Junkies lügen (nicht) von KiraNear ([Monday Muse]) ================================================================================ Kapitel 1: Junkies lügen (nicht) -------------------------------- Voller Motivation stand Sam im Hauptraum des Bunkers und begann, die letzten Gegenstände in seinem Rucksack zu verstauen. Sowohl seine gefüllte Wasserflasche, als auch eine geschlossene Schüssel mit einem gemischten, gesunden Salat fanden ihren Weg in die braunfarbene Transporttasche. Er warf einen letzten Blick hinein, überprüfte, ob er alles dabei hatte, was er für den heutigen Tag benötigen würde. Proviant für die Mittagspause, Laptop, Ladekabel, Geldbeutel und der Schlüssel zum Bunker. Dazu noch der Autoschlüssel in seiner Hosentasche, welchen er von außen ertasten konnte. Ja, er hatte alles, er war bereit, aufzubrechen. So verschloss er seinen Rucksack und stellte ihn aufrecht auf dem Tisch auf. In der Zwischenzeit verließ sein Bruder Dean die Dusche, dessen angenehmen Wasserdruck er bis an den heutigen Tag mehr als schätzte. Kaum hat er Körper und Haar mit dem Handtuch halbwegs getrocknet, zog er sich einen Morgenmantel über und schlenderte durch die Gänge des Bunkers, bis er den Hauptraum erreichte. Er sah, wie sein Bruder sich bereit machte, den Bunker zu verlassen und begann sich zu wundern. „Wir haben einen neuen Fall? Oder machst du neuerdings Solo-Touren?“, fragte Dean, während er auf den Rucksack seines Bruders deutete. Dieser sah von seinem Rucksack hoch und Dean direkt ins Gesicht. „Was? Ach, nein, ich dachte mir, ich fahre mal eben in die Stadt Salina rüber,“ antwortete er aufrichtig. „Die haben dort eine antiquarische Bibliothek und ich will mich da ein wenig umsehen, ob ich da nicht noch ein paar Infos rausbekommen kann.“ Dean verschränkte seine Arme und sah Sam mit ein wenig Misstrauen, aber auch Verwunderung an. „Infos über die Klinge? Oder über Abaddon?“, sagte er, während sein Gesichtsausdruck in einen fragenden umwechselte. Sam räusperte sich. „Über beides, aber vor allem über die Klinge. Möglicherweise bekomme ich auch noch etwas über das Kainsmal heraus, auch wenn ich das weniger glaube. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert. Hier gibt es zwar eine Menge Bücher ...“ Er sah sich demonstrativ im Raum um. „Aber ein paar Quellen von außerhalb zu beziehen kann hin und wieder auch nicht schaden.“ Mit einem kräftigen Ruck beförderte Sam den Rucksack auf seine hintere Körperhälfte und zog ihn an. „Möchtest du mitkommen?“, fragte er, kaum saß der Rucksack an der richtigen Stelle. „Ich? Nein, danke, ich bleibe dann doch lieber hier. Ich habe in genug staubige Bücher für den Rest meines Lebens geguckt, glaub mir.“ Dean entfernte sich ein paar Schritte von seinem Bruder, blieb dann stehen und drehte sich wieder zu ihm um. Dabei schob er einer seiner Hände in die Tasche seines Bademantels. „Aber wenn du schon mal mit meinem Baby wegfährst, sei doch so gut und bring mir einen Burger mit. Nein, zwei. Könnte mal wieder was fettiges, fleischiges zwischen meinen Zähnen gebrauchen. Im Gegensatz zu dir macht mich Kaninchenfutter so überhaupt nicht glücklich. Oder satt.“ Sam seufzte laut auf. Dass sich sein Bruder über seine gesunde Ernährungsweise lustig machte, während er dagegen fast nur ungesundes Essen zu sich nahm, war eines der Dinge, die sich wohl nie zwischen ihnen ändern würde. „Wie du meinst, ist nicht mein Magen, den du dir damit ruinierst. Abgesehen davon kann dir etwas frisches oder zumindest selbst gekochtes Essen auch nicht schaden, wenigstens ab und zu. Besonders jetzt, wo wir eine eigene Küche haben und nicht mehr auf Fastfood-Restaurants angewiesen sind ...