Urisen von MAC01 ================================================================================ Kapitel 19: Krankenbesuch ------------------------- Als Kaiba zum gefühlt tausendsten Mal auf seine Armbanduhr blickte schien die Zeit still zu stehen. Doch dann erklang die Schulglocke und beendete den Schultag. Er packte mit Eile, aber ohne hastig zu wirken, seine Sachen in die Tasche und bekam dabei das Gespräch von Yugi, Ryou und Otogi mit, die sich berieten, wie sie am schnellsten in das Krankenhaus kamen, in das Jonouchi vor einigen Stunde eingeliefert worden war. Honda hatte ihren Freund begleitet und war auch nicht durch den Lehrer davon abzuhalten gewesen. Parallel hatte Kaiba unauffällig Isono eine Nachricht geschrieben, in der er seine rechte Hand bat alles zu veranlassen, damit Jonouchi die beste Behandlung und ein Einzelzimmer bekam. Eigentlich hatte er vorgehabt sofort ins Krankenhaus zu fahren, doch die Planung von Jonouchis Freunde ließ ihn seinen Plan ändern. Er hatte einen Deal mit dem Blonden: Dieser nahm seine Hilfe an, dafür wahrten sie weiterhin das Bild, dass sie nichts miteinander zu tun hatten. Daran würde sich Kaiba halten. Also würde er erst einmal in die Firma fahren. Es war bereits nach 22.00 Uhr als Kaiba die Station betrat, auf der Jonouchi lag. Vor vier Stunden hatte die Besuchszeit geendet, aber das interessierte den Jungunternehmer nicht. Nur einmal hatte eine übereifrige Nachtschwester versucht ihn aufzuhalten, doch die Oberschwester hatte sie zurück gepfiffen, da sie Kaiba erkannt hatte. Sie wusste, dass er jährlich eine nicht unerhebliche Summe für das Krankenhaus, insbesondere die Kinderchirurgie, spendete, wenn auch offiziell anonym. Schließlich kam er an dem Einzelzimmer an, in dem Jonouchi lag. Leise öffnete er die Tür, um den Blonden nicht zu wecken, falls dieser schon schlafen würde. Doch zu seiner Überraschung lief der Fernseher und Jonouchi zappte durch die verschiedenen Programme. Als er Kaiba sah schaltete er das Unterhaltungsgerät aus und versuchte sich aufzusetzen. "Bleib liegen", meinte Kaiba ruhig und schloss hinter sich die Tür. Dann trat er näher und setzte sich auf einen Stuhl, der neben dem Bett stand. "Wie geht es dir?" "Gut", kam es müde von Jonouchi, bevor sich der Blonde besann. "Besser, danke." "Wofür danke?", hakte Kaiba nach. Jonouchi rollte kurz mit den Augen. "Für das Zimmer...", erklärte Jonouchi. "Oder meinst du wirklich, ich bin so dämlich zu glauben, dass ich wegen einer ausgelasteten Kinderstation ein Einzelzimmer bekommen habe?" "Ich halte dich nicht für dämlich", erwiderte Kaiba weiterhin ruhig und mit einer ungewohnten Milde in der Stimme. "Aber ich weiß, wie schwer es dir fällt, wenn man dir etwas Gutes tun möchte." Jonouchi senkte ertappt seinen Blick und versuchte zu lächeln und Kaiba erfreute sich an dem ansatzweise gezeigten Lächeln. Es stand dem Blonden gut. Besser als das aufgesetzte Grinsen, dass er sonst zur Schau trug. "Hattest du viel zu tun?", fragte der Blonde auf einmal und überraschte Kaiba erneut. "Viel zu tun?", hakte dieser nichtverstehend nach. "In der Firma? Du bist ziemlich spät dran", erklärte Jonouchi. "Das übliche Tagesgeschäft", antwortete Kaiba und lächelte nun seinerseits etwas. "Bist du immer solange in der Firma?", hakte der Blonde nach. "Für gewöhnlich schon, manchmal aber auch länger", erwiderte der Brünette und genoss dieses unverbindliche Gespräch mit dem, für den sein Herz schlug. "Und wann hast du mal Zeit für dich?", wollte Jonouchi wissen. Der Jungunternehmer zuckte mit den Schultern. "Meine Arbeit ist Zeit für mich", erklärte er. "Viele denken bei Arbeit an eine lästige Pflicht. Aber für mich bedeutet Arbeit eine Möglichkeit mich und meine Vorstellungen zu verwirklichen." "So hab ich das noch nie betrachtet", gestand Jonouchi. "Du hast bald Jahrestag, oder?" "Jahrestag?", hakte Kaiba verwirrt nach. "Ja, der Tag an dem du offiziell die Leitung der Firma übernommen hast mehrt sich nächste Woche, oder?", spezifizierte