakku dagegen nur ängstlich. Der Wasserfrau lässt all das völlig kalt. Sie legt ihre Handflächen zuerst aufeinander und schleudert nach dem Lösen eine gewaltige Wasserhochdruckwelle zu Liza. Die Fontäne wird einfach von den Flammen verschluckt, als wäre sie nicht mehr, als ein Tropfen auf einem heißen Stein. »Einfältiges Dämonenweib!« Nachdem die verwandelte Menschenfrau losstürmt, ist keine der Damen mehr zu sehen. Man hört sie nur noch. Jedes aufeinander prallen dringt donnernd durch die Umgebung. Nur geübte Kämpferaugen können jetzt noch sehen, wie heftig und schnell der Schlagabtausch der Frauen erfolgt. Die Hundedämonen können kaum mehr fassen, wie stark die Feuerkönigin ist und sich schon jetzt gegen einen Ranghöchsten behaupten kann. »Das ist nicht normal«, spricht der Feuerlöwe wieder nach längerer Zeit, als Tansui und Liza wieder gelandet sind. Sie stehen sich gegenüber. Die Halbdämonin gegen die Höllenkreatur. Dies wird der entscheidende Schlag. Ein schier letztes Mal rennen die Frauen aufeinander zu und kreuzen ihre Kräfte gegeneinander. Nun stehen sie sich mit den Rücken zueinander. Wartend. Wer gibt zuerst seinen Wunden nach. Es ist Tansui. Sie sinkt in die Knie. Die Hitze ihrer Kontrahentin sorgt selbst bei ihrem kühlen Kopf für Schwindel, den sie sich halten muss. Für einen Moment scheint der Sieger klar zu sein, doch als die Flammen um den Körper Lizas versiegen und sie wieder eine normale Menschenfrau ist, bricht sie in sich zusammen und liegt auf dem zugefrorenen Boden. Lächelnd, aber auch wild ausatmend, erhebt sich die halbe Fuchsdämonin. »Wie es aussieht, habe ich gewonnen«, dringt es überheblich vom Wasser. »Also her mit dem Sirenengewand.« Sesshomaru selbst geht nur stumm zu seiner Schülerin. Erst als er sie auf seine Arme genommen hat, sagt er kühl: »Nein.« Er geht mit Liza in die Nähe des Lagerfeuers, wo Jaken immer noch dabei ist, das Gericht zu kochen, aber voller Staunen und Schock jeden Schritt seines Meisters beobachtet. Dieser legt seine Schülerin dort auf den Bauch hin, während der Löwe sich beschützend vor beiden stellt. Seine Augen ruhen aufmerksam und drohend auf Tansui. Sein Schwanz peitscht wild auf. Der Fürst der westlichen Ländereien zieht ihr das rote Oberteil einfach aus und reißt den blutigen Verband auf. »Hol Wasser und Kräuter«, schickt Sesshomaru Jaken weg. Ohne zu zögern eilt er los. Erst danach wendet sich der Hundefürst wieder an die Wasserfrau. »Sieh auf deine Brust.« Nach seinem kurzen Hinweis blickt die Wasserfrau an sich herunter. Ihre Augen weiten sich vor Schock. Ein Kratzer an der Stelle, wo ihr Herz ist. Der Kimono wurde zerrissen und die kleine Wunde zeigt, wie nahe Liza dran gewesen ist, sie zu töten. »Es war der Rest Menschlichkeit, der noch in meiner Schülerin hauste und dich verschonte. Wäre der nicht gewesen, wärst du jetzt tot. Sie brach nur vor Erschöpfung und den Folgen ihrer Wunde zusammen. Gewonnen hat keine von euch.« Solch eine machtvolle Magie frisst nicht nur Energie, sondern auch Lebensjahre. Lebensjahre, die Liza als Mensch nicht hergeben sollte. »Du hast eine sehr seltene und machtvolle Schülerin, Sesshomaru. Ich bleibe bei euch. Ich will sie weiter beobachten. Außerdem lasse ich mir nicht Gelegenheit entgehen irgendwann ans Sirenengewand zu kommen«, erbarmt sich Tansui. »Oh Tansui, meine Liebste …«, spricht Hakku gerührt, doch die Ernüchterung folgt, als sie hinzufügt: »Außerdem kann sie erstaunlich gut mit ihrem Element umgehen. Sie wird eine gute Trainingspartnerin für Hakku sein. Unsere Schüler werden aneinander wachsen.« Niedergeschlagen lässt der jüngere Hundedämon seinen Kopf sinken. »Wie gemein«, spricht er nur seufzend, während Sesshomarus Meinung, wie immer kurz ausfällt. »Meinetwegen.« Kapitel 13: Hund ---------------- Nachdem sich Tansui der kleinen Gemeinschaft angeschlossen hat, ist eine weitere Woche vergangen. Das "Akuma no Hi" hat von Liza etwas sehr entscheidendes gefordert. Ihr Körper ist gealtert, wenngleich nicht sehr stark, weil sie es auf kurze Dauer benutzt hat. Es nahm nur ein oder zwei Jahre ihres Lebens. Damit befindet sich die Menschenfrau zumindest körperlich auf dem Niveau ihrer … Ja, was sind all diese Dämonen eigentlich für sie? Freunde? Lehrer? Bekannte? Jaken ist für sie ein Freund - ein sehr guter Freund, der zufällig auch ihr Koch ist. Sie würde ihn immer beschützen, insofern es in ihrer Kraft liegt. Hakku ist für sie wie ein großer Bruder. Sie mag ihn, seinen Witz und auch seine lockere Art, mit der er die Dinge von dieser Welt sieht. In der Zeit, als sie ihre Wunden auskurieren musste, wurde er sowohl von Sesshomaru, als auch von Tansui trainiert. Egal wie schlimm es um ihn stand und wie niederschmetternd die Trainingseinheit war, am Ende hat er immer gelacht und breit gelächelt. Auch wie es um Sesshomaru steht, ist ihr in der Stadt, wo sie die Jungfrau besiegt hat, längst klar geworden. Er ist mehr für sie, als nur ihr Lehrer; ihr Mentor. Sie hat sich wirklich in ihn verliebt - verliebt in einen gefühlskalten Dämon. Bei Tansui hat Liza selbst das geringste Gefühl. Da diese ja erst vor kurzem hinzugestoßen ist, vertraut sie ihr nicht und duldet sie nur missmutig in ihrer Gemeinschaft, doch Hakku ist nun einmal ihr Schüler. »Kümmere dich gut um Hakku«, ertönen die kühlen, aber beschützenden Worte der Fuchsfrau. »Ich hoffe, er wird stärker denn je zu mir zurück kommen.« »Und ich hoffe, dass meine Schülerin nicht schwächer sein wird, wenn ich wieder komme«, kontert Sesshomaru gewohnt kalt und herablassend, während er sieht, wie die beiden Schüler sich freundlich voneinander verabschieden. Aufgrund der anstehenden Verhältnisse haben sich die Lehrer dazu entschlossen ihre Schüler fürs Erste auszutauschen. So trainiert Sesshomaru Hakku und Tansui Liza. Im Rahmen des Tōunamento ist es begrenzt erlaubt. Keiner von beiden verstößt dabei gegen die Regeln, da dieser Tausch lediglich dazu dient, die Schwächen ihrer Schüler auszumerzen und vielleicht sogar zum Rangaufstieg verhilft. »Was ist mit ihren Fähigkeiten?«, erkundigt sich Tansui. Die Antwort des Hundefürsten erfolgt schnell. »Begib dich mit ihr zum früheren Palast längst vergangener Könige am Rand meiner Heimat. Dort wirst du sehen, wie stark ihre Fähigkeiten sind. Jetzt wo sie wieder völlig genesen ist, wird sie ihre volle Stärke zeigen können.« »Und warum bleibst du nicht einfach hier? Wir können unsere Schüler gemeinsam trainieren.« »Ich möchte einen alten Freund aufsuchen und ihn etwas über meine Schülerin fragen.« Sie nickt. »Ihr Geruch ist überall an dir. Wenn es der ist, an den ich denke, sollte ihm das genügen.« Aufmerksam ist Tansuis Augenmerk auf den Splinter und die Königin gerichtet. »Muss ich etwas beachten?«, fragt sie den Hundedämon schließlich nach kurzem Schweigen. »Ich würde dir raten das Wort "Monster" nicht in ihrer Gegenwart zu gebrauchen und schon gar nicht, wenn du sie damit meinst. Wie mir scheint, ist sie darauf sehr labil.« Er kennt den Grund dafür nur zu gut, doch das Vertrauen seiner Schülerin zu missbrauchen und diese Info rauszugeben ist nicht seine Art. »Verstehe«, dringt es auch nur kurz von Tansui. Einer der wenigen sympathischen Aspekte, die der Hundefürst an ihr, trotz halbdämonischer Abstammung, zu schätzen weiß. Sie ist nicht wie die meisten anderen Mischlinge. Sie akzeptiert einfach, wie ein Dämon. »Und Hakku?«, fragt er dagegen. »Hakku hat keine Triggerpunkte, wenn du das meinst«, antwortet die Wasserherrscherin ruhig. »Ist er immer noch so träge, wie damals?«, präzisiert Sesshomaru sein Anliegen. Erst dann versteht sie genau, was der Erdenherrscher meint. »Nein, das nicht, aber er ist sehr leicht abzulenken und es fällt ihm schwer sich zu motivieren«, fällt ihre Antwort entsprechend klar aus. »Hast du ihm etwa noch keinen Grund gegeben?«, fragt er. Beide sehen mit ihren Augen, wie Hakku einen Schwächeanfall vortäuscht, weshalb sich Liza ihn besorgt packt. »Ohne Treue ist unsere Verlobung für ihn kein Grund.« Wie zur Unterstreichung ihrer Worte sieht man, wie Hakkus Hände zum Hintern der Menschenfrau gehen, um ihn zu massieren. Sein Kopf reibt sich wollüstig zwischen ihren Brüsten, während die Schwarzhaarige selbst wie zu einem steifen Brett erstarrt. Die grünen Augen der Fuchshalbdämonin verengen sich zu tödlichen Schlitzen. »Dabei ist Treue noch einer der wenigen Opfergaben, die sich leichter zurück holen lassen«, kontert Sesshomaru kühl. Seine goldenen Augen beobachten, wie Liza gewohnt emotional reagiert und Hakku schneller überwältigt, als er selbst für gewöhnlich Menschen tötet. »Und? Wann willst du es ihr sagen?«, fragt Tansui ihn. Da sie mit dieser Frage mehrere Möglichkeiten meint, bleibt er stumm, blickt aber zu ihr hinab. »Ihre Opfergabe«, wird sie deutlicher. »Jeder Ableger muss selbst heraus finden, was seine Opfergabe ist, die das Element von ihm verlangt«, antwortet er unbeeindruckt. »Und die Möglichkeit in ihre eigene Zeitepoche zurück zu kehren?« Tansui ist, wie ihre hündischen Dämonen nicht blind. Auch ihr ist unlängst aufgefallen, dass Liza keine Frau aus ihrer Zeitepoche ist und einen gänzlich anderen Zeitstrom in sich trägt. Von ihren modernen Sachen und der manchmal sonderbaren Sprache abgesehen. »Sie muss lernen auf ihre Wortwahl zu achten. Liza sagte, sie will es selbst heraus finden.« Diese Worte lassen die schlaue Füchsin schnell klar sehen. »Unsere Elemente gibt es zu jeder Zeitepoche«, lächelt sie noch geheimnisvoll, ehe sie bemerkt, dass sich Sesshomaru umwendet. »Hakku, es wird Zeit«, verkündet Sesshomaru gewohnt emotionslos. Der k. O. geschlagene Hundedämon steht schnell wieder auf und rennt zu seinem Cousin. »Ja, Sesshomaru«, grinst er noch. Als er dabei an Tansui vorbei geht, packt sie ihn sich am Handgelenk und schaut ihm ernsthaft in die Augen. »Er ist nicht ich, verstanden?«, zeigt sie sich sehr streng und gibt ihm damit einen Hinweis. Zum Glück versteht er ihn und nähert sich ihr noch einmal mit einem sanften Lächeln. Liebevoll legt er eine Hand an ihre Wange und schenkt ihr einen hauchzarten Kuss auf den Mundwinkel. Diese kleine Geste lässt Tansui augenblicklich für einen kurzen Moment ihre Fassung verlieren und sie ihre grünen Augen weit aufreißen. Leicht färben sich die Wangen der Wasserfrau rosa ein, als ihr das wild schlagende Herz das Blut ins Gesicht pumpt. Sie hat so unendlich tiefe Gefühle für diesen Windkrieger. Umsonst hat sie seinen Antrag schließlich nicht angenommen und bleibt ihm weiterhin treu. Auch deshalb, weil sie weiß, dass er sonst nicht so ist. »Ich erwarte das du mir keine Schande bereitest, Liza«, sind es dagegen die letzten kühlen Worte Sesshomarus an seine Schülerin. »Ja, Meister Sesshomaru«, gibt sie sich unterwürfig und verneigt sich. Auch wenn er sie nicht anschaut und seinen Weg geht, weiß sie, dass er sie sehen kann. Hakku folgt nach seiner Verabschiedung seinem Cousin. Auch wenn Jaken in diesem Moment ebenfalls lieber hinterher gelaufen wäre, aber er hat die Anweisung bekommen sich nach wie vor um das Wohl der Menschenfrau zu kümmern. Da jetzt auch Tansui dabei ist und sie durch ihre menschliche Seite ebenfalls Hunger verspürt, ist es aber wenigstens nicht nur für eine Person. »Ich hoffe, Ihr kommt wohlbehalten zurück, Meister Sesshomaru«, äußerst sich der kleine Kappa-Dämon, bevor er mit seinen Augen beobachten kann, das zuerst der Hundefürst und dann dessen Cousin hinauf in den Himmel steigt. Auch die beiden Frauen blicken den Männern noch einige Zeit hinterher, bis dann die erste Reaktion von der Feuerfrau erfolgt. »Und nun? Wie sieht bei dir das Training aus?«, fragt sie. »Zunächst einmal brauche ich sämtliche Informationen über dich«, bleibt Tansui kühl. Dagegen wirkt Liza sehr verwirrt. »Hä?« »Ich bin nicht dein Meister. Ich kenne deine Stärken, Fähigkeiten und Schwächen nicht. Auch weiß ich nicht, wie gut er dich schon trainiert hat. Ich ziehe es vor meinen Schüler erst kennen zu lernen, bevor ich mich überhaupt ans Training wage. Sesshomaru wird es wohl auch nicht anders gehandhabt haben.« Diese Einstellung der Wasserfrau ist für Liza befremdlich. »Ja sicher, aber er hat mich gegen ein Sternzeichen antreten lassen und den Rest beim Training heraus gefunden.« »Das sieht diesem Hund mal wieder ähnlich. Meine Instinkte sind aber leider nicht so stark ausgeprägt wie bei einem Daiyokai.« Dieses Mal knurrt die jüngere der Frauen. »Rede nicht noch einmal so abfällig über meinen Lehrer, klar!« Da stimmt auch Jaken zu. »Allerdings. Meister Sesshomaru hat sich schließlich deines Schülers angenommen.« »Beruhigt euch. Ich kann eure Hochzeit zu dritt immer noch organisieren, aber jetzt steht erst einmal etwas Wichtigeres an«, meint die Fuchsfrau gelassen, ja fast schon etwas neckisch. »Sesshomaru bat mich, dich zu einem mir bekannten Ort zu schicken.« »Und du vertraust mir? Einfach so«, zeigt sich Liza skeptisch. »Der Einzige, der mein blindes Vertrauen genießt ist Hakku selbst. Ich kenne ihn dafür lange genug.« Ihre Arme in die Taschen ihrer Ärmel verschränkt, führt die Wasserfrau weiter. »Aber Sesshomaru meinte, es wäre für mich eine gute Möglichkeit zu sehen, wie stark du bist. Das heißt, ich werde dich zwar allein hinschicken, aber aus einer guten Distanz im Auge behalten.« Mit hochgezogener Augenbraue fragt Liza weiter: »Aha und? Was soll ich machen?« »Recherche betreiben. Es fehlen nicht mehr viele Gegenstände für Seinaru, wie dir vielleicht in deinem menschlichen Gehirn klar sein sollte.« Beleidigt bläst die Schwarzhaarige ihre Wangen auf. »Natürlich weiß ich das. Wir haben schon den Hoffnungsträger, die Phönixfeder, den Feuerfächer, den Flammenschlüssel, den Bannbrecher und das Sirenengewand. Also fehlen uns nur noch der Drachenkelch, der Seelenstein, das Silberschloss von dir und das Licht.« »Allein diese Aussage sagt mir, dass deine Augen noch nicht scharf genug sind«, erfolgt die Analyse der neuen Lehrerin schnell. »Wie bitte?«, zeigt sich Liza dagegen sofort gereizt. »Licht ist bereits im Schwert enthalten. Ich vermute mal dein Meister wird es schon im Schwert eingeführt haben, bevor er dich kennen gelernt hat«, antwortet Tansui unbeeindruckt und setzt mit den beiden den Weg zu den benannten Ruinen an. »Ja, das stimmt«, mischt sich Jaken ein und wendet sich an Liza. »Meister Sesshomaru hat vor dir einen anderen Schüler gehabt.« »Wirklich? Sowas geht?«, erkundigt sich die Menschenfrau weiter. Tansui führt fort. »Sicher. Als Lehrer steht es einem zur Wahl, ob und welchen Schüler man an seiner Seite haben kann. Auch Hakku ist nicht mein erster Schüler.« Das bringt Liza dazu, zu Jaken zu blicken. »Wie war der erste Schüler von Meister Sesshomaru so?« »Oh, er ist ein sehr begabter Dämonenjüngling gewesen. Ihm gehorchten die Kräfte der Smaragde. Er hat bereits den Rang eines Drachen gehabt, als er zu uns stieß. Durch ihn erhielten wir die Gegenstände Hoffnungsträger und Licht«, protzt Jaken. »Aber als Element der dritten Generation ist er nicht so gut mit Meister Sesshomaru ausgekommen. Eine andere Lehrerin übernahm ihn.« »Dann bin ich also die zweite Schülerin?