There'll Be Peace When You Are Done von Morwen (Dean x Cas) ================================================================================ There'll Be Peace When You Are Done ----------------------------------- Castiel schlug die Augen auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Ebenso unerwartet war es, dass er sich auf einer Wiese wiederfand, über ihm grenzenloser, blauer Himmel, an dem vereinzelt ein paar Schäfchenwolken zu sehen waren. Grashalme kitzelten sein Gesicht und die warme Sommerluft war erfüllt von dem schweren Duft der Blumen. Bienen flogen summend über ihn hinweg und er spürte, wie kleine Käfer über seine Finger krabbelten. Es war ein perfekter, zeitloser Moment. Castiel rührte sich nicht. „Ist das ein Trick?“, fragte er. „Nein“, erwiderte eine Stimme, die ihm nur zu vertraut war. Er hörte, wie sich Schritte näherten, dann ließ sich Jack neben ihm im Gras nieder. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen und seine Miene war entspannt und friedlich. Er sah genauso aus, wie Castiel ihn in Erinnerung hatte. Nur das unirdische Licht, das in seinen Augen brannte, das war neu. Castiel musste nicht fragen, was mit ihm passiert war. Er konnte es spüren. Die Wellen purer Energie, die von Jack ausgingen, waren schwer zu ignorieren. Doch anders als früher, als er noch für das alte Management gearbeitet hatte, fühlte Castiel sich nicht von der grenzenlosen Macht überwältigt. Nein, Jacks göttliche Kraft war eine andere, sie war unaufdringlicher. Sie erstickte ihn nicht, sondern war vielmehr ein Teil dieser neuen Welt geworden und durchdrang alles, was darin lebte, mit Wärme und Harmonie. Und zum ersten Mal seit undenklich langer Zeit konnte Castiel wieder frei durchatmen. „Ist es vorbei?“, fragte er, obwohl er die Antwort bereits kannte. Jack ließ den Blick über die endlosen, grünen Hügel schweifen, die sie umgaben. „Ja“, sagte er. Castiel zögerte kurz, bevor er die nächste Frage stellte. „Und Sam und Dean?“ „Sie sind nicht hier“, erwiderte Jack. „Noch nicht.“ Castiel lächelte. „Das ist gut“, sagte er leise. „Das ist sehr gut.“ Es bedeutete, dass sein Opfer nicht umsonst gewesen war. Und so sehr es auch schmerzte, dass er Dean für eine Weile nicht sehen würde, so froh war er doch auch, dass sie nicht zusammen an diesem Ort erwacht waren. „Castiel“, sprach Jack nach einer Weile und sah ihn an. Ein unerwartet ernster Ausdruck lag auf seinem Gesicht. „Es tut mir leid, dass ich dich so kurz nach deinem Erwachen damit überfalle, aber... ich habe eine Bitte an dich.“ Castiel stemmte sich hoch und sah dem Jungen in die Augen. „Gewiss“, sagte er. „Was auch immer du von mir brauchst.“ Erleichterung breitete sich auf Jacks Gesicht aus. „Danke.“ Dann drehte er das Gesicht zur Seite und richtete seinen Blick auf den Horizont. „Ich... bin mit der Leere zu einer Übereinkunft gekommen, was das Schicksal von Engeln und Dämonen anbelangt“, fuhr er fort. „Und das war nur der Anfang. Ich habe viele Ideen für diesen Ort – grundsätzliche Änderungen, die ich vornehmen möchte – und ich hatte gehofft, dass du mir... nun ja...“ „Oh Jack.“ Castiel nahm seine Hand und drückte sie sanft. „Selbstverständlich werde ich dir dabei helfen.“ Alle Mauern im Himmel niederzureißen war eine Aufgabe, die Jahrtausende in Anspruch nehmen würde, das wurde Castiel schnell klar. Aber zum Glück bekamen sie bald Unterstützung. Denn Castiel war bei weitem nicht der einzige Engel, der den Weg zurück in den Himmel gefunden hatte, nachdem die Leere alle Seelen freigegeben und sich wieder zur Ruhe gelegt hatte. Tagtäglich begegneten ihnen neue Gesichter – Seelen von Menschen und Engeln gleichermaßen. Manche, die Castiel bekannt waren, und manche, die schon vor Urzeiten gestorben waren, sogar noch vor dem großen Krieg gegen