Jonouchi gedankenverloren. "Das stimmt", meinte Kaiba überrascht. "Mir war nicht bewusst, dass sowas allgemein bekannt ist." "Hm... war doch damals groß in der Presse", versuchte der Blonde davon abzulenken, dass er vor einer Weile recherchiert hatte. "Immerhin warst du der jüngste Firmenleiter eines so großen Unternehmens, der dann auch noch die Firma und ihren Schwerpunkt komplett umgekrempelt hat." "Du bist gut informiert", lächelte Kaiba geschmeichelt. Jonouchis Wangen röteten sich ein wenig. "Hast du Hunger? Ich hab noch etwas vom Abendessen übrig", meinte Jonouchi themenwechselnd und deutete auf das kaum angerührte Tablett, auf dem sein Abendessen stand. "Hattest du keinen Hunger?", hakte Kaiba besorgt nach. "Häng am Tropf, der versorgt mich mit allem, was ich brauch", erklärte der Blonde, was schon richtig war: Durch den Tropf hatte er kein Hungergefühl, dennoch hätte die Krankenschwester der Spätschicht es gern gesehen, dass der junge Mann etwas gegessen hätte. Daher hatte sie ihm das Tablett da gelassen. Kaiba nahm die Schale mit der kalten Suppe und nippte kurz daran. Dann verzog er das Gesicht. "Schmeckt grauenhaft. Kein Wunder, dass du den Tropf vorziehst", meinte er witzelnd. "Ach, so schlecht ist das Krankenhausfutter gar nicht", meinte Jonouchi ruhig. "War dein Vater da?", fragte Kaiba schließlich und das seichte Lächeln in Jonouchis Gesicht verschwand augenblicklich. "Wenn, dann wäre ich wohl nicht mehr hier", meinte er nur gedrückt. Kaiba stellte die Schale zurück auf das Tablett und legte dann wie zufällig seine Hand auf die des Blonden, in deren Rücken die Nadel des Tropfes steckte. Jonouchi blickte auf die beiden Hände und wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte. "Ich kann einen Personenschützer vor die Tür beordern, der deinen Vater auf Abstand hält", meinte Kaiba schließlich. Jonouchi hob seinen Blick und schaute in die blauen Augen. Er lächelte halbherzig. "Nein, kannst du nicht. Solange er mein Vormund ist, kann ihn nichts und niemand von mir fernhalten", erwiderte Jonouchi. "Schöner Vormund, der dich wie Dreck behandelt und dich dir selbst überlässt, nur weil er mit deiner Sexualität nicht einverstanden ist", kam es zischend von Kaiba, der über seinen Ausbruch selbst überrascht war. Jonouchi hatte seinen Blick betroffen gesenkt, als ihm wieder bewusst wurde, dass Kaiba anwesend war, als seine Mutter ihn vor seiner Schwester und allen anderen, die an diesem Tag vor der Schule gestanden hatten, geoutet hatte. Umso mehr überraschte es ihn, dass Kaiba sich so um ihn bemühte und ihm half. "Dich... stört das nicht?", fragte er mit brüchiger Stimme, aus der deutlich die Angst vor der Antwort zu hören war. "Nein", war die klare Antwort, die sofort und ohne Zögern von Kaiba erfolgte. Überrascht blickte er zu ihm auf. "Wissen deine Freunde, dass du schwul bist?" "Honda, ja... die anderen... nein", antwortete nun der Blonde ruhig. "Warum hast du es den anderen nicht erzählt?", fragte Kaiba vorsichtig weiter. "Hm... Angst?", gab Jonouchi zu. "Davor, dass sie so ignorant wie deine Eltern reagieren könnten?", riet der Geschäftsmann. Jonouchi antwortete nur mit einem Kopfnicken. "Deine Angst ist unbegründet." Erneut blickte Jonouchi Kaiba überrascht an. Dieser lächelte sanft. "Jonouchi, es gibt zwei Arten von Familien: Die, die wir uns nicht aussuchen können und jene, die wir uns selbst zusammenstellen", erklärte Kaiba. "Ich bin mir sicher, dass du deine Freunde weise gewählt hast und sie dich lieben, egal, ob du nun homo-, bi-, a- oder heterosexuell bist. Oder eine der anderen Sexualitäten, die es gibt. Und genauso würden sie dich weiterhin lieben, wenn du ihnen erzählen würdest, wie du dich über Wasser gehalten hast." Dann stand Kaiba auf und löste seine Hand von Jonouchis. "Ruh dich aus und egal, was geschieht, lass deinen Arsch in diesem Bett. Mit einer Nierenentzündung ist nicht zu spaßen", meinte er, bevor er schließlich ging. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)