«, möchte die Menschenfrau weiter wissen. »Tze, nein. Meister Sesshomaru hat einige Schüler vor dir gehabt, aber bisher bist du die einzige, die seinem Training Stand gehalten hat und mit ihm, auf eine mir unerklärliche Weise, zu harmonieren scheinst«, belustigt sich Jaken über das Unwissen der Jüngsten. »Elemente der ersten Generation vertragen sich einfach am besten mit den anderen Elementen aus derselben Klasse«, dringt es ernst von Tansui. Es macht ihr bereits jetzt sorgen, dass Sesshomaru, als Erde, ausgerechnet Liza, eine Feuerkönigin, aufgenommen hat. Die Wasserfrau weiß ganz genau, dass es außer Hakku noch einige andere Windkinder gibt, die er hätte nehmen können. Selbst andere junge Erdableger gibt es. Auch Wasserkrieger gibt es zur Genüge. Warum muss es ausgerechnet sie sein? Eine Menschenfrau und dann noch das Feuer? Dieser Hund ist ihr einfach nur ein absolutes Rätsel. Vielleicht würde sie heute aber schon bald eine Antwort erhalten. Bereits im Kampf gegen sie vor einigen Tagen hat sie am eigenen Leib spüren können, wie stark die Magie ist, über die Liza verfügt. Tansui bleibt stehen, als die Menschenfrau sich ihr in den Weg stellt. »Was ist?«, fragt sie daher nach. »Was bedeutet das eigentlich, wenn du oder Sesshomaru immer von den Generationen der Elemente sprecht?«, fragt die Schwarzhaarige offen. »Hat er dir gar nichts beigebracht? Das zählt mit zum Grundwissen«, sagt Tansui zunächst nur mit hochgezogener Augenbraue. Entschlossen blickt Liza nach wie vor in die grünen Augen ihrer neuen Lehrerin, antwortet aber nicht. »Elementsableger, wie wir, teilen die Krieger in unterschiedliche Generationen ein. Dein Meister Sesshomaru, Hakku, leider auch du und ich gehören zu den Elementen der ersten Generation. Das ist natürlich die beste Generation der Klasse S.« »Ich vermute mal, weil Wind, Wasser, Erde und Feuer die ersten Elemente auf der Erde gewesen sind«, äußert sich Liza. Tansui nickt. »Und weil sie als Hauptelemente durchaus in der Lage sind jüngere Generationen zu absorbieren, um stärker zu werden. Blitz und Donner, Eis und Schnee, Pflanzen, Holz, Gestein und Lava sind zum Beispiel Elemente aus der zweiten Generation. Zur dritten Generation gehören Metalle, Mineralien, Edelsteine, Gift, Heilkräuter und so weiter.« »Mhmm… So ganz versteh ich das aber noch nicht. Warum sind all diese Dinge in unterschiedliche Generationen eingeteilt?«, fragt Liza. »Weil die Elemente ohne die vorherigen nicht Existent sein können. Metalle, Mineralien oder Edelsteine wären ohne Gestein nicht vorhanden. Gestein kann ohne Erde nicht bestehen«, erklärt Tansui den wichtigen Verlauf. »Das ist natürlich einleuchtend.« Aus dem Augenwinkel heraus erkennt Tansui, dass Liza offensichtlich noch etwas auf der Seele liegt, während sie den Weg weiter fortführt. Der nachdenkliche Blick und der gesenkte Kopf verraten der Wasserfrau, dass der Menschenfrau vieles im Kopf rum schwirrt. Allerdings spricht diese es nicht aus. »Was ist dir noch unklar? Wenn ich dich schon unterrichte, sollst du alles erfahren.« Allgemein ist es für die Wasserherrscherin unklar, warum Liza über so wenig Wissen der Elemente verfügt. Sie hätte erwartet, dass Sesshomaru sie darüber unterrichtet. Nur zögerlich gibt Liza ihre Frage preis. »Eine Priesterin meinte mal zu mir, dass manche Elemente auf Licht und Finsternis basieren und ich habe mich gefragt …« »Das ist nur ein Irrglaube«, unterbricht Tansui voreilig. »Elemente wie Zwielicht, Licht und Dunkelheit, ja selbst alle Lebewesen wie Dämonen, Menschen und Tiere unterstehen ihren Ablegern der vierten Generation. Das ein Element, wie zum Beispiel dein Feuer, sich in einem Gleichgewicht von Licht und Schatten befinden soll, ist ein Aberglaube der Menschen. So versuchen sie einzuteilen, was gut und böse ist. Primitiv, wenn du mich fragst.« »Der Mensch ist schon immer primitiv gewesen und wird es wohl auch bleiben. Genauso wie sein Egoismus«, dringt es verbittert aus der Menschenfrau, die der Füchsin folgt. »Was denn? Bist du solange unter Dämonen gewesen das du vergessen hast, selbst eigentlich ein Mensch zu sein?«, fragt Tansui verblüfft nach. Das die Menschenfrau stumm bleibt, überrascht Tansui. Hasst du deine eigene Spezies, deine eigene Existenz so sehr?, fragt sie sich unweigerlich. Sie kennt das Gefühl sich selbst zu hassen nur zu gut. Als Halbdämon ist man von der Außenwelt wie abgeschnürt. Dämonen verachten einen und versuchen einen zu töten. Menschen vertreiben und beleidigen einen. Anhand ihrer Aussage scheint aber auch Liza keine sonderlich großen Sympathien für ihre eigene Spezies zu haben. Ich wüsste zu gerne warum. ~~~*~~~ Nach dem die Frauen den ganzen Tag gelaufen sind, sind sie endlich in einem Dorf am Rand eines Gebirges angekommen. »Ab hier werde ich dich nicht weiter begleiten. Integriere dich und versuche neue Anhaltspunkte heraus zu finden. Ich werde hierbleiben und solange auf dich warten«, kommt es von Tansui. Liza nickt stumm, ehe sie sich ins Menschendorf aufmacht. Warum nur muss es ein Menschendorf sein? Bist du solange unter Dämonen gewesen das du selbst vergessen hast, selbst eigentlich ein Mensch zu sein? Bei dieser Frage von Tansui muss sich Liza eingestehen, dass sie fast mit "Ja" geantwortet hätte. Sie ist schon so lange unter den Dämonen. Bald schon ein halbes Jahr. Ihr eigener Ehrgeiz, genauso stark wie ihre dämonischen Freunde zu werden, hat sie wirklich vergessen lassen ein Mensch zu sein. Unter Menschen ist sie sich nie wie ein Mensch vorgekommen. Als Dämon wurde sie beschimpft und unter Dämonen selbst fühlt sie sich wohl. Keiner hat sie wegen ihrer Fähigkeiten und Kräfte angefahren. Selbst Tansui bisher nicht. Sie ist erst wenige Tage da und auch wenn die Frauen sich nicht sonderlich leiden können, hat auch die Wasserfrau bisher nie ein Wort gegen Liza ausgesprochen. Auch wenn ihre vorübergehende Lehrerin sie spüren lässt, dass sie ihr Element, das Feuer, zutiefst verachtet. Das rechnet sie ihr hoch an. Jeder Schritt zum Menschendorf bereitet der Menschenfrau immer mehr Unbehagen. Am liebsten würde sie dort gar nicht hingehen. Kurz stoppt sie und blickt über ihre Schulter. Tansui wartet. Eine Rückkehr würde sie nicht dulden. Noch ein paar Sekunden wartet Liza, bis sie sich wirklich ins Dorf der Menschen aufmacht. Tansui sieht, wie die Menschenfrau tatsächlich zögert. Welchen Schrecken hat Liza wohl mit ihrer eigenen Spezies erlebt, dass sie sich fürchtet unter Menschen zu sein und lieber unter Dämonen ist? Diese Frage stellt sich Tansui immer wieder. Normaler Weise meiden Menschen Dämonen, weil Dämonen Menschen fressen und töten. Bei der Schwarzhaarigen kommt es der Fuchsfrau allerdings so vor, als würde sie es auch noch begrüßen, wenn Dämonen so weiter machen. Tansui geht davon aus, dass sie noch lange genug Zeit miteinander verbringen werden, sodass sie schon noch Antworten auf diese Fragen erhalten wird. Jetzt aber will sich die Fuchsfrau ein Bild von den Fähigkeiten Lizas machen. Der ist es selbst sichtlich unangenehm in dieses Menschendorf zu gehen. Erst recht, als die Menschen sich nach und nach zu ihr umdrehen, als hätten diese sie schon erwartet. »Ist was?«, fragt die Schwarzhaarige sogleich. Das Raunen geht schnell in der Runde rum. Selbst mit ihren Ohren kann sie nur allzu gut verstehen, was die Menschen sagen: »Ein Tōunamento-Teilnehmer.« »Ganz wie es der ehrenwehrte Mönch prophezeit hat.« »Ob sie unsere Rettung sein wird?« »Aber sie ist nur ein Mensch.« »Und eine Frau.« Liza versteht nicht, was die Leute mit all diesen Dingen meinen. Soll sie jetzt auf einmal so etwas wie eine Retterin sein? Inmitten der Menschenmengen bleibt sie stehen, als sie sieht, wie vor ihr ein Mönch auf sie zukommt. An seiner Seite ein kleiner Junge von vielleicht vier oder fünf Jahren. Da er dem ausgewachsenen Mönch ziemlich ähnlich sieht, vermutet Liza, dass es sich dabei um dessen Sohn handeln kann. »Herzlich Willkommen in unserer Siedlung«, begrüßt der Vater sie freundlich. »Ihr scheint mich erwartet zu haben«, spricht Liza sofort, ohne großartig herum zu reden. Zunächst herrscht Schweigen, doch mit einem freundlichen Lächeln erklärt der Mönch. »Mein Name ist Sōhei und das hier ist mein Sohn Miroku. Wir kamen her, um die Menschen aus den Fängen eines Dämons zu befreien.« Ihr Blick geht zum kleinen Jungen. Ängstlich versteckt er sich hinter dem Rock seines Vaters, während seine blauen Augen zu ihr hinauf blicken. Als sich ihre Blicke kreuzen, versteckt er sich mehr hinter seinem Vater. Es stimmt sie traurig, dass selbst so ein kleines Menschenkind Angst vor ihr hat. Ist meine Aura denn so viel bedrohlicher geworden?, fragt sie sich unweigerlich. Liza würde nie einem Kind etwas antun. Je länger sie in die furchtsamen Augen des kleinen Miroku blickt, desto stärker zeigt sich ihr das Bild dessen, was er in ihr sieht. Ein Monster in Form eines Drachen. In seinen Augen ist sie kein Mensch. Selbst als sie versucht ihn wesentlich sanfter anzuschauen, als die anderen Menschen in dieser Umgebung, verschwindet sein Bangen nicht. Die furchterregende Aura eines Drachen bleibt für ihn. Ihr wird bewusst, dass sie ihm dafür auch keinen Vorwurf machen kann. Auch sie hat einst Angst vor diesen Wesen gehabt, als sie so klein war, wie er. »Und was habe ich damit zu tun?«, fragt Liza dann schließlich seinen Vater. »Du bist eine Tōunamento-Teilnehmerin, wie ich es an deinem Handrücken unschwer erkennen kann. Sag, wo befindet sich dein Lehrer oder deine Lehrerin?« »Dies ist eine Mission, die ich auf eigene Faust erledigen soll.« Es überrascht Liza, wie kurz und unmissverständlich sie sich ausdrücken kann, seitdem sie bei Sesshomaru in die Lehre gegangen war. Sie erhebt ihre Hand und zeigt dem Priester somit Element und Rang. Es fällt ihm unschwer zu erkennen, dass sie im Rang Königin und ihr Element das Feuer ist. »Ich wünschte mir nur, es wäre ein anderes Element gewesen.« Auch hier erfolgt ihre Antwort recht schnell. »Nehmt meine Hilfe an oder lasst es bleiben. Ich bin nicht diejenige, die von einem Dämon tyrannisiert wird.« »Nun, es handelt sich um keinen Dämon, sondern um ein Sternenbild. Dafür sind meine Kräfte viel zu bescheiden, als das ich mich um ihn kümmern könnte. Der Wind trug es mir unlängst zu, dass sich aber ein Krieger aus dem Tōunamento in der Nähe befindet und sich dessen annehmen wird.« Dieser Erklärung still lauschend, blickt Liza erneut zum kleinen Sohn des Mönches, dann zu den Kindern des Dorfes. In allen liegt das gleiche Gefühl in den Augen – Angst. Angst vor ihr. Die Männer selbst blicken sie voller Verachtung und Hass an. Die wollen sie auf jeden Fall aus dem Dorf so schnell wie möglich raus haben. In den Augen der Frauen selbst liegt nur ein Gefühlschaos aus mütterlicher Fürsorge und bittenden Blicken. »Ich werde es tun«, spricht sie, als sie sich ein letztes Mal den kleinen Miroku anschaut. Danach wieder zu seinem Vater. »Aber nicht für die Menschen hier.« Diese Aussage ruft auf den Gesichtern aller Bewohner nichts weiter als blankes Entsetzen wach. »Aber als Tōunamento-Teilnehmerin gehört es zu meinen Pflichten mich allen Herausforderungen zu stellen.« Der Mönch nickt. »Dann begib dich zu den Ruinen am Rand des Waldes. Sie befinden sich westlich von hier.« »Eine Frage hätte ich aber auch«, spricht sie, bevor sie sich auf den Weg machen will. Ihre Augen entschlossen in die des Priesters gerichtet. »Befindet sich ein Gegenstand des Preises hier irgendwo in der Nähe?« Wenn er sich schon mit den Rängen auskennt und es sogar auf ihrem Handrücken lesen kann, geht sie davon aus, dass er auch weiß, wovon sie spricht. Sein eigener Blick ernst auf sie gerichtet, antwortet er schließlich. »Leider nein. Mir ist nichts bekannt.« Die Schwarzhaarige nickt einfach, ehe sie schließlich geht. Egal welches Sternenbild es ist, sie würde es besiegen. »Papa. Glaubst du wirklich sie wird es besiegen können? Ganz ohne Lehrer?«, fragt sein Sohn Miroku seinen Vater, nach dem Liza verschwunden ist. »Es gibt eine Lektion, die du nie vergessen solltest, mein Sohn. Lass dich nie vom Äußeren täuschen. Auch wenn sie einen niedrigen Rang hat, spüre ich gewaltige Kräfte in ihr. Ihr Lehrer, wer es auch immer ist, weiß schon warum er sie fördert.« Die Menschenfrau geht ohne weiter zu überlegen zu den benannten Ruinen. Noch hat sie keine Ahnung was sie erwarten wird, aber ihr flaues Gefühl im Magen verrät ihr nichts Gutes. Was, wenn es dieses Mal ein Sternenbild ist, was sie nicht besiegen kann? Tansui ist immer in ihrer Nähe und würde eingreifen, sollte es zu kritisch werden, aber sie vertraut ihr nicht. Im Gegenteil. Liza hasst sie – sowohl als Frau, als auch durch das Element, das sie vertritt. Feuer und Wasser stoßen sich von Natur aus ab. Nach dem sie einige Minuten gelaufen ist, sieht sie sich vor den niedergebrannten Ruinen eines alten Gebäudes wieder. Anhand der Größe erkennt sie, dass es einst ein sehr prachtvolles Gebäude gewesen sein muss. Vielleicht das Anwesen eines hohen Herren. »Komm raus! Welches Sternenbild du auch immer bist! Ich bin dein Gegner!«, ruft Liza schließlich nach dem Sternzeichen. Nichts bewegt sich, außer der Staub der Erde, der vom eisigen Winterwind aufgewühlt wird. Ein Hund tritt hervor. Die blauen Augen der Menschenfrau weiten sich geschockt, als sie ihn wieder erkennt. Es ist genau jener verwahrloste Hund, den sie damals am Tag ihres Aufbruchs gesehen hat. »Wie ich sehe, erkennst du mich wieder«, erklingt eine freundliche, männliche Stimme. Danach sieht die Menschenfrau, wie der Hund sich in ein gleißendes Licht hüllt und seine Gestalt ändert. Vor ihr steht nun ein sehr attraktiver Mann. Seine rotbraunen Haare, die zu einem Chonmage frisiert sind, erinnern sie an das Fell, das er als Hund hat. An seinem muskulösen Körper trägt er einen bescheidenen dunkelbraunen Jinbei. Seine Ausstrahlung scheint die Ruhe selbst zu sein. Locker steht er vor ihr, während er mit geschlossenen Augen und einem warmen Lächeln zu ihr blickt. »Dein Herz ist wahrlich groß«, hört sie seine Worte, als sie sich wieder etwas gefangen hat. »Ich bin das Sternenbild Hund und es wird mir eine Freude sein gegen dich zu kämpfen«, bleibt er weiterhin höflich und nett zu ihr. Betrübt senkt Liza ihren Kopf. »Ich … kann nicht gegen dich kämpfen.« Sie hat schon immer eine Schwäche für Hunde gehabt. Schon lange bevor sie zu Sesshomaru gestoßen ist oder Hakku kennen gelernt hat. Sie liebt Hunde und hat sich immer einen als Haustier gewünscht. Jetzt gegen einen zu kämpfen, auch wenn er das Sternenbild ist, lässt ihr Herz schwer werden. »Wie zerbrechlich du sein kannst«, spricht er nach wie vor freundlich und sanft zu ihr. »Doch zögere bei mir nicht mehr, als bei den anderen Sternzeichen. Ich weiß um deine Liebe zu uns Hunden. Du hast uns stets große Freundlichkeit und Liebe entgegen gebracht. Wenn du gegen mich kämpfst, wäre es mir eine Ehre sein.« Er verneigt sich höflich vor ihr. Ja, er kennt sie. Er und seine vier Brüder sind die einzigen Sternzeichen gewesen, die stets über sie gewacht haben. Sie ist jedem von ihnen begegnet, auch wenn sie es nicht gewusst hat. Ihr Vater ist ein sehr guter Freund von ihnen gewesen. Es war sein Wunsch eines Tages genau diese Freundschaft zu vertiefen. Durch die Geburt seiner Tochter wäre dies möglich gewesen, da jeder aus seiner Familie männlich ist. Er weiß aber auch, wie es um ihr Herz bestimmt ist. Es betrübt ihn nicht. Er selbst hat ihren Vater stets geschätzt und hinterfragt keinen seiner Züge, die ihm und seinen Brüdern vertraut sind. »Ja aber …«, will sie widersprechen, wird aber vom Sternenbild unterbrochen. »Ich empfinde keinen Schmerz, Feuerkönigin. Also behandle mich, wie jeden anderen Gegner.