Lass mich dein Sommer sein von SarahSunshine (Digimon Adventure 01/02 | Takeru x Hikari; Daisuke x Ken; Mimi x Miyako) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- - Takeru - Der große Tag war endlich gekommen: Heute reisten die Digiritter der ersten und der zweiten Generation das erste Mal seit einer Ewigkeit wieder gemeinsam in die Digiwelt. Mittlerweile waren Takeru und seine Freunde schon 18 und bereiteten sich auf ihren nächsten Lebensabschnitt vor: Studium, Umzug, Selbständigkeit. Bevor dieser Lebensabschnitt jedoch begann, wollten sie alle gemeinsam noch einen Urlaub in der Digiwelt verbringen. Ihr Treffpunkt, um die Reise zu starten, war die Café-Bar, die Sora vor drei Jahren eröffnet hatte und in der sie sich auch abseits ihrer Schulpflichten gerne trafen. Selbst Ken wollte gemeinsam mit Daisuke kommen, obwohl er sich manchmal noch nicht als vollwertiges Mitglied in ihrem Freundeskreis sah. Bis auf Mimi und Miyako, die bereits ihr gemeinsames Loft-Apartment in den USA bezogen hatten, wollten alle anderen Digiritter nach und nach eintreffen. Um möglichst zeitgleich mit ihren Freunden aus dem Ausland anzukommen, hatten sie versucht, eine Uhrzeit auszumachen, die für alle halbwegs umsetzbar war. Mit wippendem Fuß saß Takeru an einem der kleinen runden Tische in Soras Laden und wartete geduldig auf seine Freunde. Sein Bruder und er waren die ersten in dem netten Hinterhofcafé gewesen, in dem Yamato nicht selten kleine Auftritte mit seiner Band hatte. Sora stellte ein Glas mit eisgekühlter Limonade auf dem Tisch ab und schenkte Takeru ein freundliches Lächeln. Sein Handy vibrierte und zeigte eine Kurznachricht von Hikari an. Sie und Taichi würden in wenigen Minuten eintreffen. Takeru freute sich nicht nur auf Patamon und die Zeit mit den Digimon, sondern auch auf die Zeit mit seinen Freunden, vor allem mit Hikari. Bevor sie ihr Studium starten würden, musste er unbedingt noch mit ihr sprechen, ihr etwas Wichtiges sagen, von dem die anderen nichts mitbekommen durften. Die Glocke an der Tür ertönte und kurz darauf hörte er Hikaris helles Lachen, das ihm immer wieder Herzklopfen bescherte. Sie trug einen Picknickkorb in den Händen und schenkte ihm zur Begrüßung ein bezauberndes Lächeln. Nach und nach trudelten auch die anderen Digiritter ein. Sora stimmte die letzten Termine mit ihrer Geschäftspartnerin ab und trat dann vor den Computer im Büro des Cafés, das sich eine Etage weiter oben befand. „Alle bereit?“, fragte sie und bekam die Zustimmung im Einklang. Sie öffneten das Tor zur Digiwelt und ließen sich mit Sack und Pack über das Geräte in die digitale Welt ziehen. Die Digiritter wurden von einem großen, blauen Ozean begrüßt, der sich an einem hellen Sandstrand vor ihnen auftat. Sie wurden bereits sehnsüchtig von ihren Digipartnern erwartet und schlossen diese herzlich in ihre Arme. Als Ziel für ihren kleinen Urlaubstrip hatten sie sich eine schöne Bucht in der Digiwelt ausgesucht. Hier standen mehrere Häuser mit Schlafräumen, Duschen und einer Küche bereit, in denen sie es sich für ein paar Tage bequem machen wollten. Es dauerte nur wenige Minuten bis auch Miyako und Mimi in der Digiwelt ankamen. Palmon und Hawkmon stürmten direkt auf sie zu. Die beiden waren begeistert von den kleinen Holzhütten und suchten sich sofort den größten Raum zum Übernachten aus. „Dieser Ort ist herrlich“, rief Mimi aus und streckte ihre Arme gen Himmel. Die nächsten Tage versprachen spaßig zu werden. Ihre Digimon malten sich bereits aus, was sie alles machen wollten. Von Wasserball, über Eis essen und Surfen war alles dabei. „Hikari. Lass uns eine Kleinigkeit essen“, sagte Takeru zu seiner Freundin, die gemeinsam mit ihrem Tailmon am Meer stand und auf den Horizont blickte. Er wusste nicht wieso, aber für eine Sekunde überkam ihn ein merkwürdiges Gefühl. Als sie zu ihm aufschloss war es jedoch schon wieder vergessen. - Hikari - Nachdem sie angekommen waren und eine Kleinigkeit gegessen hatten, suchte sich jeder von ihnen ein kleines Häuschen aus. In den meisten Zimmern befanden sich Etagenbetten wie in einer Jugendherberge. Die Mädchen teilten sich ein Haus mit vier Betten und die Jungs bekamen zwei Häuser. Hikari trat barfuß in einem hellblauen Kleid und ihrer Kamera um den Hals aus dem Haus. Eine warme Sommerbrise wehte ihr schulterlanges, braunes Haar aus ihrem Gesicht. Sie musste die blendende Sonne mit ihrer Hand verdecken, ehe sie auf das Wasser losspazierte. Ihr großer Bruder spielte gemeinsam mit Daisuke eine Runde Fußball, von dem die beiden wirklich nie genug bekamen. Ken saß in der Nähe und sah den beiden einfach nur zu. Mimi und Miyako sonnten sich auf einer Decke, jeder hatte sich ein Eckchen gesucht, an dem er es sich bequem gemacht hatte und Hikari versuchte von jedem einen Schnappschuss zu machen. Jedes Mal, wenn sie ein neues Bild aufnahm, strahlte sie vor Freude. Das Fotografieren war noch immer ihre Leidenschaft. Sie war so begeistert davon, dass sie das Handwerk im kommenden Monat sogar studieren wollte. Nachdem sie mindestens jeden ihrer Freunde einmal fotografiert hatte, schaltete sie ihre Kamera aus und brachte sie in die Küche, damit sie nicht nass wurde oder Sand ins Gehäuse rieselte. Tailmon wartete bereits an der Tür und streckte ihre Pfote aus. Natürlich hatte Hikari ihr eine Süßigkeit aus dem Kühlschrank geholt. Tailmon war ihr ständiger Begleiter und erzählte ihr von der letzten Zeit in der Digiwelt, während die beiden am Strand entlang spazierten. Eine Stimme hallte durch ihren Kopf. Als sie sich umsah und die anderen betrachtete, schien jedoch niemand anders etwas zu hören. Eine kühle Meeresbrise wirbelte den Stoff ihres Kleides leicht auf, ließ sie wieder zum Horizont schauen. Gänsehaut breitete sich auf ihren Unterarmen aus. Der klare, blaue Himmel begann sich zu verzerren, verlor seine satte Farbe und wurde für einen Sekundenbruchteil grau. Hikaris Herz begann zu rasen. Unbewusst presste sie ihre Hand auf die Brust, ohne den Blick vom Meer abzuwenden. „Hikari? Alles in Ordnung?“ Sie war so vertieft, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass Tailmon nach ihrem Kleid gegriffen hatte. Ein leichtes, wenn auch gleichzeitig unsicheres Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Tailmon wusste immer, wenn sie etwas beunruhigte. „Ich dachte, ich hätte etwas gesehen…“, antwortete sie und sah nochmals zu der Linie, an der das Blau von Himmel und Wasser aufeinander trafen und die wieder vollkommen normal aussahen. „Was denn?“, fragte Tailmon, doch Hikari schüttelte nur den Kopf. „Wahrscheinlich habe ich mir das nur eingebildet.“ Tailmon sah sie eine Weile schweigend an, dann nickte es. „Willst du ein Eis? Sora verteilt es gerade. Ich kann dir eins bringen.“ Hikari nickte ihrem Digipartner zu und lächelte. „Gerne.“ Sie beobachtete, wie das Katzen-Digimon zu den kleinen Häusern spazierte, zu ihren Freunden, die es sich auf den Decken und unter Sonnenschirme bequem gemacht hatten und die Auszeit genossen. Die Digimon ihrer Freunde waren alle um Sora herum versammelt, damit sie ein Eis bekamen. Takeru saß mit seinem älteren Bruder, der etwas auf seiner Gitarre spielte, am Strand und winkte ihr zu. Sie winkte zurück. Nicht weit entfernt von den beiden baute Iori eine Sandburg, Joes Nase steckte in einem Buch und Koushirou tippte vertieft auf seinem Laptop herum. Ihr großer Bruder dribbelte mit seinem geliebten Fußball und spielte ihn immer wieder gegen eine der Hauswände, um ihn dann mit der Brust wieder anzunehmen. Daisuke, der vorhin noch mit ihm gespielt hatte, war nicht mehr zu sehen. Auch Ken, Mimi und Miyako konnte sie nicht entdecken. Aber sie hatten Ferien, wahrscheinlich unternahmen sie gerade etwas in der Nähe. Urplötzlich überkam ein Schauer Hikaris Rücken. Das idyllische Bild ihrer Freunde wurde verzerrt, verwandelte sich in vollkommenes Chaos. Die Häuser zerstört, ihre Freunde und Digimon lagen regungslos im Sand. „Komm zu mir.“ Da war wieder diese Stimme. „Du willst nicht, dass ihnen etwas passiert, habe ich Recht?“ „Wer bist du?“, hauchte Hikari unsicher. „Ich bin der Herrscher des dunklen Meeres. Du kennst es, nicht wahr?“ „Was willst du?“, fragte die Digiritterin weiter. Sie musste den anderen ein Zeichen geben, sie mussten sich in Sicherheit bringen. Doch sie konnte nichts sagen, wusste nicht, was Realität war. „Ich will dich. Du sollst meine Königin werden. Und ich will einen Platz in dieser Welt.“ Hikari erinnerte sich an dieses Gefühl, an diese Welt, die Finsternis und das dunkle Meer. „Komm zu mir und ich verschone deine Freunde.“ Sie spürte, wie die Meeresströmung sich spaltete, einen Weg für sie freigab, der in einem dunklen Portal endete. Ein Portal in die graue Welt der Finsternis. „Woher weiß ich, dass du die Wahrheit sagst?“, wollte sie wissen. „Ich verleihe dir die Kraft, sie zu beschützen. Zu herrschen.“ Vor ihren Augen materialisierte sich ein kleines, dunkelgraues Amulett. In diesem war ein Symbol eingearbeitet, ähnlich wie ihr Wappen des Lichts. Doch hierauf war nicht das sternenartige Symbol zu sehen, sondern ein Kreis, umgeben von einem zweiten Kreis. Es war dunkel und strömte unheilvolle, finstere Kraft auf. Hikari starrte es an. Sie wollte nicht herrschen, sondern beschützen. Sie konnte aber auch nicht zulassen, dass ihren Freunden Leid und Schmerz zugefügt wurden. „Ich will das nicht … es muss einen anderen Weg geben …“ Ein Knurren ertönte aus der Finsternis. „Dann muss ich dir wohl beweisen, wie ernst ich es meine.“ Wie aus dem Nichts erschien ein Dreizack aus dem Portal, umgeben von einer dunklen Aura. „Hikari!“ Tailmon! Ihr Digipartner fiel plötzlich vor ihr aus dem Himmel, würde direkt von dem Dreizack getroffen werden. Das konnte sie nicht zulassen. „Nein, Tailmon!“ Hikari griff nach dem finsteren Amulett und presste es an ihre Brust. Die purpurfarbene Aura umschlang ihren Körper und auch den ihres Tailmons. Die Kraft der Finsternis wurde freigesetzt. - Takeru - Takeru lauschte dem Gitarrenspiel seines Bruders und wippte sanft mit dem Fuß mit. Patamon, das bis vor wenigen Sekunden noch auf seinem Kopf gesessen hatte, war mit Gabumon zu Sora geeilt, um sich ein Eis zu sichern. Er selbst blickte zu Hikari, die mit den Füßen im Wasser am Strand entlang spazierte. Bei dem Lächeln, das sie ihm schenkte, machte sein Herz einen Hüpfer. Als wüsste sein Bruder, was in diesem Moment in seinem Inneren vorging, verstummte das Gitarrenspiel. Takeru sah zu Yamato, auf dessen Gesicht ein wissendes Lächeln erschien. „Hast du schon mit ihr geredet?“, fragte er und legte das Instrument zur Seite. Takerus Gesicht wurde ganz heiß. Er wusste, dass er das nicht so einfach auf die Sonne schieben konnte. „N-nein“, antwortete er und begann an seiner Hose zu zupfen, um dem Blick seines Bruders auszuweichen. „Ich will kein Publikum dafür haben.“ Wenn er seiner langjährigen Freundin schon seine Gefühle gestand, dann lieber, wenn sie unter sich waren. „Tailmon?“ Soras nervöser Aufschrei ließ den Digiritter aufschauen. Einen Moment später kam Patamon in seine Arme geflogen. „Was ist denn los?“, fragte Takeru unsicher. Doch Patamon kam gar nicht dazu, etwas zu erklären. Als Tailmon Hikaris Namen schrie, riss Takeru den Kopf herum. Wann war Hikari so weit ins Wasser gegangen?! Takeru sprang auf, ebenso wie sein Bruder. Doch als sie sich dem Meer nur wenige Schritte näherten wurde Hikari bereits von einem dunklen Lichtschimmer umgeben, das ihn innehalten ließ. Wo war Tailmon hin? Eine dunkle Kugel schwebte oberhalb von Hikari am Himmel, wurde immer größer und verdeckte die Sonne. Der Strand, das Meer, die ganze Umgebung wurden in Dunkelheit gehüllt. Die Energie pulsierte und brach mit einer heftigen Druckwelle auf, die ihre Sonnenschirme und Decken davon wirbelte. Takeru hielt schützend seinen Arm vor dem Gesicht und als er ihn wieder herunternahm erkannte er die Silhouette eines Engels am Himmel. Doch die sechs Flügel auf seinem Rücken hatten nichts Engelhaftes an sich. „Ophanimon?“, murmelte Takeru ungläubig. In seiner Hand hielt das Digimon eine flammende Sense. „Nein, das ist Ophanimon Falldown Mode!“ Der Digiritter zwang seinen Körper dazu, sich zu bewegen. Er trat wenige Schritte zum Strand vor. „Hikari-chan …“ Warum war seine Stimme so schwach? „Hikari!“ Taichi rannte an ihm vorbei, direkt auf das Wasser zu. Sie stand einfach dort, mit dem Rücken zu ihren Freunden gewandt. Takeru wollte weitergehen, aber sein Bruder hielt ihn am Handgelenk zurück. „Was tust du?!“, fauchte er Yamato an, der mit einer Kopfbewegung auf Taichi deutete, welcher bis zur Hüfte im Wasser stand und eine Hand nach seiner Schwester ausstreckte. Keiner von ihnen wusste, ob Ophanimon sie in diesem Modus nicht vielleicht angreifen würde, doch Taichi schien sich nicht davor zu fürchten. Takeru konnte nur dabei zusehen, wie der ältere Digiritter versuchte, seine kleine Schwester zu erreichen. Er ballte die Hände zu Fäusten, biss die Zähne zusammen über seine Untätigkeit. Hikari drehte sich zu ihrem Bruder, schien sogar mit ihm zu reden, doch dann wandte sie sich ab – und Taichi ließ sie ziehen. Wieder spürte Takeru den Griff seines Bruders um sein Handgelenk. Er wollte loslaufen, er wollte sie aufhalten. Seine Freundin trat weiter ins Wasser, dicht gefolgt von dem dunklen Engel. Die beiden lösten sich in einer strudelartigen Bewegung auf und waren einfach weg. Kapitel 2: ----------- - Daisuke – Hoch auf einer der Klippen in der Nähe des Strandes saß Daisuke neben Ken und blickte auf das große, weite Meer hinaus. V-mon und Wormmon saßen ein Stück weiter an der Kante der Klippe und naschten aus einer Tüte voller Süßkram, das er für sie stibitzt hatte. „Tut mir leid, dass du meinetwegen nicht weiter mit Taichi Fußball spielen kannst“, murmelte Ken und zog seine Knie an den Körper. In den letzten Jahren hatte Ken immer wieder Phasen, in denen er gegen seine Vergangenheit ankämpfte. Deshalb fiel es ihm manchmal schwer, unter Leuten zu sein. Das wusste Daisuke so gut, weil er ihm jedes Mal dabei zur Seite stand. „Mach dir keinen Kopf. Wir haben noch genug Zeit dafür“, antwortete Daisuke deshalb zuversichtlich. „Viel wichtiger ist, dass du hier bist, mit uns und mit mir!“ Dass Ken mit den Digirittern der ersten Generation nicht so vertraut war wie die anderen wussten sie alle. Selbst Miyako, Iori und Takeru stand er nicht so nahe wie Daisuke, obwohl ihr Abenteuer quasi gemeinsam begonnen hatte. Lediglich zu Hikari hatte er noch eine etwas engere Beziehung. Daisuke stieß ihn am Knie an und grinste, wollte seinem Freund dadurch etwas Kummer nehmen. „Du hast Recht“, antwortete Ken. Die Anspannung wich offensichtlich aus seinem Körper. „Klar! Das habe ich doch immer“, protzte Daisuke voller Selbstbewusstsein. Als er seinem Freund damit ein Lachen entlockte, breitete sich geballte Freude in seinem Inneren aus, mündete in einem angenehmen Kribbeln in seinem Magen. Wenn Daisuke seine Beziehung zu Ken beschreiben müsste, könnte er wohl keine klare Antwort geben. Er war ohne Zweifel sein bester Freund. Sie verbrachten viel Zeit miteinander, waren immer füreinander da, auch wenn es manchmal schwer für ihn war, zu Ken durchzudringen. In seiner Nähe blühte Ken auf und war ein kluger, offener Junge, der in seiner Seele einfach nur ein paar Narben hatte. „Daisuke?“ Der Digiritter hatte gar nicht gemerkt, wie er seinen Freund anstarrte und drehte sich verlegen weg. „Sorry“, murmelte er leise und scharrte mit den Füßen auf dem Boden. Normalerweise hatte er gar keine Probleme damit, seine Gedanken und Gefühle offen auszusprechen, doch in Kens Nähe fiel ihm das vermehrt schwer. „Sollen wir zu den anderen zurückgehen?“, schlug Ken vor und brachte diesmal Daisuke zum Lächeln. Er bemühte sich wirklich. „Wenn du möchtest.“ Daisuke stand auf und zog seinen Freund mit sich auf die Beine. Als Ken sich umdrehte, um ihren Digipartnern Bescheid zu sagen, verzog er plötzlich das Gesicht und presste seine Hände an die Schläfen, als hätte er Kopfschmerzen. „Ken-chan!“ Wormmon war sofort an seiner Seite und auch V-mon kam zu ihnen. „Was ist los?!“, fragte Daisuke aufgeregt und trat näher an seinen Freund heran. „Ken, wie kann ich dir helfen?!“ Er fasst ihn an beiden Schultern, doch Ken schrie nur und wand sich. Dann fiel er plötzlich auf die Knie, Daisuke mit ihm. Er hielt seinen Freund fest. „Ich bin da, Ken. Hörst du mich? Du bist nicht allein!“ Der schlanke Körper zitterte in seinen Armen. Daisuke suchte verzweifelt nach Wormmons Blick, doch es sah genauso besorgt zu seinem Partner. Um sie herum wurde alles dunkel, eine unheilvolle Aura erfüllte die Luft. „Das sieht nicht gut aus“, rief V-mon von der Klippe und Daisuke folgte dem Blick des Dino-Digimons, ohne seinen Freund loszulassen. „Was ist los V-mon? Ist das eine Sonnenfinsternis? Gibt es sowas in der Digiwelt?“ „Ken-chan! Du musst atmen. Bitte!