Luzifer. Jack begrüßte sie alle persönlich und erklärte ihnen in kurzen, knappen Worten, was passiert war und was er und Castiel vorhatten. Einige wandten sich von ihnen ab; sie waren zu alt und hatten zu lange geschlafen und jeden Bezug zum Himmel und der Welt der Menschen verloren, und Jack sah ihnen nach, als sie davonzogen, um einen abgelegenen Ort zu finden, an dem sie sich erneut zur Ruhe legen konnten. Doch viele begrüßten die Veränderungen und machten sich mit Enthusiasmus daran, alle Barrieren zu entfernen, die den Himmel zu der streng hierarchischen Gesellschaft gemacht hatten, die er einst gewesen war, anstatt zu einem Ort, an dem jeder willkommen war, so wie es von Anfang an hätte sein sollen. Und Castiel fand zum ersten Mal seit Jahren wieder Freude an seiner Arbeit. Und für eine Weile war alles gut. „Nein“, sagte Jack eines Tages. Er hatte mitten in der Bewegung innegehalten und sein Blick schien ins Leere zu gehen – ein Zeichen dafür, dass er gerade die Ereignisse auf der Erde beobachtete, wie Castiel mittlerweile gelernt hatte. „Nein“, wiederholte Jack kurz darauf mit mehr Nachdruck. „Das kann nicht das Ende sein.“ Castiel sah ihn aufmerksam an. „Was ist passiert?“ Jack gab für einen Moment keine Antwort. Dann schloss er die Augen und rieb sich die Schläfen. „Winchesters“, sagte er nur, als wäre das Antwort genug. Castiel hatte plötzlich eine ungute Vorahnung. Seit seinem Erwachen hatte er Jack noch kein einziges Mal in diesem Ton sprechen hören. Jack stieß ein Seufzen aus, bevor er zu Castiel aufblickte. „Es sieht aus, als würden wir sie früher wiedersehen, als wir dachten.“ ~*~ Dean schlug die Augen auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Immerhin war er gerade gestorben – hatte eine große Abschiedsrede gehalten, viele Tränen vergossen und seinen Bruder einmal mehr traumatisiert zurückgelassen. Halt das ganze Rundum-Paket für sterbende Winchesters, inklusive eines gewaltsamen Todes. Darum war es auch sein verdammtes Recht, von dem Anblick der Zimmerdecke irritiert zu sein. „Was zur Hölle“, teilte er der Welt im Allgemeinen mit. „Nicht ganz“, erwiderte eine Stimme neben ihm. Sie war tief und warm und voller Zuneigung. Es war eine Stimme, von der er geglaubt hatte, sie nie wiederzuhören. Dean richtete sich ruckartig auf. „Cas?!“ Ungläubig starrte er den Engel an, der im Türrahmen lehnte. Mehrmals klappte er den Mund auf und zu, um etwas zu sagen, doch er konnte keinen einzigen Gedanken greifen und ausformulieren, dafür war er von der ganzen Situation viel zu überfordert. „... was zur Hölle“, wiederholte er darum schließlich mit schwacher Stimme. „Ich schwöre dir, Dean, Rowena hat nichts damit zu tun“, entgegnete Castiel mit frustrierend geduldiger Miene. „Allerdings gibt es etwas, was ich dir sagen muss...“ ~*~ „Das ist zu früh!“, rief Castiel. „Wir sollten sie erst in ein paar Jahrzehnten wiedersehen!“ „Ich weiß“, erwiderte Jack. „Aber es gibt nichts, was ich tun kann. Ich habe ihnen versprochen, mich nicht in ihr Leben einzumischen, und dieses Versprechen werde ich auch halten.“ Er sah Castiel offen in die Augen. „Ich kann nichts tun“, wiederholte er. Castiel konnte nicht fassen, was er da hörte. „Jack, ich flehe dich an, es muss doch eine Möglichkeit geben–!“ „Ich sagte, dass ich nichts tun kann“, unterbrach ihn Jack mit sanfter Stimme. „Es steht dir frei zu tun, was du für richtig hältst.“ Castiel starrte ihn an. „Keine Sorge, ich werde mich nicht langweilen, bis ihr wieder hier seid“, fuhr Jack fort und lächelte. Dann trat er auf Castiel zu und umarmte ihn. „Grüß Sam und Dean von mir“, sagte er leise. „Und lasst euch Zeit. Ihr habt es euch verdient.