“ Sam zuckte mit den Schultern, dann machte er sich auf den Weg und ging mehrere Stufen der Treppe hinauf. „Was solls. Ich bring dir ein paar Burger mit, wenn ich auf dem Rückweg bin. Und, was wirst du heute machen, wenn du schon nicht mitkommen willst?“ Kaum hatte Dean Sams Frage gehört, blickte der Ältere zu ihm hinauf. „Ich werde einfach nach neuen Fällen Ausschau halten, oder nach Anzeichen von Abaddon, vielleicht finde ich ja was was heraus. Aber erst mal mache ich mir einen Kaffee, muss ja vor der Arbeit erst richtig wachwerden.“ Wieder ging er ein paar Schritte weg, in die Richtung der Küche, bevor er erneut stehen blieb und sich in einem Atemzug ein letztes Mal zu seinem Bruder umdrehte. „Aber mach mir ja keinen Kratzer in den Lack, verstanden?“ „Ich werde darauf achten, wie auf meinen Augapfel“, erwiderte Sam. „Bis später!“ So stieg er den Rest der Treppe hinauf und verließ den Bunker durch die Eingangstüre. „Ja, bis später“, sagte Dean und sah seinem Bruder nach, bis dieser durch die Türe verschwunden war. Anschließend fiel sein Blick, wie des öfteren in der letzten Zeit, auf das Kainsmal an seinem rechten Unterarm. Er hielt den Anblick nur wenige Sekunden aus, bevor er das narbenartige Gebilde mit seiner linken Hand abdeckte. Rasch schluckte er überschüssigen Speichel hinunter und zwang sich, seinen Blick von seinem Arm zu nehmen, zerrte gerade zu seine Augen in eine gänzlich andere Blickrichtung. Schließlich erinnerte er sich an sein Vorhaben und ging wieder in Richtung Küche, um sich den erwünschten Kaffee zu kochen.   ~ Zwei Stunden später ~   Dean hatte es sich im Hauptraum des Bunkers bequem gemacht, seinen Bademantel gegen seine übliche Art von Tageskleidung eingetauscht. Die Kaffeetasse, welche er auf dem Tisch abgestellt hatte, war inzwischen längst geleert worden. Mit gelangweiltem Blick starrte er auf den Bildschirm des Laptops vor sich, doch er sah nichts vom angezeigten Inhalt wirklich an. Weder konnte er einen interessanten Fall für sich und seinen Bruder finden, noch irgendein Anzeichen, das verraten könnte, wo sich Abaddon gegenwärtig aufhalten würde. Anfangs hatte er sich nichts gedacht, doch als er schließlich überhaupt nicht fündig geworden war, weder in dem einen Anliegen, noch in dem anderen, hatte er frustriert aufgegeben. Verstohlen blickte er in die Richtung der Bunkertür, doch noch immer war Sam unterwegs. Dean wusste dank der Wegbeschreibung im Internet, dass Sam allein schon für die Fahrt zur Bibliothek in Salina knapp zwei Stunden aufbringen müsste, trotz der Tatsache, dass sich die Stadt noch im gleichen Bundesstaat befand wie der Bunker selbst. Dean begann ein wenig nachzudenken, abzuwägen. Nach ein paar Minuten kam er zu einer Entscheidung. „Sorry, Sammy, ich weiß, ich hab gesagt, wir machen das jetzt immer zusammen, aber ...“ Er verließ seinen Platz am Kartentisch, suchte diverse Zutaten wie auch eine Schüssel zusammen und legte alles auf dem Tisch ab. Richtete alles her, wie er es für eine Dämonenbeschwörung benötigen würde. Kaum hatte er alles vorbereitet, zündete er ein Streichholz an, warf es in die Schüssel und wartete. Zu seinem Glück beschränkte sich die Wartezeit auf nur wenige Sekunden. Crowley, der König der Hölle, erschien rechts von ihm, mit einer kleinen Tasse in der Hand. Dean konnte erkennen, dass auf der Tasse ein Spruch abgebildet war, war jedoch nicht in der Lage, ihn genau zu erkennen. „Hallo Jungs“, sagte er, sah sich um und konnte entgegen seiner Erwartung nur Dean Winchester sehen. „Oh, ohne Föhnie? Wird das hier ein Solo-Date? Wie romantisch!“ Doch Dean war nicht nach dummen Sprüchen oder anderen heiteren Dingen zumute. Er sah zuerst in Crowleys Gesicht, dann auf dessen Tasse in der Hand. „Ist das Blut?“ „Nein?