“, flehte Wormmon an seiner Seite. Daisuke spürte etwas Feuchtes auf seinem Unterarm. Weinte Ken etwa? Er krallte sich an ihm fest, während er versuchte, gleichmäßig zu atmen. „Ich bin hier Ken.“ Der Digiritter sprach beruhigend auf seinen Freund ein, wollte sein Anker sein. Als die Dunkelheit sich auflöste, wurde auch Ken wieder ruhig. Trotzdem schlug Daisukes Herz wild in seiner Brust. „Was war das, Ken? Geht es dir gut?“ Ken wischte sich mit einem Arm über das Gesicht. Seine Augen waren gerötet und er noch blasser als sonst. „Die Finsternis“, keuchte er und sein Blick wurde leer. Wormmon krabbelte auf seinen Schoß und Ken legte seine Arme um das Raupen-Digimon. „Daisuke! Ich glaube bei den anderen ist was passiert“, rief V-mon und deutete mit einer Kralle auf den Strand. Daisuke blickte abwechselnd von seinem Digimon zu Ken. „Kannst du laufen? Ich stütze dich.“ So machten die beiden sich auf den Weg zum Strand. - Taichi – Das Meer bewegte sich in sanften Wellen um Taichis Hüfte. Es gab kein Anzeichen des Trubels von gerade eben. Alles wirkte normal – nur dass Hikari und Tailmon nicht mehr da waren. „Ich will euch beschützen“, hatte Hikari gesagt, bevor sie in der Dunkelheit verschwunden war. Dabei war das doch gar nicht ihre Aufgabe. Er war der Ältere, er musste sie beschützen, doch er hatte versagt. Sie war weg und er wusste nicht einmal, wo sie stecken könnte oder wie sie sie beschützen wollte. „Taichi!“, rief Agumon vom Ufer. Es sah ihn besorgt an, als er langsam zu ihm ging. Auch seine anderen Freunde und ihre Digipartner kamen auf ihn zu. „Taichi, was ist passiert?“, fragte das Dino-Digimon und blickte an ihm vorbei aufs Meer, „Wo ist Hikari-chan hin?“ „Ich weiß es nicht …“, murmelte Taichi und starrte auf seine Füße. „Was soll das heißen, du weißt es nicht? Sie hat doch mit dir geredet!“, rief Takeru aufgebracht dazwischen. Sowohl Yamato als auch Patamon versuchten den Teenager zu beruhigen. Aus dem Dschungel um sie herum kamen Mimi und Miyako angerannt. Ihre Digimon sprangen ihnen direkt in die Arme. „Was ist denn hier los?“, fragte Mimi außer Atem. „Hikari-chan ist verschwunden. Ihr Tailmon hat sich zu Ophanimon Falldown Mode entwickelt und dann wurden sie beide vom Meer verschluckt!“, weinte Palmon in ihre Brust. Die beiden jungen Frauen sahen gleichermaßen geschockt über diese Nachricht aus. „Was hat Hikari-chan zu dir gesagt, Taichi?“, fragte Sora sanft und trat zwischen den Digimon hervor. Er sah zu ihr auf, biss sich auf die Unterlippe. „Dass sie uns beschützen will …“ Die Digiritter und ihre Partner tauschten verunsicherte Blicke aus. „Wovor könnte sie uns beschützen wollen?“, fragte Piyomon und legte nachdenklich seinen Flügel unter den Schnabel. „Vor dem Dark Ocean“, antwortete Daisuke, der mit Ken und ihren beiden Digimon zu der Gruppe aufschloss. „Dark Ocean?“, fragte Mimi neben den beiden. „Ich erinnere mich“, warf Miyako ein, „Ken und Hikari hatten früher Visionen von einem dunklen Meer, das sie anzieht, nicht wahr?“ Sie drehte sich zu Ken, der daraufhin bedrückt nickte. „Ich weiß noch, dass nur ihr ihn damals sehen konntet.“ Taichi trat auf Ken zu. „Wie komme ich dort hin?“, fragte er und griff nach Kens Schultern. „Sag es mir!“ „Taichi beruhige dich!“, funkelte Daisuke dazwischen und stellte sich beschützend vor Ken. „Du weißt nicht, was die beiden an diesem Ort erleb haben!“ „Ich war auch schon mal dort“, warf Takeru ein und lenkte damit von Ken ab. „Toll! Wenn ihr alle schon mal da wart, dann kann mir doch einer von euch erklären, wie ich dort hinkomme.“ Wenn es um seine kleine Schwester ging, konnte Taichi alles um sich herum vergessen. „So einfach ist das nicht“, murmelte Takeru und blickte zu seinem Digipartner, „Der Dark Ocean befindet sich in einer Dimension zwischen der Digiwelt und der realen Welt. Hikari hat Patamon, Tailmon und mich damals irgendwie zu sich gerufen.“ Taichi fluchte und trat in den Sand. Ihre Erzählungen brachten ihn nicht weiter. „Wenn ihr keine Idee habt, wie wir zu diesem Dark Ocean kommen, dann suche ich selbst einen Eingang. Lass uns gehen, Agumon.“ Der Digiritter war schon lange nicht mehr so wütend gewesen, dabei hatte keiner der Anwesenden Schuld an diesem Dilemma. „Und wenn du sie findest, was dann? Hast du nicht gesehen, wie Tailmon zu Ophanimon Falldown Mode geworden ist?!“, fragte Takeru mit verschränkten Armen, „Wir alle wollen Hikari finden. Wenn du jetzt kopflos davon stürmst, bringt das niemandem etwas – am wenigsten Hikari.“ Takerus Augen verengten sich leicht, als er dem Älteren entgegen blickte. „Was soll ich deiner Meinung nach denn tun? Sie ist meine Schwester.“ „Das wissen wir, Taichi“, antwortete Yamato und trat neben seinen eigenen Bruder. Er kannte die Sorge um einen jüngeren Geschwisterteil. „Hat sie dir noch irgendwas anderes gesagt, bevor sie verschwunden ist?“ Taichi raufte sich die Haare. „Dass jemand sie gerufen hat und auf sie wartet.“ - Ken - Die ganze Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt. Bei einem falschen Wort könnten die Geduldsfäden von Taichi oder Takeru ganz schnell reißen. Es war das erste Mal, dass Ken einen so heftigen Streit zwischen den Digirittern mitbekam. Obwohl sein eigener älterer Bruder schon lange tot war, konnte er die Gefühle von Taichi gut verstehen. Die Angst und den Schmerz ein Familienmitglied zu verlieren, kannte er selbst nur zu gut. Nachdem Taichi sich auf Takeru fokussiert hatte, war Daisuke dicht an seine Seite getreten, anstatt ihn weiter zu beschützen. Er musterte das Profil seines Freundes, der angespannt wirkte. Als er ihn bemerkte, sah Ken nervös weg. „Beunruhigt dich das Thema, Ken-chan?“, fragte Wormmon leise auf seiner Schulter. Er nickte. Mit diesem Ort verband er viele schmerzende Erinnerungen. Es hatte lange gedauert, sich mit seiner „dunklen Seite“ auseinanderzusetzen. „Wir haben damals Daemon in diese Dimension verbannt“, murmelte Ken so leise, dass es nur Daisuke hören konnte. Sein Freund wandte sich zu ihm um. Die Sorge um Hikari war ihm ins Gesicht geschrieben. „Wir haben das Portal gemeinsam geöffnet“, sprach Daisuke weiter und blickte ihm tief in die Augen. Ein unangenehmes Gefühl erfüllte sein Inneres. Er ahnte, was sein Freund als nächstes fragen würde. „Denkst du, du schaffst das noch einmal?“ Für einen Moment wurde vor Kens Augen alles dunkel. Hatte er noch genug Dunkelheit in sich, um ein Portal zu öffnen? Er wusste es nicht. Der Dark Ocean hatte allerdings noch immer eine Verbindung zu ihm, sonst hätte er es nicht gespürt, als die Dimension sich geöffnet hatte. Ken wurde übel. Er entfernte sich ein Stück von den anderen und erbrach sich in einen Busch. Wormmon blieb an seiner Seite, um ihn zu trösten. Eine Hand fuhr sanft über seinen Rücken und er fühlte wohlige Wärme in sich aufsteigen. Daisuke war ihm nachgeeilt. „Tut mir leid. Ich hätte dich das nicht fragen dürfen.“ „Schon gut“, antwortete Ken und wischte sich über den Mund. „Wir sollten alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Wenn ich mich meiner Angst schon einmal stellen konnte, warum sollte es nicht noch einmal klappen? Ich bin jetzt stärker als damals.“ Trotzdem zitterten seine Hände als er das sagte. Daisuke griff nach ihnen und drückte sie. „Wir sind für dich da, wir alle. Und ich lasse niemals zu, dass die Dunkelheit dich verschlingt. Hast du das verstanden?!“ Ken sah in Daisukes Augen, die direkt vor ihm waren. Sein Herz raste nicht mehr aus Angst vor der Dunkelheit, sondern vielmehr aus einem anderen Grund. In Daisukes Nähe hatte er dieses unbekannte Gefühl in letzter Zeit immer wieder. „J-ja“, stotterte er als Antwort und atmete einmal tief durch. Sein Freund ging einen Schritt zurück und Ken blickte zurück zum Strand, an dem sich alle ein wenig zurückgezogen hatten. „Takeru-kun war ziemlich aufgebracht. Hikari-chan muss ihm viel bedeuten“, dachte Ken laut. Daisuke drehte sich ebenfalls zum Strand. Ihr Freund verschwand mit seinem Digipartner auf der Schulter alleine in Richtung der Felsen. „Ich glaube …“, begann Daisuke und ließ sich auf den Boden fallen, „die beiden sind ein bisschen wie du und ich. Nur dass sie sich schon viel länger kennen.“ - Takeru - Nach diesem emotionalen Gespräch mit Taichi brauchte Takeru erstmal einen Moment für sich. Den einzigen, den er gerade um sich herum ertrug, war Patamon. Während sein Digipartner nehmen ihm entlang flog, kletterte Takeru ein paar Felsen hinauf. Auf einem grasbewachsenen Vorsprung setzte er sich an die Kante und blickte aufs Meer hinaus. Patamon setzte sich auf seinen Schoß und legte die Flügel an seinem Körper an. Takeru seufzte schwermütig. Er hätte irgendetwas tun müssen, zu Hikari laufen, ihr folgen. Schließlich hatte er es schon einmal geschafft, sie aus dieser Dimension zurückzuholen. Patamons Flügel zuckten leicht. Es hob seinen Kopf und sah zu seinem Partner auf. „Takeru, da kommt jemand.“ Der Digiritter raufte sich genervt die Haare. Bestimmt kam sein Bruder, um ihm eine Standpauke zu halten, dass er sich zusammenreißen und bedacht handeln sollte. „Takeru-kun?“ Überrascht drehte Takeru sich zu Ken um, der mit seinem Digipartner auf der Schulter an der Felswand stand. Mit ihm hatte er nicht gerechnet. „Was machst du denn hier, Ken?“ „Ich …“, begann er und schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich habe mitbekommen, wie wütend du wegen Hikari-chan bist.“ Takeru lächelte bitter. Wütend war das richtige Wort. „Als das passiert ist, war ich mit Daisuke weiter oben auf den Klippen. Ich hatte auf einmal dieses eiskalte Gefühl und dann habe ich eine Stimme gehört.“ Eine Stimme gehört? Laut Taichi hatte auch jemand mit Hikari gesprochen. Ob es die gleiche Person gewesen war? „Was hat die Stimme gesagt?“, fragte Takeru mit pochendem Herzen. „Der Herrscher des dunklen Meeres hat sie zu sich gerufen … Er hat ihr versprochen, dass euch … uns nichts geschehen würde, wenn sie zu ihm kommt.“ Takeru ballte seine Hände zu Fäusten. „Sie soll seine Königin werden.“ Zuerst verschlug ihm diese Aussage die Sprache. Wie sollte das funktionieren? Das war vollkommener Irrsinn. Hikari hatte kein Interesse daran, eine Königin zu werden oder zu herrschen – vor allem nicht über die Finsternis. Was sie aber immer tun würde, war sich selbst für ihre Freunde aufzuopfern. „Hast du das noch jemandem erzählt?“, fragte Takeru und musste sich zusammenreißen, nicht aufzuspringen. Er wusste, wie Taichi sich fühlte. Am liebsten wäre er selbst sofort losgeeilt, aber sie konnten die Gefahr nicht abschätzen. Ken schüttelte den Kopf. „Warum sagst du es mir?“ „Weil ihr euch immer umeinander gekümmert habt. So wie Daisuke sich immer um mich kümmert, wenn es mir schlecht geht.“ Ein warmes Lächeln lag auf seinen Lippen. Takeru war dankbar, dass Ken diese Information mit ihm teilte. „Sie ist … mehr als eine gute Freundin für mich, weißt du“, gestand Takeru und blickte wieder aufs Meer. „Ich wollte es ihr sagen, hier in den Ferien. Weil ich viel zu lange gebraucht habe, um es zu verstehen. Und jetzt ist sie weg und ich weiß nicht, wie ich sie finden soll.“ „Takeru …“ Patamon schmiegte sich an seine Brust und er streichelte sanft über seinen Rücken. „Ich hätte eine Idee, aber ich weiß nicht, ob es klappt …“ Ken weihte Takeru in das Gespräch mit Daisuke ein, in seinen Vorschlag, ein Tor zum Dark Ocean zu öffnen. „Würdest du das wirklich tun?“, fragte Takeru und stand von der Kante auf. Ken sah erst zu Wormmon und dann wieder zu ihm. „Wir sollten es zumindest versuchen.“ „Dann sollten wir es den anderen sagen.“ Ken drehte sich um, damit er vorausgehen konnte. „Hey Ken?“ Takeru hielt ihn noch für einen Moment zurück. „Wenn es jemanden gibt, der dir viel bedeutet, solltest du es ihm sagen. Egal wie viel Angst du davor hast. Wenn du die Chance verpasst und die Person verschwindet, wirst du es bereuen.“ Natürlich sprach er dabei von sich selbst, doch er wollte es auch anderen mit auf den Weg geben. Ken sah ihn lange an und dachte scheinbar über seine Worte nach. „Ich verstehe, was du meinst“, antwortete er, ehe sie gemeinsam in Richtung Strand aufbrachen. Kapitel 3: ----------- - Taichi - Obwohl er noch immer am liebsten sofort losgezogen wäre, um Hikari zu finden, blieb Taichi am Strand und starrte das Meer an. Iori und Joe suchten mit ihren Digipartnern das Meer nach Hinweisen ab und auch Koushirou versuchte über seinen Laptop eine Verbindung zum Dark Ocean herzustellen, doch Taichi konnte nichts tun. Er saß im Sand, die Ellbogen auf seine Knie gestützt, mit Agumon an seiner Seite. In einer Hand hielt er ein Eis, das er jedoch nicht aß. „Taichi, dein Eis tropft in den Sand“, sagte Agumon mit dem übriggebliebenen Holzstiel seines eigenen Eises zwischen den spitzen Zähnen. Daraufhin hob der Digiritter seine Hand und bot seinem Partner den flüssigen Rest des Wassereises an. Mit einem Happen verschlang der Dino es. „Hikari-chan geht es bestimmt gut“, sagte Agumon frei heraus, „Sie ist stark geworden in den letzten Jahren.“ Taichi biss die Zähne zusammen. „Trotzdem kann ich sie nicht einfach in dieser Welt zurücklassen.“ Die Dunkelheit hatte sie schon immer ins Visier genommen. Agumon sah seinen Freund besorgt an. Hinter den beiden kam Piyomon angeflogen und verkündete, dass es etwas Richtiges zu essen gab. „Geh schon mal vor, ich komme gleich“, antwortete Taichi. Agumon folgte dem pinken Vogel-Digimon, wenn auch etwas widerwillig. Wie lange war Hikari schon weg? Eine Stunde oder zwei? Für Taichi fühlte es sich an wie eine Ewigkeit. Taichi hörte ein Rascheln und ein leises Schmatzen hinter sich, ehe Daisuke sich neben ihn in den Sand fallen ließ. In einer Hand hielt er ein angebissenes, in der anderen ein frisches Sandwich. „Du solltest was essen. Und sag mir nicht, du hast keinen Hunger. Wenn du kämpfen willst, brauchst du Energie.“ Verwundert blickte Taichi zu dem jüngeren, der ihm plötzlich so viel erwachsener vorkam als er selbst. Nicht nur Daisuke, auch Takeru hatte sich vorhin so verhalten. Taichi wurde einmal mehr bewusst, dass sie alle älter und stärker geworden waren. Agumons Worte hallten in seinem Kopf wider. Gedankenverloren biss er die Ecke von dem Sandwich ab, das Daisuke ihm gebracht hatte. „Oh! Ich dachte das dauert länger“, zog ihn sein Freund und Fußballkollege auf. Taichi kaute langsam, nahm gleich noch einen weiteren Bissen, um seine Antwort hinauszuzögern. „Ich bin mir sicher, wir finden eine Lösung, um Hikari zurückzuholen.“ Eins musste er Daisuke lassen: Sein endloser Optimismus war unerschütterlich. „Tut mir leid, dass ich Ken so angegangen bin“, murmelte Taichi, bevor er einen weiteren Bissen von dem Sandwich nahm. Er war losgestürmt wie ein Wilder, während die anderen versuchten, mit kühlem Kopf an die Sache heranzugehen. „Es ist blöd gelaufen. Diese Dark Ocean Sache belastet ihn auch jetzt noch …“, begann Daisuke zu erzählen. Und dann erwähnte er Kens verstorbenen Bruder, woraufhin Taichi ein schlechtes Gewissen bekam. „Das wusste ich nicht.“ „Jetzt weiß du es. Aber ich denke, er kommt damit klar. Und selbst wenn nicht, dann bin ich in seiner Nähe“, grinste Daisuke und stand auf. Er klopfte sich den Sand von der Hose und ließ seinen Blick schweifen. „Du bist ein guter Freund, Daisuke.“ „Und du bist ein guter Bruder.“ Taichi lachte kurz, denn diese Aussage widersprach seinen eigenen Gedanken. „Wills du noch ein Sandwich? Die waren echt gut.“ „Hikari hat sie gemacht“, murmelte der ältere, schüttelte die Erinnerung, wie sie in der Küche stand, aber schnell wieder ab. „Ja, ich nehme noch eins.“ - Miyako - Während die Jungs ihren Unmut mit Gebrüll ausmachten, waren Miyako und Mimi mit Sora zusammen in die Küche gegangen. Sora servierte das Essen, damit alle sich ein wenig ablenken konnten. Vor allem ihre Digimon entspannten sich dabei am besten. Mimi nahm sich eine Limo aus dem Kühlschrank und setzte sich an den Tresen. Miyako hingegen tigerte auf und ab, kaute nachdenklich an ihrem Daumennagel und mache sich Vorwürfe, dass sie nicht am Strand gewesen waren. Vielleicht hätte sie Hikari aufhalten können, vielleicht hätte sie gemerkt, dass etwas nicht stimmte. „Miyako, setz dich“, bat Mimi und deutete auf den Hocker neben ihr. Doch sie setzte sich nicht. „Wie kannst du nur so ruhig bleiben?!“ Stattdessen gestikulierte sie wild mit den Händen. „Wenn wir hier gewesen wären, dann hätten wir vielleicht etwas tun können! Beim letzten Mal, als sowas passiert ist, habe ich sie geohrfeigt. Vielleicht hätte das geholfen!“ Mimi rutschte von ihrem Hocker und nahm Miyakos Gesicht in beide Hände. Tränen sammelten sich in den Augen ihrer Freundin. „Das weißt du nicht mit Sicherheit. Es hätte vieles passieren können, aber nichts davon ist deine Schuld“, sprach die ältere mit fester Stimme. „Hast du versanden?“ Mit den Daumen streichelte sie sanft über die Wangen ihrer Freundin. „Aber …“, schluchzte Miyako. „Nein, kein Aber.