Adventskalender des YuKa-FanZirkels von Knuddelkekswurmi ================================================================================ Kapitel 6: 2023-12-08 --------------------- 3 Jahre, 5 Monate und 27 Tage hatte es gedauert. Eine Ewigkeit, aber zum Schluss hatte er gewonnen. Er hatte einen sehr hohen Preis gezahlt. Alles nur für seinen Seelenfrieden. Aber wenn er ganz ehrlich war, hatte er es auch für die Anderen gemacht. Für die anderen Kinder. Für seine Freunde. Für all diejenigen, die nicht die Kraft gehabt und es nicht geschafft hatten. Zugeben würde er das natürlich niemals. So war es schon immer und so würde es immer bleiben. Er opferte sich, um andere zu schützen. „Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst...“ Ein boshaftes Lachen erfüllte den Raum. „Was ist dann? Wirst du ihn beschützen und dich an mir rächen?“ Das hämische Lachen, welches folgte, ließ Kais Wut nur noch mehr wachsen. Susaku brannte heiß in seinem Inneren. Er spürte ihre Macht und ihren Zorn in seinen Adern, hatte das Gefühl, sie würden jeden Moment explodieren. ER würde explodieren und in Flammen aufgehen. Sein Hass wuchs jede Sekunde mit ihrem Feuer. Aber er war zu schwach. Zu jung und zu kraftlos, um jetzt irgendetwas Körperliches entgegenzubringen. Zu oft hatte er es versucht, sich gewährt und gekämpft. Davongetragen hatte er nur Narben und eine gebrochene Seele. „Bitte...“, Verzweiflung gelangte an die Oberfläche. Darüber, dass er zu schwach war und wegen der Erkenntnis, dass er so niemanden schützen konnte. Seine Drohungen waren wirkungslos. „Oh...du bettelst...wie süß...mach weiter kleiner Kai. Was möchtest du?“, grob wurde der Junge am Kinn gepackt. „Sieh mich an und bettel.“ Ein schiefes ekelerregendes Grinsen erschien vor seinen Augen. Es kostete ihn allen Mut, den er aufbringen konnte. Sein Magen drehte sich um und er wünschte sich, sich in Luft aufzulösen. „Bitte...lass ihn in Ruhe.“ „Und was bekomme ich dafür?“ „...mich.“ Nach all der Zeit, nach all den schlaflosen Nächten, den unzähligen Telefonaten mit den Anwälten, nach all den Fragen im Gerichtssaal und Konfrontationen mit seiner Vergangenheit war es nun vorbei. Es hatte ihn alle Energie gekostet, die er hatte. Er hatte sich offenbart, alles preisgegeben, was er konnte, nur um diesen Albtraum endlich zu beenden. Er hatte geredet. Er hatte allen erzählt, was passiert war. Was IHM passiert war. Und nach all der Scham stand er nun hier. Auf der einen Seite des Glases. Der Blick leer und ausdruckslos. Er starrte auf die Liege in der Mitte des Raumes, welcher sich hinter dem Fenster befand. In weniger als 20 Minuten hätte alles ein Ende. Er betrachtete die kleinen Behälter mit der klaren Flüssigkeit, die auch Wasser hätte sein können. Aber das war es nicht. Es war Gift. Gift, welches in wenigen Sekunden in die Blutbahn gespritzt wurde und für einen schmerzlosen Tod sorgte. Wie unfair...der, der jahrelang Schmerz bereitet hatte, erwartete nun auf diese friedliche Art sein Ende. In Wahrheit hatten sie nie eine Chance gehabt. Sie waren Kinder gewesen. Und Boris Worte waren Lügen. Jedes „Versprechen“ war eine Lüge. Und dennoch hatte Kai jedes einzelne Mal einen Funken an Hoffnung, dass Boris sich dieses eine Mal daran halten würde und Yuriy verschont bliebe. „Wie kannst du da nur hingehen und dir das auch noch ansehen? Dann kriegt er genau was er will. Das geilt ihn zum Schluss noch auf.