“, erwiderte der König der Hölle leicht unsicher. „Das ist keine Frage, die du mit einer Gegenfrage beantworten sollst!“, begann Dean laut loszupoltern. Genervt rollte er mit den Augen. „Ernsthaft, Crowley, fängst du damit wieder an? Hat dir die Sache im Hotel letztes Mal nicht gereicht? Das Blut, die Leiche und der Dämon, der dich verraten wollte? Ich dachte, du willst clean werden, ohne, dass wir dich dafür wieder in unserem Partykeller einsperren müssen!“ Crowley sah seinen Gesprächspartner beschwichtigend an: „Hey, es ist nur eine halbe Tasse voll, entspann dich. Das ist wie bei den … bei den Rauchern“, wand er sich sichtbar um Worte. „Eine letzte Zigarette noch und dann ist Schluss.“ Er stellte seine Tasse auf dem Tisch ab, verlor sie jedoch nicht aus den Augen. „Es ist halt nicht so einfach mit dem Aufhören, verstehst du?“ Nun warf auch Dean einen Blick auf die Tasse, jetzt konnte er auch den Spruch erkennen. „Yes, I know there‘s a special place in hell for me. It‘s called a throne“ prangte dort mit weißer Schrift auf dunklem Hintergrund und es war Dean vollkommen klar, warum Crowley Gefallen an dieser Tasse gefunden hatte. Unzufrieden mit der Gesamtsituation, verschränkte er ein weiteres Mal seine Arme und rollte mit den Augen. „Sicher, das glaube ich dir sofort. Du würdest auch gar nicht noch einmal rückfällig werden, nein, überhaupt nicht.“ Schneller, als Crowley reagieren konnte, nahm Dean die Tasse an sich. „Reiß dich mal zusammen, wenn du schon Anspruch auf den Thron da unten erhebst, dann solltest du dich auch wie ein König aufführen. Und nicht wie eine verdammte Crack-Hure!“ Kaum ausgesprochen, ging der junge Mann stampfend seinen Weg zur Küche. Crowley, der die Tasse nach wie vor mit seinen stummen Blicken beobachtet hatte, begann mit flotten Schritten Dean in die Küche zu folgen. „Hey, hey, mal langsam, was hast du damit vor?“, fragte er mit zittriger Stimme, alles an Selbstbewusstsein, welches der König der Dämonen bisher aufbringen konnte, war zu einem elenden Häufchen zusammengefallen. Selbst die Tatsache, dass er sich frei im Bunker teleportieren konnte, schien Crowley nicht in den Sinn zu kommen. So gelang es ihm nicht, Dean auf dem Weg zur Küche aufzuhalten, der junge Mann war zu schnell für ihn. Er konnte nur noch zusehen, wie Dean den Inhalt seiner neuesten Lieblingstasse in den Abfluss goss und hinterher großzügig alles abspülte. Seufzend blieb Crowley im Türrahmen stehen. Dass er sich schleunigst neues Blut beschaffen müsste, war für ihn mehr als sonnenklar. „Siehst du doch, was ich vorhabe, ich helfe dir beim Entzug“, sagte Dean und drehte sich zum König der Dämonen um. „Glaub ja nicht, dass ich da hier zum ersten Mal durchmache. Sammy war auch mal süchtig nach Blut und ich kenne die Tricks von Süchtigen, jedes einzelne Versteck und jede einzige Lüge. Die hören nicht einfach auf, nur, weil sie es behaupten. Abgesehen davon bist du nicht brauchbar, wenn du high bist. Ich dachte, du willst Abaddon töten? Aber anstatt dich auf den Weg zu machen und sie zu finden, tourst du lieber weiter durch die Gegend und gibst dir den nächsten Kick. Wie erbärmlich.“ Die letzten Worte spukte er dem Dämonenkönig nahezu vor die Füße. Dieser sah dagegen weiterhin in die Richtung des Waschbeckens, durch dessen Abfluss das Blut seinen Weg außerhalb des Bunkers bahnte. Er wusste, diese Tropfen würde er nie mehr wiedersehen und selbst wenn er es versuchen würde, das Blut wieder aus dem Abwasser zu beschaffen, wäre der Aufwand dafür viel zu groß. Für eine kurze Weile starrte er das Waschbecken an, mit dem typischen Blick, wenn er etwas überdachte. Dann sah er wieder zu Dean, der Ausdruck in seinen Augen fester, aber auch skeptisch. „Sieh an“, sagte Crowley und klang wieder deutlich ruhiger, als auch selbstbewusster. „Du siehst dich also als jemand an, der das Suchtverhalten von anderen beurteilen kann. Dabei würde mich eins brennend interessieren: Wie geht es dem Mal auf deinem Arm?