« Egal wie lange er redet, doch seine Augen sind geschlossen. Dennoch ist es, als kann er sie direkt anblicken. Ist er etwa … blind?, fragt sie sich unweigerlich. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, lächelt er, greift sie aber an. Liza weicht seinem direkten Schlag einfach aus, während sie lauscht. »Ja, ich bin blind. Trotzdem sehe ich genug.« Ihre blauen Augen weiten sich geschockt. Ein Hund und dann noch blind? Wie soll sie gegen ihn kämpfen? Das ist nicht gut. Immer wieder weicht seinen Angriffen aus, greift aber selbst nicht an. »Ich höre jede deiner Bewegungen. Ich rieche deine Distanz. Ich spüre deine Aura. Alles an deinem menschlichen Dasein verrät dich.« Diese Wörter "menschliches Dasein" rufen in ihr ein bekanntes Gefühl von Verachtung für sich selbst wach. Sie hasst es so sehr ein Mensch zu sein. So schwach und angreifbar zu sein. »Dann sei kein Mensch«, spricht das Sternenbild Hund zu ihr, während er sie weiter angreift. »Dämonen empfinden keine Gefühle ihren Gegnern gegenüber. Egal wie stark die Sympathie auch ist. Wer ihr Gegner im Kampf ist, wird ihr Gegner solange bleiben, bis der Kampf vorbei ist. Sie sind Monster.« Ein weiteres Wort mit dem er sie trifft. Monster. »Niemand ist ein Monster«, kontert Liza endlich und findet langsam zu ihrem gewohnten Kampfeswillen. Sie stützt sich mit ihren Beinen gegen eine der übrig gebliebenen Mauerüberreste, holt Schwung und rast auf den Hund zu. Mit einem gekonnten Hieb ihrer Faust, erwischt sie ihren Gegner genau an der Wange. Davon lässt sich der Hund allerdings nicht beeindrucken. Stattdessen packt er sich innerhalb weniger Sekunden ihren Arm, mit dem sie ihn geschlagen hat und nutzt ihn als Schleuder. Er wirft sie einfach hoch. »Hast du nicht selbst deine eigene Rasse als Monster bezeichnet?«, kontert er, ehe er sie nach einem kraftvollen Tritt in den Rücken in die zerfallenen Ruinen wirft. Laut krachend, und mit einer gewaltigen Wolke aus Asche, stürzt das ohnehin schäbige Gebäude schnell ein. »Dies war einst eine prachtvolle Residenz, gefüllt mit Leben der Menschen. Ihrem Lachen, ihren Tränen, ihrer Liebe und ihrem Hass. Durch die Flammen brannte es schließlich nieder und vernichtete alles, was einst hier hauste«, redet das Sternebild weiterhin zu den Trümmern, in die er die Menschenfrau geworfen hat. Es dauert nur wenige Sekunden, als sie sich von all diesen Trümmern befreit, in dem sie ihren ganzen Körper mit dem Feuer umgibt. Aus der Staubwolke erkennt er noch, wie sie mit ihren Armen die alten Trümmer beiseite wirft. »Menschen sind die egoistischsten Lebewesen, die es gibt. Sie halten sich immer für etwas Besseres und stellen sich über jedes Leben, das sonst noch auf dieser Welt existiert«, dringen die zunächst noch verbitterten Worte aus dem Mund der Menschenfrau. »Aber eines muss ich uns anrechnen. Wenn wir ein Ziel haben, kämpfen wir. Selbst wenn wir umfallen, kämpfen wir weiter. Gefühle sind unsere Stärke!« Danach hastet Liza, noch immer mit den Flammen um ihren Körper, auf den Hund zu. Er fängt ihren Schlag mit Leichtigkeit ab, doch die Stärke und die Wucht, die bei dem Aufeinanderprallen entsteht, wirft eine enorme Druckwelle wach. Endlich sieht er in ihren blauen Augen genau jenen Kampfeswillen, von dem die anderen Sternzeichen erzittern. So unerschütterlich und stark, wie die Kraft eines Drachens. Erneut will er sich den Arm der Schülerin packen, doch die hat schon längst agiert und lässt das Feuerabbild ihrer selbst verschwinden. Er vernimmt hinter sich ihre Aura. Im letzten Moment kann er sich noch rechtzeitig umdrehen und ihren Tritt mit seiner Hand abfangen. Davon lässt sie sich nicht abschrecken und tritt mit ihrem zweiten Fuß unter sein Kinn. Er muss sie loslassen, woraufhin sie einen Rückwärtssalto macht. Kaum das beide wieder auf der Erde gelandet, geht sie in die Hocke und tritt ihm, mit einer gekonnten Drehung, die Beine weg. Er fällt haltlos zu Boden, doch noch bevor Liza ihn ein weiteres Mal treffen kann, verschwindet sein Körper plötzlich. »Was?«, fragt sie sich, ehe sie selbst einen Tritt in ihren Rücken kassieren muss und auf den Boden gedrückt wird. Schnell weicht sie dennoch seinem weiteren Tritt aus und rollt sich zur Seite. Dieses Mal schlägt er sicher zu ihr hinab, wodurch sie seinen Schlag mit beiden Händen abwehrt. Sein Schlag ist um ein vielfaches fester, als der ihres Meisters. Das wundert Liza jedoch nicht. Er ist ein Sternenbild. Alle Sternenbilder sind stark – zumindest jene, die sie bezwungen hat. Sie sinkt tiefer in die Erde ein, je länger sie seinem Schlag standhält. Immer tiefer und tiefer, bis mittlerweile eine gewaltige Kuhle entstanden ist. Sie fragt sich, ob ihm ihre Flammen etwa nichts anhaben können? Vielleicht ist er sogar ein Feuer-Hund? Hat sie ihn damals so falsch eingeschätzt? Sie hielt ihn für einen Erd-Hund, weil er anfänglich so misstrauisch gewesen ist. An diesem Punkt muss sich Liza eingestehen, dass sie nicht viel schlauer geworden ist, als damals. Noch immer lässt sie sich leicht täuschen, wie bei der Jungfrau und noch immer verlässt sie sich viel zu sehr auf die Stärke des Feuers, wie bei Kenshin und Tansui. Ein Lächeln bildet sich auf den Lippen ihres Gegners, ehe er sie mit einem Schlag in der Bauchgegend trifft. Die Schmerzen lassen sie ihre Deckung vernachlässigen und er kann ihr ungehindert ins Gesicht schlagen. »Einsicht ist der erste Weg zur Besserung«, spricht er Weise zu ihr. Seine flache Hand auf ihrem Gesicht gedrückt, lächelt er trotzdem sanftmütig zu ihr hinab. »Ja, ich bin ein Feuer-Hund.« Einmal mehr wird ihm klar, dass ihre Flammen ihm dennoch nicht schaden, die heiß und schützend um sie flackern. Das Feuer ihres Vaters ist um ein vielfaches heißer gewesen und hat sogar ihm geschadet. Entgegen aller Erwartungen kann sie sich dennoch aus dieser Situation befreien, in dem sie mit beiden Händen sein Handgelenk packt und ihre Beine kraftvoll in seine Bauchgegend stemmt. Sie wirft ihn somit über sich, sodass er nun derjenige ist, der auf der Erde liegt. Mit ihrem eigenen Schwung dreht sie sich selbst und landet auf dem Hund. Ihre Schenkel pressen sich kraftvoll gegen seinen Kopf. Dieses Mal legt sie ihre Hand auf seinen Kopf und ist bereit ihn mit ihrem Feuer den Rest zu geben. Der Schock sitzt tief, als nicht ein einziger Funken aus ihrer Hand heraus kommt. »Aber …«, kommt es sofort überrascht von ihr. Sie spürt einen starken Druck um ihre Hüften und wird vom Sternenbild förmlich hoch geschleudert. »Dein Feuer wird dir bei mir nichts bringen. Als Feuer-Hund bin ich immun gegen direkte Feuertechniken!«, knurrt der Blinde sie an, ehe er zu ihr hinauf springt und sie erneut angreift. Seine Schlag-Salve trifft sie immer wieder kraftvoll und vor allem schmerzhaft. Er beendet seine Serie in dem er ausholt und sie mit einem starken Tritt in ihrem Brustkorb zu Boden wirft. Die Menschenfrau kann den Schmerz nicht beschreiben, der ihr durch Mark und Bein schießt. Würde sie dieses Mal wirklich verlieren? Gegen einen Hund? Jedes Sternenbild hat seine Stärken und Schwächen. Stärken findest du schnell heraus. Für dich sind die Schwächen entscheidend heraus zu finden. Damit ersparst du dir viel Zeit und vor allem Kraft, erinnert sie sich an Sesshomarus Worte, als er sie damals begann zu trainieren. Bisher hat sie beim Hund allerdings keine Schwäche ausfindig machen können. Und was, wenn ein Gegner keine Schwäche hat?, erinnert sie sich an ihre eigene gestellte Frage. Jeder Gegner hat eine Schwäche, war es seine Antwort. Na schön. Dann werde ich seine Schwäche finden, schießt es ihr durch den Kopf. Die Schwarzhaarige nimmt noch einmal ihre Kräfte zusammen und wendet sich im Fall. Der Aufprall ihrer Beine erzeugt eine massive Luftdruckwelle, sodass der Boden unter ihr nachgibt. Ihre entschlossenen blauen Augen richten sich gen Himmel, wo der Hund schon auf sie hinabstürzt. Mit seinen eigenen Feuerkräften lässt er ein schlichtes Katana in seinen Händen erscheinen, das er nun direkt auf sie richtet. Ich mag ihn nicht direkt mit meiner Feuermagie schaden können, aber ich kann sie dennoch nutzen. Entschlossen will sie sich ihm weiterhin stellen. Liza geht in die Hocke und stemmt ihre Arme nach oben, um seinen Schlag abzufangen. Eine kraftvolle Druckwelle – stärker als die beiden zuvor – weht nicht nur den Staub der Erde auf, sie zerstört auch noch die kompletten Überreste der alten Ruine. Der aufgewühlte Dreck lichtet sich nur langsam. Zunächst erkennt man nur das Sternenbild Hund. Angestrengt drückt er seine Klinge, doch er schafft es nicht sie vollständig gen Boden zu führen. Der Widerstand, der ihm entgegen kommt, hat schier keine Schwachstelle. Was ist das für eine Stärke? Das ist keine Stärke eines normalen Menschen, fragt er sich gerade noch, bis er durch sein eigenes, empfindsames Gehör vernimmt, dass der Wind den Staub wegfegt. Die langen schwarzen Haare der Menschenfrau haben sich in der Mitte gespalten und schweben nach oben, wie zwei gewaltige Hörner – Hörner eines Drachens. Aus ihrem Rücken sind zwei gewaltige Drachenflügel aus puren Flammen geschossen. Das Blau ihrer Augen hat sich in ein leuchtendes Gold umgefärbt, während sich die Pupillen zu engen Schlitzen verengt haben. Ihre feinen Adern in den Augen sind so auffällig funkelnd, dass es an reißende Magma erinnert. Selbst die Haut auf ihrem Körpers hat sich zu Schuppen geformt. Trotz geschlossener Augen erkennt man das volle Ausmaß seines Schocks im Gesicht. Das Schwerthorn eines Feuerdrachen?, erkennt er diese Art der Magie sofort. Mein alter Freund, du überraschst mich immer wieder, schießt es ihm lächelnd durch den Kopf. Lizas Vater ist immer für eine Überraschung gut gewesen. Schon beim gemeinsamen Schachspiel verzückte ihr Erzeuger ihn mit sehr unvorhergesehenen Zügen. Seine Neigung zu Hunden spiegelt sich auch in seiner Tochter wieder. Ihre Vorliebe zwischen ihr und dieser stolzen Sippschaft kommt also nicht einfach von irgendwoher. Mit ihren flachen Händen hält sie die Klinge fest von sich. Gleichzeitig springen die beiden voneinander und landen am Rand des Kraters. Es dauert nicht lange, bis beide anschließend aufeinander zustürmen. Kaum mehr als das gewaltige Donnern erklingt bei jedem zusammenprallen. Dämonen würden den heftigen Schlagaustausch in den luftigen Höhen erkennen. Beide schenken sich nichts. Das sanftmütige Sternenbild sieht, wie sie seine Klinge mit bloßem Handrücken jedes Mal abwehren kann. Ihre Haut ist so hart und unnachgiebig geworden, wie die Schuppen eines Drachen, doch immer noch geht sie in keinen direkten Angriff über. Ihre menschliche Seite hindert sie aus Vorliebe, Zweifel und Mitgefühl daran. »So langsam verstehe ich, warum die Menschen dich immer als Monster betiteln«, provoziert er sie weiter, nachdem jeder auf ein zusammen gestürztes Dach der Ruinen gelandet sind. »Du hast nichts menschliches an dir. Du bist schon eine Bestie geworden, wie deine Begleiter.« Die feuerroten Flügel ändern ihre Farbe und werden orange. »Es ist meine menschliche Seite, die dich noch am Leben erhält, Hund!«, kontert Liza knurrend. »Dann leg sie ab, wenn du es so sehr verachtest, Mensch zu sein«, fällt seine Aussage weiterhin provozierend aus. »Das kann ich nicht«, antwortet sie ernst, ehe sie ein weiteres Mal aufeinander zustürmen. »Und wieso nicht?«, fragt er sie lächelnd. Ihre Antwort lässt nicht lange auf sich warten. »Weil sie das Einzige ist, was mich noch an meine Eltern erinnert.« Immer wieder kreuzen sich Sternenbild und Mensch. »Meine Mutter ist ein Mensch!«, dringt es weiter ernst aus ihrem Mund, bevor Liza, dieses Mal schneller als der Hund, angreift. Brutal schlägt sie mit ihrer schuppenbesetzen Hand sein Gesicht. Ihre Attacke sticht durch seinen Körper, wie ein Pfeil aus tausend Klingen. Ihre schuppenbesetzte Haut schneidet ihn so brutal, wie Schwerter. »Und sie ist die sanfteste, verständnisvollste und liebste Person, die ich je in meinem Leben haben werde.« Ein weiteres Mal greift sie ihren Feind an. Sie attackiert ihn von hinten mit ihrem Ellenbogen. Der Schmerz ihrer vorherigen Attacke ist noch nicht einmal abgeklungen, da blüht die neue Fuhr in ihm auf. Selbst ihre eigenen Flammen beginnen ihm zu Schaden, wie einst bei ihrem Vater. Gewaltsam knallt er auf dem kalten Boden auf. Sie selbst landet sicher mit ihren Beinen auf der Erde. »Und auch mein Vater, der mir diese Gabe vermacht hat, war ein Mensch. Er ist so stark und herzlich gewesen, wie ich es seit dem von keinem anderen Mann mehr kennen gelernt habe. Seine Flammen sind auch Meine!« Das Sternenbild Hund blickt mit einem schockierten Blick zur Menschenfrau. Noch im letzten Moment erkennt er, wie ihre schwarzen Haare noch länger werden und immer spitzer zulaufen, wie Hörner eines Drachens. Selbst ihr Pony verändert nun seine Form und bildet ein drittes Horn. Diese Kraft … Diese Aura … Sie kommt mir so vertraut vor. Nachdem ihre Gestaltwandlung beendet ist, kommt es ihm so vor, als würde sich ihm das Gesicht eines vertrauten Freundes zeigen. Als würde er aus dem knisternden Feuer das Gebrüll eines Drachens vernehmen können. Erst da beantwortet sich seine Frage. Jetzt verstehe ich. Deshalb gabst du ihr den Körper eines Menschen und genau deshalb soll sie es auch glauben, einer zu sein. Das sieht dir ähnlich, mein Bester. Mit hochgezogener Augenbraue blickt sie zu ihm und beobachtet, wie er wieder aufsteht. Ein weiteres Mal rennt er auf sie zu und attackiert sie mit seiner Klinge, der sie dieses Mal ausweicht. Ihre gewaltigen Flügel lassen sie mit einem Schlag hoch in den Himmel hinaufsteigen, in den er ihr bedingungslos folgt. Schier sinnlos versucht sie vor ihm zu fliehen und fliegt von einer Seite zur Nächsten, bis sie sich sogar dafür entscheidet wieder zu Boden zu fliegen. Nichts. Das Sternenbild Hund bleibt hartnäckig an ihren Versen. Selbst noch, als sie auf der Erde irrationale Wege sprintet, um seinen Angriffen auszuweichen, folgt er ihr. Ein weiterer Schlag kommt von ihm und dieses Mal trifft er ihre Schulter mit der scharfen Klinge. Im letzten Moment kann sie sich noch abfangen und stützt sich mit einer Hand auf dem Boden. Danach landet sie auf ihren Beinen und blickt zum Hund. Ihre Flammen und die sonderbare Form versiegen, als sie sich wieder aufrichtet. »Ich liebe es mit Hunden zusammen zu sein«, lächelt sie ihn dann einfach sanftmütig an. »Ihr könnt ganz schön verschmust sein, verspielt, treu, aber vor allem seit ihr ganz schön anhänglich«, zwinkert sie zu ihrem Gegner. Dieses Mal ist es das Sternenbild, das sie verwirrt anschaut. »Du bist so damit beschäftigt gewesen mich anzugreifen und mir zu folgen, dass du gar nicht gemerkt hast, wie ich einen Angriff für dich vorbereitet habe.