“ „Borya ich muss es tun. Ich muss mich vergewissern, dass er wirklich tot ist.“ Kai hatte das Gefühl, nur dann wäre er frei. Frei von Albträumen, frei von Schuld. Und er war einfach nur noch erschöpft. Die ganze Welt hatte Sachen erfahren und Ereignisse, über die niemand jemals reden sollte, waren an die Oberfläche gelangt. Dokumente, Forschungsberichte, Krankenakten...alles war an die Öffentlichkeit geraten und jeder Mensch wusste, was mit ihm geschehen war. Was man ihm angetan hatte. Er war gebrochen. Dies hier war der letzte Akt. Dann wäre endlich alles vorbei. Sein Großvater würde dieses Ereignis nicht miterleben. Der Alte hatte sich, feige wie er war, aller Verantwortung entzogen. Laut Obduktionsbericht war es Herzversagen. Aber das glaube Kai keine Sekunde. Wenn man ihn fragte, hatte der Alte nachgeholfen, um bis zum Schluss die Kontrolle zu behalten. Sogar über seinen Tod. Er wusste, er würde zum Tode verurteilt und wollte die Art und Weise und den Zeitpunkt selbst bestimmen. Es kam Leben in den Raum vor ihm. Wärter traten ein. Und dann sah er ihn. In der orangenen Uniform, die Haare lang und fettig, das Gesicht unrasiert. Galle stieg in ihm auf und am liebsten hätte er sich übergeben. Ein Geruch stieg ihn in die Nase, den er nicht wirklich roch, aber an den er sich erinnerte. Er fühlte Berührungen auf der Haut, die ihm nur allzu wider waren. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, während sich seine Nackenhaare aufstellten. Aber er zeigte keine Schwäche nach außen. Nie wieder. Ihre Blicke trafen sich. Der Mann hinter der Scheibe begann zu grinsen und fing an zu lachen, während die Wärter ihn gewaltsam an die nun aufgestellte Liege drückten und seine Gliedmaßen fixierten. „Wer hätte das gedacht, dass ausgerechnet du herkommen würdest, um meinem Ableben beizuwohnen. Hast mich wohl vermisst, kleiner Kai. Ich wusste, du würdest dich verabschieden. Schließlich verbindet uns so viel.“ „Halt die Klappe, Gefangener. Die Zeit für deine letzten Worte ist noch nicht gekommen.“. Ein junger Mann, er konnte nicht viel älter sein als Kai selbst, stellte sich in seinen Sichtbereich. Kai war selten glücklicher, denn so konnte er den Blick kurz abwenden, die Augen schließen und innerlich bis 3 zählen um das Beben in seinem Körper zu kontrollieren und sich zu beruhigen. Alles in ihm schrie nach Flucht. Aber er konnte nicht. Er war so weit gekommen, er würde jetzt nicht aufgeben. Nicht so kurz vor dem Ziel. Als er die Augen öffnete, sah er immer noch den jungen Mann. Und als dieser sich endlich entfernte, wurde die Liege gerade hochgefahren und in eine horizontale Position gebracht. Ein Mediziner legte die Zugänge. „Es ist Donnerstag, der 08. Dezember 2023. Die Uhrzeit ist 11:55 Uhr. Wir sind hier zur Urteilsvollstreckung des Gefangenen 5148135, Boris Grigorjewitsch Volkov. Das Urteil lautet auf Todesstrafe durch letale Injektion aus dem Strafprozess mit der Nummer 213/564/6/2020. Herr Volkov erhält nun die Möglichkeit seine letzten Worte zu verkünden.“, der junge Mann blickte auf seine Uhr, während er monoton die Fakten vortrug. „Sprechen Sie.“ Boris hob seinen Kopf, suchte Kais Blick. Er sah ihm direkt in die Augen, als er seine letzten vernichtenden Worte sagte. „Ich würde es immer wieder tun. Du warst mein bester.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)