“ Anstatt weiter auf sie einzureden, drückte sie ihre Lippen auf Miyakos. Das nahm ihr immer den Wind aus den Segeln, wenn sie hysterisch wurde. Mittlerweile waren die beiden jungen Frauen seit knapp einem Jahr ein Paar, also wusste Mimi genau, was sie tun musste. Als das ganze Spektakel am Strand passiert war, hatten sie sich im Dschungel verzogen und etwas Zeit zu zweit verbracht, bis die plötzliche Dunkelheit sie überraschte. Ganz auf den Kuss fokussiert, entspannte Miyako sich langsam. Ihre Hände rutschten auf Mimis schmale Hüfte und die Tränen versiegten. „Alles wieder in Ordnung?“ Miyako nickte und setzte sich an die Theke. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass Sora die Küche verlassen hatte. Für jede von ihnen hatte sie jedoch ein Sandwich und einen Müsliriegel auf dem Tresen drapiert. „Denkst du, Taichi ist noch immer wütend?“, fragte Miyako und biss von dem Müsliriegel ab. „Ich denke, er macht sich Sorgen, so wie du, aber er scheint sich gefangen zu haben.“ Mimi deutete auf das Fenster, von dem aus sie Taichi und Daisuke auf einer der Campingbänke sehen konnten. „Danke, dass du mich beruhigt hast“, murmelte die jüngere und fummelte an der Limodose rum, die Mimi ihr zugeschoben hatte. „Dafür musst du dich doch nicht bedanken, Dummerchen“, lachte Mimi und stupste ihrer Freundin mit dem Zeigefinger gegen die Nasenspitze. Von Draußen war Tumult zu hören. Takeru rief sie alle zusammen, da er scheinbar einen Plan hatte, wie sie Hikari finden konnten. Also trat das Pärchen nach draußen, um sich dem Gespräch anzuschließen. - Daisuke - Als Ken hinter Takeru zu ihrer kleinen Gruppe aufschloss, runzelte Daisuke seine Stirn. Dass die beiden einen Plan hatten, musste bedeuten, dass Ken ihm von dem Portal erzählt hatte. Taichi hatte sich eigentlich gerade erst beruhigt, aber natürlich wurde auch er bei der Aussicht auf einen Weg, Hikari zu retten, hellhörig. Obwohl Daisuke den Drang verspürte, sich sofort neben Ken zu stellen, ihn zu unterstützen und zur Not auch zu verteidigen, zwang er sich, neben Taichi sitzen zu bleiben. Takeru erklärte den Plan, während Ken nur schweigend daneben stand. „Über das D-3 von Ken können wir versuchen, Kontakt zu dieser anderen Dimension aufzunehmen und ein Portal zu öffnen. Allerdings wissen wir nicht, wie lange wir es aufrecht halten können.“ „Beim letzten Mal mussten wir das Portal zu sechst aufrecht halten“, warf Miyako ein, „Damals war auch Hikari noch mit dabei.“ Takeru und Taichi machten ihren Standpunkt deutlich, dass sie als erste durch das Portal gehen würden und mussten – das war den Anwesenden aber auch schon vorher klar gewesen. Auch Yamato und Sora schlossen sich an. „Ich bleibe bei Miyako, egal wo sie hingeht“, entschied Mimi. Iori versuchte seine zitternden Hände unter dem Tisch zu verstecken, so schien er sich diesen Urlaub nicht vorgestellt zu haben. Auch Joe schien sich unsicher zu sein, wie er darauf reagieren sollte. Koushirou hingegen wollte ihnen den Rücken freihalten und einen Weg zurück suchen. Ihre Blicke ruhten schließlich auf Daisuke und Ken. „Ich gebe Ken Rückendeckung“, entschied der Digiritter. Wenn Ken das Portal öffnete, konnte er nicht mitkommen und ohne ihn konnte XV-mon nicht zu Paildramon digitieren. Es gab keine Diskussionen zu den Entscheidungen. Daisuke trat neben Ken und stieß ihn mit der Schulter an. „Du bist echt mutig“, murmelte er leise. „Das muss von dir abgefärbt sein“, antwortete Ken und schmunzelte. „Außerdem hast du gesagt, dass du nicht zulässt, dass die Dunkelheit mich verschlingt.“ Ken hob seine Hand, an der er den kleinen Finger ausstreckte, „Versprochen?“ Ohne zu zögern hakte Daisuke seinen kleinen Finger ein. „Versprochen!“ Die Digiritter versammelten sich am Strand. Alle, die auf die andere Seite wollten, ließen ihre Digimon auf das Adult-Level digitieren. „Bereit?“, fragte Takeru von seinem Angemon aus und sah zu Daisuke. Scheinbar wusste er, wer die treibende Kraft hinter dieser Idee war. Sein Herz schlug schneller als er zu Ken blickte. Sein bester Freund hielt sein schwarzes D-3 fest umklammert. Daisuke legte seine Hand auf Kens. „Zusammen schaffen wir das“, flüsterte er. Als Ken seinen Arm hob, stützten auch die anderen Digiritter ihn. Ein lilafarbener Funke trat aus dem D-3 und sollte das Portal öffnen. Kapitel 4: ----------- - Ken – Meeresrauschen drang an seine Ohren, laut und wild. Er sah eine Welle auf sich zurasen, die nicht von dem Meer direkt vor ihnen stammte. Ken schloss seine Augen, versuchte sich den Dark Ocean und die Finsternis vorzustellen – die Wand zum Hier und Jetzt einzureißen. „Tu es nicht“, flüsterte eine Stimme in sein Ohr. Er riss die Augen auf. Sein D-3 leuchtete weiter auf, doch das Licht begann zu flackern. Hatte er etwa nicht mehr genug Dunkelheit in sich? Bei dem Gedanken kribbelte es wie auf einen Befehl in seinem Nacken. Er musste sich einfach nur an diese Erinnerung klammern. Der Dark Ocean, das Digivice seines Bruders, das zu seinem schwarzen D-3 wurde. Die Erinnerung schnürte ihm die Luft ab. „Tu es nicht, Ken.“ „Hikari-chan?“, flüsterte der Digiritter leise. Am Himmel hatte sich eine dunkle Wolke gebildet, die nur ein verzerrtes Bild zeigte. Eine Welt vollkommen in Grau gehüllt, ein großer Schatten oder ein feuriger Sturm? Ein schriller Schrei ertöne. Takeru wies Angemon an, näher an die Wolke zu fliegen. „Fla ~ me ~ He ~ ll ~ scyt ~ he!“ Es rauschte und dann hörten sie einen qualvollen Schrei. Ken ließ sein D-3 in den Sand fallen, ehe seine Knie nachgaben und er ebenfalls zu Boden ging. Die Wolke verschwand. Ken hörte Takeru und Taichi noch nach Hikari rufen, ehe sie von seinem rasenden Herzschlag übertönt wurden. Seine sich verschwamm, doch er spürte wie man ihn schüttelte. Warum beruhigte sein Herz sich nicht? Kaltes Wasser wurde in sein Gesicht geschüttet und er schnappte eilig nach Luft. „Was tust du da Daisuke?!“, hörte er Wormmon aufgeregt rufen. Er hörte ihn, sah ihn an. „Worm … mon.“ „Ken-chan!“ Neben ihm fiel Daisuke in den Sand und stöhnte leicht. „Daisuke, ich habe noch einen Eimer!“ V-mon kam mit einem blauen Plastikeimer im Anschlag haltend angerannt. Dann stolperte es jedoch über einen Stein und schüttete das Wasser statt auf Ken auf seinen Partner. Daisuke spuckte das Wasser aus und wischte sich über sein Gesicht. Normalerweise hätten sie wohl alle gelacht, doch diesmal nicht. „Geht es wieder, Ken?“, fragte Miyako, die neben ihnen im Sand kniete und ihn besorgt musterte. Er griff sich in den Nacken und sah dabei zu seinem Digipartner. „J-ja, alles in Ordnung“, antwortete er leise. Als er aufsah und die anderen Digiritter vom Strand zurückkehrten, spürte er plötzlich einen Knoten in seinem Magen. Er hatte es nicht geschafft. Daisuke hievte sich auf die Beine und bot ihm seine Hand an. Wormmon kletterte auf seine Schulter, ehe Ken sich auf die Füße ziehen ließ. „Danke für den Versuch“, murmelte Takeru niedergeschlagen und legte eine Hand auf seine Schulter. Dann zog er an ihm vorbei. Am liebsten hätte Ken ihn aufgehalten, doch irgendwas in seinem Inneren hielt ihn davon ab. Als er sah, wie Yamato seinem Bruder folgte, entspannte er sich jedoch ein kleines bisschen. Taichi kam wenige Schritte vor ihnen zum Stehen, die Lippen zu einem schmalen Strich gepresst. „Tut mir leid, dass ich euch enttäuscht habe“, sagte Ken und senkte den Blick. Der ältere öffnete die Lippen, schien etwas sagen zu wollen, hielt sich aber selbst zurück. Stattdessen wandte er sich ab und verschwand mit hängenden Schultern in Richtung Klippen. Koushirou kam ebenfalls zu Ken und fragte, ob er sein D-3 untersuchen dürfte. Was auch immer sein Plan war, Ken hoffte, er würde funktionieren. - Takeru - Er hatte gewusst, dass der Plan scheitern könnte. Die Chance, dass Ken das Tor sieben Jahre später noch mal öffnen konnte, war einfach zu gering gewesen. Warum ging es ihm dann trotzdem so an die Substanz? Sie hatten etwas sehen, etwas hören können. Ein Schrei, einen Kampf vielleicht? „Takeru!“ Patamon flatterte hinter seinem Partner her, während dieser durch den Dschungel stürmte. Er hatte kein Ziel, wollte bloß Abstand. „Takeru, warte!“ Der Digiritter blieb so abrupt stehen, dass Patamon an seinem Rücken abprallte und quietschte. Takeru drehte sich um. „Tut mir leid, Patamon“, murmelte er. Als er weitergehen wollte, blieb sein Fuß in einer Wurzel stecken. Mit einem kurzen Aufschrei knallte der Digiritter auf den Boden. Aus seiner Tasche purzelte eine kleine Schachtel und landete genau vor seinem Gesicht. „Hast du dir wehgetan, Takeru?“, fragte Patamon besorgt und landete neben seinem Partner. Wie betäubt blieb Takeru einen Moment liegen. „Alles okay“, murmelte er und hievte sich hoch. Mit dem Rücken lehnte er sich an eine der Palmen und betrachtete die kleine Box in seiner Hand. Patamon stützte seine Pfoten auf den Oberschenkel seines Freundes und schnupperte an der Schachtel. „Das ist das Geschenk für Hikari-chan, oder?“, fragte es neugierig und kletterte auf Takerus Schoß. „Ja“, antwortete er gedankenverloren. Er hatte es eingesteckt, in der Hoffnung, seine Freundin so aus der Welt der Dunkelheit zu retten. Takeru öffnete den Deckel und blickte auf das Armband, an dem drei kleine Anhänger mit filigranen Ringen befestigt waren. Eine Kamera, ein Katzengesicht und ein Engelsflügel. „Ich bin sicher, es wird ihr gefallen. Du musst es ihr unbedingt geben, wenn wir sie finden.“ Patamons Optimismus und die kindliche Freude in seinen Augen ließen Takeru traurig lächeln. Wenn sie sie fanden. „Patamon hat Recht“, sagte Yamato, der zwischen den Palmen hervortrat. Nicht weit hinter ihm kam auch Gabumon zum Vorschein. „Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Wir finden schon einen Weg.“ Sein älterer Bruder setzte sich ihm gegenüber auf den Boden. Aus der Hosentasche zog er seine Mundharmonika. „Soll ich euch etwas vorspielen?“ Patamon und Gabumon waren begeistert, sodass Takeru ihnen diesen Wunsch nicht abschlagen konnte. Der Jüngere lauschte der Melodie und spürte, wie seine Gedanken langsam zur Ruhe kamen. Er war der Besitzer des Wappens der Hoffnung, sein Partner ein Engel und Beschützer. So einfach durfte er den Gedanken, Hikari zu finden, nicht aufgeben. Er wollte ihr unbedingt dieses Armband geben, ihr sagen, was er empfand. Takeru schloss seine Augen, sah ihr Lächeln, hörte ihre Stimme. Daran musste er festhalten. Yamato setzte das Instrument ab. „Bist du bereit, zurückzugehen?“ Takeru erhob sich vom Boden und nickte. „Danke.“ Sie gingen zum Strand zurück, an dem sich ihre anderen Freunde aufgeteilt hatten. Takeru entdeckte Koushirou, der mit dem D-3 von Ken vor seinem Laptop saß und wie wild tippte. „Was machst du da?“, wollte Takeru wissen. „Ich versuche mit Hilfe von Kens D-3 einen Weg zum Dark Ocean zu öffnen.“ Genau in diesem Moment flammte neue Hoffnung in Takerus Herzen auf. - Daisuke - An diesem Tag unternahmen die Digiritter keinen zweiten Versuch, das Portal zum Dark Ocean zu öffnen. Am Abend saßen sie alle gemeinsam am Lagerfeuer, doch die Stimmung war weiterhin gedrückt. In der Nacht lag Daisuke in seinem Bett und starrte an die Decke. V-mon schnarchte neben ihm. Iori und Armadimon lagen auf dem Etagenbett auf der anderen Seite der Wand und Ken und Wormmon lagen unter ihm. Takeru war noch nicht mit seinem Digipartner zu ihnen gestoßen. Was auch immer Takeru und Koushirou gerade ausheckten, Daisuke war froh, dass er Ken keinen Vorwurf machte wegen des gescheiterten Versuchs zum Dark Ocean zu gelangen. Was auch immer in dieser Dimension vorging, es hatte beunruhigend gewirkt, nicht nur auf Taichi und Takeru. Auf der Matratze unter seiner hörte Daisuke, wie Ken sich wand. Der Tag war der anstrengendste seit Langem gewesen und es hatte ihn nicht überrascht, dass sein bester Freund schon am Abend angekündigt hatte, früh schlafen zu gehen. Erst waren leise Schritte und dann das Öffnen und Schließen der Tür zu hören. Vielleicht brauchte Ken etwas frische Luft, vielleicht hatte er schlecht geschlafen, vielleicht musste er auch einfach nur ein bisschen alleine sein. Daisuke schaffte es ganze fünf Minuten liegen zu bleiben, ehe er leise von dem Etagenbett kletterte und auf Zehenspitzen zur Tür schlich. Zumindest Iori und die Digimon im Zimmer sollten etwas Schlaf bekommen. Die Nachtluft war kühl und trug einen salzigen Geruch in seine Nase. Daisuke sah sich um, hielt Ausschau nach Ken. Wohin er wohl gegangen war? Ans Meer oder an die Klippen? In den anderen Häusern war es dunkel, nur in der Küche brannte noch Licht. Ob Ken einfach nur Hunger bekommen hatte? Er konnte ja mal nachschauen. Durch das Fenster blickte er auf den Tresen, auf dem ein Laptop und zwei Gläser standen. In der hinteren Ecke lag Takeru auf einer Bank und schien zu schlafen. Koushirou kam, dicht gefolgt von Miyako, aus einem Nebenraum und trottete zu seinem Rechner. Es sah nicht so aus, als wäre Ken bei ihnen, also zog Daisuke weiter. Dass sein bester Freund am Meer war, konnte der Digiritter sich nicht vorstellen, dafür waren die Erinnerungen an den Dark Ocean gerade viel zu frisch. Andererseits zog es ihn möglicherweise genau deshalb dorthin. Daisuke konnte sich nicht entscheiden, wohin er gehen sollte. Erst drehte er sich gedanklich im Kreis und dann physisch. Kaum, dass er den nächsten Schritt machen wollte, prallte er gegen jemanden. Eine Hand griff nach seinem Arm, sodass er nicht nach hinten kippte. Im ersten Moment hatte er mit Taichi gerechnet, der rastlos durch die Gegend lief und wahrscheinlich auch keinen Schlaf fand, doch es war Ken. Damit hatte seine Suche gleichzeitig auch ein Ende. „Was machst du denn hier draußen, Daisuke?“, fragte sein bester Freund. „Ich eh … na ja … weiß du …“, druckste er nervös herum. Er wollte nicht, dass Ken sich bemuttert oder unter Beobachtung gestellt fühlte. Anlügen wollte er ihn aber auch nicht. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“ Im Schutz der Dunkelheit konnte Ken den roten Schimmern in seinem Gesicht hoffentlich nicht sehen, doch die Hitze in seinen Wangen spürte Daisuke ganz klar und deutlich. „Mir geht es gut“, erwiderte Ken gefasst und ließ seinen Arm los. Bevor eine peinliche Pause eintreten konnte, antwortete Daisuke: „Okay. Ich glaube dir.“ Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass ihn etwas beschäftigte. Er trat auf der Stelle und schob seine Hände in die Hosentaschen. Wenn Ken bereit war, würde er mit ihm reden, das wusste Daisuke. „Wollen wir ein Stück laufen?“, fragte der Digiritter und deutete auf die Felsen, die vom Mond angestrahlt wurden. Ken nickte und die beiden entfernten sich von den kleinen Holzhütten. „Ich glaube Takeru, Koushirou und Miyako tüfteln irgendwas aus. Die sind schon den ganzen Abend in der Küche“, plauderte Daisuke einfach drauf los. Ken gab ein zustimmendes Geräusch von sich. „Sie versuchen über mein D-3 ein Portal zu öffnen.“ Er klang betrübt. „Aber du glaubst nicht, dass es klappt?“ „Es ist nur…“, begann sein Freund und knetete seine Finger. „Ich habe das Gefühl, Hikari-chan hat versucht uns aufzuhalten. Jemand hat mit mir gesprochen, ich glaube sie war das. Sie hat gesagt, wir sollen es nicht tun.“ Daisuke trat ein Stück Holz davon. Früher hätte Hikari nichts im Alleingang gemacht, doch es passte auch zu der Geschichte von Taichi. „Würdest du nicht das gleiche sagen, wenn du an ihrer Stelle wärst, um niemanden zu verletzen?“ Ken sah ihn lange an und wandte dann den Blick ab. Das war Antwort genug. Er ließ sich rücklinks in den Sand fallen und Daisuke tat es ihm gleich. „Ich glaube nicht, dass Takeru-kun jemals aufhören würde, nach ihr zu suchen“, erzählte Ken mit einem sanften Lächeln im Gesicht. Daisuke sah ihn fragend an. „Er hat mir gesagt, dass man jemandem, der einem wichtig ist, sagen sollte was man empfindet. Es könnte jeden Moment zu spät sein.“ Dass Takeru diese Art von Gefühlen für Hikari empfand, vermutete Daisuke eigentlich schon eine Weile. Es war nur eine Frage der Zeit, wann es aus ihm herausbrach. „Ja … ich denke, er hat recht“, antwortete Daisuke und lehnte sich zurück, stützte sein Gewicht dabei auf seine Ellbogen. „Wir sollten nichts bereuen müssen.“ Ken drehte seinen Kopf zu ihm. „Gibt es denn etwas, das du bereuen würdest?“ Daisukes Herz machte einen Purzelbaum. Seine Hände wurden feucht und er kaute auf seiner Unterlippe herum. „Wenn ich ehrlich sein soll …“ Wenn Takeru das konnte, dann würde Daisuke es auch hinbekommen. Er hatte doch das Digiarmorei des Mutes geerbt. Ken sah ihn neugierig an, das verunsicherte ihn jedoch. Sein Herz klopfte noch schneller, aber er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen, also setzte er sich wieder auf. „Du musst es mir nicht verraten, wenn es dir zu persönlich ist“, sage Ken leise. „Doch! Doch ich muss dir etwas sagen!“ Jetzt oder nie. „Ich bin in dich verliebt, Ken!“ Daisuke traute sich kaum, seinen besten Freund anzusehen. Sein Herz sprang ihm beinahe aus der Brust. Wenn Ken von der Finsternis entführt worden wäre, dann würde Daisuke genau das bereuen – ihm nicht gesagt zu haben, was er empfand. Doch jetzt drängte er ihn in eine unangenehme Lage, denn darauf gab es nur zwei Antworten. „W-was hast du gesagt?