“ Castiel wusste nicht, was er sagen sollte, doch er erwiderte die Umarmung voller Dankbarkeit und nickte knapp. Dann breitete er seine Flügel aus und war verschwunden. ~*~ „Ich befürchte, ich habe Sam den Schreck seines Lebens eingejagt, als ich in der Scheune aufgetaucht bin“, sagte Castiel. „Aber deine Seele war noch nicht ganz verschwunden und die Zeit hat gedrängt.“ Dean hatte in den letzten Minuten, in denen Castiel ihm von der Umstrukturierung des Himmels und Jacks Plänen erzählt hatte, kein einziges Wort gesagt. Stattdessen hatte er den Engel nur angesehen und sein Gesicht studiert, seine Augen, die Fältchen, die sich um seine Mundwinkel in die Haut gegraben hatten. Als würde er ihn zum ersten Mal sehen. Und vielleicht tat er das auch. So oft er Cas auch schon angesehen hatte, seitdem der Engel ihn aus der Hölle gezogen hatte, nie hatte er es sich erlaubt, ihn auf diese Weise anzusehen. Auf eine Weise, auf die er ihn schon seit Jahren hätte ansehen müssen, weil Castiel verdammt noch mal das Beste war, was Dean je passiert war. Doch wie so vieles in seinem Leben war das Dean erst bewusst geworden, als es schon längst zu spät war. „Also haben wir dich nach draußen gebracht, wo ich dich geheilt habe“, beendete Castiel seine Erzählung. „Wir wussten allerdings nicht, wann du wieder aufwachen würdest, darum hielten wir es für das Beste, zum Bunker zurückzukehren.“ „Cas“, sagte Dean plötzlich und lächelte. „Halt die Klappe.“ Der Engel sah ihn irritiert an. „Bitte was?“ Dean schwang die Beine vom Bett und stand langsam auf. „Sorry“, meinte er. „Es ist nicht so, dass es mich nicht interessiert, was passiert ist, seitdem Jack im Himmel das Steuer übernommen hat.“ Er machte einen Schritt auf Castiel zu, und dann noch einen. „Aber findest du nicht auch, dass es wichtiger wäre, dass wir erst mal über die Dinge reden, die du zuletzt zu mir gesagt hast, bevor dich die Leere zu sich geholt hat?“ Er konnte sehen, wie Castiel schluckte und wie sich mit einem Mal ein wachsamer Ausdruck auf sein Gesicht legte. Und verdammt, das tat weh. Machte der Engel sich tatsächlich so wenig Hoffnung darauf, dass Dean seine Gefühle erwiderte...? „Dean“, sagte Castiel und wich seinem Blick aus. „Es ist okay, du musst nichts dazu sagen. Ich würde es verstehen, wenn du nie wieder darüber sprechen willst...“ Ein weiterer Schritt. „Ist das dein verdammter Ernst?!“, fragte Dean und schüttelte ungläubig den Kopf. „Du hast mir deine Seele offenbart und denkst nicht, dass du es mir schuldig bist, wenigstens meine Antwort darauf anzuhören?“ Ein letzter Schritt und er war so nahe, dass er die Hände auf Castiels Schultern legen konnte. Doch noch immer weigerte sich der Engel, ihn anzusehen. „Hast du es ernst gemeint?“, fragte Dean mit rauer Stimme und suchte in Castiels Gesicht nach der Bestätigung, die er brauchte, um diesem Dilemma endlich ein Ende zu bereiten. „Oder war es nur ein Ablenkungsmanöver, um mich zu retten?“ Seine Hände wanderten über Castiels Kragen und seinen Hals hinauf, bis sie schließlich auf seinen Wangen zu liegen kamen. „Cas“, sagte er leise. „Bitte sieh mich an.“ Und er musste ebenso verzweifelt geklungen haben, wie er sich in diesem Moment fühlte, denn endlich, endlich hob Castiel den Blick. Und in seinen blauen Augen entdeckte Dean nichts als aufrichtige Zuneigung und grenzenloses Vertrauen. „Jedes einzelne Wort“, erwiderte Castiel mit fester Stimme. „Ich habe jedes einzelne Wort so gemeint.“ Dean schloss die Augen und atmete auf. Wann auch immer er ihn wiedersehen sollte, er war Jack eine ziemlich lange Umarmung schuldig. Oder wenigstens ein aufrichtiges Gebet. Vielleicht auch drei. „Gut.“ Und als er Castiel zu sich zog und seine Lippen auf die des Engels presste, fand Dean endlich den Frieden, den er sich nach einem Leben voller Leid und Verluste verdammt noch mal verdient hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)