Break on through von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Nachdem König Eisenherz seine Krone dem rechtmäßigen Erben weiter gereicht hatte, schien es als riefe ihn seine Gemahlin zu sich. Der alte Herrscher erkrankte - und trotzdem hatte er die letzten Tage vor seinem Tod ein Lächeln auf den Lippen. Mit dem Wissen, sein Reich in gute Hände gelegt zu haben, war er schließlich eingeschlafen. Der Tod König Eisenherz' ließ einen siebentägiger Trauermarsch ausbrechen. Die Bewohner von Atlantis erwiesen ihrem ehemaligen König die letzte Ehre und schritten mit Tränen in den Augen zu den Palasttoren. Sie legten kleine, geflochtene Rosenkränze nieder und knieten vor den Mauern. Damit war nun endgültig das Zeitalter der einstigen Herrschaft vorüber. Die neue Regentschaft, die durch Darets neue Reformen erfuhr, erlebte schon bald einen Fortschritt, der Atlantis um hunderte von Jahren vorstoßen ließ. Das Reich erlebte einen nie da gewesenen Wohlstand. Außergewöhnliche Technologien erleichterten den Bewohnern das Leben. Ihr neuer König führte sie in neue Riten und Gesetze ein, die das Volk als ein von den Göttern gegebenes Geschenk bezeichnete, da niemand wusste, woher der Herrscher sein plötzliches Wissen erlangt hatte. Sie fragten auch nicht danach. Frieden beherrschte Atlantis. Die Untergebenen verehrten ihren König, der Wissen und Reichtum mit ihnen teilte. Das Leben schien perfekt. Zumindest für diejenigen, die im Sinne des Reiches agierten. Die sich anpassten und ihr auserwähltes Los widerstandslos akzeptierten. Individualität wurde in dem neuen Reich nicht akzeptiert. Jeder Bewohner hatte seine Aufgabe, sein von Geburt bestimmtes Schicksal. Freiheit wurde nur denjenigen gewehrt, die die Augen vor wahrer Freiheit verschlossen hatten. Die nicht nach Höherem strebten und schon gar nicht gegen die Meinung des Königs hetzten. Die Ruhe, die lediglich an der Oberfläche existierte, wurde bald von Gerüsten des Missmuts getragen. Diejenigen, die sich weigerten, mit dem Strom zu schwimmen, wurden Ausgeschlossene. Es formierte sich eine Gruppe von Rebellen. Die Pangäsanen, einst gleichgestellte Bürger des Reiches, wurden aus dem Herzen der Insel vertrieben und mussten ihr Dasein in den dunkelsten Ecken von Atlantis fristen. Der Frust der Minderheit wuchs und schließlich wurde er zur tragenden Säule des Widerstands. Es war um die Mittagsstunde als Prinzessin Eoweli durch die Palastflure wandelte. Ihr Kopf schmerzte seit Tagen. Sie musste wohl ihre heimlichen Ausflüge auf die andere Seite für eine Weile einstellen. Ihr Blick wurde trüb. Anfangs nur in Maßen besuchte die Prinzessin nun des Öfteren jenen wundersamen Ort, der sie stets Lächeln ließ, sobald sie den Schleier durchschritten hatte. Die geografische Nähe zu ihrem Bruder erlaubte es ihr, die Macht seines Steins zu nutzen, ohne ihn davon in Kenntnis setzen zu müssen. Diese Gabe beruhte auf Gegenseitigkeit. Auch Darets verreiste zuweilen. Von seinen morgendlichen Ausflügen wusste nur Eoweli, dass sie manchmal von ihrer Schwägerin aufgehalten und nach dem Aufenthalt ihres Bruders befragt wurde. Jedes Mal hallten die Worte von damals wider. Ihr Schweigen, das einem Schwur gleich kam. Es drückte wie ein Fels auf ihrer Brust. Vor allem seit Gerüchte den Palast erreicht hatten. "Ich muss meinen Geist ausruhen", murmelte die Prinzessin und lief an einem der Diener vorbei, der Eowelis Selbstgespräche ignorierte und eine tiefe Verbeugung tat. Sie lächelte schwach, jede Regung ihrer Gesichtsmuskeln schmerzte. Wortlos zog der Diener in die entgegen gesetzte Richtung weiter als ein kleines, zusammen gefaltetes Stück Papier aus seinem Ärmel flog und direkt vor den Füßen der jungen Prinzessin landete. Der Diener schien nichts bemerkt und lief einfach weiter, doch Eoweli bückte sich hinunter und hob es auf. Mehrmals musste sie das Blatt auffalten, bis es seine wahre Größe erreicht hatte. Ihre Finger verkrampften. Die Zeichen und das Wappen - sie hatte von ihnen gehört. Das Symbol