“, murmelte Ken und sah ihn mit großen Augen an. „S-seit wann?“ „Seit einer Weile? Ich weiß es nicht genau … aber wenn das unser letzter gemeinsamer Abend wäre, würde ich dir das sagen wollen.“ Daisukes Mund fühlte sich merkwürdig trocken an, seine Wangen glühten. Sonst hatte Ken nichts dazu zu sagen? Vielleicht hatte er ihn überrumpelt. „Tut mir leid. Das klang wohl ziemlich dramatisch.“ Er ließ sich auf den Rücken fallen und blickte in die funkelnden Sterne der digitalen Welt. Alles andere war gerade viel zu schwer für ihn. Am liebsten würde er einfach im Sand versinken. Innerlich betete er, dass Ken etwas, irgendetwas sagte. „Das ist das erste Mal, dass das jemand zu mir sagt“, murmelte Ken. Dadurch fühlte sich Daisuke jedoch nicht sicherer. Plötzlich blieben ihm alle Worte im Hals stecken. Mit einer Hand fasst er sich an die Brust. Sein Herz zog sich leicht zusammen. Ken hatte ihm nicht einmal eine Abfuhr erteilt. Vielleicht fiel es ihm deshalb so schwer, seinen Körper zu bewegen, zu atmen und zu existieren. „Daisuke …“ „Hör zu Ken, du musst dich zu nichts verpflichtet fühlen. Ich hätte dich heute nicht damit überrumpeln sollen, der Tag war schon schlimm genug. Aber du sollst wissen, dass ich immer für dich da bin, okay?“ Irgendwie schaffte Daisuke es, sich zu seinem Freund zu drehen, der plötzlich dicht neben ihm lag. „K-ken?“ Er sah direkt in seine Augen. Seine Haare fielen ihm ins Gesicht. „Darf ich dich küssen?“ Daisuke sog scharf die Luft ein. Träumte er das gerade? „W-wovon redest du?“ „Davon, ob es okay wäre, wenn ich dich küsse.“ „Sowas fragt man doch ni-“ Daisuke kam gar nicht dazu, seinen Satz zu beenden, da hatte Ken seine Lippen schon auf seinen Mund gepresst. Er war etwas unbeholfen, vorsichtig. Sie lösten sich voneinander, Daisuke starrte ihn an. „War das dein erster Kuss?“, fragte er mit funkelnden Augen. „Hat man das gemerkt?“ „Ein bisschen vielleicht … Ich meine nein! Ich wollte nur wissen, ob ich dir den ersten Kuss gestohlen habe.“ Und er ließ es sich nicht nehmen, sich einen weiteren zu stehlen. Kapitel 5: ----------- - Takeru – Das Rauschen des Meeres erfüllte Takerus Ohren und ließ ihn seine schweren Augenlider öffnen. Die Sonne blendete ihn und er stöhnte leise, als er die Augen sofort wieder zukniff. Ein Kichern drang in seine Ohren, ehe eine zarte Hand durch sein strohblondes Haar strich. Als er aufblickte, sah er die hellbraunen Augen von Hikari. Er lag mit dem Kopf in ihrem Schoß. Gemeinsam lagen sie auf einer großen Decke am Strand. „Hattest du einen schlechten Traum? Du warst so unruhig“, sagte sie besorgt. Takeru blinzelte ein paar Mal, dann setzte er sich auf. „Du bist hier“, flüsterte er und griff nach einer losen Haarsträhne, die er hinter ihr Ohr klemmte. „Natürlich“, antwortete Hikari und lehnte ihre Wange in seine Handfläche. Mit der anderen Hand streichelte sie über seinen Wangenknochen bis zu seinem Kinn. Die Schmetterlinge in seinem Bauch überschlugen sich vor Freude. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und zog sie näher an sich heran, lehnte seine Stirn an ihre. „Takeru“, murmelte sie nervös. Er sah, wie sie rot wurde und räusperte sich leicht. Die Sehnsucht hatte ihn gepackt. Und dass sie da war, dass er sie berühren, sie riechen und ihre nahe sein konnte. Am liebsten hätte er sie auf der Stelle geküsst und in seine Arme gezogen. Er würde sie nie wieder loslassen. „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir, Takeru?“ „Ja. Alles okay.“ Eine Brise trug den salzigen Meeresduft zu ihnen herüber. Takeru warf einen Blick über seine Schulter. Das Meer war blau und wurde in sanften Wellen ans Ufer gespült. Erst in diesem Moment merkte er, wie ruhig es doch an diesem Ort war. „Wo sind denn alle?“, fragte er unsicher. Niemand spielte Fußball oder Gitarre, keins ihrer Digimon verlangte lauthals nach Süßigkeiten oder Eis. „Hier ist niemand. Nur du und ich.“ Die Schmetterlinge in seinem Bauch wurden schwer. Hikari begann zu flackern. „Nein!“ Takeru griff nach ihrer Hand. „Geh nicht.“ Sie lächelte und sah wunderschön aus. „Mach dir keine Sorgen. Dort wo Licht ist, ist auch immer Finsternis.“ Sie verschränkte ihre Finger mit seinen. „Und dort wo Licht ist, gibt es Hoffnung.“ Er drückte ihre Hand, wollte sich verzweifelt an sie klammern, wollte die Zeit nutzen. „Ich lasse dich nicht alleine Hikari“, flüsterte er verzweifelt. „Ich weiß. Aber nur ich kann euch jetzt vor der Finsternis beschützen.“ Sie flackerte erneut, ihre Finger verblassten in seiner Hand. „Hikari…“ Langsam stand sie auf und ging in Richtung Meer. Er war vollkommen bewegungsunfähig. „Hikari!“ „Takeru. Du musst aufwachen.“ Er schlug die Augen erschrocken auf und blickte sich verwirrt um. Neben ihm stand Miyako, die ihn besorgt ansah. „Alles in Ordnung, Takeru? Es sah aus als ob du einen Albtraum hattest.“ Der Digiritter war noch immer vollkommen neben der Spur. Ein Traum? Hatte er das wirklich nur geträumt oder war ihm Hikaris Geist erschienen? „Vielleicht hättest du nicht auf der Bank schlafen sollen. Die sieht nicht sehr bequem aus.“ „Mir geht’s gut“, murmelte Takeru, während er sich mit einer Hand die Haare raufte. „Wo ist Koushirou? Habt ihr einen Weg zum Dark Ocean gefunden?!“ „Er schläft, Takeru. Koushirou ist auch nur ein Mensch, der mal eine Pause braucht. Aber wir arbeiten dran.“ Sein Digipartner landete auf seinem Schoß und sah ihn mit seinen großen, blauen Augen an. „Takeru, hör mal! Miyako hat gesagt, sie macht mit Mimi ‚Pancakes‘ zum Frühstück. Weißt du, was das ist?“ Obwohl Takeru dankbar für die Ablenkung war, lächelte er nur traurig. „Ja, das ist Teig, der in der Pfanne zu flachen Kuchen angebraten wird. Du kannst sie mit Sirup oder Obst essen.“ Das brachte die kleinen Äugelein noch mehr zum Strahlen. „Du könntest Miyako vielleicht beim Kochen helfen“, schlug Takeru vor und sah fragend zu der Gleichaltrigen. Sie nickte. In der Zwischenzeit zog er sich zurück, ohne dass Patamon sich Sorgen um ihn machen sollte. Eine Dusche würde ihm gut tun. - Miyako - Seit dem letzten Abend arbeiteten Miyako und Koushirou gemeinsam daran, über das D-3 von Ken ein Portal zum Dark Ocean zu öffnen. Takeru hatte unbedingt dabei sein wollen, allerdings kamen sie nicht so schnell voran, wie sie alle es sich wünschten. Das primäre Problem war auch, dass sie, selbst wenn sie einen Weg zum Dark Ocean fanden, auch irgendwie wieder zurückkommen mussten. Daran tüftelten die beiden gerade noch. Koushirou hatte die ganze Nacht durchgearbeitet, während Miyako sich zwischendurch für eine Weile zurückgezogen und geschlafen hatte. Mimi hatte nur geraunt, als sie sich bei Sonnenaufgang schon wieder aus dem Zimmer geschlichen hatte. Mit einem von Mimi genähten Sommerkleid war sie zurück in die Küche gegangen. In dem Moment war der ältere Digiritter ihr entgegen gekommen. Manchmal hatte Koushirou die Tendenz sich total in etwas herein zu steigern. Das bewies die Tiefe seiner Augenringe. Umso besser war es, dass er sich freiwillig in sein Bett begab. Dass auch Takeru lieber in der Küche als in seinem Zimmer geschlafen hatte, fand sie besorgniserregend, doch manchmal konnte auch er ein ziemlicher Sturkopf sein. Nachdem er verschwunden war, kümmerte Miyako sich um die Pancakes. Hawkmon, das sie seit dem frühen Morgen begleitete, und Patamon ernannte sie zu ihren Co-Köchen. Sie bereiteten alle Kochutensilien und Zutaten vor. Beim Abmessen passierte ihnen das eine oder andere Missgeschick, doch insgesamt war die Stimmung ausgelassen und entspannt. Während Miyako bereits in der zweiten Schüssel angestrengt den Teig für die Pancakes mit einem Schneebesen rührte, bemerkte sie gar nicht, wie jemand sich von hinten anschlich. Mimi legte ihr Kinn auf Miyakos nackte Schulter und schlang ihre Arme um ihre Taille. „Guten Morgen, Sonnenschein.“ Obwohl die Gedanken um Takeru und Hikari sie nicht losließen, schaffte Miyako es, bei dieser Begrüßung zu lächeln. „Warst du die ganze Nacht wach?“, fragte Mimi und lehnte sich an die Theke in ihrem Rücken. „Nein nicht die ganze. Zwischendurch bin ich zu dir gekommen und habe ein bisschen geschlafen.“ „Verstehe.“ Abermals suchte Mimi ihre Nähe. Mit ihren zarten Fingern massierte sie Miyakos verspannten Nacken, dann strich sie über ihre Oberarme, ihre Ellbogen und ihre Unterarme. Mit einer geschickten Bewegung nahm sie ihr den Schneebesen aus der Hand. „Lass mich das machen. Ruh dich noch ein bisschen aus.“ Miyako lächelte. Sie tauschte den Platz mit Mimi und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. - Ken - Die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages sowie Schritte und das Wühlen in einer Tasche ließen Ken am frühen Morgen langsam wach werden. Er öffnete müde und langsam seine Augen, sah nur wie ein blonder Haarschopf verwand. Die Nacht war lang und gleichzeitig kurz gewesen. Ken wusste nicht, wie lange Daisuke und er draußen im Sand gelegen und sich die Sterne angeschaut hatten. Doch er rief sich das Bild und die Erinnerungen wieder vor Augen. Wie sind mit verschränkten Fingern im Sand lagen, sich immer wieder küssten und dabei die Sterne beobachteten. Sie kannten sich schon eine ganze Weile, sie hatten ein enges Band geknüpft, das über eine tiefe Freundschaft hinausging. Trotzdem hatte Daisukes Geständnis, die Offenbarung seiner Gefühle, ihre Verbindung auf ein neues Level gehoben. Er selbst hatte viel zu große Angst gehabt, diesen Schritt zu wagen. Viel zu sehr hatte er sich vor der Zurückweisung gefürchtet, vor der Ungewissheit, dass er vielleicht einen guten Freund verlieren könnte. Als die beiden am Abend wieder in ihren Betten gelegen hatten, konnte Ken erst gar nicht einschlafen, weil sein Herz so schnell pochte. Diese Gefühle flammten wieder auf, als er richtig wach wurde. Daisuke lag über ihm auf dem Etagenbett und schlief noch tief und fest. Er ließ ihn noch eine Weile schlafen, während die anderen sich bereits auf den Weg in die Küche gemacht hatten, bis er ihn schließlich mit einem sanften Rütteln an seiner Schulter weckte. Daisuke drehte sich um, tastete mit seinem Arm nach V-mon, das nicht mehr da war. „Wo sind denn alle?“, murmelte Daisuke verschlafen und tat sich scheinbar schwer damit, seine Augen zu öffnen. „Es gibt Pancakes zum Frühstück. Die Digimon waren ganz aus dem Häuschen“, erklärte Ken schmunzelnd. „V-mon wollte dich wecken, aber ich habe ihm gesagt, es soll mit Wormmon schon mal losgehen. Iori und Takeru sind auch schon weg.“ Die beiden tauschten tiefe Blicke miteinander aus, bei denen Kens Puls glatt in die Höhe schoss. „Das heißt … wir sind gerade alleine?“, fragte Daisuke. Ken sah sich um und nickte. Innerhalb von wenigen Sekunden war Daisuke aus dem Bett gesprungen. Er griff mit beiden Händen nach Kens Gesicht und drückte seine Lippe sehnsüchtig auf Kens, welcher leise in den Kuss lachte. Letzte Nacht hatten sie beschlossen, das zwischen ihnen erstmal für sich zu behalten. Das bedeutete aber auch, dass die gemeinsamen Momente etwas rar sein würden, so lange sie mit ihren Freunden zusammen waren. Ken erwiderte den Kuss und griff nach dem Kragen von Daisukes T-Shirt. Er musste ihn festhalten, sich vergewissern, dass das alles real war. Daisuke drückte Ken sanft gegen die Holzwand. Er löste seine Lippen von Kens Mund vergrub seine Nase in dessen Halsbeuge. Eine Gänsehaut überzog Kens Arme, als sein Freund Küsse auf seinem Hals verteilte. Die Hitze stieg in seine Wangen als ihre Blicke sich wieder trafen. Dass auch Daisukes Wangen glühten, ließ sein Herz Freudensprünge machen. Er war vollkommen hingerissen von diesem Anblick. „Du solltest dich umziehen. Ich wette V-mon kommt jeden Moment zurück, um nach dir zu sehen.“ Daisuke seufzte, zog jedoch ohne zu zögern sein T-Shirt über den Kopf. Ken hielt für einen Moment die Luft an und musterte die Rückseite seines Freundes. Als Fußballspieler trainierte er regelmäßig. Sein muskulöser Rücken war Beweis genug dafür, ebenso wie der feste Bauch, über den er gerade den dunklen Stoff seines frischen Shirts rollte. Ken zwang sich, seinen Blick abzuwenden. Zum Glück schien Daisuke nichts davon zu bemerken. - Daisuke - Wie Ken schon vermutet hatte, lief V-mon ihnen entgegen als sie auf dem Weg zum Frühstück waren. „Da bist du ja endlich, Daisuke! Es gibt Pancakes! Komm schnell“, sagte sein Digipartner und drehte direkt wieder um. „Hey V-mon! Warte auf mich. Ich lasse nicht zu, dass du alles vor mir isst.“ Er hörte Ken hinter sich lachen und konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. Während sein Freund sich einen Platz suchte, holte er zwei Portionen für Ken und ihn. „Ich hoffe du hast Hunger, Miyako und Mimi legen sich echt ins Zeug“, sagte er als er die Teller vor ihnen abstellte. Mit Messer und Gabel bewaffnet, schaufelte Daisuke das Frühstück praktisch in sich hinein. Während die beiden am Tisch saßen, schweifte der Blick des Digiritters langsam über Kens Schulter. Takeru kam an den Strand, machte jedoch keine Anstalten, zu ihnen zu kommen. Stattdessen setzte er sich in den Sand und starrte den blauen Ozean an. Ein Blick zu V-mon und den anderen Digimon verriet ihm, dass Patamon bereits hier war. Daisuke wollte sich so oder so für den Rat bedanken, den Takeru Ken gegeben hatte. Ohne ihn wären die beiden wohl jetzt kein Paar. Kens Blick folgte seinem für einen Moment. „Ich bin gleich wieder da.“ Daisuke stand bereits auf, bevor sein Freund etwas sagen konnte. Und schon war er auf dem Weg zu dem gleichaltrigen Digiritter. „Hey, Takeru. Macht es dir etwas aus, wenn ich mich dazu setze?“ Takeru ließ sich Zeit mit einer Antwort, schien abzuwägen, ob er Gesellschaft wollte oder nicht, bot ihm dann aber einen Platz an. „Willst du gar nichts von den Pancakes? Die sind echt gut.“ „Später vielleicht …“, würgte Takeru das Thema einfach ab. Er sah müde und niedergeschlagen aus. Kein Wunder. Wenn Ken an Hikaris Stelle verschwunden wäre, dann würde Daisuke jetzt dort sitzen und grübeln, wie er ihn zurückbekam. „Wir finden Hikari. Wir alle“, sprach Daisuke zuversichtlich aus und sah selbst zum Meer. „Und dann kannst du ihr sagen, was du ihr schon die ganze Zeit sagen willst.“ Mit einem spitzbübischen Lächeln blickte er Takeru an. Wenn er sich nicht irrte, ertappe Daisuke seinen Freund das erste Mal, wie er seinem Blick verlegen auswich. „Ich habe sie schon mal von dort zurückgeholt“, murmelte er und blickte zurück aufs Meer. Daisuke stand auf und klopfte den Sand von seiner Hose. „Diesmal bist du nicht alleine.“ Er streckte Takeru erwartungsvoll seine Hand entgegen. Takeru schlug ein, ließ sich locker auf die Beine ziehen. „Ja, du hast recht.“ „Das habe ich doch immer“, lachte Daisuke ausgelassen, „Und jetzt probier‘ die Pancakes, bevor V-mon alles auffuttert.“ - Taichi - Nachts war es Taichi schwergefallen, überhaupt einzuschlafen. Hikaris Worte wollten ihm nicht aus dem Kopf gehen. Sie wollte sie alle beschützen, aber wovor? Was lauerte an diesem Ort? Was zog sie dorthin? Was veranlasste seine kleine Schwester dazu, zu denken, sie müsste das alleine durchstehen? Sie wusste doch, dass er immer für sie da war. Taichi war mit einem mulmigen Gefühl eingeschlafen und am nächsten Morgen wütend wieder aufgewacht. Er war nicht auf Hikari oder einen seiner Freunde wütend, sondern auf sich. Weil er keine Lösung hatte, weil er diesen Ort nicht kannte, weil ihm verdammt noch mal die Hände gebunden waren. Ohne festes Ziel war Taichi losgelaufen. Erstmal von den Häusern weg, ein Stück durch den Dschungel. Er sprang über Steine und Äste, rannte Steigungen hinauf und schien im Kreis zu laufen. Als er wieder am Strand war, rannte er weiter zu den Klippen. Er sprang von Vorsprung zu Vorsprung, kletterte ohne Sicherung und ohne Angst. Die ganze aufgestaute Energie musste raus. Am höchsten Punkt der Klippe blieb er stehen und sah wieder auf den Ozean. Bis gestern hatte er noch nie von diesem Dark Ocean gehört. Hikari hatte ihm nichts davon erzählt. Doch Ken, Miyako und die anderen, jüngeren Digiritter schienen mehr darüber zu wissen. Für einen Moment bildete Taichi sich ein, er würde jemanden – Hikari? – auf der Wasseroberfläche spazieren sehen. Kaum hatte er einmal geblinzelt, war sie wieder weg. Seufzend wandte er sich vom Meer ab. Der Anblick erinnerte ihn nur daran, wie seine Schwester und ihr Digimon verschwunden waren. Taichi kletterte die Klippen wieder herunter und machte sich auf den Rückweg. Es schmerzte ihn, seine Freunde zu sehen, die weitermachten, als wäre nichts geschehen. Für einen klitzekleinen Moment wünschte er sich, Hikari käme jeden Moment aus der Küche und winkte ihm grinsend zu. Doch egal wie lange er wartete, sie kam nicht, war nicht da. Als Taichi Ken und Takeru an einem Tisch entdeckte, steuerte er zielstrebig auf die beiden zu. Er setzte sich Ken gegenüber und sah ihn ernst an. „Kann ich dich etwas fragen, Ken?“ „Geht es um Hikari-chan?