Fremde gehen von suugakusan ================================================================================ „Hallo!“ Ich bin endlich ins Hotel angekommen. Ich bin so froh! Heute war ein echt langer Tag. „Krass hat die Videokonferenz lange gedauert!“, ruft er aus anstatt mich ordentlich zu begrüßen. „Ja, das war echt der Horror.“ Ich setze mich zu ihm auf Bett. „Was hast du so gemacht?“ „Nicht viel. Ich musste leider ohne dich essen, ich hatte so einen Hunger. Bitte nimm’s mir nicht übel.“ „Alles gut.“ „Falls du möchtest, im Kühlschrank steht noch ein bisschen was vom Abendbrot.“ „Sehr schön! Ich bin in dieser Konferenz fast vor Hunger verstorben.“ „Ging sie ohne Pausen?“ „Ja. Sie sollte eigentlich gar nicht so lange dauern, deswegen waren keine Pausen eingeplant. Bei der Fragerunde ist aber eine hitzige Diskussion entstanden. Es hat einfach ewig gedauert.“ Er legt die Arme über meine Schulter und sagt sanft: „Du arbeitest immer so viel…“ Ich senke den Kopf auf seine Schulter: „Hätte ich meinen erstklassigen Assistenten nicht, müsste ich noch mehr tun.“ „Haha, danke!“, lächelt er. „Trotzdem ist deine Lebensweise nicht besonders gesund, ich mach mir Sorgen um dich.“ „Musst du nicht.“ „Aber ich möchte.“ Er küsst mich leicht und steht auf. „Ich mach dir dein Essen warm, okay? Kannst dich ein bisschen hinlegen.“ Ich befolge seine Anweisung, lege mich ins Bett und starre den Fernseher an. Ich lasse mich neuerdings öfter von ihm abends „bekochen“ — er kocht ja nicht wirklich, wir kriegen meistens alles geliefert. Man kann hier eh nicht viel machen. Es ist trotzdem praktisch im Hotel eine rudimentäre Küchenzeile zu haben, denn seit der großen Wiedervereinigung — also, seit dem Tag, an dem wir uns wieder vertragen haben — essen wir oft zusammen. Er steht sogar jeden Morgen um 5:30 auf, nur um mit mir zu frühstücken. Vor Silvester war es undenkbar. Genauso undenkbar war, dass ich hungere, nur um mit Naruto die Abendmahlzeit zu teilen. Vorhin habe ich ein bisschen geschwindelt. Mit etwas Mühe hätte ich mir bestimmt was organisieren können. Erstens hätte ich mir etwas Mühe machen müssen. Und zweitens wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich mich auf seine Gesellschaft beim Abendessen ein bisschen gefreut. Das war bei der Entscheidung ein nicht unerheblicher Grund. „Chef! Essen!“, ruf er mich energisch zum Tisch. Ich muss kurz darüber kichern. Ach, dieser Junge! „Chef kommt!“, erwidere ich genauso dumm und setze mich auf den Stuhl. „Man, du musst sogar außerhalb deiner Arbeitszeit mein Leben managen.“ Ich nehme mit den Stäbchen ein Stück Fleisch auf und fahre fort: „Das hat niemand verdient. Tut mir echt leid, ne?“ „Na, wenn du deine crazy 70-80 Stunden Wochen schieben kannst, dann kann ich dich ein bisschen unterstützen. Du kriechst ja abends tot an.“ „Aber nur, wenn du wirklich möchtest. Ich will nicht, dass du das Gefühl hast, dass du musst, oder so.“ „Klar.“ „Naruto, es ist mir sehr wichtig. Ich will überhaupt nicht, dass du nach der Arbeit auch nur einmal etwas für mich aus Pflichtgefühlen oder Mitleid machst.“ Ich gucke ihn direkt an. Hat er mich vorhin nur so kurz abgetan? „Ist das jetzt eine neue Dienstverordnung?“ Er grinst frech. Ja, er hat es definitiv mitbekommen. Ich mag dieses Grinsen überhaupt nicht. „Ja.“ „Okay.“ Er lächelt. „Bitte nimm es ernst.“ Ich gebe nicht nach. Man, ich will unbedingt eine Bestätigung dessen, dass er diese eine Regel nicht verletzt. Schließlich haben wir in letzter Zeit vieles missachtet. „Sasuke, ich weiß das alles. Mach dir da keinen Kopf.“ Jetzt erwidert er bewusst meinen Blick. Seine Augen wirken nicht mehr so schalkhaft wie vorhin. Ich glaube, er hat es verstanden. „Danke.“ Ich esse stumm weiter. „Willst du Tee?