« Sie deutet ihm mit einem Finger nach unten zu schauen. Durch seine Instinkte und geschenkten Sinne, spürt er diese simple Bewegung und blickt zu Boden. Unter ihm leuchtet das Symbol eines Pentagramms rot auf, doch noch hat sie es nicht aktiviert. Mit einem Lächeln blickt er zur Schwarzhaarigen, ehe er sein Schwert wieder verschwinden lässt. Höflich verneigt er sich vor der Feuerkönigin. »Hiermit hast du mich besiegt. Auch für mich würde Hitzewelle nicht versiegt bleiben. Es hat mir Spaß gemacht gegen dich zu kämpfen, junge Liza. Ich hoffe, wir werden in Zukunft öfter Gelegenheit zu solchen Spielereien haben.« Lächelnd nähert sich die Frau dem Sternenbild und reicht ihm ihre Hand hin. »Du hast mir etwas sehr wichtiges beigebracht, Feuer-Hund. Etwas was ich schon lange vergessen habe.« Er schlägt ein, fragt sie aber dennoch. »Und was?« »Nicht alle Menschen sind schlecht. Die Treue eines Hundes dem Menschen gegenüber gilt wohl auch für Sternzeichen.« Ganz überraschend spürt Liza, wie sich die Arme des Sternenbildes um sie legen. Er umarmt sie. Sehr sanft und zärtlich. Ihre Wangen färben sich rot. Ihre blauen Augen schimmern verträumt, bevor auch sie ihre Arme um ihn legt. Sie hat schon lange nicht mehr eine so einfache und zaghafte Geste genießen können. Der Schnee fällt an diesem Abend leise hinab, bleibt am Boden oder auf den Ruinen liegen, sowie am umliegenden Wald, doch auf der Haut des Feuer-Hundes und der Feuerkönigin schmilzt jede Schneeflocke. »Bleibe dir selbst treu, Liza. Es wird keinen Hund auf der Welt geben, der dich nicht mag, sowie du bist. Selbst mein Bruder der Erd-Hund ist auf deiner Seite«, spricht er ein letztes Mal voller Sänfte zu ihr, bevor sich sein Körper langsam auflöst. Die Sterne schwirren um seinen Körper herum, wie Glühwürmchen. »Werden wir uns wieder sehen?«, fragt Liza ihn. Er nickt zunächst stumm, aber glücklich lächelnd. »Der schwerste Gegner steht dir und deinen Freunden noch bevor. Wenn die Zeit gekommen ist und du uns rufst, werden wir kommen. Alle fünf Hunde-Brüder auf einmal.« Ein letztes Mal streichelt er sie zärtlich an ihrer Wange und schenkt ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er verschwindet. Einmal mehr wird ihm selbst klar, dass sie mehr von ihrem Vater hat, als ihm bewusst ist. Zumindest weiß er aber, dass seine Brüder und er sie beschützen werden, wenn die Zeit reif ist. Ich bitte euch. Passt auf sie auf. Meine Schwestern werden sie vor eine sehr folgenschwere Entscheidung knallen lassen. Ihr seid die einzigen, die sie dann noch haben wird, erinnert er sich an die Worte seines alten Freundes, gefolgt von dessen wissenden Lächeln. Vielleicht schlägt ihr Herz dann doch zu einem von euch um. Heute, wo er sich mit der Familie seines engsten Freundes auskennt, ist ihm mehr als deutlich bewusst, das genau das nicht passieren wird. Ein letztes Mal kann er lächeln, bevor sein Körper im Sternenmeer verschwindet. Entschuldige, alter Freund. Aber selbst für mich sind ihre Flammen zu heiß, um sie bändigen zu können. Noch sehr lange blickt sie in den Himmel, zu dem sie seine Sterne fliegen sieht. Bis zu diesem Zeitpunkt ist ihr nie klar geworden, welche Ehre es eigentlich ist, gegen die Sternzeichen anzutreten. Sie zählen zu den machtvollsten Wesen. Stärker noch als die Dämonen. Stärker als jeder Geistlicher. Stärker als es je ein Ableger werden kann. Dennoch sind einige von ihnen menschlicher, als sie es vom Menschen kennt. Der auffrischende Winterwind weht ihre Haare an ihrem Körper entlang. »Ich habe nun dein Können gesehen. Wir werden morgen mit dem Training anfangen«, dringt plötzlich die Stimme Tansuis aus dem Nichts an ihre Ohren. Die Fuchsfrau ist ganz überrascht, als sie das Funkeln in den klaren blauen Augen der Menschenfrau sieht. Als hätte sie eine Erleuchtung gehabt. Sesshomaru muss gewusst haben, dass sich hier der Hund aufhält und vielleicht sogar extra auf Liza gewartet hat. Er hat etwas in ihr bewegt. Mehr als es die junge Frau wahrscheinlich ahnt. Kein Hass. Keine Furcht. Reines Glück glänzt in diesem Moment in den Augen der Menschenfrau. Dieses Mal sanfter bewegt die Halbdämonin ihren Kopf zur Seite und spricht ruhiger. »Komm.« Ruhig und völlig ausgeglichen nähert sich Liza der Wasserfrau, die anschließend vorangeht. Kapitel 14: Ein halbes Jahr --------------------------- Seit jenem Tag, an dem Sesshomaru sie mit Tansui allein gelassen hat und sie gegen das Sternzeichen gekämpft hat, sind zwei Wochen vergangen. Liza ist sich mehr denn je bewusst, dass sie jetzt schon ein halbes Jahr hier ist; sogar etwas mehr, als ein halbes Jahr. Der Kampf gegen das Sternenbild Feuer-Hund hat sie von allen Kämpfen am meisten geprägt. Er ist das bisher netteste aller Sternzeichen gewesen, die sie kennen lernen durfte. Ob seine Brüder auch alle so sind? Es gibt insgesamt fünf Elemente in den Reihen aller japanischen Sternzeichen. Holz, Erde, Metall, Wasser und Feuer. Nennen alle Sternzeichen ihre Artgenossen Bruder und Schwester? Sind sie überhaupt wirklich sowas wie Geschwister? Nachdem sie die Geschichte Leons gehört hat, fragt sie sich immer öfters wer all diese Sternenbilder mal waren, bevor sie zu diesen machtvollen Wesen aufstiegen. Waren es einst nur Menschen oder Dämonen? Welche Geschichten haben sie? Wenn sie jemals wieder in ihre Zeit zurück kehren wird, würde sie so gerne mehr über die Sternzeichen lesen. Die richtige Lektüre dafür zu finden, wird sich für Liza als sehr schwierig erweisen. Sicher haben die Sternzeichen auch in ihrer Zeitepoche ihre Hintergrundgeschichten, aber die werden garantiert anders sein. Oft überlegt sie, ob ihr Vater für sie auch eine derartige Lektüre hinterlegt hat. Ihr Vater hat ihr sehr viele Bücher hinterlassen. Fast alle sind dabei aus seiner eigenen Feder geschrieben, um sie über die Wahrheit mancher Dinge aufzuklären. Das ruft ein weiteres Mal die Frage in ihr wach wer ihr Vater gewesen ist. In dem Buch, das sie am Tag ihres Aufbruchs von Haru bekommen hat, hätte sie gerne weiter gelesen. Sie hat es sich sogar in ihren gelben Rucksack eingepackt. Heute ärgert sie sich so sehr, dass sie den Rucksack für das Gebet abgesetzt hat. Ein weiteres Mal ruft aber genau dieser Fakt, die Frage in ihr wach, wer ihr Vater war. Sesshomaru hat ihr Versprochen mit Tsukuyomaru zu sprechen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Vielleicht hat er es während der Trainingszeit mit Hakku bereits getan, doch andererseits fragt sie sich warum? Es ist keine Lehrerpflicht von ihm. Wenn sie ihn mittlerweile nicht besser kennen würde, würde sie sagen, er tut aus reiner Nettigkeit. Gerade weil sie ihn aber kennt, weiß sie, er tut es aus Interesse. Egal was ihr Vater oder vielleicht sie selbst getan hat, es hat seine Neugier geweckt und er will mehr darüber wissen. Sie hätte leichter damit leben können, wenn es nur Sesshomarus eigene Neugier ist, die ihn scharf auf Infos über ihren Vater macht. Leider geht es Liza selbst nicht mal so viel anders. Nach allem, was sie in den letzten Monaten herausgefunden hat, hat sie das Gefühl selbst ihren geliebten Vater nicht zu kennen. Wie so oft in letzter Zeit, fragt sie sich wer er eigentlich vor seinem Ableben gewesen ist. Diese Frage kommt immer wieder in ihr hoch. Woher wusste Papa von meinen Kräften?, schießt der Schwarzhaarigen ihre eigene letzte Frage vom letzten Gespräch mit ihrer Mutter durch den Kopf. Dein Vater wusste es so genau, weil er selbst ein Magier war. … Alle seine Vorfahren waren es, erinnert sie sich an die Worte und die Erklärung ihrer Mutter. Das war eine Lüge, schießt es ihr bitter und wütend zugleich durch den Kopf, nur kurz darauf gefolgt von einem traurigen: Warum? Ein ganzer Schwall voller Fragen dröhnt durch ihren Kopf. Jetzt, wo sie einiges gelernt hat und mehr über die Elemente und Ableger weiß, fragt sie sich, was ihre Mutter und ihr Vater ihr noch alles verheimlicht haben und vor allem auch warum. Angefangen mit der Erzählung von der Jungfrau, die ihr offenbart hat, dass alle Feuerableger einfach von den Sternzeichen gefunden und getötet wurden. Weiterführend zu der Erzählung von Leon, der ihr in der Stadt, in der Okiya, erklärt hat, dass Elemente sich nicht über Generationen weiter vererben lassen. Es ist ein Teufelskreis. Die Sternzeichen wissen mehr über sie und ihren Vater, als sie selbst. Die Jungfrau erwähnte, dass er Schwestern gehabt hat. Nicht mal das hat Liza gewusst. In ihrem ganzen Kopf wird es immer leerer, wenn sie an ihn denkt. Sie sieht ihn wie einen schwarzen Schatten vor sich, um den hunderte Fragen schweben. Die Schwarzhaarige gibt es ungern zu, aber bei Haru hat sie wenigstens gewusst, woran sie ist. Ihr Drang, sich wirklich mit ihm auszusprechen, wächst mit jeden Tag immer mehr. Sie möchte ihm eine Chance geben auch für sie ein Vater zu sein. Liza begreift immer mehr, wie egoistisch sie selbst einfach war, weil sie nur an sich gedacht hat. An sich und ihre eigene Zukunft. Früher ist ihr alles so klar vorgekommen. Sie hat eine eigene Firma gründen und aufbauen wollen, die sich dem Schutz und der Förderung sozial benachteiligter Menschen verschreibt. Die Firma soll ihnen eine Möglichkeit geben genauso im Berufsleben anzukommen, wie jeder andere Mensch. Dabei muss es nicht Japan sein. Dafür ist Liza auch bereit ins Ausland zu ziehen. Sie hat früher so große Pläne in der Neuzeit gehabt. Große, aber einsame Pläne. Ohne Freunde. Ohne Mann. Will sie das eigentlich noch? Die Menschenfrau fragt sich, ob sie jemals wieder in ihre Zeit zurück kehren wird und wenn ja, was will sie dort eigentlich noch? Es gibt dort ihre Familie, aber hier hat sie Freunde gefunden, insofern sie ihre dämonischen Begleiter so nennen kann, und jemanden, in den sie sich verliebt hat. In der Neuzeit hätte sie ihre Kräfte, aber keine Gefahren. Die Menschenfrau ist nicht dumm. Nachdem die Sternzeichen Wasser-Schlange und Jungfrau ihr offenbart haben, dass sie zwischen allen Epochen reisen können, weil sie in jeder Ära Existent sind, hat sie sich gefragt, ob das mit den Elementen vielleicht auch so ist. Zumindest mit denen aus der ersten Generation. Das Feuer besteht in der Neuzeit genauso, wie in der Sengoku-Ära. Allerdings hat sie gar keine Ahnung wie das gehen soll. Über ein halbes Jahr ist seit jenem Tag vergangen, als sie im mittelalterlichen Japan gelandet ist, aber genau ein halbes Jahr, seitdem sie bei Sesshomaru im Training ist. Im eisigen Winter des mittelalterlichen Japans, Anfang oder Mitte Februar, Liza hat kein richtiges Zeitgefühl mehr, wird ihr ihre Einsamkeit mehr denn je bewusst, die sie in der Neuzeit durchleben würde. Ob ihre Mutter sie vermisst? Ob ihr verrückter Großvater manchmal an sie denkt? Kümmert sich Haru wohl gut um ihre Halbschwester Kagome? Würde sie jetzt vielleicht Freunde finden? Aber vor allem … Wäre sie nicht mehr so einsam? Doch wäre es hier so viel anders? Sesshomaru erwähnte dem Daiyokai des Südens gegenüber das er sich von den Menschen wieder abwenden würde, sobald das Tōunamento vorbei ist. Das einzige, was ihr noch Hoffnung gibt, ist der Pakt, den sie einst miteinander abgeschlossen haben. Wenn sie stärker als jeder Dämon wird und keine Möglichkeit findet wieder in ihre Zeit zurück zu kehren, würde er sie in seinen Ländereien aufnehmen, so dass sie diese beschützen kann, wäre er nicht da. Sie wäre wieder alleine. Zwar stark und gebraucht, aber allein. Nicht mehr. Hakku? Sie wünscht ihm, dass er seine Treue wiederfinden wird und er mit Tansui glücklich wird. Er ist zwar ein Hundedämon aus der stolzen Familie des Westens und Sesshomaru rangmäßig unterlegen, aber das bedeutet für sie nicht, dass er auch in dessen Dienste tritt. Ebenso wenig, dass er sich mit Tansui häuslich im Westen niederlässt. Egal wo die Menschenfrau wäre, sie bleibt allein. »Konzentrier‘ dich gefälligst!«, rufen die barschen Worte der Fuchsfrau Liza wieder aus dem Gedankenreich zurück. Sie registriert wieder, dass sie sich im Innern eines gewaltigen Wasserballs befindet den Tansui mit ihrer Macht erschaffen hat. »Dein Lehrmeister hat mich beauftragt dich zu lehren dein Element auch unter Wasser benutzen zu können, damit nicht wieder so ein Dilemma entsteht, wie damals, als du gegen die Wasser-Schlange kämpfen solltest.« Das grimmig wütende Gesicht der Feuerfrau zeigt ihren Zorn und feste Entschlossenheit. Alle Wut der Welt hilft jedoch nicht sich gegen das Wasser, das Tansui um sie geschlossen hat, zu behaupten. Seufzend hebt Tansui Wasserball wieder auf. Wild hustend kann sich Liza auf den kalten Boden fallen lassen. »Hey! Ich hab noch längst nicht alles gegeben!«, pflaumt Liza ihre aktuelle Lehrerin an. »Wär' es dir lieber, du wärst ertrunken?«, kontert Tansui dagegen nur kühl. Gegen diesen Einwand hat Liza wirklich nichts zu sagen und sie schaut nur zu Boden. Ernst blickt das neue Teammitglied zur Jüngeren. Es erstaunt sie, wie viel Kraft und Macht diese Feuerkönigin bereits in sich trägt. Das ruft in ihr augenblicklich die Frage wach, ob Liza wirklich nur ein Mensch und einfache Königin ist. Tansui sprach bereits vor Sesshomarus Abreise mit ihm über diese sonderbare Stärke. Von ihm erhielt sie auch die Info über den Kampf mit der Wasser-Schlange. Auch er scheint bisher keine Anhaltspunkte über seine Schülerin gefunden zu haben, die das Gegenteil ihres Ranges beweisen. Einzig das Zeichen des Turniers auf Lizas Handrücken verrät ihren Rang als einfache Feuerkönigin. Für die Wasserherrscherin selbst ist diese Menschenfrau fast schon ein Monster, aber auch hier hat Sesshomaru ihr verboten dieses Wort überhaupt auszusprechen. Er verriet ihr zwar nicht warum, doch das wird seine Gründe haben. Leider sind beide momentan gezwungen, ihre Schüler auszutauschen. Hakku braucht eine stärkere Defensive und da kann Sesshomaru mit seinen machtvollen Erdtechniken wirkungsvoll dagegen wirken. Ihr Verlobter fehlt ihr. Tansui fragt sich jeden Tag, wie sie wohl dessen Treue wieder bringen kann, damit es sie allein ist, die sein Lächeln genießt. Damit es sie allein ist, die seine Liebe wieder spüren kann. Einmal mehr wird ihr bewusst, wie besitzergreifend seine Liebe sie umfasst hat. Aber Hakkus Liebe kam so sanft über sie, dass sie es nicht mal gemerkt hat, bis es zu spät war, es zu leugnen. Als Hund und Fuchs stoßen sich beide Rassen von Natur aus ab, doch Hakku kam zu jener Zeit über sie, wie ein Wirbelsturm. Sein Lachen erwärmte ihr einsames Herz. Seine ehrliche Art umfing sie genauso sanft wie seine Arme. Ja, selbst seine einfühlsame Art war so neu und erfrischend wie seine Küsse. Unweigerlich fragt sich Tansui, ob alle Hundedämonen so zu ihren Frauen sind, was ihren Blick erneut zur Menschenfrau führen lässt. Unlängst ist ihr klar, dass sich etwas zwischen ihr und Sesshomaru anbahnt. Als Frau kann sie die Schwarzhaarige verstehen. Er ist attraktiv, klug und stark, aber ohne Gefühle. Für Tansui ein wichtiges Attribut, was den älteren Hundedämon unwichtig werden lässt. Als Wasserherrscherin ist er für sie irrelevant. Ihr Herz schlägt nur für den jüngeren, wilderen Halbbruder. Tansui muss sich wieder dem hier und jetzt widmen. Liza muss lernen ihr Element auch unter Wasser kontrollieren zu können. Schon lange gehen Gerüchte über einen Feuerkrieger um und Feinde werden dessen natürliche Schwäche ausnutzen wollen. Das ist alles, was Tansui wissen muss. Die Schwarzhaarige rennt einfach voller Freude an ihr vorbei und eilt zu Jaken, der bereits das Essen zubereitet hat. Ohne weiter zu fackeln, greift sich die Menschenfrau den Kröterich und umarmt ihn. Nie zuvor hat eine Menschenfrau sich sichtlich wohler gefühlt. Etwas, was Tansui weiterhin ins Denken versetzt. Es ist schon lange üblich, dass Menschen Dämonen fürchten und Dämonen die Menschen meiden oder fressen. Liza bricht all diese Dinge einfach. Längst ist der Fuchsfrau klar, dass sich die Frau aus einer anderen Ära unter Dämonen wohler fühlt und die Dämonen selbst sehen sie nicht einmal als Mensch. Zumindest fällt Tansui das bei Sesshomaru auf. Beide haben viele Eigenschaften gemeinsam. Sie brechen alte Regeln. Sie verlassen sich auf ihre Stärke. Sie ordnen sich nicht unter, sondern bestehen auf die Oberhand. Dennoch beschützen beide diejenigen, die ihr vollstes Vertrauen genießen. Auch wenn Sesshomaru es selbst immer leugnet sie zu beschützen. »Hey lass mich runter, Menschenweib!