“, frage er zurück, woraufhin Taichi nickte. Neben Ken kletterte sein Digipartner auf die Bank. „Es geht um diesen Dark Ocean. Was ist das für ein Ort? Wie ist es dort?“ Takeru legte sein Besteck zur Seite und blickte kurz zu dem anderen Digiritter. Als würden sie wortlos kommunizieren. „Der Dark Ocean ist eine Dimension zwischen der Digiwelt und der realen Welt. Ich weiß nicht, wer ihn erschaffen hat und ich weiß auch nicht mehr, wie ich das erste Mal dorthin gekommen bin. Aber dieser Ort ist … farblos und dunkel. Wie ein Sog, der dich immer weiter in die Tiefe der Finsternis zieht.“ „Ich erinnere mich auch noch daran. Es ist ein Meer, mit grauem Sand und schwarzen Wasser. Es ist kalt und bedrückend dort gewesen…“, warf Takeru ein. „Wie bist du dorthin gekommen?“, wollte Taichi wissen. „Ich weiß es nicht mehr. Tailmon, Patamon und ich haben Hikari verfolgt. Sie ist über die Straße gegangen und war dann plötzlich weg. Wir haben sie gerufen und damit scheinbar das Portal geöffnet.“ All die Erzählungen brachten ihn nicht weiter, nichts davon war konkret genug, nichts davon öffnete ihm eine Tür. „Ken, wärst du bereit noch mal zu versuchen, ein Portal zu öffnen? Nur für einen Moment.“ Taichis Bitte war schon fast ein Flehen. Ihm fiel nichts mehr ein. „Taichi…“, mahnte Takeru ihn leise. Doch der ältere war viel zu aufgewühlt, schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass das Besteck auf den Tellern klirrte. „Taichi, wir arbeiten schon daran, ohne Ken wieder der Finsternis auszusetzen“, erklärte Takeru und sah ihn ernst an. „Hör auf ihn unter Druck zu setzen.“ Mittlerweile hatten auch die anderen Digiritter von Taichis kleinem Ausbruch mitbekommen. Es dauerte nicht lange, bis Daisuke wieder auftauchte und hinter Ken Stellung bezog. „Hey, hey, was ist denn hier los?“, fragte er in gewohnt fröhlichem Ton, doch seine Augen blitzten auf. „Taichi-san hatte nur ein paar Fragen… zum Dark Ocean“, erklärte Ken, konnte dabei seine Anspannung jedoch nicht überspielen. „Ach, ist das so? Hey, Taichi. Lass uns doch ein paar Bälle kicken? Ich muss ein bisschen Energie loswerden“, schlug Daisuke vor. Der ältere verstand den Wink und erhob sich von der Bank. Er war ein wandelndes Nervenbündel, doch er schaffte es nicht, sich dafür zu entschuldigen. Während er sich mit Daisuke entfernte, sah er noch, wie Koushirou aus ihrem Haus getrottet kam und in Richtung Küche lief. Kapitel 6: ----------- - Takeru - Als Takeru gesehen hatte, wie Koushirou in die Küche gekommen war, wäre er am liebsten aufgesprungen. Doch er konnte seine Freunde nicht drängen schneller zu arbeiten, wenn sie doch schon alles in ihrer Macht Stehende taten. Miyako hatte ihm erst vorhin gesagt, dass er auch nur ein Mensch war. Und Menschen brauchten Schlaf und Nahrung. Also begrüßte Takeru seinen Freund lediglich, der, obwohl er gerade erst aufgestanden war, bereits am Laptop saß. Der Digiritter verließ die Küche am Hinterausgang und sank unter dem Fenster auf den Boden. So konnte er zumindest noch etwas lauschen, wenn Miyako und Koushirou sich unterhielten. Patamon kam um die Ecke geflogen und rollte sich auf seinem Schoß zusammen. Gedankenverloren streichelte Takeru den vollen Bauch seines Partners. Seine freie Hand ruhte auf seiner Hosentasche. Dort bewahrte er einen anderen Schatz auf. Ein Foto von Hikari und ihm, das sie vor vielen Jahren aufgenommen hatten. Damals hatte sie ihre Leidenschaft für Fotografie entdeckt. Er hielt es noch immer in Ehren und hatte es in seiner Tasche gefunden, als er sich am Morgen umgezogen hatte. Egal wo Hikari war, egal was die Finsternis versuchte, ihr einzureden, Takeru würde sie zurückbringen – mit allem, was er hatte. Er biss die Zähne zusammen. Die Ungeduld zerriss ihn innerlich. Takeru spürte eine Hand auf seinem Kopf, die ihm sanft durch das helle Haar fuhr. Ein kurzes Schmunzeln zupfte an seinem Mundwinkel. Yamato war gekommen, doch er wusste nicht die richtigen Worte, um seinen kleinen Bruder zu trösten, also zeigte er ihm bloß, dass er da war. Eine ganze Weile verbrachten die beiden schweigend hinter der Küche, bis Miyakos Aufschrei sie zusammenfahren ließ. „Das ist es!“, rief die Digiritterin und warf ihren Hocker voller Schwung auf den Boden. Als wäre er unerwartet von seinem Wecker aus dem Bett geschmissen wurde, sprang Takeru vom Boden auf. Langsam fanden sich alle Digiritter wieder in der Küche ein. Takerus Herz pochte schnell und aufgeregt. Er vertraute in die Fähigkeiten seiner Freunde. Hatten sie endlich einen Weg gefunden? Als er den Raum langsam betrat, kam sie schon wieder hereingestürmt. „Takeru ich brauche dein D-3 – jetzt sofort!“, verlangte sie und hielt die Hand bereits offen. Takeru übergab es ihr und sah sich nach den anderen um. - Daisuke - Dass die Stimmung so schnell kippen würde, hatte Daisuke nicht erwartet. Er hatte es gerade erst geschafft, Ken und Takeru wieder auf andere Gedanken zu bringen. Doch Taichi schien noch viel aufgewühlter und ungeduldiger zu sein als gedacht. Schon immer hatte Daisuke zu Taichi aufgesehen. Sie trugen das gleiche Wappen, er hielt seine Fliegerbrille noch immer in Ehren. Doch egal, wie sehr er den älteren Digiritter bewunderte, auf der anderen Seite standen seine Gefühle und seine Beziehung zu Ken. Er hatte deutlich gespürt, wie unwohl sein Freund sich gefühlt hatte, bei Taichis Fragen. Während sie sich gegenseitig den Ball zuspielten, konnte auch Daisuke seine Emotionen nur noch schwer im Zaum halten. Die ganze Zeit hatte Taichi den Ball mit seiner Brust oder seinem Kopf angenommen, doch den nächsten Schuss hielt er ganz bewusst mit beiden Händen. Mit fragendem Blick sah Taichi an ihn an. „Also? Willst du mir auch sagen, warum du sauer auf mich bist?“, fragte er und kam mit dem Ball auf Daisuke zu. Manchmal war es erschreckend, wie einfach er ihn durchschauen konnte. „Weil du dich wie ein unsensibler Arsch verhältst“, schoss es aus seinem Mund hervor. Als er das realisierte, hielt er sich die Hand vor den Mund. Dieser kleine Ausbruch war ihm plötzlich total peinlich. „I-ich meine dein Verhalten Ken gegenüber ist echt nicht okay.“ Taichis Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich. „Ken kämpft immer noch mit seiner Vergangenheit. Ich will nicht, dass er sich wieder verkriecht. Er will Hikari auch zurückholen. Die beiden haben eine besondere Verbindung zu diesem Dark Ocean.“ Taichis Hände ballten sich zu einer Faust. Er griff nach Daisukes Shirt und zog ihn an sich heran. „Wieso? Warum redet sie mit ihm darüber und nicht mit mir?!“ Da lag der Hund also begraben. „Vielleicht wollte sie dir keine Sorgen machen. Vielleicht ist es leichter mit jemandem zu reden, der das Gleiche gesehen hat. Aber es ist nicht Kens Schuld, wenn sie mit ihm darüber redet.“ Taichi raufte seine braune Haarpracht. Langsam löste sich der Anflug von Zorn in seinen Augen, wich einem traurigen Schimmer. Als hätte er einen Schalter umgelegt, verflog auch Daisukes Wut auf ihn. Am Ende war er nur ein liebender Bruder, der Angst hatte, nicht gebraucht zu werden. Daisuke klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. „Hikari-chan würde mit Sicherheit genauso verbissen versuchen, dich zu finden.“ Für eine Sekunde zuckten Taichis Mundwinkel. „Bestimmt.“ Auch Taichi hob seine Hand und legte sie auf Daisukes Schulter. Sie wog schwer, doch er verstand jetzt besser, was sein Freund empfand. Hinter ihnen bei den Häusern erkannte Daisuke wie Miyako aus der Küche stürmte und wenige Sekunden später aus den Schlafhäusern wieder zurücklief. Dabei stolperte sie beinahe im Sand. Taichi folgte seinem Blick. „Lass uns nachschauen, was da los ist.“ Kaum erreichten die beiden die Küche, stürmte Miyako auf sie zu und verlangte nach seinem D-3. „Wir brauchen noch einen Moment. Bitte geduldet euch noch etwas“, kommentierte sie und huschte davon. Takeru kam lautlos seufzend auf ihn zu, um ihm eine Nachricht von Ken zu überbringen, dass er ihn auf den Klippen finden würde - Ken - Mit angezogenen Beinen saß Ken auf der Klippe und blickte auf das Meer. Nach der Konfrontation mit Taichi musste er sich einfach zurückziehen. Es hatte eine Weile gedauert, bis das Zittern seiner Hände aufgehört hatte. Sein Digipartner war die ganze Zeit an seiner Seite und spendete ihm etwas Kraft. Von seiner Position aus hatte er Daisuke und Taichi beobachtet. Er war seinem Freund dankbar, dass er ihn aus der Schusslinie gezogen hatte. So wie es aussah, stand er Taichi sehr nahe oder konnte einfach gut auf ihn einreden. Daisukes Fähigkeit, andere Menschen zu überzeugen, war aber keinesfalls neu für ihn. Er rief sich die letzte Nacht wieder in Erinnerung und schöpfte daraus neue Kraft. „Hey Ken“, sagt Wormmon und kletterte auf seinen Schoß. Um seinem Digimon mehr Platz zu machen, streckte Ken seine Beine aus. „Obwohl du eben noch ganz aufgelöst warst, lächelst du jetzt schon wieder. Das macht mich glücklich.“ Ken blickte seinem Partner ein paar Sekunden in die Augen und blinzelte verwirrt. Ihm war gar nicht bewusst, dass er bei den Gedanken an Daisuke sofort lächelte. „Mach dir keine Sorgen“, antwortete Ken ruhig und streichelte den Kopf seines Partners. Wormmon folgte seinem Blick aufs Meer. „Woran denkst du, Ken?“ „Nach diesem Urlaub möchte ich wieder mehr mit Hikari-chan reden … und auch mit den anderen. Sie waren immer alle für mich da.“ Ein Stechen zog durch seinen Kopf. Die Wellen wurden unruhiger und es fröstelte ihn eine wenig. Doch von einer auf die andere Sekunde war das schon wieder vorbei. Einen Moment später ertönten zaghafte Schritte hinter ihm. „Takeru hat mir gesagt, dass du hier bist“, sagte Daisuke und wartete, bis Ken ihm das Okay gab, zu ihm zu kommen. „Tut mir leid wegen Taichi. Er ist eigentlich nicht so“, begann Daisuke und setzte sich. „Ich hoffe, ich habe nicht zu sehr den Beschützer raushängen lassen.“ Ken lachte leise. „Nein, hast du nicht. Ich brauchte nur etwas Abstand.“ Sein Freund stieß ihn sanft mit dem Knie an. „Wie ist die Lage gerade?“, fragte Ken und deutete auf die Häuser. „Einen Weg haben sie gefunden. Es fehlt nur noch der Rückweg, aber auch das dauert nicht mehr lange“, erklärte Daisuke ruhig, sprach jedoch direkt weiter: „Fürchtest du dich? Vor dem Dark Ocean?“ Kens Brust fühlte sich bei dem Gedanken, dorthin zurückzukehren wirklich enger an. Doch wenn er Daisuke ansah, löste sich die Anpassung. Er streckte seine Hand aus und legte sie auf die von seinem Freund. „Nicht, wenn wir zusammen gehen.“ Er hatte ihm immerhin versprochen, dass die Dunkelheit in nicht in seine Fänge bekommen würde. Etwa eine halbe Stunde später kam Patamon zu ihnen geflogen, um ihnen zu sagen, dass Miyako sie alle am Strand treffen wollte. „Bist du bereit?“, fragte Daisuke und bot seinem Freund seine Hand. Ken nickte und ließ sich auf die Beine ziehen. „Dann lass uns gehen.“ - Miyako - Gemeinsam mit Koushirou hatte Miyako nicht nur einen Weg zum Dark Ocean gefunden, sondern auch die Möglichkeit wieder zurück in die Digiwelt zu kommen. Sie saßen draußen in einem großen Kreis zusammen, während sie den anderen den Plan erklärte. „Die einzige Voraussetzung dafür ist, dass alle Besitzer des D-3 mit zum Dark Ocean kommen. Ist das für jemanden ein Problem?“ Sie blickte zu ihren Freunden, die nacheinander ihr Einverständnis gaben. Nur Iori schien zu zögern. Miyako holte gerade Luft, doch Takeru kam ihr zuvor. „Mach dir keine Sorgen. Wenn wir zusammenbleiben, können Angemon und Ankylomon eine Jogress Digitation machen. Wir haben schon so viel zusammen geschafft, das kriegen wir auch hin.“ Die Unsicherheit wich langsam einem entschlossenen Blick und Iori nickte. „Ich werde hier bleiben, um den Computer zu überwachen“, warf Koushirou ein. Joe schloss sich ihm ebenfalls an. Keiner konnte sagen, wie lange sie weg waren und einer alleine konnte nicht dauerhaft im Einsatz sein. Von den älteren Digirittern reisten neben Taichi noch Mimi, Sora und Yamato mit zum Dark Ocean. „Ich bereite alles vor. Wenn ihr noch etwas braucht, holt es jetzt“, wies Koushirou die Truppe an, ohne von seinem Laptop aufzuschauen. Nur Miyako und Takeru zogen sich noch einmal in ihre Zimmer zurück, bevor sich alle am Strand versammelten. Piyomon, V-mon und Wormmon digitieren auf das Adult-Level, während Patamon und Hawkmon eine Armordigitation zu Pegasmon und Holsmon machten. Mit den fliegenden Digimon hatten sie eine bessere Chance, schnell genug durch das Portal zu gelangen. Mimi und Palmon setzten sich mit Miyako auf Holsmon, Yamato und Gabumon flogen gemeinsam mit Sora auf Birdramon, Taichi und Agumon wurden von XV-mon getragen während Daisuke und Ken auf den Armen von Stingmon saßen und Iori und Armadimon zusammen mit Takeru auf dem Rücken von Pegasmon flogen. Sie schwebten bereits in der Luft. Miyako erlaubte sich einen letzten Atemzug der salzigen Meeresluft. „Seid ihr soweit? 3 … 2 … 1 …“ Koushirou erschuf mit Hilfe seines Laptops und der gespeicherten Energie von Kens und Hikaris D-3 einen Dimensionsriss am Horizont. „Jetzt!“ Und auf Kommando flogen die Digiritter mit ihren Partnern auf das Loch zu, das sie in die graue Welt des Dark Ocean führte. Kapitel 7: ----------- - Takeru – Das letzte Mal als er an diesem Ort gewesen war, hatte es genauso dort ausgesehen wie jetzt. Waren sie etwa an der gleichen Stelle? Der einzige Unterschied war, dass es keinen schwarzen Turm mehr an der Klippe gab. Lag es an dem D-3 von Hikari? Hatte es sie hierher geführt? Ob sie hier irgendwo war? „Hikari!“ Taichi war der erste, der nach der Digiritterin rief, „Bist du hier irgendwo?“ Takeru sah sich um, versuchte irgendeinen Anhaltspunkt von Hikari oder Ophanimon zu entdecken. „Vielleicht sollten wir uns aufteilen“, schlug Iori hinter ihm vor. Sie befanden sich in einer Art Bucht. Der graue Strand war umgeben von Klippen, die mit dichten Wäldern gesäumt waren. Keiner von ihnen kannte sich hier aus. „Ich bin dafür“, stimmte Taichi ein, „Dann können wir das Gebiet schneller absuchen.“ „Warte! Wir kennen uns hier nicht aus. Wir wissen nicht, was in den Höhlen und Wäldern lauert.“ Takeru erinnerte sich noch, wie Hikari damals angegriffen worden war. „Was schlägst du denn vor?“, erwiderte Taichi ungeduldig. Takeru presste seine Kiefer aufeinander. Warum wollte Taichi nicht verstehen, dass nicht nur seine Nerven zum Zerreißen gespannt waren?! „Sora, Miyako und ich schauen uns aus der Luft um. Ihr sucht am Strand nach irgendwelchen Spuren. Gebt uns ein Zeichen, wenn ihr etwas findet.“ Ihre Freunde und deren Digipartner stiegen von den fliegenden Digimon ab. Bevor Takeru Pegasmon sagen konnte, dass es losfliegen sollte, hielt Yamato ihn jedoch auf. „Pass auf dich auf“, gab er ihm mit auf den Weg. Wieder ruhte Takerus Hand auf seiner Hostentasche. Er musste sie finden. Also stieg er in den grauen Himmel hinauf. Jeder von ihnen flog in eine andere Richtung. Takeru schlug den Weg zu der Klippe ein, auf der damals der schwarze Turm des Digimonkaisers gestanden hatte. „Was beschäftigt dich, Takeru?“, fragte Pegasmon. Über ihnen zogen sich dunkle Wolken zusammen. „Nichts Bestimmtes. Ich habe nur das Gefühl, dass wir schon einmal hier gewesen sind.“ - Daisuke – Es war das erste Mal, dass Daisuke diese farblose Welt betrat. Das Wasser war im Vergleich zu dem Strand in der Digiwelt fast komplett schwarz, der Sand grau wie Asche. Selbst seine Freunde wirkten entsättigt. Er wich keinen Schritt von Kens Seite. Dabei fiel ihm auf, dass sein Freund sich immer wieder umdrehte, als fühlte er sich verfolgt. „Ken“, sagte Daisuke leise, „Du sagst mir, wenn irgendetwas passiert, ja? Wenn du etwas siehst oder hörst, auch wenn es nicht real wirkt.“ Ken nickte und wirkte im gleichen Zug etwas entspannter. Sie liefen zu sechst am tristen Strand entlang und fanden nichts, das auf Hikari hindeutete. „Seht mal!“, rief Mimi und deutete auf ein Holzschild. Ein Weg aus einzelnen Steinplatten führte ein Stück in die Berge und vielleicht in den Wald. „Ich gehe mir das ansehen“, entschied Taichi und ging voraus. „Ich gehe mit!“ Mimi schloss sich an. „Wartet! Takeru hat doch gesagt, wir sollen am Strand bleiben“, warf Daisuke ein. „Aber am Strand finden wir sie nicht! Wir sind gleich wieder da!“ Agumon und Palmon folgten ihren Partnern und verschwanden zwischen ein paar großen Blättern. Taichi war so stur, dass auch Daisuke keine andere Wahl blieb als ihnen zu folgen – natürlich mit Ken, Wormmon und V-mon im Schlepptau. Sie gingen ein Stück, bis sie eine gerade Straße erreichten, an der links und rechts einzelne Holzhäuser standen. „Ist das hier ein Dorf?“, fragte Daisuke leise. Es hatte etwas Geisterhaftes an sich. „Hallo? Ist hier jemand?“, rief Mimi ganz ungeniert. „Hikari-chan?“ Kaum, dass sie den Namen gerufen hatte, ertönte Knacken und Rascheln aus verschiedenen Ecken. Eine Tür wurde aufgeschoben und jemand – nein ein Digimon – trat hervor. „Hier lebt tatsächlich wer“, murmelte Daisuke und sah sich um. „Hallo! Ich bin Mimi! Wie heißt du? Bist du ein Digimon?