“ Die Frage hat mich etwas verwirrt. „Keine Angst, ich möchte dir ganz von mir aus einen Tee kochen.“ Ich rolle die Augen. Dieser Naruto ey! Man, ich wusste, dass er mir damit ins Bein schießt. Na gut, schließlich mag ich diese Schlagfertigkeit so doll. „Wenn du so eifrig möchtest, dann nur zu. Ich hätt echt Bock auf einen guten Tee.“ „Okay. Dann mach ich dir eins.“ Jetzt nehmen wir nur noch das Bad und dann geht’s auch schon ins Bett. Ich bin vom heutigen Tag so erschöpft, dass ich auf nichts eine richtige Lust habe. Ihm geht es genauso. Wir sitzen im warmen Wasser und es tut gut. Er schmiegt sich an mir und ich merke, dass er tierisch müde ist. Seitdem er um 5:30 aufsteht, ist er abends nicht mehr so fit. Zudem hatte er heute volle Hände zu tun. Wir haben demnächst eine firmeninterne Tagung und irgendwie ist es so gedreht geworden, dass meine Abteilung für deren Organisation zuständig ist. Ich war richtig sauer darüber, aber naja, man kann leider nicht viel tun. Naruto hat die Orga-Aufgabe leider abbekommen müssen. Heute stand in diesem Zusammenhang irgendeine Lieferung an. Er musste den ganzen Tag ziemlich hin und her hetzen. Außerdem habe ich schon wieder einige Termine durcheinander gebracht und er musste für mich schon wieder betteln. Ich mache sein Leben durch sowas definitiv nicht einfacher und jedesmal sagt er nur „na klar“ oder „wird erledigt“. Keine Ahnung, warum er auch nach dem Dienstschluss auf mich Lust hat. Er ist ein echt komischer Typ. So langsam wird das Wasser kalt. Ja, wir sollten definitiv ins Bett. Er ist tatsächlich eingeschlafen. Oh man… jetzt ist er richtig unansehnlich. Das ist aber irgendwie ziemlich süß. Ich möchte ihn eigentlich möglichst nicht wecken. Hmmm, sollte ich ihn rübertragen? Ja, ich mache das. Nun liegt der Goldjunge im Bett. Es ist gar keine einfache Aufgabe ihn von A nach B zu befördern, wenn er nur halb dabei ist. Jetzt schläft er richtig fest. Sobald sein Kopf das Kissen berührt hat, war er weg. Das ist gut. Er soll sich gut erholen. Ich habe mich auch hingelegt. Leider kann ich trotz der schrecklichen Müdigkeit nicht einschlafen. Ich liege auf dem Rücken und starre in die Decke. Die Gedanken an unser Miteinander füllen dabei automatisch meinen Kopf. Seit der Wiedervereinigung ist es zwischen uns irgendwie „netter“ geworden. Wir essen zusammen, haben einen fantastischen Sex, tauschen uns über private Sachen aus und hören einander dabei sogar zu. Oberflächlich wirken wir ein recht glückliches Pärchen, aber wir sind definitiv meilenweit davon entfernt. Das kann ich absolut versichern. An einem Tag hat er mich dringend um Hilfe gebeten. Ich konnte die Bitte nicht abschlagen, weil sein Problem ziemlich übel war. Ich bereue keineswegs, ihm dabei geholfen zu haben. Dies hatte aber zur Konsequenz, dass das berüchtigte Privat-Tabu etwas anknackste, und jetzt ist es ziemlich kaputt. Durch die privaten Gespräche habe ich viel über meinen Assistenten erfahren. Zum Beispiel, er ist ein Waisenkind. Seine Eltern sind kurz nach seiner Geburt verstorben. Er wuchs in einem Kinderheim auf. Seine Jungend war extrem hart. Vieles war dabei: Mobbing, zwielichtige Bekanntschaften, Fast-Schulabbruch, leichte Drogen, kleine Ladendiebstähle, bitterer Kampf um den Studienplatz, Jobs, die ihn übelst ausgenutzt und nicht mal entlohnt haben, Räumungsklagen und sogar einige Wochen im Obdachlosenheim… als er darüber sprach, ist mein Gehirn mehrfach hintereinander explodiert. Ich komm immer noch nicht so richtig damit klar. Er schlägt sich trotz seiner Umstände ziemlich gut rum. Davor habe ich einen echten Respekt. So eine Charakterstärke ist mir selten begegnet. Sie ist richtig bewundernswert. Wahrscheinlich ist er deswegen so ein guter Mitarbeiter