der Rebellenarmee. Mythos innerhalb der Schlossmauern, riss das Schriftstück sie aus ihrer Traumblase. Sie wollte nicht, dass die Gerüchte stimmten. Wenn nur ein Funken Wahrheit in ihnen lag, verschwand der Schutzwall aus absolutem Vertrauen und grenzenloser Loyalität, die sie ihrem Bruder geschworen hatte. Eoweli biss sich auf die Lippen. Konnte sie in all der Zeit wirklich so blauäugig gewesen sein? Oder hatte sie einfach nur weg gesehen, wie viele andere auch? "Prinzessin", eine Wache verbeugte sich vor dem Eingang zu den Schlossgärten. Hastig knüllte sie das Blatt in ihre linke Faust und nickte der Wache zu, bevor sie kehrt machte und dem Diener folgte, der in den Ostflügel verschwunden war. Die Treppenstufen hinaufgestiegen, fand sie ihn am Eingang der Wäschekammer. Eoweli drehte ihren Kopf, um sich zu vergewissern, dass sie niemand bemerkte. Die Wachen standen vor den Flügeltüren, die zu den Gemächern der Königin führten und zwei Waschfrauen huschten an ihr vorbei, die Arme voll mit frisch gewaschenen Laken. Im Winkel der Gemäuer fiel sie kaum auf. "Amedessin", sprach sie den Diener laut seines Titels an, dass dieser sein Gesicht der Prinzessin zuwandte. "Ich glaube, das gehört dir." Die Faust lösend erstarrte der Diener. Sein Mund blieb halb geöffnet, er atmete schwer. Eoweli bedeutete den bleichen Mann, die Kammer zu öffnen. Mit zittrigen Fingern riss er die Klinke herunter. Sie traten ein. Die Tür fiel ins Schloss und der Diener fiel zu Boden. Er drückte die Stirn auf die kalten Fliesen, die Hände verfehlten nur knapp ihre Fußspitzen. Sein Wehklagen schnürte ihr den Magen zu. "Prinzessin", schluchzte er, ohne sein Gesicht vom Boden zu heben, "es ist alles meine Schuld! Ich würde Euch und Eurer Familie niemals schaden wollen. Meine Treue zum Königreich...bitte, bestraft mich! Nur tut meiner Familie nichts. Meine Kinder-" "Erhebe dich", sprach die Prinzessin und spürte, wie sie selbst zu zittern begann. Der Diener gehorchte und erhob sich taumelnd. "Was weißt du darüber?" Er wischte sich die Tränen von der Nase und antwortete: "Ich weiß nicht viel, ich schwöre. Meine Frau - ihre Familie gehört zu den Pangäsanen. Sie haben ihre Arbeit verloren. Wir mussten aus der Stadt, ich...ich wusste nicht-" "Schon gut", versuchte sie ihn zu besänftigen, "du musst dich nicht rechtfertigen. Also stimmt es, dass sie vertrieben wurden." "Die meisten von ihnen verließen freiwillig die Stadt. Aber einige wurden des Nachts aus ihren Häusern verjagt. Die Stadtwache kam schließlich zu uns. Sie nahmen uns alles, sie drohten meiner Frau...auf Grund meiner Arbeit im Palast haben sie uns eine Schonfrist gegeben, aber-", er ließ den Kopf hängen, "ich schwöre, wir haben nichts getan. Wir haben immer der Krone gedient." "Nun gut", Eoweli schloss die Augen, "ich werde dich nicht verraten." Langsam blickte er auf. "Ihr-", blinzelte der Diener. "Unter einer Bedingung", sie faltete die Hände vor der Brust, wie sie es bei ihrem Vater oft gesehen hatte, "du bringst mich zu ihnen. Ich will den Anführer der Rebellenarmee treffen." Seine Augen weiteten sich. "Aber Prinzessin-" Doch Prinzessin Eoweli winkte ab. "Keine Widerworte! Dir bleibt keine Wahl als meinem Befehl Folge zu leisten." Für einen Augenblick schien er nicht glauben zu wollen, was sie ihm gesagt hatte. Schließlich verbeugte er sich: "Wenn der letzte Glockenschlag ertönt, werde ich zweimal an Eure Zimmertür klopfen. Ich kenne einen Weg durch den Palast, durch den Ihr Euch unbemerkt hinaus schleichen könnt. Von dort führe ich Euch zum Stützpunkt der Rebellenarmee." "Ich danke dir", sagte Eoweli, doch der Diener schüttelte den Kopf. "Ich bin es, der Euch ein Leben lang dankbar sein wird, Prinzessin. Eure Großherzigkeit werde ich Euch nie vergessen." Damit verließ sie die Wäschekammer. Zweimal ein- und ausgeatmet schritt sie durch den Flur. Ihr Herz raste, sie musste ihre Hände unter ihren Ärmeln verstecken, damit niemand das Beben sehen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)