«, meckert Jaken rum, doch die Ältere sieht, dass er es sichtlich genießt. »Ich find dich süß«, säuselt Liza nur und lässt ihn wieder runter. »Wieso kocht der Kappa-Dämon eigentlich für dich?«, fragt Tansui schließlich. »Er heißt Jaken«, knurrt Liza ihre Gegenüber an. »Und er kocht für mich, weil ich es nicht kann.« So offen eine Schwäche zuzugeben, überrascht wieder einmal die Fuchsfrau. »Dann wird es Zeit das du das lernst.« »Und warum? Damit ich einen Mann von vorn bis hinten bedienen kann?«, sträubt sich die Menschenfrau gleich dagegen. »Nein für dich. Damit du dich einmal allein ernähren kannst!«, zeigt sich Tansui nun auch etwas gereizt. »Du wirst nicht immer einen Jaken haben, der für dich kocht. Oder eine Mutter. Oder sonst einen Lakai.« Lizas geschockter Gesichtsausdruck verändert sich zu einer traurigen Miene. Nie hat die Jüngere so gedacht. Davon abgesehen, dass ihr ihre Mutter von Tag zu Tag tatsächlich immer weniger fehlt. Am Anfang hat sie oft an sie gedacht und sie hat ihr auch oft gefehlt. Auch ihre Halbschwester. Und ihr Großvater. Ja sogar an ihren Stiefvater hat sie immer öfters denken müssen. »Woran denkst du?«, sind es die Worte von Tansui, die sie wieder aus ihrer Gedankenwelt herausholen. »An nichts weltbewegendes«, antwortet sie kurz, ehe sich beide Frauen gemeinsam hinsetzen. »Einfach nur an meine Dämlichkeit.« Tansui nimmt sich ruhig einen der Fleischspieße und pustet ihn achtsam. »Erwachsen werden, heißt Fehler zu machen, aber nicht dumm sein.« Der Kopf der Menschenfrau sinkt weiter. »Egal was du für Fehler gemacht hast, aber wir alle machen Fehler«, spricht Tansui weiter. »Dämonen offenbar nicht«, antwortet Liza so leise, das es wie ein Flüstern klingt. Tansui hört es aufgrund ihres guten Gehörs trotzdem. »Wie kommst du darauf?« »Wenn ich mir die eleganten und vollendeten Bewegungen von Sesshomaru anschaue, kommt es mir so vor, als würden Dämonen alles perfektionistisch vollziehen können. Allein, wie er seine Hände erhebt … Es wirkt, wie ein vollendeter Tanz. Oder Hakku. Selbst wenn er lacht, wirkt es, als ob ihm nichts entgehen kann«, versucht sich die Menschenfrau zu erklären. »Ja und selbst bei dir bekomme ich das Gefühl, dass du beim Gehen so elegant bist, als würdest du schweben können. Dieses Gefühl werde ich nie erreichen für andere so Elegant und Perfekt zu sein.« Zunächst schweigt die Fuchsfrau einfach nur und scheint sich durch den Kopf gehen zu lassen, was die Menschenfrau gesagt hat. »Ist es denn das, was du willst?« Diese Frage lässt Lizas Kopf hochschießen und Tansui erstaunt anschauen. Jaken blickt zwischen den Frauen hin und her. Er kennt Liza und auch wenn er es nie aussprechen oder sagen würde, aber er mag sie. Sie ist ihm sympathisch geworden. Wie sie sich immer um ihn sorgt und ihn … umsorgt. Das hat er noch nie zuvor bei Menschen gesehen. Die meisten fürchteten sich vor ihm oder ekelten sich. Sie hingegen umarmt ihn, knuddelt ihn und akzeptiert ihn, sowie er ist. »Nein, ich … ich … i-ich …«, stottert Liza ganz plötzlich. Sie weiß schon lange nicht mehr, was sie eigentlich will. Außer für immer bei Sesshomaru zu bleiben und selbst das wird ihr wohl nicht gewährt werden. »Sesshomaru hat schon immer etwas sehr faszinierendes an sich gehabt. Seine kühle, distanzierte Art hat immer sehr anziehend auf Frauen gewirkt«, spricht Tansui weiter, als wüsste sie, was im Kopf der Schwarzhaarigen vor sich geht. In ihrem Gesicht und ihren Augen kann die Fuchsfrau fast lesen, wie in einem Buch. Ein weiteres Mal schaut die Jüngere entsetzt. »Gerade auf Menschen wirkt er sehr anziehend. Seine Ausstrahlung, seine Aura, sein Aussehen, seine Abstammung … Das mag ihm bewusst, aber bis heute egal gewesen sein. Ganz im Gegenteil zu Hakku, der sich kaum von Röcken lösen kann, sobald er einen sieht.« »Liebst du ihn?«, fragt Liza dann aus heiteren Himmel. Da ist die Fuchsfrau auf einmal sehr überrascht und muss sich erst einmal sammeln. Dann aber antwortet Tansui mit einem Lächeln. »Meinst du etwa Sesshomaru?« Sie bricht in ein schallendes Gelächter aus, ehe sie antwortet. »Wer könnte sich in einen eiskalten Dämon verlieben, der nichts zu geben hat?« Das wütende Gesicht von Liza verrät Tansui jedoch alles. »Jetzt verstehe ich«, lächelt sie. Ihre Lippen bilden ein, wie es für die Menschenfrau wirkt, geheimnisvolles Lächeln. »Aber nein. Ich liebe ihn nicht. Er ist für mich einfach nur hilfreich, in dem er Hakku trainieren kann und mit ihm das macht, was ich nicht kann.« »Das heißt?« »Wie du gemerkt hast, ist Hakku ein schneller und agiler Angreifer, aber er hält nicht sehr viel aus. Seine Defensive ist sehr, sehr schlecht. Ein Schlag und er fällt mir zu Boden, wie ein Sack Reis.« Fast schon hochmütig, wie es Liza scheint, blickt die Wasserfrau sie an. »Da hältst selbst du mehr aus und du bist ein Mensch.« »Also benutzt du ihn nur«, stellt sie fest. »Natürlich. Sowie er mich benutzt, um dich zu trainieren. So funktioniert das in der Dämonenwelt.« »Aber du bist kein Dämon, wie Hakku oder Sesshomaru«, entgegnet Liza sofort. »Du hast aber dennoch etwas dämonisches an dir; auch wenn deine Aura nicht ganz so stark ist.« Die Fuchsfrau zögert mit ihrer Antwort. »Ich bin ein Halbdämon.« »Bitte was?«, ist die Schwarzhaarige überrascht, was wiederrum Tansui verblüfft. »Ach ja. Sesshomaru meint, du kommst aus einer Zeit, wo es keine Dämonen mehr gibt.« Das Schweigen der Menschenfrau sagt Tansui alles. »Halbdämonen sind einfach das Endprodukt zwischen Menschen und Dämonen. Wenn sich ein Dämon auf einen Menschen einlässt, entsteht daraus ein Halbdämon.« In Tansuis Gesicht bildet sich auf einmal ein sehr neckisches Grinsen. »Also genau das, was passieren würde, wenn Sesshomaru jemals Gefühle zu dir entdecken würde, wenn er jemals wieder welche haben sollte.« Dieser rote Schimmer auf den Wangen von Liza wecken eine seltsam schelmische Art und Weise in der Fuchsfrau. Also isst sie ihren Spieß auf und beugt sich rasant über Liza, drückt sie auf die Wiese und erhält sofort einen Blick der Verlegenheit und des Schocks. »Hmhmm… Aber so langsam kann ich verstehen, was er an dir findet.« Immer weiter beugt sich Tansui zu Liza hinunter, die immer röter im Gesicht wird. »Du quillst gerade nur so über voller Emotionen. Gefühle, die so sehr danach begehren frei gelassen zu werden. Das ist für einen Dämon wie ihn durchaus reizvoll.« Das Gesicht der Wasserfrau neigt sich über den Hals der Menschenfrau, über den sie ganz sanft haucht. Liza atmet leise aus. Dieser warme Atem inmitten der kalten Winterluft löst eine große Gänsehaut in ihr aus. Wie sehr würde sie sich allein nur solch eine Berührung von Sesshomaru wünschen. Selbst als Tansui sie sanft am Hals beginnt küssen, stellt sie sich vor, wie es wäre von ihrem Meister so geküsst zu werden und ein leiser Seufzer entweicht ihren Lippen. Die weichen Lippen der Halbdämonin übersehen den Hals der Schwarzhaarigen mit vielen kleinen, aber langsamen Küssen. Ruhig und geduldig folgen sie der Halsschlagader hinauf zum Kinn, ehe sie sich wieder mit ihrer feuchten Zunge genauso bequem, bis zum Schlüsselbein hinunter leckt. Erneut atmet Liza leise aus und seufzt in die kalte Winterluft hinaus. Jaken steht der Mund schier weit offen, als er diese Gefühle der Frauen so ungeniert vor sich sieht. »All diese Emotionen wollen raus. Mehr, als alles andere«, spricht Tansui weiter und blickt Liza wieder in ihre blauen Augen. »Jungfrauen hatten schon immer ein besonderes Interesse in Dämonen geweckt und du hast die größten Emotionen von allen. Da wundert es mich nicht, dass selbst dein Meister Interesse an dir bekommt.« Dieser verführerische Unterton in der Stimme der Fuchsfrau löst in Liza ein Gefühlsbad im Bauch aus. Alles in ihr schreit nach ihrem Lehrer. Sie liebt ihn nicht nur. Sie begehrt ihn. Sie will nur ihm gehören. Sie will nur an seiner Seite bleiben. Für immer. »Wie süß deine Lippen wohl schmecken? Vielleicht nach Kirsche?«, fragt Tansui weiter und beugt sich zur Menschenfrau hinab. Dein erster Kuss gehört mir!, vernimmt die Menschenfrau selbst plötzlich die herrische, kalte Stimme Sesshomarus in ihrem Kopf. Sie dröhnt durch ihren Körper, wie eine einzige Berührung. Dieses erwartungsvolle Beben, das sie durchfährt, hat sie nie zuvor so intensiv gespürt, wie in jenem Moment, als sie sich einfach nur seiner Stimme in ihrem Kopf klar wird. So packt sich Liza Tansui an den Schultern, drängt ein Bein zwischen die Schenkel der Fuchsfrau und dreht sich mit ihr, sodass es Tansui ist, die nun unter ihr liegt. Tatsächlich mit einem sehr schockieren Gesichtsausdruck muss die Wasserfrau mit ansehen, wie Liza sich nun ihrerseits einen der Fleischspieße vom immer noch entrüsteten Jaken greift und herzhaft hinein beißt. »Ja, ich bin noch Jungfrau, Tansui. Aber das heißt nicht, dass ich mich einfach verführen lasse, wie es jemanden passt. Schon gar nicht von einer anderen Frau. Dafür will ich selbst viel zu sehr die Führung behalten.« Nachdem sie das Essen durchgekaut und runter geschluckt hat, spricht Liza weiter. »Egal wie stark die natürliche Anziehung von euch Dämonen sein mag, aber auf mich wirkt das selten.« Dieser ernste Blick den Liza dabei zu der Halbdämonin runter wirft, zeigt ihr in diesem Moment, wie stark die herrschende Seite in der Schwarzhaarigen ist. Sie ist die dominanteste Frau, der Tansui jemals über den Weg gelaufen ist. Sie duldet keine Zwangsunterwerfung – jedenfalls nicht von ihr. Fast wie eine Anführerin, die ihren Untergebenen in die Schranken weist, thront sie auf ihr und blickt mahnend zu ihr hinab. Die Ausstrahlung einer Herrscherin trägt die selbstbewusste Jugendliche tatsächlich tief in sich. Ähnliches denkt sich auch Jaken, als er diese sichere, überhebliche Art in ihrer Haltung wieder erkennt. Liza löst sich von Tansui, steht einfach wieder auf und lässt die verdutzte Wasserfrau einfach auf der Wiese liegen. »Ich will weiter trainieren. Wenn Sesshomaru wieder kommt, will ich ihm beweisen können, dass ich mein Feuer auch unter Wasser benutzen kann.« Diese Aussage schockiert Tansui mehr, als Tatsache das sich Liza ihr entzogen hat. Dämonen können auf Menschen durch ihre besondere Ausstrahlung – die sie Charme nennen – sehr anziehend wirken. Viele nutzen das tatsächlich sogar aus und ziehen sie an, nur um sie zu fressen. Der Fuchsfrau ist bekannt, dass der momentane Anführer der Wolfsdämonen das manchmal gemacht hat. Sich einem solch starken Einfluss zu entziehen, wie dem dämonischen Charme, ist für Menschen schier unmöglich. Sie hat völlig vergessen, dass Liza nicht nur eine Menschenfrau, sondern auch eine Elementskriegerin ist. Sogar eine Ablegerin des Feuers. Vielleicht ist solch ein Charme, bedingt durch ihr Element, auf sie wirkungslos. Nachdem sich die Wasserherrscherin wieder gefasst hat, richtet sie sich auf. »Na schön. Dann lass uns weiter trainieren.« Ihren Ehrgeiz schätze die Wasserfrau in jedem Fall. »Es gibt nur eine Frage, die ich dir gerne stellen möchte.« Nach einem Nicken von Tansui stellt Liza ihre Frage. »Liege ich mit meiner Vermutung richtig, wenn ich durch das Feuer selbst wieder in meine Zeit gehen kann?« Zunächst schweigt Tansui, antwortet dann aber. »Ja, das ist richtig. Unsere Elemente sind in jeder Zeitepoche verfügbar. Mit dem richtigen Training kannst du das Feuer als Portal für die verschiedenen Ären benutzen.« »Kannst du es mir beibringen?«, fragt Liza weiter. Tansui zeigt sich unbeeindruckt von diesem eisernen Willen. »Sicher, aber erst einmal will ich mit dir deine Schwäche beheben. Da du nur eine Königin bist, wird die Erschaffung eines Portals vermutlich viel länger dauern, als die Schwäche deines Elements zu beheben. Außerdem lässt du dich immer noch viel zu leicht täuschen. Deine Augen müssen geschärft werden. Vor uns liegt noch eine ganze Menge Arbeit.« Die Schwarzhaarige verschlingt den Rest des Spießes, ehe sie den Holzspieß einfach durch ihre Flammen niederbrennt und Tansui anschließend mit einfachen Handbewegungen wieder zu sich lockt. Darauf will die Herrscherin des Wassers natürlich eingehen, doch dann hören die Frauen nur Jaken aufschreien. Liza fährt sofort der Schock in die Glieder, als sie diese unheimliche, riesige Wespe am Arm des Kröterichs sieht. »Aaaaaaaaahhhhhhhhhh!!! Oh Gott! Das schmerzt!« Erst jetzt erkennt die Menschenfrau auch, dass diese Riesenwespe ihren Stachel in Jakens Arm gestochen hat. Bevor sie aber zum Zug kommt dieses Vieh zu verbrennen, ist es Tansui, die das Insekt mit einem gewaltigen Wasserstrahl wegdrückt und ersaufen lässt. Trotzdem geht Liza gleich zu ihrem Freund hin und greift ihn sich. »Hey Jaken! Alles in Ordnung?«, fragt sie ihn sogleich besorgt. »Schnell! Du musst mir den Stachel raus ziehen«, schafft er es noch schmerzhaft zu sagen. Stumm nickt sie und zieht ihm den Kimonoärmel hoch. Schon jetzt versinkt der Stachel in seinem dürren Oberarm, wo die Wespe ihn gestochen hat. Mit ihren Fingern allein kann sie das nicht schaffen, also legt sie ihre Lippen um den Arm und saugt den Stachel so stark sie kann raus. Schließlich kann sie dann doch den Stachel mit ihren Zähnen packen und herausziehen. Kaum draußen spuckt sie den Stachel achtlos aus. Im zugeschneiten Boden zerläuft er zu einem ätzenden Gift. »Das war dumm von dir«, meckert Tansui sofort mit Liza, die augenblicklich heftig zu husten beginnt. »Der Stachel eines Saimyōshō ist hoch giftig. Jetzt ist nicht nur Jaken vergiftet, sondern auch du. Damit hat sich das Turnier für dich und Sesshomaru erledigt.« Wutentbrannt packt sich die Feuerfrau Tansui am Kragen ihres Kimonos. »Mir geht es hier nicht um mich, kapiert! Jaken ist mein Freund und ich will alles tun, damit es ihm gut geht. Das Viech sah aus wie eine Wespe! Dagegen muss es ein Heilmittel geben.« »Sicher gibt es das, aber wer sagt, dass ich dir helfen will?«, zeigt sich Tansui uneinsichtig und kühl. »Ich weiß, du hasst mich, aber tu es für Jaken. Oder hasst du ihn auch?