“ „Ein Digimon? Ich weiß es nicht, ich denke, ich bin Schatten.“ Aus dem Haus trat ein Digimon, das genau so aussah wie ein Agumon, mit dem einzigen Unterschied dass seine Schuppen schwarz und nicht gelb waren. Das Agumon von Taichi trat überrascht vor und musterte sein dunkles Spiegelbild. „Nun. Was tust du hier?“, fragte Taichi und zog den Blick des Digimons auf sich. „Ihr rieft den Namen unserer Königin.“ „Königin?“, wiederholte Taichi. „Also eigentlich suchen wir eine Freundin“, warf Mimi ein, „Sie hat braune Haare, schulterlang und ist etwa so groß.“ Die junge Frau deutete mit der flachen Hand bis zu ihrer Nasenspitze. „Hast du sie gesehen?“ „Das ist unsere Königin“, erzählte Agumon, „Sie ist der Engel der Dunkelheit und hat den Gott des Dark Ocean zerstört. Mit diesem Wissen wurden wir geboren.“ „Ich komme nicht mit. Königin? Engel der Finsternis?“ Daisuke war vollkommen verwirrt. „D-daisuke?“ V-mon zupfte an seiner Hose. „Sieh mal, d-dort.“ In einer der Türen stand das Spiegelbild seines Digipartners, doch auch dieses V-mon hatte schwarze Schuppen. Und als der Digiritter sich weiter umsah, entdeckte er noch andere schwarze Versionen der Digimon seiner Freunde. „W-was ist hier los?“ - Taichi – Dass ausgerechnet ein schwarzes Agumon auftauchte, traf Taichi unerwartet. War das ein Zufall? Er wollte daran glauben, bis Daisuke auch die anderen schwarzen Digimon entdeckte. Eins für jeden Digiritter in ihrem Freundeskreis? Die einzigen, die er nicht entdecken konnte, waren Tailmon und Patamon. Die Tatsache, dass Hikari die Königin dieser düsteren Welt sein sollte, war doch vollkommen absurd. Sie war schließlich die Digiritterin des Lichts. Bevor Taichi noch etwas sagen konnte, kam Ken ihm zuvor. „Wo befindet sich eure Königin gerade?“ Glaubte er etwa, was diese Digimon erzählten? „Im Schloss auf dem Meer. Mehr können wir euch nicht sagen.“ Weder das schwarze Agumon noch eins der anderen Digimon schien sich ihnen nähern zu wollen. Ken verbeugte sich und dankte ihnen für die Informationen. „Lasst uns zurückgehen“, sagte Daisuke und stieß Taichi dabei leicht an, da er sich sträubte zu gehen. Erst als sie ein Stück von den Häusern entfernt waren, ergriff er wieder das Wort: „Glaubt ihr diese komische Geschichte etwa?“ „Sie klingt nicht unwahrscheinlich“, antwortete Ken im Gehen. Dem wollte Taichi wiedersprechen, doch Ken kam ihm zuvor: „Lass uns das mit den anderen besprechen.“ Auf diese Worte folgte ein durchdringender Blick von Daisuke. Resigniert schob der ältere seine Hände in die Hosentaschen und folgte den dreien, bis sie wieder am Strand ankamen. Iori und Yamato wartete gemeinsam mit ihren Digipartnern. „Und? Habt ihr etwas gefunden?“, wollte Takerus älterer Bruder wissen. Mimi war die ersten, die sofort erzählte: „Wir haben ein Dorf gefunden, in dem nur schwarze Digimon leben. Und wir haben mit einem schwarzen Agumon gesprochen.“ „Nicht nur das!“, warf Agumon dazwischen, „Da waren auch ein schwarzes V-mon und ein schwarzes Palmon und ein schwarzes Gabumon!“ „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Yamato mehr zu sich selbst. Er blickte in den Himmel, als hoffte er, dass Takeru zu ihnen stieß. Taichi tat es ihm gleich. „Das ist aber noch nicht alles“, führte Mimi das Gespräch weiter, „Das schwarze Agumon hat uns erzählt, dass Hikari ihre Königin wäre und sie ein schwarzer Engel ist, weil sie den Herrscher des Dark Ocean getötet hat.“ Ein kurzzeitiges Schweigen breitete sich über den Digirittern aus. „Ken hast du eine Idee, wer dieser Herrscher gewesen sein könnte?“, fragte Taichi und verschränkte seine Arme vor der Brust. Doch Ken schüttelte seinen Kopf. „Wir sollten den anderen eine Nachricht schicken“, entschied Mimi und holte ihr Digivice hervor. „Und vielleicht kann Koushirou etwas über diesen komischen Herrscher herausfinden.“ Ein lautes Grollen ertönte aus dem Himmel. Die dunklen Wolken brauten sich zu einem Gewitter zusammen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sich die dicken, dunklen Wolken entluden. „Wir sollten uns irgendwo unterstellen“, warf Iori ein und sah sich bereits um. „Da ist eine Höhle.“ Erste Regentropfen fielen in den Sand und auf das Meer, verliehen dem Anblick eine noch düsterere Stimmung. In diesem Moment landeten Sora und Miyako am Strand. Ihre Digimon verwandelten sich zu ihrem Child-Level und flatterten eilig hinter den beiden jungen Frauen in die Höhle. „Sind alle da?“, erkundigte Sora sich, während Miyako sich neben Mimi auf den Boden fallen ließ. Taichi sah sich um. „Takeru fehlt noch. Ich schicke ihm noch eine Nachricht“, sagte Yamato vom Höhleneingang aus. - Ken – Gemeinsam mit Daisuke saß Ken am Rand des Höhleneingangs an der kalten Wand. Das Gewitter über ihnen tobte vor sich hin. Zu dem Donnergrollen war noch ein starker Wind hinzugekommen, der die Regentropfen wild auf das Meer peitschten. Takeru war noch immer nicht zu ihnen gestoßen, was die Atmosphäre noch angespannter machte. „Er hat bestimmt irgendwo Schutz vor dem Unwetter gesucht“, sagte Daisuke voller Überzeugung. Auch Ken konnte nicht bestreiten, dass er sich keine Sorgen um ihren gemeinsamen, klugen Freund machte. Doch er wusste auch, wie sehr er Hikari finden wollte. „Wir sollten schon mal besprechen, was wir alles wissen“, entschied Taichi mit durchdringendem Blick in die Runde. Ken hatte ein ungutes Gefühl. Seit sie am Dark Ocean angekommen waren, drängte er sich und sie alle immer weiterzumachen. Mimi erzählte Sora und Miyako noch einmal von dem Dorf der schwarzen Digimon. „Eine schwarze Version von unseren Digimon?“, wiederholte Sora und musterte das rosafarbene Federkleid ihres Vogel-Digimons. Ken blickte ebenfalls zu seinem Digipartner. Sie waren alle überrascht von diesem Zusammentreffen gewesen. „Die einzigen, die ich nicht gesehen habe, waren ein schwarzes Tailmon und ein schwarzes Patamon“, berichtete Taichi. Diese Information mussten die anderen erstmal verarbeiten. Ken versuchte sich das Dorf wieder in Erinnerung zu rufen. Die schwarzen Digimon waren sehr zurückhaltend, fast schon scheu gewesen. Trotzdem hatten sie sich alle gezeigt, also wollten sie ihnen damit irgendwas zeigen. „Vielleicht ist BlackTailmon ja bei Hikari. Immerhin ist Tailmon doch ihr Partner“, warf Sora ein. Diesen Gedanken hielt Ken ebenfalls für möglich. „Vielleicht“, antwortete Daisuke neben ihm, „was ich aber immer noch nicht verstehe, ist, dass sie sagen Hikari ist ihre Königin oder irgendein schwarzer Engel.“ Plötzlich spürte Ken wieder den Blick von Taichi auf sich ruhen. Mit Sicherheit würde er ihn gleich wieder anfahren. Also ergriff er die Initiative: „Ich habe eine Vermutung. Ihr habt doch erzählt, dass Hikaris Tailmon zu Ophanimon Falldown Mode digitiert ist. Das ist nicht sein eigentliches Mega-Level richtig? Vielleicht meinen sie Ophanimon mit dem schwarzen Engel.“ Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Die, die bei der Digitation dabei gewesen waren, schienen zu überlegen, ob seine Vermutung plausibel war. Selbst Taichis bohrender Blick, dem Ken gerade nur mit Mühe und Not standhalten konnte, wanderte auf den Boden. „Und was glaubst du, meinten sie mit dem König des Dark Ocean?“, fragte Miyako. Sie schien ihm zu glauben. Trotzdem wusste er auf ihre Frage keine Antwort. Dafür sprang Daisuke in die Bresche: „Als wir das erste Mal versucht haben, das Portal zu öffnen, haben wir doch so einen schrillen Schrei gehört.“ Miyako nickte. „Also denkt ihr, dass sie gegen ihn gekämpft hat. Verstehe. Das klingt logisch.“ Erleichterung breitete sich in seiner Brust aus. Dass seine Freunde seine Gedanken teilten, bewies ihm, dass seine Gedanken nicht abwegig waren. „Hat Koushirou sich schon gemeldet?“, fragte Taichi, ohne weiter auf ihre gemeinsamen Erklärungsversuche einzugehen. „Nein, bisher noch nicht“, antwortete Mimi. Ihnen bleib also nichts anderes übrig als zu warten. Ken blickte zum Höhleneingang, betrachtete wie der Regen fiel und ließ sich von diesem Geräusch langsam in den Schlaf lullen. Er blendete die anderen um sich herum aus, Finsternis umfing ihn und er driftete in einen traumlosen Schlaf. Kapitel 8: ----------- - Takeru – Von der Klippe aus betrachtete Takeru das dunkle Meer. An der Stelle, an der damals der schwarze Turm gestanden hatte, befand sich mittlerweile ein alter Leuchtturm – vielleicht war er doch nicht an dem gleichen Ort? Gemeinsam mit Pegasmon flog der Digiritter zur Spitze, um sie zu untersuchen und sich vor dem einbrechenden Regen zu schützen. Der Scheinwerfer im Inneren des Turms schien nicht zu funktionieren. „Meinst du, es gibt hier irgendwo Strom?“, fragte Takeru seinen Digipartner und untersuchte die Konsole im Nebenraum. „Vielleicht in dem großen grauen Kasten dort?“ Takeru öffnete die Tür des Schrankes und legte den Schalter um. Es rumpelte kurz in der Mitte des Raumes. Der Scheinwerfer strahlte in eine Richtung, bewegte sich jedoch nicht. Kurz darauf flackerte das Licht, ehe es wieder komplett ausging. „Hmm, das war wohl nichts“, murmelte Takeru und kratze sich den Hinterkopf. Über ihnen krachte es. Kurz darauf zuckte ein Blitz am Horizont auf. Pegasmon trat näher an seinen Digipartner heran. „Was ist denn los?“, fragte Takeru stirnrunzelnd. „Da kommt etwas.“ Der Digiritter folgte dem Blick seines Digimons. Wieder und wieder zuckten Blitze am Himmel auf und dann konnte Takeru es erkennen: Eine Gestalt flog auf sie zu, in einer Rüstung mit ausgebreiteten Flügeln. „Vielleicht ist das Ophanimon“, mutmaßte Takeru. Doch er konnte nicht sagen, ob das ein Grund zur Freude war. „Was sollen wir tun, Takeru?“ Flüchten? Diese Kreatur zu ihren Freunden führen? „Takeru.“ Diese Stimme gehörte weder zu ihm noch zu Pegasmon. Seine Hand fuhr wieder zu seiner Hosentasche, zu dem Foto. Und dann landete das Digimon im Leuchtturm, direkt vor seiner Nase. Takerus Herz pochte. „Seraphimon?“, murmelte er erschüttert. Doch das war nicht das Seraphimon, das er kannte, zu dem sein Partner wurde. Es war dunkel, finster. „Mein Name hier lautet ShadowSeraphimon.“ Pegasmon ging bereits in Angriffsstellung, doch das dunkle Digimon hob seine Hand. „Ich will nur reden.“ Perplex trat der Digiritter einen Schritt zur Seite, um das Digimon anzusehen. „Reden?“ „Sei vorsichtig Takeru. Das könnte ein Trick sein.“ ShadowSeraphimon blieb auf Abstand und sprach: „Ich bin du und du bist ich. Ich bin ein Teil von dir.“ Seine Worte verwirrten Takeru noch mehr, doch er spürte zu dem Digimon eine Verbindung. „Du kennst diesen Ort, nicht wahr?“, fragte ShadowSeraphimon. „Ja, ich habe das Gefühl, dass ich schon mal hier war.“ „Du warst auch hier. Vor sieben Jahren, um meine Königin zu retten.“ „Königin? Meinst du etwa Hikari?“ Sie tauschten nur Blicke aus, auch Pegasmon folgte der Unterhaltung. „Die Finsternis versucht Besitz von ihr zu ergreifen. Nachdem Ophanimon den ehemaligen Herrscher des Dark Ocean zerstört hat, hat sie mich und meine Gefährten erschaffen, bevor sie in einen schützenden Schlaf gefallen ist.“ Instinktiv griff Takeru wieder an seine Hosentasche. „Es gibt noch mehr von euch?“ „Ja, sie leben abseits. Aber ich befürchte, sie sind nicht so stark. Meine Königin hat einen Teil von sich in jedem von ihnen gespeichert.“ Takeru runzelte die Stirn, versuchte die Worte des Digmons zu verstehen. Aus seinen Worten schloss er, dass Hikari entweder ihre Erinnerungen oder ihre Gefühle in die Digimon übertragen haben musste. „Weißt du, wo sie ist?“, fragte Takeru hoffnungsvoll. Das Digimon deutete auf das Meer hinaus. „Sie ist in einem Turm im Schloss auf dem Meer.“ Der Digiritter raufte seine Haare, bis Pegasmon ihm in den Rücken stupste. „Woran denkst du Takeru?“ „Wir müssen den anderen Bescheid sagen und dann direkt in das Schloss. Kannst du uns den Weg weisen ShadowSeraphimon?“ Das Digimon nickte. „Dann los.“ Takeru warf sich auf den Rücken seines Digimon und eilte im Schutz der umliegenden Wälder zurück an den Strand. - Daisuke – Den Blick unauffällig, aber wachsam auf Ken gerichtet, wartete Daisuke angespannt ab, wie sich die Situation entwickelte. Nicht nur, dass sie nicht wussten, wie lange Ken es an diesem Ort aushielt, mittlerweile waren zwei ältere Brüder unter ihnen, die nach ihren jüngeren Geschwistern suchten. Von Takeru kam weiterhin kein Zeichen. Als Kens Kopf langsam auf Daisukes Schulter rutschte, seufzte der Digiritter. Das alles musste unheimlich anstrengend für ihn sein, er sollte sich besser ausruhen. Daisuke sah an die Höhlendecke. Er betrachtete Taichi, der unruhig mit dem Fuß auf den Boden tippte, weiter auf Antworten wartend, hoffend. Das D-3 von Miyako reagierte wenig später. Das erste Mal seit sie hier waren, konnten sie Koushirou erreichen, wenn auch nur schlecht. Die andere Digiritter versammelten sich um Miyako herum, damit sie zuhören konnte, während Daisuke das von seiner Position aus versuchte. Er wollte Ken nicht wecken. „Über die schwarzen Digimon konnte ich nichts herausfinden. Aber der Herrscher des Dark Ocean scheint ein sogenanntes Dagomon zu sein. Ein Digimon Typus Virus auf dem Perfect-Level.“ Diese Info versuchten sie alle abzuspeichern. „Koushirou kannst du die Position von Takeru ausmachen?“, warf Yamato besorgt ein. „Leider nicht. Ich sehe niemanden von euch auf meinem Bildschirm.“ Auch über das Schloss hatte der Digiritter nichts herausfinden können. Sie tappten also weiter im Dunkeln. - Ken – Alles um ihn war dunkel, seine Ohren rauschten. Oder war es nur der Regen, den er hörte? „Ken?“ Eine leise Stimme hallte durch seinen Kopf. Er konnte sie nicht zuordnen. „Ken.“ In diesem endlosen, finsteren Raum flackerte etwas. Ein kleines Licht, eine kleine Flamme. „Du musst dich nicht fürchten, Ken.“ Er fiel in den Schlund der Finsternis, nein er schwebte. Weit unten flackerte es wieder. In einer sanften Bewegung landeten seine Füße auf einem dunklen Boden. Er wollte fragen, wer mit ihm sprach, wer ihn gerade führte, da leuchtete das Licht wieder auf. Erst war es nur eine Kugel, so groß wie ein Fußball, doch dann veränderte sich die Form, nahm langsam die Gestalt einer jungen Frau an. Hikari. Sie hielt die Hände auf der Brust gefaltet, als wollte sie etwas beschützen. Ken wollte etwas sagen, doch er hatte keine Stimme. „Mach dir keine Sorgen, Ken. Es gibt immer ein Licht, das dich aus der Dunkelheit führt.“ Er wollte nach ihr greifen, zu ihr gehen, doch ihr Körper war bereits halb im dunklen Wasser versunken. Schattenartige Hände zogen an ihr, drückten ihre Lichtgestalt tiefer in die Dunkelheit. „Du musst jetzt aufwachen, Ken.“ Der Digiritter schreckte auf du blickte sich unruhig um. Er fasste sich an die Kehle. „Hikari“, murmelte er, fand seine Stimme wieder. Sie waren in der Höhle, ohne ihre Freundin. Plötzlich griff eine warme Hand nach seiner. Daisuke. „Hey, alles in Ordnung?“, fragte sein Freund und drückte seine Hand. Zaghaft nickte Ken, obwohl sein Herz klopfte wie wild. „Hast du schlecht geträumt? Von Hikari?“ Daisuke sprach möglichst leise, wahrscheinlich um keine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. „Ich bin in totaler Dunkelheit gewesen … doch da war ein Licht, das mich geführt hat. Ich glaube es war Hikari … aber die Finsternis hat sie in ihren Fängen“ War das wirklich nur ein Traum gewesen? Daisuke drückte seine Hand. Seine Wärme ging direkt auf Ken über. Plötzlich sprangen ihre Digimon auf, starrten auf den Höhleneingang. Ein Schatten trat aus dem Regen. „Hab euch gefunden!“ - Miyako – Die ganze Zeit war es ruhig gewesen. Bis auf die schwarzen Digimon hatten sie niemand anderen getroffen. Doch diese Stimme klang angriffslustig und gefährlich. Ein Blitz erhellte das in Mullbinden gehüllte Digimon. „Ein Mummymon?“, rief Miyako aus. Mimi schob sich vor sie. „Was willst du von uns?“ Ein schauriges Lachen entwich seiner Kehle. „Euch aus dem Weg räumen natürlich. Ihr solltet gar nicht hier sein“, erklärte ihr ungebetener Gast. „Wie hast du uns gefunden? Wer hat dich geschickt?“, fragte Taichi, der genau wie Yamato, Daisuke und Ken ein paar Schritte zurückgegangen war. Hatten die schwarzen Digimon sie verraten, waren sie vielleicht doch böse? „Ihr stellt mir zu viele Fragen.“ Mummymon stand an dem einzigen Eingang, den diese Höhle bot. Hier konnten ihre Digimon nur schwer digitieren. Trotzdem sah Miyako, wie ihre Freunde ihre Digivices und D-3s bereithielten. „Du kommst doch sicherlich nicht von alleine her. Außerdem hast du gesagt, dass du uns gefunden hast. Also musst du uns gesucht haben. Wer hat dir den Auftrag gegeben, uns zu suchen?“, provozierte Taichi weiter und lenkte Mummymons Aufmerksamkeit auf seine Seite der Höhle. „Halt den Mund du vorlauter Bengel!“, rief Mummymon wütend und holte zum ersten Schlag aus. „Snake Bandage!