“ Die Augen zu engen Schlitzen zusammengezogen, sah Dean weg, er konnte den Blickkontakt zu Crowley nicht länger aufrecht halten. Gleichzeitig verdeckte er beschämt das Mal mit seiner linken Hand, als wäre die Sache damit aus der Welt. Für Crowley war sie es jedenfalls nicht. Dieser sah auf die Hand des Jägers hinunter, und zog eine Augenbraue hoch. „Verstehe, verstehe. Bei dir ist also alles … in Ordnung.“ Ruhigen Schrittes betrat er die Küche und ging ein paar Schritte auf Dean zu. „Du hast also kein Verlangen danach, die Klinge an dich zu nehmen, das Pulsieren in deinen Adern zu spüren und die Mordlust auf deiner Zunge zu schmecken? Denn nein, bei dir ist alles gut, denn du hast deine Sucht unter Kontrolle, nicht wahr?“ Wieder kam er in Bewegung, ging mehrere Schritte, bis er vor dem Tisch stehen blieb, an welchem Sam des Öfteren seinen Morgenkaffee trank. Crowley blickte sich um, lächelte Dean schwach an. „Abgesehen von der Tatsache, dass du im Gegensatz zu mir mit deinem Suchtmittel eine Gefahr wärst. Nicht nur für mich und alle Bewohner der Hölle, nein, sogar für deinen Bruder oder dich selbst. Doch so wie ich dich einschätze, würde dich das letzte nicht all zu sehr stören, wie man es von normalen Menschen vermuten würde.“ Er musste sich ein Lachen unterdrücken, stattdessen kratzte er sich nur am Kinn. „Ich habe gesehen, wie du neben deinem Impala gestanden bist oder in der Villa von Sinclair. Diese Gier in deinen Augen und wie sehr du das alles genossen hast.“ Mit wenigen, schnellen Schritten schloss Dean die Distanz zwischen ihm und Crowley, nur einen kleinen Spalt Abstand ließ er zwischen ihnen gewähren. „Vergleich mich nicht mit dir! Ja, ich war auf den Mistkerl Sinclair wütend und ihn zu töten hat sich gut angefühlt, so gut, aber er … er war ein Irrer und es war am besten so. Wer weiß, was er Sammy noch alles angetan hätte?“ Sein Blick wechselte zwischen Crowley und dem Raum hin und her, was dem Dämonen nicht entging. Dieser nickte schwach. „Ja, versuch nur, dich zu rechtfertigen, bei Föhnfrisur mag das vielleicht funktionieren, aber nein, mich kannst du damit nicht kaufen.“ Mit diesen Worten ließ er Dean stehen und ging zum Kühlschrank, öffnete diesen und betrachtete den Inhalt. „Wow, von was lebt ihr hier eigentlich? Kein einziger guter Tropfen in diesem Hause? Kein Wunder, dass ihr so selten locker drauf seid ...“ Mit zwei Fingerspitzen, als hätte er ein verschimmeltes Sandwich gefunden, zog er eine kleine Schnapsflasche heraus. Diese hielt er in Deans Richtung. „Wirklich, ist das euer Ernst?“, sagte er, ließ jedoch die Flasche in einer Tasche seiner Jacke verschwinden. Anschließend nahm er eine weitere Flasche heraus, gefüllt mit einem grünen Smoothie und dem Aufdruck „Sam!“ heraus. Kritisch sah Crowley den Inhalt an, er hatte keinen Zweifel, dass sich Dean daran nie bedienen würde. „Wie auch immer ...“ Mit einem lauten Knacken öffnete er die Flasche, nahm einen kräftigen Schluck und verzog angeekelt das Gesicht. „Grünkohl... Föhnie hat einen noch seltsameren Geschmack, als ich ihm zugemutet hätte.“ Dean beobachtete ungläubig den König der Hölle. Dann schlug er mit der Faust auf die Küchenzeile auf. „Hey, ignorier mich nicht, dafür habe ich dich nicht herbeigerufen! Und lass Sammys Kaninchen-Getränk in Ruhe, am Ende macht er mich noch dafür verantwortlich, wenn die Hälfte davon fehlt!