«, drängt Liza sie weiter, während sie auf einem Arm den fiebrigen, fast bewusstlosen Kröterich hält. Tansui blickt auf den Freund ihrer momentanen Schülerin. Saimyōshō sind dafür bekannt, aggressiv zu sein. Vielleicht hat Jaken nur das Essen verteidigen wollen und wurde so gestochen. Sie hält nicht viel von den beiden. Weder von Jaken, noch von Liza. Doch wenn sie den beiden nicht hilft, weiß sie, würde sie den Zorn Sesshomarus spüren. Sie fürchtet sich nicht vor dem Tod, doch sie bangt denjenigen zu verlieren, den sie von allen am meisten liebt. Hakku. Kapitel 15: Aishitemasu ----------------------- »Was war eigentliche deine Opfergabe?«, fragt Liza ihre "Lehrerin", während sie gemeinsam einen steilen Berg erklimmen und somit die Stille unterbricht. Die Menschenfrau hält beschützend den kleinen Krötendämon in ihren Armen. »Du weißt schon, dass man Ränge auch ohne Zwischenstufen erreichen kann?«, antwortet Tansui mit einer Gegenfrage. Der geschockte Gesichtsausdruck ihrer momentanen Schülerin sagt der Halbdämonin alles. »Was hat er dir überhaupt beigebracht? Ich hab das Gefühl du weißt gar nichts.« »Wir hatten andere Themen über die wir uns unterhielten«, zeigt sich Liza nur halsstarrig. Das heißt, wenn wir uns denn mal unterhielten. Ja, Gespräche mit ihm sind immer sehr kurz, aber dafür genauso intensiv für die Siebzehnjährige gewesen. Sie hat es stets gemocht. Seinen scharfen, rationalen Verstand mit dem er weit im Voraus gedacht hat. Seine ganze Art, wenn sie sich gegenseitig in einer Diskussion ausstechen wollten. Einfach er selbst, wenn er sie versucht eines Besseren zu belehren und zu beweisen, dass er stärker ist, als sie. Ja, wäre er hier, hätte er ihr und Jaken wahrscheinlich mit seiner Gift-Immunität helfen können. So müssen sie sich jetzt ohne ihn irgendwie durchschlagen. Erneut zieht die Stille zwischen den Frauen ein, bevor sich Tansui erbarmen kann, ihr auch von den anderen Möglichkeiten zu erzählen. »Man kann Ränge überspringen, in dem man zum Beispiel einen Ranghöchsten besiegt. Dann würdest du auch zum Feuer werden. Oder indem du einen Drachen tötest, dann kannst du auch aufsteigen. Man muss nicht unbedingt alle Ränge durchleben.« »Das … das wusste ich wirklich nicht.« Dieser niedergeschlagene Eindruck von Liza tut Tansui für einen Moment weh, doch sie steht darüber. »Dennoch bin auch ich dieser Reihenfolge gefolgt und musste dafür meine Jungfräulichkeit opfern.« Diese Aussage schockiert Liza. »Du hast … Du musstest …«, versucht sie sich zu berappen, muss aber durch das Gift in ihrem Hals wieder stark Husten und sogar in ihrem Laufen innehalten. »Aber du musstest dich nicht …«, will sie schon reuevoll Fragen, doch da lacht Tansui. »Hahaha! Nein, so gemein ist das Wasser nicht. Das Wasser ist flüssig, wie du weißt und es verlangt von mir mein laufendes Blut. Hätte ich allerdings mein komplettes Blut hergegeben, wäre ich gestorben und das ist nun wirklich nicht der Sinn einer Opfergabe. Ich habe gespürt, dass es "neues" Blut für einen neuen fließenden Pakt sein musste. Wenigstens durfte ich dieses besonderes Mal mit demjenigen erleben, den ich liebe.« Die grünen stechenden Augen von Tansui gleiten hinter sich, wo sie den fragenden und bittenden Blick der Schwarzhaarigen sieht. »Du kennst ihn sogar. Du hast ihn kennengelernt, bevor ich zu euch stieß.« »Hakku?«, schießt sein Name fast schockiert aus ihrem Mund. Ja klar. Sie erinnert sich. Hakku erwähnte doch, dass er eine Verlobte hat und seine Opfergabe die Treue gewesen ist. »Momentmal! Das heißt, du bist mit Hakku …!?«, will sie dann aussprechen, stoppt aber bei dem glücklich verliebten Lächeln der Wasserfrau ganz von allein. Da ist sich Liza sicher, dass es das in dieser Form auch noch nie gegeben hat. Zumindest ist ihr in dieser Hinsicht nichts vertraut. Zwei Elementsableger in einer Beziehung, die auch noch wahrscheinlich zur gleichen Zeit alles aufgegeben haben, um ihre Ränge zu erreichen. Es schockiert sie, wie gut die beiden ihre Beziehung zu einander verborgen haben. Liza hat es mit keiner Silbe gemerkt. Ist das so ein Dämonending? Schützen sie so ihre Partner?, fragt sich die Menschenfrau augenblicklich. Praktisch ist es alle Male, denn so können keine Feinde deinen Partner nicht als Schwäche ausnutzen. Auf der anderen Seite muss es hart sein, wenn man sich keine Zärtlichkeiten austauschen kann und immer kühl aufeinander wirken muss. Vielleicht sind Dämonen auch einfach sehr diskret. »Habt ihr denn zur gleichen Zeit …?« »Ja. Als ich meine Jungfräulichkeit hergab, gab er seine Treue.« Der wehmütige Ton in Tansuis Stimme verheißt Liza allerdings nichts Schönes. Sie zweifelt nicht an der Liebe, die sie sich teilen, aber vermutlich ist Hakku schon am nächsten Morgen nicht mehr da gewesen und das ist für niemanden schön. Schon gar nicht für eine Frau. Man kommt sich billig und abgeschoben vor. »Aber jetzt komm schon. Ich will noch vor der Mittagssonne vor Ort sein«, drängt Tansui die Menschenfrau plötzlich nach einem Blick in den Himmel. »Wieso? Blüht die Sennenso-Beere sonst nicht mehr«, fragt Liza mit hochgezogener Augenbraue. »Nein. Ich will die Tortur einfach hinter mich bringen.« Schon längst ist der Schwarzhaarigen aufgefallen, dass die Halbdämonin den ganzen Tag ungeduldig ist. Eine kalte Brise auf ihrem Körper verrät ihr, dass sie sich immer mehr der Spitze des Berges nähern. »Wow. So eine kühle Brise tut gut. Das liebe ich am …«, dringt es noch aus den Mund von Liza, ehe sie wieder stark husten muss. Dieses Mal ist es so schlimm, dass es sie auf die Knie zwingt. Für die Wasserfrau kein gutes Zeichen. Das Gift breitet sich immer stärker in ihrer vorläufigen Schülerin aus. Sie müssen sich beeilen. Die Fuchsfrau nimmt sich die Schwarzhaarige auf ihre Arme und trägt sie. »Wir müssen uns beeilen. Jede Bewegung von dir breitet das Gift der Rieseninsekten weiter aus.« Mit der Geschwindigkeit der Dämonen hastet Tansui nun über die Klippenhänge. Mit Jaken auf einem Arm, hält sich Liza mit ihrem anderen Arm am Hals der halben Dämonin fest. So schnell hat sie sich noch nie fortbewegt. Wie kann sie auch? Einmal mehr wird ihr bewusst, wie sehr sie in ihrem menschlichen Dasein eingeschränkt ist und nichts sehnlicher tun würde, als genau das zu opfern. Das Feuer will diese Opfergabe von ihr allerdings nicht. Damals verstand sie nicht warum, doch heute weiß sie, dass es ihr damit verdeutlicht, so zu sein, wie sie ist. Liza soll als Mensch den nächsten Rang erreichen und das verflucht sie. Ihre Kräfte verlassen sie immer mehr und offenbar geht es nicht nur ihr so. Auch bei ihrer dämonischen Lehrerin scheint ein, für sie noch unbekanntes Problem, zu haben, denn auch ihre Kräfte schwinden. Das macht sich daran bemerkbar, als sich Tansui plötzlich selbst hinknien muss und Liza absetzt. »Verdammt. Es überkommt mich eher, als ich dachte«, flucht die Frau mit den auffällig orangenen Haaren. Aus genau diesen orangenen Haaren werden plötzlich Dunkelbraune, ebenfalls ihre Augen. »Aber was?«, fragt Liza schockiert. Selbst ihre dämonische Aura ist rundum verschwunden und sie ist, wie sie. Ein ganz normaler Mensch. »Was ist denn mit dir passiert?«, fragt sie sogar nach. »Du weißt echt gar nichts über uns Dämonen«, kommt es zunächst gequält von ihr. »Ich bin ein Halbdämon.« »Ja, das weiß ich.« »Jeder Halbdämon hat seine Zeit der Verwundbarkeit. Das bedeutet wir verwandeln uns einmal im Monat in einen Menschen und verlieren all unsere Kräfte. Wenn wir also angegriffen werden, werde ich dir nicht helfen können. Du bist auf dich gestellt.« Wie aufs Stichwort zeigen sich auch plötzlich ein Mann und eine Frau. »Dann werden wir ein leichtes Spiel haben.« Grimmig blickt Liza zu den beiden. Eindeutig dämonisch. Die Frau trägt das Eis in ihrem Innern so kalt, dass sie es schon auf ihrer Haut glitzern lassen kann und die blassblauen Augen sich in dem Element wiederspiegeln. Von dem Mann mit den rabenschwarzen Haaren und seinen ebenso dunklen Augen weiß sie zunächst nicht, was sie halten soll. Auch nicht bei seiner übergroßen Nase. »Ein … Tengu«, reicht Jakens Kraft aus, um sie darüber zu informieren, was für einen Gegner sie vor sich hat. Deutlich spürt sie seinen Blick auf ihrem Handrücken. »Eine Königin. Das wird für dich doch ein leichtes werden, Eisdrache«, spricht der Mann hochmütig, während die Frau nur stumm hervortritt. »Eis, hmm?«, lächelt Liza nur und will sich der Frau schon stellen, doch Tansui hält Liza am Ärmel auf. »Wir haben keine Zeit für so einen Unsinn.« Ein Blick auf den fiebrigen Jaken und das Spüren ihrer eigenen ansteigenden Körperhitze machen ihr die Situation klar. »Und ich kann dich nicht beschützen, wenn was schief läuft. Ich habe keine Kräfte als Mensch«, vernimmt die Jüngere. Das lässt in ihr die Wut hochkochen, weil das in ihren Ohren so klingt, als wäre Tansui als Mensch ein nichts. Sie überreicht ihr wortlos Jaken. »Glaubst du das wirklich?«, fragt sie diese ernst, nachdem sie ihr nun mit dem Rücken zugewandt steht. Für einen Moment kommt es der Älteren so vor, als wäre es nicht Liza, die vor ihr steht, sondern deren eigentlicher Lehrer. »Du hast selbst gesagt, du genießt das volle Vertrauen deines Elements. Dann vertraue darauf, dass es dir auch als Mensch dient.« Danach sprintet die Menschenfrau schon los und greift die Eisfrau an. Diese steht selbst einfach nur da und wartet den Angriff ab. Der folgt auch sogleich im Brustbereich. Der Schlag sitzt tief, doch zu aller Überraschung, rührt sich die Eisfrau keinen Meter. Stattdessen lässt sie ihr Eis so eng zufrieren, dass Liza nicht einmal mehr den Arm herausbekommt, egal wie sehr sie sich bemüht. »Worauf wartest du? Geh diese Beere holen!«, ruft Liza zu ihr und schickt ihr einen wütenden Blick. »Ich will nicht das Jaken stirbt.« Überrascht über diese Worte zuckt Tansui zunächst zusammen, will sich aber dann auf den Weg machen, ehe sie vom Rabenmann aufgehalten wird. »Was denn? Willst du deine Schülerin allein lassen, wegen eines einfachen Kappa-Dämons?«, fragt er sie neckisch. »Sie ist nicht meine Schülerin. Ich vertrete nur ihren Lehrer«, versucht sich Tansui frech zu geben. »Dann sollte es ihrem Lehrer nicht gefallen, wenn ihr etwas passiert und du warst nicht in ihrer Nähe«, grinst der Tengu sie an. Das war eine offensichtliche Drohung, soviel kann Tansui heraushören. »Liza …«, wendet sich Tansui hilfesuchend an die Schülerin, doch die befindet sich gerade in einem Kampf, beziehungsweise versucht sie ihren Arm noch immer wieder aus dem Körper ihrer Gegnerin zu befreien. Dafür stemmt sie sogar ihre Beine gegen den Körper der Frau und zieht kraftvoll. »Wie du siehst … bin ich beschäftigt. Kämpfe doch selbst gegen ihn«, spricht sie angestrengt. »Aber ich kann nicht …« Diese ängstliche Art, die Tansui plötzlich als Mensch an den Tag legt, gefällt Liza gar nicht. »Das ist alles Kopfsache, Tansui! Das Wasser steht auch zu dir, wenn du ein Mensch bist! Du selbst hast diesen Pakt mit deinem Blut besiegelt«, versucht sie ihre, zu Mensch gewordene, Lehrerin aufzubauen. »Nein! Wenn ich ein Mensch bin, gehorcht mir nicht ein Tropfen!«, kontert Tansui dagegen. »Kein Element lässt sich davon beeinflussen, welcher Rasse du angehörst. Dein Element liebt dich, sowie du bist! Ganz egal, ob Mensch, Dämon oder Halbdämon!« Die Wut in der Menschenfrau steigt auf. Wie kann jemand so ein schwaches Selbstvertrauen in sich und sein Element haben? Auch für Liza ist es eine Qual ein Mensch zu sein. Sie kann viel zu kurz durchhalten, weniger mitziehen und ist nicht mal halb so kraftvoll, wie ihre Verbündeten. Doch bei all dem hat sie nie das Vertrauen in ihr Element - das Feuer - aufgegeben. Elemente sind anders als Menschen und Dämonen. Sie wählen sich ihren Träger danach aus, wer am besten in ihre Prinzipien passt und wie stark die Sympathie ist, die zwischen Element und Ableger herrschen kann. Genauso, wie sich Ableger auch entsprechend die Opfergabe nach den Prinzipien der Elemente aussuchen müssen. Sesshomaru opferte seine Gefühle für die berechenbare Erde. Hakku gab seine Treue für den wankelmütigen Wind her. Tansui musste neues Blut dem fließenden Wasser als Geschenk für den neuen Pakt darbieten. Frei nach dem Motto, dass auch Blut nicht dicker als Wasser ist. Aber was muss sie dem Feuer darbieten? Bis heute ist Liza ihre Opfergabe komplett unbekannt, obwohl sie den nächsten Rang erreichen könnte. Ohne ihren eigenen passenden Beitrag kann sie das nicht. Die Treue und die Kontrolle der Elemente sind teuer - sehr teuer. Man muss das wertvollste aufgeben, was man zu bieten hat. Schlagartig wird ihr klar, was sie hergeben muss. Ihr Vater opferte nicht sich, sondern seine Familie, um im Rang aufzusteigen. Das Feuer ist immer allein gewesen; sehnte sich nach nichts mehr, als Anerkennung und Liebe - genauso wie sie. Das volle Vertrauen des Feuers erreicht sie nur, wenn sie allein bleibt, wie es das selbst ist. »Ich kann einfach hier stehen und dich erfrieren lassen«, wendet sich nun sogar die mehrfach unterkühlte Stimme der Gegnerin an die Menschenfrau. »Und als niedrige Rasse dürfte das bei dir schnell der Fall sein.« »Na schön«, flüstert Liza zunächst zu sich selbst, ehe sie sich selbst an ihre Gegnerin wendet. »Weißt du … Kälte ist so gar nicht mein Ding«, grinst sie fies die Eisdämonin an. »Im Gegenteil, ich würde sagen das die Kälte mich grundsätzlich«, sie unterbricht sich selbst, um das Feuer in ihrem Arm aufflammen zu lassen, wodurch der Körper der Eisfrau in tausend Scherben zersplittert, die sogar Lizas Oberteil zerfetzen, »kalt lässt.« Anschließend springt Liza zu Tansui und vertreibt den Tengu von ihr, in dem sie ihn mit ihren flammenden Händen schlägt, jedoch nicht erwischt. »Und jetzt geh. Ich halte dir beide vom Leib, solange ich noch kann«, baut sie die Wasserfrau mit einem zuversichtlichen Lächeln auf. Tansui erstaunt immer wieder dieser Elan und der Eifer dieser Menschenfrau. Wie kann sie nur so blind darauf bauen, dass das Feuer ihr dient? Trotzdem nickt sie und rennt mit Jaken davon. Aufmerksam beobachtet Liza die beiden. Oder mehr, die Armee aus Eisfrauen und dem Tengu. »Willst du dich immer noch mit uns anlegen?«, fragt der männliche Dämon sie sogar. Liza lächelt ihn überheblich an. »Gegen euch ist ein Kampf nicht gerecht und schon gar nicht von Nöten. Du bist nicht mal ein Elementskrieger. Das heißt ein Kampf gegen sie bringt mir nicht mal was.« »Wir sind unehrenhaft entlassene Krieger. Wir wollen mit allen Mitteln wieder ins Turnier einsteigen«, erklärt er ihr. »Das heißt, wir stehlen dein Element, damit wir wieder einsteigen können. Menschen wie dich töten wir besonders gerne.« Sie erkennt das dreckige Grinsen im Gesicht des Tengus und es verrät Liza nichts Gutes. Skeptisch hebt sie eine Augenbraue an, bevor sie hören kann, wie er sagt: »Und wer weiß … Vielleicht habe ich sogar noch was von dir, wenn du erst einmal tot bist.