“ Seine Mullbinden schlangen sich um Taichis Oberkörper und seine Arme. Der Digiritter konnte noch schnell genug reagieren, um die Bandagen von seiner Kehle wegzuzerren. Agumon sprang sofort auf, um zu einem Gegenangriff anzusetzen. Miyako bemerkte, wie Daisuke und Ken kurze Blicke austauschten. Dann digitierten V-mon und Wormmon zu Fladramon und Stingmon. Während Stingmon auf Mummymon losstürmte, befreite Fladramon Taichi von den Fesseln. „Iori, das ist unsere Chance. Du kannst mit Digmon einen Fluchtweg öffnen.“ Der Digiritter nickte ihr zu. Amardimon machte eine Amordigitation zu Digmon, das sich hinter ihnen sofort an den Steinwänden zu schaffen machte. „Hawkmon, wir müssen die Stellung halten, während Sora und Mimi versuchen, hier rauszukommen.“ Hawkmon machte eine Amordigitation zu Shurimon und stellte sich schützend vor seine Digipartnerin. „Miyako, was redest du da? Ich gehe nicht ohne dich“, sagte Mimi und griff nach den Schultern ihrer Freundin. „Doch. Du kannst mit Sora auf Birdramon hier wegkommen. Vielleicht findet ihr Takeru. In dieser Höhle können wir nicht richtig kämpfen.“ Fest entschlossen blickte Miyako in das Gesicht ihrer Freundin. Sie streifte Mimis Lippen mit ihren und nahm sich einen Moment, um ihre Stirn an die der jungen Frau zu lehnen. „Mach dir keine Sorgen. Ich komme nach.“ „Sie hat recht Mimi, wir müssen hier raus“, pflichtete Sora der Digiritterin bei. Obwohl es Mimi sichtlich schwerfiel zu gehen, folgte sie Sora in die Tunnel, die Digmon ihnen als Fluchtweg grub. Daisuke und die anderen drängten Mummymon aus dem Höhleneingang in Richtung Strand. Dort konnten auch Agumon und Gabumon auf das Adult-Level digitieren. „Wenn ihr denkt, dass ich mich so einfach geschlagen gebe, irrt ihr euch gewaltig!“ Eine unheilvolle rote Aura umgab das Digimon. Die Luft begann zu knistern. Ein Blitz schlug hinter Mummymon ein, schien das Leuchten direkt in den Dark Ocean zu ziehen. Dann erhob sich ein riesiger Schatten aus dem Wasser. „Was passiert hier gerade?!“, rief Miyako. Panik breitete sich in ihrem Brustkorb aus. Mummymon lachte laut auf, streckte seine Krallen gen Himmel. „Dagomon, Herrscher des Dark Ocean. Ich rufe deinen Geist! Auch wenn er besiegt wurde, sind seine Daten mit dem schwarzen Meer verwoben. Und ich kann sie steuern! Jetzt vernichte ich euch!“ - Takeru – Da Takeru keinen Anhaltspunkt hatte, wo sich seine Freunde befanden, flog er am düsteren Strand entlang. ShadowSeraphimon war dicht hinter ihm. Weit und breit konnte er weder seinen Bruder noch die anderen Digiritter erkennen. Eine Explosion an den Klippen zog jedoch seine Aufmerksamkeit auf sich. Drei Personen und Digimon traten hustend aus dem Loch, in der Wand. Als Takeru sie erkannte, steuerte er mit Pegasmon direkt auf sie zu. „Sora, Mimi, Iori!“ Die drei sahen zu ihm auf, waren jedoch sofort in Abwehrhaltung als sie ShadowSeraphimon bemerkten. „Keine Sorge“, beschwichtigte der Digiritter seine Freunde, „ShadowSeraphimon ist auf unserer Seite, es ist … quasi ich.“ Diese Erklärung verstand vermutlich keiner von ihnen, aber sie nahmen sie stillschweigend hin. Takeru wechselte das Thema: „Was ist passiert? Wo sind die anderen?“ Mimi brachte ihn auf den neusten Stand, dass ihre Freunde gerade gegen Mummymon kämpften und dass sie selbst geflohen waren. Im Gegenzug unterrichtete er sie darüber, dass Hikari gerade gegen die Finsternis ankämpfte und dass sie sie unbedingt befreien mussten. „Wir dürfen Hikari-chan nicht im Stich lassen“, warf Sora ein und blickte entschlossen zu ihrem Digipartner. Piyomon digitierte zu Birdramon und ließ Sora auf seinen Rücken steigen. Sie streckte Mimi ihre Hand aus, damit sie gemeinsam in den Himmel aufsteigen konnten. Iori flog mit Takeru. Nur kurze Zeit, nachdem sie losgeflogen waren, entdeckten sie den riesigen Schatten im Meer. „Was ist das?“, flüsterte Takeru, ohne seinen Blick abzuwenden. „Das ist Dagomon, oder genauer gesagt sein Schatten“, antwortete ShadowSeraphimon. „Aber ich dachte, Hikari hat ihn zerstört“, erwiderte Iori schockiert. „Hat sie auch. Das war der Moment als wir schwarzen Digimon in diese Welt geboren wurden. Wahrscheinlich hat Mummymon seinen Geist aus den Daten des Meeres wiederbelegt“, erklärte das Digimon weiter. „Wie meinst du das, als ihr in diese Welt geboren wurdet?“, fragte Mimi verwirrt. „Die schwarzen Digimon sind quasi Hikaris Erinnerungen an uns. Sie sind ein Teil von ihr und uns und der Dunkelheit“, versucht Takeru schnell und einfach zu erklären. Schweigend, nein zähneknirschend blickte er zu dem Schatten und dann auf den Horizont. „Ich vertraue Daisuke, Taichi und den anderen. Sie schaffen das auch ohne uns, wir müssen zu Hikari.“ Kapitel 9: ----------- - Hikari – Wie lange war sie schon hier? Wie lange war es her, dass sie ihren Bruder und ihre Freunde hinter sich gelassen hatte? Wie ging es ihnen und wie ging es Tailmon? Das Gesicht ihres Digipartners flackerte in ihren Gedanken auf. Wo war Tailmon? Wo war Ophanimon? Dachte es auch an sie? „Hikari“, flüsterte eine Stimme, die ein warmes Gefühl in ihrem Inneren hinterließ. Sie wollte antworten, dass sie hier war. „Hikari.“ Eine andere Stimme, doch zu wem gehörten sie? Lichter flackerten auf, jedes in einer anderen Farbe, jedes mit einem eigenen Symbol. Doch sie waren so weit weg. „Hikari“, flüsterte eine weitere Stimme, schrill und hoch. Sie hinterließ ein Gefühl, als liefe kaltes Wasser über ihren Körper. Hikari sah ein Abbild ihrer selbst, als schaute sie in einen Spiegel. Doch ihr Spiegelbild war ausgegraut oder war sie ausgegraut? „Komm“, flüsterte sie. Eine andere Stimme sprach dagegen an: „Hikari, du bist stark.“ Was sollte sie nur tun? Sie wusste es nicht. - Taichi – Damit, dass Mummymon noch einen weiteren Gegner beschwören würde, hatte Taichi nicht gerechnet. Und dass dieser Schatten Dagomon darstellte noch weniger. Taichi blickte auf den Rücken von Greymon, umklammerte angestrengt sein Digivice. Sie mussten schnellen Prozess mit ihren Gegnern machen. Sein Partner digitiert auf das Perfect-Level zu MetalGreymon und wehrte sofort einen der Schattententakel ab, die auf sie zugeflogen kamen. Neben ihm rannte WereGarurumon direkt auf Mummymon zu. Wenn sie sich auf ihn fokussierten, sollte sein beschworener Geist ebenfalls verschwinden. Taichi und Yamato lenkten die Aufmerksamkeit ihrer Feinde nicht nur auf sich, sondern verschafften Daisuke und Ken auch etwas Zeit, damit ihre Digimon gemeinsam zu Paildramon digitieren konnten. „Ihr habt keine Chance“, lachte Mummymon, „Ich spüre wie wütend die Daten von Dagomon sind. Ihm wurde das Mädchen weggenommen und dann hat der Engel des Todes ihn mit seiner Sense aufgeschlitzt.“ Taichi biss seine Zähne heftig zusammen. „Hikari ist nicht so kaltblütig. Sie wünscht sich Frieden für die Digiwelt und für jedes Digimon, selbst eins wie dich.“ Mummymons spitze Zähne blitzten auf, als es kalt und boshaft grinste. Einen Moment später feuerte es einen Schuss aus seiner Waffe Obelisk. MetalGreymon wehrte noch immer den Tentakel ab, WereGarurumons Bein war von Bandagen umwickelt. Doch Daisuke reagierte schnell genug, sodass Paildramon sich schützend vor den Digiritter stellte. Taichi wurde zwar nicht direkt von der Attacke getroffen, doch der Nachhall stieß Paildramon zurück und schleuderte den jungen Erwachsenen in den Sand. „Taichi!“, rief Miyako hinter ihm und ging in die Hocke, „Alles in Ordnung?“ „Wir dürfen uns nicht provozieren lassen“, sagte Daisuke, ohne den älteren Digiritter anzusehen. Taichi war sich sicher, dass sein Freund diesen Satz bewusst auf sie alle bezog. Jeder von ihnen hatte eine Schwäche, in Form eines Menschen, den er liebte und um jeden Preis beschützen wollte. - Mimi – Auch wenn Takeru wohl recht hatte und sie sich unbedingt auf den Weg zu Hikari machen sollten, konnte sie das Bauchgefühl nicht ignorieren. Es plagte sie seit dem Moment, in dem Takeru ihnen das Wesen der schwarzen Digimon erklärt hatte. Erinnerungen und Gefühle, die Hikari in ihnen verankert hatte. Sie hastete mit Palmon durch den Wald, um schnellstmöglich das Dorf der Digimon zu erreichen. Sie dachte an Miyako, hoffte, dass ihr nichts geschehen würde. Blätter und Äste schlugen gegen ihre Unterarme, die schützend vor ihr Gesicht hielt. Leider waren sie vollkommen orientierungslos. „Palmon, kannst du auf die Bäume klettern und gucken, ob du in der Nähe Häuser siehst?“ Mit Hilfe seiner Ranken kletterte das Pflanzen-Digimon auf die höchste Baumkrone in der Nähe. Mimi sah zu ihr auf und versuchte ihre innerliche Unruhe etwas einzudämmen. Trotzdem fühlte sich die Zeit, in der ihr Digipartner weg war, wie eine Ewigkeit an. Sie dachte an Sora und die anderen, die sie zurückgelassen hatte, damit sie nach Hikari suchten, während sie hier einer wilden Idee nachjagte. „Wir müssen noch ein Stück laufen, folg mir“, sagte Palmon, sobald es wieder auf dem Boden landete. Ohne eine Sekunde an seinen Worten zu zweifeln, ließ Mimi sich von ihrem Digimon führen. Palmon wusste, wie wichtig es war, dieses Dorf zu finden. Obwohl Mimi sonst gerne redete, war sie gerade vollkommen darauf fokussiert, dieses Ziel zu erreichen. Deshalb verging auch die Zeit plötzlich viel schneller, während sie gemeinsam durch den Wald liefen. Als durch die Blätter endlich Holz und Häuser sichtbar wurden, schnappte Mimi erleichtert nach Luft. Sie ignoriere ihre brennenden Muskeln, die feinen Schnittwunden auf ihren Armen. „BlackPalmon, BlackAgumon! Seid ihr hier? Zeigt euch bitte“, rief Mimi die Straße entlang. „Wir brauchen eure Hilfe! Bitte!“ - Takeru – Die Luft im grauen Himmel war kühl und drückend. Obwohl es aufgehört hatte zu regnen, hatten die dunklen Wolken sich noch nicht verzogen. Ihr Flug zum Schloss verlief unkomplizierter als zuerst vermutet. Der Luftraum um das Schloss herum war überraschenderweise unbewacht. Selbst als sie auf einem der Vorsprünge landeten, lösten sie keinen Alarm aus. Takeru wäre am liebsten sofort losgerannt, doch er wusste, dass das nicht klug war. Pegasmon verwandelte sich wieder in Patamon und ließ sich erschöpft auf seiner Schulter nieder. Sein Partner sollte sich etwas ausruhen, schließlich wussten sie nicht, was sie hier noch erwarten würde. Das einsame Schloss aus grauen Steinen und runden Dächern konnte glatt aus einem Märchen stammen. Es lag auf einer einzelnen kleinen Insel, schien kein Tor oder Eingang zu haben und erweckte eher dein Anschein einer Festung oder eines Gefängnisses – der Begriff traf es wohl auch ganz gut. „ShadowSeraphimon. Weißt du wo genau Hikari festgehalten wird?“, fragte der Digiritter hoffnungsvoll, doch der dunkle Engel schüttelte den Kopf. Es gab einen Turm im West- und einen weiteren im Ostflügel. Um beide Türme zu untersuchen, sollten sie sich am besten aufteilen, andererseits war das ziemlich riskant, ihre Gruppe hatte sich schließlich schon getrennt. „Birdramon kann uns bis zur Turmspitze bringen“, sagte Sora und lächelte zuversichtlich. Nein, sich an diesem Ort zu trennen, wäre viel zu gefährlich. „Danke, Sora-san“, antwortete Takeru und tätschelte seinem Digipartner auf den Kopf. Sie kletterten nacheinander auf den Rücken des Feuervogels und begaben sich wieder in die Luft. „Dann fangen wir am besten mit dem Turm an, der näher dran ist, oder?“, schlug Iori vor. Die beiden älteren Digimon nickten. Als Birdramon gerade losfliegen wollte, ertönte ein tiefes, bösartiges Lachen. Ein Strahl dunkler Energie brachte das Vogel-Digimon dazu, scharf auszuweichen, sodass Takeru von seinem Rücken rutschte und in die Tiefe fiel. Mit seinen Krallen fing es ihn aber im letzten Moment noch auf. „Wir werden angegriffen“, keuchte der Digiritter. Eigentlich sollte es ihn nicht überraschen, sie waren schließlich viel zu leicht hierhergekommen. „Woher kam dieser Strahl?“, fragte Iori und drehte sich mehrmals um. „Dort drüben!“, rief Sora und deutete auf die Turmspitze, die weiter entfernt lag. Auf dem runden Dach mit den schwarzen Ziegeln stand ein Digimon in roten Mantel. Aus seinem Rücken breiteten sich zwei dunkle Fledermausflügel aus. „Daemon“, knurrte ShadowSeraphimon und schwebte vor ihnen in die Luft. „Ich halte ihn auf. Sucht ihr die Königin.“ Gerade als ihr Verbündeter seinen Satz beendet hatte, schnellte Daemon auf ihn zu. Doch ShadowSeraphimon hob seine Hand. „Shadow Shockwave!“ Eine Druckwelle brachte Abstand zwischen die Digiritter und ihren Gegner. „Los!“, rief Sora und Birdramon schlug mit den mächtigen Flügeln. Sie flogen schnell wie der Wind in Richtung des östlichen Turms. Von Weitem erkannten sie zwei düstere Lichter, die immer wieder aufeinander zustürmten, aufeinander prallten. Takeru ballte seine Hand zur Faust, presste sie an seine Brust. Er zwang sich dazu, sich umzudrehen. Er hatte eine andere Aufgabe: Hikari zu finden. Sie erreichten den Turm und der Digiritter stieg durch ein Steinfenster in das Innere, landete auf einer runden Steintreppe, die nach oben und nach unten führte. Wenige Schritte weiter oben befand sich eine Holztür. Sein Herz donnerte gegen seine Brust. Ob sie dort drin war? Mit zitternder Hand drehte er den Knauf und zog die Tür auf. Seine Augen mussten sich an die Dunkelheit in dem Zimmer gewöhnen, als er hineinspähte. In der Mitte stand ein großes Bett, vor dem ein runder Teppich lag. Doch alles wirkte unbenutzt. In einer dunklen Ecke hörte er ein leises Geräusch. Ein Wimmern? Zwei rot leuchtende Augen starrten ihm plötzlich entgegen. LadyDevimon breitete ihre Flügel aus und bleckte die Zähne, war bereit ihn anzugreifen, ihn zu zerfetzen. Takeru blieb nichts anderes als der Rückzug, also schloss er eilig die Tür. Von hinten spürte er Unterstützung durch Digmon, das noch zusätzlich ein paar Steinbrocken vor die Tür schob. „Hier drin ist ein LadyDevimon. Ich denke nicht, dass die Tür sie lange aufhält.“ Ihr Schrei war durch Holz und Stein hörbar. Gleichwohl war da noch eine andere Stimme, eine bekannte Stimme. „Takeru … noch etwas … tiefer … du musst … retten …“ Es war nur ein Flüstern in seinem Kopf. Als er über seine Schulter sah, fielen ihm die Treppen wieder auf. Wie tief sie wohl gingen? „Ich glaube, sie ruft mich“, murmelte Takeru und sah unsicher zu Iori und Sora. Konnte er sie einfach alleine lassen? Doch die beiden nickten. „Geh. Wir bekommen das schon hin“, sprach die Digiritterin und hielt ihr Digivice hoch. Birdramon digitierte zu Garudamon und Takeru stieß sich von der Tür ab. Er stürzte die Treppe herunter, warf keinen Blick mehr zurück. Als würde irgendeine übernatürliche Kraft ihn anstoßen, eine warme Hand in seinem Rücken liegen, fühlte er sich für einen Moment so, als flöge er die Stufen hinab. Wie lange er lief und viele Stufen er nah, zählte er nicht. Doch an der letzten Treppenstufe war noch eine Tür. Dieses Mal war es die richtige, das spürte er. „Hikari!“ Ohne zu zögern stieß er in den Raum vor und entdeckte seine Freundin auf einem Bett aus schwarzen und weißen Rosen liegen. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Hände auf der Brust gefaltet. ShadowSeraphimon hatte gesagt, dass sie schlief. Neben ihr schwebte eine Kugel aus dunkler Energie. Es kam ihm vor als würde sie seinen Namen hauchen. - Hikari – Sie war am Meer, wollte die Ferien gemeinsam mit ihren Freunden verbringen, mit ihren Digimon. Die Wellen spülten das Wasser um ihre Füße, kühlte ihren Körper angenehm ab. Hinter ihr am Strand saß Tailmon gemeinsam mit Takeru, Patamon, Yamato und Gabumon unter einem Sonnenschirm – zumindest glaubte Hikari das. Doch als sie sich umdrehte war der Strand leer. Auch Taichi und Daisuke spielten kein Fußball mehr am Sand. Alle ihre Freunde waren weg. Sie war alleine, vollkommen alleine. Alles um sie herum wurde mehr und mehr von der Dunkelheit aufgezogen. Das Wasser zu ihren Füßen stieg an. Ihre Lippen öffneten sich, sie wollte nach Tailmon, Taichi oder Takeru rufen, doch sie war stumm. Es wurde kalt. Sie hatte das Gefühl, als würde eine schwere Hand auf ihrer Schulter lasten, sie zu sich ziehen. In die Finsternis, in die Tiefe. „Komm zu uns. Werde ein Teil von uns. Gib uns dein Licht“, flüsterten leise Stimmen in ihrem Kopf. Die schattigen Hände griffen nach ihren Armen und Beinen. Sie konnte nichts tun, sich nicht wehren, nicht dagegen ankämpfen. Sie sank weiter in das dunkle Wasser, faltete ihre Hände. Erinnerungen an die lachenden Gesichter ihrer Freunde, deren Digimon und Tailmon erschienen vor ihren geschlossenen Augen. Salzige Tränen suchten sich den Weg über ihre Wangen. Ihr Körper trieb im Wasser, das Gesicht versank immer weiter. Kälte und Dunkelheit umschlossen sie. „Hikari!“ An dem dunklen Himmel erschien ein Funke, ein goldener Schimmer. „Hikari! Du bist nicht alleine!“ Eine weitere Stimme. Sie klang so vertraut. „Hikari!“ Das Leuchten wurde stärker. Sie wollte die Hand heben, dem warmen Licht entgegen. Doch die Schatten wollten nicht von ihr ablassen. „Hikari! Du bist stärker als die Finsternis.“ Ihr Herz hämmerte, ihr Körper war von Gänsehaut überzogen. Tailmon? Das war ihr Tailmon. „Hikari!“ Und da war noch jemand. Das goldene Leuchten wurde größer und kam näher. Seine Silhouette nahm Form an. Die Form ihres langjährigen Freundes. Takeru. „Ich bin hier, Hikari!