und so ein wunderschöner Mitmensch. Seit der Wiedervereinigung ist mir letzteres endlich bewusst. Ich habe diese wichtige Tatsache wahrscheinlich mit Absicht so lange ignoriert. Jetzt ist es unmöglich geworden und plötzlich ist mir sein Wohlergehen ziemlich wichtig. Ich möchte, dass sein Leben endlich in geordneten Bahnen verläuft und dass er allgemein mit sich und seinem Umfeld zufrieden ist. Leider hat er sich ausgerechnet in mich verliebt. Das ist äußerst unglücklich, denn weder verdiene ich seine Zuneigung noch bin ich derjenige, der ihm zu einem geregelten Leben verhilft. Ich tue eher das Gegenteil. Außerdem würden wir bestimmt nicht als Pärchen funktionieren. Ich finde diese Idee zutiefst absurd und richtig abstoßend. Aber wenn ich ernsthaft möchte, dass es ihm gut geht… Warum zur Hölle nehme ich ihn dann jede Nacht ins Hotel mit? Dafür gibt es eigentlich keine Erklärung. Deswegen muss dieses Miteinander schnellstmöglich beendet werden. Realistisch betrachtet führt es eh in eine traurige Sackgasse. Dessen unausweichliche Ende wird jedem Beteiligten einen extremen Leid zufügen. Ja, wir hängen jetzt zu zweit darin. Es ist auch irgendwo fair. Wenn er am Ende davon Schaden nehmen muss, dann muss ich es auch. Naruto sieht die Situation gar nicht so kritisch, glaube ich. Er scheint sogar, trotz der Umstände unseres Miteinanders sich Hoffnungen zu machen und ich frage mich manchmal, ob es nicht zu viele sind. Ich habe das Gefühl, dass er ernsthaft überzeugt ist, dass ich der Richtige für ihn bin, was auch immer das bedeuten soll. Ich vermute auch, dass er meint, mich ernsthaft retten zu müssen, ich weiß allerdings nicht wovor. Also wenn jemand einen Schlussstrich zieht, dann bin das ich. Das ist aber einfacher gesagt als getan. Ich kann dieses Miteinander nicht beenden und ich verstehe nicht warum. Jedesmal, wenn ich es ansprechen möchte, bleibt mir der Satz im Rachen stecken und dann wird dieses Thema bequem unter den Teppich gekehrt. Keine Ahnung, was mit mir los ist. Ich habe mich irgendwo zwischen Arbeit, Familie und Naruto völlig verirrt. Ich verstehe gar nicht mehr, was ich eigentlich will. Warum kann ich ihn nicht einfach gehen lassen? Es wäre nur fair. Was fühle ich zu ihm wirklich? Schwer zu sagen. Wo ist sein Platz in meiner Welt? Ist Naruto wirklich nur mein Seitensprung? Wenn ja, dann hat er auf jeden Fall was besseres verdient, und Auseinanderzugehen wäre das Beste für ihn. Wenn nein, dann habe ich ein Problem, und Auseinanderzugehen wäre das Beste für mich. Ich habe all das völlig unterschätzt. Ich drehe mich zu ihm. Er schläft so friedlich. Allgemein wirkt er in letzten Wochen so glücklich. Ist es, weil wir einem echten Pärchen so doll ähneln? Ich hoffe nicht, dass es daran liegt, denn ich habe vor, bald dieses toxische Miteinander zu beenden. Naruto, sag mal, was bist du für mich? Du bist ein wertvoller Mitarbeiter und ein wunderschöner Mensch. Aber was bedeutet das jetzt genau? Möchte ich dich deswegen irgendwie besonders behandeln? Keine Ahnung… teilweise? Ich fühle zu dir nicht dasselbe, was ich zu Sakura oder zu Menma oder zu Sarada fühle, und, Naruto, leider würde ich nur diese Gefühle als Liebe bezeichnen. Du bist mir aber überhaupt nicht egal. Nein, ich kümmere mich schon. Bloß, ich kann dieses Kümmern dir gegenüber nicht näher beschrieben. Wahrscheinlich möchtest du es auch wissen, aber sorry, ich bin da völlig verloren. Ich verdiene dich nicht und kann dich eh nicht zufriedenstellen. Ich kann dir leider keine gesunde Beziehung geben und die verdienst du auf jeden Fall. Deswegen nimm mir bitte meine Entscheidung nicht übel. Glaub mir, es ist zum besten so. Und zwar für uns beide. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)