« Voller wollüstiger Gier leckt er sich über seine Lippen, was in ihr nichts weiter als einen Schauer voller Ekel wach ruft. Vor ihren geistigen Augen, erblickt sie imposante Statur ihres Meisters, die sie eindringlich ansieht und sagt: Gehe darauf nicht ein. Unehrenhaft entlassene Krieger sind Kämpfer, die sich an keine Regeln halten. Sie werden dich nicht nur töten, sondern wie Dreck behandeln. Ein schneller Tod ist dann noch das Geringste, was du dir wünschen wirst. Es ist, als vernimmt sie seine Stimme nicht nur in ihren Ohren, sondern auch in ihrem Kopf. Ich muss es tun. Sonst stirbt Jaken. Damit rennt sie gleich auf ihre Gegner zu - durch die Erscheinung ihres Meisters. Die Eisfrau ist für sie kein Problem. Soll sie doch eine Armee ihrer Selbst erschaffen, damit hätte Liza keine Probleme. Gekonnt und schnell weicht sie jedem Eissplitter aus, der ihr entgegengeworfen wird. Ihr Gegner soll der Tengu sein. Ein gewaltiger Sprung in die Höhe lässt sie ein offenes Feld für Fernangriffe werden. Die Eissplitter schmelzen, noch bevor sie ihr Ziel erreichen. Anschließend setzt die Menschenfrau zum Schlag an, ballt ihre Hand zu einer Faust und noch während des Falles auf den Tengu zieht sie ihren Arm zurück, bevor sie ihn mit voller Wucht auf ihn schlagen lassen will. Alles was sie erwischt ist die Erde, die in einem gewaltigen Knall auseinander geht und eine Kuhle bildet. Inmitten des Kraters erkennt die Schwarzhaarige das die Eisdämoninnen-Armee am Rand steht. Von allen Seiten kommt ein eisiger Schneesturm herbei, der ihre Beine binnen weniger Sekunden einfriert und fest mit dem Boden verankert. »Was …?«, will sie schon fragen, doch da antwortet die Gegnerin. »Ihr Menschen besteht fast nur aus Wasser. Ich lasse es einfach gefrieren.« Danach erfolgt ein erster Schlag des Tengus in ihrem Magen. Das hat gesessen. Liza glaubt schon, dass alles in ihrem Innern rausfliegen würde. Danach erfolgt noch ein Schlag in ihrem Gesicht. Das Brechen der Nase macht sich nicht nur durch das unüberhörbare Knacken bemerkbar, sondern auch daran, weil sie ihr eigenes Blut herunterlaufen spürt. »Tze!«, knurrt die Schwarzhaarige. »Feiges Pack.« Diese zwei Wörter machen den Dämon wütend und er vollzieht, viele weitere Schläge, die Liza irgendwann in die Knie zwingen. Statt sie einfach fallen zu lassen, gibt er ihr einen ordentlichen Tritt in den Rücken und schleudert sie davon. Ohne Mitgefühl dafür schaut die Frau des Eises hinterher, ehe eine ihrer zahlreichen Vervielfältigungen sich noch im Flug den Menschen schnappt und die kalten Hände an die noch warmen Wangen legt. Sie neigt ihren Kopf hinab, bis nur noch wenige Millimeter die Lippen der beiden Frauen trennen. Die blassblauen Augen durchstechen die klaren meeresblauen Augen der Menschenfrau. Die Dämonenfrau atmet laut hörbar aus und lässt sämtliche Kälte in den Körper der Turnierteilnehmerin in ihren Mund wandern. Die Augen Lizas weiten sich massiv, als sie spürt, wie ihr schier sämtliche Wärme aus dem Körper gesogen wird. Letztlich wird sie losgelassen und die Schwarzhaarige knallt einfach auf. »Freu dich. Wenn du Tod bist, werde ich deine Augen besitzen«, spricht die Eisdämonin noch zu ihr, als wäre es ein Trostpreis. »Seid ihr fertig?«, fragt Liza nur gequält. »Noch nicht. Erst bis du Tod bist«, grinst der Tengu und greift sie erneut mit heftigen Schlägen an. Dieses Mal jedoch nicht allein. Von vorne muss sie seine Angriffe dulden und von hinten denen seiner "Schülerin". Das Gift der Saimyōshō macht ihr mehr zu schaffen, als sie gedacht hat und das ist ihr mehr als unangenehm sich selbst das eingestehen zu müssen. Das Fieber wird in ihrem Kopf stärker. Auch der Schwindel lässt nicht nach. Jede Bewegung ihrer Muskeln fühlt sich an, wie tausend Stiche. Sie kann nicht mal richtig ihre Feuertechniken einsetzen. Hoffentlich würde sie nicht vorher sterben, bevor das Fieber seinen Höhepunkt erreicht. Vielleicht würde es hier und jetzt sogar passieren, denn kaum hat sie noch dran gedacht, spürt sie von hinten den, zu einem Eisspeer geformten Arm, durch ihren Rücken stechen. Von vorn ist es der Arm des Dämonenmannes, der sich durch das Dekolleté gezogen hat. Das Blut dringt durch ihren Mund, während sie in die hochnäsigen, kalten, schwarzen Augen vom Tengu schaut. »Das war‘s für dich. Aber ich verspreche dir, ich werde mich an deinem Fleisch glücklich laben.« Tansui selbst rennt durch das Gebirge; auf der Suche nach der Sennenso-Beere. »Irgendwo hier muss sie doch wachsen!«, spricht sie hastig, während ihr Blick über die steilen Klippen und Abhänge gleitet. Sie hasst nichts mehr, als ein Mensch zu sein. Ihre feine Nase ist weg. Ihre klaren Augen sehen nicht mehr so scharf. Ihre Kräfte sind komplett verschwunden. Nicht einmal mehr das Wasser hört dann noch auf sie. Tansui ist dann nichts mehr, als eine normale menschliche Frau. Diesen Zustand hasst sie so sehr. Deshalb kann sie Lizas Energie und ihre Zuversicht nicht verstehen. Sie ist doch auch nur ein ganz normaler Mensch und trotzdem verfügt sie über solch eine Kraft und ein so starkes Urvertrauen zu ihrem eigenen Element und ihrem Körper. Wie kann ein Mensch nur so zuversichtlich sein? »Liza«, vernimmt sie die geschwächte Stimme von Jaken, der es geschafft hat, wieder zu sich zu kommen. »Sie wird sterben.« »Ich werde die Beere schon noch finden. Für euch beide«, antwortet Tansui voreilig. »Nein. Ich … Ich rieche ihr Blut.« Der blanke Schock zeigt sich auf ihrem Gesicht, bevor sie hinter sich schaut. Wie unter Wasser klingen dumpf die Schreie der Menschenfrau an ihre Ohren. Am Himmel sieht Tansui noch unzählige Eisspitzen hinabsausen. Sie leidet. Liza leidet freiwillig für sie und Jaken. Tansui hat komplett vergessen, wie es ist, wenn jemand ein solches Vertrauen einem entgegen bringt. Das ist alles Kopfsache, Tansui! Das Wasser steht auch zu dir, wenn du ein Mensch bist!, dringen die Worte von Liza an ihre Ohren. Kopfsache? Soll also heißen, sie bildet sich das nur ein? Dein Element liebt dich, sowie du bist! Ganz egal, ob Mensch, Dämon oder Halbdämon! Fragend schaut sie auf ihre Hand. Würde wirklich das Wasser kommen, wenn sie es brauchen würde? Auch als Mensch? Das ist alles Kopfsache! Dein Element liebt dich!, schießen ihr erneut die Worte Lizas in ihren Kopf. Plötzlich spürt sie etwas in ihrer Handfläche. Es ist, wie ein Blubbern. Überrascht blickt sie um sich und sieht wirklich die Beeren oben auf einem Abhang. »Die Sennenso-Beere!«, schießt es sofort aus ihrem Mund. Mit Jaken auf ihren Armen kann sie nicht hoch klettern. Selbst wenn sie ihn nicht hätte. Es würde lange dauern so weit hoch zu klettern. Jede Sekunde zählt jetzt. Ein weiteres Mal blickt sie auf ihre Handfläche. Sie fürchtete sich davor den Versuch zu starten ihr Wasser einzusetzen. Es gehorcht ihr doch nicht. Das ist alles Kopfsache! … Das Wasser steht auch zu dir, wenn du ein Mensch bist! … Dein Element liebt dich! Immer wieder dringen diese Worte der Menschenfrau durch ihren Kopf, wie eine positive warme Aura. Sie wiederholen sich, wie ein Sutra. Je mehr sie an diese Worte glauben will, desto stärker wird das Blubbern auf ihrer Handfläche. »Liebst du mich wirklich so sehr?«, fragt Tansui und als Antwort erkennt sie eine kleine Fontäne in ihrer Handinnenfläche. Das Wasser! Es ist wirklich da. Es wird ihr gehorchen. Liza hat also Recht gehabt. »Na schön. Dann retten wir Leben.« So verlängert sie ihren Arm zu einem Wasserstrahl und greift sich die Pflanze mitsamt den Beeren. Die Freude über dieses Erfolgserlebnis ist riesig. Sogar gewaltig, doch davon darf sie sich nicht aufhalten lassen. Schnell öffnet sie Jakens Mund und steckt ihm zwei Beeren in den Mund. Für ihn, als kleinen Kappa-Dämon wird das ausreichen. Liza wird viel mehr brauchen. »Ich rette dich!«, dringt es entschlossen aus ihrem Mund, ehe sie sich aufmacht. Die Menschenfrau selbst ist am Ende ihrer Kräfte. Nach und nach spürt sie, wie die Kälte sie umfängt. Das Feuer verlässt sie. Warum?, fragt sie sich. Weil ich nicht bereit bin, das zu opfern, was du willst? Ihr Lebenshauch wird schwächer. Nicht nur wegen dem Gift. Die klaffenden Wunde lässt sie auf den eiskalten Schneeboden sinken. Bitte, bleib bei mir, fleht sie das Feuer in sich an. Ich fühle mich sonst so schwach und … einsam. Mehr denn je spürt sie, was es bedeutet ein ganz normaler Mensch zu sein. Genau das, was sie früher immer gehasst hat – normal zu sein. Doch genau das will sie jetzt nicht mehr. Sie will nicht mehr, wie alle anderen sein. Sie liebt es anders zu sein, als andere Menschen. Genau deshalb will sie aber auch nicht sterben. Es gibt so viel, was sich für sie zu Leben lohnt. Sie hat Verbündete gefunden und will mit ihnen herumalbern, lästern, Gemeinsamkeiten entdecken und erleben. Sie hat sich verliebt und will ihm ihre Liebe gestehen und sogar den ersten Kuss erleben. Das Eis der Dämonin schließt sich um ihre Füße und wächst ihre Beine hinauf. »Keine Sorge. Ich werde mich gut um deine Augen kümmern«, dringt es frostig von der Frau aus schier purem Eis. »Und ich werde dein Fleisch mit Genuss verzehren«, spricht der Tengu, während er sich voller Wollust über die Lippen leckt. Ein Wasserstrahl trennt ihre Gegner von ihr. »Ihr habt genug übel angerichtet!«, vernimmt Liza dann endlich die vertraute Stimme Tansuis, bevor sie schließlich ohnmächtig wird. Stück für Stück entweicht ihr alle Wärme, die das Feuer ihr sonst immer zu schenken vermochte. Es entweicht ihr und kommt in einem gewaltigen Feuersturm um sie herum wieder. Der imposante Feuerlöwe stellt sich schützend über sie und brüllt seine Gegner laut an. »Keiner von euch wird sie auch nur anrühren!« »Genau dasselbe wollte ich auch gerade sagen«, äußert sich Tansui und kümmert sich um die Eisfrau, in dem sie diese mit einem Wasserstrahl zerschlägt. Wie schon bei Liza bilden sich erneut die zahlreichen Eissplitter zu Doppelgänger der Eisdämonin. Die Wasserherrscherin lässt sich davon nicht täuschen und zieht es vor das Original anzugreifen. Sämtliche Angriffe des weiblichen Eisdrachen gehen ins Leere. »Ich verstehe nicht!«, zeigt sich die Frau mit den blassblauen Augen entsetzt. »Nicht gewusst? Eis ist gefrorenes Wasser und Wasser ist mein Element!«, grinst Tansui selbst bewusst. Als Ranghöchste kann sie begrenzt die Kontrolle eines kompatiblen Elements übernehmen oder es zumindest beeinflussen. »Du wirst mir damit also nicht schaden.« So stürmt die momentane Menschenfrau einfach los. Ein kraftvoller Wasserstrahl trifft die Rangniedrigere. Die Schmerzen zeigen sich in einem kreischenden Schrei. »Vergreife dich nie an meinen Schülern!«, brüllt Tansui sie noch an, ehe die namenlose Frau das Wasser gefrieren lässt. Der Strahl aus Wasser wird zu einer puren Eissäule, bis sogar der Körper Tansuis gefroren ist. Ein gekonnter Schlag in die Magengegend zersplitterte sie in unendliche viele kleine Einzelteile. Auch der Löwe sieht sich in einer Sackgasse. Die Eispuppen des weiblichen Eisdrachen schmelzen umgehend in seiner Umgebung, doch den Tengu hält es nur auf Abstand. Zu weit kann er sich auch nicht von Liza entfernen, denn die Doppelgänger können jeder Zeit wieder kehren. Also muss er den Dämon dazu bringen sich ihm zu nähern. »Verschwindet! Alle!«, brüllt der Löwe ihn beeindruckend an. Es ist, als entsendet er mit seinem Gebrüll Hitze durch die komplette Gegend. »Wer bist du?«, fragt der Dämon ihn nur verwirrt. »Ich bin Sternzeichen Löwe und diese Frau ist mein Schützling! Ich werde es nicht zulassen, dass du sie weiter quälst oder ihr auch nur ein Haar krümmst!« »Hehe… Sterben wird sie sowie so bald. Ich spüre bereits jetzt schon, wie ihr Lebenshauch schwindet. Gib sie auf und schenk meinem Schützling die Erlaubnis weiter teil zu nehmen«, grinst der Tengu. »Niemals. Du bist selbst noch nicht mal ein Elementskrieger. Warum also solltest du weiter teilnehmen?«, knurrt der Feuerlöwe. »Die Yuki-Onna und ich passen perfekt zusammen, wie ein Paar, aber leider kann sie keine vollständige Yuki-Onna sein ohne ihren höchsten Rang.« Damit greift er den Löwen an. Schon die Hitze in seiner Umgebung macht ihm zu schaffen, doch der Schlag ins pure Feuer verbrennt seinen Arm ohne weiter zu fackeln. Fast so, als wäre er aus Holz. »Ich bin nicht ohne Grund der Anführer der Sternzeichen aus der westlichen Welt.« Mit diesen Worten und dem geschockten Gesichtsausdruck des Tengus, beißt der Tiger wortlos, aber brüllend den Kopf des Dämons ab. »Neihein!«, schreit die Eisfrau laut auf, doch die Zeit zum Bedauern findet sie nicht, denn schon befindet sich Tansui hinter ihr und zieht an den auffällig weißen Haaren so stark, dass das Genick förmlich zerbricht. Nachdem die Hitze des Löwen selbst auf diese Distanz wirkt, ist das Eis schnell zu Wasser geschmolzen, was Tansui geholfen hat, sich als Wasser wieder zusammen zu setzen. »Jetzt könnt ihr in der Hölle zusammen sein«, kommt es erzürnt von der zeitweiligen Menschenfrau, ehe sie ihre Lippen auf die gebrochene Stelle legt und alles Eis aus dem Innern heraussaugt. Sie spürt, wie das Wasser in ihr zunächst noch rebelliert, dann aber das gefrorene Selbst akzeptiert und mit ihm verschmilzt. Nun heißt es aber Eile! Sofort rennt Tansui zu Liza, nimmt sie in ihre Arme und legt ihr alle übrig gebliebenen Beeren vom Zweig in den Mund. »Liza! Liza hey! Sag was! Bitte!«, fleht sie verzweifelt. »Hey komm schon! Willst du etwa, dass mich Sesshomaru tötet?«, beginnt sie zu schluchzen. »Willst du ihm nie sagen, was du fühlst? Willst du nie versuchen sein Herz aufzutauen?« Die Tränen kommen ihr immer mehr. »Willst du denn … nicht noch einmal mit Hakku zusammen lachen? Willst du … mir denn nicht noch einmal Konter geben?« »Noch ist es nicht zu spät«, ist es der Löwe selbst den sie hört. Nur kurz darauf gefolgt von Sesshomarus eisiger Stimme. »Allerdings.« Er zieht Seinaru aus dem seidenen Gürtel heraus und nähert sich der Wasserfrau, die Liza in ihren Armen hält. »Nein bitte. Es tut mir so leid, Sesshomaru! Bitte! Ich will es auch wieder gut machen!«, weint sie verzweifelt, ehe sie einfach nur mit ansehen muss, wie er ohne mit der Wimper zu zucken die kunstvoll verzierte Klinge auf sie niederschwingen lässt. ~~~*~~~ »Und deshalb gehst du so mit meiner Schülerin um«, ist es die Stimme ihres geliebten Lehrers, was die Schwarzhaarige als erstes vernimmt. Dann Wärme. Die Wärme eines Lagerfeuers ganz in ihrer Nähe und ihres eigenen Körpers. »Entschuldige, das hab ich wirklich nicht gewollt oder gewusst. Ich habe nur versucht …«, ist es Tansui die redet, ehe sie von Jaken unterbrochen wird. »Tze. Seit wann hören Lehrer auf ihre Schüler?« Diese krächzende Stimme. Wie sehr hat Liza gehofft, sie noch einmal hören zu können. Tansui hat es also geschafft. Liza ist so glücklich, dass sie erschöpft lächeln muss. »Seht mal. Liza ist wieder aufgewacht!«, ist es Hakku, der sich freudig zu Wort meldet. Erst jetzt spürt sie auch etwas weiches um sich herum, was sie ebenfalls wärmt. Nur schwer kann sie ihre Augen öffnen und erkennt den Pelz Sesshomarus um ihren Körper. Langsam wendet sie ihr Gesicht zur Seite und sieht direkt in sein Gesicht. »M-Meister …«, stottert sie schwach. »Nicht reden. Du musst dich ausruhen«, kommt es schnell von Hakku, der dann aufsteht und ihr eine Schale bringt. Lächelnd dankt sie ihm mit einem leichten, stummen Nicken und möchte instinktiv das Schälchen nehmen, doch es erschreckt sie zu spüren, dass sie noch nicht mal die Kraft dafür hat. Dafür spürt sie die Hand ihres Meisters an ihrem Hinterkopf. »Öffne deinen Mund«, fordert er sie auf. Sie folgt seinen Worten blind, während Hakku ihr das Schälchen an die Lippen reicht. Ohne Zögern trinkt sie das ekelhaft, bittere Getränk ihres Verbündeten. »Das wird dir helfen. Du wirst noch etwas benommen vom Gift der Saimyōshō sein, aber mit etwas Ruhe und dem Tee wirst du bald wieder gesund«, spricht das heitere Windkind zu ihr. »Ich danke dir dafür«, antwortet Liza lächelnd. »Aber wie kamt ihr so schnell hier her?