“, blaffte er Crowley laut an. Dieser blickte zu Dean hinüber, machte jedoch keine Anstalten, sich zu beeilen. Stattdessen verschloss er die Flasche langsam, im gleichen Tempo verschloss er den Kühlschrank und ging mit seiner Beute zurück zum Tisch. „Nein, offensichtlich nicht. Weiß Föhnie überhaupt davon, dass du mich gerufen hast? Oder hast du ihn fortgejagt, in der Hoffnung, dass du mir die Klinge abluchsen kannst, ohne, dass er es verhindert? Du weißt es, ich weiß es und er wüsste es sicherlich auch, denn er würde alles tun, damit du sie nicht so schnell wieder in die Finger bekommst.“ Er warf einen letzten Blick auf die Flasche, entschied sich dagegen einen weiteren Schluck zu nehmen und stellte sie mit einem angewidertem Gesichtsausdruck auf den Tisch. „Nun, falls du dir das wirklich erhofft hattest, falls du wirklich davon ausgegangen bist, dass ich so dumm bin und in deiner Gegenwart die Klinge in meiner Jackentasche aufbewahre, dann muss ich dich leider enttäuschen. Ich habe die Klinge nicht bei mir. Sie ist an einem sicheren Ort und nein,“ sagte er und machte eine herrische Geste mit dem Zeigefinger. „Nein, ich werde ihn dir nicht verraten. Auch nicht Föhnie. So blöd bin ich nicht. Nur mit Köpfchen wird man der König der Hölle.“ Er ließ Dean für ein paar Sekunden aus den Augen, nahm sich den nächstbesten Stuhl und ließ sich darauf nieder. „Nun, jetzt sag mir, warum hast du mich überhaupt gerufen? Und warum alleine?“ Dean dagegen blickte sich wieder in der Küche um, Crowley konnte ihm ansehen, dass er sich seine nächsten Worte wohl überlegte und auch mehrfach in Gedanken durchging. Dass Dean tief in seinem Inneren gehofft hatte, irgendwie durch Crowley an die Klinge kommen zu können, um das unendlich wachsende Verlangen nach der Waffe zu stillen, das würde er nicht zugeben. Er versuchte, dies nicht als seine wahren Absichten nach außen dringen zu lassen, Crowley sollte ihm das wahre Motiv für seine Beschwörung nicht ansehen können. „Ist ein Zufall, Sammy hat den Bunker von ganz alleine verlassen“, sagte er schließlich wahrheitsgetreu. Crowley spürte dies, und beobachtete den jungen Jäger dennoch genauer, als dieser sich ihm näherte. „Und ich habe dich gerufen, weil ich Ergebnisse haben wollte. Hast du nun eine Spur von Abaddon oder nicht?“ Kaum trennten die beiden weniger als ein Meter, sah Crowley zu ihm hoch, direkt ins Gesicht. Er sah, dass Dean sich um einen neutralen Gesichtsausdruck zu bemühte, doch seine Wut, sein Hunger und seine Ungeduld machten es ihm alles andere als einfach. „Wie du meinst“, sagte Crowley und räusperte sich. „Um deine Frage zu beantworten, nein, wir haben noch keine Spur von ihr. Ich weiß nur, dass sie immer mehr und mehr Idioten um sich schart, die dummerweise auch noch ihren Befehlen genau gehorchen können. Fähige Idioten, von der Sorte könnte ich auch mehr gebrauchen.“ Mit einem genervten Seufzer rieb sich Crowley die Stirn. „Nur, damit ich das richtig verstehe: Ihr habt keine Ahnung, wo Abaddon sein könnte; und weil ich mich noch nicht gemeldet habe, weiß ich damit automatisch mehr als ihr und will es einfach nur nicht sagen? Denkt ihr, ich will sie nicht tot sehen? Sie ist ein Übel, das an der Wurzel gepackt und aus der Erde gerissen werden muss. Sie will mir den verdammten Thron stehlen, der Thron, der mir und nur mit zusteht!“ Wütend deutete er mit dem Finger auf sich selbst. „Außerdem muss ich nebenbei noch eine Hölle anführen, denn falls du es nicht vergessen hast, ich bin der verdammte König der Hölle! Ich verlange Respekt und Gehorsam, auch von meinen … Geschäftspartnern, wie ihr es seit!