“ Er schwebte in der Luft, als sei er ein Engel. Sein Licht, seine Hoffnung war so warm und stark. Über seiner Schulter erkannte sie einen ganz leichten rosafarbenen Schimmer. „Nimm meine Hand!“ Die Schatten hielten sie hartnäckig fest, wollten sie weiter nach unten ziehen. Doch Takerus Licht schwächte sie. Gleichzeitig erfüllte es Hikari mit neuer Energie, mit neuem Mut – sie ließ sich nicht von der Finsternis beherrschen. Mit aller Kraft riss sie sich los und ergriff die Hand ihres Freundes. Sein Licht, seine leuchtenden Flügel hüllten sie in eine Decke aus Wärme und Geborgenheit, als er sie in seine Arme zog. Als sie ihre Augen aufschlug, befand sich Hikari in einem dunklen Raum. Sie brauchte eine Weile, bis sie sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte, doch sie spürte die körperliche Wärme an ihrer Hand. Sie drehte ihren Kopf und blickte in Takerus echtes Gesicht. Als ihre Blicke sich trafen, drückte er ihre Hand fester. „Hikari-chan! Endlich bist du wach!“, rief Patamon von dem Kopf seines Partners aus. Ihre Gedanken sprangen daraufhin sofort zu Tailmon. Sie hatte es doch gehört. Das rosafarbene Licht hatte nur Tailmon sein können. Es musste hier irgendwo sein. Als wüsste Takeru, nach wem sie Ausschau hielt, deutete er auf die andere Seite. „Dort drüben“, flüsterte er leise. Ihr Katzen-Digimon lag in einem Korb, der wie für es gemacht war. Die junge Frau sprang sofort auf. „Tailmon!“ Doch ihr Digimon reagierte nicht, weder auf ihre Worte noch auf ihre Berührungen. „Was ist mit Tailmon?“ Patamon sah zu Takeru, der daraufhin aufstand und sich neben sie stellte. „Bis eben war es in einer Kugel aus dunkler Energie gefangen. Als du aufgewacht bist, hat sie sich aufgelöst“, erklärte er leise. Die Tür wurde aufgestoßen und die beiden Digiritter zuckten zusammen. „Hikari-chan! Ein Glück, dass wir dich gefunden haben.“ Hinter der älteren ertönte lautes Getöse. „Schnell wir müssen hier weg! Der Turm kann jeden Moment einstürzen.“ Sie hielt die Tür auf, doch Hikari war bewegungsunfähig. Warme Hände auf ihren Schultern ließen sie etwas entspannen. „Halte Tailmon einfach fest. Wir finden einen Weg, damit sie wieder aufwacht.“ Eine Träne zupfte an ihrem Auge, doch sie blinzelte sie weg und nickte. Dankbar für den Halt, den Takeru ihr gab. Sie hielt ihr schlafendes Tailmon fest in ihren Armen und lief eilig aus dem Raum. - Taichi – „Forbidden Trident!“ Dagomons Schatten schleuderte einen großen, dunkel leuchtenden Dreizack in ihre Mitte, sodass Paildramon, MetalGreymon und WereGarurumon auseinander sprangen. „Snake Bandage!“ Mummymon fokussierte sich vollständig auf Paildramon. Bisher hielten sie sich gut, doch Dagomons Geist, angestachelt von Mummymons Manipulation war nicht so einfach abzuwehren. Von dem Dreizack ging ein schwarzer Blitz aus, der WereGarurumon davon schleuderte, direkt auf seinen Partner zu. „Thousand Whips!“ Währenddessen musste MetalGreymon einen weiteren schweren Angriff abwehren. Taichi umklammerte verzweifelt sein Digivice. Es reichte einfach nicht. Warum reichte seine Kraft nicht?! „MetalGreymon! Wir müssen ihn besiegen – für Hikari!“ MetalGreymon digitierte auf das Ultimate-Level zu WarGreymon. Es breitete seine Flügel aus und schoss auf Dagomons Geist zu. WarGreymon war so schnell, dass die Tentakel seines Gegners ihn verfehlten. „Mega Claw!“ Grölend kippte das Virus-Digimon ins Wasser. Angestachelt von dieser bevorstehenden Niederlage reagierte Mummymon sofort. Es lenkte Paildramon mit einem Schuss aus seiner Waffe ab, um anschließend seine Bandagen um Daisuke zu schlingen. „Ich lasse nicht zu, dass ihr gewinnt! Vorher zerquetsche ich den Bengel noch!“ Taichi blickte von dem jüngeren Digiritter zu WarGreymon und wieder zurück. Daisuke keuchte und Mummymon zog die Bandagen noch enger. Ken starrte seinen Freund schockiert an. Im Meer richtete sich der Schatten von Dagomon wieder auf, zielte mit seinem Tentakel direkt auf WarGreymon. Es sollte ausweichen und kämpfen, aber Taichi konnte nicht einfach das Leben eines Freundes aufs Spiel setzen. „Daisuke!“, rief Ken verängstigt, voller Verzweiflung als der Digiritter nach Luft schnappte. Im gleichen Moment wurde WarGreymon wie eine Fliege in den Sand geschleudert und von dem Tentakel auf den Boden gedrückt. „Thousand Whips!“ Taichi fiel auf die Knie, konnte nur mit ansehen, wie sein Digimon wieder und wieder geschlagen wurde. Wie seinem Freund jegliche Luft aus den Lungen gedrückt und seine Knochen zerdrückt wurden. Er konnte ihnen nicht helfen. Und Mummymon lachte über diese Unfähigkeit. „Black Tornado!“ Ein dunkler Sturm zog an Taichi vorbei, bohrte sich in den großen Körper von Dogomons Geist. Gleichzeitig stürmte ein schwarzes Drachen-Digimon – XV-mon? – heran und zerfetzte Mummymons Bandagen in kleine Einzelteile. Daisuke fiel in den Sand, rang nach Luft, atmete den Sauerstoff gierig ein. Dann sah er zu der schwarzen Version seines Digipartners auf. „Hey, Leute!“ Hinter ihnen tauchte Mimi auf, gefolgt von all den schwarzen Digimon, die sie in dieser Welt getroffen hatten. „Ich habe Verstärkung mitgebracht. Scheint ein super Timing zu sein.“ Taichi erhob sich aus dem Sand, stieg auf wie der Phönix aus der Asche. Sein Blick war fest auf WarGreymon und BlackWarGreymon gerichtet, die kampfbereit nebeneinander standen. „Lasst sie uns fertig machen!“, rief er und hob seine Faust in den Himmel. Kapitel 10: ------------ - Takeru – Sora lief voraus, dicht gefolgt von Hikari, das Schlusslicht bildete Takeru. An der Spitze des Turms, der beim Kampf gegen LadyDevimon scheinbar halb zerstört worden war, warteten Iori, Armadimon und Houhoumon. „Wo ist ShadowSeraphimon?“, fragte Takeru außer Atem und blickte sich um. „Kämpft immer noch gegen Daemon“, erklärte Sora und kletterte auf ihr Vogel-Digimon. Die anderen stiegen ebenfalls auf den Rücken von Houhoumon. Als es in die Luft aufstieg, krachten Daemon und ShadowSeraphimon in das Dach des anderen Turms. Takerus Schultern spannten sich an. „Wir müssen ihm helfen“, sagte er im Aufwind des Fluges. „Chaos Flare!“ ShadowSeraphimon wurde in einem Wirbelsturm aus Flammen gefangen. „Hammer Knuckle!“ Daemon schlug das dunkle Engel-Digimon mit voller Wucht auf den Turm. Es krachte die Etagen herunter, brachte die Steine zum Zittern. Einstürzende Steinbrocken regneten in das Innere des Turms. Takerus Herz wurde schwer in seiner Brust. Sie konnten doch nicht einfach nur dabei zusehen, wie ShadowSeraphimon sich opferte. Es schien so, als sei Daemon sich seines Sieges sicher. Als es sie auf dem großen Feuervogel bemerkte, schlug es seine Flügel auf und schoss auf sie zu – und es war wütend. „Ich verbrenne euch alle zu Asche!“, rief es und hob seine Hände gen Himmel. „Evil Inferno!“ Takeru sah das dunkle Leuchten aus dem Augenwinkel. Sein Mund öffnete sich, doch sein Schrei wurde von der Wucht des Angriffs, der ShadowSeraphimon traf, verschluckt. Die Druckwelle und die Hitze drückten sie davon. Sie konnten nur noch sehen, wie die Umrisse des Digimons im Höllenfeuer zerfielen. Als sich die Flammen zurückzogen, flogen nur noch die weiß leuchtenden Daten durch die Luft. Tränen sammelten sich in Takerus Augen, fielen in seinen Schoß als er den Blick senkte. Es hatte so viel für ihn getan und sich für sie geopfert, für Hikari, für ihn, für ihre Freunde. Soras Stimme riss ihn aus seiner Schockstarre. „Was passiert hier?“ Takeru hob seinen Kopf. Die Daten von ShadowSeraphimon schwebten zu ihnen. Zu ihm und zu Hikari und hüllten sie beide in eine helle Lichtaura. - Hikari – Mit Tailmon auf ihrem Schoß konnte Hikari nur entsetzt bei dem Kampf zuschauen. Es brach ihr das Herz, wie sehr Takeru dabei litt. Sie schlug ihre Hand vor den Mund als Daemon den finalen Schlag ausführte und das ShadowSeraphimon sich auflöste. In ihrem Herzen spürte sie eine tiefe Verbindung zu dem Digimon, obwohl sie es gerade das erste Mal gesehen hatte. Vielleicht war diese Verbindung auch der Grund dafür, dass seine Daten zu ihr flogen. Wie ein feiner Sommerregen rieselte das helle Licht auf sie, auf Tailmon und auf Takeru und seinen Partner herunter. In einem kurzen Moment, in dem sie sich erlaubte, die Augen zu schließen, sah sie Takerus Lächeln vor sich. „Hikari.“ Sofort riss sie ihren Kopf herunter. Sie blickte auf Tailmon, das seine Augen endlich geöffnet hatte. „Es wird Zeit, Hikari“, sagte es und begann vor ihr zu schweben und zu leuchten. Tailmons Körper war von reinem Licht erfüllt. Obwohl Hikari ihr D-3 nicht dabei hatte, digitierte ihr Partner auf das Perfect-Level zu Angewomon. Der Engel erhob sich in der Luft, erfüllte sie und sich selbst mit hellem, warmem Licht. Angewomon digitierte noch eine Stufe weiter auf das Ultimate-Level und wurde zu Ophanimon. Mit der grünen Rüstung und dem goldenen Speer in der Hand schwebte es majestätisch am Himmel. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. „Ich lasse nicht zu, dass du noch irgendjemandem wehtust“, sagte Ophanimon und richtete ihre Waffe auf Daemon. Unbewusst griff Hikari nach der Hand ihres Freundes. Takeru verschränkte seine Finger mit ihren. „Patamon. Wir müssen Ophanimon unterstützen.“ Sein Digipartner stieg in die Luft auf. Es digitierte erst zu Angemon, dann zu MagnaAngemon und schließlich auch auf das Ultimate-Level zu Seraphimon, seinem Seraphimon in glänzender blaugoldener Rüstung. „Gemeinsam beenden wir deine Tyrannei!“ Seraphimon beschwor Excalibur und stürmte gemeinsam mit Ophanimon auf ihren Gegner zu. Hikari blickte gebannt in den Himmel, sah nur die Funken, wenn die Digimon aufeinander prallten. „Evil Inferno!“ Hikari drückte Takerus Hand fester, lehnte sich hoffnungsvoll an ihn, während sie den Kampf nur beobachten konnten. Ophanimon wehrte das Höllenfeuer mit ihrem Schild ab, lud in der anderen Hand ihren Speer mit heiliger Energie auf. Seraphimon stützte sie an der Schulter. Hinter ihr bereitete es seinen Strike of the Seven Stars vor, den es Daemon entgegen schleuderte. Den Moment der Ablenkung nutzend, flog Seraphimon hinter seinen Gegner, um ihn einzukesseln. So konnten sie ihn von beiden Seiten attackieren. „Rising Halo!“ Blitze aus heiligem Licht regneten auf das bösartige Digimon herab. Es hob seine Arme, war nicht auf den nächsten Angriff gefasst. „Eden’s Juvelin!“ Die aufgestaute Lichtenergie entlud sich aus Ophanimons Speer. Sie schoss sie in einem geraden Strahl direkt auf Daemon zu und durchbohrte seinen fliegenden Körper. Als das Licht abklang, klaffte ein riesiges Loch in seinem Oberkörper. So wie ShadowSeraphimon sich vor wenigen Minuten noch aufgelöst hatte, war es diesmal Daemon, das mehr und mehr in Daten zerfiel. Die letzte Tat der heiligen Engel-Digimon war es, die Daten zu reinigen, um sicherzustellen, dass die Finsternis sich nicht anderweitig manifestierte. Ophanimon und Seraphimon verwandelten sich zurück in ihre Babyformen Nyaromon und Poyomon. Sie schwebten in die Arme ihrer Partner, die sie herzlich willkommen hießen. „Das habt ihr großartig gemacht“, flüsterte sie und schmiegte sich erst an Nyaromon und lehnte sich dann erschöpft an Takeru. - Daisuke – Das Auftauchen von BlackWarGreymon und den anderen schwarzen Digimon wendete das Blatt zum Guten. Nicht nur Taichi schien dadurch einen Aufschwung zu erleben, auch Daisuke war sich einmal mehr sicher, dass sie das Ganze mit einem finalen Schlag zu Ende bringen würden. Er griff nach Kens Hand und nickte ihm zu. Gemeinsam ließen sie Paildramon zu Imperialdramon digitieren. Während WarGreymon und BlackWarGreymon ihre Gaia Force und Black Gaia Force aufluden, um Dagomons Geist endgültig zu vernichten, fokussierten Daisuke und Ken sich auf Mummymon. Die drei Drachen-Digimon feuerten gleichzeitig ihre Angriffe ab. „Eternal Zeal!“ Mummymon wurde von Imperialdramons Feuerwirbel erfasst, dem er nicht mehr entkommen konnte. Der Flammensturm ließ nur die Waffe seines Gegners übrig, doch auf diese löste sich kurze Zeit später auf. Dagomons Schatten verblasse in dampfendem Nebel. Chibomon und Leafmon schwebten langsam in den Sand und sprangen den Digirittern in die Arme, bevor diese vor Erschöpfung zu Boden fielen. Miyako kam sofort angelaufen, um nach ihnen zu sehen. „Schaut mal dort!“ Mimi deutete auf den Himmel, an dem ein riesiger Vogel zu sehen war. Einen weiteren Kampf würden sie nicht so einfach überstehen. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass es Soras Houhoumon war. Und die noch viel bessere Nachricht war, dass Hikari sie begleitete. „Takeru hat es also geschafft“, sagte Ken neben ihm und lächelte zufrieden. Sora, Iori, Takeru und Hikari stiegen von dem Vogel-Digimon ab, ehe es sich in Yokomon zurückverwandelte. Taichi rannte seine kleine Schwester beinahe um, das gleiche tat Yamato bei Takeru. Die beiden Jüngeren schafften es gerade so, ihre Baby-Digimon vor der festen Umarmung zu beschützen. „Tu das nie wieder“, hörte Daisuke den älteren Digiritter schimpfen. Wenn er sich nicht irrte, war seine Stimme aber auch ein bisschen weinerlich. Als er sie nach einer gefühlten Ewigkeit losließ, blickte Hikari auf die schwarzen Digimon, die sich in einem Kreis um sie herum aufgestellt hatten. Alle bei ihren farbigen Ebenbildern. „Unsere Aufgabe ist erfüllt“, sagte BlackAgumon und verneigte sich. Hikari nickte und sprach noch ein paar Worte des Dankes aus. Dann begannen die Digimon zu leuchten. Sie lösten sich langsam auf und kehrten zu Hikari und ihren Freunden zurück. ~ - Hikari – Mit Hilfe der D-3 der Digiritter aus der zweiten Generation öffneten sie das Portal, über das sie gemeinsam wieder in die Digiwelt zurückkehrten. Endlich wieder am richtigen Strand angekommen, nahm Hikari einen tiefen Sog von der salzigen Meeresluft. Ihre Rückkehr feierten Sie mit einem großen Festmahl, als wäre sie nie weg gewesen. Trotz des langen Tages, trotz der Erschöpfung feierten und spielten sie, genossen die Zeit und schafften es, endlich wieder zu entspannen. Hikari macht das, was sie am liebsten tat: Zwischen ihren Freunden herumtänzeln und Fotos schießen. Die Sonne ging gerade am Horizont unter und tauchte den Strandabschnitt in satte Rot- und Orangetöne. Mimi und Miyako turtelten am Wasser und waren das perfekte Motiv für Hikaris Kameralinse. Mit ihren Händen formten sie ein Herz, durch das die Sonne ihre letzten Strahlen schickte. Zufrieden über diesen herrlichen Schnappschuss spazierte Hikari zurück zu der Decke, auf der Takeru saß und über sie wachte, wie ein Schutzengel. Als er ihr eine Flasche Wasser reichte, schenkte sie ihm ein dankbares Lächeln. „Du wolltest noch mit mir reden“, sagte sie und strich ihr hellblaues Kleid glatt. Takeru sah eine Weile auf das Meer hinaus und stand dann auf. „Wollen wir ein Stück spazieren gehen?“ „Gerne.“ - Takeru - Lange, viel zu lange hatte Takeru überlegt, wie er Hikari seine Gefühle klarmachen sollte. Dann war sie plötzlich verschwunden und fast hätte er all das verloren. Als die beiden abseits der anderen etwas Privatsphäre hatten, nahm er seinen Mut endlich zusammen. „Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um mir über etwas klar zu werden…“, begann er und spielte mit der Schachtel in seiner Hosentasche. „Ich habe hier ein Geschenk für dich.“ Für den Fall, dass sie seine Gefühle nicht erwidern sollte, wollte er ihr zumindest das Armband gegeben haben, als kleine Geste eines guten Freundes. Er zog die Schachtel aus seiner Hosentasche und übergab sie ihr. Neugierig beobachtete er seine Freundin dabei, wie sie den Deckel anhob und wie ihre Augen zu leuchten begannen. „Die Anhänger habe ich selbst ausgesucht. Die Kamera für deine Leidenschaft, das Katzengesicht für Tailmon und der Engelsflügel für Angewomon und Ophanimon. Das alles verbinde ich mit dir.“ Seine Wangen wurden heiß und er hoffte, dass es bei der aktuellen Lichtstimmung nicht auffiel. „Das ist wunderschön. Danke, Takeru! Ich liebe es!“ Erleichterung erfüllte ihn und gleichzeitig sprang sein Herz fast aus seiner Brust. Er griff nach ihrer Hand. „Und ich liebe dich, Hikari. Ich wollte es dir die ganze Zeit schon sagen. Die letzten Stunden haben es mir nur noch klarer gemacht.“ Er führte ihre Hand an seine Brust. „Ich liebe dich. Ich habe dich immer geliebt und ich hätte es nicht ertragen, wenn ich dich verloren hätte.“ Hikari sah ihn an. Überrascht, verlegen oder unsicher? Doch dann verzogen sich ihre Lippen zu einem weichen Lächeln. „Ich dachte nicht, dass ich diese Art von Mädchen für dich bin“, antwortete sie leise. Die Sonne wurde auf der Träne, die aus ihrem Augenwinkel lief, reflektiert. „Doch, das bist du. Ich war nur zu blind, es zu sehen.“ Er strich mit seiner Hand über ihre Wange, dann lehnte er seine Stirn an ihre. „Ich will mit dir zusammen sein, nur mit dir.“ „Ich will auch mit dir zusammen sein, Takeru.“ Eine Bewegung reichte, um die letzte Entfernung zwischen ihnen zu überbrücken und ihre Worte mit einem Kuss zu besiegeln. - Ende – Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)