« »Meine Windmagie«, breit grinsend erzählt der Hundedämon weiter. »Ich kann jetzt mehrere Transportieren.« Anschließend erhebt er seine linke Hand, wo Liza überdeutlich erkennen kann, dass sich die lange Linie seines Sternenbildes "kleiner Hund" näher zum großen Stern bewegt hat. Er ist also im Rang aufgestiegen und somit kein Wind Splinter mehr. Jetzt kann er mit Stolz sagen er ist ein "Winddrache". Glücklich, aber immer noch schwach lächelnd, gratuliert die Menschenfrau ihm. »Herzlichen Glückwunsch, Hakku.« Ihre Freude ist riesig und wenn sie gekonnt hätte, hätte sie ihn dafür umarmt, doch der Schmerz in ihrem Körper überfährt sie, ehe sie ihre Muskeln richtig bewegen kann. »Du hast nicht auf meine Warnung hören wollen«, ist es dieses Mal Sesshomaru, der streng zu ihr spricht. Sofort entfernt sich der jüngere Hundedämon von Lehrer und Schülerin und setzt sich wieder näher zu seiner eigenen Lehrerin. »Ich wusste, du würdest was Dummes tun. Auch wenn du höhere Gründe hattest, das zu tun.« Trotz allem ist Liza dankbar für diese Worte. »Ich wusste nur nicht, dass dich deine Instruktorin allein lassen würde.« Die goldenen Augen des Erdenmeisters durchbohren voller Wut die Halbdämonin. Noch immer geschwächt blickt Liza zu Tansui. Sie sieht wieder aus, wie immer. Liza fragt sich, wie lange sie ohnmächtig gewesen ist. Das einzige, was ihr einen vagen Anhaltspunkt gibt, sind der Sternenhimmel und der Vollmond am Himmelszelt. Reumütig blickt die Füchsin sie an. »Liza, es … es tut mir leid. Ich hätte das nie tun dürfen. Niemals hätte ich dich mit den beiden allein lassen sollen.« »Ich habe es mir gewünscht. So konnten wir Jaken retten«, zeigt sich Liza einsichtig. »Trotzdem. Ich war … Ich habe … mich von meiner eigenen Schwäche blenden lassen. Ich kann wohl nur selbst am besten verstehen, wie es ist, ein Mensch zu sein. Zu wissen, dass man in so vielen Dingen eingeschränkt ist, wie du es bist, ist furchtbar«, kommt es weiter von ihr. »Und?«, dringt es kurz aus dem Mund der Menschenfrau. »Aber du … Du hast dich so gut an uns angepasst, dass ich in diesem Moment zu sehr auf deine Stärke vertraut habe. Ich fühlte mich bei dir sicher, wie bei einem Dämon und vergaß das du ein Mensch bist. Sogar das du eigentlich meine Schülerin warst und ich deine Lehrerin. Ich bitte dich inständig darum mir meinen Fehler und meine Schwäche zu verzeihen.« Die Wasserfrau verneigt sich sogar sitzend vor ihr und bittet damit ergebenst um Entschuldigung. Aufmerksam verfolgt sie den Bewegungen und erkennt so ihr rotes Oberteil und die schwarze Hose. Ihre Sachen liegen dort und sind völlig zerfleddert. »Meine … Sachen …« Sie versucht aufzustehen, um sie sich genauer anzuschauen, doch der Griff ihres Meisters hält sie bestimmt, aber sanft fest. Erst jetzt kommt auch das Gefühl der peinlichen Berührtheit hoch und sie spürt nichts an ihrem Körper. Nicht mal ihre Unterwäsche. Nur der weiche Pelz, der sonst die Schulter Sesshomarus ziert, bedeckt ihren Körper. Umso mehr wird sie sich der rauen Haut seiner Finger und Händen an ihrem Körper bewusst und errötet. »Jaken«, ist es Sesshomaru, der den Krötendämon zu sich ruft. Dieser versteht schon und bringt die modernen Sachen zu ihnen. »Oh nein«, kommt es wehmütig von ihr. »Das kriege ich doch nie mehr hin.« »Mach dir darum keine Gedanken«, ergreift schließlich der Hundefürst die Worte. Zunächst verwundert schaut Liza zu ihm. »Willst du mir damit etwa sagen, dass du …«, will sie ihn erst noch fragen, ob er ihr wirklich neue Sachen besorgen will, aber sie beendet von selbst die Frage. »Danke«, beschließt Liza nur zu sagen und senkt verlegen lächelnd ihren Blick. Sie versucht sich zu sammeln und wendet sich dann an die Fuchsfrau. »Ich verzeihe dir, Tansui. Wenigstens hast du jetzt mehr vertrauen zu deinem Element und das macht mich glücklich.« »Das habe ich auch dir zu verdanken. Ohne dich hätte ich das nie geschafft. Wie soll ich dir dafür jemals danken? Das Element ist für uns Krieger das Wichtigste überhaupt.« Die Menschenfrau schaut nachdenklich drein, bis sie sich entschließt aufrichtig mit ihren Freunden zu sprechen. »Ich weiß jetzt, was meine Opfergabe sein soll.« Das lässt fast alle Anwesenden überrascht, aber wohl auch freudig drein schauen. »Oh wirklich? Sag schon Liza!«, ist natürlich Hakku als erstes begeistert. Der traurige Blick ins Nichts seitens seiner Schülerin verrät zumindest Sesshomaru nichts Gutes. »Ihr seid meine Opfergabe.« Diese kurzen Worte versetzen Tansui, Hakku und Jaken einen tiefen, offensichtlichen Schock, während die Miene von Sesshomaru unverändert bleibt. »Was?«, kommt es von Tansui. »Mir ist in dem Kampf bewusst geworden, dass das Feuer immer allein war. Es war immer ein Außenseiter. Von Anbeginn der Zeit. Selbst am Anfang, als es nur die Hauptelemente gab, war es einsam … und allein«, kurz stoppt sie und muss Schlucken, »genauso wie ich.« Das blanke Entsetzen zeigt sich immer mehr auf den Gesichtern der Dämonen. »Aber ihr habt mir das Gefühl gegeben ein Jemand zu sein. Endlich hatte ich das Gefühl dazu zu gehören.« Ihr Blick geht zu Sesshomaru dessen goldene Augen sie förmlich durchbohren. »Zu jemanden zu gehören.« Diesen Moment hat Tansui sofort durch schaut und sie schleift Hakku und Jaken einfach weg. Egal wohin. Hauptsache weg von den beiden. Dafür bewegt sie die zwei langen Strähnen ihres Haares dank des Wassers und wickelt es um die Hüften der männlichen Mitstreiter. »Hey! Jetzt wo es so spannend wird«, beschwert sich Hakku und protestiert. Auch Jaken scheint nicht sehr begeistert zu sein und führt mit seiner Schimpforgie fort. »Du hast nicht vor uns zu opfern, um den nächsten Rang zu erreichen«, schlussfolgert Sesshomaru schließlich, als sie endlich alleine sind und sich der akzeptablen Distanz sicher ist. Nach einem Kopfschütteln ihrerseits legt er sanft eine Hand an ihre Wange und streichelt sie mit seinem Daumen. »Dann werden wir eine andere Möglichkeit finden, um dir zum Rangaufstieg zu verhelfen.« Lizas Herz schlägt ihr bis zum Hals, als sie nur langsam ihre Wange an seine große weiche Hand schmiegt. Diese simple, aber sanfte Geste reicht schon aus, um das Blut in ihren Adern so stark rauschen zu lassen, dass sie es in ihren Ohren hören kann. Selbst das Glitzern in ihren Augen nimmt zu, nicht weil sie weinen könnte, sondern weil sie einfach verlegen und aufgeregt ist. »Tansui, Hakku, Jaken und du … Ihr habt mir etwas gegeben, was ich mir immer gewünscht habe. Zusammenhalt. Ein Umkreis, in dem ich mich wohlfühlen kann. Und Leute, die so sind, wie ich. Mehr wollte ich nie.« Selbst für sie klingt ihre Stimme nicht mehr, als ein Flüstern. »Ich weiß nicht, ob es an dem Widerspruch gelegen hat das ich das Feuer und du wie die Kälte auf mich gewirkt hast, oder ob sich die Geschichte hier einfach nur wiederholt … Aber von dem Moment an, als ich das erste Mal in deine Augen sah, da … da … da …« Innerlich könnte sich die Schwarzhaarige jetzt verprügeln. Vorhin hat sie so schön gesprochen und jetzt beginnt sie zu stottern. Sie kann nicht länger seinem undurchschaubaren Blick standhalten und blickt mit ihren blauen Augen zum wärmenden Pelz auf ihrem nackten Körper. »Ich … I-Ich liebe dich, Sesshomaru.« In dem Moment, als sie die Worte ausgesprochen hat, haben ihre Beine den Instinkt gehabt, sofort loszulaufen. Ja, sie liebt ihn - einen Dämon, der selbst keinerlei Gefühle empfinden kann. Überhaupt hätte die Siebzehnjährige nie gedacht, dass sie sich jemals verlieben würde; schon gar nicht in einen Dämon. Die Reaktion von ihm bleibt aus. »Entschuldige, ich weiß Menschen sind für dich wie …« Sie wird in ihren Worten unterbrochen, als sie bemerkt, wie sich seine Hand von ihrer Wange sanft zu ihrem Kinn streichelt und mit seinen Fingern umschließt. Dieses Funkeln in seinen goldenen Augen. Gott, wie sehr es sie anzieht. Wie Motten, die vom Licht angezogen werden. Ihre eigenen blauen Augen weiten sich vor Schock und Überraschung, als sie gänzlich unerwartet seine weichen und warmen Lippen auf ihren spürt. »Hmmm?!«, dringt zunächst der fragende Laut aus ihrem Mund. In seinen goldenen Augen, die sonst keinerlei Gefühle zeigen, sieht sie ganz klar, eine unbeschreibliche Sänfte. Nie zuvor hat sie eine solche Reaktion von ihm so überdeutlich sehen dürfen, wie jetzt. Das Gold seiner Augen schmilzt förmlich. Es wird warm und zärtlich. Es erinnert sie an die weichen Blütenblätter einer Rose und legt sich so liebevoll um ihren Körper, als könnte er sie allein mit diesem Blick streicheln. Die warmen Farben des Lagerfeuers verstärken diesen Eindruck nur noch mehr. Dieser Gedanke durchflutet ihr immer schneller schlagendes Herz, bis das Blut sichtbar auf ihren Wangen gepumpt wird. Nun selbst mit einem glücklichen Funkeln in ihren Augen, schließt Liza sie und erwidert seinen Kuss. Sesshomaru sagte mal zu ihr, dass er derjenige sein wird, der ihren ersten Kuss für sich beansprucht und genau das tut er. Es wirkt, als würde die Zeit still stehen, in der sie beide in einer so engen und vertrauten Pose beieinander verharren. Seine Hände drücken sie sanft näher an seinen muskulösen Körper an dessen Brust sie eine Hand legt und sich selbst näher an ihn schmiegt. Jetzt kommt auch noch ein Kribbeln in ihrem Bauch dazu. Ein Kribbeln, dass sich für sie anfühlt, wie tausend Ameisen. Es breitet sich in ihrem ganzen Körper aus. Wie schön es sich anfühlt so mit ihm in dieser Pose zu sein. Seine warmen, weichen Lippen liegen auf ihren so selbstverständlich, als wäre sie sein Eigentum. Sein Kuss ist besitzergreifend und fordernd, aber voller Zärtlichkeit. Sie gehört zu ihm und das spürt sie in jeder Sekunde mehr, je länger ihre Lippen miteinander verschmolzen sind. Das wilde Herzschlagen beruhigt sich und Liza entspannt sich in seinen Armen, während sie ihre Hand von seiner Brust langsam zu seinem Hals streicheln lässt, um sie dort ruhen zu lassen. Das wohlig warme Gefühl breitet sich in jeder Faser ihres Körpers aus, verstärkt sich sogar auf ihrer Unterlippe, als sie dort seine Zunge entlang lecken spürt. Ihr Bauch kribbelt entsetzlich. Je stärker es wird, desto schwächer fühlt sie sich. Obwohl sie weiß, was er von ihr möchte, zögert sie. Seine Bitte verstärkt sich, als er nun sogar sanft an ihrer Unterlippe knabbert und zärtlich daran saugt. Gerade eben noch ruhig, schlägt ihr Herz wieder schneller und wilder, als sie sich doch einen Ruck geben kann und ihren Mund für ihn öffnet. Es ist, wie ein heißer Orkan, der ihren Körper durchfliegt, als sich seine weiche Zunge verstohlen in ihre Mundhöhle drängt. Liza spürt, wie sich alles um sie herum beginnt zu drehen und drückt instinktiv seine heiße, tastende Zunge wieder aus ihrem rechtmäßigen Heim. Sie spürt, wie er erneut seine Lippen auf ihre legt. Auf diese Weise bleibt ihr zunächst noch schüchternes Zungenspiel verborgen. Sesshomaru kontert gegen ihren schwachen Protest und umschmeichelt nun zärtlich ihre ängstliche Zunge mit seiner. Sanft liebkost er sie, wie es seine Hand ist, die sich nun Ihre von seinem Hals greift. Seine Finger umschließen ihre und legen sie auf seine Brust, wo sein Herz schlägt. Sie soll in jeder Sekunde und in jeder seiner Gestiken spüren, was sie in ihm auslöst. Das sie es wirklich geschafft hat ihm viele Gefühle zurück zu bringen. Bewunderung. Stolz. Wut. Misstrauen. Schmerz. Vertrauen. Neugier. Faszination. So viele Emotionen und noch viel mehr, doch für Liebe selbst hat es bis jetzt nicht gereicht. Erst nach einer schieren unendlich langen Zeit lösen ihre Lippen voneinander. Lizas blaue Augen haben einen ganz verträumten Blick angenommen, während sie sich nur langsam aus den schwindelerregenden Gefühlen wieder ins Hier und Jetzt begibt. Auch wenn sich die Menschenfrau nie vorgestellt hat, wie ihr erster Kuss sein könnte, aber mit Sicherheit hätte sie nie gedacht, dass es so schön sein könnte. Ihr verliebter, glücklicher Blick weicht schnell einem überaus Überraschten, als sie wirklich Sesshomarus Worte hören kann. »Werde meine Frau.« --- Badabaaaaaaaaaaaamm! Und mit diesen Worten meldet sich die Autorin einfach mal persönlich zu euch. Tja. Staffel 1 ist beendet. An der gefühlt fiesesten Stelle und ich kann euch nicht mal versprechen, dass es recht bald weiter geht. Ich schreibe zwar an Staffel 2, seit dem ich die Erste stetig am Veröffentlichen bin und die ersten fünf Kapitel sind auch schon fertig geschrieben, sowie einige Szenen aller Kapitel, aber dieses Jahr wird es definitiv nichts mehr werden. Leider ist privat auch bei mir vieles nicht so rosig, sodass sich das Schreiben etwas nach hinten verschiebt. Außerdem schreibe ich sowohl für Staffel 1, als auch für Staffel 2 noch an zusätzlichen jeweiligen 4 Specials. Betrachtet sie als eine Art „Kinofilme“ zu der „Serie“. Das heißt, es kann immer wieder mal passieren, dass hier noch 4 neue Kapitel hochgeladen werden, die um einiges länger sind, als die gängigen normalen Kapitel. Deswegen habe ich die Fanfiction auch noch nicht als „abgeschlossen“ und mit 96 % eingestellt. Die „Staffel“ ist also an sich fertig und komplett veröffentlicht, aber erst nach dem veröffentlichen der Specials (je 1 % pro Special) gilt sie für mich als „abgeschlossen“. Die werde ich natürlich hochladen, sobald sie fertig sind. Bei Staffel 2 ist das für mich schwieriger, weil die Specials sich innerhalb der Staffel bewegen und ich muss erst mal sehen, wo und wann ich welches Special einfüge, was JETZT natürlich schwierig ist, wenn die Staffel nicht fertig ist. xD Okay, ich weiß es nur bei einem Special bis jetzt noch nicht. Hier, in Staffel 1, wird es aber auch noch Specials geben die innerhalb der „Staffel“ spielen. Ich werde sie später nach "Kapitel 1 - Liza Higurashi", "Kapitel 11 - Familienbande" und „Kapitel 13 – Hund“ einfügen. Ebenso ein letztes Special, das NACH Abschluss der Hauptstory eingefügt wird und das auch erst, nach dem ich die ersten 5 Kapitel aus der zweiten Staffel hochgeladen habe. ;) Zwei Specials beginnen vor oder direkt mit dem Tōunamento und die beiden anderen spielen während des Storyverlaufes. Ich werde versuchen es möglichst bis zum Zeitraum Januar – März 2022 zu schaffen, sodass das neue Jahr für euch gut anfangen kann. :) Ich bin aber auch am Überlegen es erst im April weiter gehen zu lassen, weil in diesem Monat auch die Fanfiktion weiter geht. Bis dahin bedanke ich mich bei euch allen Lesern und allen anderen, die ich für meine Geschichte begeistern konnte. An dieser Stelle biete ich euch außerdem den einmaligen Service an - wer es denn will - Euch zu benachrichtigen, sobald es etwas Neues zu lesen gibt. Egal ob eins der vier Specials für die erste „Staffel“ oder fürs Erscheinen der zweiten „Staffel“. Wer das gerne möchte, kann mir in den Kommentaren schreiben oder es privat via ENS hier auf Animexx tun oder über die von mir weiteren angegebenen Kontaktmöglichkeiten. Wie ihr es wünscht und für euch am angenehmsten ist. :) E-Mail: freieautorin.dajanaschroeder@web.de Fanfiktion.de: https://www.fanfiktion.de/u/firelady Facebook: https://www.facebook.com/christie.allen.982292/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)