“ Dieses Mal war es Dean, der seine Augenbrauen erhob, im Gegensatz zu Crowley jedoch waren es beide Brauen, die ihren Weg zur Stirn hinauffanden. Er wollte schon etwas erwidern, verkniff es sich jedoch. Kurz biss er sich auf die Lippe, bis er passendere Worte gefunden hatte. Worte, die ihm weniger Scherereien bescheren würden. „Dann solltest du deine verfluchte Blutsucht unter Kontrolle bringen, jetzt erst recht! Dann hast du es auch einfacher, was das Regieren angeht und deine Leute haben dann auch wieder wieder mehr Respekt vor dir. Einfache Rechnung.“ Mit einer flinken Bewegung schlug er seine Hände zusammen und hielt sie vor seinen Bauch. „Gut, dann schlage ich vor, du verziehst dich in die Hölle, oder zu den anonymen Suchtkranken, bekommst erst mal das Blut aus dir raus und dann machst du dich auf die Suche. Je schneller wir Abaddon finden, desto besser.“ Crowley hörte Dean aufmerksam zu, auch wenn ihm dessen frecher Ton alles andere als gefiel. So stand er von dem alten Holzstuhl auf und baute sich mit ernster Miene vor Dean auf. „Was denkst du eigentlich, wer du bist, dass du so mit mir redest! Ich bin nicht dein kleiner Engel im Trenchcoat oder sonst irgendein Depp, den du herumkommandieren kannst. Du kannst von Glück reden, dass wir die gleichen Interessen verfolgen und dass ich dich wegen dem Kainsmal noch brauche, sonst hätte ich dir längst den vorlauten Hals umgedreht. Oder an meinen Hund verfüttert. Möglicherweise auch beides.“ Deans Blick hatte ebenfalls einen ernsten, aber auch genervten Ausdruck angenommen. Doch dieses Mal schwieg er, ließ allein seinen Blick für sich sprechen. Crowley starrte ihn an, versuchte ihn zu studieren und seine Gedanken zu lesen. Versuchte, auf alle Zeichen zu achten, ihm sollte nichts, nicht das kleinste Detail entgehen, damit er nicht in die Verlegenheit des Bereuens kam, irgendetwas an Dean übersehen zu haben. „Gut, wenn wir uns nichts mehr zu sagen haben, dann gehe ich wieder“, sagte er und ging zwei Schritte rückwärts. „Denn im Gegensatz zu dir habe ich noch die eine oder andere wichtige Aufgabe, die ich noch erledigen muss. Also dann, man sieht sich.“ Kaum hatte er dies ausgesprochen, verschwand er wieder an den unbekannten Ort, von welchem Dean ihn zuvor beschworen hatte. Dieser starrte noch für einen kurzen Moment an die Stelle, an welcher Crowley vor seinem Verschwinden gestanden hatte. Zorn stieg in ihm auf, füllte seine Adern auf und durchflutete ihn wie eine wärmende Welle. Das Gespräch mit Crowley hatte ihm absolut keinerlei neue Erkenntnisse gebracht, auch war er der Klinge keinen Meter näher gekommen. „So ein verdammter Mistkerl!“, rief er so laut er konnte, doch niemand außer ihm selbst konnte ihn hören. Flink drehte er sich auf der Stelle um, näherte sich dem Tisch und fegte mit einem schnellem Wischen die Smoothieflasche vom Tisch. Seine Atmung verstärkte sich immer weiter. Wütend biss er sich auf seine Unterlippe, die Tatsache, dass Crowley Recht mit seiner Sucht hatte, fraß sich ihn hinein und ließ ihn nicht mehr los. Gleichzeitig verfluchte er sich selbst dafür. Er brauchte mehrere Minuten, bis er sich wieder fangen und seine Emotionen einigermaßen stabil bekommen konnte. Dann räume ich wohl besser mal auf, bevor Sammy wiederkommt … Schnell hob er die Flasche vom Boden auf und verstaute sie tief, in einer hinteren Ecke des Kühlschranks, in der Hoffnung, dass es Sam nicht so schnell auffallen würde, dass sich jemand daran vergriffen hatte. Danach beseitigte er alle Spuren der Beschwörung im Hauptzimmer, sorgte dafür, dass es genauso aussah wie zu dem Zeitpunkt, als Sam den Bunker verlassen hatte. Zufrieden betrachtete Dean sein Werk, schnappte sich anschließend in der Küche zwei Bierflaschen und verschwand damit in seinem Zimmer, dessen Türe er mit einem lauten Krachen in den Rahmen fallen ließ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)